Umwege einer Beziehung von Iwa-chaaan ================================================================================ Kapitel 18: Die Verzweiflung ---------------------------- Dienstag, 28.11. / Mittwoch, 29.11. Wie hatte das passieren können? So eine verdammte Scheiße! Das hatte er nicht gewollt! Nie und nimmer hatte er ihn schlagen wollen! Fuck. Was sollte er jetzt tun? Wie konnte er das wieder geradebiegen? Zitternd vor Wut auf sich selbst und Verzweiflung hatte er sich von Makki und Mattsun ins Wohnzimmer bringen lassen, wo er nun Furchen in den Teppich trat. Unwirsch raufte er sich die Haare, versuchte irgendwie zur Ruhe zu kommen, doch es brodelte in ihm. Er fühlte sich wie in einem schlechten Traum. Dabei war Toru kurz davor, einen Vertrag mit einem Spielerberater abzuschließen. Dann könnten die Verhandlungen mit den Tokyo Samurais losgehen und bald würde er für sie auf dem Feld stehen können und um die Ligameisterschaft spielen. Damit wäre er seinem Traum einen großen Schritt weiter. Doch nun war das alles plötzlich unbedeutend. Er hatte es zerstört. Er allein. Ohne nachzudenken, griff er das leere Glas vom Tisch und schmiss es gegen die leere Wand. Lautstark zerbarst es in viele Scherben, die sich auf dem Boden verteilten und die Wut zog sich bei dem Anblick allmählich zurück. Wie hatte es nur so weit kommen können? Das war doch …! Mit den Nerven am Ende ließ er sich auf das kleine Sofa sinken und vergrub das Gesicht in seinen Händen. Irgendwie musste er das wiedergutmachen. Wie hatte ihm nur die Hand ausrutschen können? Würde Toru ihm das verzeihen können? Dass er ihn geschlagen hatte? „Shit, das habe ich nicht gewollt!“ „Was genau ist denn passiert?“, fragte Hanamaki ruhig nach, als er wiederkam und stellte ihm ein Glas Wasser auf den Couchtisch. Doch er hatte keinen Durst. Stattdessen legte er die Fingerspitzen aneinander und die Daumen unter das Kinn, sodass Mund und Nase zwischen seinen Händen waren. Unbewusst nahm er wahr, dass Mattsun mit Kehrschaufel und Handfeger an ihnen vorbeischritt, um die Scherben aufzusammeln. Fuck, er hätte das doch auch gleich erledigt, doch er brachte kein Wort heraus. Ihm blieben die Worte förmlich im Hals stecken. Einen Moment lang musste er sich noch sammeln, dann erklärte das Ass seinem Kumpel die Lage: „Als wir uns mit dem Spielberater bekannt gemacht haben, habe ich mich als bester Freund und nicht als Partner vorgestellt. Der Typ hat uns auf eine Weise angeschaut, dass ich es für besser hielt. Irgendetwas schien mit ihm nicht zu stimmen. Außerdem war auch noch Ushijima im Raum, der anscheinend auch bei der Agentur seinen Berater hat. Toru hat das aber in den vollkommen falschen Hals bekommen. Dabei wollte ich nur Rücksicht auf ihn nehmen, weil er doch gestern von den Gerüchten gehört hat, die es über uns Volleyballer gibt.“ „Ja, das hattet ihr ja gestern Abend noch erzählt“, erinnerte sich Makki und schaute ihn mit so einem besorgten Blick an, dass ihm schlecht wurde. Wenn der Rosahaarige schon so aussah, war er dem Weltuntergang näher, als ihm lieb war. „Na auf jeden Fall haben wir eben deswegen gestritten, weil Toru jetzt denkt, dass ich mich für ihn schäme, was absoluter Unsinn ist! Ich wollte nur nicht, dass der Typ falsch von Oikawa denkt. Immerhin kennt er ihn noch nicht und weiß ihn nicht einzuschätzen und wir ihn nicht. Wenn es eine gewisse Vertrauensbasis gibt, können wir ihm das ja noch erzählen. Das wäre ja kein Problem. Ich wollte ihm doch nichts Böses!“ „Und deswegen hat er sich jetzt in sein Zimmer verbarrikadiert?