My divided soul von miladytira ================================================================================ Kapitel 4: Angst ---------------- Der Klang der Schulglocke drang an meine Ohren. Die Zeiger zeigten punkt 8 Uhr in der früh an und ich biss mir auf die Unterlippen. Meine Kehle schmerzte als ich meine Schuhe gegen die Hausschuhe wechselte. Ich war den ganzen Weg von zu Hause hierher gerannt und spürte bei den letzten Treppen wie die Atemzüge schwerer wurden. Die Schiebetüre zu meinem Klassenzimmer aufgezogen, liess ich meinen Iren nervös durch den Raum gleiten. Er war noch nicht da. Als ich soeben erleichtert aufatmen wollte, hörte ich seine tiefe Stimme hinter mir. «Yamato-san möchten Sie ihr zu spät kommen abermals mit Verschlafen erklären?» Am Liebsten hätte ich verächtlich geschnaubt, doch die neugierige Blicke liessen mich Schweigen. Einen tiefe Verbeugung nach unten folgen lassend, versuchte ich normal wie möglich zu klingen. «Entschuldigen Sie Sensei, es kommt nicht mehr vor» 2 Tage waren nun schon vergangen als ich das letzte Mal in der Welt von Ruffy eingetaucht war und mit Kyo Worte ausgetauscht hatte. «Gewiss wird dies nicht mehr vorkommen». Hochsehend wollte ich etwas erwidern auf die Abfälligkeit, doch beim Anblick seiner Seen verstummte ich. «Bewegen Sie sich zu Ihrem Platz Yamato-san!» Hastig nickte ich und ging auf meinen Schreibtisch am grossen Fenster zu. Ich war zu weit gegangen… Es war nicht richtig gewesen all seine Rufe zu ignorieren, die Versuche zu mir zu kommen abzublocken… aber diese Angst... Sie hatte sich in meinen Körper gefressen und ich war mir nicht mehr sicher ob ich dieses Schicksal tragen konnte. «Entwicklungspsychologie befasst sich mit den Veränderungen des Erlebens und Verhalten im Lauf des menschlichen Lebens. Im Großen und Ganzen geht es hier um Entwicklungsprozesse, da sie sich nicht nur mit altersbedingten Veränderungen beschäftigt» Nur schwer konnte ich den Worten von Kyo folgen. Meine Augen waren auf meine zitternden Finger gerichtet, die ich abermals versuchte mit einem festen Griff zu beruhigen. Ich hätte sterben können…   Die Unterlagen zusammengepackt, nickte ich Ruri zu. Ihren Vorschlag die Mittagspause mit den Jungs zu verbringen brachte mir einen kleinen Hoffnungsschimmer auf andere Gedanken kommen zu können… und wenn es die blöden Sprüche von Kuro waren, welche diese Angst lindern würde. Es war mir egal. Keine Sekunde wollte ich an das Bild der mir zugerichteten Waffe mehr denken.  «Yamato-san kann ich Sie kurz sprechen?». Mein Inneres schrie auf, als ich die kalte Stimme vernahm. Ich wollte nicht nachgeben müssen, doch die Unwissenheit meiner besten Freundin machte mir einen Strich durch die Rechnung. «Ich werde voraus gehen. Komm einfach nach». Zögerlich nickte ich lächelnd. Es blieb mir nichts anderes übrig. Hätte ich sie festgehalten, wären Fragen aufgekommen, die ich nicht zu beantworten wusste. Die Schiebetür geschlossen, wandte ich mich nach kurzem Zögern zu ihm um. Er hatte sich an den Schreibtisch gelehnt, die Arme verschränkt und seinen Blick auf mich gerichtet. «Rede.» Schwer schluckend wusste ich, dass dies keine Bitte war. Er forderte mich auf zu reden und Widerspruch schien nicht erduldet zu werden. Nervös glitten meine Finger über das silbrige Armband an meinem Handgelenk und ich fuhr mit den Fingerspitzen über die Steine. Was