Ein Leben wert von Sharry ================================================================================ Kapitel 23: Kapitel 23 - Leben ------------------------------ Kapitel 23 – Leben   „Sie sind da“, knurrte Law und riss die Türe auf, „sagen Sie der Chefin Bescheid.“ Nana, die Angestellte, deren Aufgabe es gewesen war Law und Rocinante die vergangenen Tage zu versorgen, nickte und eilte von dannen. Law streckte seine Hand nach Rocinante aus und gemeinsam gingen sie in den Konferenzraum, in dem sich ihr Schicksal entscheiden würde. „Ich liebe dich“, flüsterte Law, ohne ihn anzusehen. „Ich weiß“, er beugte sich zu dem anderen hinab und küsste ihn, „ich hab dich auch lieb, Kleiner.“ Dann traten sie ein. Er wusste nicht, ob es ihn überraschen sollte oder nicht, aber natürlich war die Chefin schon anwesend. Die vergangenen Tage hatte sie sich nicht einmal blicken lassen, aber ihm war das nur recht. Er mochte sie nicht – kein Wunder, schließlich war sie der Grund, warum er um Law bangte – und dennoch erwischte er sich, wie er Mitgefühl für sie empfand. Sie saß nicht auf ihrem throngleichen Stuhl, sondern stand an einem der Fenster mit gefalteten Armen und sah aufs Meer hinaus. Zum ersten Mal wirkte sie nicht wie diese unnahbare Geschäftsfrau, sondern fast wie ein normaler Mensch. Dann bemerkte sie ihre Gäste und was auch immer an Verletzlichkeit dagewesen war verschwand in einem Herzschlag, als sie ihr altbekanntes Lächeln aufsetzte. „Es ist Zeit“, sprach sie klar aus, ging zum Konferenztisch hinüber und trank einen tiefen Schluck aus ihrem Weinglas, „und für euer Wohl hoffe ich, dass eure Freunde erfolgreich waren.“ „Für unser Wohl?“, entgegnete Rocinante unbeeindruckt, obwohl sein Herz viel zu schnell schlug und Law seine Hand umklammert hielt. „Wir sind dir doch egal, hier geht es doch viel mehr um deine Chance, oder nicht?“ „Oh, wie gemein“, lachte sie. „Ich habe es dir doch schonmal gesagt, du bist mir sympathisch, Süßer. Im Gegensatz zu deinem Günstling bist du sehr gut in Verhandlungen, gleichzeitig bist du viel zu ehrlich und offenherzig, um jemanden zu hintergehen, selbst wenn du es wolltest. Dich als Geschäftspartner zu haben würde mir gefallen.“ „Kein Interesse“, entgegnete er schlicht, zu angespannt für höfliche Konversation. „Ich weiß“, winkte sie schmunzelnd ab, „du wirkst wie ein Mensch, der bereits einmal seine Prinzipien verleugnet hat und dies seitdem bereut, das wäre mir zu viel Gewissen.“ „Können wir nicht schweigend warten“, murrte Law. „Oh, er spricht. Bei unserer letzten Unterhaltung warst du nicht besonders gesellig.“ „Wenn du das ewige Leben willst, solltest du verdammt nochmal aufhören mir auf die Nerven zu gehen, Weibsstück.“ „Law, bitte nicht solche Ausdrücke!“ Doch die Chefin lachte über Rocinantes Entsetzen hinweg. „Na, als würden die emotionalen Ausbrüche eines Bengels mich erschüttern. Aber, Kleiner, du solltest mir nicht drohen. Schließlich bin nicht ich diejenige, die darunter leidet, wenn du deine… Oh, ich verstehe.“ Sie sah zwischen Rocinante und Law hin und her. „Welch dramatische Wendung. Jetzt würde ich mir beinahe wünschen, sie würden versagen, nur um dieses Ende zu sehen.“ „Du hast einen eigenwilligen Geschmack“, bemerkte Rocinante trocken und hielt Law mit einem Quetschen seiner Hand davon ab, etwas Unverschämtes zu sagen. „Ach, Süßer, komm mal in mein Alter, dann beginnt man die Dinge etwas anders zu sehen.“ Bevor noch einer von ihnen etwas sagen konnte, wurden sie von unverständlichem Gezeter unterbrochen. Sekunden später wurde die Tür aufgerissen und der Schwertkämpfer der Strohhutbande kam herein, einen wild fluchenden Mann auf einen Stuhl gefesselt auf seinen Rücken, den er einfach mitten in den Raum warf. „So“, knurrte er und seine Stimme zeigte, dass er unglaublich genervt war, „das ist er. Wir gehen jetzt.