“, wollte Makki wissen und beschämt schüttelte er den Kopf. Er fühlte sich so unwohl, zuzugeben, dass ihm die Sicherungen durchgebrannt waren. Shit, das konnte doch nicht wahr sein! Aber er musste das jetzt sagen. Es gehörte zu der Geschichte dazu und Hanamaki würde ihn dafür nicht verurteilen, sondern ihm helfen, das irgendwie wieder zu richten. Darauf hoffte Iwa inständig. Es musste einen Weg geben, dass Toru ihm das verzieh. Und wenn das Monate dauern sollte, dann würde er so lange warten, bis er wieder bereit war, einen Schritt auf ihn zuzugehen. Aber er konnte ihn nicht aufgeben. Nicht nach allem, was war und was er für ihn empfand. „Verletzt, wie er war, hat er gleich die ganze Beziehung in Frage gestellt und mir ist … Mir ist … Fuck.“ Sein Körper zitterte leicht und er atmete viel zu hektisch, weshalb er innerlich bis zehn zählte und bewusst auf seine Atmung achtete. Dann fuhr er fort: „Mir ist die Hand ausgerutscht. … Ich habe ihm eine Backpfeife gegeben.“ Zum ersten Mal öffnete er die Augen und schaute zu Makki, der einen für ihn undeutbaren Blick mit Mattsun wechselte, der wieder in der Tür aufgetaucht war. Sein Magen verkrampfte und ihm wurde kotzübel. Scheiße, was hatte er getan!? „I-ich … Als er das gesagt hat … Dass er sich fragt, was für einen Sinn unsere Beziehung dann noch hätte, hat etwas in mir ausgesetzt. Ich war so verletzt, dass er deswegen gleich an der gesamten Beziehung zweifelt und im nächsten Augenblick hörte ich nur das Klatschen und spürte den Schmerz in der Handfläche. Fuck, das kribbelt immer noch!“ Er rieb die Hände gegeneinander, um das Gefühl loszuwerden, doch es schien nicht zu verschwinden. Vielleicht war das seine Strafe, dass er das für immer spüren sollte. Shit, was sollte er denn jetzt tun? Er wollte Toru in den Arm nehmen, ihn trösten und für ihn da sein. Ihm versichern, dass er nie wieder die Hand gegen ihn erheben würde und sein Blumenshampoo einatmen. Matsukawas Worte ließen ihn komplett zusammensinken: „Oikawa möchte nicht mal mit mir reden. Ich fürchte, wir werden ihn bis morgen in Ruhe lassen müssen und dann schauen, wie es ihm geht.“ Eiskalt lief es ihm den Rücken runter und mit Tränen in den Augen starrte er seine Freunde an. „Ich wollte das nicht!“, rief er verzweifelt und zuckte zusammen, als Makki ihm mit durchdringendem Blick eine Hand auf den Unterarm legte und leicht zudrückte. „Das glaube ich dir. Aber so etwas ist nicht mal eben wiedergutzumachen. Ihr braucht jetzt Beide Zeit, um euch zu beruhigen. Gib Toru bis morgen Zeit, das zu verarbeiten. Es ist viel passiert heute.“ „Nein, ich muss das irgendwie wieder hinbiegen. Was kann ich tun, damit er mir das verzeiht?“ Wie sollte er sich denn jetzt beruhigen? Das war doch nicht sein Ernst! Er hatte gerade die Beziehung zerstört! Es musste doch etwas geben, womit er Stück für Stück wieder Pluspunkte aufbauen konnte. Seine Hände zitterten und er war so aufgewühlt, dass er erst gar nicht merkte, wie sich Matsukawa auf seine andere Seite setzte. „Trink einen Schluck, Iwaizumi“, forderte er sanft und hielt ihm das Glas vor das Gesicht. Langsam und vorsichtig griff er mit beiden Händen danach und trank ein paar Schlucke, konzentrierte sich auf das kühle Nass, dass seine Speiseröhre hinabfloss. Dann atmete er tief durch und versuchte sich zu beruhigen. Wie hatte das nur so eskalieren können? „Lass uns noch kurz auf den Balkon rausgehen. Da kannst du frische Luft einatmen, okay?“, schlug der Schwarzhaarige vor und Iwa nickte leicht, stellte vorsichtig das Glas wieder auf den Tisch. „Schatz, magst du bitte in der Küche die Suppe regelmäßig umrühren?“ „Na klar, mach ich“, versprach Makki tonlos und verschwand in der Küche, während Mattsun ihm aufhalf und ihn auf den Balkon führte, wo ihm zuallererst die kalte Abendluft entgegenschlug. Sie wirkte wie ein eiskalter Waschlappen und seine Nerven beruhigten sich weiter. Er würde das schon hinkriegen. Irgendwie würde er Toru beweisen, dass er ihn liebte und dass er um ihn kämpfen würde, dass es ihm unendlich leidtat. Es war ihm noch immer unbegreiflich, wie er ihn hatte schlagen können und unbewusst rieb er weiterhin die Handflächen gegeneinander, doch das Kribbeln hielt sich hartnäckig. „Toru hat an der Beziehung im Allgemeinen gezweifelt?