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Demon Girls & Boys

von

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Ein neuer Anfang

  Ein neuer Anfang

 

 

 

Endlich war der Flug vorbei. Nun befand sich Laura in der Cor-Region, die fast zweitausend Kilometer nördlich von der Yami-Region lag.

Mit dem Bus fuhr sie aus der Stadt heraus, hinein in eine wunderschöne Schneelandschaft. Bei ihr befanden sich weitere Schüler, die auch auf die Coeur-Academy zu gehen schienen und aus den Weihnachtsferien kamen. In Damon begann das neue Schuljahr immer zu Neujahr nach den Ferien und endete vor Weihnachten. Das war dann immer ein Spaß mit den Zeugnissen…

Der Bus hielt an und die Schüler stiegen aus. Lauras Glück war, dass sie aus allen möglichen Regionen kamen und daher niemand sie kannte.

Ich muss diese Löwensache hier unbedingt geheim halten, dann kann ich für die letzten vier Monate meines Lebens vielleicht doch noch eine schöne Zeit haben, nahm Laura sich gedanklich vor.

Gemeinsam mit den anderen ging sie durch ein sehr schwer wirkendes Holztor, das mit verschnörkelten Symbolen verziert war. An der Spitze des Torbogens prangte in leuchtendem Silber das Zeichen der Coeur-Academy, der Zauberstab und das Schwert, die sich überkreuzten.

Der Campus dahinter war riesig! Der Weg den sie entlanggingen war mit weißen Steinen gepflastert und unterschied sich somit kaum vom Schnee, der die weitlaufende Wiese bedeckte. Alle paar Meter kam sie an hübschen weißen Laternen vorbei, deren Spitze sich vor Schnee kaum retten konnte.

Das muss wohl der große Platz sein, überlegte Laura. Der Name passte immerhin. In der Mitte des runden Platzes war ein Springbrunnen dessen Wasser allerdings genauso gefroren war wie das in dem Brunnen, der im Garten ihres Zuhauses stand.

Das große Gebäude, auf das alle zusteuerten war wie der Rest des Campus im Barock Stil gehalten. In der Mitte ragte ein riesiger Turm empor und die Seitenflügel schienen die Schüler wie ein Mensch mit offenen Armen zu empfangen. Außerdem hatte Laura noch nie eine Schule mit so schönen Fenstern gesehen. Es waren hohe Bogenfenster, auch aus dem Barockzeitalter. Irgendwie fühlte sich Laura fast wie eine Prinzessin, die in ihr Schloss ging.

Was ziemlich ironisch war, wenn man bedachte, dass sie ja tatsächlich eine Prinzessin war, die allerdings nicht in einem prunkvollen Schluss, sondern ‚nur‘ in einer Villa lebte.

Und genau da trat sie durch die dunkle Holztür. Sie hatte das Gefühl, durch ein Zeitloch zu gehen. Von dem romantischen Barockgarten und Schloss zum prunkvollen Goldpalast. Die Wände, die Decke und sogar der Boden, alles hatte eine goldene Farbe.

Was davon ist wohl echt?, überlegte Laura. Auf dem Boden war ein schwarzer Teppich mit glänzenden, (natürlich) bordeauxroten Stickereien und an den Wänden hingen auch schwarze, verschnörkelte Kerzenhalter mit dunkelroten flackernden Kerzen. Laura spähte in die Gänge links und rechts, die die Kerzenhalter und der schwarze Teppich entlanggingen. Hin und wieder kam eine dunkle Holztür oder eine Vitrine, in der garantiert Urkunden, Meisterwerke der besten Schüler, Trophäen und andere wertvolle Schätze waren. Wie ein Schloss halt.

Wieder ging sie durch eine große Holztür und kam in den riesigen Turm, den man von außen nicht hatte übersehen können. Dieser Ort war unter Garantie nichts für Leute mit Höhenangst. Eine Treppe wandte sich an der Wand entlang, den gesamten Turm hinauf. Alle circa zehn Stufen kam eine Plattform mit einem teuer aussehenden Holztisch, der von neun dazu passenden Stühlen umrundet wurde.

