Demon Girls & Boys von RukaHimenoshi ================================================================================ Kapitel 48: Coeurs Vermächtnis ------------------------------ Coeurs Vermächtnis „Hey ihr zwei, das kann doch nicht wahr sein! Kaum lässt man euch für ein paar Stunden mit den Büchern alleine, fangt ihr an zu faulenzen und macht ein Nickerchen!“ Arianes empörter Ausruf ließ Laura hochschrecken. Irritiert schaute sie sich um. Sie war immer noch in Carstens Krankenzimmer, Carsten selbst war bereits wach und beobachtete Laura, leicht amüsiert. Was vermutlich daran lag, dass sie tatsächlich eingeschlafen war, bemerkte sie beschämt. Und noch schlimmer, sie war anscheinend auf Bennis Schoß eingeschlafen! Sofort wurde Laura knallrot, was den Großteil der Mädchen kichern ließ. „Lauch ist so süß!“, quietschte Lissi. Anne zischte. „Und sowas von unproduktiv. Der eiskalte Engel hat immerhin weitergelesen.“ Laura schnaubte, doch warf kurz darauf einen vorsichtigen Blick auf Benni. Ging es ihm nun nach ihrem Gespräch tatsächlich besser oder verbarg er seine Gefühle mal wieder hinter einem Pokerface? Auch Ariane betrachtete Benni. „Hast du was gefunden?“
Benni schüttelte den Kopf. „Nichts, was nach einem Vermächtnis klingt.“ Janine seufzte. „‘Coeurs Vermächtnis‘… Was könnte Nicolaus damit gemeint haben?“ „Na ja, Herr Yoru hat gemeint, dass Coeur sozusagen den Yoru-Clan erhalten hat, obwohl sie ja anscheinend nur mit Leonhard verlobt war. Vielleicht ist das ihr Vermächtnis?“, überlegte Laura laut. Öznur schüttelte den Kopf. „Wenn es so wäre, dann wäre doch eigentlich Benni das, was wir suchen. Und der ist nicht wirklich ein Heilmittel, oder?“
„Oh, oh, oh, vielleicht ist es ja Bennlèys Blut! Cärstchen muss sein Blut trinken, wie ein sexy Vampir!“, rief Lissi begeistert. Während der eigenartigen Überlegungen der Mädchen, die Laura nicht wirklich beabsichtigt hatte, fing Benni auf einmal an, in den Büchern zu kramen, auf ihre Deckel zu schauen und einige von ihnen grob zu überfliegen, als suche er nach etwas Bestimmtem. „Hast du eine Idee?“, fragte Laura hoffnungsvoll. „Könnte es tatsächlich dein Blut sein?“, erkundigte sich Öznur amüsiert. Benni schüttelte den Kopf. „Es ist die Erhaltung. Über diese Energie verfügt der Silberne Pegasus, Coeurs Dämon. Sie konnte trotz der Widerstände im Adel die Blutlinie des Yoru-Clans erhalten. Vielleicht ist ihr Vermächtnis mithilfe ihrer Energie entstanden.“ „Wir suchen nach einem Heilmittel, also ist es gut möglich.“, sinnierte Susanne. „Nicht direkt. Wir suchen nach dem Ursprung der Waffen.“, erwiderte Benni. Verwirrt schaute Laura ihn an. „Hä?“ „Sie sind aus dem Material ‚Viecor‘ geschaffen.“, erklärte er. „Ist daraus nicht auch Lauras und dein Kreuz?“, fragte Ariane. Benni nickte. „Na ja, ‚vie‘ bedeutet Leben und ‚cor‘ Herz.“, überlegte Susanne, „Nicht umsonst erzählt man sich diese Geschichte, dass es bei zwei sich wahrhaftig Liebenden einen vor dem Tod bewahren könne.“ „Oh wie süß, du glaubst also doch an die wahre Liebe?!“, rief Öznur begeistert auf. Lissi klatschte in die Hände. „Dann müssen wir nur noch jemanden finden, der unser Cärstchen wahrhaftig liebt!“ Anne verdrehte genervt die Augen. „Das ist bloß ein Ammenmärchen, sowas funktioniert doch nie und nimmer.“ „Aber wie hilft uns das Viecor sonst weiter?“ Fragend schaute Janine Benni an. Dieser überflog immer noch die Seiten von einem der Tagebücher, während er antwortete. „Die Bedeutung von Coeur ist ebenfalls Herz.“
