Zum Inhalt der Seite

Worlds Travel ~ Band Eins: My new Destiny

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Chapter 01 ~ Ich bin ein Cousland

Erwacht. Das war es, zumindest zum Teil, was man über den derzeitigen Zustand des jungen Mannes im Bett sagen konnte, der meine Wenigkeit war. Ich kam so langsam wieder zu Bewusstsein. Zumindest wusste ich, dass ich wach war, wenn auch verschlafen, während meine Augen noch immer geschlossen waren. Meine Haut vernahm den weichen Stoff, auf dem ich scheinbar bettete, und sogleich kam mir der Gedanke, ob Morpheus zu Besuch kam und mein Körper vielleicht auf der Couch eingeschlafen war, doch als meine linke Hand vorsichtig meinen derzeitigen Schlafplatz abtastete, hielt ich abrupt inne. Es handelte sich hierbei um feinen Stoff. Ich breitete meinen linken Arm, soweit ich diesen strecken konnte, aus und wiederholte den Vorgang mit dem rechten Arm, während meine Hülle die ganze Zeit auf dem Bauch gelegen war, die bevorzugte Schlafposition meinerseits. Nun wusste ich umso deutlicher, dass ich mich nicht auf meiner Couch befand, denn dafür war das Gebiet, auf dem sich der Körper frei strecken konnte, viel zu groß und weich, wie ich feststellen musste. Selbst mein Bett fühlte sich nicht so an, weshalb auch dies aus dem Rahmen der möglichen Orte, auf denen ich nächtigte, fiel. Mein Gedächtnis konnte sich auch nicht daran erinnern, bei einem Freund übernachtet zu haben, und alkoholisiert mit jemandem mitgegangen sein konnte ich auch nicht, denn zum einen ging es mir zu gut, und zum anderen besaß der Gaumen nicht diesen penetranten Alkoholgeschmack im Mund, der ihn nach jeder durchzechten Nacht heimsuchte.
 

Doch all die Spekulationen halfen nichts, denn ich wollte Antworten. Mir war bewusst, dass ich diese nur erhalten würde, indem sich meine Augen öffneten und kurz bevor die zwei Iriden diesem mentalen Befehl folgten, stockte ich. Erst jetzt vernahm mein Gehör das Atmen, welches nur wenige Meter entfern zu sein schien. Wobei atmen konnte man das schon längst nicht mehr nennen, es war eher ein lautes Schnarchen. Dass dies nicht schon längst wahrgenommen wurde, verwunderte mich dann doch sehr, gerade da ich sonst immer jedes noch so kleine Geräusch wahrnahm. Im Halbschlaf sogar am intensivsten. Einer meiner Flüche, wenn man so wollte, war ich schließlich auch noch mit einem leichten Schlaf gesegnet worden. Bedeutete im Umkehrschluss, dass das Ein- wie auch das Ausschlafen natürliche Feinde meinerseits waren, egal wie herzlich sie von mir begrüßt wurden.

Langsam, als meine Neugierde in mir schlussendlich gewann, öffneten sich meine Augen. Es war zumindest angenehm, so dass sich diese nicht auch sogleich wieder schließen mussten, war es nicht zu hell an diesem Ort. Neben der Helligkeit in diesem Raum nahm das Bewusstsein die Decke des Bettes wahr, in welchem sich der Körper befand. Diese bestand aus braunem Holz und war auf eine seltsame Art und Weise alt wie auch elegant zu gleichen Zügen. Mein Oberkörper richtete sich vorsichtig, ohne zu viel Krach zu verursachen, nach oben und ich ließ meine Augen durch das Zimmer schweifen.
 

Die Wände waren aus altem Stein bezogen, den man von Burgen gewohnt war, nur noch immer in tadellosem Zustand. Es musste also regelmäßig restauriert werden. Doch ich wollte mir keine Gedanken darüber machen, in welchem Zustand die Umgebung war, in der ich mich befand, sondern vielmehr, wie ich an selbigen Ort gelangt war. Meine Blicke richteten sich auf die restliche Einrichtung des doch relativ großen Zimmers, in welchem mein Erwachen stattfand. Sie war fast schon antik, sollte man meinen, so alt, wie die Stühle, der Tisch samt Schrank und Truhen aussahen. Oder die Wandteppiche, alte gewebte Kunst, sofern man es als solche identifizieren wollte, denn meinen Geschmack traf es gewiss nicht. Und doch, egal wie alt dieser Ort zu sein schien, musste man diesen scheinbar regelmäßig säubern, denn nichts hiervon war mit, wie man auf den ersten Blick erkennen konnte, Staub bedeckt, was bei älterem Mobiliar ohnehin noch schwieriger war.