Warum ist eigentlich immer alles aus Holz? Müssen die sich um den Brandschutz hier keine Gedanken machen? Diese Frage beschäftigte Laura, während sie die Treppe zu den Plattformen hinaufstieg. Sie kam an einer Reihe von Mosaikbildern vorbei, die irgendeine Geschichte erzählten und bis zur allerletzten Plattform reichte, welche aber nicht mit dieser Treppe erreicht werden konnte. Die zweite Treppe war gegenüber von der, die Laura genommen hatte. Doch diese schien niemand zu benutzen und Laura war lieber sicherheitshalber den anderen Schülern hinterhergegangen, als am Ende zwar nicht als die ‚kleine, dumme Prinzessin‘, aber dafür als ‚verpeilte Erstklässlerin, die die falsche Treppe benutzt hatte‘ bekannt zu werden.

Das würde O-Too-sama garantiert gefallen. Laura grinste und eine süße Verlockung überkam sie, doch noch mal runter zu gehen und die andere Treppe zu nehmen. Aber nein, auf so viele Stufen hatte sie keine Lust.

Laura setzte sich an einen komplett leeren Tisch und schaute nach unten. Sie hatte sich zwar keinen so hohen Platz ausgesucht, war aber trotzdem dankbar, keine Höhenangst zu haben. Es war jetzt schon ein eigenartiges Gefühl und Laura beschloss, der höchsten Plattform niemals zu nahe kommen zu wollen.

„Entschuldigung? Ist der Platz neben dir noch frei?“

Erschrocken blickte Laura auf.

Die Frage kam von einem hübschen Mädchen mit hellbraunen, schulterlangen Haaren, welche je nach Lichteinfall einen rötlichen, blonden oder braunen Schein hatten. Die Stirn wurde von einem Pony bedeckt und auf ihrer Nase waren trotz der Jahreszeit leichte Sommersprossen zu sehen, die sie frech wirken ließen. Ihre braun-grünen Augen hatten einen freundlichen Blick, bei dem sich Laura sofort wohl fühlte, ohne überhaupt zu wissen wer sie war.

„Klar, setz dich ruhig.“, antwortete Laura und das Mädchen ließ sich auf den Stuhl nieder.

„Uff, danke, du bist echt nett. Vorhin war ich etwas weiter oben und eine Zickengruppe hat mich sofort verscheucht. Nur weil die älter sind und glauben sich etwas darauf einbilden zu können…“, seufzte sie und stellte sich kurz darauf vor: „Ich heiße übrigens Ariane Leger und du?“

„Lenz, Laura.“, antwortete Laura.

Ariane dachte nach. „Lenz… Irgendwo hab ich das schon mal gehört. Sag mal, aus welcher Region kommst du?“, fragte sie Laura, die antwortete: „Yami-Region. Wieso?“

Zufrieden schnipste Ariane mit dem Finger. „Wusst’ ich’s doch! Du bist aus dieser Königs- oder Regentenfamilie in der Yami-Region. Dein Vater kam mal in einem Powi-Test vor. Wobei… Wie heißt er denn wirklich? Leon Lenz oder Lukas Lenz?“

„Leon Lenz. Lukas Lenz ist mein Cousin. Wieso?“, fragte Laura, verwirrt dass so etwas in anderen Regionen scheinbar sogar in einer Prüfung vorkommen konnte.

Plötzlich war Ariane aufgesprungen. „Und meine Lehrerin hatte mir bei Leon Lenz einen Punkt abgezogen und behauptet er hieße Lukas! Na der werd ich’s zeigen, neue Schule hin oder her. Mit diesem Punkt hätte ich eine eins bekommen und damit eine zwei im Zeugnis!“, regte sie sich auf und Laura unterdrückte ein Kichern. Ariane war ihr von Anfang an sympathisch.

„Was ist daran so lustig? Man darf doch wohl für seine Rechte kämpfen?!“, schmollte sie und fügte hinzu: „Du weißt ja nicht, wie das mit den Lehrern ist. Garantiert bist du Musterschülerin und hattest Privatunterricht bei einem voll süßen Typ, wie es in allen Romanen der Fall ist.“

„Quatsch. Ich bin auf ein ganz normales Privat-Gymnasium gegangen und mein Durchschnitt liegt bei ungefähr 1,8.“, sagte Laura kopfschüttelnd

Ariane warf ihr einen kritischen Blick zu. „Privatschule. 1,8. Könntest du bitte noch meinen letzten Punkt bestätigen?“

„Ähm…“ Nun war Laura doch etwas verunsichert. Denn tatsächlich hatte ihr Kindheitsfreund Benni sie damals in die Basisfertigkeiten der Kampfkunst eingewiesen. Und Benni war tatsächlich jemand, den man als ‚süßer Typ‘ bezeichnen würde…

„Und? Ich warte.“, beharrte Ariane auf eine Antwort.

