Das Bluterbe der Youkaifürsten von Weissquell (Fortsetzung zu "Die Blutfehde der Youkaifürsten") ================================================================================ Kapitel 17: In der Hölle ------------------------ Es dauert eine Weile bis Sesshomaru bewusst wird wo er sich befindet. Der harte Aufschlag, hat seinen Körper für ein paar Augenblicke paralysiert und noch immer fühlt er sich ein wenig benommen, doch das verfliegt rasch. Warmer, trockener Staub, den er aufgewirbelt hat, steigt ihm in die Nase und raubt ihm kurz den Atem. Ihm entfährt ein leises Schnaufen und dann stützt er die Arme auf um sich hochzustemmen. Doch zu seiner Überraschung stellt er fest, dass dies leichter gesagt als getan ist. Ihm ist als würde ein tonnenschweres Gewicht auf seinen Schultern liegen, dass darauf aus ist, ihn am Boden festzuhalten. Entschlossen versucht er es erneut und mit einer kurzen Kraftanstrengung gelingt es ihm, auf die Füße zu kommen. Jedoch muss er feststellen, dass sämtliche seiner Gliedmaßen sich noch immer so schwer anfühlen, als hingen Gewichte daran. Selbst das Atmen fällt ihm hier in der trockenen Luft schwerer. Doch Sesshomaru lässt sich nichts anmerken. Langsam blickt er sich um. Die Umgebung ist karg und leer, beinah so wie die Ebene über ihm. Hier und da sieht er einige bizarre Felsformationen die ziemlich verwittert und durchlöchert sind und die aussehen, als hätten irgendwelche Kreaturen an ihnen genagt. Sein Blick geht nach oben. Er erwartet über sich die Unterseite der Jenseitsebene zu sehen, doch der Himmel ist lediglich in einen rötlichen Dunst gehüllt der keinen Blick auf das darüber Liegende zulässt. Alles hier ist in ein diffuses Dämmerlicht getaucht und selbst der Blick in die Ferne verliert sich irgendwann in einem nebligen, rötlichen Schimmer. Für einen Moment ist er dankbar für seine Dämonenaugen, denen Dunkelheit keine größeren Probleme bereitet. In diesem Moment bemerkt er die bekannte, kleine Gestalt die da gerade direkt neben ihm zu Boden plumpst. Trotzig glotzt der Krötenyoukai Doro zu ihm hoch. "Ich hoffe, du bist jetzt zufrieden. Du bist in der Hölle. Das war es doch was du wolltest." Sesshomaru beachtet ihn nicht, sondern rekelt sich nur ein wenig. Das Gewicht das scheinbar auf seinen Schultern liegt, fühlt sich noch immer recht unbehaglich an. Doch Doro ist dies nicht entgangen. "Kein schönes Gefühl, nicht wahr?", grinst er zynisch, "Tja, sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Das kommt davon, weil du noch lebst. Dein Körper hat hier ein vielfaches seines normalen Gewichtes. Für Seelen ist das selbstverständlich kein Problem, schließlich haben sie nichts was etwas wiegen könnte." Gehässig stemmt er die Arme in die Seiten und wendet sich ab. "Also dann, viel Erfolg! Mach das Beste draus, wa'?" Schon will er sich in Bewegung setzen, als ihn Sesshomarus Stimme zurück hält. "Ich suche die Verstorbenen meiner Rasse. Wo kann ich sie finden?" Noch einmal dreht Doro sich um und wirft ihm nun einen ziemlich ungenießbaren Blick zu. "Oh nein, kommt überhaupt nicht in Frage! Ich habe schon meine Kompetenzen überschritten, weil ich dich lebend hier runter gelassen habe. Erwarte bloß nicht, dass ich dir auch noch in irgend einer Weise helfe diese Bande von Höllenhunden aufzustöbern. Ich bin doch nicht lebensmüde!" Er verschränkt die Arme. "Außerdem habe ich gar keine Zeit dafür. Ich muss zu Enma-sama und ihm berichten, dass eines der Höllentore beschädigt wurde. Es muss schleunigst repariert werden, ehe es womöglich noch mehr kaputt geht. Glaub