Aus dem Augenwinkel erblickte man Sonnenstrahlen, die sich auf dem steinernem Boden befanden, weshalb meine Augen nun direkt zu der Quelle eben jener blickte. Ein Fenster, welches sich schräg über dem Bett befand, auf welchem ich in diesem Moment noch lag. Das Glas war etwas abgedunkelt, so dass es schon eine gewisse Helligkeit eindringen ließ, doch nicht so penetrant, damit man unwohl aufwachen würde. Schöner Gedanke eigentlich, den ich mir merken würde und hoffte, eine geeignete Baufirma zu finden, die dies vielleicht für mein Schlafzimmer umsetzen konnte.
 

Doch nun hielt mich ein weiterer Gedanke etwas im Griff, denn nicht nur das Erwachen an einem fremden Ort, nein, sondern dass es auch Sonnenstrahlen gab, ließ die Gedanken im Kopf rattern. Als die Müdigkeit hinterrücks zu Besuch kam, war es Abend. Hatte ich meine eigene Feier verschlafen? Oder hatte ich mich so sehr betrunken, abgeschossen sollte man meinen, dass ich mich selbst an den Beginn wie auch an den weiteren Verlauf nicht erinnern konnte? Dies war an sich nicht nur unmöglich aufgrund des fehlenden Katers und da dies an sich gar nicht meine Art war, doch zu meinem Leidwesen war ich meinerseits ja dafür bekannt, ab und an, bei eben meinem Glück, das Unmögliche möglich zu machen, weshalb dann auch nicht in diesem Fall? Mein eigener kleiner Hangover-Moment, der sich über den ganzen Abend streckte. Es sollte ja auch Fälle geben, wo Menschen plötzlich in fremden Ländern aufgewacht waren nach durchzechten Nächten. Laut der Aussage meiner Mutter stammte ich ohnehin von einer Linie ab, die einst in Tschechien, besser gesagt in der Nähe von Prag, in einer Burg lebte. Also befand sich zumindest ritterliches Blut in dieser Blutlinie, falls nicht sogar höher Angesehenes. Wieso sollte ich mir nicht einmal gedacht haben, in meinem jugendlichen Leichtsinn, diesem Familienzweig nachzuforschen? Dies war der einzige Gedanke, der mir, abgesehen von einer Entführung, zumindest ansatzweise realistisch vorkam.
 

Doch all das Mutmaßen half mir nicht weiter und so beschloss ich, dass es an der Zeit war, aufzustehen und mir diesen seltsamen Ort mal etwas genauer anzuschauen. So bekam auch das seltsame schnarchende Geräusch erneut meine Aufmerksamkeit. Und als ich mich langsam erhob, um zu erkennen, von wo dieses herkam, musste ich feststellen, dass dieses von einem Hund verursacht wurde. Meine Liste der Fragen wurde stetig länger, je mehr von mir erblickt wurde.

Ich verließ das Bett behutsam, langsam, um den Hund nicht unnötig zu wecken, da jedes Tier seinen Schlaf verdiente und ich auch nicht wusste, ob der Hund mir freundlich gesinnt war. Da fiel mir das auf, was mich tatsächlich so sehr beunruhigte wie das Aufwachen an diesem Ort ohnehin schon. Ich war, bis auf eine Unterhose, völlig nackt. Und ja, es war eine Unterhose oder wie ich sie seit der fünften Klasse nannte: Eierquetscher. Ich war eher der Boxershorts-Typ. Wer war so krank, dass er mich von Grund auf entkleidete und dann dieses Stück Textil anzog. Der kalte Steinboden unter meinen Fußsohlen gab mir aber zu verstehen, ich solle nicht länger diesen Fragen nachgehen, zumindest in diesem Moment, sondern mich weiterhin meiner jüngst beginnenden Suche nach Kleidung widmen. Und auf dem Boden wurde ich auch recht schnell fündig, wenn sich auch sogleich meine Augenbrauen fragend in die Höhe zogen. So etwas sollte ich anziehen? Dort lagen Kleidungsstücke, vom Oberteil bis hin zu den Schuhen, welche jeglicher Mittelalter-Konvention entsprungen schienen. Eine Burg, mittelalterliche Kleidung … hier erlaubte sich jemand einen schlechten Scherz. Doch lieber lief ich in solch einer Kleidung herum als in gar keiner. Ich hatte ja ohnehin kein Problem mit solch altertümlicher Kleidung, fand ich durch meinen oftmals als seltsam oder komisch betitelten Geschmack so etwas schon schick. Doch wenn ich jetzt so bekleidet durch eine Stadt laufen sollte und mich somit zum Gespött machte, war dies nicht das, was ich mir für den heutigen Tag vorgestellt hatte.
 

