Demon Girls & Boys von RukaHimenoshi ================================================================================ Kapitel 39: Sternenhimmel Teil 1 -------------------------------- Sternenhimmel Teil 1 Natürlich hatte Laura keinen Plan, wo Benni hingegangen war. Trotzdem lief sie einfach drauf los und befand sich kurz darauf bereits mitten im Wald. Inzwischen war es auch unglaublich dunkel, da nur noch die Sterne und der Mond ihr etwas Licht spendeten. Das warme und gemütliche Licht der Lampions reichte schon längst nicht mehr hierhin. Laura fuhr ihren Weg immer tiefer in den Wald fort. Bis er schlagartig endete, als sie über eine Wurzel stolperte, die sie in der Dunkelheit nicht gesehen hatte. „Auaaaa, ernsthaft?“ Frustriert rieb sich Laura das schmerzende Knie und stellte fest, dass sie sich eine Schürfwunde zugezogen hatte. Warum zum Teufel musste sie auch ständig über Wurzeln stolpern?!? „Was machst du hier?“
Erschrocken hob Laura den Kopf. Auf dem niedrigsten Ast des Baumes, über dessen Wurzel sie gestolpert war, saß eine dunkel gekleidete Person mit strahlend hellen Haaren, die sie sofort an der Stimme erkannt hatte. Laura seufzte. „Na was wohl? Natürlich mich fragen, warum ich eigentlich die einzige von allen bin, die ständig über Wurzeln stolpern oder auf Ästen ausrutschen muss.“ „Weil du als einzige nicht auf den Weg achtest?“ Diese Frage hatte Benni eindeutig rhetorisch gemeint. Mit einem Satz sprang er vom Baum und landete direkt neben Laura. „Ich achte sehr wohl auf den Weg!“, widersprach Laura entrüstet. „Es ist nur so verdammt dunkel hier draußen.“ Na gut, so dunkel war es durch den wolkenlosen Himmel auch nun wieder nicht, doch im Moment war Laura dankbar für die relative Dunkelheit. So konnte Benni ihr knallrotes Gesicht immerhin nur erahnen, während er ihr auf die Beine half. Laura verlagerte ihr Gewicht auf ihr linkes, heiles Bein, um nicht einzuknicken und sich dadurch nur noch mehr vor ihm zu blamieren. Doch dieser Gedanke war sofort wie weggeblasen, als Benni sie ohne ein Wort in die Arme nahm. „W-was… Warum… Warum umarmst du mich? Also… nicht, dass ich das nicht möchte, aber… Ähm…“ Laura war mit dieser Situation völlig überfordert. Natürlich fand sie es toll, dass Benni sie einfach so in die Arme nahm! Aber normalerweise tat er das nur, wenn sie einen ihrer allseits bekannten Nervenzusammenbrüche oder dergleichen hatte. Also weshalb… „Du wirkst irgendwie niedergeschlagen.“, erwiderte Benni. „W-wie kommst du denn darauf?“ „Keine Ahnung… Ist so ein Gefühl.“ Benni löste die Umarmung wieder, was sich für Laura wie einen Stich ins Herz anfühlte. „Hey! Nur, weil ich verwirrt bin, heißt das noch lange nicht, dass ich nicht umarmt werden will!“ …Das hatte sie nicht gerade ernsthaft gesagt, oder? Verlegen biss sich Laura auf ihre Unterlippe. Das. War. Peinlich. Zum Glück ging Benni nicht weiter auf ihren Kommentar ein, was Laura die Möglichkeit bot, über seine Feststellung nachzudenken. Soweit sie in ihrer jetzigen, verlegenen Verfassung überhaupt dazu in der Lage war. Und tatsächlich… Benni hatte Recht. „Es… Ehrlich gesagt gibt es da etwas, was mir seit dem Gespräch mit Leo einfach nicht mehr aus dem Kopf geht.“ Laura spürte Bennis zwar fragenden, aber in keiner Weise drängenden Blick auf sich ruhen. Fröstelnd verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Stimmt es wirklich, dass Lucia und Luciano in Wahrheit… anders gewesen sind? Nicht so, wie wenn sie in meiner Gegenwart waren?