„Aber das tut sie doch gerade sowas von. Vermutlich zieht sie ihren ‚süßen Typen‘ gerade sogar gedanklich aus.“, meldete sich eine amüsiert klingende Stimme zu Wort.

Bei dem plötzlichen Kopfkino schoss das Blut in Lauras Wangen, woraufhin die Verursacherin dessen zu lachen begann. „Ich wusste es doch!“

Ariane und Laura hatten gar nicht mitbekommen, dass sich zwei weitere Mädchen an den Tisch gesetzt hatten und das ganze Gespräch mitverfolgten. Das Mädchen, das sich eben zu Wort gemeldet hatte, hatte schwarze lockige Haare, die sie zu zwei Zöpfchen zusammengebunden hatte. Ihre Augen hatten einen wunderschönen blau-grün Ton, der an das rauschende Meer an den Küsten Damons erinnerte.

„Ach Lissi, bring die arme doch nicht so in Verlegenheit.“, seufzte das andere Mädchen. Sie sah der ersten zum Verwechseln ähnlich, außer, dass sie sich an die Kleiderordnung hielt und die schwarzen Haare in hübschen Locken über ihre Schultern fielen. Sie sah aus wie Schneewittchen, nur dass ihre Lippen nicht rot wie Blut waren, sondern eher das sanfte Rosa einer Rose besaßen.

Laura war überrascht, wie verschieden die beiden Mädchen wirkten, obwohl sie eigentlich ein komplett identisches Aussehen hatten.

„Seid ihr Zwillinge?“, startete Ariane eine Unterhaltung.

„Das müsste man eigentlich sehen können, oder?“, erwiderte das Mädchen mit den Zöpfen sarkastisch.

Ihre Schwester lächelte. „Ich bin Susanne und das ist Lissi. Freut mich, euch kennenzulernen.“

„Die Freude ist ganz meinerseits, ich bin Ariane.“

„Laura.“, nannte Laura nur knapp ihren Namen und betrachtete stattdessen weiterhin eindringlich die beiden Mädchen.

Genauso wie Ariane hatten sie irgendetwas, was Laura faszinierte. Besonders diese Lissi. Während Susanne ruhig und unglaublich liebevoll wirkte, schien ihre Zwillingsschwester… unberechenbar.

An Susanne konnte man sofort erkennen, dass sie unglaublich hilfsbereit war und es liebte, für Menschen da zu sein und ihnen eine Freude zu bereiten.

Lissi dagegen… einerseits wirkte sie mit den Zöpfchen wie ein Kind. Ein ungestümes und dickköpfiges Kind. Andererseits konnte man an der Art wie sie sich schminkte und wie sie ihre Schuluniform trug ziemlich deutlich erkennen, dass sie genau wusste, wie sie ihre Schönheit einsetzen konnte, um das zu bekommen, was sie wollte.

… Es war verwirrend.

An den Tisch setzten sich noch drei weitere Mädchen, doch zum Vorstellen blieb keine Zeit, da die Direktorin anfing zu reden. „Herzlich willkommen in der Coeur-Academy. Ich hoffe ihr hattet erholsame Ferien und könnt nun mit neuer Energie in das diesjährige Schuljahr starten. Besonders möchte ich die neue erste Stufe hier willkommen heißen. Ich bin Kyurina Bôss und gemeinsam mit meinem Mann Arion, der zurzeit aufgrund geschäftlicher Tätigkeiten nicht anwesend sein kann, leite ich die Coeur-Academy.“

Bla, bla, bla. Laura hasste Reden. Die waren immer so langweilig. Deshalb nutzte sie die Gelegenheit, um die anderen drei Mädchen genauer unter die Lupe zu nehmen. Eine trug eine Brille, hatte eine recht dunkle Haut, dunkelbraune gelockte Haare und blaue Augen. Von allen hatte sie die erwachsenste Ausstrahlung und ihre langen, schwarzen Wimpern ließen sie sehr weiblich wirken. Außerdem hatte sie irgendwie was Temperamentvolles an sich, doch eben legte sie, nicht sehr temperamentvoll und wohl genauso gelangweilt wie Laura ihren Kopf auf den Tisch als wolle sie schlafen.