Eagle zuckte mit den Schultern. „Gut, da liegt der Gedanke nahe, dass sie irgendwie dieses Material erschaffen hatte. Aber warum sollte sie ein Material für Waffen erschaffen, das auch noch ausgerechnet das Wort ‚Leben‘ im Namen hat?“ „Genau.“, erwiderte Benni nur. „Und wonach suchst du jetzt?“, fragte Laura ihn, immer noch etwas verwirrt. „Es geht um Leben. Sie muss dieses Material nach Leonhards Tod erschaffen haben.“ „Sozusagen um damit fertig zu werden, dass er gestorben ist?“ Benni bestätigte Lauras Frage mit einem Nicken. Anne zuckte mit den Schultern. „Na ja, vielleicht wollte sie mit den Waffen Frust ablassen.“ Wortlos reichte Benni ihr das Buch, welches er eben überflogen hatte. Irritiert betrachtete sie die aufgeschlagene Seite, bis Öznur sie aufforderte, es endlich vorzulesen. Anne schnaubte, gab aber der Bitte nach. „Wieder haben sich diese Menschen zu der Quelle geschlichen und wieder haben sie die Rohstoffe gestohlen, die sich in ihrer unmittelbaren Nähe befanden. Es sind erneut weniger Bäume geworden und auch das Erz hat abgenommen. Ich kann mir schon denken, was sie damit machen. Natürlich, in dem Wasser liegt eine ungeheure Macht inne, aber sie sollen es nicht dazu missbrauchen, Todeswerkzeuge zu erschaffen! Ich habe mit Eufelia gesprochen und sie hat mir versprochen, ein Auge darauf zu werfen und im Notfall diese Diebe zu verjagen. Das Wasser ist zum Heilen da, nicht zum Verletzen! …“ „Das Wasser?“, fragte Ariane. „Das scheint Coeurs Vermächtnis zu sein!“, rief Laura hoffnungsvoll auf. Benni nickte. „Anscheinend ist es nicht das Metall, sondern besagte Quelle, welche den Namen Viecor trägt.“ „Verstehe. Das Metall, aus dem die Dämonenwaffen sind, ist also wahrscheinlich irgendwie mit dem Wasser in Berührung gekommen und hat dadurch diese besonderen Fähigkeiten erlangt.“, erklärte sich Eagle. „Das würde auch zur Erhaltungs-Energie passen, immerhin sind die Waffen sehr robust, obwohl das Material eigentlich so leicht ist. Vielleicht erklärt das auch, warum wir unsere Energien in die Waffen leiten können. Da sie durch Energie entstanden sind und außerdem die Fähigkeit haben könnten, unsere Energie zu ‚erhalten‘.“ Susanne nickte. „Das klingt einleuchtend. Coeur hat erwähnt, dass das Wasser eigentlich dazu da ist, Menschen zu heilen. Die Waffen wurden nur so gefährlich, weil sie mit dem Wasser aus der Quelle in Berührung kamen. Es ist also gut möglich, dass es eine Art Gegengift darstellt.“ „Also müssen wir nur noch herausfinden, wo es liegt!“, rief Laura begeistert. „Na ja, können wir uns denn sicher sein, dass es ausgerechnet diese Quelle ist, die Heilfähigkeiten hat? Das sind alles nur Spekulationen und wir dürfen kein Risiko eingehen.“, meinte Anne kritisch. „Ziemlich sicher.