mir, ich lege darauf keinen gesteigerten Wert, aber mir bleibt nichts anderes über. Und das ist alleine deine Schuld! Wenn du mich jetzt also entschuldigst?" Brummelnd will er sich davon machen, doch wieder hält ihn Sesshomarus Stimme auf. "Ich werde dich begleiten." Ruckartig fährt Doro herum. "Was? Hast du sie noch alle? Das kommt ja überhaupt nicht in Frage! Was bei allen Göttern, willst du denn ausgerechnet beim Herrn der Unterwelt?" Sesshomarus Miene ist kühl. "Ich bin sicher, er kann mir sagen, wo sich meine Sippe aufhält." Mit riesigen Glubschaugen starrt der alte Krötenyoukai ihn an. "Bist du noch zu retten? Glaub mir, den Herrn der Unterwelt aufzusuchen... jetzt... so, ist das Letzte was du willst. Wenn Enma erfährt was du mit dem Höllentor angestellt hast, dann bricht er dich in winzig kleine Stückchen. Bei so etwas versteht er keinerlei Spaß. Von ihm wirst du kein Sterbenswörtchen erfahren, du erreichst allenfalls, dass dir ein Daueraufenthalt hier unten beschert wird. Und das sage ich dir auch nur, weil mich deine Courage beeindruckt und du mir ein bisschen ans Herz gewachsen bist, Kleiner. Wenn du den Gedanken nicht auf ewig begraben willst, die Hölle jemals wieder lebend zu verlassen, dann halt dich bloß so weit fern von Enma wie nur irgend möglich!" Für einen kurzen Moment scheint Sesshomaru zu überlegen. Schließlich sagt er ruhig: "Wenn das so ist, werde ich anders vorgehen müssen." Mit regloser Miene macht er zwei Schritte auf Doro zu noch ehe der alte Youkai es kommen sieht, beugt sich Sesshomaru vor, packt ihn am Hals und hebt ihn hoch. Sofort beginnt der kleine Krötererich wie wild mit den Beinen zu strampeln und mit den Armen zu zappeln und um sich zu schlagen um freizukommen. Dabei schimpft er wie ein Rohrspatz so gut er nur kann. "Hey, was soll das? Lass mich auf der Stelle wieder runter! Sofort! Hörst du schlecht du sollst mich runterlassen, verdammt!" Doch gänzlich ungerührt hält Sesshomarus Faust den Youkai sicher in seinem Griff. "Ich werde einen Führer brauchen und du wirst mir genau sagen, wo ich hier die Inuyoukai finde, verstanden?" Die Worte klingen hart und unerbittlich. "Ich denke ja nicht dran!", zetert Doro außer sich. "Soweit kommt das noch. Ich bin doch nicht irre. Denkst du ich riskiere meine Job, nur für irgend so einen dahergelaufenen Youkai der sich einbildet die ganze Befehlsgewalt für sich gepachtet zu haben? Vergiss es! Ich werde dir gar nichts erzählen! Und nur zu deiner Information, es wird dir gar nichts bringen mich töten zu wollen. Nichts was du hierher mitgebracht hast, kann uns Wesen aus dieser Welt endgültig vernichten. Es gibt also nichts was du mir androhen könntest. Es wäre also völlig sinnlos es zu versuchen." Wieder mustert Sesshomaru ihnen einen Moment mit regloser Miene. Schließlich sagt er ruhig: "Das Höllentor ist beschädigt, sagtest du. Wäre es nicht besser, wenn es... rasch repariert würde?" Ein durchdringender Blick taxiert Doro und unwillkürlich hält der alte Torwächter inne. Einen Moment lang lässt er sich die Worte durch den Kopf gehen. Schließlich meint er zerknirscht: "Das wäre in der Tat 'besser'. Doch du hast nicht vor, mich loszulassen, es sei denn, ich helfe dir, nicht wahr?" Ein messerdünnes Lächeln legt sich um Sesshomarus Lippen. "Präzise!" Ein verärgertes Schnaufen entfährt Doro. Dann legt sich eine sehr verdrießliche Miene auf sein Gesicht und seine dürren Gliedmaßen erschlaffen. "Also meinetwegen", grollt er. "Ich zeige dir den Weg. Aber nur bis du es alleine findest. Ich kann schließlich nicht ewig Zeit mit dir