“ Eigentlich wusste Laura die Antwort vom Schwarzen Löwen ja schon, aber sie wollte sie dennoch nicht wahrhaben. Luciano war keine Marionette von Lukas gewesen. Er war nicht böse! Und Lucia erst recht nicht, immerhin war sie doch ihre Zwillingsschwester! „Ja.“ Ein eisiger Schauer überkam Laura bei Bennis Antwort, nicht zuletzt auch aus dem Grund, weil seine Stimme bei diesem einzigen kurzen Wort auch noch eiskalt klang. „Das ist nicht wahr… Das kann nicht wahr sein! Sie waren meine Geschwister!!!“ Die plötzliche Kälte ließ Laura zittern und einige Tränen rannen über ihr Gesicht. Sie wurde von ihren eigenen Geschwistern hintergangen… Man hat sie angelogen und getäuscht. Ihre eigenen Geschwister hatten sie angelogen und getäuscht! Ohne ein weiteres Wort nahm Benni Laura wieder in die Arme. Diese Geste brachte auch den Rest von ihrer Selbstbeherrschung zum Einsturz. Schluchzend vergrub sie ihr Gesicht in seinem Sweatshirt, übermannt von einem Schmerz, den sie gehofft hatte irgendwie ignorieren zu können. Doch so schmerzhaft es auch war… es fühlte sich gleichzeitig auch gut an. Sie spürte Bennis Wärme, den festen Griff seiner Umarmung. Es fühlte sich richtig an. Sie durfte weinen. Sie durfte diesen Schmerz zulassen, um ihn irgendwann auch loslassen zu können. Und Laura konnte sich dafür keinen besseren Ort vorstellen als hier, in Bennis Armen. Nach einer Weile schniefte sie schließlich. „Sag doch was…“
„Lieber nicht, ich bin nicht sehr gut im Trösten.“, erwiderte Benni nur. Auch wenn das eindeutig nur eine nüchterne Bemerkung und kein Witz war, musste Laura schwach auflachen. Lächelnd vergrub sie ihr Gesicht in seiner Brust. „Doch, bist du.“ Laura merkte wie Benni den Kopf schüttelte, als teile er ihre Ansicht nicht. Aber sie hatte keine Lust, eine Diskussion mit ihm anzufangen, was seine Beruhigungs-Künste betraf. „Moment…“ Eine grausige Erkenntnis überkam sie. „Also waren Lucia und Luciano wirklich gemein zu dir, wenn ich nicht da war?!“ Benni antwortete nicht, doch Laura hatte auf einmal ein sehr ungutes Gefühl. Lucia hatte ihn im Prinzip gehasst. Ihre Zwillingsschwester hatte Benni genauso gehasst, wie ihr Vater ihn hasste! Wie konnte Benni Laura überhaupt noch ansehen, wenn sie nichts weiter als das Ebenbild einer Person war, die ihn am liebsten tot gesehen hätte?!? Schlechten Gewissens befreite sie sich aus Bennis Umarmung. „Magst du Lucia eigentlich?“ „Nein.“, antwortete er wahrheitsgetreu. Laura konnte es ihm noch nicht einmal verübeln… Aber trotzdem… „Wie kannst du dann noch mit mir… zusammen sein?“ Benni schien nicht ganz verstanden zu haben, worauf Laura hinaus wollte. Frustriert ballte sie die Hände zu Fäusten. „Meine ganze Familie hasst dich! Und das schlimmste: Lucia hat dich gehasst!!!“ „…Und?“ „Ich sehe haar genauso aus wie sie und du meinst selbst, dass du sie nicht magst. Wie kannst du mich da noch einfach so in den Arm nehmen?!?“ Benni verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte den Kopf. „Was hat meine Meinung über deine Schwester damit zu tun, was ich für dich empfinde?“ Sprachlos konnte Laura nichts anderes mehr machen, als Benni einfach nur anzustarren. War das gerade irgendwie, in gewisser Weise ein Liebesgeständnis gewesen?!? Na gut, nach einem Liebesgeständnis klang das auch nun wieder nicht, aber… Laura versuchte den Gedanken abzuschütteln, dass Benni ihr gerade eventuell, über tausend Ecken, vielleicht seine Gefühle gestanden hatte. Aber natürlich ließ sich dieser Gedanke nicht abschütteln. Stattdessen sehnte sie sich auf einmal umso mehr nach Bennis Nähe. Doch Benni tat nichts, er stand immer noch mit vor der Brust