Kill this Killing Man (III) von Kalea (Ein neuer Anfang) ================================================================================ Kapitel 18: to have and to hold ------------------------------- 018) to have and to hold Eine Weile fuhr Sam noch durch bekannte Straßen, dann verließ er das Stadtgebiet von Sioux Falls und die Trauer überfiel ihn. Nein, eigentlich war es keine Trauer. Er fühlte sich niedergeschlagen und, so komisch wie es für ihn jetzt wohl klang, entwurzelt. Sioux Falls, Bobby, war immer der ruhende Pol in ihrem unsteten Leben gewesen. Egal wie gut oder schlecht etwas lief, egal wie oft sie hergekommenen waren und egal wie weit weg sie waren, hierher hatten sie immer kommen können. Hier waren sie immer willkommen gewesen und hier hatten sie ihre Wunden lecken und neue Pläne schmieden können. Am Liebsten würde er umdrehen und sich in seinem Zimmer verkriechen. „Verdammt, Sam!“, knurrte er seine Frontscheibe an. Das Thema hatte er doch schon! Dean saß in Bloomington fest. Wegen ihm! Er wollte Jura studieren. Er hatte da einen Studienplatz. Dean hätte auch in Sioux Falls Feuerwehrmann werden können! ‚Also stell dich nicht so an, Sam!‘, schimpfte er in Gedanken. Trotzdem ließ sich der Klos in seinem Hals nicht so richtig vertreiben. Meile um Meile spulte er ab. Er hielt nur kurz an, um etwas zu essen und selbst da achtete er darauf, dass er auf der Interstate blieb. So das er nicht so einfach wenden konnte. Als er die Grenze zu Iowa überquerte, war der Klos in seinem Hals verschwunden und als er Iowa wieder verließ, freute er sich nur noch auf seinen Bruder. Bobby, Jody und Marley waren eine wundervolle Erinnerung die er nicht missen wollte, aber jetzt wartete die Zukunft! Das Ortseingangsschild von Bloomington kam in Sicht. Sam musste grinsen. Es war leider nur Illinois und nicht Indiana, aber immerhin. Hier würde er übernachten und wenn er morgen zeitig aufstand, wäre er bei seinem Bruder, wenn der gerade aufgestanden ist. Okay, so zeitig wollte er nicht los, aber Mittag wollte er schon in Bloomington sein. An einem Diner hielt er an und holte sich einen Salat mit Putenstreifen, Kaffee und drei Samdwiches. Eins oder zwei konnte er dann morgen zum Frühstück essen. Dafür müsste er dann keine Zeit verschwenden. Er fand ein Motel, checkte ein und warf seinen Rucksack auf das Bett. Auspacken lohnte sich fast gar nicht, für die eine Nacht. Aber zuerst würde er essen. Er schaltete den Fernseher ein und zappte unmotiviert durch die Kanäle. Bei einer Dokumentation über den Yellowstone-Nationalpark blieb er hängen. Ohne hinzusehen kippte er das Dressing in den Salat, verschloss die Packung wieder und schüttelte alles. Dann verzog er sich mit Laptop, Kaffee und seinem Essen auf das Bett. Unbewusst schob er sich den ersten Bissen in den Mund. Er kaute und stockte. Schon fast angewidert schaute er auf die Packung. Hatte der schon immer so pappig geschmeckt? Oder war es einfach der Tatsache geschuldet, dass er in den letzten Monaten immer frische Nahrungsmittel bekommen hatte? Dann würde er sich demnächst umstellen müssen. Bei Dean würde wohl eher wieder genau sowas auf den Tisch kommen. Weniger weil sie nicht wollten, sondern weil sie es sich wohl nicht würden leisten können. Den pappigen Geschmack ignorierend aß er den Salat und nahm sich vor, sich schnell nach einem Job umzuschauen, um Dean finanziell zu entlasten und um vielleicht doch mehr Frisches auf den Tisch zu bringen. Nach den Essen telefonierte er mit Dean. „Wo bist du?