sollte ich ihm sagen? Das ich Angst hatte zu sterben? Dass ich dieser Aufgabe nicht gewachsen war? Das ich bereute überhaupt zugesagt zu haben… Geschockt quietschte ich leise auf als ich den festen Griff an meiner Hand vernahm, die soeben den gelben Stein umkreiste. «Antworte Aiko». Er forderte erneut. Sanfter und dennoch erkannte ich eine Kälte darin, die mich abermals erschütterte. Wohin war der Kyo den ich kennengelernt hatte, verschwunden? «Ich…», die Schwäche zuzugeben war nicht leicht, weshalb mir der Satz in der Kehle stecken blieb. Schockiert spürte ich wie die warmen Finger sich unter mein Kinn legten, die noch eben meine Finger vor den Bewegungen abhielten. Er zwang mich ihn anzusehen. «Ich was?». Seine Stimme hatte an Sanftheit verloren. Ungeduld zierte nun seine Gesichtszüge. «Ich habe Angst!» Die Augenbraue hochgezogen, schien er verwundert durch meinen jetzigen Ausbruch, doch ich gab ihm keine Zeit darauf zu antworten. Erschüttert durch meine eigene Blösse, zog ich die Schiebetür auf. Ich wollte weg von ihm. So schnell es ging.   Eine seichte Brise wehte meine braunen Haare aus dem Gesicht, als ich die Türe zur Dachterrasse geöffnet hatte.  «Aiko na endlich». Die Hand über meine Augen haltend musste ich mich an das grelle Licht gewöhnen, bevor ich lächelnd auf die Gruppe zuging. Sie sassen beim Übergang von der Gitterwand zu der Betonwand, welches einen Basketballkorb integriert hatte, um nicht der Mittagssonne ausgesetzt zu sein. Mich zu Ihnen gesetzt, hatte ich meine Betonbox hervorgeholt, als ich mit Schlucken feststellte, dass mir der Appetit vergangen war. «Aiko ist alles in Ordnung? Du bist so blass… hat Sato-sensei irgendetwas getan?» Schockiert sah ich ihr in die grünblauen Iren und wedelte hastig mit den Händen vor meinem Gesicht. «Nein! Es ist alles in Ordnung!» Mit einem Lachen versuchte ich die Antwort zu bestärken, doch die Skepsis war ihnen in den Augen anzusehen, als ich meinen Blick schweifen liess. «Hey Leute, wirklich… es ist alles in Ordnung!», versuchte ich es erneut. Die Situation war mir unangenehm. Kyo würde es nicht gutheissen, wenn er erfahren würde, dass ich meine Klappe nicht gehalten hatte.  «Okey gut, wenn nichts ist». Zögerlich hatte sich Riru mit diesem Satz wieder abgewandt. Ich atmete erleichtert aus, doch als ich mich erneut meinem Essen zuwenden wollte, erfassten mich dunkelbraune Iren… und ich spürte wie sich eine Beklommenheit in mir ausbreitete. Er würde aufmerksam bleiben.   *   «ichi, ni, san, yon, go!» Die Rufe erhalten durch das kleine Dojo, welches sich neben der Sporthalle, hinter der Schule befand. Ein tiefer Atemzug füllte meine Lungen, als ich ihn zitternd über meinen Mund gleiten liess. Ich stand nur wenige Meter vor den Shoji, welche die Schüler von draussen abtrennte und nur ihre Silhouetten durch die Washi erkennen liessen. Abermals atmete ich tief aus. Ich hatte mich dafür entschieden. Diese Angst lähmte mich zu sehr. Meine Hände glitten an den Shoji und ich zog mit einem festen Zug am Holz. Die Rufe verstummten und überraschte Augenpaare hatten sich auf mich gerichtet. «Aiko-senpai!» Ein zierliches blondes Mädchen rannte mit aufgerissenen Armen auf mich zu. Freudig drückte sie sich an mich. «Yui-chan», gab ich leise von mir und strich ihr über das Haupt. Sie war kleiner als ich und zwei Jahrgänge unter mir. «Du bist echt wieder da. Ikuto-sensei