verschränkten Armen einen halben Meter, einen ganzen, schmerzhaften halben Meter, von ihr entfernt und machte keine Anstalten, sie wieder in seine Arme zu nehmen oder… ihr auf irgendeine andere Weise näher zu kommen. Laura biss sich auf die Unterlippe und wich seinem ruhigen Blick aus. Sollte sie… konnte sie… Das Schweigen war ihr unglaublich unangenehm. Was dachte Benni gerade? Ahnte er, was gerade in ihrem verwirrten Kopf vor sich ging? War es ihm egal oder wusste er selbst nicht, was er machen sollte? Aber… sie würde so gerne… Mit wild pochendem Herzen ging sie einen Schritt auf Benni zu und überwand somit diesen schmerzhaften Abstand. Ihre Hände waren schweißnass, als sie sanft Bennis Oberarme berührte. Die Brandwunden waren anscheinend immer noch nicht verheilt, da er ein langärmliges Oberteil trug. Ein Stich fuhr Laura durchs Herz, als sie sich an die Zeit erinnerte, als diese Verletzungen noch ganz frisch waren. Als sie Benni fast umgebracht hatten. Sie hätte ihn damals fast verloren… Ihr Herz fühlte sich mit einem Schlag unsagbar schwer an und die Erinnerung an diese Zeit schnürte ihre Kehle zu. Gequält atmete Laura durch, versuchte diese schrecklichen Gedanken aus ihrem Kopf zu vertreiben. Es war vorbei. Diese Zeit war überstanden, es war nur noch eine schmerzhafte Erinnerung. Vorsichtig schaute sie zu ihm hoch. Benni war hier, bei ihr. Es ging ihm wieder gut. Er betrachtete sie mit demselben neutral erscheinenden Blick wie sonst auch und Laura war unglaublich erleichtert und dankbar dafür. Doch so neutral wie sonst wirkte sein Blick eigentlich nicht. Tatsächlich meinte sie in dem sanften Mondlicht eine liebevolle Zuneigung in seinem Ausdruck zu erkennen. Zitternd atmete Laura aus und legte ihre Hand auf seine Wange. Seine Haut fühlte sich so schön weich an… Schließlich nahm sie ihren gesamten Mut zusammen. Laura stellte sich auf die Zehnspitzen, schloss die Augen und küsste Benni. Doch ihre Lippen verfehlten ihr Ziel und trafen leider nur seinen Mundwinkel. Das Blut schoss in Lauras Kopf, ihre Gedanken überschlugen sich. Sie hatte es nicht gerade ernsthaft geschafft, die ganze Atmosphäre zu ruinieren, weil sie nicht richtig zielen konnte?! Peinlich berührt hoffte sie, dass Benni ihre bescheuerte Aktion irgendwie überspielen würde, dass er auf den Kuss eingehen würde. Sie hoffte, er würde sie endlich wieder in die Arme nehmen, vielleicht sogar den Kuss erwidern! Doch er tat es nicht… Er reagierte gar nicht. Mit hochrotem Kopf blieb Laura also keine andere Wahl, als sich wieder von Benni zu lösen, nicht in der Lage, irgendeinen klaren Gedanken zu fassen. Sie hatte sich gerade bis auf die Socken blamiert… Aber warum hatte Benni auch nicht darauf reagiert?!? Vor ein paar Sekunden machte er ihr noch ein Liebesgeständnis über Umwege und nun erwiderte er noch nicht einmal ihren Kuss!?
…Falls man das einen richtigen Kuss nennen konnte… Verärgert, enttäuscht und nicht zuletzt total verlegen setzte sich Laura auf die Wurzeln des Baumes und vergrub ihr überhitztes Gesicht hinter ihren kühlen Händen. War wirklich Carsten der gutmütige Trottel oder nicht vielleicht doch eher sie? Nach einer Weile seufzte Benni plötzlich. „Habe ich etwas falsch gemacht?“ Laura biss sich auf die Unterlippe. „Nein, es ist nur… Ich bin einfach total bescheuert…“ „Wieso?“