“, wollte der wissen. „In Bloomington.“ Sam grinste. Dean wollte gerade maulen, dass das ja wohl nicht nett wäre, als ihm einfiel, dass: „Illinois.“ ‚Mist‘, grummelte Sam stumm. Deans internes Navi hatte ihm den Spaß verdorben. Egal. „Ja. Ich mache hier Rast und fahre morgen zeitig los, dann sollte ich so gegen Mittag da sein.“ „Das klingt gut“, freute sich Dean. „Was ist los?“, wollte Sam wissen, der meinte einen traurigen Unterton wahrgenommen zu haben. „Nichts. Ich bin es nur leid hier alleine zu hocken. Ich meine, ich habe nicht so viel Freizeit, aber wenn … Chris hat seinen Freundeskreis hier und auch nicht immer Zeit. Es ist öde alleine!“ „Ab morgen bin ich ja da“, lachte Sam. „Gut!“, entgegnete Dean. „Dann sollte ich jetzt aber auch ins Bett.“ „Hmhm. Schlaf gut, Sammy“, verabschiedete sich Dean und legte auf. Sam räumte sein Zimmer auf, machte sich im Bad bettfertig und stellte seinen Handywecker, bevor er ins Bett ging. Ausgeschlafen machte er sich am nächsten Morgen, nach einem schnellen Frühstück, wieder auf den Weg. Dean war aufgeregt, wie ein Teenager vor seinem ersten Date. Er wuselte schon seit Stunden, genauer, seit er kurz nach acht aufgestanden war, durch das Zimmer und lief immer wieder zum Fenster. Zwischenzeitlich kam er sich für ein paar Minuten blöd vor, weil es doch „nur“ sein Bruder war und er schon viel länger ohne ihn gelebt hatte, und setzte sich aufs Bett, nur um gleich wieder aufzustehen, die Decke glatt zu ziehen und das Ganze von vorn zu beginnen. Das Sam auf den Parkplatz fuhr, bekam er jedoch nicht mit, weil er gerade versuchter Kaffee zu kochen und eine Wiederholung von Oprah lief, die er etwas lauter gestellt hatte. Erschrocken ließ er den Kaffeelöffel fallen, als es an der Tür klopfte. Er ließ den verschütteten Kaffee verschütteter Kaffee sein, stürmte zur Tür, riss sie auf und fiel Sam regelrecht um den Hals. „Endlich“, nuschelte er in dessen Schulter. Für eine Sekunde war Sam vollkommen perplex. Was lief denn hier? Dann schlich sich ein breites Lächeln auf sein Gesicht. Er legte seine Arme um Dean und genoss diese unerwartete Geste der Zuneigung. „Ich dich auch“, erwiderte er voller Freude. „Komm rein“, sagte Dean, nachdem er sich von seinem Bruder gelöst hatte. „Ich wollte gerade Kaffee kochen.“ Er ging in den abgetrennten Küchenbereich zurück und wischte das verstreute Pulver mit der Hand von der Arbeitsplatte. Danach schaufelte er neues Pulver in den Filter und stellte die Maschine an. Sam schaute sich im Zimmer um. Es war wie ein kleines Apartment geschnitten. Gleich neben dem Eingang gab es links und rechts je eine Tür. Hinter der rechten Tür war ein Durchgang in die kleine, L-förmige Küche, in der Dean jetzt werkelte. Ein Tresen, an dem zwei Hocker standen, trennte die Küche vom Wohn- und Schlafraum mit zwei Betten, einem Tisch, Fernseher und zwei Sesseln. Die Wände waren in einem hellen Grau gestrichen. Gardinen und Bettwäsche waren dunkelblau. Er setzte sich auf einen Hocker und schaute seinem Bruder bei dessen Tun zu. „War´s so schlimm?