“, hakte Matsukawa mit seiner beruhigenden Stimme nach und schaute ihn leicht besorgt an. Obwohl Iwaizumi für gewöhnlich eher mit Hanamaki über persönliche Dinge sprach, war er gerade froh, dass er mit ihm rausgegangen war. Seine ausgeglichene und bedachte Ausstrahlung war gerade genau das, was er brauchte, um sich selbst wieder zu erden. Angespannt nickte er knapp. „Wenn du vor anderen nicht zu mir stehen kannst, dann frage ich mich, was das hier für einen Sinn hat. Das waren seine Worte gewesen.“ Er umfasste das Geländer und zischte kurz leise, als die Eiseskälte der Metallstange durch seine Haut zog und es sich fast anfühlte, als würde sie ihn verbrennen. Es beendete das Kribbeln in seiner Handinnenfläche, wofür er mehr als dankbar war. Zu wissen, dass er das getan hatte, war schon schrecklich genug. Die verzweifelte Stimme Torus, als er ihm das an den Kopf geknallt hatte, hatte er noch immer im Ohr und wieder spürte das Ass die Tränen in den Augen. Er ließ den Kopf hängen und streckte den Rücken durch, versuchte seine Gedanken zu ordnen, die wirr herumkreisten. „Und das, weil du dich als bester Freund und nicht als Partner vorgestellt hast, ja?“, hakte Mattsun weiter nach, da er ja versucht hatte, mit Toru zu reden und deswegen nicht alles vom Gespräch mit Makki mitbekommen hatte. Wieder nickte er. „Entschuldige, ich will dich nicht nerven, aber warum hast du das getan? Gab es einen bestimmten Grund dafür?“ In Ruhe erläuterte er auch dem Schwarzhaarigen noch einmal, was ihn dazu bewogen hatte und nachdenklich nickte dieser, als er zu Ende gesprochen hatte. Einen Moment lang hingen sie beide ihren Gedanken nach, dann stellte Iwa die Frage, die ihm unter den Nägeln brannte: „War das falsch? Hätte ich mich so oder so als Freund vorstellen sollen? Egal, was der Berater dann denkt?“ Eine furchtbare Ewigkeit – in der Realität wahrscheinlich nicht mal eine Minute – musterte Issei ihn, dachte über die Frage nach, ehe er ruhig und mit bedachten Worten antwortete. „Ich denke nicht, dass das falsch war. Homosexualität ist nun einmal noch immer ein schwieriges Thema auch in der heutigen Zeit. Aber ihr hättet da vorher drüber reden müssen, damit es nicht zu diesem Missverständnis kommt. Versetze dich in Torus Lage. Ihr habt euch abgesprochen, was euch wichtig ist und da wurde das nicht thematisiert. Dann steht ihr vor dem Berater und plötzlich wird aus dem Freund – dem Partner – der beste Freund. Wie würdest du dich da fühlen?“ „Beschissen“, murmelte Iwaizumi und strich sich mit den kalten Händen über das Gesicht. Fuck, natürlich musste er sich verarscht vorkommen. Warum auch hatten sie das nicht abgesprochen? „Ich will ehrlich zu dir sein. Einfach wird es nicht, Toru wieder zurückzuerobern. Nicht nur, dass sein Vertrauen einen großen Knacks bekommen hat, weil du ihn vor Fremden verleugnet hast, sondern da ist noch die Backpfeife.“ „Sag doch, wie es ist, Mattsun. Ich habe ihn geschlagen. Vor Wut … Weil ich nicht fassen konnte, dass er ernsthaft an der Beziehung zweifelt. Ich wollte ihn doch nur beschützen …“ Matsukawa legte ihm eine Hand auf die Schulter und drückte kurz zu. „Leg dich schlafen. Jetzt wirst du erst recht keinen klaren Gedanken mehr zusammenbekommen.