Beschämt antwortete Laura: „…Weil ich den Kuss vergeigt habe?“ Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie sich Benni kopfschüttelnd neben sie setzte. „Gefühle werden mir wohl für immer ein Rätsel sein.“ Doch kaum hatte er das gesagt, lehnte er sich zu ihr rüber und küsste sie. Nur ganz leicht berührten Bennis Lippen ihre, dennoch blieb Laura sofort der Atem weg. Seine Lippen fühlten sich so weich und sanft an… Ein wohliges Kribbeln breitete sich in ihrer Brust aus und ihren Atem fand sie auch dann nicht wieder, als Benni ihren Blick erwiderte. Ohne zu realisieren, was sie tat, vergrub sie ihre Finger in seinen strahlend hellen Haaren und zog ihn wieder zu sich. Es war keine Einbildung gewesen, Bennis Lippen fühlten sich tatsächlich so weich an. Zitternd atmete sie aus. Scheinbar war sie so überfordert von der Situation, dass sie ein leichter Schwindel überkam. Doch Laura bemerkte es kaum. Viel zu sehr nahm Bennis Anwesenheit ihre Sinne ein. Sein leicht süßlicher Körpergeruch, die Wärme und Geborgenheit seines Körpers, … und dieses unbeschreibliche Gefühl der Nähe. Eine Nähe, die fast schon süchtig machte. Die in Laura den Wunsch weckte, noch mehr davon zu wollen. Ganz leicht öffnete sie ihren Mund als wolle sie zu Atem kommen und zog Benni noch näher an sich. Falls das überhaupt noch möglich war. Und tatsächlich ging er darauf ein. Sein sanfter Kuss wurde leidenschaftlicher, seine Lippen ergriffen ganz von ihren Besitz. Das Kribbeln breitete sich in ihrem gesamten Körper aus. Laura strich durch Bennis seidige, weiche Haare und verschränkte schließlich ihre Hände in seinem Nacken. Sie wollte ihn nicht mehr loslassen. Nie mehr. Wie oft hatte sie nun schon diesen Moment herbeigesehnt, wie oft hatte sie davon geträumt und doch übertraf er alle ihre Träume zusammen. Auf einmal war alles andere unwichtig, es gab nur noch sie und Benni und die Gefühle, die sie verbanden. Den Rest um sie herum vergaß Laura einfach. Das einzige was zählte war hier, direkt bei ihr. Laura hatte keine Ahnung, wann Benni sich von ihr löste und sie schwer atmend wieder normal Luft holen konnte. Ihre Wangen glühten und ihr Herz pochte in ihrer Brust, als sie nur langsam im Nachhinein realisierte, dass sie sich tatsächlich… geküsst hatten. Dass es tatsächlich kein Traum war, sondern… Verlegen erwiderte Laura seinen Blick. Da sie ihre Hände immer noch in Bennis Nacken verschränkt hatte war sein Gesicht nach wie vor ganz nah an ihrem und sie spürte, dass auch von ihm eine stärkere Wärme ausging als sonst. Bennis Haare fielen ihm nur noch in vereinzelten Strähnen ins Gesicht, sodass Laura in seine beiden Augen blicken konnte. Sowohl in dem nachtschwarzen als auch in dem blutroten Auge lag ein liebevoller Blick, so sanft, dass er zugleich irgendwie auch etwas Verführerisches an sich hatte. Sanft strich Benni mit der Hand über Lauras Wange, ehe er sich irgendwie aus ihrem Griff befreite, um sich wieder normal hinsetzen zu können. Auf einmal hatte Laura keine Hemmungen mehr, sich einfach so gegen ihn zu lehnen, damit dieses wunderschöne Gefühl noch nicht ganz ausklingen konnte. Benni schien es ähnlich zu gehen, denn ganz untypisch für sein sonstiges Verhalten legte er einen Arm um sie und zog sie dadurch etwas näher an sich. Lauras Herz würde sich heute anscheinend gar nicht mehr beruhigen können. Aber solange sie dafür bei Benni sein konnte, nahm sie das liebend gerne in Kauf. Nach einer Weile hörte Laura, wie sich jemand ihnen mit gemächlichen hundeähnlichen Schritten näherte. Dieser Jemand entpuppte sich schließlich als Wolf, der auf sie zu getrottet kam und irgendeinen Gegenstand im Maul trug. Mit diesem Ding im Maul knurrte er. „Ich bin nicht taub, wir kommen gleich.