verschwenden." "Weise Entscheidung", stellt Sesshomaru kühl fest. Empört blickt Doro zu ihm hoch. "Aber nur unter einer Bedingung: Du lässt mich gefälligst auf der Stelle wieder runter. Du hast wirklich ein miserables Verhalten Älteren gegenüber. Es ist wirklich eine Schande." Für einen Moment überlegt Sesshomaru, doch dann beugt er sich herab und setzt den alten Youkai auf den Erdboden zurück. Umständlich reckt und rekelt sich der alte Krötenyoukai und murmelt dabei üble Beschimpfungen vor sich hin. Dann richtet er sich auf, wobei seine Wirbelsäule erneut heftig knackt, und zeigt dann in eine Richtung. "Dort entlang geht es. Den Weg entlang, hinunter zum Strom, durch das Dornental bis zu den Felsenklippen am Horizont." Sesshomarus Blick folgt der angegebenen Richtung und diese Gelegenheit nutzt der kleine Youkai um urplötzlich seine dünnen Beinchen in Bewegung zu setzen und so schnell ihn diese tragen die Flucht ergreift, wohl wissend, dass der Daiyoukai in diesen Gefilden einiges an Geschwindigkeit eingebüßt hat. Schon hat er einige Meter zwischen sich und den Inuyoukai gebracht und kichert triumphierend. Sesshomaru beobachtet aus den Augenwinkeln und seufzt einmal lautlos. Dann streckt er seine Hand aus und mit einer kurzen, geschmeidigen Handbewegung lässt er eine grün leuchtende Energieschnur aus seinen Fingern entstehen, die sich rasch auf den fliehenden Torwächter durch die Luft zu schlängelt, sich um dessen Hals windet und ihn so unsanft aus dem Lauf zu Boden reißt. Doro flucht hingebungsvoll. Mit einem Schlenker seines Handgelenkes schnalzt Sesshomaru den kleinen Flüchtling samt Energiepeitsche wieder zu sich vor die Füße. Ein eisiger Blick durchbohrt den Torwächter. "Möglicherweise bin ich in dieser Umgebung hier ein wenig im Nachteil", sagt der Daiyoukai frostig. "Doch das bedeutet nicht, dass ich mir alles gefallen lasse. Auch meine Geduld ist irgendwann zu ende. Solltest du noch einmal versuchen unsere Abmachung zu brechen, wirst du feststellen, wie ungemütlich ich tatsächlich werden kann. Habe ich mich klar ausgedrückt?" In seinen Augen liegt nun etwas höchst Besorgniserregendes und der kleine Krötenyoukai beschließt zu kapitulieren. "Also schön", grollt er finster. "Ich werde dich ein Stück weit führen, doch dann lässt du mich gehen, damit ich mich endlich um meine üblichen Pflichten kümmern kann, klar? Wenn du mich nicht mehr brauchst, verschwinde ich, nur damit du es weißt." Sesshomaru mustert ihn noch einen Moment intensiv, dann nickt er leicht und löst dann die Energieschnur um Doros Hals. "Geh voran! Ich denke es liegt in unser beider Interesse, dass wir keine weitere Zeit mehr verschwenden." Missmutig nickt der alte Krötenyoukai und fügt sich dann in sein Schicksal. --- Mit rasselndem Atem läuft Itakouri schwerfüßig durch den kargen Wald. Seine Lunge brennt bei jedem Schritt und in seinem Kopf macht sich eine unangenehme Benommenheit breit. Neben sich schleift er, mehr als dass er trägt, den kühlen, schlaffen Körper seines Untergebenen. Zum Glück ist es nicht mehr all zu weit. Er ist mehrere Stunden hindurch gerannt so schnell ihn seine Füße trugen, doch jetzt versagt sein geschundener Körper allmählich seinen Dienst. Von Samushi kommt keinerlei Lebenszeichen mehr, doch der Nordyoukai rechnet innerlich mit der nahezu legendären Zähigkeit seines Kameraden und klammert sich verzweifelt an die Hoffnung, dass er sein Ziel nicht zu spät erreicht. Endlich kann er vor sich die vertrauten Palisaden des Nordpalastes ausmachen. Ein dicker, stabiler und gut bewachter Holzzaun umgibt