“ Hinter ihm kamen entgegen seiner Worte die verschiedenen Strohhüte hinein, doch das war Rocinante einerlei. Es fiel ihm schwer zu atmen. Konnte es sein, dass…? Er konnte fühlen, wie Law seine Hand noch etwas fester drückte, aber er wagte nicht ihn anzusehen, noch nicht. „Nein!“, rief der Mann in Ketten. „Ihr wisst nicht was ihr tut! Bitte, bitte, hört mich doch an. Ihr…“ „Jetzt reg dich mal nicht so auf“, murrte der Smutje und zündete sich eine Zigarette an. „Ich habe dir doch gesagt, sie will nur mit dir reden.“ „Ach ja, was das angeht…“ Die Chefin stellte ihr Weinglas ab und schritt auf den Gefangenen zu, der nicht aufhörte, um Hilfe zu flehen. „… das war eine Lüge.“ Plötzlich zog sie eine Waffe und richtete sie auf den Gefangenen. „Was?“, rief plötzlich der Strohhut und eilte auf sie zu. „Aber du hast doch…!“ „Schweigt!“ Mit erhobener Hand unterbrach sie den Strohhut, der plötzlich gegen eine ihrer Glaswände lief. „Ich weiß, ihr lebt alle in eurer kunterbunten Traumwelt, in der Freundschaft immer siegt und die Guten am Ende überleben. Ihr denkt, wenn ihr bereit seid alles zu geben, dann wird am Ende schon das Happy End auf euch warten, und auch wenn das für euch stimmen mag, das ist nun mal nicht die Realität.“ Der Mann vor dem Lauf ihrer Waffe flehte weiterhin um sein Leben, während die anderen Anwesenden die Chefin fassungslos ansahen. „Ist es denn wirklich nötig ihn umzubringen?“, fragte Rocinante dann ernst. Erinnerte sich sehr wohl an die Taten seines Bruders und an genau solche Situationen. Nicht selten hatte er selbst die Waffe gehalten, nicht selten hatte er abgedrückt. „Was hat er denn so Schlimmes getan, dass er…“ „Das geht euch nichts an“, meinte sie gelassen. „Das hier hat mit euch nichts zu tun.“ Sie wandte sich den Strohhüten zu. „Ihr wolltet eure Freunde retten und der Preis war euch gleich. Habt ihr wirklich geglaubt, ich würde das ewige Leben dafür aufgeben, um ein-zwei nette Worte auszutauschen? Tze, dann seid ihr noch naiver als man erzählt.“ Dann zeigte sie mit ihrer freien Hand auf den Strohhut. „Du hast deinen Teil des Vertrages erfüllt und ich trete den Anspruch auf das ewige Leben durch Trafalgars Teufelskräfte hiermit an dich ab. Eure Leben wurden verschont. Ihr könnt jetzt also alle nach Hause gehen und euer Friede-Freude-Eierkuchen-Leben weiterführen.“ „Und was ist, wenn wir nicht gehen?“, widersprach der Strohhut und ging in Kampfposition, wie zugleich seine Crewmitglieder und – zu Rocinantes Überraschung – auch Law an seiner Seite, der sich halb vor ihn stellte. Die Chefin rollte mit den Augen, während der Mann vor ihr leise wimmerte. „Ich habe kein Interesse daran gegen euch zu kämpfen, allerdings würde ich es tun, wenn es sein muss. Aber nichts, was ihr jetzt tun werdet, wird Keiyaku Ihans Tod verhindern. Also, bleibt hier und seht ihn sterben oder geht, das ist mir gleich.“ „Nein“, entgegnete der Strohhut, „das werde ich nicht zulassen. Du hast gesagt, du würdest…“ „Ich habe gelogen, Monkey D. Ruffy. Menschen lügen, um das zu erhalten was sie wollen, du bist vielleicht zu einfältig dafür, aber glaub mir, jeder der Menschen um dich herum hat schon mal gelogen, auch dich schon mal angelogen, also halt mir keine Predigt. Aber falls es dich beruhigt, er hat es verdient.“ „Niemand verdient den Tod.“ „Niemand? Nicht mal Don Quichotte de Flamingo oder Marshall D. Teach? Was ist mit Kaido oder Sakazuki? Niemand von diesen vieren ist gestorben oder – vielmehr – wurde von Anwesenden in diesem Raum hier getötet?