“, erwiderte Benni, der schon längst in einem anderen der Bücher blätterte. „Dann los, wir müssen nur noch wissen, wo sie ist. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren!“, drängte Laura ihn. „Hier steht, Eufelia habe in der Nähe der Quelle gelebt.“ Benni warf Laura einen Blick zu. „Es könnte jene sein, die in dem einen Teich mündet, bei dem wir damals des Öfteren gespielt hatten.“ „Der in den ich mal reingefallen und fast ertrunken bin?! Oh nein, der hatte definitiv nichts Heilendes an sich!“, rief Laura empört aus. Immerhin brachte ihr Kommentar es dazu, dass Carsten ein leises Kichern von sich gab. Benni verdrehte die Augen. „Du bist aber nicht ertrunken. Und dieser Ort hatte schon immer etwas Besonderes, Magisches an sich. Dir hatte es dort auch gefallen.“ Trotzig verschränkte Laura die Arme vor der Brust. „Ja, schon. Bis ich fast ertrunken bin.“ „Nur fast.“ Benni legte das Buch zur Seite und wandte er sich dem Rest der Gruppe zu. „Wir sollten so bald wie möglich aufbrechen.“ Gesagt, getan. Laura hatte selten gesehen, wie flott die Gruppe alles für den Aufbruch vorbereitete und besonders, wie gut alle zusammenarbeiteten. Derweil kümmerten sich Saya und Susanne nochmal um Carstens Verletzungen, immerhin würden sie eine Weile unterwegs sein und das würde ganz schön an seinen Kräften zehren. Außerdem stand auch noch eine Teleportation bevor, um Zeit zu sparen. Dieses Mal war es Eagle, der zu seiner Großmutter gegangen war, damit diese schon wieder die Magiesperre auflöste. Aber es war Carstens Oma, also dürfte sie damit doch sicherlich kein Problem haben, wenn davon das Leben ihres Enkels abhinge. Nachdem alle fertig waren waren es Susanne und Janine, die die Gruppe an die Grenze von Obakemori teleportierten. Laura fand sich mit dem Rest auf jener Kreuzung im Wald wieder, an welcher der eine Weg Richtung Zukiyonaka, der andere zu ihrem Elternhaus und der dritte nach Obakemori führte. Sie beobachtete, wie Benni und Eagle Carsten stützten, welcher kaum mehr die Augen offenhalten konnte, so mitgenommen wie er war. „Wollt ihr ihn wirklich den ganzen Weg dorthin tragen?“, erkundigte sich Susanne besorgt. „Hast du eine Alternative?“, erwiderte Eagle. Benni hielt für einen Moment inne und schien in den Wald zu hören, als er schließlich vorsichtig Carstens Arm von seinen Schultern nahm und Eagle aufforderte, ihn für einen Moment alleine zu halten. „Ich komme gleich wieder.“, meinte er nur und verschwand zwischen den Bäumen. Die Mädchen und Eagle tauschten zwar verwirrte Blicke aus, warteten aber brav. Wenige Minuten später kam Benni zurück, gefolgt von einem gewaltigen Tier. Laura konnte nicht anders, als zu diesem prächtigen Wesen aufzuschauen, das mit seinem riesigen Geweih, dem glänzenden kastanienbraunen Fell und der anmutigen Haltung wie der König des Waldes wirkte. Er war garantiert noch viel größer als ein gewöhnlicher Hirsch, immerhin schien er doppelt so groß wie Laura zu sein! „Wie schön.“, hauchte Janine und beobachtete, wie der Herr des Waldes trotz seiner Größe sehr grazil auf die Knie ging, damit Benni und Eagle es leichter hatten, Carsten auf seinen Rücken zu setzen. „Wo hast du den denn aufgetrieben?