Und während ich nun die einzelnen Kleidungsteile überzog, erhob sich der Vierbeiner streckend und setzte sich dann hechelnd vor mich, nachdem er hergetrottet war. Und erst jetzt wurde mir bewusst, wie gigantisch dieser zu sein schien. Er beobachtete mich aus aufmerksamen Augen, während sein Schweif den Boden säuberte. Zumindest schien er in guter Stimmung, konnte das Hinterteil eines Hundes selten lügen. Ich versuchte dies, so gut es ging, erst einmal zu ignorieren. So gut man eben einen riesigen Hund ignorieren konnte, den man nicht kannte und sich fragte, ob dieser einen zerfleischen wollen würde. Immerhin brauchte ich nur noch meine Stiefel anziehen. Doch als auch das getan war, musterte ich den Vierbeiner vor mir etwas genauer, was mir auch sogleich den Atem verschlug. Einen Hund in dieser Art hatte ich noch nie zu Gesicht bekommen. Der junge Mann, der ich war, hatte zwar schon viele Berichte über große Hunde gesehen, doch solch einen in echt zu erblicken, war mal etwas völlig anderes. Dieser Hund mit dem braunen Fell war groß und stark genug, um sicherlich ohne Probleme ein Pferd zu Fall zu bringen, wenn er sich auf dieses stürzte. Krieger ohnehin. Er sah aus wie eine echte, lebendige Form eines Mabari, eine kluge Hunderasse, welche aus einer meiner Lieblingsspielereihen stammte, aus dem Dragon Age Universum. Angeblich vor Tausenden von Jahren von Magiern gezüchtet und klüger als der durchschnittliche Steuereintreiber, was gelinde gesagt auch nicht allzu schwer ist.

So wie der Hund nun vor mir saß, musste ich irgendetwas tun. So kam es mir zumindest vor, um ihn als Freund zu gewinnen, denn dessen Feind wollte ich nun wirklich nicht sein.

„Hey“, kam es kurz angebunden von dem Brünetten, der mein Selbst verkörperte. Ein anderer Gesprächsanfang kam mir nicht wirklich in den Sinn, was sicherlich an der Nervosität dieser unwirklichen Situation lag und doch sorgte dies dafür, dass der Hund freudig zu bellen begann.
 

„Hast du gut geschlafen, mein Freund?“ Erneut kam ein Bellen, als würde er eine positive Antwort entgegenschleudern wollen. Mein frisch aus dem Schlaf erwachtes Ich wusste, dass an diesem Hund kein Weg vorbeiführte, wenn er dieses Zimmer verlassen wollte, weswegen die direkte Konfrontation gesucht wurde. Daraus resultierte, dass die Hand des Zweibeiners langsam zum Vierbeiner ausgestreckt wurde. Normalerweise wäre ich sicherlich nervös gewesen, doch aus irgendeinem Grund wusste ich, dass dieser Hund mir gegenüber freundlich gesinnt war. Als würde eine Stimme in meinem Hinterkopf diese Mitteilung machen. Oder vielleicht weil er auch bisher solch ein freundliches Verhalten zeigte, ohne mich zu zerfleischen? Vermutlich. Und wie erwartet schnupperte das Tier kurz an der Hand, ehe es seinen Kopf dagegen drückte, wodurch es gekrault wurde. Generell war ich schon immer ein tierliebender Mensch gewesen, doch wenn solch ein Koloss von Hund vor einem saß, da überdachte man tatsächlich jegliches seiner Vorhaben vor lauter Respekt.
 

Langsam, als ich dachte, es wäre genug mit meiner Anfreundung mit diesem Hund, stand ich vorsichtig auf, und schritt an dem Vierbeiner vorbei.