hat es angedeutet, aber du warst so in dich gekehr…» «Yui-san!». Erschrocken fuhr sie zusammen und lächelte entschuldigend auf, als der Besagte auf uns zukam. Ihre zierlichen Hände lösten sich von meinem Körper und ich verneigte mein Haupt. Er hatte längliches braunes Haar, welches er nach hinten gebunden zu einem Knäuel trug, zumindest das was gebunden werden konnte. Einzelne Strähnen hingen ihm ins Gesicht, doch es passte zum drei Tage Bart, welcher sein Kinn zierte. «Ikuto-sensei entschuldigen Sie meine Verspätung ich…» Überrascht spürte ich die herzliche Umarmung, welche er mir schenkte. «Wir sind froh dich wieder bei uns zu haben».   «ichi, ni, san, yon, go!» Schwer atmend glitten die Worte über meine Lippen. Seitlich von den anderen wegstehend hatte ich mit einem leichten Halbkreisfusstritt nach oben angefangen und versuchte den Schmerz in meinem Knie zu ignorieren. Mich nach unten gebeugt nahm ich das Tuch in die Hand und strich mir über das schweissende Gesicht. Das Dojo war erfüllt mit dumpfen Geräuschen, waren die Anderen dabei fleissig Übungskämpfe auszuführen. Ich hatte ein halbes Jahr gefehlt und fühlte mich, als würde ich komplett von Neuem beginnen müssen. Schmerzlich zog sich mein Gesicht zusammen, als ich das Pochen in meinem Knie vernahm. Es war nach langer Zeit ausgereizt worden, aber ich durfte dies nicht als Ausrede verwenden. Nicht mehr. Ruffy brauchte mich. All die Angst, die mich schnürte, sie würde mich nicht weiterbringen. Es würde nur weitere Probleme mit sich bringen. Zwei Tage und ich wusste Nami und Lysop hatte er schon kennengelernt. Hör auf daran zu denken… du musst bereit sein Aiko. «Geht es bei dir Aiko?» Mein Gesicht aus dem Tuch gewendet, sah ich in die braunen Iren meines Senseis. «Mein Knie macht mir noch zu schaffen Sensei». Verstehend nickte er. «Denk daran Aiko-san, ein physischer Schmerz ist dicht begleitet von der Psyche. Solange du haderst… solange wird der Schmerz unverändert bleiben». Die Stirn gerunzelt sah ich ihm nach. War es meine Psyche, die mir den Schmerz verstärkte? Meine Sorge mich erneut zu verletzen?   *   Seufzend zog ich mein Armband an und sah auf die Perle, welche zu Ruffys Welt eingearbeitet worden war. Meine Finger zitterten und ich ballte sie hastig zu einer Faust zusammen. Ich durfte nicht mehr davonlaufen. Den Karateanzug zusammengelegt und den Obi darum gewickelt, nahm ich das Bündel damit in die Hand. Ich hielt den Kopf nach unten gesenkt, spielte mit einem Stein, um mich abzulenken, als ich in der Bewegung verharrte. Mein Name war gefallen. Zögerlich wandte ich mich um und spürte wie mein Puls in die Höhe stieg. «Kuro…» Was tat er hier? Weshalb war er mir gefolgt? «Ich wollte dich eigentlich vor dem Dojo abfangen, aber Ikuto-sensei meinte du wärst schon weg…» Hastig atmend hatte er sich von seiner beugenden Position nach oben gewandt. Ich beobachtete ihn dabei wie er sich den Schweiss vom Kinn strich. Er ist gerannt, um mich einzuholen. «Aiko i…». Sein Blick glitt an mir vorbei. Die Gesichtszüge veränderten sich. Die Stirn gerunzelt über seine plötzliche Wut, welche ich erkannte, wandte ich mich um und sah dorthin wo seine Augen hinsahen. Ich spürte wie die Farbe aus meinem Gesicht wich und ich die Frage hörte, welche ich nicht hören wollte. «Aiko was macht dein Dozent bei dir?»  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)