“, fragte Öznur staunend. Kritisch verschränkte Anne die Arme vor der Brust. „Und warum hilft er uns?“ Doch Benni beantwortete ihre Fragen nicht, sondern ging mit dem Hirsch den Weg Richtung Obakemori entlang. Öznur und Anne mussten sich eingestehen, dass sie womöglich gar keine Antworten mehr auf ihre Fragen bekamen und folgten ihm stattdessen, ebenso der Rest von ihnen. Auf ihrem Weg durch den Wald wagte keiner auch nur einen Mucks zu sagen, aus Angst, den Hirsch irgendwie zu verschrecken. Und gleichzeitig auch aus Respekt. Es fiel Laura immer noch schwer zu glauben, dass dieses so mächtig wirkende Wesen irgendwelchen dahergelaufenen Jugendlichen wie ihnen helfen würde. Nun gut, sie waren genau genommen nicht irgendwelche dahergelaufenen Jugendliche und Benni mit seiner Begabung, sich mit Tieren zu verständigen, hatte unter Garantie eine essenzielle Rolle dabei gespielt, aber trotzdem kam es Laura seltsam vor. So besonders kam sie sich immerhin gar nicht vor, dass sie es wert wäre, die Hilfe von so jemand Besonderem anzunehmen. Vorsichtig beschleunigte Laura ihren Schritt um zu Benni aufzuschließen, aber trotzdem darauf bedacht, nicht zu laut zu sein. Sie kannte diese Strecke und sie hatte das ungute Gefühl, dass sie bei ihrem Weg zur Quelle an etwas vorbeikommen würden. Etwas voller Erinnerungen. Sowohl schöne, als auch leider sehr tragische… Lauras Vorahnung erwies sich als richtig, als sie schließlich an einer Lichtung ankamen. Sie war froh, Benni eingeholt zu haben, denn kaum hatten sie diese Lichtung erreicht, griff er fast automatisch nach ihrer Hand. Laura schluckte schwer und verstärkte ihren Griff um Bennis Hand. Da, wo einst Eufelias Haus stand, in dem Benni seine ganze Kindheit und Jugend verbracht hatte, war jetzt nur noch tote Erde. Vertrocknete, steinartige Erde in der sich an einigen Stellen gewaltige Risse auftaten und die so wirkte, als würde in den nächsten Jahrzehnten dort kein Grashalm mehr wachsen können. „Das ist die Zerstörungs-Energie?“, fragte Janine schaudernd. Laura konnte nicht länger hinschauen, alleine der Anblick dieses Ortes weckte zu viele Erinnerungen. Erinnerungen von der Sorte, die sie lieber vergessen würde. Wie zum Beispiel die furchtbare Zeit, in der Benni durch den Angriff auf diesen Ort mehrere Tage im Koma gelegen hatte. Wie schlecht es ihm zu dieser Zeit ging, sowohl körperlich als auch seelisch. Vor ihrem inneren Auge sah sie Benni, wie er durch die Flammen eingeschlossen war und dann, wie ein riesiger Phönix auftauchte und- Laura schüttelte sich. „Lass uns weitergehen, bitte.“ Benni nickte, doch Laura bemerkte, wie schwer es ihm fiel, den Blick von der tristen Erde loszureißen. Von der Lichtung, an der Eufelias Haus einst stand, war es nicht mehr allzu weit bis zur Quelle, auch wenn Laura meinte, dass ihr als Kind der Weg viel weiter vorgekommen wäre. Nun gut, damals war sie auch viel kleiner gewesen, da war es nicht verwunderlich, dass es sich fast wie eine Tagesreise angefühlt hatte. Doch so hatte ihre gesamte Wanderung insgesamt nur eineinhalb, vielleicht höchstens zwei Stunden gedauert. Und