das Areal in dem der Fürst, in diesem Falle die Fürstin der Inuyoukai des Nordens, ihre Residenz errichtet hat. Nicht weit hinter dem Schutzzaun steigt eine mächtige Felswand in die Höhe und an ihrem Fuße drängen sich mehrere einfach gehaltene, jedoch eindeutig fachlich gearbeitete Gebäude aus Stein und Holz. Sie sind teilweise sogar übereinander gebaut und zwischen ihnen führen überdachte Übergänge, Treppen und Hängebrücken hin und her. Am hintersten Ende, direkt an der Felswand sind einige schmale, jedoch gut ausgebaute Wege in den Felsen geschlagen worden und so schlängelt sich der steinige Pfad mit leichtem Gefälle die Felswand hinauf, wobei er an einigen Stellen eine weitere Hütte passiert, die kunstfertig in die Felsbank hineingebaut wurde, wie Perlen an einer Kette. Das höchstgelegene Gebäude befindet sich auf einem bequemen Felsvorsprung und ist deutlich größere als die bisherigen. Es wurde noch ein gutes Stück in den Berg hineingebaut, und es gehört nicht viel dazu sich zusammenzureimen, dass sich dort die Gemächer der Fürstenfamilie befinden. Nur kurz darauf erreicht Itakouri strauchelnd das große Tor. Zum Glück kennen die Wachen ihren Hauptmann und erfassen rasch die Lage, sodass er keine weitere Zeit verliert und das Tor ungehindert passieren kann. Unmittelbar darauf steuert er eine Hütte an, die ein wenig abseits der anderen Gebäude steht, direkt vor dem Rand einer Schlucht, die sich gleich neben der Felswand in die Tiefe stürzt. Mit letzter Kraft erreicht er schließlich die Tür und reißt sie auf. Das Innere des geräumigen Hauses ist dimmerig und mit einem streng riechenden Dunst erfüllt. Es gibt in der Mitte eine Feuerstelle an der gerade eine geduckte Gestalt sitzt. Nun hebt die Person den Kopf und leuchtend blaue Augen starren dem unerwarteten Eindringling missbilligend entgegen. Als sie sich nun aufsetzt, erkennt man, dass es sich hier um eine kleine, schlanke Youkaifrau handelt. Ihre Gestalt ist recht zierlich, fast schon zerbrechlich und sie trägt einen dunkelblauen Yukata, jedoch keine Schuhe. Ihre Haare sind weiß und dunkelgrau gescheckt und hängen in unzähligen einzelnen, langen Flechten über ihren Hinterkopf herab. Dort vollführen sie einen Bogen und ihre Enden sind letztlich zu einem kleinen Dutt auf dem Hinterkopf festgesteckt worden. In der Hand hält sie einen Spieß auf dem ein rattenähnliches Tier aufgespießt ist, welches sie bis eben über das Feuer gehalten hat. Verärgert verzieht sie den Mund. "Teufel auch, hat man vor euch Rabauken denn wirklich keinen Moment Ruhe? Was ist denn jetzt schon wieder?" Schwer atmend steht Itakouri in der Tür. "Ki-sensei", schnauft er kurzatmig, "Samushi wurde schwer verletzt! Ich weiß nicht... ob er überhaupt noch lebt." Einen Moment lang erstarrt der Blick der Frau. Dann brummt sie: "Dieser dämliche Penner versaut mir schon wieder mein Abendessen", jedoch kommt sie nun rasch auf die Beine, läuft zu Itakouri hinüber und ehe dieser etwas sagen kann, nimmt sie den leblosen Youkai aus seinen Armen und wuchtet ihn zu einem nahen Lager hinüber, wo sie ihn unsanft daraufplumpsen lässt. Dann streckt sie ihn geübt lang aus und beginnt damit höchst konzentriert mit den gespreizten Fingern ihrer Hand seinen Körper abzuwandern. Ein wenig hilflos steht Itakouri daneben und sieht ihr zu. Für den Moment sind seine eigenen Schmerzen vergessen. "Kannst du ihn retten, Ki-sensei?", fragt er etwas bange. "Ich hab schon lange keinen Atem mehr bei ihm gespürt. Es geht ihm sehr schlecht." "Das zu beurteilen, überlässt du gefälligst mir, klar?", blafft