“, fragte er erst, als er die Tasse in der Hand hielt. „Nein, ich ...“, Dean zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich doch“, gab er dann kleinlaut zu und nahm einen Schluck aus seiner Tasse. „Es war langweilig“, gestand er dann. „Vor allem an meinen freien Tagen. Ich konnte ja nicht ständig in einer Bar rumhängen und Chris hatte auch nicht immer Zeit. Außerdem haben wir unterschiedliche Dienstpläne. Wir waren zweimal los. Aber auch nur im Pub.“ Für einen kurzen Augenblick war er versucht, Sam seine ganze Misere zu erzählen. Energisch schob er dieses Ansinnen beiseite. ‚Doch nicht heute!‘, ermahnte er sich. ‚Lass ihn doch erstmal ankommen!‘ „Du warst doch immer wieder mal los, hast du mir erzählt“, erwiderte Sam fragend. „War ich, ja. Trotzdem war es irgendwie nicht das Gleiche wie mit dir.“ Er grinste schief. „Ich klinge wie die verlassene Ehefrau, oder?“ „Ein wenig“, neckte Sam ihn, bevor er wieder ernst wurde. Dean konnte noch nie gut alleine sein und er hatte in dem vergangenen halben Jahr die volle Bandbreite Familienleben mitbekommen. Bobby und Jody hatten sich in sein Leben eingemischt und sie hatten ihn machen lassen. Sie hatten ihn dazu gedrängt, das Lernen auch mal Lernen sein zu lassen und raus zu gehen. Sie hatten ihn bekocht und sie waren immer da, wenn er jemanden zum Reden brauchte. Dean war hier gewesen und ein Anruf eben nicht zu vergleichen mit dem direkten Gespräch. „Lass mich auspacken und dann würde ich gerne was essen“, sagte er leise und stellte seine Tasse ab. „Klar“ Dean lächelte. Gemeinsam gingen sie zu dem Kombi, den Bobby für Sam fertig gemacht hatte. Dean musterte den Wagen. Irgendwann würde er einen Ort brauchen, an dem er den und sein Baby warten konnte. Bis jetzt hatte er sich darum noch nicht gekümmert und die Wache konnte er dafür getrost vergessen. Inzwischen hatte Sam den Kofferraum geöffnet. Er holte einen Karton heraus. „Der ist für dich“, sagte er und drückte ihn Dean in die Hände. „Für mich? Wieso?“ „Jody meinte, dass du den Rest deiner Klamotten bestimmt gerne haben wolltest. Ich habe sie eingepackt und die Kiste ist auch eher für dich“, Sam stellte die auf den Karton. Dean verdrehte die Augen und tat, als würde er unter der Last in die Knie gehen. Sam grinste. „Dann sage ich dir eben nicht, dass da Muffins und Brownies und Apfelkuchen und Key lime pie drin sind.“ „Oh“, machte Dean. Ein breites, fast verliebtes, Strahlen legte sich auf sein Gesicht und er beeilte sich ins Zimmer zu kommen. Sam fand ihn genüsslich kauend in der Küche stehend, als er das Zimmer betrat. „Da ist noch mehr!“, lachte er. „Noch mehr Kuchen?“, sofort eilte Dean nach draußen und schleppte die nächste Kiste ins Zimmer. „Sind da Wackersteine drin?“, warf er Sam entgegen, der den letzten Karton holen kam. „Da ist ja gar kein Kuchen drin“, maulte Dean leise. Er hatte den Deckel der Kiste in der Hand und schaute auf, als Sam das Zimmer mit dem letzten Karton wieder betrat und die Tür hinter sich schloss. „Das habe ich auch nicht gesagt“, lachte der. „Ich habe nur gesagt, dass da noch mehr ist. Wenn du das auf Kuchen beziehst ...“ „Oh man“, maulte er leise, legte den Deckel weg und räumte den Kuchen in den Kühlschrank. Er zog sein Handy und wählte Jodys Nummer. „Hallo Dean,“ meldete sie sich nach dem zweiten Klingeln. „Hallo. Sam ist gut angekommen und ich möchte mich für den Kuchen bedanken.