ja, Benni hatte Recht. Dieser Teich, bei dem sie letztlich ankamen, war wunderschön. Er schien regelrecht von sich aus zu leuchten und die schönsten und prächtigsten Blumen wuchsen um ihn herum. Angrenzend an den Teich gab es einige Erhöhungen, von denen das Wasser in kleinen Kaskaden herunter plätscherte und irgendwo ganz oben befand sich vermutlich die Quelle Viecor. Laura hatte ihn viel düsterer in Erinnerung gehabt, was definitiv daran lag, dass sie einmal beim Schlittschuhlaufen ins Wasser eingebrochen war und halt auch damals schon nicht schwimmen konnte. Aber jetzt so im Nachhinein war Laura froh, dass sie gezwungenermaßen doch hierher zurückkommen musste. Denn nun war es für sie schwer vorstellbar, wie bei einem so wunderschönen Ort etwas so Schreckliches wie Ertrinken hätte passieren können. Laura fing bereits an, an ihren eigenen Erinnerungen diesbezüglich zu zweifeln. Auch der Rest der Mädchen bewunderte diese paradiesische Umgebung. Nur Benni und Eagle nicht, die Carsten vorsichtig vom Hirsch hoben. Laura betrachtete ihren besten Freund besorgt. Sein Zustand hatte sich trotz Sayas und Susannes Pflege furchtbar verschlechtert. Vermutlich hatte ihm die Teleportation doch viel zu sehr zugesetzt, was Laura keineswegs wundern würde. Immerhin hatte sie in der Zeit vor ihrem Geburtstag selbst sehr schwer damit zu schaffen gehabt. Und wahrscheinlich verbreitete sich diese Art Versteinerungsgift auch noch weiter in seinem Körper, denn während Laura die Jungs beobachtete bemerkte sie, dass Carsten offensichtlich weder seine Arme noch seine Beine bewegen konnte. Noch nicht mal mehr seinen Kopf konnte er aus eigenen Kräften heben! Ein Schauder überkam sie und Laura war froh, dass sie endlich die Quelle erreicht hatten. Denn sie war sich nicht sicher, wie lange Carsten noch durchhalten könnte. So fertig wie er aussah anscheinend nicht mehr lange… Eagle schaute Benni fragend an. „Und was jetzt? Denkst du, wir müssen ihn nur ins Wasser bringen und das macht den Rest?“ „Es ist am ehesten präsumtiv.“, antwortete dieser. „Benni, Damisch bitte.“, erinnerte Ariane ihn daran, dass der Großteil ihrer Gruppe keinen so ausgeprägten Wortschatz hatte. Doch Benni schenkte ihr keine Beachtung, stattdessen stieg er voll bekleidet in den Teich, um Eagle von dort aus zu helfen, Carsten ebenfalls ins Wasser zu befördern. „Glaubt ihr wirklich, dass das funktioniert?“, fragte dieser, doch Laura konnte es kaum verstehen, so schwach wie seine Stimme inzwischen war. „Es muss funktionieren.“, meinte Eagle nur. „Und? Geht’s dir schon besser?“, fragte Laura erwartungsvoll als Carsten schließlich komplett im Wasser war und nur noch etwas von Benni gestützt wurde. Doch ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als Carsten mutlos den Kopf schüttelte. „Baka. Alle beide.“, kommentierte Benni die Situation, als sich Carstens Augen ungläubig weiteten. „Hä?“, fragte Ariane verwirrt, aber auch mit einem Funken Hoffnung in der Stimme. Immer noch vollkommen fassungslos hob Carsten die Hände aus dem Wasser und betrachtete sie, während er vorsichtig die Finger bewegte. „Ich- ich kann mich- ich kann mich wieder bewegen.