Das nächste Mädchen hatte, genauso wie Ariane, hellbraune Haare, diese waren allerdings ziemlich kurz geschnitten als hätte ihre Frisur eher pragmatische statt modische Gründe. Ihre Augen waren blau wie die Nacht und sie hatte einen sehr trainierten und doch auch weiblichen Körperbau. Auch ihre Haut hatte einen ziemlich dunklen Farbton, was einen sehr interessanten Kontrast zu den helleren Haaren bildete. Die Hautfarbe erinnerte Laura an das Wüstenvolk in Dessert. … Und irgendwie kam sie ihr sogar bekannt vor, obwohl Laura eigentlich niemanden aus Dessert kannte.

Das dritte Mädchen hatte blonde Haare mit einem Pony, welches nur knapp über ihren himmelsblauen Augen endete. Sie war extrem dünn, sogar noch dünner als Laura. Was eigentlich sehr besorgniserregend war, denn sogar Laura war bereits im untergewichtigen Bereich. Trotzdem hatte das Mädchen extrem süße Gesichtszüge, wirkte allerdings ziemlich schüchtern, so wie sie jeglichen Augenkontakt zu vermeiden versuchte, und erschien mit ihrer blassen Haut sehr zerbrechlich.

Dennoch kam Laura nicht drum herum zu erkennen, dass die Mädchen, die hier bei ihr am Tisch saßen, alle auf ihre Art und Weise wunderschön waren. Sie konnte nicht sagen, was genau es war, das ihr diesen Eindruck vermittelte. Aber die Gruppe stach aus irgendeinem Grund aus der Menge heraus. Man könnte glatt behaupten, dass sie eine regelrecht mächtige Aura um sich zu haben schienen und doch war es nicht greifbar, wieso man das dachte, wenn man diese Mädchen sah.

Als Laura wieder aufmerksam wurde, stellte die Direktorin die Schülervertretung von letztem Jahr vor. „Es gibt immer zwei Schulsprecher und Vertrauensschüler. Darunter immer jeweils ein Junge und ein Mädchen und in jedem Amt und Geschlecht ist jeweils einer davon Magier und der andere Kampfkünstler. Jedes Jahr wird die Schülervertretung über Empfehlungen von der des Vorjahres und den Direktoren ausgewählt. Dazu müssen einige Regeln beachtet werden, wie zum Beispiel, dass nur Schüler aus dem zweiten Jahrgang in die Schülervertretung können, während die vorherige immer noch in beratenden Tätigkeiten unterstützt. Doch jetzt stellt sich erstmal die ehemalige Schülervertretung vor, die ihre Aufgaben letztes Jahr mit Bravur erfüllt hat.“ Die Schüler applaudierten und vier Jugendliche, alle zwei Jahre älter als Laura, kamen die andere Treppe hoch auf die Plattform. War also doch gut, dass Laura sich nicht dazu überwunden hatte, diese Treppe zu erkunden. Die vier Schüler stellten sich nebeneinander auf. Wie angekündigt zwei Kampfkünstler und zwei Magier, immer jeweils ein Junge und ein Mädchen. Der größte, ein braunhaariger Junge mit einer Brille, trat vor und begann zu sprechen. Er stellte sich als Maximilian, den ehemaligen Schulsprecher vor und erzählte etwas über die Schülervertretung.

Laura hörte auch hier wieder nur mit halbem Ohr zu und wurde erst wieder etwas aufmerksamer, als die neue Schülervertretung von ihren Vorgängern offenbart wurde. Vertrauensschüler waren eine gewisse Nadja und János. Die Schulsprecherin hieß Sarah und der neue Schulsprecher… Eiskalter Engel?

Verwirrt schaute Laura auf, aber sie hatte sich unter Garantie nicht verhört. Der ehemalige Schulsprecher hatte tatsächlich ‚eiskalter Engel‘ gesagt und als wäre das nicht genug, begann der ganze Turm auf einmal begeistert zu jubeln.

Wer zum Henker heißt bitte schön eiskalter Engel?! Neugierig betrachtete Laura den Jungen, der zu dem Rest der Schülervertretung auf die Plattform trat.

Sie bemerkte gar nicht, dass sie aufgesprungen war und wie gebannt auf diesen Jungen starrte. Was hatte das zu bedeuten?! Laura wusste zwar, dass Benni die Schule gewechselt hatte, aber nicht, dass er auf die Coeur-Academy gegangen war… Auch wenn es eigentlich nicht verwunderlich war, dass er auf eine Eliteschule für antike Begabung ging. Schließlich war er ein sehr begnadeter Kampfkünstler.