„Dann schauen wir doch mal, wo wir uns befinden“, sprach ich eher zu mir selbst. Doch für einen Moment, so schien es zumindest, blickte mich der Hund verwirrt an, als er seinen Kopf seitwärts legte. Doch mit solch einem absurden Gedanken wollte ich mich nicht länger herumschlagen, denn meine Füße näherten sich bereits der Zimmertür und die ausgestreckten Arme samt Händen öffneten sie. Vor mir erstreckte sich ein großer, flurähnlicher Raum, natürlich ebenfalls im mittelalterlichen Stil. Anscheinend befand sich der Aufwachraum nun an einer kleinen Art von Kreuzung, denn in allen vier Himmelsrichtungen war eine Tür vorhanden. Doch nur von der Tür rechts, welche offen stand, kamen laute Geräusche, als wären viele Menschen dort in der Nähe, weswegen man davon ausgehen konnte, dass dies der Ausgang sein musste. Meine Schritte trugen mich immer weiter in die Richtung genannter Tür, während sich die Iriden weiterhin neugierig umblickten, alles vor der Linse aufsaugten wie ein Schwamm, um bloß keinen versteckten Hinweis zu verpassen, während der Vierbeiner nebenher tapste.
 

„Sir Cousland, Ihr seid wach“, vernahm ich eine Stimme, welche aus der Tür stammte, die ins Freie führte. Dort im Türrahmen stand plötzlich eine schwarzhaarige, junge Frau, welche mich freundlich anlächelte, während ihre braunen Augen sanft auf mir ruhten. Man, hatte die mich erschrocken, so aus heiterem Himmel, doch ich hatte mir nichts anmerken lassen. Der Feind sollte nicht erfahren, wie leicht man selbst zu erschrecken war. Keine Informationen an diesen weitertragen, egal wie unwichtig sie auch sein mochten. Langsam kam sie auf mich zu, ehe sie ein paar Meter vor mir zum Stehen kam und sich vor mir verbeugte. Hatte die ‘ne Macke? Wollte die wirklich solch eine Rolle spielen, dank der Location?

„Euer Vater hat mich zu Euch geschickt, um Euch zu wecken, da das Frühstück angerichtet wurde. Wie ich sehe, ist dies jedoch nicht mehr von Nöten, da Ihr von selbst erwacht seid. Dann lasse ich Euch nun in Ruhe, Mein Lord.“ Sie verneigte sich erneut vor mir, und gerade als sie gehen wollte, hörte ich mich sich selbst ein „Warte!“ rufen und sie stoppte abrupt in ihrer Bewegung, mich mit Verwunderung anblickend. Doch das gleiche Gefühl hatte sich in mir breitgemacht, denn ich war mehr als nur verwirrt. Weshalb sprach sie mit mir so altbacken, verneigte sich sogar, sprach mich mit fremden Namen an und behauptete, mein Dad hätte sie zu mir geschickt. Warte … Cousland? Der Name kam mir doch bekannt vor. Kam der nicht aus dem Dragon Age Universum? Mein Blick wanderte zum Hund. Dieser sah einem Mabari zum Verwechseln ähnlich, doch das konnte doch nur ein enormer Zufall sein. Schließlich kannte ich ja nicht jegliche Hunderasse der Welt und wusste auch nicht, ob sich das Autorenteam von Bioware hat von einer bestimmten Hunderasse inspirieren lassen, auch wenn ich sehr viel über diese Welt recherchiert hatte. Doch noch immer vernahm ich den fragenden Blick, der auf mir ruhte.
 

„Wie habt Ihr mich genannt?“ Ich entschied mich binnen Sekunden dafür, es wäre das Klügste, sie ebenfalls auf diese altmodische Weise anzusprechen, wusste ich ja noch immer nicht, mit welch seltsamen Personen ich es hier zutun besaß. Vielleicht zwangen sie mich ja, an einem Liverollenspiel teilzunehmen, was die ganze Location und die Kleidung wie die Sprache erklären würde. Doch wer war so krank, jemanden für so etwas zu entführen? Und wieso konnte es nicht dieses Liverollenspiel von Harry Potter sein? Dann wäre ich einem Haus zugeteilt worden, am besten ein Ravenclaw, da ich dort am ehesten hingehörte, und hätte auch sogleich mit der Thematik mehr anfangen können als so.