“ In seinen Augen sammelten sich Tränen, als ihm bewusst wurde, was gerade geschehen war. „Ich kann mich tatsächlich wieder bewegen!“ Carsten war so überwältigt, dass er Benni unerwartet um den Hals fiel und ihn dadurch für einen kurzen Moment unter Wasser drückte. Ein Stein fiel Laura vom Herzen und erleichtert lachte sie auf. Sie dachte erst gar nicht daran, dass sie eigentlich gar nicht schwimmen konnte, als sie ebenfalls ins Wasser sprang, um beiden Jungs um den Hals zu fallen, während der Rest der Gruppe die drei lachend beobachtete. Schließlich war es Benni, der sich aus dem Knäuel befreite und sich auf das angrenzende Erz setzte, um Carsten aus dem Wasser zu helfen, der unmittelbar danach von den restlichen Mädchen überfallen und geknuddelt wurde. Derweil fischte Benni auch Laura aus dem Wasser, der bis dahin ihre fehlende Schwimmfähigkeit immerhin aufgefallen war. Laura hatte keine Ahnung, wie lange die restlichen Mädchen Carsten belagerten, nur hin und wieder konnte sie aus dem Getümmel Sachen vernehmen wie: „Das ist unglaublich! Bis vor ein paar Minuten ging noch gar nichts und jetzt bist du komplett geheilt!!!“ oder auch: „Geht es dir wirklich gut?“ Nachdem sich die Mädchen beruhigt hatten, war es Öznur, die sie wie Vögel versuchte wegzuscheuchen und Eagle zu Carsten rüber zerrte, mit den Worten: „Du bist dran.“ „Stimmt, du hattest die Chance, in Ruhe mit Carsten zu sprechen und die hast du nicht genutzt. Jetzt müssen wir halt aufpassen, dass du endlich mal mit ihm redest!“, gab Ariane ihr bestimmt Recht. Amüsiert schaute Laura zu, wie diese eigenartige Aktion der Mädchen Eagle ganz schön aus der Bahn warf. Vorher hatte er seinen Bruder einfach nur erleichtert beobachtet, doch jetzt, als er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand, hatte Eagle keinen Plan, was er machen sollte. Was so überhaupt nicht zu ihm passte. „W-was soll ich denn mit ihm besprechen?“ Irritiert und auch leicht verlegen schaute er Öznur an, doch die warf ihm einen warnenden Blick zu. „Das weißt du ganz genau.“ Seufzend versuchte Eagle es erst gar nicht weiter, sich rauszureden und wandte sich stattdessen Carsten zu, der das Geschehen neugierig verfolgt hatte. Da Eagle offensichtlich nicht die richtigen Worte fand, war es letztlich Carsten, der das Schweigen zwischen ihnen brach. „War das, was du vorhin gesagt hattest, es täte dir leid, wirklich ernst gemeint?“ Eagle beantwortete die Frage nur mit einem verhaltenen Nicken. Schließlich gab er sich doch einen Ruck. „Es tut mir wirklich leid, glaub mir bitte jedenfalls das. Ich weiß, ich kann dich nicht um Verzeihung bitten, immerhin war ich… Ich meine… Ich war über sechzehn Jahre lang ein totales Arschloch zu dir. Das kann… das ist einfach unverzeihlich. Aber du solltest jedenfalls wissen, dass du… Na ja, dass ich…versuchen werde mich zu bessern. Also… ich werde versuchen… der große Bruder zu sein, den du all die Jahre eigentlich verdient hättest. Nicht so ein Arschloch, wie ich-“ Bevor Eagle seinen Satz beenden konnte, nahm Carsten ihn plötzlich in die Arme und drückte seinen großen Bruder an sich.