“ Hajime nickte langsam, blieb aber noch einen Augenblick lang draußen stehen, während der Schwarzhaarige wieder in die warme Wohnung verschwand. Dieses Mal hatte er es richtig verbockt. Unbewusst, was die Sache irgendwie noch viel schlimmer machte. Statt ihn zu beschützen und von weiteren dummen Kommentaren fernzuhalten, hatte er Toru tief verletzt und das nicht nur seelisch, sondern auch noch körperlich. Das Gegenteil von gut ist gut gemeint, schoss es ihm durch den Kopf und shit, das beschrieb seine Situation perfekt. Aber sie würden das schaffen, oder? Irgendwie … Sie mussten. Er liebte Toru und wenn er daran dachte, dass er das erste Mal seit Monaten allein in seinem Bett schlafen würde, wurde ihm ganz mulmig zumute. Lange vor dem Wecker wachte das Ass auf und fühlte sich gerädert. Ein Alptraum hatte den nächsten gejagt und jetzt beschloss er, wach zu bleiben. Schlafen war sinnlos, denn er würde nur wieder von einem schrecklichen Streit träumen, wo er Toru schlug und dieser ihn aus der Wohnung schmiss. Nein, das brauchte er kein fünftes Mal. Verzweifelt schaute er auf sein Smartphone und die Uhr zeigte ihm 4:39 Uhr an. Na großartig. Sein Wecker würde erst um 6 Uhr klingeln. Was sollte er bis dahin tun? Seufzend entsperrte er den Bildschirm und sein Herz zog sich schmerzend zusammen, als er das Hintergrundbild sah. Lachend strahlte Toru in die Kamera, während er im Hintergrund grinsend, aber mit Händen in den Hüften dastand. Er wusste noch genau, wie es zu dem Bild gekommen war. Nach den Prüfungen im Sommer waren sie für drei Tage ans Meer gefahren und da hatte der Setter sein Handy genommen und Fotos mit gemacht, als er auf dem Handtuch eingedöst war. Kaum, dass er wach geworden war, weil Toru ein Selfie gemacht hatte, wie er ihn wach küsste, war er wie ein Kleinkind aufgesprungen und kichernd weggerannt. Dabei hatte er das Foto gemacht und Hajime liebte es, weil der Violetthaarige so glücklich und gelöst aussah. Verdammt, er hatte das so unbedacht einfach aufs Spiel gesetzt mit seinem falschen Beschützerinstinkt! Wie hatte er nur so dumm sein können? Ihm war kotzübel und er schmiss das Handy neben sich aufs Bett, konnte den Anblick gerade nicht mehr ertragen. Er wollte neben ihm liegen, mit ihm kuscheln und zuhören, wie sich Toru seine Zeit bei den Tokyo Samurais ausmalte. Stattdessen lag er allein in seinem Bett, dass ihm plötzlich viel zu groß vorkam und bildete sich ein, zu frieren, obwohl es angenehm warm im Raum war. So eine Scheiße! Das durfte alles nicht wahr sein. Wie konnte er das nur wieder glattbügeln? Er brauchte einen Plan. Und einen verflucht guten noch dazu. Er konnte ihn nicht aufgeben. Nicht nach allem, was war. Und er meinte nicht, dass Toru seine Liebe für ihn so lange geheim gehalten hatte, sondern weil er die letzten Monate mit der Diva so sehr genossen hatte. Das konnte er nicht einfach aufgeben. Mit zittrigen Beinen stand das Ass auf und stellte sich unter die Dusche. Er stellte das Wasser auf eiskalt und atmete hektisch ein, als die Eiseskälte ihm umfing, doch er brauchte das jetzt, um einen klaren Kopf zu bekommen. Doch als ein Stechen sich in seinem Kopf bemerkbar machte und seine Zähne leicht klapperten, drehte er die Temperatur Stück für Stück wärmer, bis es angenehm wurde. Wie aus dem Nichts musste er an Kageyama denken, der gerade auch eine schwere Zeit durchmachte, wo sein so gut geplanter Antrag ins Wasser gefallen war. Wenn Iwa so darüber nachdachte, hätte er nicht gedacht, dass Hinata den Schwanz einziehen würde. Die Zwei wirkten immer so glücklich, dass er alles darauf verwettet hätte, dass er annehmen würde. Seine Gedanken wanderten weiter, wie Hinata sich bei Toru wegen des Unfalls beim Spiel vor ein paar Monaten entschuldigt hatte. Er hatte extra Milchbrötchen mitgebracht, um ihn milde zu stimmen. Bei der Hausparty damals … Gott, es kam ihm vor, als wäre das schon Jahre her. Milchbrötchen. Eine Idee breitete sich in seinem Kopf aus und auch, wenn das nicht reichen würde, wäre das sicherlich ein Anfang, um Toru davon zu überzeugen, dass er ihn liebte und es ihm leidtat. Uni würde er heute sowieso nicht auf die Reihe kriegen. Yuuji war sicherlich so nett, ihm seine Notizen zur Verfügung zu stellen, damit er das späterhin aufarbeiten konnte. Also duschte er sich schnell und machte sich fertig. Schritt eins, um Toru zurückzuerobern, begann. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)