“, erwiderte Benni auf dieses Knurren. Verwirrt musterte Laura ihn, da sie von dieser Unterhaltung ja nur eine Seite verstehen konnte. „Was ist denn?“ „Dein Vater möchte aufbrechen und ist echauffiert, dass du nicht da bist, um ihn zu verabschieden.“ „Na toll.“ Wenig begeistert seufzte Laura. Wolf knurrte erneut etwas und ließ den Gegenstand, den er bei sich trug, in Bennis Hand fallen. Dieser erwiderte darauf nur ein: „Danke.“ Wolf gab noch einen bellenden Kommentar von sich, ehe er wieder in der Nacht verschwand. Neugierig betrachtete Laura das schmale, längliche, schwarze Kästchen. „Was ist das?“ Nach einem Zögern antwortete Benni: „Alles Gute zum Geburtstag… Oder so.“ und reichte ihr die kleine Kiste. Jetzt war Laura baff. Benni hatte tatsächlich ein Geburtstagsgeschenk für sie? Obwohl er mit solchen Anlässen bekanntlich nichts am Hut hatte?!? Gespannt nahm Laura das Kästchen entgegen und öffnete es. Zum Vorschein kam ein metallisch glänzender schwarzer Fächer. Und was für ein Fächer! Schon auf dem ersten Blick erkannte selbst jemand wie Laura, dass dieser Fächer nicht zum luftzufächeln gedacht war. Dieser Fächer war eine Waffe, eine wunderschöne und doch gefährliche Waffe. „Waaaaaahnsiiiinn!“ Staunend holte Laura den Fächer aus seinem Kistchen. Mit einer knappen Handbewegung ließ er sich bereits vollständig öffnen und entfaltete seine gesamte Pracht und Gefahr. Eigentlich war er nicht wirklich pompös, sondern eher schlicht und doch lag genau in dieser Einfachheit seine gesamte Eleganz. „Moment… Du wusstest also doch eine Waffe für mich?!“, fiel Laura auf. Sie hatte die ganze Zeit gedacht, sie wäre zu nichts zu gebrauchen, weil Benni einfach keine passende Waffe für sie gefunden hatte! Benni nickte. „War das nicht offensichtlich?“ „Und ich dachte, ich wäre ein hoffnungsloser Fall…“ „Unsinn.“, widersprach er ihr. „Aber hätte ich dir den Fächer früher gegeben, hättest du ihn nicht kontrollieren können.“ Verwirrt schaute Laura ihn in dem fahlen Mondlicht an. „Wieso?“ „Weil der Schwarze Löwe deine Energie so manipuliert hat, dass du nicht in der Lage warst, sie zu beherrschen.“
„Wie fies ist das denn?!?“, empörte sich Laura, „Er hat meine Energie manipuliert, um mich nur noch mehr zu verunsichern, was seine Entscheidung an meinem Geburtstag betrifft?!? Und das, obwohl er sich eigentlich nur einen Spaß erlaubt hat?!?“ Zur Bestätigung nickte Benni. Laura schnaubte. „Was für ein Sadist! Aber… Dann ist dieser Fächer eine Dämonenwaffe?“ Erneut nickte Benni.
„Wo ist dann dieses lodernde Aura-Dings, wie es dein Schwert hatte?“, fragte Laura verwirrt. „Du musst die Energie gezielt in die Waffe leiten. Vermutlich war das damals bei dem Katana automatisch der Fall gewesen, da du sie nicht gänzlich unter Kontrolle hattest.“, erklärte er. Laura hatte zwar Angst Energie einzusetzen, da sie sie bisher noch nie kontrollieren konnte, wie alle wussten, aber andererseits… Benni war immerhin da und als Dämonengesegneter konnte er ihre Energie beherrschen, falls sie aus der Reihe tanzte. Also atmete Laura tief durch und ließ so wenig wie möglich Energie über ihren rechten Arm in den Fächer leiten. Als tatsächlich nur eine kleine Flamme finsterer Aura aufloderte, schickte Laura mehr Energie in die Waffe. Eine gewaltige schwarze ‚Stichflamme‘ ließ Laura aufschreien, die aber sofort wieder erloschen war. „Du musstest natürlich gleich übertreiben, oder?