“ „Schmeckt er denn?“ „Hmmhm. Ich bin versucht Sam zu dir zurück zu schicken, nur damit er nochmal mit Kuchen kommt.“ Sofort hielt Sam in seinem Tun inne und musterte seinen Bruder und er sah das Blitzen in dessen Augen. Ein Lächeln in sein Gesicht. Ja, Dean liebte Kuchen über alles, aber er würde seinen Bruder nie noch einmal wegschicken, nicht für allen Kuchen der Welt. „Und du bist dir sicher, dass ich ihn nochmal gehen lasse?“ Jody lachte. „Oh“, machte Dean. Dann schlich sich wieder ein Lächeln in sein Gesicht. „Er will hier studieren!“ „Aber vielleicht gebe ich ihm dann ja nichts mit, oder er isst es selbst auf, auf dem Weg.“ „Das sind Argumente, die ich nicht so schnell entkräften kann. Außerdem wäre ich dann wieder alleine hier und das ist dann doch ein Grund, ihn sofort zu behalten.“ Er schnaufte. „Danke, Jody, für Alles, und grüße Bobby.“ „Für euch doch immer“, lächelte sie. „Und mache ich.“ Dean übersah Sams Blicke, legte auf und begann seine Sachen in den Schrank zu räumen. Er stellte ein paar Bücher ins Regal. Sam beobachtete ihn noch immer lächelnd. Erst jetzt merkte er wirklich, wie sehr ihm sein Bruder wirklich gefehlt hatte, wie gut es tat, wieder mit ihm zusammen zu sein. ‚Und wer ist jetzt die verlassen Ehefrau‘, grübelte er stumm grinsend. Andächtig holte Dean, wenig später, das Feuerwehrauto, den Esel Caro und Ringo den Bären aus der zweiten Kiste. Er seufzte stumm. Der Truck erinnerte ihn an den Traum, an seinen Traum von der Feuerwehr und daran, wie wenig sein Traum doch mit der Wirklichkeit zu tun hatte. Er stellte den Truck in das Regal und setzte Caro und Ringo so davor, dass sie sich an das Auto lehnten und es fast komplett verdeckten. Fast gleichzeitig waren die Brüder mit dem Auspacken fertig. „Lass uns essen fahren“, schlug Sam vor, „oder hast du dich am Kuchen satt gegessen?“ Dean schaute auf, faltete den Karton zusammen und verdrehte die Augen. Als ob er je wirklich satt war! Sie gingen zum Impala und Sam faltete sich mit einem leisen Seufzen auf dem Beifahrersitz zusammen. Er atmete den ureigenen Geruch des Wagens und lauschte dem grollenden Erwachen des Motors. Jetzt war er auf seine, nur für ihn und Dean zu verstehende Weise, zuhause. Sie aßen in dem kleinen Diner, nur zwei Straßen von ihrem Motel entfernt. Dean war begierig alles zu erfahren, was so bei Bobby und Jody passiert war und Sam erzählte es ihm natürlich und merkte so nicht, wie gut Dean von sich ablenkte. Nach dem Essen zeigte Dean seinem Bruder die besten Wege zu Uni, den Pub und den nächsten Supermarkt. Auch die Unibibliothek hatte er ausfindig gemacht. Sam staunte nicht schlecht. Sein Bruder hatte sich wirklich auf ihn gefreut und wollte ihm den Start hier so einfach wie möglich machen. „Morgen könnten wir doch was unternehmen“, schlug er vor. Sofort verflog Deans gute Laune. „Ich muss arbeiten. Ein Kollege ist krank geworden,“, erklärte er. „Ich hab Tagschicht.“ „Schade“, bedauerte Sam. „Dann werde ich Gegend mal zu Fuß erkunden und vielleicht in die Bibliothek fahren. „Wann bist du zurück?“ „Gegen sieben, wenn alles ruhig bleibt.“ „Okay“ nickte Sam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)