„Ich hab keine Ahnung, warum du auf einmal so ganz anders denkst, aber ich verzeihe dir, wenn ich… nur endlich dein Bruder sein darf.“ Laura bemerkte, wie Carstens Schultern leicht zitterten, doch sie war sich sicher, dass ihm nicht aus Trauer die Tränen kamen. Zögerlich, eigentlich sogar schon verunsichert, erwiderte Eagle die Umarmung, während Öznur gerührt seufzte. „Hach, das ist doch ein schönes Happy End.“ Schnaubend verschränkte Anne die Arme vor der Brust, während sie die Brüder betrachtete. „Trotzdem beeindruckend, wie weg du offensichtlich warst. Weißt du eigentlich, was für einen Krach die Vollidioten wegen ebendieser Geschichte gemacht haben? Und du hast ernsthaft keine Ahnung?!?“ Verwirrt schaute Carsten sie an, nachdem er sich von der Umarmung gelöst hatte. „Wie meinst du das?“
„Drücken wir es einfach so aus, dass lediglich ein großes Missverständnis vorlag, weshalb Eagle solch enorme Probleme hatte, dich zu akzeptieren. Da war es ein holpriger Weg, bis alle Parteien auf den gleichen Nenner gebracht werden konnten.“, fasste Susanne die Geschehnisse zusammen, die es gebraucht hatte, bis endlich rauskam, dass Carsten und Eagle mehr als nur Halbbrüder waren. Diese Erklärung schien Carsten schon zu reichen, denn er schaute seinen großen Bruder sowohl wissend als auch erleichtert an. Verlegen kratzte sich dieser am Hinterkopf und wechselte das Thema. „Geht es dir wirklich gut? Also… Sind die Wunden von Jacks Angriff wirklich gänzlich verheilt?“
„Ich weiß nicht…“ Vorsichtig entfernte Carsten die Bandagen von seinem linken Arm und betrachtete diesen, wie der Rest von ihnen. Gänzlich verheilt waren seine Wunden offensichtlich noch nicht, Laura konnte immer noch rote Striemen von Jacks Metallklauen auf Carstens Arm erkennen. Aber die Wunden waren definitiv nicht mehr so tief wie zuvor, sondern schienen nun eher wie Kratzer. Laura war zwar erleichtert darüber, aber auch ein bisschen empört. „Warum wissen wir erst jetzt von dieser Quelle? Die hätte Benni damals auch sofort heilen können!“, schnaubte sie. Dann wären ihm jedenfalls die körperlichen Qualen erspart geblieben!!! Doch ausgerechnet Benni verdrehte auf ihren Kommentar hin die Augen. „Was denn?! Ist so!!!“, herrschte sie ihn an. Warum musste sie ausgerechnet denjenigen, der diese Heilkräfte der Quelle bitter nötig gehabt hätte davon überzeugen, dass er diese Heilkräfte der Quelle bitter nötig gehabt hätte?!? „Mein Leben hing jedoch nicht von der Existenz dieser Quelle ab.“, widersprach Benni ihr, was Laura ein bisschen ruhiger stimmte. „Es ist schon traurig, dass Coeur diesen Ort im Endeffekt verstecken musste, weil die Menschen ihn eigentlich für ihre selbstsüchtigen Zwecke missbrauchen wollten.“, meinte Janine und schaute sich um. „Er ist wunderschön.“ Anne zuckte mit den Schultern. „Na ja, abgesehen davon, dass wir jetzt vermutlich nicht wirklich vorhaben, die Rohstoffe für Waffen von hier mitzunehmen… Waren wir denn groß anders als diese selbstsüchtigen Menschen?“
„Klar!“ Ariane stemmte die Fäuste in die Hüften. „Ich meine, natürlich wollten wir, dass Carsten überlebt, weil wir ihn auch alle mögen. Aber wir brauchen ihn halt auch, um gegen Mars zu kämpfen und damit ist unsere Tat für ganz Damon von Nutzen.“ „Schön, dass wir jedenfalls eine ehrvollere Sache da rein interpretieren können. Mir jedenfalls war Damon in dem Moment vollkommen schnuppe.“ Verlegen lachte Laura auf. „Ich wollte einfach nicht, dass Carsten stirbt.“ „Apropos sterben. Hier, zieh das an, bevor du dich erkältest und deshalb doch noch stirbst.