“, kommentierte Benni und klang dabei sogar ganz leicht neckisch. Laura legte die Hand auf ihr vor Schreck rasendes Herz. „Ich glaube, ich muss noch etwas üben…“ Zum Glück sparte sich Benni seinen sarkastischen Kommentar. Stattdessen richtete er sich auf und hielt Laura die Hand entgegen, um ihr hoch zu helfen. Ein stechender Schmerz fuhr durch ihr rechtes Knie und Laura erinnerte sich daran, dass sie ja mal wieder so bescheuert gewesen und über eine Wurzel gestolpert war. „Wenn du dich auf die Wunde konzentrierst, kannst du ihren Heilprozess mit Energie beschleunigen.“, meinte Benni nur. Laura folgte seiner Anweisung und konzentrierte sich auf ihr Knie. Ein leicht unangenehmes Kitzeln war zu spüren und danach nichts mehr. Vorsichtig verlagerte Laura ihr Gewicht auf ihr rechtes Bein, doch es tat nicht weh. Der Schmerz war vollkommen verschwunden. „Warum hast du mir das nicht früher gesagt?!“, beschwerte sie sich bei Benni, statt sich zu bedanken. Laura erinnerte sich nur zu gut, wie höllisch ihr Bein wehgetan hatte, als sie damals bei Janine eine lose Treppenstufe erwischt und sich das Knie aufgeschlagen hatte. Warum hatte sie sich nicht damals schon mit Energie heilen können?!? „Weil du bis vor kurzem nicht dazu in der Lage warst, die Energie zu steuern.“, erinnerte Benni sie. Beschämt wich Laura seinem Blick aus. „Ach so…“ …Und sie musste ihn natürlich sofort anschnauzen. So langsam sollte Laura es doch raffen, dass Benni das alles nur tat, um sie zu beschützen… Wie oft hatte er ihr schon das Leben gerettet? …Und wie oft hatte sie ihm gedankt?!? „…Wie geht es dir eigentlich?“, fragte sie ihn. „Immerhin hattest du doch diesen… Schwächeanfall… wegen mir…“ Benni tat ihre Sorgen mit einem Kopfschütteln ab. „Es geht mir gut.“ „Aber du wolltest doch vorhin nichts essen!“, widersprach Laura besorgt. Darauf schien Benni nichts erwidern zu können. Laura biss sich auf die Unterlippe. „…Und deine Brandwunden?“ „Sind fast verheilt.“ „Sowas hast du vor ein paar Wochen auch schon gesagt!“ Unter Tränen schaute sie ihn an. Benni seufzte. „Wirklich.“ Er schob den rechten Ärmel seines schwarzen Sweatshirts hoch. Erleichtert atmete Laura auf, als sein Arm wirklich wie ‚fast verheilt‘ aussah, soweit sie das im Mondlicht erkennen konnte. Es hatte ja auch lange genug gedauert! Und dennoch… Laura war sich sicher, dass es Benni trotzdem immer noch schlecht ging. Nicht wegen des Schwächeanfalls oder wegen der Brandwunden, sondern weil er Eufelia tatsächlich so sehr vermisste. Aber sie traute sich nicht, ihn darauf anzusprechen. Sie hatte Angst, es dadurch nur noch schlimmer zu machen. Laura nahm Bennis Hand, die nur noch ganz leicht rötlich war, und drückte den Handrücken gegen ihre Wange. Warum auch immer sie das tat… Aber Bennis Hand fühlte sich so angenehm an! Sie war irgendwie kalt und warm zur selben Zeit und wirkte gar nicht wie die Hand eines Kriegers, sondern eher wie die eines Pianisten. „Warum musst du dich auch ständig in Lebensgefahr bringen?“, schniefte Laura vorwurfsvoll. „Das frage ich mich oft genug.“, erwiderte Benni trocken, doch er befreite seine Hand nicht. Er drehte sie nur um, um Laura wieder über die Wange zu streichen, wie er es nach ihrem Kuss getan hatte. Schon alleine die Erinnerung daran löste in Lauras Bauch wieder ein Kribbeln aus und beschleunigte ihren Herzschlag. „…Dein Vater wartet immer noch.“, meinte Benni plötzlich. Nicht sehr erfreut nickte Laura. Sie hatte sich eigentlich erhofft, Benni würde sie noch einmal küssen, aber dummer Weise hatte er Recht. O-Too-Sama konnte sehr ungehalten werden, wenn man ihn zu lange warten ließ. Besonders, wenn der Grund für seine Warterei auch noch Benni hieß. Dieser Benni zog seine Hand aus ihrer und wandte sich zum Gehen, als Laura plötzlich rief: „Moment!