Benni begann mit ruhiger und trotzdem fester Stimme zu sprechen. „Hallo. Mein Name ist Benedict Ryū no chi und ich bin in der 2aK. Ich hoffe, dass ich meinen Pflichten als Schulsprecher gerecht werde.“ Die Schüler und besonders die Mädchen jubelten noch lauter.

Benni ist aber ganz schön beliebt, dachte Laura und war aus irgendeinem Grund nicht sonderlich erfreut über diese Erkenntnis.

Als sich sein Blick plötzlich genau auf sie richtete. Der Schreck presste Laura die Luft aus den Lungen, während sie nicht anders konnte als seinen Blick zu erwidern. Er sah nicht wirklich freundlich aus. Na ja, auch nicht böse. Eher gleichgültig, und Laura hatte das Gefühl, durch sein schwarzes Auge in einen tiefen Abgrund zu blicken. Ja, nur ein Auge. Das andere, sein rechtes, hatte Benni so gut wie immer hinter seinen hellblonden, nahezu weißen Haaren verdeckt, da es blutrot war. Das Zeichen eines ‚Dämonengesegneten’. Was das war, wusste Laura selbst nicht genau. Nur, dass er in einer fast so mächtigen Verbindung mit einem Dämon stand wie sie selbst.

Schließlich wandte Benni den Blick ab, als er von Maximilian eine Nadel gereicht bekam, die ihn als Schulsprecher auszeichnete. Während alle möglichen Mädchen, darunter insbesondere Lissi, ihm nachschwärmten, ging er mit Maximilian zu dem Rest der Schülervertretung, die weiter oben ihre eigene Plattform hatte.

„Hach, der ist sooo süüüß.“, seufzte das Mädchen mit der Brille, als im Turm langsam die Unterhaltungen anfingen.

„Und wie! Und was für einen tollen Körper er hat. Groß aber nicht zu groß und durchtrainiert. Den will ich unbedingt mal im Sommer sehen, wenn man nur kurzärmlige Hemden trägt… Ach was nein, am besten gleich oben und von mir aus auch gerne unten ohne.“, kicherte Lissi begeistert und die Mädchen sahen sie schräg an.

Susanne seufzte. „Du bist wirklich unmöglich, Lissi. Außerdem hättest du mal auf seine Augen achten sollen. Oder jedenfalls das Auge, das man sehen kann. Pechschwarz und ohne irgendwelche Lichtfunken.“

„Ich weiß!“, quietschte Lissi, „Er ist so sexy, nicht wahr?! Und das mit den Haaren vorm Gesicht lässt ihn noch mystischer wirken, als hätte er irgendein dunkles Geheimnis zu verbergen. Den will ich haben!“

Ariane stützte ihren Kopf mit einer Hand ab. „Vergiss es. Der hat garantiert schon eine.“

„Ne, das glaub ich nicht. Der sieht so aus, als ließe er niemanden an sich ran.“, widersprach Lissi.

„Und deshalb denkst du, ausgerechnet du bekommst ihn?“, meldete sich die Kurzhaarige zu Wort, klang aber eher genervt als wirklich interessiert an der Unterhaltung.

„Warum nicht?“, meinte Lissi schulterzuckend.

„Jetzt reicht’s aber mal!“, regte sich Laura auf. Ihr passte es nicht, dass einige Mädchen schon Pläne schmiedeten, wie sie ihren Sandkastenfreund um den kleinen Finger wickeln könnten.

„Ui, ungeahnte Konkurrenz.“, grinste Lissi selbstbewusst. „Vergiss es Süße, bei deiner Oberweite hast du eh keine Chance.“

„Was war das eben eigentlich für ne Aktion?“ fragte Ariane Laura, die daraufhin rot wurde.

„Keine Ahnung.“, meinte sie nur und versuchte sich nicht über Lissis Bemerkung aufzuregen.

„Gib‘s zu du stehst auch auf ihn.“ Das Mädchen mit der Brille grinste.

„Äh…“ Laura bemerkte, wie sie genauso dunkelrot anlief wie das Brillengestell ihrer Gesprächspartnerin.

Natürlich hatte sie Benni schon immer sehr gemocht. Aber nur als guten Freund! So Sachen wie Herzklopfen hatte sie bei ihm noch nie gespürt gehabt. Zumindest bis auf heute. … Oder?

