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Kill this Killing Man (III)

Ein neuer Anfang
von

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Swirl

028 Swirl
 

Der Regen peitschte auf die Frontscheibe.

Das Wetter war in der letzten Stunde wirklich noch schlechter geworden. Der Wind hatte zugenommen und der Regen schien seit Dean zur Wache gefahren war auch noch zugenommen zu haben. Aber das konnte ihm heute die Laune nicht verhageln. Immerhin war das seine letzte offizielle Schicht unter Miller und Grady. Er hatte zwar noch fünf Zusatzschichten vor sich, von denen er zwei noch in diesem Turnus ableisten musste. Seine Hauptarbeitszeit würde aber für die nächsten vier Wochen unter Lt. Pratt sein. Darauf freute er sich wie ein Schneekönig. Er musste sich regelrecht zusammenreißen, um nicht breit zu grinsen.

Hastig schob er diese Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf das hier und jetzt und darauf, dass er gleich wieder nur Zuschauer sein würde.

Abrupt blieb der Einsatzwagen stehen.

„Coon! Vorhängeschloss knacken“, forderte Miller und der Mann sprang mit einem Bolzenschneider nach draußen.

Die Drehleiter rollte langsam durch das aufschwingende Tor und Coon rutschte wieder auf seinen Platz.

„Verdammtes Sauwetter“, schimpfte er.

Sie fuhren zum Regenwasserauffangbecken und sprangen aus dem Wagen.

„Licht!“, kommandierte Grady.

Sofort wurden die mobilen Scheinwerfer aufgebaut und beleuchteten die Szenerie. Durch einen Kanal ergossen sich braune Fluten gurgelnd und immer wieder Strudel bildend in das riesige Becken.

Überall trieb alles, was die Wassermassen auf ihrem Weg mitgerissen hatten, Baumstämme, Äste, sogar ein paar Bälle waren zu sehen und etwas, das wie eine tote Kuh aussah. Inmitten dieses Chaos war auch etwas das einmal ein Floß gewesen sein mochte. Ein Junge versuchte irgendwie auf diese Floßresten zu kommen, rutschte aber immer wieder ins Wasser. Lange würde er nicht mehr durchhalten!

„Schlauchboot fertig machen!“, brüllte Grady. „Winchester! Ihr Einsatz! Sie holen den Jungen raus! Sicherungsgeschirr. Dearing und Lund sichern Sie vom Boot aus, falls Sie ins Wasser müssen! Ein bisschen Tempo!“

Und schon war die Vorfreude auf die nächste Schicht brutal ermordet worden. Einerseits freute er sich ja schon, dass er mal zeigen durfte, was er konnte, aber musste es hier und jetzt sein? Er zuckte mit den Schultern. Auf keinen Fall würde er Grady einen Grund geben, weiter an ihm herum zu meckern. Außerdem war ja klar, dass er in diese kalte Brühe sollte.

Dean entledigte sich seiner Jacke, Hose und des Pullovers. Das würde im Wasser nur stören und so hatte er hinterher wenigstens etwas halbwegs Trockenes zum drüberziehen. Er schaute sich um. Keiner seiner „Kameraden“ war zu sehen, also versteckte er seine Kleidung hinter den Schläuchen. Die würden sie heute wohl nicht brauchen, also sollte seine Kleidung da sicher sein. Zutrauen würde er es der Truppe inzwischen durchaus, dass sie die verschwinden ließen, nur um ihm eins auswischen zu können. Als das erledigt war, half er Dearing und Lund das Boot ins Wasser zu bringen.

Während die Beiden in das Boot kletterten, warfen sie Dean einen bedauernden Blick zu. Nur mit T-Shirt und Jogginghose wollten sie jetzt allerhöchstens auf der Couch liegen aber nicht in diesem Boot hocken.

Lund startete den Motor und schon jagten sie auf die Überreste des Floßes zu. Dean versuchte sich so gut es ging hinter den Beiden vor dem Fahrtwind und dem Regen zu schützen.

Immer wieder umkreisten sie das Gewirr, in dem das Floß steckte. Sie zerrten an den Ästen, um sie aus dem Weg zu bekommen, doch immer wieder schob sich ihnen etwas in den Weg.

Wieder einmal rutschte der Junge ins Wasser, doch dieses Mal tauchte er nicht wieder auf.

„Hey, Kleiner!“, riefen die Feuerwehrmänner.

„Junge!“, brüllte Dean.

Die Hand des Jungen, die bis jetzt noch einen Balken umklammert hielt, löste sich und verschwand in der dunklen Brühe.

„Verdammt“, schimpfte Dean und begann an seinem Sicherheitsgeschirr herum zu nesteln.

„Lass das! Wie sollen wir dich denn sichern!“, versuchte Dearing ihn aufzuhalten.