die Frau ihn an. "Aber da ihr kampfverliebten Idioten ja sowieso nie wegen einer Lappalie zu mir kommt, bin ich an aussichtslose Fälle gewöhnt, glaub mir! Und jetzt halt die Klappe!" Eingehend inspiziert die Heilerin jedes einzelne Körperteil mit ihren Fingerspitzen. Nahezu jeder einzelne Knochen ist gebrochen, Atmung ist nicht feststellbar und das Herz wurde durchbohrt. Selbst für ihre Verhältnisse keine mutmachende Aussicht. Doch noch ist nichts verloren. Am schwersten wiegt wohl die Wunde am Herzen. Hier ist rasches Handeln erforderlich. "Was zum Henker konnte ihn bloß so zurichten?", murmelt sie laut bei sich. Itakouri presst die Lippen kurz zusammen. "Das kann ich nur Yarinuyuki persönlich sagen", entgegnet er ernst. "Ich muss ihr sowieso noch davon berichten." Schon will er sich zum Gehen wenden. "Hab ich mit dir geredet?", schnaubt die Heilerin ärgerlich. "Und wage es ja nicht, jetzt hier zu verschwinden!", fügt sie jetzt scharf hinzu. "Ich brauche deine Hilfe." Etwas unschlüssig bleibt Itakouri stehen. Doch sogleich erhält er Anweisungen. "Halt ihn fest, kapiert? Lass ihn auf keinen Fall los!", befiehlt sie grimmig. Itakouri sinkt neben seinem leblosen Gefährten hinab und drückt seine Hände auf dessen Schultern. Nun richtet sich die schmächtige Youkaifrau auf und dann beißt sie sich in die Fingerspitze. Dann führt sie Daumen und Zeigefinger der anderen Hand an die Wunde heran und nun formt sich das Blut, das aus dem Finger sickert, zu einem dicken, roten Tropfen, den sie immer mehr aus dem Finger hinauszieht, ohne dass er die Form verliert, bis er schließlich die Größe einer Kastanie hat. Behutsam hält sie das Blutbällchen zwischen ihren Fingern und dann beugt sie sich zu Samushi hinab, stützt sich auf seinem Brustkorb ab und dann steckt sie die Hand mit dem Blut in die große Wunde auf seiner Brust. Sie muss ziemlich viel Kraft aufwenden dabei, während sie einerseits den Riss im Herzen mit dem Blutsiegel verschließt und zum anderen den geschädigten Muskel durch unermüdliche Kontraktionen wieder an das Schlagen erinnert. Und auf einmal geht ein heftiger Ruck durch Samushis Körper. Er reißt die Augen auf, tut einen tiefen, hektischen Atemzug und schon im nächsten Moment versucht er sich aufzubäumen. Doch Itakouri ist fest entschlossen die ihm auferlegte Aufgabe zu erfüllen. Mit aller Kraft die er aufbringen kann, nagelt er Samushis Schultern am Boden fest, der jetzt beginnt sich unter ihm zu winden und gegen die Beengung anzuarbeiten. Dabei stößt er einen unmenschlichen Schmerzensschrei aus, der jedoch in einem kehligen Röcheln endet. Das Zappeln allerdings verebbt nicht. "Festhalten!", kommandiert die Heilerin ungerührt, während sie noch immer ihre Hand tief in der Brust des Youkais hat und bemüht ist ihre Fähigkeiten ungehindert zu entfalten. Doch das erweist sich alles andere als einfach, denn Samushi gebärdet sich noch immer wie wild und Itakouri hat alle Hände voll zu tun, ihn am Boden zu fixieren. Stöhnend und winselnd versucht der gepeinigte Youkai um sich zu schlagen, doch seine Gliedmaßen versagen noch immer ihren Dienst. Schließlich zieht die Youkai ihre Hand heraus und setzt sie nun fest auf seinen Brustkorb. Die andere Hand schiebt sie unter seinen Rücken und dann mit einem heftigen Ruck, reißt sie die obere Hand ein Stück nach oben, wobei ihr Samushis Rippenbögen ein Stück folgen. Es knirscht einmal schauerlich und dann hat der Oberkörper wieder seine übliche Form. Ruckartig fährt Samushi in die Höhe und setzt sich auf. Er zieht einmal scharf die Luft ein und dann fällt er