Könnte da tatsächlich irgendwie mehr gewesen sein?

Laura begann an ihren eigenen Erinnerungen zu zweifeln. Schließlich war er bis vor einem Jahr immer an ihrer Seite gewesen, sowas hätte sie dann doch bemerken müssen!

Selbstverständlich hatte sie ihn im vergangenen Jahr trotz des mysteriösen Streites total vermisst und sie musste sich eingestehen, sogar sehr häufig deswegen geweint zu haben. Aber so richtig… verliebt? Nein, das war sie noch nie gewesen. Weder in Benni noch in jemand anderes.

„Und? Du bist auch verknallt. Volltreffer?“, vermutete die Brillenträgerin. Laura schwieg und wurde zur Antwort wieder rot im Gesicht. Das musste es wohl sein.

… Na toll, das war ja klar. Ihre Gefühle waren halt prädestiniert dafür, ihr das Leben schwer zu machen. ‚Streite dich mit deinem Sandkastenfreund wegen etwas, woran du dich nicht einmal mehr erinnern kannst und verliebe dich in ihn, sobald du ihn auch nur kurz wiedersiehst.‘ Genialer Plan! Sie hatte ja noch nicht genug Drama in ihrem Leben! 

„Süße, mach dir deswegen doch keine Vorwürfe. Ich kann‘s ja verstehen, dass du meinen zukünftigen Freund anhimmelst.“ Lissi grinste sie herausfordernd an.

Von wegen, zukünftiger Freund, dachte Laura, ganz eindeutig eifersüchtig.

„Lissi, jetzt reicht es aber wirklich.“, seufzte Susanne.

„Hey, darf man nicht schwärmen? Es gibt selten Menschen, die so perfekt sind.“, beschwerte sich Lissi.

Ariane grinste. „Also ich finde uns alle auch so gut wie perfekt.“

Laura fiel auf, dass sie tatsächlich alle gesagt hatte.

„Unsinn. Es liegt doch auf der Hand, dass Laura nur einen A-Cup trägt. Aber was mich betrifft,“ Lissi warf die Haare zurück und Ariane einen Luftkuss zu „so gebe ich dir völlig Recht, Schätzchen.“

Was für ein Selbstbewusstsein..., dachte Laura und bemühte sich umso mehr, bei Lissis Kommentaren nicht völlig durchzudrehen.

Vielleicht war das ja auch nur eine Maskerade und in Wahrheit war Lissi total verunsichert und hatte Minderwertigkeitskomplexe? … Oder sie hatte tatsächlich einfach nur Spaß dabei, andere Leute zu ärgern. Wer weiß das schon.

„Na und dann hat Laura halt keine Monsteroberweite. Dafür hat sie tolle lange, rote Haare.“, nahm Ariane Laura in Schutz, die darauf allerdings nicht wirklich zu reagieren wusste.

Dafür wurde nun Susanne auf sie aufmerksam. „Ach so, was ich dich noch fragen wollte, Laura… Kennst du den Schulsprecher irgendwie? Du sahst so überrascht aus und außerdem hatte er genau dich angeschaut.“ Susanne schien auch rein gar nichts zu entgehen.

Aber in diesem Moment tauchten plötzlich alle möglichen fliegenden Speisewagen auf, die das Essen brachten. Wenn man genauer hinsah, konnte man die kleinen Elfen erkennen, die die Wägen mit Telepathie bewegten.

„Wie putzig die sind!“, rief Ariane begeistert und schnappte sich eine Elfe, die gerade vorbei flatterte.

„Ariane nicht! Manche Elfen mögen es gar nicht, wenn man sie streichelt und dann…“, wollte Susanne sie warnen, aber zu spät. In der nächsten Sekunde lief das Wasser von einem der Trinkkelche an Ariane runter. Die Mädchen brachen allesamt in schallendes Gelächter aus, sodass einige irritiert zu ihnen rüber schauten.

„Komm, ich helfe dir.“, kicherte die mit der Brille und begann Ariane mit Hitzemagie zu trocknen.

Laura war für den Zwischenfall sehr dankbar und tat so, als hätte sie einen riesen Hunger, obwohl sie eigentlich immer nur sehr wenig aß, um bloß der Antwort, die sie Susanne noch schuldete zu entkommen.

Das restliche Essen verlief ohne weitere Zwischenfälle und sogar Lissi blieb endlich mal ruhig.