“, meinte Ariane leicht sarkastisch an Carsten gewandt und holte ein T-Shirt aus einem Rucksack, den sie für die Wanderung mitgenommen hatten. Laura entging es nicht, dass Carsten leicht verlegen schien, als er Ariane dankend das rote T-Shirt aus der Hand nahm. Plötzlich meldete sich Lissi zu Wort: „Ach, du kannst auch gerne weiter so rumlaufen, Cärstchen.“ „Stimmt, du hast einen durchaus vorzeigbaren Körper.“ Öznur lachte auf. Nun wurde Carsten erst recht verlegen. Mit hochrotem Kopf versuchte er, die Mädchen nicht weiter zu beachten und zauberte sich trocken, um das T-Shirt anzuziehen. Laura lachte in sich hinein. Die Mädchen hatten zwar irgendwie schon recht, aber für sie war Carsten nicht wirklich sexy und verführerisch, sondern einfach nur niedlich. Besonders in solchen Momenten. Ganz im Gegensatz zu… Laura warf einen Seitenblick auf Benni und bemerkte zu spät, dass er ihren Blick erwiderte. Sie saßen immer noch auf diesen Viecor-Steinen am Rand des Teiches, ein kleines bisschen Abseits von den anderen. Daher waren sie zum Glück weniger der Magnet der Blicke, als Benni Laura durch das immer noch pitschnasse Haar strich. Zwar war es bei den Temperaturen nicht allzu unangenehm, so nass zu sein, aber langsam wurde es doch frisch. Für einen Moment, war Laura auf einmal schön mollig warm und als dieser vorbei war, fiel ihr auf, dass Benni sie offensichtlich mit seiner Feuer-Energie getrocknet hatte. Auch er selbst war wieder trocken und richtete sich auf, um Laura ebenfalls auf die Beine zu helfen. Anscheinend hatten einige der Mädchen sie doch beobachtet, denn Lissi nahm das als Anlass, Benni empört anzumotzen: „Und was war das bitteschön für eine Aktion vorhin Bennlèy?! Gehst einfach so ins Wasser?! Ohne dich auszuziehen?!?!?“ Die Mädchen lachten auf. „Hattest du ernsthaft gedacht, ein Strip-Tease zu sehen?“, fragte Öznur belustigt. „So was bleibt leider nur Laura vorbehalten.“ Nun war es nicht Carsten, sondern Laura, die knallrot wurde. Was die Mädchen natürlich sofort als Anlass nahmen, weiter darauf einzugehen. „Ohooooo, gibt es etwas, das wir wissen müssen?“ Öznur musterte sie und Benni lachend. „Was?!? Natürlich nicht!!!“ Was sollte das denn?!? Kaum stand es fest, dass Carsten überleben würde, machten die Mädchen schon wieder ihre Scherze über Laura und Benni?!?!?
Und was zum Henker wollten die mit Strip-Tease?!?!?!? Amüsiert schüttelte Carsten den Kopf. „Kommt schon, Benni ist doch definitiv nicht der Typ für so was.“ „Aber du.“ Ariane kicherte und natürlich wurde Carsten wieder total rot. Lissi grinste. „Ach, stille Wasser sind tief. Ich kann mir schon vorstellen, dass Bennlèy und Cärstchen ziiiiemlich leidenschaftlich sein können, genauso wie Ninie und Lauch.“ Dabei wurden nun alle Angesprochenen -mit Ausnahme von Benni selbstverständlich- knallrot. Laura grummelte. „Wollen wir uns nicht so langsam mal auf den Rückweg machen?“
Doch Lissi war noch nicht ganz fertig. „Hab ich etwa Recht, Lauch? Beeennlèeeey, hab ich Recht, was Lauch betrifft?!?!?“ Immerhin fiel Benni Laura nicht in den Rücken und beantwortete die Frage nicht. Öznur verdrehte die Augen. „Auf jetzt, ich will auch zurück. Es ist schon spät.“ Ein Blick auf die Uhr verriet Laura, dass sie Recht hatte. Nur durch den Sommer war es halt um acht Uhr abends noch ziemlich hell… Die Gruppe machte sich auf den Rückweg und alles andere als erfreut stöhnte Ariane auf. „Ach Mann, morgen ist ja wieder Schule.“ „Hey, weitaus angenehmer, als dieses Wochenende.“, kommentierte Eagle ihre begeisterte Einstellung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)