“ Sie lächelte nicht als sie den Strohhut und den neben ihm stehenden Schwertkämpfer anstarrte. „Wollt ihr mir sagen, dass das etwas anderes ist? Dass das Blut an euren Händen ein anderes ist? Oder das Blut an den Händen von Nico Robin, Don Quichotte Rocinante, Trafalgar D. Water Law, Vinsmoke Sanji?“ Nicht eine Sekunde nahm sie ihre Waffe hinunter. „Ihr seid nicht die Guten dieser Geschichte, auch wenn ihr euch das gerne einredet, auch wenn ihr für eure Taten bestimmt gute Gründe hattet, auch wenn ihr euch nach eurem Happ End sehnt. Aber das hier ist nicht eure Geschichte, in dieser Geschichte seid ihr nur Randfiguren, nur Mittel zum Zweck, und es gibt kein Happy End.“ Ein Schuss fiel und plötzlich war es still. Der Kopf des gefesselten Mannes kippte zur Seite, ein Loch in seiner Stirn. „Ihr wolltet euer Happy End und das war der Preis dafür. Also geht jetzt und hört auf mich voll zu heulen. Die Welt ist nicht fair und ich habe wichtige Termine, also verschwindet und stehlt mir nicht weiter meine Zeit.“ Sie machte auf dem Absatz kehrt und schritt zur Tür in einen angrenzenden Raum. „Momo, begleite unsere Gäste nach draußen und dann räume hier auf.“   Es sollte ein Erfolg sein und doch hielt es niemand für einen Sieg. Ein Mann war gestorben, nicht der, der geplant war und dennoch ein Leben weniger. Vielleicht wäre es für manche von ihnen einfacher, wenn sie gewusst hätten, wer dieser Mann gewesen war, ob die Chefin einen verdammt guten Grund gehabt hatte, ihn zu töten, er durch seine schlimmen Taten diese Ende heraufbeschworen hatte. Aber das wussten sie nicht und sie würden es wohl auch nie herausfinden. Manche von ihnen hatten wahrscheinlich die Idee die Chefin herauszufordern und vielleicht würden sie einen Kampf gegen sie gewinnen oder zumindest herausfinden, warum sie getan hatte, was sie getan hatte. Aber unausgesprochen war da dieses Gefühl zwischen ihnen allen, dass niemand von ihnen das Recht zu richten hatte. Rocinante hockte auf der Wiese der Thousand Sunny, dem Schiff der Strohhüte, gegen die Knie von Law gelehnt, der auf der Rundbank um den Hauptmast saß. Bis vor wenigen Sekunden hatten die Crewmitglieder, stehend, sitzend, rumlaufend, laut und leise durcheinander gesprochen, nur wenige hatten geschwiegen. Keiner schien mit der Situation zufrieden. Obwohl sie Law gerettet hatten, hatten sie den Tod eines anderen zu verantworten und keiner schien in der Lage, dieses Gefühl abzuschütteln. Nach einer Weile hatte der Smutje Tee herumgereicht, dann war plötzlich jedoch der Kapitän der Bande aufgestanden und einfach gegangen, sein Gesicht unter dem Schatten seines Strohhutes verborgen. Der Schwertkämpfer war ihm zum Heck des Schiffes gefolgt und immer wieder hallten die lauten Stimmen der beiden zu ihnen hinüber. Es war offensichtlich, dass sie stritten, doch keiner der anderen schien einschreiten zu wollen. Diese Crew hatte eine ganz eigene Dynamik und Rocinante wollte sich nicht einmischen. Er hatte sich bereits aufrichtig bei ihnen bedankt – und Law auch mal zu einer Verbeugung bewegt, unerzogener Bengel – und sich entschuldigt für das, was geschehen war. Durch die Gespräche der anderen war ihm bewusst geworden, dass sie alle schon Schlimmeres durchgemacht hatten und sie auch damit gelernt hatten umzugehen, und doch sah keiner von ihnen aus, als würden sie das Geschehene schnell beiseite schieben. Law hinter ihm sprach mit den anderen deutlich direkter als Rocinante erwartet hatte. Es war offensichtlich, dass sie viel zusammen erlebt hatten und einander blind vertrauten. Die Navigatorin hatte ihm tatsächlich eine Ohrfeige verpasst