Danach ging die kleine Gruppe über den großen Platz zum Mädchen-Wohnheim. Auch dieses Gebäude schien aus dem Barock Zeitalter zu kommen, jedenfalls von außen. Innen war es genauso wie im Hauptgebäude. Gold und rot aber dieses Mal mit hellbraunen Türen.

Gemeinsam gingen sie die Wendeltreppe nach oben. Jede Stufe hatte eine eigene Etage für sich und die in diesem Jahr hatte die des letzten Abgangsjahres ganz oben abbekommen.

„Und wie viele Stufen sind’s?“, fragte das kurzhaarige Mädchen aus Dessert, die sich während des Essens als Anne vorgestellt hatte.

„Sechzig. Und wenn man die vor dem Haus auch noch mitzählt fünf und sechzig.“, antwortete Ariane grinsend.

„Na toll.“, stöhnte die Brillenträgerin namens Öznur erschöpft.

„Stell dich nicht so an. So viele sind’s nun auch wieder nicht.“, redete Anne Öznur ein.

„Ich bin Magierin und kein Kampfkünstler wie du.“, widersprach diese.

„Wie wäre es, wenn wir erst einmal unsere Zimmer suchen.“, schlug Susanne vor.

„Gute Idee!“, meinte Ariane, scheinbar dauerhaft gut gelaunt.

Die Mädchen gingen den langen Goldflur entlang und blieben an eine der hellbraunen Holztüren stehen. „Das ist mein Zimmer. Hey Öznur, ich teile es mir mit dir!“, rief Anne und Öznur grinste. „Cool.“

„Hier ist unser Zimmer, Laura.“, sagte Ariane bei der Tür direkt nebenan.

„Echt, ihr auch?“, staunte Susanne und zeigte auf ihre Tür gegenüber von den Zimmern von Laura, Ariane, Anne und Öznur. Auf ihr standen in gewundener Goldschrift die Namen der übrigen drei.

„Das ist unheimlich. Fast so als hätten die Lehrer gewusst, dass wir uns treffen werden.“, meldete sich zum ersten Mal das blonde Mädchen zu Wort, das sich in der Mensa nur kurz als Janine vorgestellt hatte und deren Existenz ansonsten kaum jemandem so wirklich aufgefallen war.

Laura musste zugeben, dass sie Recht hatte, auch wenn sie weitaus unheimlichere Dinge kannte. Da musste man nur mal kurz an den Schwarzen Löwen denken.

Wenig berührt von dieser Offenbarung zuckte Anne mit den Schultern. „Also dann, bis morgen.“

„Gute Nacht.“, verabschiedete sich auch Öznur und Lissi rief viel zu laut mit einer Singsang-Stimme in die Runde: „Feuchte Träumchen!“

Schließlich verschwanden alle in ihren Zimmern.

„Wooow!“, staunte Ariane und ließ sich sofort auf das Himmelbett mit den bordeauxroten Vorhängen fallen „Ist das schön hier!“

Im Gegensatz zu Ariane hängte Laura ihren Mantel erst einmal an einen der Kleiderhaken neben der Tür. Sie war den ganzen Luxus ja auch schon gewöhnt.

„Diese Lissi hat echt ’nen Knall.“, meinte Ariane schließlich, während sie fasziniert die Bettvorhänge betastete.

„Und wie.“, gab Laura ihr Recht.

„Also?“

„Was also?“

„Ist tatsächlich was zwischen dir und dem Schulsprecher? Du bist mir ohnehin noch eine Antwort schuldig was den ‚süßen Typen‘ betrifft.“, erklärte sie mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen.

„Äh… Nun ja…“, stotterte Laura und mit einem Schlag, wie als wäre sie von einem Blitz getroffen worden, fiel ihr wieder ein, was sie die ganze Zeit vergessen hatte. „Oh nein!“ Sie schlug sich mit der Hand auf die Stirn. „Ich Depp!“

„Was ist denn?“, fragte Ariane besorgt.

„Ich hab was ganz wichtiges vergessen!“, rief sie frustriert aus.

„Oha, das klingt gar nicht gut. Was denn?“

„Es ist…“ Laura stockte. „… Meine… Zahnbürste.“

Zahnbürste?! Ne blödere Ausrede ist dir nicht eingefallen?!

Sie wollte Ariane nicht sofort über alles informieren, schließlich kannten sie sich ja eigentlich noch gar nicht. Aber im ernst, eine bessere Geschichte hätte ihr trotzdem in den Sinn kommen können.