“ Noch ehe Benni verstehen konnte, was vor sich ging, fiel Laura ihm auch schon in die Arme. „Vielen Dank.“, murmelte sie, das Gesicht in seiner Brust vergraben. „Wofür?“, fragte Benni leicht verwirrt. Lächelnd schaute Laura zu ihm hoch. „Einfach für alles.“ Sie war sich nicht sicher, wie stark das diffuse Licht des Mondes ihre Sinne täuschte, doch sie hatte das Gefühl, dass Bennis Augen trotz seiner sonst so neutralen Mimik ihr Lächeln erwiderten. Schließlich meinte er: „Das ist nicht nötig.“ „Doch, ist es.“, widersprach sie ihm. „Du, Carsten, der Schwarze Löwe, Ariane,… Ihr alle müsst mich Tag ein Tag aus ertragen und murrt trotzdem nicht herum. Im Gegenteil, trotz allem seid ihr immer für mich da.“ Beschämt wich sie seinem Blick aus. „Und ich kann echt unausstehlich sein, das weiß ich…“ „Ja, kannst du.“, gab Benni ihr ohne zu zögern Recht, was Lauras Herz schmerzhaft zusammenziehen ließ. Es war eine Sache, dass selbst zu sagen… Aber es von einer Person, die man liebt zu hören zu bekommen war grauenvoll! Benni hob ihr Kinn, sodass Laura seinem Blick nicht mehr ausweichen konnte. „Aber… so idiotisch das nun auch klingt… wenn du nicht gerade unausstehlich bist, dann bist du unwiderstehlich.“ Ganz kurz beugte er sich zu ihr runter und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen, der alleine schon ausreichte, um in Lauras Bauch wieder dieses Kribbeln zu wecken. „Jetzt komm.“, meinte Benni nur und nahm ihre Hand, um sie aus ihrer Starre zu reißen. Was bitter nötig war, denn sonst hätte sich Laura vermutlich gar nicht mehr vom Fleck bewegen können. Hatte er gerade tatsächlich gemeint, sie könne auch unwiderstehlich sein?!? Während sie gemeinsam den Wald entlanggingen, wagte Laura aus den Augenwinkeln einen Blick auf Benni. Dieser schaute allerdings geradeaus auf den Weg und Laura war sich hundertprozentig sicher, dass die leichte Röte auf seinen Wangen keine Sinnestäuschung war. Diese Erkenntnis ließ sie kichern. Es war ganz lustig, wenn mal Benni derjenige war, der in Verlegenheit geriet. Auf ihre Reaktion kommentierte Benni nur mit einem Seufzen. „W-warte aber… O-Too-Sama darf uns nicht gemeinsam sehen! Jedenfalls nicht so…“, fiel Laura erschrocken auf. „Weshalb?“ „Na ja, weil… weil er doch gesagt hat, dass er mich… enterben wird, wenn ich…“ Traurig senkte Laura den Blick und wurde gleichzeitig mal wieder rot. „Wenn ich mit dir…“ Sie wollte ihre Hand aus seiner ziehen, doch Bennis Griff war zu fest. „Soll er es doch versuchen.“ Laura atmete tief durch, als sie und Benni aus dem schützenden Wald kamen. Vermutlich war es für ein Paar ganz normal, händchenhaltend aus einem dunklen Wald zu kommen, aber Laura hatte auf einmal richtiges Lampenfieber. So offensichtlich war es noch nie gewesen, dass sie und Benni… zusammen waren. Ja gut, die anderen hatten sie schon des Öfteren zusammen gesehen, wie zum Beispiel als Laura heute Abend aufgewacht war und Benni ihr einen Kuss auf die Wange gegeben hatte. Aber ihre Eltern… O-Too-Sama missbilligte es ja schon, wenn sie sich im selben Raum aufhielten! Folglich reagierte er auch so, wie erwartet. „Guten Abend Laura. Schön zu sehen, dass Du es doch noch für angebracht hältst, als Gastgeberin Deinen Gästen Gesellschaft zu leisten.“ Lauras Hand, die Benni hielt, verkrampfte sich. Sie versuchte, ganz natürlich zu fragen: „Willst du etwa schon gehen, O-Too-Sama?“ Laura war beeindruckt von sich selbst, als sie es sogar schaffte, leicht enttäuscht zu klingen. „Nun, es ist spät und morgen früh ist eine Konferenz von großer Relevanz.