kraftlos zurück auf sein Lager, wo er sich nicht mehr rührt. Die Heilerin atmet einmal kurz erleichtert durch. "Das wäre geschafft", meint sie befriedigt. "Das Schlimmste hat er hinter sich. Den Rest schaffe ich auch alleine. Von mir aus kannst du jetzt verschwinden. Immerhin musst du noch einen Bericht abgeben, oder?" Itakouri nickt mit bleichem Gesicht. Die Youkai legt kurz den Kopf schief, dann erhebt sie sich und tritt dann von hinten an Itakouri heran. Bedächtig legt sie eine Hand auf seinen Rücken. Dann legt sie die andere um seinen Oberkörper herum. Ein schwach blaues Glimmen erscheint um ihre Hand und dann zieht ihre Hand auch seine Rippen wieder in die ordnungsgemäße Position zurück. Ein warmes Gefühl durchrieselt Itakouris Oberkörper und an den Bruchstellen spürt er nun ein kühles Prickeln. Er weiß aus Erfahrung, dass seine Knochen gerade wieder zusammenwachsen. Für eine Youkai des Nordclans sind Ki-senseis magische Fähigkeiten geradezu bemerkenswert stark ausgeprägt. Auch wenn man ihr deshalb häufig mit Misstrauen oder Ablehnung begegnet, so sind die meisten doch froh, dass sie im Notfall stets auf ihre Hilfe zählen können. Nicht wenige der Krieger hier verdanken ihr schon ihr Leben. Er tut einen tiefen Atemzug und dann löst er sich behutsam aus ihrem Griff und erhebt sich. Sie geht ihm kaum bis zum Kinn. Wer würde ahnen welch immense Kraft in diesem schmächtigen Körper steckt? Doch er hat keine Zeit weitere Gedanken daran zu verschwenden. Er muss Yarinuyuki über die besorgniserregende Situation informieren. Er nickt der Heilerin einmal respektvoll zu, dann macht er kehrt und verlässt rasch die Hütte. Schweigend blickt die Heilerin ihm nach. Dann verzieht sie kurz das Gesicht und lässt sich neben Samushi zu Boden plumpsen. Verstimmt blickt sie auf ihn hinab. Dann versetzt sie ihm einen kräftigen Knuff mit dem Handrücken in die Seite. "Idiot!", brummt sie missmutig. Dann seufzt sie einmal, hockt sich neben ihn und beginnt damit sich mit seinen gebrochenen Knochen zu befassen. Es dauert eine Weile bis Itakouri seine Fürstin aufgespürt hat. Wie man ihm mitteilte, weilt Yarinuyuki im Augenblick nicht im Palast; nicht dass er das dieses Mal tatsächlich erwartet hat. Die junge Daiyoukai liebt die Enge ihrer Heimstätte nicht sonderlich. Deshalb ist sie häufig in der näheren Umgebung zu finden, wo sie sich mit den Studien ihrer Kampftechniken befasst, wenn man es so nennen will. Im Grunde ist es eher ein Ventil um überschüssige Energie abzulassen. Zu ihrer Erleichterung wird von ihr nur selten verlangt ernsteren Regierungsgeschäften nachzukommen. Auch ein Grund, warum Itakouri sie heute nur sehr ungern aufsucht. Letztlich hat er sie doch gefunden. Sie befindet sich auf einem ihrer üblichen Kampfplätze, einer felsigen Waldlichtung die schon weitaus bessere Tage gesehen hat, und macht offenbar gerade eine kleine Rast. Sie hält irgendeine undefinierbare Fleischmasse in der Hand und beißt gedankenverloren davon ab. Behutsam nähert sich Itakouri seiner Fürstin. Ohne aufzusehen meint sie etwas unmutig: "Was willst du, Itakouri? Du weißt wie ungern ich gestört werde" Respektvoll sinkt der Angesprochene am Rand der Lichtung auf die Knie. "Verzeiht mir, Yarinuyuki-sama, doch ich habe leider sehr beunruhigende Neuigkeiten für Euch." Für einen Moment überlegt die Daiyoukai, doch dann schleudert sie ihre Mahlzeit in die Büsche, springt auf und kommt dann rasch zu ihm herüber. Hoch baut sie sich vor ihm auf und verschränkt die Arme. "Also schön, ich höre", meint sie streng. Itakouri fühlt sich etwas