„Aha… Na morgen haben wir wegen dem Neujahrsball eh noch frei, da kannst du ja in die Stadt gehen und dir eine kaufen. Geld hast du ja wahrscheinlich genug.“, meinte Ariane, sichtlich enttäuscht, dass es nur so was war.

Laura nickte bloß, ging raus und holte ihren schwarzen Koffer, um irgendwie diese komische Situation zu überspielen.

„Bringst du mir meinen mit? So schwer ist der nicht!“, rief Ariane aus dem Zimmer.

Also brachte Laura auch ihren Koffer mit, der tatsächlich fast nichts zu wiegen schien.

Mit einem scheinbar notorisch gutgelaunten Dank nahm Ariane ihn an sich und begann, ihre Sachen in den Kleiderschrank auf ihrer Seite des Zimmers einzuräumen. Laura fiel auf, dass Arianes Klamotten im Gegensatz zu ihren eigenen schön bunt waren.

Auch Laura räumte daraufhin ihre Kleidung ein.

„Du scheinst ja schwarz ganz schön zu mögen.“, behauptete Ariane und Laura nickte. Sie trug etwas, dass leicht in die Richtung Gothic ging und gleichzeitig an die Figuren aus Lauras Mangas erinnerte. Also die schwarz gekleideten Figuren. Ariane schien eher einen Mix aus sportlich, ein bisschen sexy und süß zu tragen.

Kurz darauf machten sich die Mädchen auch schon fürs Bett fertig.

„Einen Tag hältst du doch mal ohne Zähneputzen aus, oder?“, spottete Ariane.

„Äh… ja, klar.“, meinte Laura, die ihre Zahnbürste ja eigentlich dabei hatte.

Also kein Zähneputzen heute, dachte Laura.

„Dann mal gute Nacht.“, sagte Ariane, kuschelte sich in ihr Bett und schien kurz darauf auch schon eingeschlafen zu sein.

Unruhig wälzte sich Laura umher. Viel zu viele Gedanken jagten durch ihren Kopf, die so etwas wie Schlaf unmöglich machten.

Was sollte sie nur machen? Morgen hatte Benni immerhin Geburtstag! Dass sie das vergessen konnte… Ärgerlich über sich selbst stand Laura auf und schlich zu dem schönen, verschnörkelten Gitterfenster.

Von ihrem Zimmer aus, konnte man über den großen Platz zum Jungenhaus sehen. Es war natürlich wie der Rest der äußerlichen Schule im Barockstil.

Ein Hauch der Verzweiflung kam in ihr hoch.

Na toll und jetzt?! Wie konnte ich nur so blöd sein und Bennis Geburtstag vergessen?! Das wäre eigentlich die perfekte Gelegenheit sich zu entschuldigen, aber… wie soll ich mich für etwas entschuldigen, woran ich mich noch nicht einmal erinnern kann?!

Im Gegensatz zu ihr schien er den Streit wohl nicht vergessen zu haben… Schaudernd erinnerte sich Laura an seinen eiskalten Gesichtsausdruck. Ob er deswegen eiskalter Engel genannt wird?

Während ihre Gedanken immer weiter und weiter darum kreisten, wie sie diese verzwickte Situation mit Benni nur lösen könnte, schlief auch Laura irgendwann ein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  totalwarANGEL
2020-09-12T20:01:58+00:00 12.09.2020 22:01
So far, so good.
Die Charaktere sind alle unterschiedlich, wie man es von unterschiedlichen Menschen erwartet. Ich musste schon an einigen stellen lachen. Zum Beispiel, wo Lissi sich über Lauras Oberweite lustig gemacht hat und schon mal ihre Zukunft mit Benni plant. Hat der da nicht auch noch Mitspracherecht. XD

Wegen der Trigger-Warnung erwarte ich aber, dass es noch schön düster wird. Da freue ich mich schon drauf. ;)
Antwort von:  RukaHimenoshi
13.09.2020 10:52
Freut mich, dass der Anfang schon einmal vielversprechend zu wirken scheint. ;)
Ich kann dir schon einmal direkt versprechen: Benni hat da nicht so viel zu melden. XD

Dann hoffe ich mal, dass der Grad an zukünftiger Düsternis deinen Ansprüchen gerecht wird. ;)
Antwort von:  totalwarANGEL
13.09.2020 11:24
Och, da bin ich sehr zuversichtlich.


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