“, erklärte ihr Vater sachlich. „…Ach so. Na dann… Guten Heimflug.“ O-Kaa-Sama drückte Laura kurz an sich. „Geh bitte nicht zu spät ins Bett.“ „Mach ich. Gute Nacht, O-Kaa-Sama.“ Ihre Mutter machte eine kurze Verneigung nach japanischer Tradition bei Benni, welcher sie mit einer angedeuteten Verneigung erwiderte, die aber nicht minder respektvoll wirkte. O-Too-Sama nickte Laura nur zu. „Ich hoffe, Du kommst eines Tages noch zur Vernunft. Auf wiedersehen.“ „Tschüss, O-Too-Sama…“, brachte Laura trotz Frosch im Hals zustande. Benni schien er vollkommen ignorieren zu wollen, doch dieser wusste das sofort auszunutzen. „Sayonara.“, verabschiedete sich Benni auf Japanisch, womit er es schaffte, höflich und frech gleichzeitig zu sein. Lauras Vater verzog leicht das Gesicht. „Sayonara.“ Als er ihnen den Rücken zudrehte, kam Rebecca auf sie zu. „Nicht schlecht, für einen Grummelbär.“, kicherte sie leise und klopfte Benni auf die Schulter. Nachdem sie Laura kurz in die Arme genommen hatte, flüsterte sie: „Mach dir keine Sorgen wegen deinem Vater, der kommt eines Tages noch zur Vernunft.“ Natürlich war Laura nicht entgangen, dass sie ihm damit die Worte im Mund herumgedreht hatte. Nach einer kurzen Verabschiedung folgte Rebecca Lauras Eltern. Laura atmete aus, ihre Hand, die in Bennis lag war immer noch total angespannt und vermutlich auch bald verspannt. Warum musste O-Too-Sama Benni auch so auf dem Kieker haben? Und warum konnten sich die anderen ihre Kommentare nicht mal verkneifen?!? Denn natürlich musste Öznur sofort fragen: „Uuuuuuuuund?“ „Was ‚und‘?“ Laura biss die Zähne zusammen. „Ihr wart ganz schön lange weg.“, bemerkte Florian belustigt. „In der Tat. Was habt ihr in dieser Zeit denn so alles getrieben?“ Natürlich wurde Laura bei Konrads amüsierter Frage knallrot. Wie sollte es auch anders sein? Dass die aber auch gleich mit so was kommen mussten!!! „Das lässt sich ganz leicht herausfinden, Konny.“, trällerte Lissi zufrieden. „Wenn ihr euch geküsst habt, also so richtig geküsst, dann sagt ihr einfach nichts.“ Wie bitte?!? Eigentlich wollte Laura irgendetwas Cooles und Schlagfertiges erwidern, doch natürlich verschlug Lissis Bemerkung ihr die Sprache. Was die anderen natürlich sofort so interpretierten, wie Lissi es zu Beginn festgelegt hatte, denn auch Benni erwiderte nichts darauf. Ihr Freundeskreis tauschte vielsagende Blicke aus. Lissi zuckte grinsend mit den Schultern. „Und wenn ihr mehr gemacht habt als nur ‚so richtig geküsst‘, dann sagt jetzt was.“ „Was?!?“, schrie Laura entsetzt. Die erwarteten doch nicht ernsthaft, dass sie jetzt schon weiter gehen würden als ‚nur so richtig küssen‘?!? Verwirrt schaute sie die anderen an, die auf einmal alle einen Lachanfall bekamen. Und erst jetzt realisierte Laura, was sie angestellt hatte. „W- Nein, so war das nicht gemeint!“ Hilfesuchend wandte sie sich an Benni, dem das aber egal sein konnte, weil nicht er in das Fettnäpfchen getappt war. Benni tappte nie in Fettnäpfchen! …Warum konnte nicht er mal der Verpeilte von ihnen sein? Vermutlich, weil Lauras Verpeiltheit problemlos für sie beide ausreichte, wie sich gerade zeigte. Lachend rieb sich Ariane eine Träne aus den Augen. „Okeee, das war jetzt aber echt fies, Lissi.“ Sie ging zu Laura rüber und klopfte ihr auf die Schulter. „Keine Sorge, ich glaube, wir wissen alle, dass du das beim zweiten Punkt nicht so gemeint hast.“ Total verlegen wich Laura jeglichen Blicken aus. Sie wollte sich einfach nur noch irgendwo verkriechen… In einem Erdloch oder so… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)