für seinen Alleingang und der… Waschbär hatte sich mehrfach überzeugen wollen, dass weder Law noch Rocinante verletzt waren. Nun warteten sie darauf Natsu zu erreichen und Rocinante wusste nicht was er tun sollte. Er war erschöpft, unsagbar erschöpft. Für Tage hatte er mit der Angst leben müssen, Law verlieren zu können, hatte fast schon befürchtet ihn beinahe zu verlieren und nun war das vorbei, aber der fahle Beigeschmack nahm ihm jedes Glücksgefühl. Er würde mit Law reden müssen über die Gegenwart und die Zukunft, aber auch das machte ihm Angst. Law hatte nicht weitergedacht als bis zum heutigen Tag und Rocinante wusste nicht weiter. Er hörte, wie Law sich ungezwungen mit den anderen unterhielt, seine kühle und harsche Art von niemandem missbilligt, und sie über dies und das redeten. Er hörte, wie die anderen Law für sein plötzliches Verschwinden schalten und dafür, wie dumm er gewesen war auf eigene Faust zu handeln. Wann immer einer der Strohhüte sich an Rocinante wandte lächelte er freundlich und antwortete, hörte sich die Geschichten an, die man ihm erzählte und sagte seine Meinung, wenn man ihn fragte. Aber hauptsächlich hielt er sich zurück. Er hatte wahrgenommen, wie freundlich sie ihn behandelten, keiner von ihnen schien auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass es sein Bruder gewesen war, der so viele schreckliche Dinge getan hatte, gegen den sie gekämpft hatten und der einige ihrer Freunde das Leben gekostet hatte. Irgendwann wurden die lauten Stimmen vom Heck leiser und Natsu kam in Sicht. Der Schwertkämpfer tauchte wieder auf und belehrte Law wie ein entnervter großer Bruder bis der Smutje ihn damit stoppte, dass sie Law das alles schon gesagt hätten. Als sie Natsu erreicht hatten verabschiedeten sie sich und die Strohhüte erwähnten, dass sie für ein paar Tage auf Kaikkien Maiden sein würden und sich freuen würden, wenn man sich nochmal sehen würde. In Stille warteten sie bis das kleine Schiff halb vom Sonnenuntergang verschluckt wurde, ehe sie den Hafen entlanggingen, schweigend die Hand des anderen haltend. „Cora“, sprach Law dann endlich, als sie den Nebenpfad um das Dorf herum nahmen, „bitte sprich mit mir. Ich mag es nicht, wenn du so still bist.“ Er blieb stehen. „Cora?“ Law drehte sich zu ihm um. Ganz langsam spürte er wie sich die Tränen ihren Weg bahnten. Er wollte sich zusammenreißen, wollte, dass es aufhörte, aber er konnte nicht. Wie ein gebrochener Damm brachen die Tränen aus ihm heraus und er stand dort, mitten im Wald, und weinte wie ein kleines Kind. „Cora“, flüsterte Law. Er versuchte sich zu beruhigen, aber er konnte es nicht, versuchte zu sprechen, aber seine Stimme brach unter Schluchzern und als Law die Hände nach ihm ausstreckte, sank er in dessen Arme. Seine Knie gaben nach und sie rutschten zu Boden, wo er in Laws Pullover weinte, der ihn einfach nur hielt und über sein Haar strich. „Ist schon okay, Cora“, flüsterte er so warm und liebevoll, wie er nur mit Rocinante sprach, „ist schon okay.“ Er versuchte zu Nicken, aber nicht mal dafür wollte ihm sein Körper gehorchen. „Die letzten Tage waren schlimm, nicht wahr, Cora? Es tut mir leid, dass du all das alleine durchstehen musstest, Sengoku und deinen Bruder alleine aufsuchen musstest, dachtest du hättest mich verloren. Es tut mir leid.“ Er konnte nicht aufhören zu weinen. „Ist schon okay, Cora. Komm schon, sie mich an.“ Zitternd hob er den Kopf. Law umrahmte sein Gesicht mit beiden Händen und rieb seine Wangen mit beiden Daumen. „Ich werde nie wieder gehen, Cora. Ich lasse dich nie wieder alleine.“ Und dann lächelte Law. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)