„Sir Cousland. Euer Name lautet doch Aidan Cousland, oder? Falls ich mich geirrt habe, so verzeiht mir bitte vielmals, Eure Lordschaft.“ Beschämt blickte sie zu Boden, während sie sich dieses Mal auf selbigen kniete. Abwehrend, weil mir dieses Szenario äußerst unangenehm war, hob ich die Hände vor mich.

„Nein, es ist meine Schuld. Ich habe mich versehentlich verhört, Euch trifft keinerlei Schuld.“ Ich spielte für den Moment erneut mit und beäugte sie nun etwas genauer.

„So eine hübsche Frau kann mich ohnehin nennen, wie sie will“, hörte ich mich leise schmunzelnd äußern, doch, wie es schien, hatte sie die Worte gehört, weswegen meine Wenigkeit peinlich berührt wegblickte.
 

Also was hatte ich in Erfahrung bringen können bisher? Sie nannte mich Cousland. Dazu Aidan als Vorname, was ironischerweise der vollständige Name des Wächters war, den ich in meinem neu begonnenen Spielstand von Dragon Age Origins erstellt hatte. Konnte es sein, dass ich nun in dieser Welt gelandet war? Nein, völlig unmöglich. Ausgeschlossen. Und doch ließ mich das Äußere des Hundes für einen Moment stutzen. Auch dieser Gang dieses Schlosses sah aus wie in der Origins Vorgeschichte des späteren Grauen Wächters. Meine Iriden verselbständigten sich erneut, während sie durch den Gang schweiften, und erkannten erst jetzt, dass sich links und rechts neben der anderen Tür, wenn man aus dem Zimmer nach links anstelle rechts ging, zwei große Portraits standen. Links ein älterer Mann mit ergrautem Haar und rechts eine ebenso alte Frau auf dem Bild. Beide waren sicherlich erst Anfang bis Mitte fünfzig, doch das Haar ließ sie älter erscheinen. Sie strahlten Anmut aus und eine gewisse Autorität. Würde. Und sie besaßen eine erschreckende Ähnlichkeit mit den beiden Eltern des menschlichen Cousland-Wächters. Entweder waren das verdammt gute Cosplayer und sie lebten diese Liverollenspiele, oder …
 

„Sir, ist alles in Ordnung mit Euch? Fühlt Ihr Euch nicht wohl?“ Die freundliche und zu gleichen Teilen besorgte Stimme der jungen Frau drang fragend in mein Ohr, weswegen ich aus den Gedanken gerissen wurde und sie nun freundlich lächelnd anblickte.

„Entschuldigt, ich war kurz im Gedanken. Verzeiht meine vielleicht unangemessene Bitte, doch würde es Euch etwas ausmachen, mich auf dem Weg zum Frühstück zu begleiten? Falls dies für Ärger sorgen sollte, bitte leitet die Person an mich weiter, ich würde für Euch bürgen, doch falls Ihr nicht wollt, wäre dies auch kein Problem.“ Ich wusste nicht, wohin ich sollte, um zum Frühstück zu gelangen, und dort würde ich ja auch die beiden Eltern treffen. Wenn diese auch so aussahen wie die Echten, dann … wäre vermutlich das Unmögliche eingetroffen. Doch es bestand noch immer die Hoffnung der Entführung, wobei, war dies den tatsächlich besser? Es besaß beides seine Vor- und Nachteile.

Sie beäugte mich für einen Moment skeptisch, vermutlich war sie über mein Verhalten noch immer besorgt, doch dann erschien auch bei ihr erneut ein Lächeln auf den Lippen.

„Es wäre mir eine Freude, Sir.“ Mit einer Handbewegung deutete ich ihr an, dass wir uns nun in Bewegung setzten und das taten wir beide auch sogleich. Bewusst ließ ich sie ein kleines Stückchen weiter vorauslaufen, damit ich an jeder ihrer Bewegungen erkennen konnte, in welche Richtung wir nun gehen mussten und ich nicht noch seltsamer auf sie wirkte, indem ich eventuelle in eine falsche Richtung ging. In einem Schloss, in dem ich seit immer schon lebte, falls die Dragon Age-Theorie nun tatsächlich der Wahrheit entsprach.
 

„Euer Name lautet?“, kam die Frage über meine Lippen, an die junge Frau gerichtet, um etwas Smalltalk führen zu können. Immerhin wurde es gleich ernst und die Nervosität musste irgendwie verschwinden oder zumindest beruhigt werden. Und um ehrlich zu sein, die junge Frau war über allen Maßen hübsch, da schadete es gewiss nicht, etwas mit ihr ins Gespräch zu gelangen.