„Das Seil verheddert sich doch nur in dem Gestrüpp“, erklärte Dean. Auf dem Bootsrand sitzen schälte er sich aus dem Geschirr und ließ sich gleich darauf ins Wasser fallen.

Die Kälte raubte ihm den Atem und ließ sein Herz rasen. Er biss die Zähne zusammen. Hier ging es um ein Leben! Er verdrängte die Kälte in den hintersten Winkel seines Bewusstseins, tauchte auf und atmete bewusst tief ein. Er bahnte sich einen Weg durch das ganze Treibgut zu dem Floß. Hier atmete er noch einmal tief ein und tauchte ab. Kurz hielt er inne, um sich zu orientieren. Funktionierte sein Radar noch? Hatte es unter seiner Amnesie gelitten? Er schloss die Augen und überlegte. Das Treibgut drehte sich an dieser Stelle eher um sich selbst, also konnte der Junge nicht sonderlich weit abgetrieben worden sein.

Dean ließ sich weiter sinken und versuchte den Boden abzusuchen, bis ihm die Luft ausging.

Er musste auftauchen.

Hastig pumpte er seine Lungen voll Sauerstoff und tauchte erneut.

Dieses Mal schien er etwas zu fühlen. Er schwamm zu dem Punkt und tatsächlich. Als er die Arme ausstreckte, um den Boden abtasten zu können, berührten seine Finger etwas, das sich wie Stoff anfühlte. Er machte noch einen Schwimmzug, umfasste das Bündel, stieß sich kraftvoll vom Boden ab und hoffte, dass er weit genug außerhalb dieses Treibgutstrudels auftauchte.

Schnell durchbrach er die Wasseroberfläche und sog die Luft in seine Lungen. Er schaute sich um und sah, dass es ihm gelungen war. Der Strudel drehte sich ein paar Meter neben ihm.

Seine Kameraden im Schlauchboot hatten ihn entdeckt und steuerten so schnell sie konnten, ohne etwas von dem Treibgut zu rammen, auf ihn zu.

Sie erreichten ihn und während Dearing versuchte ihm irgendwie Halt zu geben, fasste Lund den Jungen, den Dean ihm entgegen schob und zog ihn ins Boot. Er zog seine Jacke aus und wickelte sie um den leblosen Körper. Währenddessen half Dearing Dean wieder in die relative Trockenheit des Schlauchbootes zu kommen. Auch er zog seine Jacke aus und wickelte sie um Deans Schultern. Doch statt zu versuchen sich aufzuwärmen, rutschte der sofort zu dem Jungen und begann ihn mit fliegenden Fingern zu untersuchen.

Er fühlte einen schwachen Puls, wenn ihm seine Sinne keinen Streich spielten und der gefühlte Puls nur vom Zittern seiner Finger kam. Atmen sah er den Jungen auf keinen Fall.

Er beugte sich nach vorn und versuchte ihm irgendwie Luft in die Lungen zu pressen, doch er zitterte so stark, dass es einfach nicht klappte. Verzweifelt wollte er die Jacke von sich schieben, nur um einen besseren Zugang zu dem Jungen zu bekommen, doch jetzt drängte sich Dearings Präsenz und seine Hand auf seiner Schulter in sein Bewusstsein.

Irritiert schaute er zu ihm.

„Lass gut sein! Ruh dich aus! Du hast ihn aus dem Wasser gezogen. Jetzt lass uns unseren Teil dazu tun!“

Dean starrte ihn einen Augenblick an, bis sein Gehirn die Worte verarbeitet hatte, dann nickte er und ließ sich gegen die Bordwand fallen. Er versuchte irgendwie zur Ruhe zu kommen und die Kälte auszublenden, die sich tief in seine Knochen gefressen hatte.
 

Viel Zeit zum Durchatmen blieb Dean jedoch nicht, bis der Rumpf des Schlauchbootes gegen die Betonwand stieß, Dearing und Lund den Jungen an die Sanitäter weiterreichten und Lund das Boot als erster verließ.

„Komm raus, Dean“, sagte er und hielt ihm die Hand hin. Zwei Mal griff der Winchester daneben, bevor er sie zu fassen bekam und sich von ihm aus dem Boot helfen ließ.

„Sie sollten sich ebenfalls untersuchen lassen!“, erklärte einer der Sanitäter Dean mit ernstem Gesicht.

„Mir geht´s gut“, wehrte der mit klappernden Zähnen ab.

„Klar! Mitkommen!“

Dean zog den Kopf ein und folgte dem Mann der ihm, kaum dass sie beim Rettungswagen angekommen waren, eine warme Decke um die Schultern legte.
 