unbehaglich. Er hatte schon damit gerechnet, dass jede Abweichung von der eintönigen Norm das Interesse seiner Fürstin wecken würde, doch er ist sich nicht sicher, wie sie das, was er zu berichten hat, aufnehmen wird. Am besten er hält sich erst mal nur an die Fakten. "Ich war mit Samushi und Kegawa auf Patrouille an der Grenze zum Westen", beginnt er seinen Bericht. "Dabei sind wir an der großen Ebene auf ein Heer der Menschen getroffen. Allerdings waren Menschen wie Tiere von irgendetwas abgeschlachtet und aufgefressen worden. Da es keinen Hinweis auf den Verantwortlichen gab, beschlossen wir der Sache auf den Grund zu gehen und folgten der Spur die von dort wegführte bis zu den Schluchten ein Stück nördlich. Dort fanden wir den Verursacher des Blutbades und stellten ihn. Als wir ihn jedoch zur Rede stellten, griff er uns an." Hier zögert er kurz. "Bedauerlicherweise muss ich gestehen, dass wir ihm selbst zu dritt nichts entgegenzusetzen hatten. Er verletzte mich und Samushi schwer, und tötete und verschlang dann Kegawa." "Er verschlang ihn?", kommt nun die scharfe Nachfrage der Fürstin, die bis zu diesem Moment verhältnismäßig gelassen den Bericht verfolgt hat. "Was soll das heißen: Er verschlang ihn?" Itakouri spricht zögernd weiter. "Dieser Kerl nannte sich selbst Katsuken und er ist ein Inuyoukai. Allerdings bin ich noch nie so einem mächtigen begegnet." Eine Sekunde später packt eine kräftige Klaue ihn am Kragen und reißt ihn auf Augenhöhe hoch."Was?", zischt Yarinuyuki erbost, und Itakouri ahnt rasch wo er einen Fehler begangen hat. "Verzeiht mir, ich wollte Euch nicht herabsetzen", beteuert er rasch. "Aber dieser Kerl war einfach verdammt stark. Wir haben alles eingesetzt was wir hatten und dennoch hat er Samushi beinahe zu Tode geprügelt als wäre es nicht mal eine Anstrengung und dann... ich kann es nur vermuten, denn zu sehen war in dieser seltsamen Finsternis nichts, dann nahm er seine wahre Gestalt an und fraß Kegawa. Wir konnten es nicht verhindern. Ich konnte im letzten Moment mit Samushi entkommen, um Euch Bericht zu erstatten." Yarinuyukis Augen blitzen nun gefährlich. "Was für eine unglaubliche Unverfrorenheit! So ein Verhalten auf meinem Land!", schnaubt sie. "Was will der Kerl hier? Habt ihr wenigstens herausbekommen was der Kerl hier zu suchen hat?" "Leider nein, Yarinuyuki-sama", gibt Itakouri kleinlaut zu. "Er sagte nicht viel. Er erkundigte sich lediglich nach Inu Taishous Verbleib... es schien ihn zu freuen, dass er tot ist und dann... äußerte er sich noch sehr verächtlich und herablassen über... unsere Vorfahren und Euch und während wir noch versuchten, Eure Ehre zu verteidigen, waren wir schließlich leider gezwungen, die Flucht zu ergreifen." Hart trifft Itakouri wieder auf dem Boden auf. Die Daiyoukai hat ihn unmittelbar losgelassen. Doch nun schieben sich scharfe Reißzähne unter ihren Lippen hervor und ihre Augen funkeln in einem schaurigen Eisblau. Hart ballt sie die Hände zur Faust und sie ringt schwer um ihre Beherrschung. "Dieser dreckige Köter!", grollt sie finster. "Er wagt es tatsächlich, mich herauszufordern? Auf meinem Grund und Boden! Oh, das wird er bereuen!" Mit einem grimmigen Schwung dreht die wütende Daiyoukai sich um. "Ich zeige ihm, mit wem er sich hier anlegt!", schreit sie und dann springt sie auch schon davon, direkt in Richtung ihres Palastes. "Itakouri!", kommt noch einmal der scharfe Befehl, "Ruf auf der Stelle unsere Truppen zusammen! Die Tage dieses verdammten Drecksköters sind gezählt!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)