„Kathrin. Kathrin Bell, Eure Lordschaft.“ Mir ging diese Titelirrung jetzt schon auf die Eier, um es korrekt auszudrücken, doch das waren eben die Marotten solch eines Zeitalters, weswegen ich mich auf dieses Spielchen weiterhin einließ. Und es hätte mich ja auch schlimmer treffen können, schließlich hätte ich auch als Bauer hier landen können. Und schwerfallen würde mir solch eine blumige Sprache ohnehin nicht, da ich sie aus Spaß ab und an selbst anwandte, in Gesprächen oder in Geschichten, in meiner Position als Hobbyautor mit mäßigem Erfolg.

„Und wie lange seid Ihr schon im Dienst unserer Familie?“

„Mein Leben lang. Und etwas Besseres hätte mir und meiner Familie nicht passieren können, da Ihr uns gerecht behandelt.“ Sie erhielt ein Nicken zur Antwort. Ob sie dies nun ernsthaft so sah oder ob sie mich einfach für einen Bären hielt, dem sie Honig ums Maul schmieren musste, wusste ich natürlich nicht. Doch ich wusste, dass sie weiterhin auf jedes Gesprächsthema so formell antworten würde, als hätte sie einen Stock im Allerwertesten. Zum Glück für mich standen wir nach einem kurzen schweigsamen Weg auch schon vor der Tür, welche zum Frühstück führte.

„Sir Cousland, es war mir eine Freude.“ Sie verneigte sich kurz, was meinerseits ein gespieltes Lächeln entlockte.

„Die Freude war ganz auf meiner Seite, Kathrin Bell. Ich hoffe, wir sehen uns erneut. Und nicht vergessen, wenn es Probleme gibt, ich regel‘ das schon.“ Ich zwinkerte ihr noch spielerisch zu, und ohne auf ihre letzte Reaktion achtend öffnete ich auch schon die Tür und betrat den Raum.
 

Während meine Schritte weiter ins Rauminnere führten, blickte ich mich, wie schon die gesamte Zeit über, neugierig um. Ein riesiger Tisch, wohlmöglich der größte, den meine Augen bisher jemals live erblickten, befand sich in der Mitte des Raums, welcher voll mit den verschiedensten Leckereien angerichtet war. Es war ein faszinierender Anblick, gerade wenn man bedachte, dass dies erst das Frühstück war, wie Kathrin verlauten gelassen hatte, und nichts weiter. Jemand gab sich hier unheimlich viel Mühe.

Mein Blick fiel nun auf die einzelnen Personen, welche bereits am gedeckten Tisch saßen und genau wegen diesen besaß ich keinen Blick mehr für den Rest des Raumes. Dort saßen tatsächlich, eins zu eins, die Personen, wie sie auf den Portraits abgebildet waren. Bryce und Eleanor Cousland, also die beiden Eltern von dem Cousland-Charakter, wie auch dessen Bruder Fergus Cousland samt seiner Frau und dem Sohn. Anscheinend war ich der Letzte, der noch gefehlt hatte. Sie sahen alle so realistisch aus. Und nun war ich mir sicher, dass ich in die Haut meines eigenen Charakters geschlüpft war. Doch … das konnte doch alles nicht wahr sein, oder etwa doch? Und was war mit meinem Körper geschehen? Suchte man mich bereits in meiner Welt?
 

„Guten Morgen“, kam es von mir und ich setzte mich auf den einzigen noch freien Platz, der sich am anderen Ende des Tisches befand. Es hatte sein Gutes, wenn man als letztes kam. Man wusste automatisch, welcher Platz für einen selbst reserviert war.

„Und Aidan, was ist der Grund für deine Verspätung?“, fragte die Mutter mit leichtem Tadel in der Stimme, was mich zu ihr blicken ließ. Ich musste mich erst einmal daran gewöhnen, Aidan genannt zu werden, wirkte es doch so fremd. Normalerweise, in der richtigen Welt, lautete mein Name schließlich Alexander Meyer, doch hier würde ich wohl mit Aidan Cousland vorliebnehmen müssen. Ohne dass es jemand bemerkte, fing ich an, mich mit aller Kraft in den Arm zu zwicken, doch außer Schmerzen löste dies nichts anderes aus. Hielt ich womöglich mehr Schmerz im Schlaf aus, als mir guttat, oder war ich nun wirklich hier? Nun, solange ich nicht erwachte, musste ich mich diesem Umstand wohl tatsächlich geschlagen geben und nun meine Rolle spielen. Mimen, um nicht verdächtig zu wirken.