Miller stand neben der Drehleiter und musterte den Anwärter. Insgeheim zollte er ihm Respekt. Wenn er das richtig gesehen hatte, war der ohne zu zögern in die eisige Brühe gesprungen. Offiziell würde er das jedoch nie zugeben! Außerdem würde es in zwei Tagen auch schon kalter Kaffee sein und sie zum Alltag übergehen und der war, dieser Anwärter musste weg!
 

Der Sanitäter untersuchte Dean in aller Gründlichkeit. Er kontrollierte den Puls, maß den Blutdruck und leuchtete ihm in die Augen. „Sie sind unterkühlt und ihr Puls ist etwas zu langsam. Sie sollten wirklich mit ins Krankenhaus kommen.“

„Ist das eine einfache Feststellung oder ein medizinischer Rat?“, fragte Dean ruhig.

„Ich kann Ihnen...“, begann der Sanitäter und wurde von einem fordernden „Winchester!“, des Battalion-Chiefs unterbrochen.

Dean war ganz froh nicht mit ins Krankenhaus fahren zu müssen, obwohl das jetzt wahrscheinlich der schönere Ort wäre.

„Mir geht’s gut“, erklärte er ruhig. Er zog die Decke von den Schultern, faltete sie zusammen und legte die in den Wagen.

„Dann lassen Sie mich Ihnen wenigsten ..“

„Winchester!“, inzwischen klang der Chief wütend. „Wie lange wollen Sie den Rettungswagen noch aufhalten?“

„Mir geht’s gut. Danke!“, sagte Dean und wandte sich ab. Die Rettungssanitäter wechselten einen bedeutsamen Blick, dann ging der eine nach vorn, stieg ein und raste davon.

Dean kam zum Einsatzwagen. „Wie wäre es, wenn Sie ihren Kameraden beim Aufräumen helfen würden, statt die Sanitäter aufzuhalten?“, wurde er von Grady angefahren.

Er nickte nur, begann ein Kabel aufzurollen und schaffte es an seinen Platz im Einsatzwagen. Er ging zu den Fächern für die Schläuche und holte seine Kleidung heraus. Schnell hatte er sich angezogen und räumte jetzt mit den anderen auf.

„Verdammt! Wo hat er das Zeug versteckt gehabt?“, schimpfte Davis. Zu gerne hätte er gesehen, wie der Anwärter halbnackt auf dem Weg zur Wache gefroren hätte.

„Keine Ahnung. Irgendwo auf der anderen Seite“, erwiderte Coon.

„DAS hab ich auch gemerkt“, schimpfte Davis. Aber das war jetzt auch egal. Er hatte ja noch den Duschraum als Ass im Ärmel.

Auf der Rückfahrt freute sich Dean über das zurückkehrende Gefühl in seinen Gliedmaßen und darüber, dass die Wärme sich langsam wieder in seinem Inneren ausbreitete. Oh ja, das Gefühl kannte er. Wie oft hatten sie in kalten, feuchten, zugigen Gewölben oder Höhlen auf die Monster gewartet? Wie oft waren sie bei dem Wetter über Friedhöfe geschlichen, um Knochen zu verbrennen oder Ghouls zu jagen. Nichts davon vermisste er, auch wenn er jetzt doch immer mal wieder in Versuchung geriet sein Leben damals mit dem Leben jetzt tauschen zu wollen.
 

Zurück auf der Wache setzte er zuerst einmal Kaffee auf. Danach würden alle spätestens nach dem Duschen lauthals verlangen.

Schritte näherten sich der Küchenzeile.

„Ach hier lungern Sie rum“, stellte Miller fest.

Die Kaffeemaschine spukte die ersten Tropfen in die Kanne.

„Der Abfluss im Duschraum ist verstopft“, erklärte der in aller Ruhe.

Überrascht starrte Dean den Captain an. Wieso war der so, für seine Verhältnisse, richtiggehend nett? Er nickte nur und holte sich die langen Handschuhe und einen Eimer. Das war es also war‘s weswegen Davis das hinterhältige Grinsen nicht unterdrücken konnte.

Er betrat den Duschraum. Der Geruch, der ihm entgegenschlug, ließ ihn würgen. Es stank nach Verwesung, aber so schlimm stanken nicht mal die Gräber, in denen die Gebeine, die sie verbrennen wollten, noch nicht so lange lagen. Er aktivierte sein Handy und legte es so auf eine der Duschen, dass es den Raum ganz gut abdeckte aber nicht sofort zu sehen war, sollte ihn einer seiner Kollegen mit seine Anwesenheit beglücken wollte. Er öffnete die Fenster, um wenigsten halbwegs arbeiten zu können, dann schraubte er das Abflussgitter auf, kniete sich über den Abfluss und schob die Hand langsam hinein.



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