„Verzeiht Mutter, Vater, doch ich hatte einen Alptraum und es war etwas … problematischer, mich aus dem Bett zu bekommen.“ Es schien, als hätte meine Ausrede die gewünschte Wirkung erreicht, denn mit einem „Versuche bitte, in Zukunft pünktlich zu sein“ ließ Eleanor von mir ab und wandte sich selbst ihrem Essen zu. Und selbiges tat ich auch, denn mein Magen fing an zu knurren. Und ich musste zugeben, dass alles wundervoll aussah. Schinken, Hähnchenkeulen und Käse. War das der Käse, welcher nach Verzweiflung schmeckte, wie die Orlaisianer stets behaupteten, oder war der ganz normal? Vermutlich Letzteres, wäre der nach Verzweiflung schmeckende wohl in Orlais angerichtet worden und hier dann nur normaler. Mir war dies jedenfalls allerlei, Hauptsache es schmeckte mir, denn auch in dieser Welt musste etwas in den Magen gelangen.
 

„Und Bruder, wollen wir nach dem Frühstück vielleicht etwas trainieren gehen?“, kam es nun von Fergus, der mich erwartungsvoll über den Tisch hinweg anblickte und somit die in dem Raum eingekehrte Stille unterbrach. Dies war ebenfalls einer der Punkte, die auf mich zukamen. Kämpfen. Etwas, das mich doch sehr beunruhigte, und mir so schnell wie möglich aneignen musste, ehe ich in den Kampf gegen die Dunkle Brut zog. Das stand schon einmal fest. Und ich hoffte, dass ich alles, was ich lernen würde, einsaugen konnte wie ein Schwamm. Und desto früher, desto besser. Innerlich erschreckte ich mich, wie schnell sich meine Gedanken mit dieser Tatsache einfach anfreundeten und weiterdachten.

„Gerne. Ich finde, ich bin etwas eingerostet, habe also etwas Nachsicht mit mir.“ Mit einem Zwinkern wandte ich mich von ihm ab und begann, den Schinken vor mir zu bearbeiten. Oh, wie ich mich dafür später verfluchen würde, da war ich mir sicher. Würde ich so viele Fehler machen, dass ich für einen Prügelknaben gehalten werden würde.
 


 

„Ich wusste schon zu diesem Zeitpunkt, dass es schwierig sein würde, was auf mich zukam. Ich war in einer bekannten und doch zu gleichen Teilen unbekannten Welt. In einem fremden Körper. Einer fremden Identität. Und dann noch mit dem Wissen, über das ich verfügte, was in der Zukunft geschehen würde. Was wäre, wenn ich mich falsch entschied? Wenn ich Entscheidungen traf, aufgrund von Emotionen oder Mitleid, die die Geschichte der Welt von Grund auf veränderten. So sehr, dass noch nicht einmal ich noch wüsste, was geschehen würde? Ich versehentlich dieses Wissen ausnutzte? Es war eine Bürde und, ich bin offen und ehrlich, Ehrwürdige Mutter, dies ist es noch immer.“

Er atmete tief ein und wieder aus. Er konnte sich noch genau daran erinnern, wie er sich gefühlt hatte. Die Eingewöhungsphase in dieser Welt. Doch seine neue Familie hatte es ihm leicht gemacht, dies musste er ebenfalls eingestehen.

„Es war schwer. Doch zu meinem Glück in diesem Unglück besaß ich ein Jahr der Vorbereitung. Pläne schmieden war gang und gäbe, mit unzähligen Möglichkeiten, was eintreffen könnte und wie ich zu reagieren hatte. Und jede Menge Zeit zum Trainieren. Aber ich sah auch meine Vorteile darin, Wissen anzuhäufen, das ich noch nicht kannte. Später einmal Personen zu treffen, die ich unbedingt treffen wollte. Besonders … nun, Ihr wisst vermutlich, was ich meine. Jedenfalls verging ein Jahr. An jenem Tag, an dem meine Geschichte weitergeht, begann mein Abenteuer. Die Geschichte des Helden von Ferelden. Unsere Geschichte.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück