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Haikyu - Kagehina

Zwischen Freundschaft und verwirrenden Gefühlen
von

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Unbedacht (Hinata)

Ich keuche auf. Die Luft brennt in meinen Lungen. Fast schmerzhaft bohren sich meine Finger in die Oberschenkel, ein letzter Versuch meines Körpers halbwegs aufrecht zu stehen. Ich kneife ein Auge zu und sehe zu ihm über. Er reibt sich den Schweiß mit dem Handrücken vom Hals. Ich werfe den Kopf in den Nacken und atme durch. Wie oft bin ich jetzt angelaufen? Wie oft bin ich in die Höhe geschossen? Wie viele Bälle habe ich versucht zu schlagen? Ich huste kurz und sehe wieder zu ihm. Sein T-Shirt klebt schweißnass am Oberkörper. Ich sehe wahrscheinlich nicht anders aus. Mein Blick schweift zum Netz. Ich schaffe es hoch genug zu springen, um den Ball mit Wucht hinunter zu drücken. Meine Augen wandern zum Ende der Halle und den mehr als zwanzig Volleybällen, die dort am Boden liegen. Warum zum Teufel geht der Ball nicht dort hin, wo ich ihn haben möchte? Es muss gehen. Ich muss es nur nochmal versuchen.

„Spiel mir noch einen zu.“, fordere ich und bewege mich langsam von ihm und dem Netz weg. An meiner Startposition angekommen, drehe ich mich um. Er sieht mich an, streicht sich das Haar aus dem Gesicht, welches an der nassen Stirn festklebt. „Es muss gehen.“, bestätigt er mich und mein Ehrgeiz entflammt erneut.

Die anderen haben bereits für heute Schluss gemacht und sind nach Hause gegangen. Er muss sich den Ball selbst hochwerfen, um ihn zu stellen. Kein Problem für ihn, den König seiner Klasse.

Als der Ball seine Hand verlässt, laufe ich los. Fokussiert und präzise halte ich die Geschwindigkeit. Ich spüre kaum, wie meine Füße den Boden berühren, weiß es nur durch meine Sportschuhe, die auf dem Hallenboden quietschen. Ich springe ab, sehe im Augenwinkel, wie er mir zuspielt. Der Ball kommt gewohnt schnell. Direkt vor mir bleibt er stehen. Ich sehe die Wasserflasche an und schlage zu. Noch während ich langsam wieder zu Boden sinke, beobachte ich die Flugbahn des Balles. Komm schon, komm schon! Das Leder knallt klatschend gegen den Hallenboden und verfehlt die Flasche um nur wenige Zentimeter. „Fast!“, brülle ich und grinse. So nah dran war ich heute noch nicht gewesen. Es ging bergauf. Ich lande fast unsanft, muss mich mit einem Ausfallschritt halten, um nicht umzuknicken. Dennoch beginne ich zu lachen. „Siehst du, es wird langsam.“ Ich drehe mich zu ihm um, sehe wie er gerade einen Ball aufhebt. „Ja.“, sagt er mit leichter Stimme, hält den Ball andächtig vor seinem Bauch fest. „Puh!“, stöhne ich und strecke mich, sehe zur Wasserflasche rüber. Ich krieg dich noch, verlass dich drauf.

Mein linkes Ohr vernimmt den vertrauten Klang eines Volleyballs, der auf den Boden titscht. Intuitiv drehe ich mich in Richtung des Geräusches und sehe, dass er den Ball losgelassen hat. Dieser rollt nun langsam von ihm weg. Ich blinzele irritiert, mache eine Schritt auf ihn zu. „Wir können ruhig für heute aufhören.“, lenke ich ein. Er reibt sich durch die Augen. Ich lege den Kopf zur Seite, beobachte ihn, bis er ganz still stehen bleibt, die Augen geschlossen.

„Kageyama?“, tritt es aus meinem Mund, da sehe ich, wie sich seine Knie beugen. Er verliert das Gleichgewicht und kippt nach vorne.

Instinktiv starte ich einen Sprint. Wie in Zeitlupe bewegt sich sein Körper auf den Boden zu. Ich werfe mich nach vorne, wie ich es unzählige Male beim Balltauchen getan habe. Die Bewegung ist mir in Fleisch und Blut über gegangen. Ich schlinge meine Arme um seinen Kopf und drücke ihn an mich, als mein rechter Oberarm hart auf den Boden schlägt. Nun spürte ich auch wie meine Hüfte aufprallt. Ich komme auf der Seite liegend zum Stehen, halte seine Schultern und den Kopf fest in meine Arme geschlossen.

Erst jetzt setzt der Schreck ein. Was war da gerade passiert? Ich reiße die Augen auf und sehe an mir runter, blicke direkt auf seinen schwarzen Haarschopf. „Kageyama!“, rufe ich aufgeregt und richte mich auf. Ich ziehe meine Beine unter die Hüfte und lege ihn auf dem Boden ab. Seine Augen sind geschlossen. „Hey!“ Ich schüttle seine Schultern, doch sein Körper schwankt nur schlaff mit meinen Bewegungen mit. Er ist vollkommen weggetreten. Ich beiße mir auf die Lippe. Sein Gesicht ist ganz weiß, die Lippen leicht bläulich. Sein Kreislauf ist zusammengebrochen. „Oh je...“, murmel ich, als meine Konzentration wieder einsetzt. Ich stehe auf, gehe zu seinen Beinen und lege mir seine Füße auf die Schultern. Das sollte dabei helfen, seinen Kopf wieder mit Blut zu versorgen. Ungeduldig schmiege ich meine Wange an seine Wade. „Komm schon...“

Besorgt sehe ich zu ihm runter. „Komm schon.“, bitte ich ihn. Ganz langsam färbt sich sein Gesicht wieder rosa. Hat er gerade gezuckt? „Kageyama?“, sage ich hoffnungsvoll und bewege unterbewusst seine Füße mit den Händen. Er verzieht die Miene, stöhnt leise auf. „Hey...“, sage ich mutmachend, doch er reagiert nicht. Sicher braucht er etwas zu trinken.

Ich sehe rüber zur Eingangstür. Gleich daneben stehen zwei Stühle und unsere Wasserflaschen. Ich beuge mich runter, lege seine Beine vorsichtig auf dem Hallenboden ab und laufe rüber zum Eingang. Ich greife mir einen Stuhl und eine Wasserflasche und eile zurück zu ihm. Den Stuhl stelle ich zu seinen Füßen ab und hebe seine Beine so darauf, dass die Waden auf der Sitzfläche aufliegen. Dann husche ich zu seinem Kopf, fasse ihn sanft an der Schulter. „Hey, Kageyama...“, sage ich leise. Er brummt angestrengt und öffnet die Augen einen Spalt. „Hörst du mich?“ Sorge schwingt in meiner Stimme mit. Er antwortet nicht, blickt nur ziellos im Raum umher. Er ist noch nicht wieder bei mir.

Ich bücke mich tief zu ihm runter und schiebe seinen Kopf in meine linke Armbeuge. Ganz vorsichtig hebe ich ihn ein kleines Stück an, bis er fast an meine Brust lehnt. Es kommt mir vor, als würde ich ein schlafendes Baby halten, so schwer und kraftlos liegt er in meinem Arm. Ich schlucke. Wird schon werden, nicht den Mut verlieren. Ich öffne die Flasche mit dem Daumen. Es ist mir egal, dass der Verschluss hinunterfällt und von uns weg hüpft. Den brauche ich eh erst mal nicht.

„Ganz vorsichtig...“, flüstere ich und setze die Flasche an seine Lippen. Gefühlvoll hebe ich den Flaschenboden an, bis das Wasser an seinen Mund läuft. Er bewegt sich, blinzelt überrascht. Anscheinend bekommt er doch was mit. Ich hebe die Flasche noch ein Stück und lasse das Wasser in seinem Mund fließen. Er zuckt zusammen. Kurz denke ich, er würde husten, doch dann schluckt er tatsächlich. Überrascht breitet sich ein Lächeln auf meinem Gesicht aus. Dann weiten sich seine Augen. Ich kann förmlich sehen, wie das Leben zurück in ihn schießt. Er greift nach der Flasche, drückt mit seiner Hand meine fester zusammen, schluckt gierig. Ich lache.

Er stöhnt auf, als die Flasche leer ist und lässt die Hand zurück auf den Boden fallen. Keuchend sieht er zu mir auf, mit halb geöffneten Augen. Ich lächle erleichtert. „Hinata...“, sagt er schwach. „Was ist passiert?“ Ich lege den Kopf zur Seite, bin froh, dass er wieder zu sich gekommen ist. „Bin ich... bin ich umgekippt?“ „Ja.“, sage ich grinsend. „Du hast mir einen riesigen Schreck eingejagt.“ Er blinzelt und sieht zur Decke hinauf. „Das tut mir leid... Es war mein Fehler. Ich habe nicht gut genug auf meinen Körper gehört.“ Ich zucke zusammen. Es ist mir unangenehm, dass er sich entschuldigt. „Nein, es war meine Schuld. Ich hätte dich nicht so treiben dürfen. Immer weiter, immer weiter...“ Ich ziehe einen Schmollmund. „Ich hätte auch Nein sagen können.“ Er sieht zu mir hoch und ich zucke mit den Schultern. Dann blinzelt er mich an, wirkt erschrocken. „Was ist?“, frage ich überrascht. „Warum hältst du mich fest, wie ein Baby?“ Ich sehe an mir runter. „Wieso?“ „Das ist voll peinlich...“ Er sieht von mir weg, fast eingeschnappt. „Ach, Unsinn.“, lache ich. „Ist schon ok. Hauptsache es geht dir besser.“ „Ich bin hundemüde...“, haucht er und schließt die Augen. Ich lege seinen Kopf auf meinen Beinen ab. „Schlaf ruhig ein bisschen.“ „Auf deinem Schoß?“ Sein Tonfall wirkt abgeneigt. „Tut mir leid...“ Ich sehe mich um. „...ich habe nichts Weicheres für unter deinen Kopf.“, sage ich entschuldigend, doch Kageyama dämmert bereits weg.

Eine Weile beobachte ich sein schlafendes Gesicht. So sieht er richtig friedlich aus, fast schon niedlich. Ich lächle amüsiert.

Plötzlich geht die Tür auf und Yachi kommt hinein. „Ich habe das Licht gesehen, seid ihr etwa immer noch am Trainieren?“ Erst jetzt sieht sie uns auf dem Hallenboden. Ich halte den Finger auf meine Lippen. „Psst!“ Erschrocken zieht sie die Hände zur Brust und wird rot. „Was macht ihr denn da?“ Ich sehe zu Kageyama hinunter, dessen Kopf auf meinem Oberschenkel liegt. Er schläft friedlich. Ich lächle sanft. „Er ist umgekippt und schläft jetzt.“ „Was?“, ruft sie angestrengt leise und hockt sich zu uns runter. „Keine Sorge, es ist wieder alles in Ordung.“, versuche ich sie zu beruhigen. Sie betrachtet uns eine Weile. „Dann ist ja gut.“ Ich nicke und sie steht wieder auf. „Noch ein kleines bisschen, dann gehen wir nach Hause. Versprochen.“ Sie lächelt zufrieden, dann sieht sie mich anerkennend an. „Was ist los?“, frage ich irritiert. Sie druckst kurz rum, dann verschränkt sie die Hände hinter dem Rücken. „Er kann wirklich froh sein, einen Freund wie dich zu haben.“ „Wie meinst du das?“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Na ja. Nicht jeder Kerl würde einen anderen Jungen einfach auf seinem Schoß schlafen lassen.“ Ich spüre die Wärme in meine Wangen schießen. „Ach, das macht mir nichts aus.“ Ich sehe zu ihm runter. „Ich bin nur froh, dass er sich nicht verletzt hat und dass es ihm wieder gut geht.“ Ich tätschele seine Haare. „Er ist schließlich mein Partner.“

Einen Moment lang erfüllt Stille den Raum, dann sehe ich zu Yachi auf, die feuerrot geworden ist.

Ich sehe sie fragend an. „Ich.. ich lass euch mal wieder alleine!“ Sie dreht sich um und stürmt aus der Halle. Was hat sie denn? Ich blicke auf meinen Schoß runter. Kageyama hat seinen Kopf zu mir gedreht und lehnt nun mit seiner Wange an meinen Bauch. Dann fällt mir auf, das meine Finger in seinen Haaren vergraben sind. Ich ziehe meine Hand zurück. Was mache ich denn hier? Meine rauschenden Ohren verraten mir, dass ich rot geworden bin. Yachi muss gedacht haben, ich möchte wohl lieber mit ihm alleine sein, so vertraut, wie wir hier zusammen sind. Ich lache auf. Dann lege ich meine Hand an seine Schulter, öffne den Mund, um ihn zu wecken. Er brummt genüsslich, kuschelt sich an mich. Mit rotem Kopf nehme ich die Hand wieder zurück. Dann zieht sich ein sanftes Lächeln über meine Lippen. Ich beuge mich runter und umarme ihn sanft. Naja... Vielleicht hat sie Recht...

Fernweh (Hinata)

„Hinata!“

Ich sehe auf, als Daichi meinen Namen ruft. Erst eine halbe Sekunde später realisiere ich, dass ich auf dem Feld stehe. Wir sind mitten im Training und ich träume vor mich hin. Viel zu spät springe ich hoch, für den Block und der Ball saust über meinen Kopf hinweg. „Tut mir leid.“, presse ich verärgert hervor. Nishinoya kann den Ball annehmen und der Angriff baut sich auf. Es dauert ein paar Ballkontakte, dann bin ich wieder voll in meinem Element. Die Annahmen funktionieren mittlerweile ganz passabel, zumindest beschwert sich niemand mehr pausenlos, so wie es am Anfang gewesen war. Konzentriert passe ich mich dem Spiel an. Es läuft gut, wir holen die nächsten zwei Punkte. Satzball.

Ich lecke mir über die Lippe. Jetzt können wir uns den Satz holen. Ich werde einen super Angriff starten. Das Spiel baut sich auf, dann kommt mein Moment. Daichi hat die Annahme gemeistert, spielt den Ball hoch in Richtung Netz. Ich laufe an, mit hoher Geschwindigkeit, dann schieße ich in die Höhe. „Kageyama, spiel ihn zu mir.“ Ich hole aus, der Ball kommt zu mir. Ich erwische ihn leicht seitlich, doch er geht übers Netz. Er fliegt auf Asahi zu, der ihn nur schlecht annimmt, landet im Aus. Ich komme wieder am Boden an und sehe zu Asahi, der doch sonst super Annahmen macht. Er starrt mich an. Ich blinzele irritiert. Dann sehe ich zu meinen Teamkameraden, die mich irritiert ansehen. Tanaka zieht die Augenbrauen verächtlich hoch. „Also echt...“ Ich sehe zum Zuspieler. Sugawara lächelt verlegen, als sich unsere Blicke treffen. Sugawara. „AH!“, rufe ich von mir selbst erschrocken und verneige mich entschuldigend. „Es tut mir leid, Sugawara! Ich war so im Spiel drin, ich habe dich beim falschen Namen gerufen!“ Ich schlage mir die Hände auf den Kopf. „Bitte, verzeih mir....“ „Ach, halb so wild.“, winkt er lächelnd ab. „Nein, das war blöd von mir...“ Ich bleibe mit gesenktem Blick stehen. Das ist nicht mein Kopf, der da gesprochen hatte. Es ist mein Herz gewesen. Ein Wunschdenken. Ein Gefühl, das mich einfach nicht los lässt. Ich spüre die Wärme auf meinen Wangen. Scham, Wut und Verzweiflung teilen sich meine Brust.

Zwei Monate ist es jetzt schon her, das er fort ist. Wahnsinn. Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Es fühlt sich komisch an, ohne ihn. Ich fühle mich komisch an. Es fühlt sich falsch an. Es fühlt sich falsch an, dass ich hier auf dem Feld stehe, ohne ihn. Ich fühle mich falsch an. Als hätte ich kein Recht hier zu sein. Vielleicht ist das wirklich so.

Immer wieder ertappe ich mich bei dem Gedanken, dass nichts mehr so ist wie früher. Ich wollte doch immer mehr, mehr als jetzt, mehr als heute. Doch alles was mich erfüllt, ist die Empfindung nicht gut genug zu sein. Für alles. Ich habe das Gefühl, ich wäre stehen geblieben, würde nur noch auf der Stelle treten. Ich kann den anderen dabei zusehen, wie sie an mir vorbei ziehen. Alle entwickeln sie sich weiter, die Spielzüge sind besser den je. Es sei denn, ich bin daran beteiligt. Schmerzlich wird mir wieder einmal bewusst, dass ich mich die ganze Zeit viel zu sehr darauf verlassen habe, ihn in meinem Rücken zu wissen. Es ist alles so anders. Das macht mir Angst.

„Wirklich. Ich bin dir nicht böse.“, sagt Sugawara freundlich und klopft mir auf die Schulter. Ich sehe zu ihm auf. Meine Sicht ist verschwommen, von den Tränen in meinen Augen.

„Hinata...“ Seine sanfte Stimme dringt nur schwach durch meine rauschenden Ohren. Ein Schluchzen entweicht meiner Kehle und die Tränen beginnen zu fließen. Ich fühle mich so zerrissen, es geht nicht mehr. Ich kann es nicht mehr zurückhalten. Es muss raus. Ich schnappe nach Luft, reibe mir verzweifelt durch die Augen, während immer neue Tränen nachfließen. „Es tut mir leid...“, bringe ich gebrochen hervor. „Hey, was ist denn los?“, spricht Daichi, voller Mitgefühl. „Weil er Suga falsch angesprochen hat?“, höre ich Tanaka fragen. „Ich denke, da steckt mehr dahinter.“, antwortet ihm Daichi. „Kann das sein?“ Ich weiß, dass er mich damit anspricht. Was soll ich sagen? Alles was mir einfällt ist die Wahrheit.

„Ich vermisse ihn...“, schniefe ich, reibe weiter durch meine Augen. Einen kurzen Moment ist Stille, dann spüre ich einen Arm über meinen Schultern, der mich aus dem Gleichgewicht bringt.

„Ach, Hinata....“ Ich sehe auf, in Nishinoyas grinsendes Gesicht. „Dafür brauchst du dich nicht schämen, du musst nicht weinen.“ Ich blinzele verwirrt, während weitere Tränen fließen. „Wir alle vermissen ihn.“ Ich sehe ihn überrascht an. Als mein Blick durch die Runde schweift, sehe ich Nicken und zustimmendes Lächeln. „Ja.“ „Auf jeden Fall...“ „Ehrlich?“, dringt es aus meinem Mund. „Na klar.“, lacht Noya und schüttelt mich. „Und wir wissen auch, dass gerade du es schwer hast, weil er weg ist.“ Ich senke den Blick. „Ja, du musst noch am meisten an dir arbeiten.“, bestätigt Tsukishima. „Das weiß ich...“, sage ich schmollend. „Aber weißt du was?“ Ich sehe zu Sugawara auf. „Das schaffen wir.“ Er schlägt die Faust in seine offene Hand. "Wir sind nämlich alle hier und werden gemeinsam an uns arbeiten.“ Ein leichtes Lächeln formt sich auf meinem Gesicht. Er hat Recht. Ich bin nicht alleine. Die anderen sind ja da und werden mir helfen. „Danke.“, flüstere ich. Mein Lächeln ist schief. „Klar, wir können Kageyama nicht ersetzen.“ Ich sehe ihn traurig an. „Wenn du ihn so sehr vermisst, dann ruf ihn doch an.“ Ich lege den Kopf zu Seite. Ich soll ihn anrufen? Einfach so? Was denkt er dann? Das ich eine Heulsuse bin... „Weißt du, ich glaube, er würde sich freuen.“ „Meinst du?“, sage ich ungläubig. Suga lächelt mich an. „Ja. Du musst auch mal daran denken, wie er sich fühlt.“ Ich blinzele überrascht. „Er ist da draußen unter jede Menge Fremden, die alle seine Konkurrenten sind. Und er ist ganz alleine.“ Stimmt. Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. „Es tut ihm bestimmt gut, mal eine vertraute Stimme zu hören.“ Sugas Stimme klingt freundlich, wie immer. Ich nicke. „Gut, können wir dann weiter machen?“, fragt Tsukkishima ungeduldig und wir setzen das Training fort. Der Gedanke daran, heute Abend Kageyamas Stimme zu hören, ist irgendwie beruhigend. Ich freue mich sogar ein bisschen darauf.
 

***
 

Ich sehe mein Handy lange an. Was soll ich nur sagen? Ich sitze im Schneidersitz auf meinem Bett, in Tshirt und Boxershorts. Ob er mich aufziehen wird? Ich rolle mich auf den Rücken. Vielleicht geht er auch gar nicht dran. Ich drehe mich auf den Bauch. Aber ich möchte seine Stimme hören. Das will ich wirklich. Ich wähle seine Nummer aus und drücke das Handy an mein Ohr. Tuut. Warum bin ich so aufgeregt? Tuut. Es ist doch nur Kageyama. Tuut. Ich habe schon unzählige Male mit ihm gesprochen. „Ja?“ Mein Atmen stockt. „Hinata?“ Seine Stimme läuft mir warm den Rücken hinunter. „Hallo?“ Ich muss was sagen! „Ähm, ja! Hi.“, bringe ich spontan heraus. „Hi. Ich bin überrascht, dass du anrufst.“ Ja, ich auch. „Nun, weißt du... Ich... Ich wollte mal nach dir hören.“ „Ach so?“ Ich wechsle das Ohr. „Ja. Wie geht es dir?“ Eine kurze Stille erfüllt den Raum. Ist er so überrascht, dass ich das frage? „Ähm, gut.“, sagt er schließlich. „Schön.“ Erleichterung schwingt in meiner Stimme mit. „Es ist ziemlich anstrengend hier.“ Das dachte ich mir schon. „Klar, du spielst jetzt bei der Elite mit.“, sage ich lächelnd. „Ja, der Druck ist schon ziemlich hoch. Ich muss mich anstrengen, um hier mithalten zu können. Ich bin der schlechteste hier.“ Das kann ich mir gar nicht vorstellen. „Wir haben sechs Stunden Training, jeden zweiten Tag und...“ Er beginnt zu erzählen. Wie das Training abläuft, wer sonst noch da ist, was es zu essen gibt. Ich lasse ihn reden, genieße es ihm zuzuhören, seine Euphorie zu spüren. „Gefällt es dir?“, frage ich als er eine längere Pause macht. „Ja. Es ist toll.“ Seine Stimme klingt ehrlich, was mich sehr freut. „Und bei dir?“ Mein Lächeln verschwindet. Ich hätte mit der Frage eigentlich rechnen können, habe es aber nicht. Und so trifft sie mich wie ein Schlag. In meinem Kopf erscheinen Bilder, wie ich auf dem Spielfeld träume, wie ich die Annahme versaue, den Block nicht schaffe. All die Zweifel, die ich kurz verdrängt hatte, kommen hoch. Ich fühle mich schrecklich einsam. „Gut.“, lüge ich mit wackliger Stimme. Eine kurze Stille setzt ein. „Du lügst.“ Ich erschrecke mich. „Du klingst nicht, als wäre alles gut. Was ist los?“ Wie kann er mich so durchschauen? Dabei kann er mich nicht mal sehen. „Es ist nicht so einfach...ohne dich.“, lenke ich ein. „Wieso?“, fragt er überrascht. Ich senke den Blick, lege meine freie Hand auch ans Telefon. „Ich vermisse dich.“ Stille. Ich atme ein. „Mir fehlt dein Zuspiel und wie du mich umher kommandierst...“ Ich reibe mir eine Träne aus den Augen. „Du fehlst hier...“ „Hinata...“ Seine leise Stimme fährt mir direkt ins Herz. Ich muss ein Schluchzen unterdrücken. Was ist nur los mit mir? Warum bin ich so sensibel? „Heulst du?“ Ich kneife die Augen zusammen. „Was? So ein Quatsch!“, rufe ich aufgebracht. „Du bist echt ein Idiot.“, hallt seine Stimme an mein Ohr. Verärgert ziehe ich eine Schnute. Ich schütte ihm hier mein Herz aus und er beleidigt mich einfach. Stille. Schmollend warte ich. Dann höre ich, wie er einatmet. „Ich vermisse euch auch.“ Was?! „Hier ist alles neu. Ich könnte ein bisschen Routine vertragen.“ Ich lege den Kopf zur Seite. Das kann ich tatsächlich verstehen. „Ich auch.“ Stille. „Ich komme euch besuchen.“ „Was?“ Überrascht drücke ich das Handy fester an mein Ohr. „Wir haben nächstes Wochenende frei. Dann komme ich zur Schule und trainiere mit euch. Wenn ich darf.“ Ich bin mir ziemlich sicher, dass ein Lächeln in seiner Stimme liegt. Ein breites Grinsen zieht sich über mein Gesicht. „Das wäre toll.“ „Super.“ Ich lache. „So gefällst du mir besser.“ Ich stocke. Was meint er denn jetzt plötzlich damit? „Bis dann, Hinata. Danke, dass du angerufen hast.“ „Oh, ja, gerne.“ „Gute Nacht.“ „Gute Nacht.“ Ich höre, wie er auflegt. Einen Moment verharre ich so, bis das Freizeichen in meinem Ohr ertönt. Ich sehe mein Handy an, lege mechanisch auf. Er kommt her. Er kommt wirklich her! Ich schnappe mir mein Kissen und drücke es fest an mich. Nächstes Wochenende kann ich wieder mit ihm auf dem Spielfeld stehen. Glücklich grinsend rolle ich über mein Bett und stelle mir vor, wie er vor mir steht. Ich will das er mir den Ball zuspielt. Ich will es unbedingt.

Hunger (Hinata)

Beim Essen sitze ich neben Kageyama. Er erzählt weit ausholend von seinen Erfahrungen im Camp der Junior-Nationalmannschaft. Alle sehen ihn mit großen Augen an, manche haben sogar das Essen eingestellt. Natürlich sind sie gespannt und wollen alles wissen. Er lebt schließlich seinen Traum. Er lebt unseren Traum. Ich sehe lächelnd zu ihm rüber. Er ist hier. Er ist wirklich hier, direkt neben mir. Er sieht so glücklich aus. Das macht mich auch glücklich. Ich kaue mechanisch auf meinen Udonnudeln rum, hänge aber gebannt an seinen Lippen. Ich rutsche mit meinem Stuhl etwas näher zu ihm. Er gestikuliert mit den Händen und Armen. Ich sehe ihm dabei zu. Ich beobachte seine Finger, stelle mir vor, wie der mit ihnen den Ball zu mir spielt. Wie er seine Hände dreht, hat fast etwas anmutiges. Ich bewundere, wie schnell er das kann. Aber das muss man wohl, wenn man in seiner Liga spielt. Seine Arme sind muskulöser geworden. Das kommt bestimmt vom vielen Training. Auch die Schultern und Nackenmuskulatur erscheint mir stärker ausgeprägt als früher. Ist er sogar noch ein Stück gewachsen?

Ich greife nach meinem Glas, das kurz bedenklich schwankt, weil ich es nicht richtig gegriffen bekomme, mein Blick haftet an seinem Gesicht. Seine Haut wirkt so weich. Bestimmt weil er so viel duschen muss. Ob sie wirklich so weich ist?

„Hinata?“ Ich schrecke auf, als Tanaka meinen Namen sagt. „Gibst du mir die Sojasoße?“ „Klar.“ Ich nehme die Flasche und reiche sie rüber. „Ich war mir nicht sicher, weil ich schon drei Mal danach gefragt habe...“, mault er. „Oh, tut mir leid.“ Ich war so sehr abgelenkt gewesen? Oh, man. Ich bin nur damit beschäftigt Kageyama anzusehen, so sehr, dass ich alles andere ausgeblendet habe. Dann denke ich über seine weiche Haut nach? Was denke ich hier? Irgendwas stimmt nicht mit mir. Ich ziehe an meinen Nudeln, als mir das Stäbchen aus der Hand rutscht. Ich will es noch fangen, doch erwische nur Kageyamas Ärmel. Ich sehe dem Stäbchen nach, wie es unter den Tisch rollt. „Alles klar?“ Ich sehe auf. Kageyama sieht mich fragend an. Ich bemerke, dass ich ihn immernoch festhalte und lasse schnell los. „Äh, ja!“, sage ich schnell und rutsche mit meinem Stuhl nach hinten. Dann tauche ich unter den Tisch ab. Schnell habe ich mein Stäbchen gefunden und aufgehoben. Vor mir quietschen Schuhe auf dem Boden und ich sehe auf. Noya, der mir gegenüber sitzt, wackelt mit den Füßen. Ich lache leise. Er ist bestimmt ganz aufgeregt, weil Kageyama weiter erzählt. Ich sehe mich um. Die meisten Füße stehen, mit etwas Abstand, neben einander, unterschiedlich eingedreht. Daichi hat die Beine über einander geschlagen und Asahis Schuhe sind hinter die Stuhlbeine geklemmt. Lustig, wie jeder eine etwas andere Position bevorzugt. Ich sehe neben mich. Kageyama sitzt breitbeinig und hat die Knie nach außen gedreht. Es ist verlockend, wie nah sein Knie an meinem Gesicht ist. Ich strecke mich, reibe mit der Schulter an sein Bein. Er zuckt kurz, bewegt sich aber nicht weg. „Alles gut da unten, Hinata?“, fragt er laut. „Ja, ich hab das Stäbchen gleich...“, lüge ich halblaut und drücke mich etwas fester gegen ihn. „Hab es!“, rufe ich und schmiege meine Wange an sein Knie. Er ist ganz warm und riecht so gut. Ich möchte hier nicht weg. Ich bleibe einen Moment sitzen.

Ich muss wieder hoch, sonst kommt das komisch rüber. Gegen meinen Willen rutsche ich zurück und setze mich wieder auf meinen Stuhl, das Stäbchen fest in der Hand. Die anderen sehen mich nicht an, achten nur auf Kageyama, der mit funkelnden Augen erzählt. Wahrscheinlich hätte niemand gemerkt, wenn ich noch etwas länger weg gewesen wäre.

Hunger (Kageyama)

Nach dem Training gehe ich mit den anderen in die Umkleide. Ich streife das verschwitzte Shirt von meinem Oberkörper, dann drehe ich mich um. Hinata steht neben mir und dreht sich im gleichen Moment, als sich unsere Blicke treffen weg. Er war heute richtig aufgedreht. Ich meine, er ist immer ziemlich nervig, mit seiner unbedarften Art, doch heute war er richtig fordernd. Er wollte ständig meine Zuspiele, ständig meine Meinung, ständig meine Verbesserungsvorschläge. Er hat mich keine Sekunde aus dem Fokus genommen. Echt anstrengend. Aber... Es war mir eine willkommene Abwechslung mal wieder im Mittelpunkt zu stehen. Alle anderen im Camp sind viel besser als ich, ich gehe regelrecht unter neben ihrem Talent. Da ist dieser Druck. Ich spüre den Ansporn, mich immer weiter und weiter zu treiben, bis ich mich entwickle und immer besser werde. Das ist hart. Aber... Wenn er mich ansieht, als wäre ich der unbestrittene Superheld, der beste Zuspieler der Welt, dann... Dann habe ich das Gefühl, ich kann einfach alles erreichen.
 

***
 

Später gehen wir alle zusammen Essen. Es ist schön, mit meinen Freunden zusammen zu sein. Alle sind total aufgeregt, wollen alles mögliche von mir wissen. Erst macht mich all diese Aufmerksamkeit verlegen, doch dann gefällt es mir. Ich erzähle offen und frei von der Brust von meinen Erfahrungen und den Trainingsmethoden, mit denen ich die letzten Wochen verbracht hatte. Ich habe mich vollkommen in Rage geredet, als mich ein plötzliches Ziehen am linken Arm aus dem Konzept bringt. Ich sehe rüber zu Hinata, der seinen Kopf gesenkt hält. Als ich seinem Blick folge, erkenne ich noch für den Bruchteil einer Sekunde ein Essstäbchen, welches unter den Tisch rollt. Der Trottel. Nicht mal essen kann er vernünftig. Ich sehe seine Hand an. Mit zwei Fingen hält er meinen Ärmel fest, während er zu Boden starrt. Hinata macht keine Anstalten mich los zu lassen. Er kann sich eben nur auf eine Sache gleichzeitig konzentrieren und das ist gerade das Stäbchen. Ich bin mir sicher, er kriegt gar nicht mit, dass er gerade meinen Ärmel packt.

„Alles klar?“, spreche ich ihn an und er sieht mich an, mit seinen unschuldigen braunen Augen. Ich sag doch, er hat nichts mitbekommen. Dann erschreckt er sich, bemerkt wohl dann jetzt doch, dass er mich festhält und lässt schnell los. Er winkt ab, lacht verlegen. Ich werde echt nicht schlau aus ihm. Wie ist so ein verträumter Idiot überlebensfähig?

Er verschwindet unter den Tisch. Ich schüttele geistesabwesend den Kopf. „Und dann?“, fragt Nishinoya mit großen Augen und wippt nervös auf seinem Stuhl auf und ab. Ich sehe ihn fragend an. „Was ist dann passiert, als der Ball hinter dir gelandet ist?“ Ach ja, ich hatte meine Geschichte mitten im Satz unterbrochen. Ich blinzele kurz, um mich zu fokussieren, dann erzähle ich weiter.

Es dauert nicht lange, da spüre ich einen leichten Druck am linken Bein. Was macht Hinata da eigentlich unter dem Tisch? Es kann doch nicht so schwer sein ein Stück Holz aufzuheben. Ich drücke mein Knie gegen den Widerstand. Ich gebe bestimmt nicht nach, nur weil der Idiot meint hier unter dem Tisch Machtspielchen anfangen zu müssen.

„Alles gut da unten, Hinata?“, rufe ich zu ihm runter.

„Ja, ich hab das Stäbchen gleich...“, erklingt seine Stimme leise, gedämpft durch den Tisch zwischen uns. Er drückt fester. Ich drücke fester zurück. „Hab es!“ Ich spüre, wie der Druck an meinem Bein nachlässt und sich auf mein Knie zentralisiert. Was auch immer mich dort berührt ist warm und weich. Ich spüre eine leichte Wärme auf meinen Wangen. Was macht er denn da unten? Würde ich es nicht besser wissen, so würde ich denken, er kuschelt sich an mich. Ich schüttele den Kopf. Was denke ich denn für wirres Zeug? Ich räuspere mich und erzähle weiter. Es dauert ein paar Sekunden, wenn nicht sogar Minuten, da wird es kalt an meinem Knie. Im Augenwinkel sehe ich, wie Hinata wieder auftaucht und sich auf den Stuhl setzt, das Essstäbchen fest umklammert. Er sieht unglücklich aus. Ein beklemmendes Gefühl macht sich in mir breit. Warum ist er unglücklich? Diese Tatsache allein reicht aus, um mich zu beunruhigen. Abgelenkt lasse ich mich von den anderen ins Gespräch vertiefen.

***

Wir verlassen gemeinsam das Restaurant und alle verabschieden sich. Morgen werden wir wieder zusammen trainieren, was mich sehr freut. Nach und nach gehen alle nach Hause, bis nur noch Hinata und ich vor dem Restaurant stehen. Es ist schon dunkel und auf der Straße sind kaum noch Menschen. „Du solltest auch ins Bett gehen, sonst bist du morgen nicht fit.“ Er sieht zu mir auf, ich kann seine Miene nicht deuten. Er wirkt nachdenklich. „Ich habe vor dich morgen wieder über das Spielfeld zu jagen.“ Ich grinse ihn herausfordernd an und er lächelt. Irgendwas stört mich an seinem Lächeln, doch ich weiß nicht was. Viel Zeit darüber nachzudenken habe ich nicht, denn es verschwindet im nächsten Augenblick. Er sieht traurig aus. Nicht nur ein bisschen, sondern richtig traurig.

„Was ist los?“, sage ich und lege den Kopf in den Nacken. Als könnte er mir etwas verheimlichen, senkt er den Kopf. Ich sehe ihn an, wie er da steht, klein und zierlich. Als wäre er zerbrechlich und könnte es mit niemandem aufnehmen. Ein hilfloses kleines Geschöpf. Doch ich weiß es besser. Wenn wir zusammen auf dem Spielfeld stehen, ist er, genau er, genau wie er ist, der den ich am liebsten anspiele, weil ich genau weiß, er hat den Biss und ist in der Lage meine Pläne perfekt auszuführen. Wie sehr das Äußere doch täuschen kann.

Dann heben sich seine Schultern. Er knibbelt an seinen Fingernägeln, sein Kopf senkt sich weiter. Ich kann sehen, wie sein Rücken sich leicht beugt. „Geht es dir gut?“, frage ich mit Sorge in der Stimme. Ob er das Essen nicht vertragen hat? Er zuckt zusammen, reibt sich mit dem Handrücken durchs Gesicht.

„Es tut mir leid, Kageyama...“, wimmert er und sieht mich mit tränengefüllten Augen an. Überrascht ziehe ich die Augenbrauen hoch und entspanne meine Haltung. „Hinata...“, dringt es aus meinem Mund ohne mein Zutun.

Plötzlich wirft er sich nach vorne. Seine Arme umschlingen meinen Körper und er drückt sein Gesicht fest gegen meine Brust. Ich erstarre. Völlig überrumpelt hebe ich die Hände, halte sogar die Luft an. Ich höre ihn schluchzen, sein Körper bebt. Langsam senken sich meine Schultern und ich realisiere was geschieht. „Ich...ich...!“, beginnt er zu stottern. Dann weint er einfach weiter, schmiegt sich fester an mich. Was ist nur los mit ihm? Er ist total verstört.

Ich sehe zur Seite. Was soll ich tun?

„Kageyama, bitte... Geh nicht wieder weg.“ Was? Ich gehe doch noch gar nicht. Erst am Montag werde ich wieder... „Bleib bei mir.“ Ich werde rot. „Was redest du denn da für einen Unsinn?“, sage ich patzig und versuche mich aus seiner Umarmung zu befreien. Er hält sich krampfhaft fest.

„Ohne dich, bin ich vollkommen wertlos...“, haucht er gequält. Ich halte inne.

„Ich... Ich kriege es einfach nicht hin. Meine Annahmen und Aufschläge waren schon immer schlecht, aber jetzt funktioniert nicht mal mehr der Angriff wirklich. Es funktioniert überhaupt nichts mehr.“ Er schnappt nach Luft. Ich senke den Blick.

„Ich bin allen nur ein Klotz am Bein. Ich will... Ich will das es wieder so ist wie früher...Ich will...dich...“

Langsam heben sich meine Hände und ich lege sie auf seinem Rücken ab. Er zuckt, ist von der Berührung wohl genauso überrascht wie ich.

„Du bist ein Idiot.“, sage ich und schließe die Augen. Er zuckt wieder zusammen, dann spüre ich Bewegung an meiner Brust. Sein Griff lockert sich und er sieht getroffen zu mir auf, wirkt verletzt durch meine Worte. „Warum bist du so unsicher?“ Er sieht mich irritiert an. „Ok, vielleicht bist du ein schlechter Aufschläger und deine Annahmen sind kacke...“ Er zieht eine Schnute, woraufhin sich ein Lächeln über mein Gesicht zieht. „...Aber du bist ein hervorragender Angreifer.“ Er blinzelt. „Du musst noch eine Menge lernen, aber das hat dich doch bisher auch nicht davon abgehalten es einfach zu tun.“ Er wirkt nachdenklich. Ob meine Worte tatsächlich zu ihm durchdringen? „Deine Stärke ist, dass du nicht aufgibst. Du treibst dich weiter und weiter und wirst dadurch immer besser.“ Er legt den Kopf zur Seite. „ Du bist so gut, du kommst sogar mit meinem Zuspiel zurecht.“ Seine Augen werden groß. „Steh dir nicht selbst im Weg, sondern wachse über dich hinaus, so wie du es immer getan hast.“ Seine Augen glänzen. Als ich merke, was ich gerade gesagt habe, werde ich rot und drehe den Kopf weg. Was ist denn da in mich gefahren?

„So... So denkst du über mich?“

Ich sehe ihn an und kann genau beobachten wie sich ein Lächeln auf seinen Lippen formt, welches zu einem breiten Grinsen wird. „Danke!“

Ich sehe zur Seite. Ich weiß nicht so richtig, was ich sagen soll, also sage ich einfach, was ich sonst dann auch sage. „Idiot...“

Gefallen (Hinata)

Nach dem Training gehen wir alle gemeinsam in die Umkleidekabine. Ich ziehe mein Shirt aus und sehe rüber zu Kageyama. Es ist Montag. Heute Abend wird er wieder nach Tokio fahren. Ich möchte nicht das er geht. Ja, wir haben über meine Ängste gesprochen und ich fühle mich auch tatsächlich nicht mehr so fehl am Platz, wenn wir auf dem Spielfeld stehen. Sogar der Aufschlag hat heute sehr gut geklappt. Dennoch macht mich der Gedanke traurig, dass er morgen nicht mehr zum Training kommen wird... und übermorgen auch nicht... und den Tag danach...

Als er das Trainingsshirt von seinem Körper streift, fällt mir wieder mal auf, dass sich seine Muskeln richtig abzeichnen. Durch das viele Spezialtraining hat sich sein Körper wirklich anschaulich weiter entwickelt. Er sieht richtig gut aus, männlich und stark.

„Gefällt dir was du siehst?“ Noyas neckischer Tonfall reißt mich aus meinen Gedanken. Ich sehe ihn überrumpelt an und er deutet grinsend auf Kageyama. Ich realisiere, was er gesagt hat und werde rot. „Ach, Quatsch.“ Ich schüttele den Kopf.

„Es ist ganz schön auffällig, wie du ihn anstarrst.“ Er sticht mir in die Seite. Ich sehe verschämt zu Boden. Ist das so? „Du solltest besser aufpassen, gleich zieht er die Shorts aus.“ Noya beginnt zu lachen und weicht gekonnt aus, als ich ihn weg schubsen will.

„So ist das nicht!“, beteuere ich mit geröteten Wangen und werfe mein Handtuch nach ihm. Noya hüpft grinsend davon. „So ist das nicht.“, sage ich schmollend und sehe ihm nach. Ist es das wirklich nicht? Ohne mein Zutun gleitet mein Blick zurück zu Kageyama. Möchte ich ihn ansehen? Ich senke den Blick, als ich merke, dass ich ihn angucke und horche in mich hinein. Mein Herz klopft etwas zu schnell. Das ist weil er hier ist, das weiß ich. Ich habe ihn wirklich gerne um mich. Wenn er da ist, dann fühle ich mich wohl. Möchte ich...? Das ich ihn gerne berühre, habe ich gestern Abend schon gemerkt, unter dem Tisch. Und als wir draußen waren. Für einen kurzen Moment hatte er mich im Arm gehalten. Das war berauschend. Möchte ich...mehr?

Er dreht sich zu mir um und ich gucke schnell weg, ziehe meinen Pullover an.

„Es war schön mit euch zu trainieren.“, sagt Kageyama plötzlich und alle drehen sich zu ihm um. Er lächelt. Mein Herz schlägt schneller. Wenn er lächelt, dann ist er noch hübscher.
 

Wir verlassen der Raum und ich laufe zu Kageyama rüber. „Wann fährt dein Zug?“ Er legt überrascht den Kopf zur Seite, während wir neben einander her gehen. „Um 19 Uhr.“ „Hast...“, fange ich schüchtern an und knibbel an meinen Fingernägeln. „Hast du was dagegen, wenn ich dich zum Bahnhof begleite?“ Warum frage ich das? Ah, ja. Ich möchte so lange wie möglich bei ihm sein. Er... Er wird mich auslachen... Stille. Ich sehe zu ihm auf, er blinzelt irritiert.

„Ähm... Nein. Wenn du willst, dann komm eben mit.“

Mehr als ich erwartet hatte. Ich lächle leicht und nicke ihm dann zu.
 

***

Wir stehen gemeinsam am Bahnhof, etwa einen Meter von einander entfernt. Er sieht in die Ferne, hält wahrscheinlich nach dem Zug Ausschau. Ich sehe ihn an. Wenn sich unsere Blicke treffen, drehe ich den Kopf weg. Wir schweigen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis er weg ist. Ich möchte das nicht. Was soll ich machen?

„Hinata?“ Ich sehe auf, als seine Stimme an mein Ohr dringt. „Warum wolltest du mich zum Bahnhof begleiten?“ Ich sehe ihn mit großen Augen an. Er senkt den Blick. „Das frage ich mich schon die ganze Zeit...“ Er sieht zur Seite.

Ich schlucke. Das ihn das verwundert, hätte ich mir auch denken können. Was soll ich sagen?

„Ich...“, fange ich zögerlich an. Er sieht mit gesenktem Kopf zu mir auf. Er sieht so süß aus. Ich werde rot. Ach, egal. Raus damit. „Ich möchte dir was sagen.“

Er hebt den Kopf wieder, nun sieht er zu mir runter, wie er es sonst auch tut. Ich bin aufgeregt.

„Also, weißt du...Ich weiß es auch nicht so genau. Es ist ganz komisch.“ Ich blinzele und senke den Blick. Meine Gedanken fahren Achterbahn und mein Herz klopft schneller. „Seit du weg bist, habe ich gemerkt, dass ich dich eigentlich ganz gerne um mich habe. Ja, du kannst auch echt nerven und ich, nun ja... Ich mag es trotzdem mit dir auf dem Spielfeld zu stehen. Wir sind ein super Team.“ Ich hole Luft, sehe weiter zu Boden. „Ich weiß, es ist total unangebracht, aber es ist einfach passiert. Ich kann nichts dagegen tun.“ Ich spüre die Wärme auf meinen Wangen und sehe zu ihm auf. Er sieht mich unschlüssig an. „Jedenfalls bin ich mir jetzt sicher. Ich weiß nicht, wie es passiert ist und warum gerade mir das passiert, aber so ist es.“ Ich bin so angespannt, mir ist zum Heulen zumute. „Es tut mir leid, ich weiß es ist dumm von mir. Ich will auch nicht, dass es unangenehm für dich ist...“

„Hinata.“ Ich sehe auf. Er zieht die Augenbrauen hoch. „Komm zum Punkt.“ Ich blinzele ihn an. „Was ist denn passiert?“

Ich schlucke. Er sieht mich an, mit seinen dunklen blauen Augen. Ich sammele mich einen Moment, dann kralle ich die Finger in meinen Pullover und nehme meinen ganzen Mut zusammen.

„Ich... Ich habe mich in dich verliebt.“

Seine Augen werden groß. Ich versuche diesem Blick Stand zu halten. Einen Moment schaffe ich es, doch es fällt mir zu schwer und ich sehe zu Boden. „Weißt du...“, setze ich an. „Ich weiß, das du nicht so für mich empfindest und es ist ok. Ich hoffe nur, es ist auch für dich ok, denn ich will weiter mit dir zusammen sein, im Team. Mit dir und den anderen, denn...“

Ich spüre einen Druck an meinen Schultern und sehe auf. Er hat mich an den Schultern gefasst. Sein Blick ist immer noch ratlos. Ich habe ihn wohl ziemlich überrumpelt.

„Denn...“, führe ich meinen Satz fort. „Denn Volleyball mit dir zu spielen, ist für mich einfach das...“ Weiter komme ich nicht, denn er unterbricht mich.

„Hinata.“ Ich sehe ihn fragend an. „Halt die Klappe.“

Ich blinzele irritiert. Dann spüre ich, wie er mich an den Schultern zu sich zieht. Im nächsten Moment legt er seine Lippen auf meine. Überrascht atme ich ein und erstarre. Damit hatte ich nicht gerechnet, wirklich nicht. Ich merke, wie sich seine Hand auf meinen Rücken legt und er mich an sich drückt. Sein Kuss ist so zärtlich, dass ich mich langsam wieder entspanne. Ich lege die Arme um seinen Hals und er fährt mir mit der anderen Hand in mein Haar. Seine Augen sind geschlossen und auch ich senke meine Lider. Es fühlt sich schön an. Seine Lippen sind weich und seine Arme, um meinen Körper geben mir Halt und Sicherheit. Ich erwidere den Kuss.

Als wir uns von einander lösen, sehe ich ihn fragend an. Er schnaubt nur, sieht zur Seite.

„Das war sehr schön.“, sage ich noch ganz benebelt und er nickt. „Heißt das, dass du das auch für mich empfindest?“ Er nickt.

„Als du damals auf dem Spielfeld zu mir gesagt hast, dass dir meine Zuspiele gefallen und du mich angesehen hast, als wäre das selbstverständlich... Da war es um mich geschehen.“

„Was?“, ich werde rot und sehe ihn überrascht an. Das ist schon fast ein halbes Jahr her.

„Ich hab das Gefühl verdrängt. Wie du auch sagst, es ist unpassend für Teamkameraden.“ Er sieht mich an. „Aber ich hatte ja keine Ahnung, dass du...“ Er senkt verlegen den Blick.

„Das ich mich zu dir hingezogen fühle?“, frage ich lächelnd und lege den Kopf zur Seite. Er nickt.

Ich fasse ihn an den Schultern, woraufhin er mich überrascht ansieht.

„Geh mit mir aus.“, fordere ich und sehe ihn freudig an. Er blinzelt irritiert. „Was...?“ „Wenn du wieder zurück bist, dann möchte ich mit dir ausgehen. Wir können Ramen essen gehen oder Eis, wenn das Wetter schön ist.“ Er sieht mich mit großen Augen an. „Komm schon.“ Ich ziehe eine Schnute. Es gibt doch keinen Grund, der dagegen spricht. Er überlegt.

„Ok...“, sagt er leise und sieht zur Seite. Ich beginne zu lachen. Ich kann es jetzt schon kaum erwarten, dass er wiederkommt.

Fehltritt (Kageyama)

Seit zwei Tagen bin ich wieder zurück aus Tokio und heute werde ich das erste mal wieder mit meinen Teamkameraden gemeinsam trainieren. Ganz regulär, wie früher. Ich lächle voller Vorfreude, während ich beherzt in die Pedale trete. Gleich bin ich an der Schule. Dort werde ich auch Hinata wiedersehen. Gestern hatte seine kleine Schwester Geburtstag und da meine Eltern mit mir Essen gehen wollten, habe ich noch keinen Kontakt zu ihm gehabt. Mein Herz klopft schneller. Als ich dies bemerke, lege ich die Hand auf meine Brust. Seit wir uns am Bahnhof ge... geküsst haben, haben wir uns nicht mehr gesehen. Wie es wohl ist, ab jetzt...? Mit ihm zusammen zu sein... ob es sich jetzt anders anfühlt?

Ein wenig aufgewühlt schließe ich mein Fahrrad an der Seite des Schulgebäudes fest und laufe rüber zur Sporthalle. Ich höre bereits von draußen Sportschuhe quietschen. Ich bin spät dran, ungewöhnlich für mich. Aber meine Mutter wollte unbedingt noch eine Bentobox für mich zubereiten und hatte das Ei anbrennen lassen, also habe ich gewartet.

Ich trete durch die Schiebetür und sehe Daichi und Sugawara, die gemeinsam das Netz aufstellen. Es scheint sich verknotet zu haben, denn sie stehen dicht bei einander, haben die Köpfe zusammengesteckt, während ihre Hände im Netz vergraben sind.

Ich wende meinen Blick nach links. In der Ecke sind Azumane und Nishinoya. Sie helfen einander beim Dehnen und lachen dabei. Als ich gerade nach rechts sehen will, klingt eine vertraute Stimme an mein Ohr. „Kageyama!“, hallt der fröhliche Ausruf durch die Halle und ich drehe mich um. Gerade noch rechtzeitig, um einen Ausfallschritt zu machen, sonst hätte mich der Schwung seines Ansturms umgerissen. Er schlingt die Arme um meinen Hals, springt vom Boden ab, wirft die Beine um meine Hüfte und drückt sich fest an mich. Überrascht hebe ich die Hände, als er sich an mich klammert. Hinatas Lachen schüttelt unsere Körper. Total überfordert stehe ich einfach nur starr da. Damit habe ich nicht gerechnet. Er lässt seine Füße wieder sinken und löst den Klammergriff. Nun steht er vor mir und kratzt sich verlegen am Hinterkopf. „Entschuldige.“ Er lächelt breit. „Ich freue mich so, dass du wieder da bist... und auch wieder hier bleibst.“ Er sieht zu mir auf und ich blinzele ein paar mal, bis ich mich wieder gefangen habe. Dann nicke ich ihm lächelnd zu. „Ja, das bin ich auch.“ Er lacht.

***

Direkt nach dem Unterricht haben wir ein Trainingsspiel gegen den Nachbarschaftsverein. Endlich wieder mit Hinata und den anderen zu spielen fühlt sich gut an, einfach richtig.

Wir spielen im selben Team, preschen harte Angriffe heraus und gehen schnell in Führung. Im gegnerischen Team spielen Azumane und Nishinoya mit. Ihre neue Angriffskombi funktioniert auch sehr gut und bald erzielen sie den Gleichstand. Das Feuer und der Siegeswille sind in mir entfacht und so wie Hinata mich ansieht, scheint es ihm genauso zu ergehen.

Ich spiele ihm den Ball zu und er schlägt ihn präzise an Azumane vorbei. Nishinoya erreicht ihn zwar noch, doch er fliegt ins Aus. Ich drehe mich zu Hinata, will mit ihm einschlagen, doch er sitzt am Boden. „Autsch...“, sagt er leise.

„Alles ok?“, frage ich schnell und neige mich zu ihm runter.

„Ja.“, er lacht verlegen und kratzt sich am Kopf. „Ich bin mir selbst auf den Fuß getreten.“

„Idiot...“ Ich schüttele den Kopf.

Er lacht. „Alles beim Alten.“ Hä?

***

Das Spiel geht hitzig weiter, dauert lange. Immer wieder schaffen beide Seiten den Ausgleich. Der Satz will einfach nicht abschließen. Ich spiele alle Angriffe über Hinata. Als er plötzlich daneben schlägt, sehe ich ihn überrascht an. Er reibt sich durch die Augen. „Tut mir leid...“, seine Stimme klingt erschöpft. Habe ich ihm zu viel zugemutet?

„Hey, bist du in Ordnung?“, frage ich besorgt. Er winkt lächelnd ab. Ich bin nicht ganz überzeugt.

Die nächsten Angriffe lasse ich über Tanaka laufen. Dann spiele ich doch wieder zu Hinata. Zwei Angriffsfolgen klappt es prima, dann springt er nicht ab und der Ball saust über seinem Kopf ins Aus.

„Warum bist du nicht gesprungen?“, frage ich irritiert, mache einen Schritt auf ihn zu. Er taumelt. Ich greife reflexartig seinem Arm und stabilisiere seinen Stand. „Hey!“, sage ich aufgebracht.

„Tut... Tut mir leid, ich kam einfach nicht hoch...“ Er sieht beunruhigt zu mir auf. Sein Blick ist glasig. „Wie, nicht hoch?“, wiederhole ich seine Worte und er blinzelt angestrengt. „Was hast du?“ Erst jetzt bemerke ich, wie warm sich sein Arm in meiner Hand anfühlt. Sofort lege ich meine freie Hand auf seine Stirn. Erschrocken weiten sich meine Augen und ich sehe ihn fassungslos an. „Du glühst ja!“

Daichi kommt zu uns gelaufen. „Was ist los, Hinata?“ „Ich weiß nicht. Mir ist irgendwie komisch...“ „Er hat Fieber.“, schalte ich mich ein. „Was?!“, zischt Daichi empört und legt seinen Handrücken an Hinatas Wange. Dieser kneift die Augen zusammen. „Tatsächlich...“, bestätigt er ungläubig. „Wieso spielst du dann?!“, faucht er empört.

„Das kann nicht sein.“, protestiert Hinata, bewegt unsicher die Füße und ich muss mich anstrengen ihn aufrecht zu halten. „Eben war noch alles gut! Ganz ehrlich...“

„Man wird doch nicht von jetzt auf gleich krank.“, protestiere ich, ärgere mich darüber, dass er einfach so seine Gesundheit riskiert. Es sei denn... „Hinata.“ Er sieht mich mit schwammigem Blick an. „Hast du dir weh getan?“ „Was?“ „Du bist doch eben gestürzt.“, lasse ich Revue passieren. „Das war halb so wild...“ Ich hocke mich hin. Ohne meinen Halt, schwankt er zu Seite und setzt sich schließlich ungeschickt auf den Boden. Ich ziehe an seinem Fuß. „Hey!“, protestiert er, ist aber zu schwach, um ihn mir zu entreißen. Ich drehe seinen Schuh in meinen Händen. Ich kann nichts ungewöhnliches feststellen. „Was soll das?“ „Halt die Klappe.“, zische ich zurück und nehme seinen anderen Fuß. An der Innenseite seines linken Knöchels entdecke ich eine gelbliche Verfärbung am Bund seiner Socke. „Was ist das?“ Bevor er auch nur reagieren oder etwas sagen kann, fahre ich mit dem Finger in den Bund und ziehe seine Socke ein Stück hinunter. Ich erschrecke. Auf seinem Knöchel klafft eine Schürfwunde, umringt von feuerroter Haut, bedeckt mit gelblicher Flüssigkeit, die auch schon in die Socke gezogen ist. „Total entzündet...“, kommentiere ich wütend und mir wird flau im Magen. Kein schöner Anblick.

„Was?“, macht Hinata überrascht und beugt sich vor, um seinen eigenen Fuß zu betrachten.

„Du Idiot! Du musst sagen, wenn du dich verletzt! Hätte man das direkt behandelt, hätte es wahrscheinlich sogar ein Pflaster getan!“, fahre ich ihn an und er zuckt zusammen.

„Schrei mich nicht so an, ich habe nichts gemerkt!“, brüllt er zurück, mit angespannt hoher Stimme.

„Das merkt man doch!“, keife ich zurück.

„Kageyama.“, mischt sich Daichi ein und ich wende ihm meinen wütenden Blick zu. „Hinata war voll im Geschehen, vielleicht hat er es tatsächlich nicht gemerkt.“ Ich blinzele ihn nachdenklich an und Hinata nickt eifrig.

„Wie auch immer!“, sage ich aufgebracht und stehe auf. Ich packe Hinata am Handgelenk und ziehe ihn hoch.

„Au, au, warte doch mal!“, sagt er und torkelt. Dann hält er sich an meinem Ärmel fest.

„Du musst zur Krankenschwester.“, kommentiere ich und will losgehen. Hinata schwankt nach vorne und stürzt fast, doch ich halte inne und packe ihn am Oberarm. „Da kannst nicht gehen oder...?“, frage ich mit deutlich leiserer Stimme. Er schüttelt nur verschämt den Kopf, beißt sich auf die Lippe. „Ok, komm her.“ Ich hocke mich vor ihn und ziehe an seinem Arm, so dass er auf mich fällt.

„Was... Was hast du vor?“, fragt er verunsichert.

Ich greife nach hinten und taste nach seinen Knien. „Ich trage dich.“ „Was?!“ „Jetzt stell dich nicht so an!“, fauche ich und er geht in die Knie, so dass ich ihn greifen kann. Ich richte mich auf, wippe einmal auf, um ihn besser zu halten, dann trage ich ihn Huckepack.

„Das ist peinlich...“, höre ich ihn säuseln.

„Du bist peinlich!“, keife ich ihn an. „Wer ist denn so dämlich und bekommt es nicht mit, wenn er sich verletzt?“

Grummelnd gehe ich los. Als wir die Halle verlassen, merke ich, wie er seine Arme um meinen Hals legt, leichten Druck auf meine Schultern ausübt. Er will mir wohl beim Tragen helfen. Ich spüre seinen Atem im Nacken. Er hat seine warme Wange gegen meinen Hals gelegt.

„Alles ok?“, frage ich mit sanftem Tonfall. „Mhm.“, nickt er und schmiegt seinen Kopf an meinen. Ich lächle leicht.

Wenige Minuten später kommen wir bei der Krankenschwester an.
 

„Oh, je. Wie ist das denn passiert?“, fragt sie während sie Watte mit Desinfektionsmittel tränkt. „Der Schweiß und die Bakterien... Total entzündet.“

„Ich habe nichts bemerkt...“, sagt Hinata bedrückt.

Als die Krankenschwester die Watte auf seine Wunde drückt, quietscht er auf und verzieht schmerzerfüllt das Gesicht. Seine Hand schnellt zur Seite, umfasst meine und drückt sie kräftig. Ich erschrecke mich, dann werde ich rot.

„Leg dich einen Moment hin, Hinata. Wenn sich dein Kreislauf etwas stabilisiert hat, könnt ihr nach Hause gehen.“

Er nickt und lässt sich nach hinten fallen. Ich stehe etwas überfordert neben dem Bett. Was soll ich jetzt tun? Hinata nimmt mir die Entscheidung ab, als er meine Hand noch einmal drückt.

„Bleib... Bleibst du hier?“, fragt er unsicher und sieht zu mir auf. Er hat den linken Unterarm auf seine Stirn gelegt und drückt mit der rechten Hand meine Finger zusammen.

„Ja.“, sage ich mit fester Stimme und er lächelt. Mir wird warm uns Herz. Ich mag sein Lächeln sehr. „Natürlich.“, ergänze ich mit einem wohligen Seufzen und er lacht.

Anpassung (Hinata)

Wir sitzen im Kino und schauen ein Actionfilm. Die Handlung ist sehr aufregend, immer wieder merke ich, wie ich im Sitz hochschrecke. Dann explodiert ein Auto. Ich lege meine Hand auf die Brust, um mein erschrocken klopfendes Herz zu beruhigen. Ich sehe rüber zu Kageyama, der zu mir sieht. Als unser Blick sich trifft, weicht er nicht aus. Wie lange hat er mich schon angesehen? Ich sehe wieder nach vorne, spinze ab und zu verstohlen zu ihm. Eine ganze Weile ruht sein Blick auf mir, bis er sich wieder dem Film widmet. Ich höre einen Crash und sehe wieder zur Leinwand. Der Hauptcharackter wird aus dem Auto gezogen, doch es sieht schlecht für ihn aus. Sein Freund, der ihn nun im Arm hält, ruft verzweifelt seinen Namen. Ich beiße mir auf die Lippe. Es ist so spannend. Ich fahre unruhig mit der Hand über die Armlehne zwischen uns. Plötzlich spüre ich einen Druck, der sich um meine Finger legt. Überrascht wende ich den Kopf und sehe, dass Kageyama meine Hand genommen hat. Er streicht mit dem Daumen über meinen Handrücken, während er zur Leinwand blickt. Ich sehe ihn mit großen Augen an. Dann lächle ich leicht und senke den Kopf, während ich wieder nach vorne sehe. Ich bekomme nicht mehr viel von dem Film mit. Alles war ich wahrnehme, ist seine warme Hand, die meine fürsorglich berührt.
 

Ich trinke an meiner Cola, während wir nebeneinander her spazieren, auf dem Weg nach Hause. Es wird langsam dunkel, uns begegnen kaum Menschen. Da morgen Schule ist, haben wir uns die Nachmittagsvorstellung angesehen. Ich sehe schluckend rüber zu seiner Hand, welche locker neben seiner Hüfte schwingt. Mutig lasse ich meine freie Hand sich dicht neben seiner bewegen. Wenn wir uns ganz zufällig berühren würden... ob er dann wieder meine Hand nimmt? Das wäre schön. Ich gehe etwas näher an seiner Seite, provoziere einen Kontakt. Als unsere Hände gegeneinander schlagen, zuckt er überrascht zurück.

„Oh... sorry.“, sagt er leise und ich ziehe einen Schmollmund. Jetzt ist er plötzlich wieder schüchtern? Dann werde ich eben die Initiative ergreifen.

„Das ist schon ok.“ Ich umschlinge seinen Arm und drücke mich kurz an ihn, bevor ich wieder etwas Abstand zulasse, damit wir problemlos weitergehen können. „Ich mag das.“ „Ja?“

Ich sehe lächelnd zu ihm auf. Eine leichte Röte liegt auf seinen Wangen. Langsam dreht er seinen Arm und lässt meine Hand in seine gleiten.
 

Vor meinem Haus bleiben wir stehen. Ich stelle den leeren Colabecher auf der niedrigen Mauer unseres Vorgartens ab und sehe zu ihm auf. Er sieht mich nur an, wirkt nachdenklich. Das ist der Moment wo wir uns verabschieden müssen. Eigentlich möchte ich das nicht. Ich möchte noch ein bisschen mehr Zeit mit ihm verbringen. Aber morgen ist Schule...

Ich sehe unzufrieden zur Seite. Warum küsst er mich nicht? Zum Abschied erwarte ich das irgendwie. Außerdem ist es jetzt schon voll lange her, das letzte mal war unser erster Kuss am Bahnhof. Ich hätte ja gedacht, dass er mich vielleicht im Kino küsst, wenn alles dunkel ist... ganz romantisch. Aber irgendwie nicht.

„Hinata.“ Seine Stimme reißt mich aus den Gedanken. Ich sehe ihn erwartungsvoll an.

„Das war ein schönes erstes Date.“, sage ich grinsend und er wird rot.

„Ja...“ Er macht einen Schritt auf mich zu und fasst mich an den Schultern. Mit aufgeregt großen Augen sehe ich zu ihm hoch. Er zögert. Ich lächle leicht. Dann schließe ich meine Augen und strecke mich zu ihm hoch. Fast unmerklich spitze ich die Lippen, biete mich ihm an. Es dauert vielleicht zwei Sekunden, da spüre ich den weichen, warmen Druck auf meinem Mund. Ich öffne die Lider ein kleines bisschen und sehe auf seine genussvoll geschlossenen Augen. Sein Kuss ist angenehm zärtlich. Ich hebe meine Hände und fasse seine Jacke am Kragen, um mich etwas zu ihm hochzuziehen. Er drückt mich an sich, bewegt sanft die Lippen. Sein Atem streicht über mein Gesicht. Es tut gut ihm endlich wieder so nah zu sein.

Plötzlich kitzelt es an meinen Lippen. Was was das? Es war nur ganz kurz. Wenig später spüre ich es wieder. Ist das...? Ich werde rot. Ist das seine Zunge? Das könnte sein, ich meine, was soll es sonst sein?...Ok. Ein wenig aufgeregt öffne ich meine Lippen ein Stück, schiebe neugierig meine Zungenspitze vor. Ein warmer Schauer durchfährt meinen Körper und ich ziehe erschrocken Luft durch die Nase ein. Er löst seine Lippen von meinen und ich höre, dass er schneller atmet als sonst. Hat er das etwa auch gespürt? Dieses rauschartige Gefühl?

Dann erstarrt er. Deutlich drücken sich seine Finger in meine Schultern und ich könnte schwören, er hält gerade die Luft an. Ich sehe fragend zu ihm hoch.

„Warum bist du so aufgeregt?“, frage ich einfach heraus. Er sieht mir überrascht in die Augen. Ich lege den Kopf zur Seite. „Das ist wirklich nicht nötig.“, versuche ich ihn zu beruhigen.

„Ich...“, setzt er an und sieht mir so ernst in die Augen, dass mir fast etwas unheimlich wird. „Ich möchte auf keinen Fall etwas machen, dass du nicht auch willst.“

Meine Augen werden groß. Darum ist er so zurückhaltend? Er will mich nicht überfordern.

„Bitte sag mir unbedingt, wenn ich etwas tue, dass dir nicht gefällt.“ Er meint das toternst.

Ich lächle leicht, freue mich, dass er Rücksicht auf meine Gefühle nimmt.

„Mach dir keine Sorgen. Ich melde mich schon, wenn mir was nicht passt.“, sage ich mit ruhigem Tonfall. Er wirkt erleichtert.

„Also...“, beginnt er zögerlich mit roten Wangen. „Ist... Ist das ok für dich?“ Er sieht mich unsicher an und ich blinzele. „Was meinst du?“ Er senkt verschämt den Blick. „Ich... würde dich gerne küssen... auch intensiver...“ Ich werde rot. „Mit Zunge...“ Wir sehen uns in die Augen. Ich nicke.

Er beugt sich vor, legt die Hand in meinen Nacken und küsst mich sanft. Ich schließe die Augen und genieße den Moment, da spüre ich wie seine Zunge über meine Lippen fährt. Ich schlucke, möchte nicht das der Kuss zu feucht wird und öffne meinen Mund. Als sich unsere Zungen berühren wird mir warm. Ein Kribbeln breitet sich in meinem Bauch aus und mein Atem beschleunigt. Was ist das für ein merkwürdiges Gefühl? Ich öffne meinen Mund weiter, stelle mich auf die Zehenspitzen, um ihn noch näher zu kommen. Mein Herz schlägt schneller und mir wird schwindelig.

Ich sinke auf die Fußflächen und löse mich von ihm. Keuchend atme ich durch.

„Alles ok?“, fragt er, leicht außer Atem.

Ich sehe zu ihm auf, schüchtern mit fragendem Blick. „Fühlst du das auch?“ Er dreht den Kopf, weiß wohl nicht, was ich meine. Ich lege die Hand auf meinen Bauch, direkt unter dem Bauchnabel. „Mir ist so warm im Bauch. Ganz kribbelig.“, sage ich unsicher.

Seine Augen weiten sich überrascht, dann werden sie schmal, während sich ein sanftes Lächeln auf seine Lippen legt. Mein Herz macht einen Sprung. Dieses Lächeln... So ein ehrliches, liebevolles Lächeln habe ich noch nie bei ihm gesehen. Sonst wirkt es immer angestrengt, fast wie ein maskenhaftes Grinsen, dass einem echt Angst einjagen kann. Aber jetzt... Ich spüre meinen Puls ansteigen. Ich bin ihm verfallen...So muss es sich anfühlen, verliebt zu sein.

Ich drücke meine Hände an seine Wangen und küsse ihn zärtlich. Als ich mich näher an ihn drücken möchte, weicht er zurück. Ich sehe ihn fragend an.

„Hinata, ich denke...“ Er wird rot. „Ich denke, wir sollten vielleicht woanders hin gehen.“

Verdutzt blinzelnd sehe ich ihn an, dann fällt mir auf, dass wir vor meine Haustüre stehen. Durchs Küchenfenster könnten meine Eltern uns sehen und es sind auch bestimmt noch ein paar Nachbarn wach. Ich nicke energisch während sich meine Wangen rot färben. Der Gedanke beobachtet zu werden, ist mir unangenehm. Ich möchte gerne mit ihm allein sein, ungestört.

Zustand (Kageyama)

Meine Augen verfolgen den Ball, die Annahme war sehr gut, wie man es von Sawamura erwartet. Ich laufe in Position und spiele Tanaka zu, der den Ball mit Wucht auf den Boden des gegnerischen Spielfeldes befördert. Satzball.

„Wuhu! Super Ryu!“, ruft Nishinoya aus der Wechselzone und mein Blick gleitet zu ihm rüber. Er hat den Arm über Hinatas Schultern geworfen und drückt sich an ihm hoch. Dieser lacht und macht triumphierend eine Faust. Ich schüttel leicht den Kopf. Wenn die beiden draußen sind, ist es immer laut. Als würde ein Wirbelwind den anderen noch hochputschen, zum Tornado.

„Das ist so aufregend!“, höre ich Nishinoyas Stimme und er drückt Hinata an sich. Dieser lacht noch lauter. „Oh, ja!“

Ich wende mich wieder dem Spiel zu. Der folgende Ballwechsel dauert lange. Azumane greift an, doch wird abgeblockt. Tanaka kann den Ball retten, ich spiele zu Sawamura. Sein Schmetterschlag wird angenommen, doch so schlecht, dass der Ball direkt zurück kommt. Ich versuche einen Direktangriff, doch ich werde durchschaut. Verdammt.

„Los, Kageyama! Du schaffst das!“ Hinatas helle Stimme fährt mir durch den Körper und ich muss lächeln. Sein grenzenloses Vertrauen ist wirklich motivierend.

Ich springe hoch zum Block, erreiche den Ball noch, doch er kommt durch.

„Einmal berührt!“, rufe ich, als sich Azumane in die Flugbahn wirft. Es gelingt ihm gut, den Ball zu mir zu befördern und ich lasse Tanaka angreifen. Er versenkt den Ball. Dieser Satz gehört uns.

Ich drehe mich um zu Hinata und sehe noch für einen kurzen Moment, wie seine Hand aus der von Nishinoya gleitet, als er die Hände an den Mund legt um uns zuzujubeln. Ich blinzel verwirrt in seine Richtung. Haben die beiden etwa Händchen gehalten? Ich ziehe die Augenbrauen zusammen.

„Kageyama, das ist unser Satz! Du darfst dich ruhig freuen!“, lacht Hinata als wäre nichts gewesen.

Ich schnaube und stelle mich wieder auf.
 

Wir gewinnen das Spiel.

Alle laufen in der Spielfeldmitte zusammen und fallen sich um den Hals. Ich beobachte wie Nishinoya Tanaka umspringt und Hinata auf die beiden drauf.

„Hey, ihr macht mich platt!“, prustet Tanaka unter den beiden, die sich amüsiert den Bauch halten, die Arme verschränkt. Skeptisch sehe ich zu ihnen runter, als Sawamura seinen Arm um mich legt.

„Das war große Klasse, Kageyama. Dein Zuspiel war wieder überragend.“ Er lacht. Ich winde mich aus seinem Arm und nicke ihm zu.

„Ja, gutes Spiel.“, gebe ich knapp zurück, sehe wie Hinata aufsteht und zu mir gelaufen kommt.

„Gewonnen!“ Er grinst und umarmt mich. Ich bleibe still stehen, bewege mich nicht.

„Was sollte das?“ Er sieht mich verwirrt an, mein Blick ist fest. „Hast du während des Spiels Nishinoyas Hand gehalten?“

„Was...?“, tritt es überrascht aus seinem Mund. Seine Augen sind noch größer als sonst.

„Hast du?“, frage ich mit Nachdruck und er beginnt sichtbar zu überlegen. Er blinzelt, legt sogar eine Hand ans Kinn. Was soll das? Will er mich zum Narren halten? Ich habe es doch gesehen!

„Ja...“ Ich sehe ihn scharf an. Gibt er es also zu. Er lächelt und fährt sich durch das Haar an seinem Hinterkopf. „Ja, kann sein. Es war so aufregend. Ich musste mich irgendwo festhalten.“ Lachend wirft er den Kopf in den Nacken. Ich sehe zur Seite. Toll. Ihm fiel nichts besseres ein, also nimmt er einfach seine Hand? Als ich ihn wieder ansehe, wirkt er verwirrt.

„Was hast du denn?“

„Ach, vergiss es.“, sage ich schnell und drehe mich weg. Da tritt auch schon Coach Ukai zu uns und beginnt uns zu loben. Hinata lacht wie immer. Als ob nichts gewesen wäre.
 

In der Umkleide scherzen Tanaka und Nishinoya rum. Genervt ziehe ich mein Trikot aus und hole meine Shirt aus der Tasche. Es ist mir eindeutig zu laut hier, ich bin froh, wenn ich draußen bin. Während ich in meine Hose steige, sehe ich zu Hinata. Er sitzt neben mir auf der Bank, noch im Trikot und hält sich vor Lachen den Bauch. Mein Blick folgt seinem und trifft auf Nishinoya, der mit Tanaka um die Wette Siegerposen einnimmt. Beide stehen in ihren Shorts vor einander und zeigen sich ihre Oberarmmuskeln. Wie albern.

Ich wende mich wieder Hinata zu, der beginnt sich lachend Tränen aus den Augen zu wischen. Was findet er nur daran? Das ist doch Blödsinn. Ich mustere seinen Blick, er haftet an Nishinoya. Warum starrt er ihn so an? Findet er das gut? Oder ihn?

„Hey.“, sage ich hart und Hinata dreht mir den Kopf zu.

„Was ist denn?“, fragt er noch belustigt, da höre ich ein Scheppern hinter mir. Ich drehe mich nicht um, doch sein Blick gleitet an mir vorbei und er beginnt wieder zu lachen.

„Gefällt dir was du siehst?“, zische ich und er blickt mich überrumpelt an. Ich neige mich vor und packe ihn an der Schulter, spüre, wie er unter meiner plötzlichen Berührung zusammenzuckt. Ich beuge mich zu ihm runter, um ihn zu küssen.

„Wa...?“, macht er überfordert und drückt seine Hände in mein Gesicht, hält mich auf Abstand. „Was machst du?“ Seine Stimme ist angespannt wackelig während er rot wird.

„Was denkst du denn? Ich will dich küssen.“, sage ich grummelnd und drücke mich zu ihm runter. Er hält dagegen, rutscht ein Stück zurück.

„Hi-Hier?“, stammelt er. „Vor... Vor allen anderen?“ Er blinzelt irritiert, sein Kopf ist feuerrot.

„Ja.“, sage ich knapp, versuche an seinen Händen vorbeizukommen. „Was ist dabei?“

„Sie... Sie können uns sehen...“, meint er deutlich leiser und sieht sich um. Mein Blick verharrt auf seinem Gesicht.

„Na und? Sie können es ruhig sehen.“ Seine Hand rutscht an meiner Wange ab und ich komme ihm näher.

„Nein!“ Er kneift die Augen zusammen. Panik schwingt in seiner Stimme mit, als er ein ganzes Stück von mir weg rutscht. Ich sehe ihn perplex an, wie er vor mir sitzt in Verteidigungshaltung.

So ist das also.

Ich stelle mich aufrecht hin, sehe mit gehobenem Kinn zu ihm runter. „Verstehe.“

Er zieht überrascht Luft ein und sieht geschockt zu mir hoch. Meine Augen werden schmal, dann drehe ich mich um.

„Ka-Kageyama...“ Seine Stimme ist ein leises Hauchen, das meine Ohren kaum erreicht, als ich losgehe, um die Umkleide zu verlassen. „Kageyama!“, ruft er mir nach, doch in bin schon an der Türe, setzte eisern einen Fuß vor den anderen. „Warte, Kageyama!“ Ich gehe weiter, verlasse den Raum. Kühle Luft wirbelt mir durch das noch feuchte Haar. Ob ich ihm peinlich bin? Ich senke den Blick, gehe etwas schneller.

Noch bevor ich das Schloss an meinem Fahrrad öffnen kann, höre ich schwere Tritte von rennenden Schuhen hinter mir. Außer Atem kommt Hinata neben mir zum Stehen.

„Kageyama...“, sagt er nach Luft schnappend und legt die Hand auf meine Schulter. Ich schlage seinen Arm runter. Er braucht gar nicht auf ´heile Welt´ zu machen. Er sieht mich erschrocken an. „Was ist denn nur los?“, fragt er leise und zieht die Hand zur Brust.

„Jetzt tu doch nicht so.“ Ich schnaube und er tritt abwehrend einen Schritt zurück. „Wieso willst du es ihnen nicht sagen?“ Er blinzelt verständnislos. „Darf das Team nichts von uns erfahren?“ Ich spanne die Schultern an und stelle mich vor ihm aufrecht hin. So bin ich locker eineinhalb Köpfe größer als er. Seine großen Augen suchen meinen Blick ab, als würde er hoffen, dort eine Antwort zu finden. Ich halte ihm stand. „Ist es wegen Nishinoya?“

„Was...?“ Er zieht die Augenbrauen zusammen und sieht mich überfordert an.

„Ich habe dich erwischt.“, stelle ich klar. Leugnen ist zwecklos. „Du hältst Händchen mit ihm und starrst ihn an, wenn er halb nackt vor dir steht.“ Wie schamlos von ihm, das zu tun obwohl ich es sehen kann.

„Das stimmt doch gar nicht!“ Er beugt sich vor.

„Ich habe es doch gesehen!“, fauche ich zurück. Seine Haare tanzen als er energisch den Kopf schüttelt.

„Ich.... Ja, ich habe seine Hand genommen. Aber doch nur weil es so spannend war.“, lenkt er ein. Ich sehe zur Seite. So ein Blödsinn. „Und ich habe ihn angesehen, so wie ihn alle anderen angesehen haben.“ Ich knurre vor mich hin. Als ob ich ihm das abnehme. „Ich will nichts von Noya. Wir sind Freunde.“ Mit geballten Fäusten, fest an die Brust gedrückt, sieht er zu mir auf. Ich schenke ihm keine Beachtung. „Was soll das auf einmal? Bist du...?“

„Warum wolltest du mich nicht küssen?“, platzt es aus mir heraus. Meine Stimme ist höher als es mir lieb ist. Ich kann es nicht leiden, wenn man mir meine Unsicherheit anmerken kann.

Er sieht mich erstaunt an. Komm schon. Sag etwas. Ich muss es wissen. Es... tut weh.

„Ich...“, setzt er zögerlich an. Meine Fingernägel bohren sich schmerzhaft in die Handflächen. „Ich will nicht, das...“ Was denn? Sag schon! Er senkt den Kopf, zieht die Schultern hoch. „Ich will nicht, dass sie über uns reden.“

„Reden?“, wiederhole ich überrascht. Er nickt, dann sieht er traurig zu mir auf.

„Was wenn sie lachen? Oder, wenn sie böse darüber sind...?“ Er verlagert unsicher das Gewicht auf sein anderes Bein. „Das will ich nicht.“

Ich schüttele verständnislos den Kopf. Er sieht auf und lächelt sanft.

„Ich liebe dich.“ Mein Herz schlägt schneller. „Ich will nicht, dass uns das jemand kaputt redet. Dafür ist es einfach zu schön...mit dir zusammen zu sein.“ Seine Stimme wackelt.

„Hinata...“ Meine Haltung entspannt sich. Er hat Angst? „Warum sollten sie das tun?“ Er schnieft und zuckt mit den Schultern. „Wir sind Freunde.“, füge ich hinzu und bin sofort selbst von mir überrascht. Waren das nicht seine Worte gewesen?

Er legt den Kopf zu Seite, tritt einen Schritt an mich heran und legt die Stirn an meine Brust. Ich sehe zu ihm runter. Es hat ihm also Sorgen bereitet, wie die anderen reagieren könnten... Hätte nicht gedacht, dass ihn das interessiert. Er fasst meine Jacke am Reißverschluss.

„Vielleicht hast du Recht... Tut mir leid...“ Seine Stimme klingt erschöpft.

Ich atme durch und lege die Arme um ihn. „Schon gut.“

„Ja, wirklich?“ Er sieht mit großen Augen zu mir auf und ich nicke.

„Ich...“ Ich sehe verlegen zur Seite. „Ich habe vielleicht ein bisschen überreagiert.“, gebe ich widerwillig zu. Ich habe ihn einfach überfallen, weil ich es so wollte und nicht beachtet, was ihn vielleicht daran stören könnte.

Er drückt sich an mich und ich lege den Kopf auf seine weichen Haare.

„Das was du gesagt hast...“ Seine Stimme ist von meiner Jacke gedämpft. „Über Noya... Das hast du nicht ernst gemeint oder?“ Ich spüre, wie sich seine Finger in den Stoff krallen.

„Es hat mich irgendwie gestört.“, lenke ich ein. „Aber ich glaube nicht wirklich, dass du was von Nishinoya willst.“ Auch wenn es mir unwirklich erscheint, als Hinata mir gesagt hat, dass er mich liebt, habe ich ihm... geglaubt.

„Okay, weil...“, meint er plötzlich und ich sehe zu ihm runter in die rötlichen Locken. „Sonst würde das bedeuten, dass du eifersüchtig bist.“ Ich spanne erschrocken alle Muskeln in meinem Körper an. Eifersüchtig? Ich bin... Bin ich...? „Und dazu gibt es keinen Grund.“ Er lehnt sich zurück und sieht mir ernst in die Augen. Ich blinzel ihn an. „Ich möchte nur mit dir zusammen sein. Nur mit dir allein.“ „Hinata...“ „Bitte glaube und vertraue mir.“ Sein Blick wird ganz sanft und ich merke, wie es warm in meiner Brust wird. Das sollte ich tun. Er hat Recht. Wie ätzend. Ich lächle leicht.

„Ok. Ich vertraue dir.“ Jetzt zieht sich auch auf seine Lippen ein zartes Lächeln.

Einblick (Hinata)

Ich sehe auf die Uhr, als ich die Umkleidekabine betrete. Oh, ich bin zu früh. Das ist selten. Anscheinend hatte ich heute gut Schwung den Berg hinunter zur Schule. Ich stelle meine Tasche auf die Bank. Es sind schon zwei weitere Taschen dort. Wer ist denn noch zu früh? Bevor ich darüber nachdenken kann, knarrt das Parkett hinter mir und ich wende den Kopf zur Seite. Daichi und Suga betreten den Raum und grüßen mich. Ich lache und grüße zurück. Heute sind wir wohl alle früh dran. Gerade als ich diesen Gedanken beende, kommt Kageyama durch die Tür. „Hey“, sage ich beschwingt und grinse ihn an. Er kommt zu mir rüber, stellt seine Tasche neben meine.

„Hey, Hinata.“ Er sieht sich um. „Wer ist denn auch schon da?“ Er deutet auf die herrenlosen Taschen.

„Keine Ahnung.“ Ich lege den Kopf zur Seite. „Ich habe sie noch nicht gesehen.“ Er nickt überrascht.
 

Wir ziehen uns um und gehen schon mal in die Halle. Je eher wir aufbauen, umso schneller können wir loslegen mit dem Training. Daichi und Suga beginnen das Netz aufzustellen, da kommen Tsukkishima und Yamaguchi in den Raum. Ich grinse. Es gefällt mir, dass heute wohl alle motiviert sind. Tsukkishima holt die Bälle aus dem Geräteraum und Yamaguchi beginnt damit die Stühle an der Seite aufzubauen. „Was ist denn das?“ Ich wende den Kopf und sehe wie Daichi in den Ballcontainer blickt. „Das sind aber nicht alle...“

„Sind welche raus gefallen?“, fragt Yamaguchi und neigt sich ebenfalls über die Bälle.

„Hinata, Kageyama...“ Wir drehen uns zeitgleich zu Daichi um. „Geht bitte in den Geräteraum und sucht die fehlenden Bälle. Die sind bestimmt wieder mit dem Mattenwagen dagegen gestoßen und haben die überall verteilt“, grummelt Daichi und Suga legt beschwichtigend die Hand auf seine Schulter.

„Okay!“, rufe ich und gehe mit Kageyama in den Geräteraum. Er drückt auf den Lichtschalter, doch nichts passiert. Ich zucke mit den Schultern und klettere zwischen den Stangen in die Dunkelheit. Es dauert nicht lange, da entdecke ich die fehlenden Bälle an der Rückwand der Tischtennisplatte, großflächig verteilt. Ich drehe mich um, um Kageyama Bescheid zu geben und erschrecke mich. Er steht direkt hinter mir, sieht aber in eine andere Richtung. „Ka-...“, setze ich an, da drückt er seine Hand über meinen Mund. Ich sehe ihn irritiert an, doch er starrt weiter nach links in die Dunkelheit. „Wa-...?“, dringt meine Stimme durch seine Hand, da drückt er fester zu. Ich schließe den Mund als er den Finger über seine Lippen legt. Ich soll still sein? Er lässt mich los und klettert tiefer in die Richtung, die seinen Blick gefangen hält. Was hat er denn? Ich ducke mich und klettere ihm hinterher, bedacht darauf leise zu sein. Plötzlich stoße ich gegen ihn. Warum hat der angehalten, geht es nicht weiter? Er greift nach hinten und manövriert mich neben sich ohne hinzusehen. Fragend sehe ich zu ihm hoch, doch er beachtet mich nicht. Was ist denn da? Ich drehe den Kopf und folge seinem Blick. Zwischen den Turngeräten lassen kleine Spalten den Blick in den Nachbarraum zu. Das ist der Geräteraum der Turnmannschaft, glaube ich. Auch dort ist es dunkel. Nur das Licht der Hallenbeleuchtung fällt durch die schmalen Schlitze direkt unter der Decke. Ich warte einen Moment, dann höre ich jemanden durch den Mund atmen. Erschrocken sehe ich zu Kageyama hoch, doch sein Mund ist geschlossen. Hier ist noch jemand? Ich wende den Kopf in seine Blickrichtung, ducke mich tiefer, um durch einen Spalt zu sehen. Ich entdecke Beine, da trägt jemand eine Jeans. Das Geräusch von Stoff der an Stoff reibt erklingt. Ich beuge mich vor. Da ist noch jemand. Die Jeans steht uns abgewandt, direkt davor erscheint ein Knie. Jemand keucht auf. Was ist da los? Ich kneife die Augen zusammen. Die andere Person trägt ein Trainingstrikot. Unser Trikot! Das ist einer von uns! Ich sehe zu Kageyama auf, der seine Finger um ein Reck geschlungen hat, um sich weiter vorbeugen zu können. Ein schweres Atmen dringt an mein Ohr und ich wende mich wieder den Unbekannten zu. Unser Teamkamerad streckt seine Hand aus und legt sie der Jeans auf den Hintern. Was...? Er greift zu, ein Stöhnen ertönt und ich werde rot. Wir sollten nicht hier sein! Wir sollten ganz sicher nicht hier sein! Ich drehe mich zu Kageyama und ziehe an seinem Shirt. Er drückt meine Hand weg, fokussiert weiter die anderen beiden. Hey! Ich ziehe fester. Er winkt ab. Was soll denn das? Das hätte ich nicht von ihm erwartet. Er ist ja pervers! Man guckt anderen nicht bei sowas zu! Das gehört sich nicht! Ich stehe auf und ziehe an seinem Arm. Jetzt endlich sieht er mich an. Ich gestikuliere wild, deute auf die Halle. Wir sollten gehen! Er schüttelt den Kopf und ich sehe ihn entgeistert an. Mit verschränkten Armen blicke ich zu ihm runter, ziehe ein Schnute. Er deutet mit dem Kopf auf die Anderen. Lautlos durchatmend zucke ich mit den Schultern, deute rüber, als wieder ein Seufzen erklingt. Meine Wangen dürften die Farbe einer Tomate erreicht haben. Meine Lippen formen ein `Wer` und er nickt. Ich blinzel. Weiß er etwa wer die beiden sind? Er sieht zu mir auf, legt eine Hand an seinen Hinterkopf und streicht mit der anderen über sein Kinn. Hä? Kinn? Ich lege den Kopf zur Seite. Er streift mit der Fingerspitze wiederholt über sein Kinn. Ein Kinn...Ein... Bart? Asahi? Ich zeige ihm drei Finger und er nickt. Mein Kopf dreht sich automatisch zum Nachbarraum und ich sehe durch einen anderen Spalt. Als ein Stöhnen erklingt, bin auch ich mir sicher. Der im Trikot ist Asahi. Aber wer ist der andere, die Jeans? Wer auch immer er ist, er ist gleichgroß und das schnürt mir die Brust zu. Wenn ich jemanden mit Asahi zusammen sehen wollen würde, dann ist es wohl Noya. Aber die Größe stimmt nicht. Ich beiße mir auf die Lippe, sehe zu Kageyama, der sie wieder beobachtet. Ich stupse ihn mit dem Fuß an, woraufhin er wieder zu mir aufsieht. Noch einmal formen meine Lippen ein ´Wer´und ich zeige ihm zwei Finger, bevor ich auf die Anderen deute. Er zuckt mit den Schultern. Verdammt. Im Nachbarraum werden die Atemzüge tiefer und mir schießt die Röte wieder auf die Wangen. Ich werde sicher nicht bleiben bis die da drüben fertig sind, mit was auch immer sie da tun!

Ich wende mich ab und klettere zu den Bällen, beginne sie in Richtung Halle zu werfen.

Als ich alle Bälle rüber geworfen habe, kommt Kageyama zu mir. Ich sehe ihn fragend an. Er sieht zur Seite mit geröteten Wangen. Aha. Ist es ihm also doch peinlich zugeguckt zu haben. Kopfschüttelnd gehe ich in die Halle und er folgt mir.

„Alle gefunden?“ Daichi kommt zu uns und beginnt ein paar der umher rollenden Bälle aufzusammeln.

„Ich denke schon“, sage ich zögerlich und sehe den verlegenen Kageyama an.

Daichi zieht ein Augenbraue hoch. „Alles klar?“

„Ja!“, sagt Kageyama schnell und läuft los, zum Netz. Ich sehe ihm blinzelnd nach.

„Man könnte ja meinen, er hat einen Geist gesehen“, lacht Daichi und ich sehe zu Boden.

„Ja, so ähnlich“, sage ich verlegen lächelnd.

„Hallo, Asahi.“ Sugas Stimme klingelt in meinen Ohren. Ruckartig drehe ich mich um und sehe, wie Asahi in den Raum getrottet kommt. Meine Augen folgen ihm, bis er bei Suga ankommt. Dann wende ich mich dem Eingang der Halle zu. Wo ist Noya? Er sollte durch diese Tür kommen. Jetzt!

Stattdessen betreten Ennoshita und auch Tanaka den Raum. Ich sehe sie enttäuscht an, dann starre ich weiter auf den Eingangsbereich.

„Hey, Hinata.“ Ich sehe auf, Tanaka steht vor mir. „Was ist denn los? Warum hilfst du nicht?“

„Hast du Noya gesehen?“, tritt es über meine Lippen bevor ich drüber nachgedacht habe. Er sieht mich irritiert an. Ich spüre, wie mir schwer ums Herz wird, als ich versuche seinem Blick stand zu halten. Ich presse die Lippen zusammen.

„Ja.“ Ich horche auf, sehe ihn angespannt an. „Er ist in der Umkleidekabine, müsste jeden Moment kommen.“ Er dreht den Kopf und auch ich sehe zur Türe. Genau in diesem Moment tritt Noya grinsend über die Schwelle.

„Hallo zusammen!“ Seine Stimme ist beschwingt, wie immer, wenn wir kurz vor dem Training stehen. Ich blinzele ihn an, folge seinem Weg durch die Halle mit den Augen.

„Wieso meinst du?“, fragt Tanaka und reißt mich aus meiner Trance. Ich werde rot.

„Ähm, also...“, setze ich unsicher an. Soll ich ihm das wirklich sagen? Ich meine, er und Noya sind die besten Freunde... Wenn ich es ihm sage, wird es auch Noya erfahren, da bin ich mir sicher.

„Was hast du denn?“ Er legt den Kopf zur Seite, mustert mich skeptisch.

Aber ist es meine Aufgabe, dass er es erfährt? Wenn... Wenn es Kageyama gewesen wäre, der mit einem anderen als mir in der Gerätekammer rummacht... Allein der Gedanke sorgt für ein Stechen im Magen... Aber... Ich würde es wissen wollen. Ja. Auf jeden Fall.

„Sag mal, Tanaka...“ Er verschränkt die Arme und sieht mich fragend an. „Du und Noya, ihr seid doch super gut befreundet, stimmt?“

Er zieht ein Augenbraue hoch. „Ja, wieso?“ Ich merke, wie meine Wangen wärmer werden.

„Weißt... Weißt du zufällig, ob er... er und Asahi ein Paar sind?“ Nervös knibbel ich an meinen Fingernägeln, während ich meine Schuhe anstarre. Eigentlich geht mich das gar nichts an, warum sollte er es mir sagen...?

„Was?“, tritt es überrascht aus seinem Mund und ich sehe zu ihm auf. Er blickt nervös umher, sein Gesicht wird rot. „Wie-Wie kommst du denn darauf? Also ich meine....“ Er sieht mir in die Augen und senkt die Stimme zu einem Flüstern. „Was wäre, wenn ja?“

Ich blinzele ihn an. Ich denke, er weiß es, hat aber vielleicht versprochen nichts zu sagen. Das würde zu ihm passen. Ich lächle kurz, dann sehe ich ihn ernst an.

„Ich... Ich habe etwas gesehen, dass nicht für meine Augen bestimmt war“, gebe ich zu, kralle die Finger fest in mein Shirt.

„Du hast sie gesehen?!“, flüstert Tanaka angespannt und sieht mich mit weit aufgerissenen Augen an. Ich blinzle nervös.

„Nein. Eben nicht.“, gebe ich zurück und er sieht mich verwirrt an.

„Aber das hättest du gern?“

„Ja.“ Ich senke den Blick. Moment, was habe ich gerade bejaht? „Was? Nein!“ Ich bin schon ganz durcheinander. „Das habe ich nicht gesehen.“

„Was dann?“ Als ich ihn ansehe, wirkt er ernsthaft besorgt. Ich atme durch.

„Ich habe Asahi gesehen... aber der da bei ihm war... das war nicht Noya.“ Ich brauche einen Moment ehe ich mich traue zu Tanaka aufzusehen. Er starrt mich fassungslos an.

„Bist...du dir sicher?“, fragt er schließlich schwerfällig.

„Ja.“ Ich nicke leicht. „Es war zwar ziemlich dunkel, aber da war Asahi. Asahi hat mit jemandem....“ Ich spüre wie ich rot werde. „Er hat mit jemandem rumge...macht. Und der andere der war... so groß wie er.“

Als ich aufsehe, schüttelt Tanaka mit dem Kopf. „Du musst dich irren, das kann nicht sein.“ Er sieht mich ernst an, ich blinzele nur. „Du musst dir echt sicher sein, wenn du sowas behauptest. Lauf nicht rum und erzähl irgendwelche Märchen, verstanden?“ Ich sehe ihn entgeistert an. „Solche Sachen plaudert man nicht rum, sonst entstehen ganz schnell Gerüchte. Verstehst du?“ Scharf durchbohrt mich sein Blick. Ich senke schüchtern den Kopf.

„Ich... Ich habe nicht vor es jemandem zu erzählen. Ehrlich.“

„Und warum erzählst du es mir?“

„Weil...“, sage ich ehrlich. „Weil ich mir Sorgen um Noya mache.“ Ich sehe ihm in die Augen und er blickt tief zurück in meine, als wollte er prüfen, ob ich die Wahrheit sage. „Und ich denke, es ist vielleicht angenehmer für ihn, wenn er es von dir erfährt.“ Tanaka blinzelt überrascht. Dann lächelt er sanft.

„Du bist einer von den Guten, Hinata“, klingt seine Stimme sanft in mein Ohr. Ich hebe den Kopf, sehe ihn überrascht an. Er legt die Hand auf meine Schulter. „Mach dir keine Sorgen. Das klärt sich sicher auf.“ Ich nicke. Das hoffe ich auch.

***

Nach dem Training machen wir uns auf den Weg zu Kageyama. Gedankenversunken trotte ich neben ihm her. Wir sind verabredet heute noch zusammen für die Englischprüfung morgen zu lernen. Wie ich mich darauf jetzt allerdings konzentrieren soll, weiß ich nicht. Ich muss immer an Asahi denken und hoffe sehr, das alles nur ein Missverständnis war.

Wir haben uns schon ein ganzes Stück von der Schule entfernt, da höre ich plötzlich ein Rufen. Ich drehe mich um. Noya kommt auf uns zu gestürmt.

„Hinata!“ Ich schrecke zusammen und nehme meine Tasche in beide Hände. Wenige Sekunden später kommt er keuchend vor mir zum Stehen und stützt sich mit den Hände an meinen Schultern ab.

„Noya...“, sage ich perplex. Muss er nicht in die andere Richtung, um nach Hause zu kommen?

Er schnappt schwerfällig nach Luft, dann sieht er mir ernst in die Augen. Ob Tanaka mit ihm gesprochen hat? Ich bin nervös, greife meine Tasche fester.

„Was du gesehen hast...“ Tanaka hat mit ihm gesprochen. Er keucht, atmet nochmal durch. „Das, was du gesehen hast, das war...ich.“ Er haut mir lachend auf den Kopf und ich lasse vor Schreck meine Tasche fallen.

„Was?!“ Ich schlage eine Hand vor den Mund, die Situation ist mir peinlich.

„Du hast mich nur von hinten gesehen.“ Er greift runter und zieht an seinem Gürtel.

„Aber...“ Ich sehe an ihm herab. Er trägt eine Jeans. Das ist doch...tatsächlich die Jeans , die ich gesehen habe!. „Aber du warst... ich meine... du warst so groß wie Asahi...“, protestiere ich.

Er lacht. „Das stimmt.“ Ich sehe ihn irritiert an. Er klopft mir auf die Schulter und zwinkert. „Ich habe auf einer Kiste gestanden.“ Was?! „Ja. Ich wollte es ihm bequem machen, dass er sich nicht immer zu mir runter beugen muss.“ Er wird ein wenig rot, was ihn niedlich aussehen lässt. Ich seufze und lächle ihn dann kurz an, bevor ich meinen Blick tief senke.

„Oh man. Tut mir echt leid. Also alles.... Das Missverständnis...und auch, dass ich es überhaupt gesehen habe...“ Schuldbewusst lasse ich den Kopf hängen.

„Kein Ding.“ Noya lächelt breit. „Ich finde es echt cool von dir, dass du es Ryu gesagt hast.“

„Ehrlich?“ Ich sehe ihn unsicher an, doch er lacht.

„Ja. Als er mich drauf angesprochen hat, wäre er fast im Erdboden versunken, so unangenehm war es ihm.“ Ich blinzle überrascht. „Du wärst bestimmt gestorben, ehe du ein Wort rausbekommen hättest.“ Er lacht nochmal, diesmal lauter. Da hat er wahrscheinlich Recht. Ich hätte es ihm nicht sagen können. „Also, Danke, dass du dich um mich sorgst.“ Er boxt mich auf die Schulter und ich kichere.

„Gerne.“ Er nickt mir zu, dreht sich um und läuft wieder in die andere Richtung.

„Also, was ihr da habt, da steig ich nicht durch.“ Erschrocken sehe ich rüber zu Kageyama, als seine Stimme in mein Ohr dringt. Ich hatte kurz komplett vergessen, dass er hinter mir steht. Ich beginne zu lachen.

***

Ich liege auf Kageymas Bett und strecke das Englischbuch über mir in die Luft. Seit gefühlten Stunden versuche ich die Grammatikübung zu meistern, aber inzwischen bin ich einfach nur noch müde. Ich sehe rüber zu Kageyama, der tief über sein Buch gebeugt, am Schreibtisch sitzt. Gähnend wende ich mich wieder dem Buch zu, ich möchte ihn nicht stören. Meine Sicht trübt sich und ich reibe mir durch die Augen. Schwer schlägt meine Hand auf das Kissen und ich dämmere weg...
 

Da... Da ist ein warmer, ganz leichter Druck auf meinem Bauch, als ich langsam wieder zu Sinnen komme. Ich spüre einen Kuss, lasse mein Augen genussvoll geschlossen. Ich bin wohl eingeschlafen... Und Kageyama scheint sich entschlossen zu haben mich zu wecken. Mit einem Kuss? So etwas romantisches hatte ich gar nicht von ihm erwartet. Ich bewege sanft meine Lippen, erwidere seine gefühlvolle Berührung. Er zieht Luft durch die Nase ein. Hat er sich erschrocken? Ich drücke mich etwas fester an seine Lippen „Mh...“ Er lehnt sich zurück und ich öffne meine Augen. Er sieht mich mit halboffenen Augen an. Ich lächle.

„So sanft bin ich wohl noch nie geweckt worden.“ Er sieht zur Seite, dann lächelt er auch.

„Du, Hinata...“ Er sieht mich verlegen an. „Darf ich was ausprobieren?“ Ich drehe den Kopf leicht. Wenn man bedenkt, dass ich... und ich glaube er auch... also, dass wir keinerlei Erfahrung haben, mit solchen Dingen, die man eben in einer Beziehung so macht, dann... dann ist wohl alles ein Ausprobieren.

„Ja, klar.“ Ich lächle ihn an. Er nickt und beugt sich über mich. So zu ihm aufzusehen, gefällt mir sehr. Er wirkt wie ein großer Schirm, der sich schützend über meinem Kopf aufspannt. Ich fühle mich wohl.

Er legt die Hand an meine Wange und küsst mich zärtlich. Ich schließe die Augen, genieße seine Nähe. Seine Finger wandern meinen Kiefer hinunter zu meinem Hals, wo sie sich im Nacken in meinen Haaren vergraben. Angetan öffne ich meinen Mund ein Stück weiter, presse meine Lippen fester gegen seine. Seine Hand schiebt sich in den Kragen meines Hemdes. Ich werde rot als mir klar wird, dass sich seine Hand nun unter meinen Klamotten befindet. Er bewegt die Finger, fährt mit sanftem Druck über meine Nackenmuskeln. „Aw...“, seufze ich genussvoll und lasse den Kopf nach hinten fallen. Das ist ja wie eine Massage und es tut sooo gut. „Das ist toll...“, hauche ich und genieße das Gefühl der Entspannung, was sich langsam in mir ausbreitet. Als mich etwas am Kinn kitzelt öffne ich die Augen. Es sind Kageyamas Haare, er hat sich runter gebeugt. Gerade will ich meine Augen wieder schließen, da spüre ich seinen Kuss an meinem Hals. Ein warmer Schauer durchfährt mich und ich bekomme Gänsehaut. Wow. Wie empfindlich diese Stelle ist.

Während seine rechte Hand meinen Nacken massiert, legt er nun seine linke Hand auf meine Brust. Ich spüre die Wärme deutlich durch den Stoff meines Hemdes. Er fährt mit der Hand umher, bis schließlich zwei Knöpfe aus ihren Löchern rutschen. Ich spüre, wie meine Wangen wärmer werden, beobachte seine Hand, genieße dabei seine sanften Küsse an meinem Hals. Reizüberflutet schließe ich die Augen, da spüre ich auf meiner Brust, seine Haut an meiner. „Hah...“, tritt es ohne mein Zutun aus meinem Mund und ich werfe den Kopf in den Nacken. Seine Bewegungen frieren ein. Als ich dies bemerke, öffne ich wieder meine Augen und sehe ihn an. Sein Gesicht ist direkt vor meinem, die Wangen sind gerötet, er sieht zur Seite. Ich blinzele irritiert. Was hat er denn?

„Hey...“, seufze ich und er wird noch röter. „Was ist? Warum hörst du auf?“

„Weil...“, beginnt er zögerlich, hält den Blick beharrlich von mir abgewandt. „Weil es funktioniert.“

„Das was du ausprobieren wolltest?“ Er nickt. „Was wolltest du denn testen?“

„Ob...“ Jetzt sieht er aus wie eine Tomate. Ich sehe ihn fragend an. „Ob du auch so ein Geräusch machst, wenn ich...“ Er hält inne.

„Was?!“ Ich werde spürbar rot. „Du wolltest, dass ich....“ Meine Stimme wird wieder leiser. „Aufkeuche?“ Er blinzelt verlegen, duckt sich leicht. „Und was meinst du mit ´auch´?“ Er schweigt. Ich sehe ihn fragend an, überlege, worauf er hinaus will.

„So wie...er“, sagt Kageyama schließlich und ich blinzele.

„Meinst du etwa... wie im... wie im Geräteraum?“, schlussfolgere ich und er nickt. Ich sehe ihn verdutzt an. Hat er etwa in den Nachbarraum gespannt, weil er sich etwas abgucken wollte? Ich werde rot, sehe zur anderen Seite als er.

Eine Weile verharren wir in dieser Position. Ich möchte irgendwas tun, um diese angespannte Situation aufzulockern. Bestimmt ist es ihm jetzt peinlich und er schafft es nicht über seinen Schatten zu springen und etwas zu tun oder zu sagen. Das sähe ihm ähnlich. Was kann ich also machen? Was will ich denn? Ich denke kurz nach, doch eigentlich ist es mir sofort klar.

„Hast du...?“ Er sieht mich an, ich senke verlegen den Kopf, halte aber den Blickkontakt. „Hast du noch etwas anderes gelernt, dass du ausprobieren möchtest?“

Seine Augen werden groß, mit so einer Reaktion von mir hat er offensichtlich nicht gerechnet.

Plötzlich bäumt er sich hoch, lässt sich auf mich fallen und küsst mich einnehmend. Kurz bin ich überrascht, doch ich lasse mich darauf ein. Sein Gewicht drückt auf meine Hüfte, als ich merke, dass er seine Knie zwischen meine manövriert. Ich hebe die Arme, lege meine Hände in seinen Nacken und ziehe seinen Kopf näher an meinen heran. Als sich unsere Zungen berühren, klingelt mein Handy. Erschrocken atme ich ein und er weicht zurück. Ich sehe ihn überfordert an.

Er hebt den Kopf und sieht an die Wand hinter mir.

„Wie spät ist es?“, meint er plötzlich und ich angele nach meinem Handy. Meine Mutter ruft mich an.

„Kurz vor neun“, antworte ich ihm. Mit geröteten Wangen räuspere ich mich, dann gehe ich dran.

Verständlicher Weise ist meine Mutter wütend, dass ich so spät noch nicht zu Hause bin. Ich erkläre ihr, dass ich mit Kageyama für Englisch gelernt habe und irgendwann beruhigt sie sich wieder. Ich lege auf und seufze. Kageyama sitzt mittlerweile neben mir auf dem Bett. „Meine Mutter sagt, morgen ist Schule und ich soll vernünftig schlafen...Ich soll nach Hause kommen.“

„Das dachte ich mir“, entgegnet Kageyama und sieht zur Decke rauf. „Soll ich dich bringen?“

Ich lächle ihn sanft an. „Das wäre schön.“

Einblick (Kageyama)

Ich sehe von meinem Englischbuch auf, als ich ein beherztes Seufzen höre. Mein Blick wandert rüber zu Hinata. Er liegt in meinem Bett, auf dem Rücken, das aufgeschlagene Buch in der Hand und... schläft? Toll, das sieht ihm wieder ähnlich. Da verabreden wir uns um zusammen zu arbeiten und er pennt einfach weg. Ich stehe auf, die Rollen meines Stuhls kratzen hörbar über den Fußboden. Mit zusammengezogenen Augenbrauen gehe ich zu ihm rüber und lege die Hand auf seine Brust. „Hey, wach auf.“ Ich schüttele ihn leicht, doch seine Seufzer werden nur lauter. Gleich fängt der Idiot wohl noch an zu schnarchen.

Ich beuge mich zu ihm runter, da merke ich, wie sich meine Hand auf seiner Brust in Takt seiner Atmung auf und ab bewegt. Still beobachte ich, wie meine Finger zwischen dem weißen Stoff ruhen, spüre die Wärme, die Hinata ausstrahlt. Sanft bewege ich die Finger, kann seine Muskulatur durch das Hemd fühlen. Ich schlucke und sehe in sein friedliches Gesicht. Wie er entspannt daliegt, den Mund ganz leicht geöffnet... er sieht richtig süß aus. Verlockend. Mein Blick bleibt an seinen Lippen hängen. Wenn ich ihn jetzt küsse, dann würde er sicher nichts davon mitbekommen. Ich bewege meine Hand über seine Brust. Er würde von gar nichts, was ich tue etwas mitbekommen.

Meine Gedanken driften zurück in den Geräteraum, als wir im Dunkeln gehockt haben und Azumane und Nishinoya im Nebenraum... Ich merke, dass mein Herz etwas schneller schlägt. Das Geräusch der tiefen Atemzüge, hat sich in mein Gedächtnis geprägt. Verstohlene Berührungen in der Dunkelheit.

Ich neige mich zu Hinatas Kopf hinunter und lege meine Lippen auf seine. Ein warmer Schauer durchfährt meinen Körper. Gerade als ich meine Hand zu seinem Bauch hinuntergleiten lassen möchte, spüre ich, wie sich seine Lippen unter meinen bewegen und erschrecke. Jetzt ist er doch aufgewacht, das wollte ich eigentlich nicht. Er sieht mich lächelnd an, freut sich über den Kuss.

„So sanft bin ich wohl noch nie geweckt worden.“ Seine Stimme ist noch von Schlaf verhangen, sein Atem immer noch hörbar. Er läuft mir warm den Rücken hinunter. Ob ich ihn dazu bringen kann...

„Du, Hinata...“ Er blinzelt langsam. Es hat etwas leidenschaftliches, was mir irgendwie gefällt.„Darf ich was ausprobieren?“ Ich sehe ihn erwartungsvoll an und er nickt. „Ja, klar.“

Ich setze mich zu ihm aufs Bett und beuge meinen Oberkörper über seinen. Mit halboffenen Augen sieht er zu mir hoch. Mein Herz klopft aufgeregt. Wie er so unter mir im Kissen liegt, gibt mir das Gefühl von Überlegenheit. Dass er in meinem Bett liegt, wird mir jetzt wieder bewusst. Das fühlt sich... richtig an. Ich senke mich ab und lege eine Hand an seine Wange, während ich ihn küsse. Er lässt sich auf mich ein. Seine weichen Lippen lassen meinen Puls ansteigen. Ganz ruhig. Ich erinnere mich an die Bewegungen, die ich im Geräteraum beobachtet hatte und lasse meine Hand in Hinatas Kragen gleiten. Seine Muskeln sind deutlich spürbar. Wenn ich jetzt... Ich übe präzise Druck mit den Fingern aus, massiere seinen Nacken. Er stöhnt auf und ich werde sofort rot. Was für ein berauschendes Geräusch...

„Aw...“ Er wirft genussvoll den Kopf in den Nacken. „Das ist toll...“ Oh ja, das finde ich auch. Ich kann meinen Herzschlag hören, so sehr hat dieser eine Laut ihn beschleunigt. Hinatas frei liegender Hals zieht mich regelrecht an. Ich neige mich vor, küsse die weiche Haut seiner Kehle. Meine Hand, die bisher auf seiner Brust geruht hat, fährt nun unruhig über den Stoff. Ich spüre, wie sich die obersten Knöpfe von seinem Hemd öffnen und schiebe meine Hand unter den Stoff. Hinatas Haut ist warm. Mein Puls steigt an. Sanft platziere ich Küsse an seinem Hals.

„Hah...“, tritt es aus seinem Mund und mir wird schlagartig heiß. Ich... Ich will mehr. Das erschreckt mich. Unsicher hebe ich den Kopf und schlucke. Ich kann doch nicht einfach über ihn herfallen...

Bevor ich weiter nachdenken kann, höre ich Hinatas Stimme. "Hey...“ Seine Stimme ist ein seeliges Hauchen und ich merke, dass mein Atem schneller geht. Ich muss mich beruhigen. „Was ist? Warum hörst du auf?“

„Weil...“ Ich sehe zur Seite. Wenn ich ihm jetzt in die Augen sehe, kann ich mich sicher nicht mehr beherrschen. „Weil es funktioniert.“

„Das was du ausprobieren wolltest?“ Ich nicke, versuche meinen Atem zu kontrollieren. „Was wolltest du denn testen?“

Tja, das ist eine gute Frage. „Ob...“ Ich spüre, wie meine Wangen warm werden. Es ist mir peinlich, dennoch bin ich ehrlich. „Ob du auch so ein Geräusch machst, wenn ich...“

„Was?!“ Meint er überrascht und ich senke den Kopf. „Du wolltest, dass ich...Aufkeuche?“ Seine Stimme ist bewusst leise. Ich knabbere an meiner Unterlippe. Was er wohl dazu sagt, dass ich sowas mit ihm machen möchte? „Und was meinst du mit ´auch´?“

„So wie...er.“, sage nach einer kurzen Pause, um Mut zu sammeln.

„Meinst du etwa... wie im... wie im Geräteraum?“ Jetzt hat er es. Ich schweige verlegen, weiß nicht was ich tun soll. Ob ihm das recht ist?

Schweigen baut sich zwischen uns auf. Was er sagt, als er dann den Mund schließlich öffnet, hätte ich nicht erwartet. „Hast du...? Hast du noch etwas anderes gelernt, dass du ausprobieren möchtest?“

Ich sehe ihn mit weit geöffneten Augen an. Er hat sein Kinn gesenkt und sieht zu mir auf. Das klingt für mich wie eine Einladung...Dann will er auch... mehr mit mir machen? Mein Herzschlag verdoppelt sich, als mich diese Erkenntnis einholt und mein Körper bewegt sich von alleine.

Ich lege mich auf ihn, fahre mit der Hand in sein Haar und drücke meine Lippen auf seine. Ohne zu zögern, öffne ich meinen Mund und spüre sofort seine Zunge an meiner. Seine Hände in meinem Nacken ziehen mich zu ihm. Er will es auch. Mein Atem wird tiefer. Ich schiebe meine Beine zwischen seine Knie und seufze angetan in unseren Kuss, als plötzlich sein Handy klingelt. Erschrocken bricht er den Kuss ab und sieht mich hilfesuchend an. Ich seufze innerlich. Warum muss das blöde Ding ausgerechnet jetzt klingeln? Als ich aufsehe, merke ich, dass es bereits dunkel geworden ist.

„Wie spät ist es?“, frage ich verwirrt und sehe zu meiner Uhr auf, während sich Hinata unter mir hervor windet und an sein Handy geht.

„Kurz vor neun.“ Er telefoniert mit seiner Mutter. Ich setze mich auf und sehe zur Decke. Na toll. Wenn es wirklich schon so spät ist, dann sollten wir wohl zügig schlafen gehen, schließlich schreiben wir morgen Englisch. Allerdings würde ich so gerne jetzt noch ganz andere Dinge tun. Ich spinze rüber zu Hinatas Knien, die unruhig auf und ab wippen, während er versucht seine Mutter zu beruhigen. Wenn ich ihn jetzt an den Schultern packe und unter mich ins Bett drücke... ob er sich mir dann...

„Meine Mutter sagt, morgen ist Schule und ich soll vernünftig schlafen...Ich soll nach Hause kommen.“, reißt mich seine Stimme aus meinen Fantasien.

„Das dachte ich mir.“, entgegne ich. „Soll ich dich bringen?“ Ich möchte gerne noch etwas in seiner Nähe sein. Außerdem will ich sicher gehen, dass er gut zu Hause ankommt.

Er lächelt zärtlich. „Das wäre schön.“

***

Hand in Hand schlendern wir durch die Straßen. Es ist kaum noch jemand unterwegs. Als wir am Park vorbei gehen, gleitet mein Blick in die Dunkelheit. Ich könnte Hinata abdrängen und hinter einem Baum mit ihm im Gebüsch verschwinden. Ich schlucke, sehe zu ihm rüber. Er gähnt. Meine Finger schließen sich etwas fester um seine. Hier draußen wäre ihm das sicher nicht Recht. Es könnte ja auch jederzeit jemand vorbeikommen. Ich schüttel den Kopf.

Wir kommen an Hinatas Haus an und bleiben vor der Mauer stehen. Er sieht zu Boden, zögert meine Hand loszulassen. Unsicher sehe ich zur Seite. Was soll ich machen?

„Ich würde dich gerne noch mit rein nehmen.“, sagt er auf einmal und ich sehe ihn überrascht an. Er blickt hinauf in den Himmel. „Leider ist es schon zu spät dafür.“ Er zieht einen Schmollmund und ich lächle leicht. Schön, dass er das so sieht wie ich. Ich will ihn auch noch nicht verlassen. Ich drehe mich zu ihm und lege meine Hand in seinen Nacken. Er streichelt mit seinen Fingern über meinen Handrücken. Ich werde rot. Ist er mit Absicht so zärtlich oder einfach nur müde?

„Ich würde nichts lieber tun als mit dir auf dein Zimmer zu gehen.“, tritt es über meine Lippen und er sieht mich mit großen Augen an. Sofort sehe ich ihn wieder vor mir im Bett liegen, mit dem Blick, der nach mehr fragt. Mein Herz klopft schneller.

Bevor ich ein weiteres Wort sagen kann, schlingt Hinata seine Arme um meinen Hals und küsst mich hingabevoll. Ich drücke ihn an mich, spüre seine betörende Wärme an meinem Körper. Seine Hand gleitet über meine Brust, unter meine Jacke und ein warmer Schauer durchfährt mich. Ich will so viele Dinge tun, doch dies ist nicht der richtige Ort. Ich drücke ihn zurück, doch er hält dagegen.

„Was machst du denn?!“, frage ich aufgebracht und er lässt endlich von mir ab.

„Küss mich mit Zunge.“, fordert er mit leicht gesenkten Lidern und ich werde rot. Ich will ja nichts anderes...

„Sieh mich nicht so an.“ „Wie denn?“ Er legt den Kopf zur Seite, was ihn nur noch begehrenswerter macht. Ich wende den Blick ab. „Du hast ja keine Ahnung, was du in mir auslöst.“

Verwirrt blinzelnd lehnt er sich zurück und sieht mich dann fragend an. Dachte ich es mir doch. Er hat keinen Plan, was er da tut. „Du kannst mich doch nicht so küssen, direkt vor eurer Haustüre...“ Er wird rot, bemerkt wohl jetzt auch, dass wir vor seinem Haus stehen. „Idiot.“ Er zieht eine Schnute, dann senkt er nachdenklich den Kopf. Ich nutze den Moment um durchzuatmen, richte meine Klamotten.

„Kageyama.“ Ich sehe zu ihm auf, als seine Stimme in mein Ohr dringt. „Morgen ist Freitag. Daichi hat angesetzt, dass wir im Clubraum übernachten.“ Ich erinnere mich daran und nicke. „Am Samstag...“ Er sieht auf und sein Blick trifft meinen fest. „Samstag fährt meine Familie nach Tokio, um Verwandte zu besuchen.“ Warum erzählt er mir das? „Ich werde mich raus reden.“ Was? „Ich bleibe zu Hause. Dann... dann kannst du vorbeikommen...“ Ich spüre die Röte auf meine Wangen schließen. „Dann haben wir Zeit, sind alleine und niemand wird uns stören.“ Ich blinzel, mein Atem stockt. Er will mit mir alleine sein? Das er das so zugibt und uns auch noch eine Möglichkeit dazu eröffnen will...ich bin sprachlos. Das hätte ich nicht von ihm erwartet. Er sieht mich fragend an, die Wangen gerötet. Ich schlucke, dann nehme ich seine Hände zwischen meine.

„Ok.“, sage ich mit leichter Aufregung in der Stimme. Er beginnt zu lächeln.

„Ok.“, haucht er, neigt sich vor und küsst mich sanft. „Gute Nacht.“

„Gute Nacht.“ Langsam gleitet seine Hand aus meiner und er läuft zur Eingangstüre. Ich sehe ihm nach, bis er im Hausflur verschwindet.

Wagnis (Hinata)

Ich lege die Hände in den Schoß und sehe mich etwas nervös um. Mit mir sitzen Kageyama, Daichi, Sugawara, Tanaka, Ennoshita, Yamaguchi, Tsukkishima, Asahi und Nishinoya im Kreis. In der Kreismitte liegt eine Wasserflasche. Zudem steht vor jedem von uns ein gefülltes Glas. Was da drin ist, weiß ich allerdings nicht, Suga wollte es nicht verraten. Ob das Alkohol ist? Jedenfalls haben wir alle Schlafsachen mitgebracht und werden im Clubraum übernachten.

Teambildende Maßnahmen... oder so. Das hat Daichi gesagt, als Begründung für den heutigen Abend. Er meint, es wäre doch schön, wenn wir mal was außerhalb des Volleyballfeldes zusammen machen würden. Also sind wir nach dem Training einfach in der Halle geblieben. Eigentlich finde ich es cool mit den anderen zu spielen, sogar wenn es diesmal nicht Volleyball ist. Aber Flaschendrehen? Ich kenne mich damit nicht gut aus und das macht mich ganz kribbelig.

„Ok, sind alle bereit?“, lächelt Daichi und klatscht in die Hände. „Wir spielen ´Noch niemals im Leben...´. Hierbei macht jemand eine Aussage, die mit diesen Worten beginnt. Jeder auf den die Aussage zutrifft, muss einen Schluck trinken.“

Ich sehe das Glas vor mir an.

„So können wir uns noch ein bisschen besser kennen lernen.“, sagt Sugawara lächelnd und ich nicke. Ok, das könnte witzig werden. Dann sehe ich rüber zu Kageyama, der vor ich hin starrt. Hm, es könnte auch ziemlich peinlich werden... Was dabei wohl alles ans Licht kommt?

Ich sehe zu Daichi, der sich nach vorne lehnt und die Flasche zwischen Daumen und Zeigefinger nimmt.

„Gut. Es geht los.“ Er dreht die Flasche mit Schwung. Ich neige den Kopf zur Seite, während ich gespannt verfolge, bei wem sie wohl stehen bleiben wird. Kageyama.

Er blinzelt irritiert und sieht Daichi fragend an.

„Kageyama, du fängst an. Sag etwas, was auf dich zutrifft.“

Er sieht überlegend zur Decke hoch, scheint einige Optionen durchzugehen.

„Es wäre schön, wenn das heute noch was wird.“, mault Tsukkishima und Kageyama funkelt ihn böse an.

„Ok, also...“, fängt er an. Dann sieht er zu Boden. „Noch niemals im Leben habe ich bei einer Prüfung geschummelt.“

Gespannt sehe ich in die Runde. Ob das wirklich schon mal jemand von uns gemacht hat? Ich bin dafür viel zu nervös, ich würde sicher erwischt werden...

Tanaka und Nishinoya greifen nach ihrem Glas und nehmen einen Schluck.

„Was echt?“, frage ich und sehe zwischen den beiden hin und her.

„Ja, ich habs versucht, aber es hat nichts gebracht. Die Antworten, die ich mir unter den Pulli geklemmt hatte, haben nicht zu den Fragen gepasst.“, lacht Tanaka und kratzt sich verlegen am Kopf.

„Und ich war dann doch zu aufgeregt und habe nicht drauf geguckt.“, sagt Noya mit einem Schmollmund.

Daichi deutet auf die Flasche und sieht Kageyama an. Dieser richtet sich auf und dreht sie. Die Flasche stoppt bei mir.

„Oh.“, mache ich überrascht und denke nach. „Noch nie im Leben habe ich Ketchup, Mayo und Senf verrührt und gegessen.“ Tsukkishima lacht.

„Wie fies.“, kommentiert er. Dann greifen Yamaguchi und Noya zu ihrem Glas. Er blinzelt Yamaguchi irritiert an.

„Ohne Mist, das ist echt lecker.“, sagt er mit geröteten Wangen.

Hm, vielleicht sollte ich das auch mal versuchen. Gedankenversunken drehe ich die Flasche. Ennoshita.

„Wollen wir es etwas interessanter machen?“, fragt er neckisch und sieht sich in der Runde um. Ich schlucke nervös. Was meint er denn jetzt damit? „Noch niemals im Leben... habe ich in diesem Gebäude rumgeknutscht.“

Was? Ich sehe ihn an, kann spüren, dass ich rot werde. Das Gebäude der Turnhalle? Ok, von Zweien aus dieser Runde weiß ich es, wir haben sie ja schließlich gestern erst erwischt.

Ich sehe auf, als sich Hände zu ihren Gläsern bewegen. Es sind Daichi, Sugawara, Nishinoya und ganz zögerlich auch Asahi.

„Woa!“, mache ich überwältigt und schlage die Hand vor den Mund. Daichi und Suga also auch. Ich schüttele den Kopf. „Also echt. Wir trainieren hier doch...“ Ich senke den Blick. Kageyama schleicht sich in meine Gedanken. Als wir hier alleine waren, da hätte ich es einfach tun können, also ihn küssen. Aber ich habe mich nicht getraut.

Als ich aufsehe, dreht sich die Flasche wieder. Tsukkishima.

Oh je, das wird sicher fies. Ich sehe ihn an und er grinst. Dachte ich es mir doch.

„Noch niemals im Leben habe ich... es mit dem Mund gemacht.“

Alle um mich herum zucken zusammen. Ich lege fragend den Kopf zu Seite.

„Was denn?“, frage ich verwirrt und ernte verlegenes Schweigen. Dann sehe ich Kageyama an. Als er meinen Blick spürt wird er rot und sieht zur Seite.

„Na was wohl...“, meint er mit gedrückter Stimme. Ich blinzele. „Es.“, sagt er mit Nachdruck. Ich ziehe erschrocken Luft durch die Nase ein. Es?! Ich kralle meine Finger in die Trainingsshorts, habe irgendwie ein bisschen Angst aufzusehen. Als ich mich traue, neigen sich zwei Hände schüchtern zu ihren Gläsern. Sugawara und Asahi trinken. Ich starre sie mit knallrotem Kopf an. Auch Sugawaras Wangen sind leicht gerötet, Asahis Kopf ist feuerrot und er sieht aus, als wolle er im Boden versinken.

„Kann bitte jemand die Flasche drehen?“, sagt Asahi mit aufgeregt wackliger Stimme. Schulterzuckend geht Tsukkishima seiner Bitte nach. Sugawara.

„Noch niemals im Leben, habe ich von einem anderen Menschen gegessen.“

„Gegessen?“, hakt Yamaguchi nach.

„Ja. Ein Lebensmittel auf jemanden drauf gelegt und es mit dem Mund aufgenommen.“

Ich überlege, dann greife ich zum Glas. Mit mir greift Tsukkishima nach seinem Glas. Ich sehe ihn an und er hebt eine Augenbraue. Ich trinke. Das ist also Apfelsaft. Aber da ist noch was anderes drin... Hm. Den Geschmack kenne ich nicht. Ist das...?

„Von.. von wem?“, dringt es in mein rechtes Ohr und ich sehe Kageyama an, der mich mit geröteten Wangen ansieht. Er blickt verlegen und ernst zugleich drein.

Ich kratze mich lächelnd am Hinterkopf. „Ich habe mal Erdbeeren auf Natsus Bauch gelegt und dann gegessen. Sie hat die ganze Zeit gelacht, weil es so gekitzelt hat.“

Sugawara beginnt zu lachen und Kageyama sieht mich verdutzt an.

„Und du Tsukkishima?“ Ennoshitas Augen sind schmal, als er zu ihm rüber sieht.

„Das geht euch nichts an.“ „Ach, komm schon. Ist es dir peinlich?“, neckt Ennoshita zurück. Tsukkishima seufzt und verzieht keine Miene, als er weiterspricht. „Ok. Es war Zuckersirup und es war Yamaguchis Finger.“

Yamaguchi wird rot und schlägt die Hände vors Gesicht. „Tsukki...“

Sugawara beugt sich vor. „Also, es muss natürlich niemand etwas verraten, was er nicht möchte... ist klar oder?“ Er dreht die Flasche. „Es soll sich ja keiner schlecht fühlen.“

Ich beobachte die Flasche. Diesmal stoppt sie wieder bei Ennoshita. Er sieht Daichi fragend an, dieser nickt auffordernd.

„Hm... Noch niemals im Leben, habe ich draußen versaute Sachen gemacht.“

„Draußen? Unter freiem Himmel meinst du?“, fragt Tanaka. Ennoshita nickt. „Voll der Nervenkitzel.“, lacht Tanaka.

Ich denke nach. Wir haben uns nur geküsst. Das finde ich nicht versaut, nur romantisch. Ich sehe in die Runde. Nishinoya, Ashahi und Daichi nehmen ihr Glas. Ich sehe Asahi an. „Mensch, hinter deiner Fassade steckt ja ein richtiger Draufgänger.“

Er wird rot und Tsukkishima stößt ihm den Ellbogen in die Seite. „Ja ja. Stille Wasser sind tief.“ Er schlägt die Hände vors Gesicht und Noya schlägt ihm grinsend auf den Rücken.

Ennoshita dreht die Flasche und sie stoppt bei Tanaka.

„Ok.“, setzt Tanaka an. „Noch niemals im Leben bin ich fremdgegangen.“

Ich sehe ihn geschockt an. Von all den Fragen bisher, ist dies wohl die privateste. Also... selbst wenn ich es getan hätte, was ich nie tun würde, dann wüsste ich nicht, ob ich den Mut hätte, jetzt nach meinem Glas zu greifen. Ich senke den Blick.

Dann sehe ich, wie sich eine zur Faust geballte Hand löst und sich zaghaft zu einem Glas bewegt. Mir stockt der Atmen. Ich beobachte wie das Glas vom Boden abhebt, an die Lippen geführt wird und er einen Schluck trinkt. Ich starre ihn ungläubig an. Das hätte ich nie, niemals auch nur in Erwägung gezogen. „Daichi...“, tritt es verunsichert aus meinem Mund.

Er senkt das Glas und setzt es auf seinem Schoß ab, sieht betroffen zu Boden.

„Glaubt mir...“, setzt er mit bedrückter Stimme an. „Darauf bin ich wirklich nicht stolz. Das war der größte Fehler meines Lebens...“

„A...Aber wie...?“ Ich kann das nicht glauben.

„Ich...“ Er umklammert das Glas in seiner Hand. „Ich hatte Probleme... Die Beziehung lief nicht gut, wir hatten ein riesigen Streit.“ Er zieht die Augenbrauen zusammen. „Ich habe an dem Abend... zu viel getrunken und habe mich minderwertig gefühlt.“ Er schluckt. „Diese andere Person hat mit mir geflirtet und... ich fühlte mich plötzlich begehrenswert... dann habe ich... es einfach zugelassen...“

Ich senke bedrückt den Kopf.

„Es tut mir so leid.“ Er krallt die Finger seiner freien Hand in seine Trainingshose, zieht gequält die Schultern hoch. Plötzlich sehe ich wie sich Sugas Hand bewegt und sich auf Daichis legt. Dieser sieht überrascht auf. Suga sieht ihn mit sanftem Blick an.

„Wir haben doch darüber gesprochen.“ Seine Stimme ist weich. Daichi sieht ihn mit glänzenden Augen an. „Es ist ok.“ Er lächelt leicht.

Daichi schließt kurz die Augen und sammelt sich. „Ja.“, sagt er schließlich mit gedrückter Stimme und lächelt sanft zurück. Suga schließt lächelnd die Augen.

„Ich...“ Wir drehen Tanaka den Kopf zu. „Ich möchte mich entschuldigen. Es tut mir leid, dass ich so etwas angesprochen habe.“

„Ist schon gut.“, sagt Daichi und atmet durch.

„Danke.“, sagt Kageyama plötzlich und ich drehe meinen Kopf zu ihm. Er sieht Daichi an. „Du musst uns sehr vertrauen, um diese unangenehme Sache mit uns zu besprechen. Also... Danke.“

Da hat er Recht. Ich wende mich Daichi zu und nicke. Dieser lächelt.

„Darf.. Darf ich nochmal?“, fragt Tanaka und ich sehe ihn überrascht an.

„Ok.“, sagt Suga und Daichi nickt.

„Also...“ Tanaka holt Luft und lächelt dann leicht. „Noch niemals im Leben war ich glücklich in einer Liebesbeziehung. Jetzt gerade, zum Beispiel.“

Suga greift als erstes nach seinem Glas. Daichi lächelt ihn beherzt an als sie gemeinsam einen Schluck trinken. Noya nimmt sein Glas, dann auch Yamaguchi, Asahi und Tsukkishima. Ich lege meine Finger um mein Glas, da sehe ich wie Kageyama sein Glas anhebt und trinkt. Ich grinse breit und nehme auch einen Schluck.

„So so.“ Mein Blick schwenkt zu Tsukkishima, der Kageyama eingehend mustert. „Du hast also tatsächlich jemanden gefunden, der deinen Ansprüchen gerecht wird?“

Kageyamas Blick gleitet zu ihm rüber. Er verzieht keine Miene, lässt sich nicht provozieren.

„Ja.“, antwortet er knapp und ich kralle die Finger in meine Shorts. Tsukkishima blinzelt irritiert. Mit dieser Antwort hat er wohl nicht gerechnet. Wohl eher, dass er peinlich berührt ist oder beginnt es abzustreiten.

Ich fahre mit den Händen über meine Oberschenkel, dann sehe ich Kageyama an. Er sieht zu mir rüber ohne den Kopf zu drehen, hält meinen Blick einen Moment gefangen, bis ich ihm zunicke. Er schließt kurz die Augen, dann zieht sich ein Lächeln auf seine Lippen und er legt die Hand auf mein Knie. „Er ist perfekt.“

Tsukkishima beginnt zu husten. So laut und kurzatmig, dass Yamaguchi ihm verzweifelt auf den Rücken klopft. Vollkommen ruhig beobachtet Kageyama die Szene. Ich hingegen kann spüren, wie mein Kopf immer röter wird. Es dauert einen Moment, ehe ich mich traue in die Runde zu blicken. Während Asahi verdutzt blinzelt, strahlt mich Noya aus vollem Herzen an. Tanaka sieht lächelnd zu Boden, Ennoshita kratzt sich verlegen am Kopf.

„Ich sags doch.“, meint Sugawara grinsend zu Daichi und dieser lacht leicht auf.

„Ja, du hast Recht. Wie immer.“

Langsam stiehlt sich ein Lächeln auf meine Lippen. Das alle so entspannt reagieren, hatte ich nicht erwartet. Doch je länger ich darüber nachdenke, umso abwegiger kommt es mir plötzlich vor, dass ich überhaupt an ihnen gezweifelt habe.

Zusammen (Kageyama)

11 Uhr. Ich stehe, wie verabredet, vor Hinatats Haustüre. Seine Familie ist seit einer Stunde weg. Er hat mir geschrieben, dass ich herkommen soll, dass wir jetzt alleine sind. Ich atme unruhig durch, sehe die Klingel an. Wie wird das jetzt ablaufen? Will er mit mir alleine sein, ungestört, damit wir...? Ich spüre die Wärme auf meinen Wangen, schlucke. Meine Hand bewegt sich zur Klingel und ich drücke den Knopf. Keine zwei Sekunden später höre ich ein Poltern im Haus. Da hat es aber jemand eilig. Ich grinse, dann geht die Türe auch schon auf. Hinata steht keuchend vor mir. Er trägt eine Shorts und ein gelbes T-Shirt auf dem eine Sonne aufgedruckt ist.

„Kageyama.“, sagt er strahlend und bittet mich mit einer Handbewegung hinein. Ich gehe an ihm vorbei, ziehe mir die Schuhe aus und betrete den Flur. Er steigt die Stufe zu mir hinauf und bleibt vor mir stehen, sieht unsicher zu mir auf.

„Guten Morgen.“, sage ich und neige mich zu ihm runter, küsse ihn mit leichtem Druck.

Er sieht mich hingabevoll an. „Guten Morgen.“

Wir sehen uns einen Moment an, dann sehe ich unsicher zur Seite. Was soll ich machen? Ich bin ein wenig überfordert.

„Kageyama.“ Ich sehe ihn an, als seine Stimme an mein Ohr dringt. Er sieht verlegen zu mir auf, knibbelt an seinen Fingernägeln. „Willst... willst du mit mir in mein Zimmer gehen?“

Überrascht ziehe ich kurz die Augenbrauen hoch. Er will also direkt zur Sache kommen. Doch sicher wirkt er auf mich nicht. Ich fasse ihn an der Schulter, woraufhin er zusammenzuckt. Er sieht zu mir auf, blinzelt schnell. Er ist total aufgeregt, die Situation ist viel zu angespannt. So wird das sicher nichts. Und so will ich es auch gar nicht.

„Ich habe einen Bärenhunger.“ Er sieht mich überrascht an. „Ich bin ohne Frühstück los.“, gebe ich zu und er dreht den Kopf zur Küche.

„Wir haben noch Reis da. Ich kann dir ein Ei dazu braten oder ein Stück Makrele.“ Er legt nachdenklich den Kopf zur Seite. Von seiner Nervosität ist nichts mehr zu merken.

Ich lächle sanft, während er losgeht und wir zusammen in die Küche gehen.
 

Hinata entpuppt sich, zu meiner Überraschung, als guter Koch. Das Ei ist auf den Punkt gebacken und lecker abgeschmeckt.

„Sehr gut.“, sage ich kauend und er wicht sich die Hände an der Schürze ab.

„Ja? Es freut mich, dass es dir schmeckt.“ Er grinst breit, bevor er sich dem Abwasch widmet. „Ich wäre ein prima Ehemann.“

Ich lache auf, woraufhin er sich wieder zu mir dreht. „Ja.“ Er sieht mich mit weit geöffneten Augen und roten Wangen an. „Was ist?“, frage ich und ziehe eine Augenbraue hoch.

„Ich... Ich hätte nicht gedacht, dass du mir zustimmst.“ Ich erstarre. Erst jetzt realisiere ich, dass ich das tatsächlich getan habe. Ich werde spürbar rot. „Und ich mag dein Lachen...“ Er lächelt verlegen, kommt zu mir rüber und beugt sich runter, um mir einen sanften Kuss auf die Lippen zu drücken. Mein Herz schlägt schneller. Das war das erste mal, dass er sich zu mir runter gebeugt hat. Gefällt mir das etwa? Ich sehe ihm zu, wie er die Pfanne abwäscht, esse nebenbei auf.

Nachdem er die Schürze weg gehängt hat, drehe ich meinen Stuhl zur Seite.

„Hinata.“ Er dreht sich mit fragendem Blick zu mir um. „Komm her.“ Er stellt sich vor mich. „Setzt dich.“ Er legt den Kopf zur Seite. Ich klopfe auf meine Oberschenkel.

„Was?“ Röte schießt ihm auf die Wangen. „Auf...auf deinen Schoß?“

„Ja.“ Ich blinzel. Was ist denn daran so abwegig?

„Okay...“ Er steigt mit einem Bein über mich und setzt sich etwas steif auf meine Knie. „Bin ich dir nicht zu schwer?“ Ich schüttel den Kopf und lege meine Hände an seine Hüfte. Er sieht mich verlegen an. Ich fasse ihn fester und ziehe ihn zu mir, bis er gegen mich rutscht. Hinata zieht überrascht Luft ein. Ich muss den Kopf in den Nacken legen, um zu ihm hochzusehen. Er sieht zu mir runter, sein Blick wechselt von überrascht zu angetan. Sanft legt er die Hand an meine Wange. Ich entscheide ihm die Führung zu überlassen und schließe meine Augen. Zärtlich fahren seine Fingerspitzen über meine Wange, wandern zu meinem Nacken und ich spüre wie er mir durchs Haar fährt. Das fühlt sich schön an. Ich merke, dass mein Körper sich entspannt. Da spüre ich seinen Kuss. Zärtlich, mit wenig Druck legt er immer wieder seine Lippen auf meine. Es hat etwas verspieltes, dass ich lächeln muss. Dann bewege auch ich meinen Mund, versuche seine Lippe zwischen meinen festzuhalten indem ich an ihr sauge. Als ich seine Unterlippe erwische, hält er inne, lässt zu dass ich sie mit der Zunge betaste. Mein Atem geht tiefer, da presst er sich gegen mich. Sein Mund öffnet sich weiter, ich spüre seine Zunge an meiner. Seine Bewegungen sind langsam, genussvoll. Meine Hand gleitet unter sein Shirt, fährt über den warmen Rücken. Das Gefühl von seiner Haut an meiner ist berauschend. Ich will noch mehr von ihm spüren, drücke seinen Rücken zu mir. Er bricht den Kuss ab, um hastig durchzuatmen. Die Gelegenheit ausnutzend, winde ich meinen Kopf an seinem vorbei und küsse seinen Hals. Er zieht die Schulter leicht hoch, doch senkt sie dann wieder. Ich küsse die weiche Haut vor mir etwas fester. Er keucht auf, was mir einen heißen Schauer über den Rücken jagt. Ich ziehe an seinem T-Shirt, bis sein Schlüsselbein frei liegt, platziere sanfte Küsse den Knochen entlang bis zur Schulter. Ungewohnt fest drücken sich seine Finger in meine Schultern. Ich sehe auf. Er hat den Kopf in den Nacken geworfen, die Augen genießend geschlossen, seine Wangen sind gerötet. Begehrenswert. Ich will ihn nach hinten umwerfen und mich über ihn legen, seinen Körper an meinem spüren. Es stört mich nicht im geringsten, dass unter uns nur der kalte, harte Küchenboden wäre... Doch... genau das beunruhigt mich. Ich halte mich zurück, will ihn nicht erschrecken. Keine Ahnung, ob er das ähnlich empfindet.

„Hey...“ Ich sehe zu ihm auf, er lächelt sanft. „Worüber denkst du wieder nach? Ich habe dir doch gesagt, dass du dir keine Sorgen machen brauchst.“ Stimmt. Das waren seine Worte bei unserem ersten Date. Ich senke den Blick. „Um ehrlich zu sein... Ich habe mir bestimmt genug Gedanken für uns beide gemacht...“

„Wie meinst du das?“ Fragend lege ich den Kopf zur Seite.

„Ich... Ich habe sehr viel über dich nachgedacht, in letzter Zeit.“ Sein Blick senkt sich verlegen.

„Wieso?“ Irgendwie beunruhigt mich das. Ist er sich etwa unsicher, ob wir zusammen sein sollten?

„Du bist immer in meinen Gedanken...“ Sein Lächeln lässt mein Herz schneller schlagen. „Ich denke an dich, wenn ich aufwache... und wenn ich lernen sollte... beim kochen... und wenn ich ins Bett gehe...“ Er wird röter im Gesicht. „Vor allem, wenn ich ins Bett gehe...“ Was meint er? Träumt er von mir? Ich blinzel ihn verwirrt an was er wohl bemerkt, denn er zieht schüchtern die Schultern hoch. Nimmt dann aber wohl nochmal seinen Mut zusammen, um weiter zu sprechen. „Wenn es dunkel ist und ich alleine bin...“ Er blinzelt aufgeregt schneller. „Dann denke ich an dich. Ich stelle mir vor, dass du bei mir bist und mich küsst und mich an-...“ Seine Stimme wird immer leiser, bis ich ihn nicht mehr verstehe.

„Was...?“, tritt es ungläubig aus meinem Mund. Er phantasiert mich nachts herbei?

„Und du mich anfasst!“ Sein Kopf ist feuerrot, dann sieht er zur Seite. „Das du mich das so laut sagen lässt...“ Oh. Er hat meine Frage wohl so interpretiert, dass ich ihn nicht verstanden habe, dabei bin ich einfach nur überrascht. Moment, was hat er gesagt?! Ich soll...will er etwa...?

„Hinata.“ Ich spüre die Wärme auf meinen Wangen. Er sieht mich mit gesenktem Kinn an.

Das ist er, der Blick, der nach mehr fragt. Mein Herz klopft aufgeregt schneller. Als ich nicht reagiere, nimmt der meine Hand zwischen seine, schiebt sie unter sein Shirt, seinen Bauch hinauf. Ich atme schneller, merke, dass der ungefilterte Kontakt zu ihm meine Ohren rauschen lässt. Diese weiche Haut... Meine Handfläche fährt über seine Brust und er schließt die Augen. Mir wird warm, ich kann spüren, wie sich seine Brust hebt und senkt, im Takt seiner tiefen Atemzüge. Er genießt meine Berührung sichtbar. Was soll ich tun? Er drückt meine Hände fester gegen seine Haut, keucht auf. Mir stockt der Atem. Er scheint genau zu wissen, was er will und hat bereits begonnen mich zu dirigieren. Ich halte still, lass ihn entschieden wohin meine Hände gleiten, dabei beobachte ich sein hingebungsvolles Gesicht, die konzentriert geschlossenen Augen.

„Kageyama.“ Das Herz in meiner Brust macht einen holprigen Sprung als seine Stimme, wie ein Hauchen, an mein Ohr dringt. Er schlägt die Augen auf, sieht runter zu meinem Bauch. „Ich würde gerne...“ Seine Wangen erröten etwas mehr als zuvor. „Darf ich...?“ Er greift nach meinem Shirt und zieht es langsam ein Stück nach oben. Aufregung steigt in mir auf. Was will er? Will er, dass ich mein Shirt ausziehe? Ich schlucke. Dann geht es wohl jetzt los. Ich merke, wie meine Wangen wärmer werden, als ich meine Arme nach oben strecke. Hinata fährt mit beiden Händen unter mein Shirt und legt sie auf meine Brust. Mein Blick gleitet zu seinem Gesicht, doch seine Bewegung friert ein. Ich beobachte ihn regungslos, er scheint unfokussiert vor sich her zu starren. Was hat er? Warum macht er nicht weiter? Bevor ich weiter nachdenken kann, spüre ich seine Finger, die über meine Brustmuskeln streichen. „Wow...“ Ich wende ihm überrascht den Kopf zu. „Richtig hart...“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Was hat er denn erwartet? Seine Hände gleiten mit sanftem Druck über meine Haut. Langsam senke ich meine Arme wieder. Ich glaube, er will mich doch nicht ausziehen... Warum fühle ich mich erleichtert?

Als ich sehe, wie er die Augen schließt, tue ich es ihm gleich. So zärtlich hat mich noch nie jemand berührt. Es fühlt sich schön an. Gerade als die Entspannung einsetzt, spüre ich seinen Kuss am Hals und eine Gänsehaut legt sich über meinen Körper. Da ist sie wieder. Die Wärme, die von meinem Bauch in den ganzen Körper strahlt. Mein Puls steigt an, der Atem geht schneller. Seine Zunge fährt über die empfindliche Haut und noch bevor ich es bemerke, stöhne ich auf.

Ich spüre, wie sein Körper zusammenzuckt und öffne langsam die Augen. Er hat den Kopf zu mir gedreht und sieht mich erstaunt an. „Was ist?“, tritt es über meine Lippen und er blinzelt mich an. Was hat er denn? Ich senke den Kopf ein Stück. Es ist mir unangenehm, wie irritiert er mich anstarrt.

„Dieses Geräusch...“, haucht er überwältigt.

Peinlich berührt drehe ich den Kopf weg. Was soll das denn jetzt? Da küsst er mich an so eine empfindsame Stelle und wundert sich, dass mir das vielleicht gefällt? Macht er sich jetzt lustig? Das kann ich wirklich nicht gebrauchen...

Seine Hand legt sich an meine Wange und er dreht meinen Kopf zu sich, dass wir uns in die Augen sehen. „Das war der Wahnsinn.“ Ich blinzel überrascht. „Mach das nochmal.“

„Was?“ Ich drücke ihn zurück und ziehe die Augenbrauen zusammen. Ich bin doch keine Gerät, bei dem man auf einen Knopf drückt und dann macht es ein Geräusch. „Das Geräusch, was du gemacht hast...“ Seine Augen funkeln begeistert, als er die Hand auf seine Brust legt. „Das ist durch meinen ganzen Körper gejagt.“ Ich lege den Kopf zur Seite. „Ja. Wie als wäre mein Blut plötzlich wärmer geworden. Ich konnte mein Herz schlagen fühlen.“ Er imitiert den Herzschlag mit seiner Hand, klopft sich auf die Brust.

Ich blinzel, dann verstehe ich langsam, was er versucht mir zu beschreiben. Genau das selbe fühle ich auch, wenn er mich so anziehend ansieht. Ich werde rot.

„Kannst du das nochmal machen? Ich will den Rausch nochmal spüren.“ Er fasst mein Shirt am Kragen und funkelt mich auffordernd an.

„Das.. kann ich nicht steuern.“, gebe ich widerwillig zu. Er neigt den Kopf. „Es... Es ist ein Gefühl.“

„Ein Gefühl, dass ich in dir auslöse?“ Ich nicke spürbar errötend. Er lächelt angetan. „Wow. Ich hätte nicht gedacht, dass ich sowas kann.“ Er lacht und ich merke, wie sich ein Lächeln über meine Lippen zieht. So ist es gut. Es sind Momente wie dieser, die ich mit Hinata haben möchte. Ganz frei und zwanglos.

Ich nehme seine Hand. „Hinata.“ Er lächelt erwartungsvoll. „Ich will mit dir zusammen sein.“ Er nickt und sein Lächeln wird breiter. „Ich will all die kleinen Schritte mit dir gehen und dann auch die großen.“

„Ja, das möchte ich auch.“, haucht er liebevoll, dass mein Herz schneller schlägt.

„Ich...“ Ich senke verschämt den Blick. „Ich habe das Gefühl, du hast mich heute zu dir eingeladen, damit wir... also... zusammen...“ Ich schlucke. „Damit wir einen, wenn nicht sogar den einen großen Schritt gehen.“ Man, ist mir das peinlich. Wieso kriege ich es nicht über meine Lippen und rede so dämlich drum herum?

„Das verstehe ich nicht.“ Er legt den Kopf zur Seite und sieht mich so unschuldig an, dass mir die ganze Situation noch peinlicher wird.

„Warum wolltest du, dass ich heute zu dir komme?“, platzt es fast patzig aus mir heraus. Jedoch scheint er meinen angespannten Tonfall nicht zu bemerken, denn er legt nachdenklich die Hand an sein Kinn. Dann lächelt er mich an.

„Ich dachte, du möchtest ungestört mit mir alleine sein.“

Als er nicht weiterspricht, beginne ich nachzuhaken. „Und warum?“

„Warum denn nicht?“ Er lacht leicht auf und ich habe das Gefühl, dass mir die Gesichtszüge entgleisen. Ist das sein Ernst? Er hatte keine Hintergedanken? Lädt mich zu sich ein, wenn garantiert niemand zu Hause ist, fordert mich sogar auf mit ihm auf sein Zimmer zu gehen und erwartet...nichts? „Was hast du?“, fragt er plötzlich und ich schüttel mit dem Kopf.

„Ach nichts...“, seufze ich. Ich habe mir ganz umsonst einen Kopf gemacht. Ich hatte plötzlich das Gefühl, dass alles zu schnell geht. Dabei ist dieses Tempo mir viel angenehmer.

„Kageyama.“ Ich sehe ihn an und er legt meine Hand auf seine Brust. „Spürst du das? Spürst du, wie mein Herz schlägt?“

Ich sehe ihn überrascht an, dann fühle ich genau hin. Tatsächlich. Ich nicke. „Das machst du.“ Ich sehe ihn fragend an. „Du machst, dass es so aufgeregt in meiner Brust umher tanzt.“

Ich atme aus. Manchmal ist er so süß, dass ich es kaum aushalte.

Reaktion (Kageyama)

Ich reibe mir den Schweiß von der Stirn als Coach Ukai das Training unterbricht.

„Leute, so geht das nicht.“ Ich wende mich ihm zu und auch die anderen stellen ihre Bewegungen ein, kommen zusammen. „Die Annahmen sind furchtbar, lässt man mal Nishinoya und Sawamura außer Acht. Wir üben das jetzt.“ Coach Ukai stellt einen Kasten auf der anderen Netzseite auf und steigt auf ihn drauf. Shimizu holt den Ballwagen und stellt sich dann neben ihn. Verstehe. Er wird Angriffsschläge simulieren und wir nehmen sie an. „Hinata, Tsukkishima und Yamaguchi. Ihr seid als erstes dran.“

Ich gehe ein paar Schritte zurück, um Platz zu machen. Dabei beobachte ich Hinata der sich zwischen den anderen aufstellt. Er sieht nervös aus. Klar, er ist der Schlechteste aus der Mannschaft, was die Annahme angeht. Ich verschränke die Arme vor der Brust, bin gespannt.

Erst schlägt Ukai der Reihe nach auf die Drei. Am besten stellt sich Tsukkishima an, auch wenn ich das nicht gerne zugebe. Die meisten Bälle die Hinata treffen, gehen unkoordiniert quer über das Spielfeld. Dies scheint auch Ukai zu bemerken, denn er schlägt auf Hinata mit zunehmender Taktzahl.

„Los, Hinata. Streng dich an.“ Seine Stimme ist fordernd. Ich kann von meiner Position aus sehen, wie ihm der Schweiß die Schläfe runter läuft. Keuchend hechtet er nach den Bällen, stemmt sich zügig wieder auf die Beine, um direkt den nächsten Ball anzunehmen. Als Ukai ihm immer schneller die Bälle um die Ohren schlägt, schafft er es kaum noch dazwischen aufzustehen.

Ich senke meine Hände und gehe zwei Schritte auf das Netz zu. Von vorne kann ich Hinatas Bewegungen besser sehen. Yamaguchi und Tsukkishima sind inzwischen sogar aus der Hocke wieder aufgestanden, da sie eh keine Bälle annehmen müssen. Wie ich, beobachten sie Hinata, der mit der zunehmenden Erschöpfung kämpft, darauf fokussiert nicht aufzugeben, es immer wieder zu versuchen. Seine Schuhe quietschen auf dem Boden, immer wieder treffen seine Knie und Ellbogen hörbar das Parkett. Es dauert nicht lange und er schafft es nicht mehr rechtzeitig die Hände zu bewegen. Die ersten Bälle knallen gegen seine Hüfte und die Schulter. Die Wucht reißt ihn mit, doch selbst als er keuchend an Boden liegt, schlägt Ukai weiter auf ihn zu. Ich balle die Hände zu Fäusten, merke, wie mein Puls steigt. Das ist nicht schön mit anzusehen. Hinata stöhnt auf, als ein Ball in seinem Bauch landet. Ich schlucke, sehe zu den anderen rüber, die die Situation angespannt beobachten. Dann trifft mein Blick den von Nishinoya. Er sieht mich mit finster zusammengezogenen Augenbrauen an, nickt mir zu. Ich laufe auf meine Position auf dem Spielfeld. Der nächste Ball trifft Hinatas Oberschenkel. Immernoch auf dem Rücken liegend, stemmt er sich auf die Arme, doch Hüfte und Beine, bleiben am Boden. Er keucht, kneift angestrengt ein Auge zu.

„Komm schon!“, fordert Ukai, doch Hinata verschränkt nur die Arme vor dem Gesicht, als der nächste Ball auf ihn zufliegt.

Genau in diesem Moment springt Nishinoya über Hinata, setzt einen Fuß je links und rechts neben seiner Hüfte auf, geht in die Knie und nimmt den Ball an.

„Kageyama!“, brüllt er aus voller Brust und spielt den Ball im hohen Bogen zu mir. Ich brauche mich nicht zu bewegen, hebe nur die Arme, mache mich bereit.

„Tanaka!“, rufe ich und sehe, wie er anläuft als ich ihm den Ball zuspiele.

Tanaka springt ab und schlägt den Ball mit voller Kraft auf Coach Ukai. Dieser kann gerade noch rechtzeitig einen Arm heben, sonst wäre der Ball in sein Gesicht geflogen. Von der Wucht des Balles getroffen, strauchelt er kurz auf dem Kasten.

„Na, wie ist das? Fühlt sich scheiße an, wenn einen ein Schmetterschlag trifft, oder?“, kommentiert Tanaka wütend.

Ich hebe das Kinn voller Genugtuung und sehe den Coach scharf an. Das hat er verdient.

„Hey, Shoyo. Alles klar?“ Nishinoya hat sich zu Hinata umgedreht und reicht ihm die Hand, um ihm aufzuhelfen.

„J-Ja...“, sagt dieser verunsicher und lässt sich hochziehen. Verwirrt sieht er zu mir rüber. Er hat wohl nicht damit gerechnet, dass wir eingreifen würden. Ich nicke ihm zu. Er lächelt leicht.

Ukai beginnt zu lachen. Ich blinzel ihn irritiert an. Was ist plötzlich so witzig?

„Jungs, ich bin echt stolz auf euch.“ Er grinst uns an. Was? „Ihr habt bestanden, das war ein Test.“ Verwirrt sehe ich zu Hinata rüber, der ihn fragend ansieht. Ukai stemmt die Hände in die Hüfte. „Ich wollte euren Teamgeist prüfen.“

„Teamgeist?“, haucht Tanaka verständnislos und Ukai lacht wieder auf.

„Ich wollte wissen, ob ihr dazu bereit seid, euch sogar gegen eine Autorität aufzulehnen, wenn euer Kamerad in Bedrängnis gerät. Natürlich war das sehr unfair von mir.“ Er legt eine Hand an seinen Hinterkopf und sieht Hinata an. „Tut mir leid, dass du mein Sündenbock warst. Alles ok bei dir?“

Hinata legt den Kopf zur Seite. „Ja, alles gut. Das hat nicht weh getan. Es war nur echt anstrengend.“ Er lacht kurz auf.

„Gut, dann bin ich froh. Dennoch bitte ich dich um Entschuldigung.“ Er neigt sich vor und Hinata lacht verlegen.

„Ach was, halb so wild. Schon gut.“

Ich gehe zu ihm und lege meine Hand auf seine Schulter.

„Wirklich?“, frage ich mit Nachdruck und er nickt eifrig. Es würde mich nicht wundern, wenn er sogar stolz darauf wäre als Exempel benutzt worden zu sein. Er grinst. Dachte ich es mir.

Zielgerade (Hinata)

Der Tag der Nationalmeisterschaften rückt langsam näher. Wir trainieren jeden Tag, vor und nach der Schule, auch an den Wochenenden haben wir nur den Sonntag Nachmittag frei. Zum Glück stehen im Moment keine Prüfungen an, sonst würde ich echt in Bedrängnis geraten. Für Nachhilfe habe ich jetzt keine Zeit und schon überhaupt keine Lust.

Kageyamas und meine Angriffe funktionieren mittlerweile wie im Blindflug, es ist als wäre unsere Verbindung auf dem Spielfeld noch viel stärker geworden, seit wir ein Paar sind. Wenn ich mit ihm auf dem Feld stehe, schlägt mein Herz vor Freude schneller. Ich bin glücklich. Mehr als je zuvor.
 

Das Training nach der Schule war heute richtig beflügelnd. Alle so in Topform zu sehen ist einfach klasse. Ich brauche etwas länger um mich umzuziehen, da ich mich immer wieder von Tanaka ablenken lasse, der mir Komplimente zu meinen immer besser werdenden Annahmen macht.

„Ohne Mist, ich betrachte dich als Kokurrenz.“ Tanaka sticht mir in die Seite.

„Was? Ich kann dir lange nicht das Wasser reichen.“, entgegne ich, spüre, wie ich vor Verlegenheit rot werde.

„Du bist wirklich besser geworden, Hinata.“ Ich wende den Kopf und sehe zu Kageyama, der seine Trainingsshorts gerade in seine Tasche packt. „Ich bin überzeugt, du wirst diesmal sogar in der Abwehr nicht nur ein Klotz am Bein sein.“

Ich blinzle ihn an.

„War das jetzt ein Kompliment?“, fragt Sugawara, den Blick zu Daichi gerichtet. Dieser lacht.

„Ja, das ist Kageyamas Art jemanden zu loben.“

„Naff.“, erklingt es auf dem Türrahmen und ich sehe noch für einen kurzen Moment Tsukishimas blonden Haarschopf, als er den Raum verlässt. Sein Lachen ist nicht zu überhören.

Kageyama knurrt vor sich hin. Ich klopfe ihm auf die Schulter. „Mach dir nichts draus. Du kannst halt nicht in allem perfekt sein. Ich verstehe dich schon.“ Ich grinse ihn breit an und er schaut mich verwundert an. Was hat er denn?

„Tschüss, bis morgen.“ Ich wende den Kopf um zu bemerken, dass nur noch Daichi, Sugawara, Asahi und Nishinoya in der Umkleide sind.

„Ich muss noch zum Konrektor.“, fällt Daichi ein.

„Ich komme mit dir. Wir können ja danach nochmal nach hier kommen und abschließen.“, schlägt Sugawara vor. Daichi stimmt ihm zu und die beiden gehen ins Schulgebäude.

„Mach hinne.“, murrt Kageyama und sieht mich auffordernd an. Ich lächle, weil ich sofort verstehe, was er mir damit sagen will. Er wird mich nach Hause bringen. Grinsend stopfe ich meine Klamotten in die Tasche und eile zu ihm.

„Schon da.“

Wir gehen zu den Fahrrädern und ich drapiere meine Tasche auf dem Gepäckträger.

„Hinata.“ Ich hebe den Blick. Kageyama steht direkt neben mir, den Kopf zu mir gesenkt. Ich drehe mich zu ihm, lege den Kopf in den Nacken. Ich kann seinen Blick nicht deuten. Beschäftigt ihn etwas? Als er sich mir nähert, schließe ich die Augen, erwarte seinen Kuss mit Herzklopfen.

„Hattest du nicht ein Paar Laufschuhe von heute Morgen dabei?“

Überrascht öffne ich die Augen wieder, um zu sehen, dass Kageyama sich über meine Tasche gebeugt hat und den Inhalt betrachtet. Ich werde rot. Was hab ich mir gedacht? Als ob er mich auf dem Schulhof küssen würde.

„J-Ja, du hast Recht.“, lenke ich hastig ein. „Ich geh sie schnell holen.“ Daraufhin starte ich einen Sprint, ohne ihn nochmal anzusehen.

Ich laufe so schnell, dass ich ganz außen Atem bin, als ich an der Umkleide ankomme. Keuchend lehne ich mich an eine Säule vor dem Eingang, da höre ich plötzlich Stimmen aus dem Raum vor mir.

„Ich weiß es doch auch nicht.“ Das ist Nishinoyas Stimme. Er klingt aufgebracht, aber auch ein wenig traurig. „Lass uns einfach versuchen, die Nationalmeisterschafen zu genießen. Du und ich, gemeinsam mit unseren Freunden.“ Jetzt schwang Noyas gewohnte Euphorie in seinen Worten mit.

„Du hast ja Recht.“ Ah, er redet mit Asahi. „Es ist nur... Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt.“

„Sei nicht so ein Angsthase und lass es doch einfach mal auf dich zukommen.“ Noya klingt motivierend. Er hat Recht. Sich zu viele Sorgen zu machen, vermiest einem nur den Augenblick.

„Das sagt du so einfach...“ Asahis Stimme wirkt bedrückt, wie so oft. „Wenn ich zur Uni gehe...“

„Sag das nicht!“ Ich erschrecke, wie laut Noyas Stimme auf einmal wird und lehne mich näher an die Säule neben mir.

„Aber...“

„Versteh mich nicht falsch, ich finde es toll, dass du auf die Uni gehen willst... nur...“ Mit jedem Wort wird Noyas Stimme leiser. „Ich will nicht daran denken.“

„Woran?“

„Das du gehst...“

Ich zucke zusammen. Stimmt ja. Asahi ist ein Jahr älter als Nishinoya. Wenn er zur Uni geht, startet Noya erst das letzte Jahr der Oberschule. Sie werden getrennt werden... Ich schlucke.

„Noya... Nicht traurig sein.... Das war doch absehbar, ich meine...“

Ich höre, wie Asahi aufkeucht, als hätte ihn ein Ball in die Magengrube getroffen. Neugierig strecke ich den Kopf zur Seite, um am Türrahmen vorbei zu spinzen. Noya drückt sich fest an Asahis Brust, hält ihn mit den Armen umklammert.

„Halt mich...“, murmelt Noya in Asahis Shirt.

„Was...?“

„Mach es einfach!“, fordert Noya und drückt sich fester an ihn.

Asahi hebt die Arme und legt sie um Noyas Schultern, streicht ihm fürsorglich über das Haar. Ich spüre, wie mein Herz schneller schlägt. Noya so verletzlich zu sehen, macht mir Angst, das ist einfach nicht normal. Ob er gerade weint? Ich hoffe nicht, spüre, wie meine Wangen warm werden. Sonst heule ich gleich mit...

„Ich werde auf dich warten, Noya.“, meint Asahi auf einmal, seine Stimme ist weich und liebevoll. „Auch wenn wir vielleicht ein Jahr oder so nicht in einer Mannschaft zusammen spielen, du bist und bleibst meine Nummer 1.“ Noya lehnt sich ein wenig zurück, um mit großen Augen zu Asahi aufzusehen. „Der Schutzgott meines Herzens.“

„Asahi...“

Im nächsten Moment beugt sich Asahi zu ihm runter und küsst Noya zärtlich.

Wow. Ich hätte nicht gedacht, dass Asahi so gut mit Worten umgehen kann.

Als Noya die Arme um seinen Hals schlingt und sich zu ihm hochzieht, tief in den Kuss versunken, bemerke ich erst, dass ich vor der Tür stehe und die beiden schon eine Weile beobachte. Was mache ich hier? Warum guck ich da zu? Ich spüre die Röte auf meine Wangen schießen. Ich kann da jetzt unmöglich rein gehen. Schnell drehe ich mich rum und renne zurück zu den Fahrrädern.

Kageyama steht gegen mein Fahrrad gelehnt und starrt in den Himmel als ich bei ihm ankomme.

„Wo sind deine Schuhe?“

„Ich hole sie morgen.“, sag ich schnell mit rotem Kopf und schließe mein Fahrrad los.

„Und... wo warst du dann die ganze Zeit?“, fragt er überrascht.

„Ist doch egal!“

„Okay...“ Kageyamas Stimme klingt verständnislos.

„Komm.“, lenke ich schnell ab. „Wir sollten nach Hause gehen.“ Ich laufe los und er tritt an meine Seite während wir das Schulgelände verlassen.

***

Wir sind schon eine Weile gelaufen, bevor ich das Schweigen breche, was sich zwischen uns aufgebaut hat.

„Möchtest du...?“ Ich strecke meine Hand auf Hüfthöhe zu ihm rüber. Er sieht ratlos zu mir. Ich werde rot, nehme seine Hand und gehe weiter. Es dauert ein paar Schritte bis merke ich, wie er seine Finger um meine schließt. Seine Hand ist warm. Das fühlt sich schön an.

„Ich mag dich.“, kommt es plötzlich über meine Lippen. Ich weiß nicht warum, aber ich möchte es ihm gerade sagen. Als er schweigt sehe ich zu ihm rüber und er blinzelt mich irritiert an. Verlegen drehe ich den Kopf wieder weg. „Willst du gar nichts dazu sagen?“, hake ich nach und vergrabe mein Kinn in der Jacke. Er schweigt weiter. Habe ich ihn jetzt überfordert?
 

Etwas verunsichert löse ich meine Hand aus seiner als wir vor meinem Haus zum Stehen kommen und lehne mein Fahrrad gegen die kleine Mauer um unseren Vorgarten.

Meine Gedanken schweifen zu Asahi und Noya. Sie haben nicht das Glück noch weitere zwei Jahre zusammen zur Schule zu gehen und Volleyball zu spielen, so wie Kageyama und ich. Ich will nicht von ihm getrennt werden. Allein der Gedanke verursacht mir Bauchschmerzen. Ich will die Zeit mit ihm genießen, wenn mir dieses Glück schon gegeben ist.

„Komm noch mit rein.“, sage ich zu Kageyama und sehe sofort in seinen überraschten Blick. Ich will mich noch nicht verabschieden.

Er errötet. „Ok...“
 

In meinem Zimmer werfe ich meine Tasche in die Ecke. Kageyama hat gerade die Tür hinter uns geschlossen, da ziehe ich ihn zu mir. Irritiert fährt er herum und ich drücke mich an seine Brust. „Ist...Ist alles in Ordnung?“, fragt er halb besorgt, halb überfordert.

„Mir wird nur gerade bewusst, wie viel Glück ich habe.“

„Hm?“

„Das ich dich bei mir haben darf.“ Ich lächle zufrieden und atme tief durch. Kageyamas Shirt riecht nach Frühling. Süßlich, fast blumig. Sicher kommt es frisch aus der Wäsche.

„Was... Wie meinst du das?“, fragt er zurückhaltend.

Ich lehne mich zurück, lächle ihn an. Seine Wangen sind gerötet.

„Ich liebe dich, Kageyama.“

Seine Augen werden groß und er starrt mich an. Ich kann nicht anders als von Herzen zu lächeln. Dann spüre ich seine Hand in meinem Nacken. Er nähert sich mir und ich stelle mich auf die Zehenspitzen, spüre, wie sich unsere Lippen berühren. Sein Kuss ist zärtlich, fast zurückhaltend sanft. Mein Herz beginnt schneller zu schlagen, ich drücke mich an ihn. Er drängt mich zurück, doch ich folge seinen Bewegungen. Während seine linke Hand in meinem Nacken ruht, legt sich die rechte auf meinen Rücken. Er drückt mich nah an sich als ich einen Widerstand an den Waden spüre. Ich lehne mich weiter zurück bis ich das Gleichgewicht verliere. Jedoch falle ich nicht. Kageyama hält mich fest, beugt sich mit mir im Arm runter, bis ich auf meinem Bett liege und er auf mir drauf. Sofort schieben sich seine Beine zwischen meine und er zieht die Hand an meinem Rücken zurück, um sie neben meinem Kopf ins Bettlaken zu stemmen. Ich merke, wie sein Gewicht weniger wird, er sich über mir aufrichtet und zu mir runter sieht. Ich lasse meine Arme locker, dass meine Hände neben den Schultern liegen. Ich hätte erwartet, mich schutzlos zu fühlen, so wehrlos unter ihm zu liegen, doch das tue ich nicht. Im Gegenteil, es ist als wäre er mein Schutzschild. Ich lächle sanft, lege meine Hand an seine Wange. Er blinzelt langsam, sieht mich weiter an. Bestimmt ist er wieder in tausend Gedanken versunken. Das wäre typisch für ihn.

„Hör auf nachzudenken.“, fordere ich ermutigend und lasse meine Hand in seinen Nacken wandern, ziehe ihn zu mir runter. „Küss mich...“, hauche ich als sein Gesicht ganz nah an meinem ist.

Seine Arme rutschen höher und er stützt sich auf den Ellbogen ab während er den Mund öffnet und mich küsst. Er ist so warm. Ich winkel meine Beine an, schlinge sie um seine Hüfte und ziehe ihn noch dichter an mich ran. Seine Nähe, die Wärme seines Körpers schießt durch meine Adern. Noch bevor ich es merke, habe ich den Mund geöffnet und spüre seine Zunge an meiner. Ich keuche auf, mir bleibt regelrecht die Luft weg. Meine Finger krallen sich in sein Shirt und ich ziehe ihn zu mir. Er bäumt den Rücken hoch, senkt den Kopf an meine Brust, dass meine Finger über ihn gleiten und ich sein Shirt plötzlich in den Händen halte. Huch. Ich blinzel ihn mit großen Augen an. Das war eigentlich nicht meine Absicht gewesen. Er richtet sich über mir auf, zieht seine Hände aus den Ärmeln und sieht angetan zu mir runter. Ich schlucke, drücke sein Shirt an meine Brust, bemerke sofort, wie meine Augen über seinen Oberkörper wandern.

„Hah...“, hauche ich, strecke meine Hand nach ihm aus, um über seine Bauchmuskeln zu fahren. Mein Puls steigt spürbar, ich merke, wie ich rot werde. Er sieht so gut aus. Dann sehe ich wie sich sein Mund zu einem Grinsen verzieht. Blinzelnd sehe ich zu ihm auf. Sein Blick spricht Bände. Er hat genau erfasst, was mir durch den Kopf geht. Mir gefällt was ich sehe und das weiß er.

Er kommt mir entgegen, bis ich die Hände flach auf seiner Brust ablegen kann. Meine Ohren rauschen lauter als je zuvor. Ich kann nicht mehr tatenlos hier liegen bleiben. Meine Arme um seinen Nacken geschlungen, ziehe ich mich hoch bis ich vor ihm sitze, die Beine fest an seine Hüfte gepresst. Ich werfe mich nach vorne, küsse ihn einnehmend, drücke meinen Körper gegen seinen. Was ist das für ein Gefühl? Es ist als könnte ich ihm nicht nahe genug sein. Es reicht mir nicht. Ich will mehr.

Mit aller Kraft drücke ich ihn nach hinten bis wir gemeinsam umkippen. Dennoch lasse ich nicht von ihm ab, küsse ihn hingabevoll. Mit einem festen Griff an den Schultern, drückt er mich hoch, dass unsere Oberkörper plötzlich eine halbe Armlänge getrennt sind. Keuchend sehe ich zu ihm runter. Seine Augen sind halb geschlossen, der Mund leicht geöffnet. Seine roten Wangen verraten mir, dass auch sein Blutdruck gestiegen ist. Der Blick von hier oben auf sein schönes Gesicht und seinen viel zu perfekten Oberkörper gefällt mir sehr. Ich strecke meine Hand nach seinem Gesicht aus, streiche ihm zärtlich ein paar Haare aus der Stirn während ich ihn verliebt anlächle.

Er schluckt. Sein Blick wandert über mich. Er sieht aus als würde er sich konzentrieren, doch stände kurz davor einfach loszulassen. Sein Atem geht unregelmäßig.

„Hinata.“ Seine Stimme klingt unsicher.

Ich entgegne mit einem Lächeln. „Kageyama.“, hauche ich fast neckisch, indem ich ihn imitiere und seinen Namen sage.

Etwas in seinem Blick schwappt über. Er zieht mich zu sich runter, presst seine Lippen gegen meine. Ich spüre, wie er seine Hüfte gegen mich drückt und ich das Gleichgewicht nach vorne verliere. Ich keuche kurz auf, dann lege ich meine Hände auf seine Brust. Er schlingt die Arme um mich, zieht mich noch enger an sich ran, bis meine Brust gegen seine drückt. Da mir der Atem stockt, breche ich den Kuss ab und lege meine Stirn an seine Halsbeuge. Seine tiefen Atemzüge dringen in mein Ohr, die Luftbewegung kitzelt meine Haut. Mir ist so warm, sicher sind meine Wangen noch röter als seine. Ich merke, wie er seine Finger in meinen Haaren vergräbt und die andere Hand über meinen Rücken fährt als wolle er sich versichern, dass ich wirklich da bin. Er schiebt mein Shirt hoch, berührt mit bewusstem Druck meine Haut am Rücken. Ich schließe die Augen, genieße seine Nähe, drück meinen Kopf an seinen und beginne unterbewusst seinen Hals zu küssen. Er stöhnt auf und eine Hitzewelle durchfährt meinen Körper. Wow.

Seine Hand wandert meinen Rücken hinunter und gleitet in der selben Bewegung unter den Bund meiner Hose. Ich öffne überrascht die Augen. Seine Handfläche befindet sich noch oberhalb des Bundes, liegt flach und ruhig auf meiner Haut. Nur seine Finger bewegen sich darunter ein wenig unsicher hin und her. Ich merke, wie mich seine Unsicherheit ansteckt. Vielleicht sollten wir kurz mit einander reden.

Ich drücke mich ein wenig hoch. Als er dies bemerkt, lockert er seinen Griff, bis wir uns ansehen können. Leise keuchend sieht er mir in die Augen als würde er eine Antwort auf eine noch nicht gestellte Frage suchen.

„Wo führt das hin?“, übernehme ich die Rolle des Fragenden und er blinzelt langsam.

„Wohin du willst.“ Seine Stimme ist leise, doch fest und tiefer als sonst.

Ich schlucke. Wie meint er das? „Was... willst du denn?“, hake ich nach, drücke meine Finger an seine Brust.

„Einfach alles.“, haucht er und ich spüre wie sich seine Finger bewegen. Er streicht über nur wenige Zentimeter, doch es jagt mir eine wohlige Gänsehaut über den Rücken.

„Alles?“, frage ich unsicher, spüre Aufregung in mir aufsteigen. Er legt den Kopf zur Seite und sein Blick ändert sich. Das Gesicht kenne ich nur zu gut. Er überlegt.

„Wenn du aufhören willst...“, setzt er an.

„Nein.“, sage ich etwas zu laut, unterbreche ihn.

Er blinzelt mich an, dann wird sein Blick warm. „Ok.“, haucht er und streichelt mir zärtlich über die Wange. „Aber wenn doch, dann sag es einfach.“

Ich sehe ihn unsicher an, auch wenn mir seine liebevolle Berührung sehr gefällt. „Ja? Ich will dich nicht enttäuschen.“, gebe ich zu.

Er lächelt und mir geht das Herz auf. „Wirst du nicht.“ Seine Finger bewegen sich langsam über meine Wange.

„Was macht dich so sicher?“, hake ich nach.

Seine Hand fährt in meinen Nacken und er zieht mich näher zu sich, mein Lieblingslächeln auf den Lippen. „Ich...“, beginnt er und ich sehe ihn erwartungsvoll an. Sein Blick wechselt zwischen meinen Augen hin und her, dann verschwindet das Lächeln. Er stockt. Er möchte etwas sagen, doch ich habe das Gefühl, er weiß nicht, wie er es ausdrücken soll. Ich lege den Kopf zur Seite und er blinzelt ein paar Mal, senkt den Blick. „Ich ...“ Unter meinen Händen spüre ich, wie sein Herz aufgeregt schneller schlägt. Was will er mir nur sagen? Ich blinzel als er anscheinend wieder den Mut findet mich anzusehen. Seine Wangen werden röter, er fasst meine Schultern fest. Ich erschrecke mich, doch zucke nicht zurück. Es ist Kageyama, das ist schon ok. Ich sehe ihn mit großen Augen an. „Ich liebe dich, Hinata.“

Mein Herz macht einen Satz. Ich spüre deutlich, wie all die Anspannung von mir abfällt. Erleichtert lache ich kurz auf und er legt seine Stirn an meine als müsst er kurz verschnaufen. Wow. Er hat es gesagt. Er hat es wirklich gesagt. Mein Herz klopft freudig schneller.

Dann kippt er den Kopf, tastet mit seinen Lippen nach meinen. Ich ergebe mich in einen leidenschaftlichen Kuss...

Zielgerade (Kageyama)

„Ich liebe dich, Kageyama.“

Seine Worte fahren ungebremst durch meinen ganzen Körper. Obwohl es nicht das erste mal ist, dass Hinata das zu mir sagt, kann ich nicht anders als ihn überfordert anzustarren. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll, denn... ich glaube ihm. Und genau das verunsichert mich ungemein. Es ist als würde er mir damit Erwartungen auferlegen, doch was tut man als jemand der geliebt wird? Als Partner in einer Liebesbeziehung...? Das ist alles so neu.

Sein Lächeln läuft mir warm den Rücken hinunter. Ich werde alles tun, damit er weiter für mich lächelt. Hinata.

Ich trete näher an ihn ran, küsse ihn zärtlich. Ich mag das Gefühl seiner Lippen an meinen. Er ist liebevoll, ganz sanft und doch denke ich, dass er genau weiß, was er will. Und was will ich?

Wir stehen mitten im Zimmer, hinter ihm ist sein Bett. Ich erinnere mich daran, wie wir in meinem Bett gelegen haben, wie er zu mir aufgesehen hat. Ich dränge ihn zurück. Mein Herz klopft schneller. Ich schiebe ihn weiter, höre auch nicht auf als seine Beine bereits gegen den Bettrahmen stoßen. Meine Arme um seinen Körper geschlungen, lege ich ihn unter mich ins Bett. Er ist mir so nah, seine Wärme, sein Geruch.... Mir ist so warm. Macht er das mit mir? Löst er solche Hitzewellen in mir aus? Das ist berauschend.

Ich schiebe meine Beine zwischen seine Knie und hebe meinen Oberkörper an. Er liegt unter mir, präsentiert mir seine Brust ohne Anstalten zu machen, etwas vor mir verbergen zu wollen. Seine gesamte Körperhaltung wirkt wie eine Einladung auf mich. `Berühr mich. Komm mir nah.`, höre ich seine Stimme in meinem Kopf, doch Hinata lächelt nur schweigend. Dann legt er seine Hand an meine Wange. Was erwartet er von mir? Ich will ihn ansehen, ich will ihn küssen, ich will ihn an mir spüren... Doch wo fange ich an? Was wäre zu viel?

Er unterbricht meine Gedanken als seine Hand in meinen Nacken fährt und er seine wunderschönen Lippen öffnet. „Hör auf nachzudenken.“, sagt er verlockend sanft und zieht mich zu sich, bis unsere Gesichter nur noch wenige Zentimeter von einander entfernt sind. „Küss mich...“ Sein warmer Atem streift mir über die Haut. Ja. Genau das will ich auch. Ich will seine Lippen, seine warme Zunge...

Ich lasse meinen Körper sinken, stemme mich mit den Ellbogen neben seinem Kopf ins Bettlaken, lege meine Lippen geöffnet auf seine. Als ich seine Beine an meiner Hüfte spüre, durchfährt mich eine Hitzewelle. Er klammert sich an mich, kann mich wohl nicht nah genug an sich spüren. Berauscht stelle ich fest, dass es ihm genauso geht wie mir. Er will mehr. Ich will ihm mehr geben.

Ich schiebe meine Zunge ein Stück vor, um auf seine zu treffen. Er keucht und ich vergesse einen Moment zu Atmen, ziehe dann hastig Luft durch die Nase ein. Dann zieht er an meinem Shirt. Was hat er nun vor? Will er mich ausziehen? Ok... Ich senke den Kopf, lasse zu, dass er mir mein Oberteil vom Körper streift. Mein Herz klopft etwas schneller als ich mich vor ihm aufrichte. Er soll sehen, was er getan hat.

Hinata wird rot, vergräbt die Finger in meinem Shirt, das auf seiner Brust liegt. Seine Augen wandern über meine Brust und meinen Bauch. Ich kann förmlich spüren, wie sehr ihm mein Körper gefällt. Ich muss grinsen, kann nicht verbergen, dass mir zusagt, wie angetan sein Blick auf mir haftet. Er streckt die Hand nach mir aus und ich komme ihm ein Stück entgegen. Es ist ok. Er darf mich anfassen, ich will es sogar. Seine vorsichtige Berührung lässt eine wohlige Gänsehaut über meinen Rücken wandern, seine Neugierde ist betörend.

Plötzlich ergreift Hinata die Initiative. Mit überraschend schnellen Bewegungen, zieht er sich an mir hoch, bis er vor mir sitzt, die Beine immer noch fest an mich gepresst. Ich folge seinen Bewegungen mit den Augen, da schnellt er auf mich zu, wirft mich in der selben Bewegung nach hinten um, mit der unsere Lippen verschmelzen.

Er keucht auf als mein Rücken auf die Matratze trifft und unser Schwung abrupt gestoppt wird. Sein Kuss ist so intensiv, dass meine Ohren zu rauschen beginnen. Ich will mehr.

Genau jetzt ist er über mir, bemerke ich, also fasse ich seine Schultern und drücke ihn ein Stück nach oben. Ich will ihm ins Gesicht sehen, will sehen, dass er das gleiche fühlt.

Sein Atem geht schwer als er die Augen öffnet und mich verliebt ansieht. Seine rehbraunen Augen, das warme Lächeln... wie kann man so schön sein?

Ich bin ihm komplett verfallen, bin bereit los zu lassen, ihm die Kontrolle zu übergeben. So habe ich mich noch nie gefühlt.

Er streicht sanft mit dem Finger über meine Stirn und mein Blick wandert über seinen Körper. Ich will so vieles tun, dass ich gar nicht mehr weiß, was ich machen soll.

„Hinata.“, dringt es aus meinem Mund.

Er sieht mich mit halb geschlossenen Augen an, schenkt mir ein Lächeln und haucht dann meinen Namen. „Kageyama.“

Jeder Ton, jeder Laut seiner Stimme vibriert in meinem Körper. Ohne mein Zutun, schnellt meine Hand in seinen Nacken und ich ziehe ihn ruckartig zu mir. Ich will ihn spüren, jetzt. Ich küsse ihn mit mehr Druck als zuvor, merke, wie unsere Zähne leicht aneinander schlagen. Das ist mir egal. Ich drücke mich zu ihm hoch, presse meine Hüfte gegen seinen Körper, bis seine Knie vom Bett abheben und er nach vorne kippt.

Mein Herz schlägt zu schnell, mein Atem geht tief, ich kann mich kaum noch zurückhalten, einfach über ihn her zu fallen. Ich kann nicht... ich will.. ich muss...

Kraftvoll schlinge ich die Arme um seinen Körper, würde ihn am liebsten in mich hinein ziehen. Ich muss mich beruhigen. Zum Glück bricht Hinata den Kuss ab und legt den Kopf an meine Schulter, dass ich mich auf meinen Atem konzentrieren kann. Sein Haar ist so weich, sein Körper ist warm wie eine Decke über mir. Meine Hand entwickelt ein Eigenleben, wandert unter sein Shirt. Mein Herz hämmert gegen den Brustkorb. Ich muss aufhören ihn anzufassen, sonst verliere ich die Kontrolle.

Bevor ich weiter denken kann, spüre ich seine Küsse an meinem Hals. Sofort reagiert mein Körper und ein tiefes Stöhnen entsteigt meiner Kehle. Meine Hand gleitet seinen Körper entlang und schiebt sich unter den Bund seiner Hose. Er zuckt zusammen. Hat er sich erschreckt? Was soll ich jetzt tun? Will er das etwa nicht?

Unsicher frieren meine Bewegungen ein und er drückt sich an meiner Brust hoch, um mich anzusehen. Mein Atem geht immer noch schnell, doch ich versuche dies zu unterdrücken, sehe ihn fragend an.

„Wo führt das hin?“, meint er plötzlich unsicher.

„Wohin du willst.“, gebe ich zu. Was auch immer er zulässt, ich werde...

„Was... willst du denn?“, fragt er sichtlich nervös, doch ich lasse mich nicht anstecken, bin überraschend entspannt gerade.

„Einfach alles.“, sage ich ehrlich, bewege meine Finger auf seinem Rücken.

„Alles?“ Seine Stimme zittert und mein Verstand setzt wieder ein. Er ist unsicher. Dann... Dann will ich es auch nicht.

„Wenn du aufhören willst...“, setze ich an, doch er unterbricht mich mit fester Stimme.

„Nein.“

Verwirrt ziehe ich die Augenbrauen hoch, dann lege ich die Hand beruhigend an seine Wange. Wir müssen nichts tun, was er nicht will.

„Ok. Aber wenn doch, dann sag es einfach.“

„Ja?“ Er senkt den Blick. „Ich will dich nicht enttäuschen.“

Hinata... „Wirst du nicht.“ Darüber soll er sich keine Sorgen machen. Ich kann geduldig sein, wenn ich das will und ich bin bereit dies für ihn zu sein.

„Was macht dich so sicher?“

Ich sehe ihn sanft an, ziehe ihn zu meinem Gesicht. „Ich...“, setze ich an, dann merke ich, dass mir die richtigen Worte fehlen. Warum ich mir sicher bin? Weil ich... „Ich ...“ Mein Herz klopft schneller. Ich fasse ihn an den Schultern, sehe ihm tief in die Augen. Ja. Ich weiß, warum ich mich ihm anpassen will, weiß plötzlich, was ich ihm sagen will. „Ich liebe dich, Hinata.“

Er sieht mich mit großen Augen an. Dann stiehlt sich ein Lächeln auf seine Lippen, welches in ein kleines Lachen umschlägt. Mein Herz klopft schneller. Ich mag sein Lachen, so fröhlich und frei. Ich liebe ihn. Es tut gut, dass er es jetzt weiß.

Ich drücke meine Stirn an seine und atme durch. Dann lege ich meinen Kopf in den Nacken und küsse ihn liebevoll. Sofort lässt er sich auf mich ein.

„Ich...“ Hinata dreht den Kopf zur Seite und schmiegt seine Wange gegen meine. „Ich bin so glücklich. Ich bin froh... dass du bei mir bist...“

Ich fahre ihm durchs Haar, bewege meine Finger kreisend in seinem Nacken. Seine Locken wickeln sich um meine Finger. „Wieso sagst du das plötzlich?“ Ich spüre, wie er mir den Kopf zudreht. „Du hast eben schon mal was in der Richtung gesagt.“, erinnere ich mich.

„Es ist wegen...“ Hm? „Mir ist aufgefallen, dass nicht jeder das Glück hat an der Seite desjenigen zu bleiben, den er liebt.“ Wovon redet er bloß? „Wenn morgen die Nationalmeisterschafen anfangen... wird das der Anfang vom Ende sein. Danach werden uns die Drittklässler verlassen.“ Ach so. „Hast du Angst davor?“

„Ein bisschen. Aber es wird sicher auch aufregend werden.“ Er stockt. „Aber eigentlich meine ich Asahi...“ Verstehe. „Er wird Noya zurücklassen...“

„Du vergisst da was.“ Ich sehe hoch zu Decke, streiche weiter über seinen Nacken. „Wir sind doch auch noch da.“

„Wie meinst du das?“

„Nishinoya wird nicht alleine sein. Tanaka ist noch da und wir ja auch.“

Hinata nickt an meine Schulter gedrückt. „Können wir...“, meint er einen Moment später. „Können wir einfach ein bisschen kuscheln?“

Überrascht wende ich ihm den Kopf zu, dann fahre ich sanft über seinen Rücken. „Klar.“

Es fühlt sich schön an, ihn so nah bei mir zu haben. „Genießen wir den Moment. Heute und morgen.“

Er schmust sich an mich, ein Lächeln in der Stimme. „Ja.“

Einhalt (Hinata)

Ich atme ein, halte die Luft kurz an, dann atme ich aus und sehe den Ball in meinen Händen an.

„Los, Hinata. Knall ihn rein!“, ruft Tanaka und wirft die Faust in die Luft.

Ich spüre die Schwere des Volleyballs, doch brauche ich kaum Kraft ihn über mich in die Luft zu werfen. In der Schrittbewegung trifft meine Hand den Ball am höchsten Punkt vor meinem Körper. Taumelnd fliegt er nach oben und senkt sich dann wieder, auf der anderen Spielfeldseite.

„Yeah!“, brüllt Tanaka bestätigend und ein breites Grinsen zieht sich über mein Gesicht.

Natürlich hat Daichi auf der anderen Seite des Feldes kein Problem damit meinen Aufschlag anzunehmen, aber er kam übers Netz und noch dazu auch dort hin, wo ich ihn hinspielen wollte.

„Das hast du gut gemacht, Hinata.“, lobt mich Coach Ukai von der Außenlinie. Grinsend laufe ich aufs Feld und wir spielen den Ball aus. Mein Team macht den Punkt.

„Sehr gut.“ Ich sehe runter zu Kageyamas Hand, welche er mir auf Hüfthöhe entgegen streckt. Erst bin ich überrascht, dann hole ich aus und schlage mit ihm ein.

„Ihr wisst ja...“ Alle wenden den Kopf zur Seite als Coach Ukai das Wort ergreift. „Heute Nachmittag starten die Nationalmeisterschafen.“ Sofort schlägt mein Herz ein paar Takte schneller. Ich bin so aufgeregt, ich kann kaum weiter zuhören. „Unser Spiel ist erst übermorgen. Dennoch werden wir unsere potentiellen Gegner schon morgen sehen.“ Ich nicke eifrig. „Lasst uns heute nochmal alles geben.“

„Hey.“, höre ich Kageyama flüstern und spüre plötzlich seine Hand im Rücken. Überrascht sehe ich auf in sein entspanntes Gesicht. „Nicht ausflippen.“, haucht er leise und ich werde rot. Ich kann die Wärme seiner Hand durch mein T-Shirt fühlen.

„O-Okay...“, stammel ich und er nickt mir zu.

Kurz darauf führen wir unser Trainingsmatch fort. Ein hitziger Ballwechsel entsteht. Motiviert durch Coach Ukais Worte, strengen sich heute alle besonders an. Sogar ich muss ein paar mal nach dem Ball tauchen und schaffe es ihn noch so gerade im Spiel zu halten.

Dann ergibt sich die Chance auf einen Schnellangriff. Ich laufe im weiten Bogen an, umgehe so den Block. Gerade als ich abspringen will, sehe ich wie Kageyamas Fuß wegrutscht als er den Ball zuspielt. Anscheinend war der Boden unter ihm feucht, jedenfalls gelingt ihm kein sauberes Zuspiel. Der Ball kommt deutlich weiter zur Seitenlinie hin als Kageyama ihn normalerweise gestellt hätte. Unterbewusst bemerke ich dies anscheinend, denn ich korrigiere meinen Absprung ohne darüber nachzudenken. Tatsächlich erwische ich den Ball überraschend gut, denn ich kann ihn schlagen. Seinen Aufprall auf der gegnerischen Spielfeldseite bekomme ich jedoch nicht mit, denn mein schwungvoller Sprung wird unangenehm plötzlich gestoppt, als meine linke Schulter samt Oberarm hart gegen die Stange, welche das Netz hält, schlagen. Die Wucht des Aufpralls drückt die Luft aus meiner Lunge. Ich keuche auf und gleite an der Stange hinunter bis ich am Boden liege. Ich habe die Stange weder in meinem Umfeld registriert noch habe ich im geringsten damit gerechnet gegen sie zu stoßen. Geschockt rühre ich mich nicht. Bestimmt vergehen einige Sekunden, ehe ich den Moment realisiere und mein Körper wieder auf meine Befehle reagiert.

Ich setze mich auf und sehe die Stange mit großen Augen an. Sie wackelt immer noch leicht, doch steht hoch und massiv vor mir. Woa. Da hab ich echt Glück gehabt, dass ich nicht mit dem Kopf dagegen gerasselt bin, sonst hätte ich jetzt sicher Kopfschmerzen. Ein wenig überrascht tätschel ich meine Schulter, doch der erwartete Schmerz bleibt aus. Anscheinend hat mein restlicher Körper so gut nachgegeben, dass ich die Stelle des Zusammenpralls ausreichend entlastet habe, um mich nicht zu verletzen.

„Hinata!“ Ich fahre herum, als Kageyamas Stimme durch den Raum hallt. Er fällt vor mir auf die Knie und sieht mich aufgebracht an, hält die Hände zu mir ausgestreckt als wollte er mich auffangen, falls ich umkippe. „Was ist mit dir?“

Ich lege die Hand an meinen Hinterkopf und lächle entschuldigend. „Alles gut, es ist nichts passiert.“

Plötzlich schnellen Kageyamas Hände nach vorne und er packt mich unsanft am Kragen. „Du Idiot!“ Seine Stimme ist so laut, dass sie in meinen Ohren klingelt. „Bist du von allen guten Geistern verlassen?!“, schreit er mir ins Gesicht. Ich bin so überrumpelt, dass ich ihn nur mit großen Augen anblinzeln kann. „Deine Aktion gerade war verdammt dämlich!“ Wutentbrannt zieht er mich am Kragen zu sich. Ich öffne meinen Mund, doch es kommt kein Ton heraus. Ich bin vollkommen von der Situation überwältigt. Kageyamas Atem geht schwer, seine Fäuste zittern vor Wut. „Hast du eine Ahnung, wie verdammt gefährlich das gerade war?“ Seine Stimme wird langsam leiser, doch ist nicht minder angespannt. Ich schlucke. „Hättest du die Stange etwas anders oder sogar mit dem Kopf getroffen...“ Er schnappt nach Luft. Ich kann nicht anders als ihn perplex anzustarren. „Du hättest dich schwer verletzten können. Du hast verdammt Glück gehabt.“ Allmählich klingt seine Stimme mehr wie ein Zischen, wird immer leiser, bis er in normaler Lautstärke spricht. Ich senke blinzelnd den Blick, mir fehlen die Worte. „Das hätte böse ausgehen können...“ Das Zittern in seiner Stimme, lässt mich wieder aufsehen. In seinen Augen ist ein mir bisher von ihm unbekannter Glanz. Ich sehe ihn beunruhigt an als er stockend durchatmet und seine Hände beginnen stärker zu zittern. Sein ganzer Körper ist angespannt. Dann... kullert eine Träne über seine Wange. „Das kannst du doch nicht bringen...“

„Kageyama...“, tritt es erstaunt über meine Lippen.

„Scheiße...“, zischt er und senkt den Kopf. Ich hebe meine Hände. Weint er? Oh nein, das ist meine Schuld. „Wir brauchen dich doch jetzt, mehr den je. Das kannst du uns nicht antun.“ Kageyama. Ich werfe mich nach vorne und lege die Arme um seine Schultern. Er bewegt sich nicht, atmet nur unruhig. Dann legt er die Hände auf meinen Rücken. „Das kannst du mir nicht antun.“ Ich drücke ihn an mich und bemerke, dass er seinen Kopf gegen meine Brust lehnt. Er ist total durch den Wind. Ich muss ihn furchtbar erschreckt haben.

„Kageyama... Es tut mir leid.“ Er krallt die Finger in mein Shirt. „Ich wollte dich nicht erschrecken.“ Sein Körper zuckt, anscheinend kämpft er gegen seine Emotionen an. „Ist ja gut. Es ist nichts passiert.“ Ich streichel ihm über sein Haar und sein Griff festigt sich noch mehr. „Ich bin hier. Es geht mir gut.“, rede ich beruhigend auf ihn ein bis sich seine Haltung ein wenig entspannt. Er lehnt sich zurück und zieht die Nase hoch. Ich sehe ihn mit mitleidig zusammengezogenen Augenbrauen an. Sein Blick haftet am Boden, er sieht immer noch wütend aus. Ich strecke meinen Arm zu ihm hoch, lege meine Hand an seine Wange und streiche ihm eine Träne vom Gesicht. „Es tut mir wirklich leid, dass ich so unaufmerksam gewesen bin.“, gebe ich ehrlich zu.

Er dreht den Kopf weg und schlägt meine Hand zur Seite. „Mach das nie wieder!“, faucht er mich an.

„Ist gut.“, sage ich leise und lächle ihn ermutigend an.

„Idiot...“ murmelt er vor sich hin während er aufsteht.

„Alles ok?“, dringt Daichis Stimme nun in mein Ohr während ich Kageyama nachsehe, der auf seinen Position zustapft. Ich nicke. „Sicher? Das sah heftig aus.“

„Echt?“, mache ich unangenehm überrascht und sehe Daichi an, der eine Augenbraue hoch zieht.

„Ja, es hat laut gescheppert und dann bist du am Boden liegen geblieben. Ich hab auch kurz gedacht du wärest bewusstlos.“

Ich erschrecke. So hat das von außen ausgesehen? Ich hab es nicht halb so schlimm wahrgenommen. Mein Blick wandert zu Kageyama, der stur zur anderen Seite starrt ohne wirklich etwas zu fokussieren. Er hat sich so große Sorgen um mich gemacht, dass ihm die Tränen gekommen sind... Kein Wunder, dass er sauer ist. Wie soll ich das wieder gut machen?

***

Nach dem Training gehe ich mit zu Kageyama. Wir hatten verabredet, dass ich bei ihm übernachte, da er näher an der Schule wohnt und der Bus uns morgen sehr früh abholt, um uns nach Tokio zu fahren.

Auf dem Heimweg sagt er kein Wort, weicht sogar meinen Blicken aus. Ich spreche ihn an, berühre seine Hand, doch er ignoriert mich. Traurig sehe ich zu ihm rüber. Er ist immer noch böse auf mich.

Es dauert nicht lange, bis wir bei seinem Haus ankommen. Da das Abendessen noch nicht fertig ist, gehen wir hoch in sein Zimmer. Er stellt seine Tasche neben dem Schreibtisch ab und beginnt in seinem Schrank den Futon für Gäste zu suchen. Ich bleibe direkt hinter der Türe stehen und beobachte ihn still. Ob er mich jetzt den ganzen Abend anschweigt? Ich beiße mir auf die Lippe. Warum fällt mir nichts ein, dass ich tun könnte? Ich will, dass er mich wieder gern hat...

Bevor ich es richtig bemerke, bewegt sich mein Körper von alleine. Ich gehe rüber zu Kageyama und umarme ihn von hinten. Er stellt seine Bewegung ein als würde er abwarten, dass ich ihn wieder loslasse. Ich schmiege meine Wange an seinen Rücken und drücke mich an ihn. Es dauert einen Moment, dann seufzt er. Seine Ablehnung schnürt mir die Brut zu.

„Es tut mir leid, dass ich so lästig bin...“, murmel ich in seinen Rücken. Er bewegt sich, dreht den Kopf zur Seite. „Bitte... sei nicht mehr böse...“ Ich kuschel mich an ihn, versuche so viel seiner Wärme an mir zu spüren, wie er es zulässt. Ich kann fühlen, wie er atmet, seine Brust hebt und senkt sich. Dann dreht er sich zu mir um. Mit gesenktem Kopf sehe ich zu ihm auf.

„Du hast mir ne scheiß Angst eingejagt. Rasselst gegen die Stange und bleibst dann am Boden liegen...“ Seine Stimme ist leise.

„Tut mir leid...“ Reumütig sehe ich zu Boden.

Er atmet durch und schließt seine Arme um meine Schultern. Überrascht weiten sich meine Augen. „Ich bin wirklich froh, dass dir nichts passiert ist.“ Sein warmer Atem kitzelt die Haut an meinem Hals. Seine Umarmung erleichtert mein Herz um 100 Kilo.

„Ich auch.“, erwidere ich. „Ich will nämlich auch mit dir auf dem Spielfeld stehen.“ Ich schlinge die Arme um seinen Oberkörper und drücke mein Gesicht an seine Schulter. „Das ist mein größter Traum.“

Er lehnt sich zurück und sieht mir tief in die Augen. Ich werde rot, kann den Blick nicht von seinen dunklen blauen Augen abwenden. Mein Herz schlägt schneller als er sich zu mir beugt und mich küsst. Seine weichen Lippen schmiegen sich an meine und eine wohlige Wärme breitet sich in mir aus. Ich öffne meinen Mund, erwidere seinen Kuss leidenschaftlich. Als ich seine Zunge an meiner spüre, wird mir heiß. Ich merke, wie sich mein Atem beschleunigt, seine Nähe berauscht mich. Ja. Das ist genau das, was ich will. Ich will ihn.

Ich seufze genussvoll in den Kuss hinein, lege meine Hand in seinen Nacken und bringe meinen Kopf dichter an seinen heran. Er kann gar nicht nah genug sein. Kühl fährt seine Hand unter mein Shirt und legt sich mit Druck an meinen Rücken, um mich zu ihm zu ziehen. Er keucht auf, küsst mich so intensiv, wie nie zuvor. Ich spüre die Wärme auf meine Wangen schießen. Mir gefällt was er tut, was wir tun... sogar sehr.

Widerwillig löst er sich von mir, um keuchend durchzuatmen. Mein Herz schlägt angenehm schnell. Ich lege die Hände an seine Wangen und sehe ihm fest in die Augen. „Ich will mit dir schlafen.“

Er hält den Atem an und starrt mir in die Augen, doch mein Blick bleibt fest. „Denkst du, das wird gehen?“, frage ich obwohl ich davon überzeugt bin. Er blinzelt, versucht etwas zu sagen, doch es kommt kein fertiges Wort über seine Lippen. „Ich brauche auch gar nicht viel Platz.“, versuche ich ihn zu überzeugen und lächle ihn an.

„Was...?“ Verwirrt legt er den Kopf zur Seite.

„Ich möchte gerne nah bei dir sein... heute Nacht.“, lenke ich ein und senke den Kopf ein wenig ohne seinem Blick auszuweichen.

„Du...“, setzt er an und blinzelt etwas zu schnell. „Du willst in meinem Bett schlafen. Mit mir.“, wiederholt er meine Worte zusammengefasst.

„Ja.“ Ich verstehe nicht, warum er das nicht versteht.

Er lässt den Kopf hängen und seufzt lautstark. Was hat er denn jetzt auf einmal? Er murmelt etwas unverständliches vor sich hin.

„Ist das ein Ja?“, hake ich nach, ducke mich runter, um sein Gesicht zu sehen. „Kein Futon für Gäste?“

„Ja, klar.“, haucht er erschöpft, dreht sich um und schließt die Schranktür.

Ich grinse ihn an, freue mich darauf mit ihm zu kuscheln.

„Du machst mich fertig...“, höre ich ihn hauchen. Hm?

Einkehr (Kageyama)

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Epilog (Kageyama)

Wir stehen in Eingang der riesigen Halle. Jubel und Geschrei dringt von den Zuschauerrängen zu uns herunter, doch alle Stimmen vermengen sich zu einem undurchdringlichen Brei, dass man kein klares Wort versteht. Auf Netzhöhe und in der untersten Reihe auf jeder Spielfeldseite stehen Kameras. Das Fernsehen ist hier.

Ich atme tief durch. Es riecht nach trockener Wärme, ein wenig nach Plastik, doch auch nach Menschen und vor allem nach Volleyball. Vor uns liegt das orange Spielfeld Tokios. Die Nationalmeisterschafen. Wir sind dran, das ist unser erstes Spiel.

Ich wende den Kopf, sehe durch unsere Reihen. Alle sind andächtig stehen geblieben, drehen die Köpfe und versuchen die Massen an Eindrücken, die auf uns niederprasseln zu verarbeiten. Mein Blick bleibt kurz auf Nishinoya haften, ich erinnere mich an das Gespräch mit Hinata und auch, dass die Drittklässler uns verlassen werden, nach diesem Turnier. Er blickt sich mit großen Augen um, sein Mund steht vor Erstaunen offen, während er einen andächtigen Ton von sich gibt. Asahi, der direkt neben ihm steht, lächelt aus vollem Herzen, wendet seinen Blick keine Sekunde von Nishinoya ab. Ich atme nochmal durch.

Direkt neben mir steht Hinata. Er wippt leicht auf und ab, hat die Hände zu Fäusten angespannt, die Arme leicht angehoben und sieht mit funkelnden Augen nach vorne. Seine Lippen zittern und er blinzelt viel öfter als normal. Er ist total aufgeregt.

Statt etwas abfälliges zu sagen, lächle ich schief und horche in mich hinein. Auch mein Herz schlägt schneller als normal, meine Schultern sind leicht angespannt. Ich kann es nicht erwarten, will endlich anfangen.

Als Hinata aufquietscht sehe ich zu ihm rüber. „Der Wahnsinn, einfach der Wahnsinn.“, murmelt er vor sich hin, lässt den Blick durch den Raum schweifen.

„Alles ok?“, frage ich mit ruhiger Stimme und wende ihm den Kopf zu. Er nickt heftig. „Du musst nicht nochmal aufs Klo?“

„Nein.“ Er lacht. „Ich will nur endlich anfangen.“ Er hüpft auf der Stelle.

„Nervös?“, sage ich neckisch und beobachte ihn.

„Ja.“ Er gibt es wenigstens direkt zu.

Ich grinse in mich hinein. Er sieht so süß aus, wie er da aufgeregt auf der Stelle tritt. Als ich wieder nach vorne sehe, spüre ich eine leichte Berührung an meinem Finger. Ohne den Kopf zu bewegen, sehe ich hinunter und beobachte Hinatas Hand, die nach meiner angelt, bis er sie zu fassen bekommt. Ich bin froh. Froh, dass ich diesen wichtigen Moment mit ihm zusammen erleben darf. Meine Finger schließen sich um seine und ich sehe, wie er lächelt.

„Kageyama?“ Er sieht weiter nach vorne als ich ihn anblinzle. Er spannt die Finger wiederholt an. „Ich weiß, du hast es schon tausendmal gesagt und ich weiß, du denkst es wäre nicht nötig, aber...“ Er schließt die Augen. „Würdest du es noch einmal sagen?“

Ich lege den Kopf zur Seite, dann lächle ich und sehe mit ihm nach vorne.

„Klar.“ Er drückt meine Hand fester und ich hole tief Luft. „Mit mir zusammen bist du der Stärkste!“ Er lacht.

„Seid ihr soweit?“, dringt Daichis Stimme an mein Ohr.

„Ja.“, erklingt meine Stimme mit den Anderen im Chor.

„Karasuno...“

„Fight!“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das wars^^
Vielen lieben Dank fürs Lesen meiner Fanfic. Ich hoffe es hat euch gefallen :) *cheer* Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (22)
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Von:  suyanabanana
2023-09-06T09:20:05+00:00 06.09.2023 11:20
Wow das war eine mega niedliche und schöne FF!Besonders toll fand ich es das du es mit anderen FF’s verbunden hast,z.B. fand ich deine Daisuga FF wirklich wirklich toll,ich bin normalerweise garnicht so der geoße Fan von dramatischen strorys aber deine hat mir sehr gut gefallen.Aber auch die soften FF‘s wie diese sind mega niedlich geworden,falls du diesen Kommentar liest und du auf dieser Plattform noch aktiv bist würde ich mich mega über eine Tsukiyama FF freuen <3
Ich konnte mir alles was in deinen FF‘s passiert ist mega gut vorstellen,also ganz großen Respekt an dich Scharon!
Antwort von:  Scharon
06.09.2023 21:52
Oh my ❤️ Vielen vielen herzlichen Dank für deine lieben Worte :) Es freut mich total, dass du dir die Zeit genommen hast, einen so motivierenden Kommi zu verfassen und das obwohl die FF schon was älter ist. Es tut so gut, das zu lesen! Ich bin sehr glücklich, dass dir meine FF gefallen, gerade die super softe KageHina, aber auch die anspruchsvollere DaiSuga ❤️
Das du dir mehr von mir wünschst, ehrt mich. Ideen hab ich noch, wird wohl Zeit sie nieder zu schreiben XD
Vielen lieben Dank nochmal!
Von:  KiraNear
2022-04-11T14:07:36+00:00 11.04.2022 16:07
Wow. Einfach nur wow. Ich wollte mir die FF eigentlich einteilen, einfach immer mal wieder ein Stück lesen... aber dann konnte ich einfach nicht aufhören zu lesen ~
Es war so eine Achterbahn der Gefühle und es war eine schöne Fahrt, sie hat mir wirklich sehr gut gefallen. Es war einfach total ... "hach". Um ehrlich zu sein, es ist meine erste KageHina FF und sie gefällt mir sehr gut :3
Mein Kopfkino war auch sehr aktiv^^
Antwort von:  Scharon
12.04.2022 09:31
Ui^^ Vielen vielen herzlichen Dank für deine lieben Worte! Ich freue mich sehr, dass dir die FF gefallen hat und dass du dir alles vorstellen konntest :D Es ist voll schön zu hören, dass du sie weggesuchtet hast XD Das motiviert mich natürlich sehr ^^
Danke!
Von:  Evi1990
2021-01-17T00:42:24+00:00 17.01.2021 01:42
Das war eine echt süße Story 🥰🥰🥰 die beiden sind toll zusammen ❤😍😍
Antwort von:  Scharon
19.01.2021 12:24
Danke sehr^^ es freut mich sehr, dass dir die Fanfic gefallen hat und du sie zu Ende gelesen hast <3 war meine erste so lange Geschichte auf dem Terrain. Umso schöner, dass du Freude dran hattest^^ Danke für den Kommi
Antwort von:  Evi1990
19.01.2021 12:54
Es war auch die erste Kagehina/Haikyuu FF, die ich gelesen habe xD bin erst vor ein paar Wochen auf das Ship gestoßen und hab die Serie jetzt durchgesuchtet xD wobei mir glaube noch die letzten 5 Folgen der 4. Staffel fehlen. War ein guter Start in das Fandom 🥰
Antwort von:  Scharon
19.01.2021 21:04
Ich fühle mich geehrt<3 Dankeschön!^^
Von:  DarkVictory
2020-11-23T12:55:42+00:00 23.11.2020 13:55
Woohw °____° das war ein echter Yaoi Lemon in vollendeter Kunst *dir einen BIIG GOLDEN GLOBE für den schönsten Yaoi Lemon auf der Welt über-
reich* mach weiter so ^.~b
Antwort von:  Scharon
23.11.2020 18:09
ui *.* Jetzt schlägt mein Herz ganz doll. Vielen lieben Dank für deinen Worte^^ Das bedeutet mir viel <3 es war, wie erwähnt, das erste mal, dass ich mich da ran getraut habe. Umso schöner, wenn es gefällt^^
Von:  DarkVictory
2020-11-23T12:15:51+00:00 23.11.2020 13:15
Mir hat das Kapi auch voll guat g'falln ^^b vorallem dieser heiße und leidenschaftliche Kuss ♡.♡ ich find, die beiden g'hören einfach zusammen ^^
Antwort von:  Scharon
23.11.2020 18:06
Ah, das freut mich sehr :D Es knistert schön zwischen den beiden. Ich mag sie auch sehr gern zusammen. Danke ^^
Von:  DarkVictory
2020-11-23T11:59:30+00:00 23.11.2020 12:59
Echt süüß die beidn, wie sie sich ankuscheln ^.~b
Antwort von:  Scharon
23.11.2020 18:05
hihi^^ Ja, sie pirschen sich langsam an. Schön, dass es dir gefällt <3
Von:  Yuna_musume_satan
2020-11-09T20:04:18+00:00 09.11.2020 21:04
Warum nur warum ich will nicht das es endet ich Liebe mein Haykuu hach und die beiden sind sooo süß
Antwort von:  Scharon
09.11.2020 21:54
Danke^^ Das ist sehr lieb von dir. Vielen aufrichtigen Dank, dass du mir die Treue gehalten hast. Das ist sehr motivierend für mich gewesen. :)
Von:  Yuna_musume_satan
2020-11-07T21:22:21+00:00 07.11.2020 22:22
Für den ersten lemon fand ich es echt gut gelungen. Ich freue mich schon drauf wie es weitergehen wird
Antwort von:  Scharon
08.11.2020 12:58
Ich danke dir ^^ <3
Von:  Yuna_musume_satan
2020-11-02T00:10:19+00:00 02.11.2020 01:10
Ach der arme kageyama erst das beim Training und nun sagt unser hina er will mit ihm schlafen und kage denkt natürlich gleich an DAS und ist nun enttäuscht wach einfach knuffig
Antwort von:  Scharon
02.11.2020 12:22
Ja^^° Ich mag Hinatas naive, ehrliche Art. Ich hatte auch Spaß mir Kageyamas Gesicht vorzustellen als er das sagt XD armer Kerl.
Es freut mich, dass es dir gefällt ^^ Danke!
Von:  Yuna_musume_satan
2020-10-24T20:50:09+00:00 24.10.2020 22:50
Hach kage seine Sicht ist genauso süß wie hinas hach ich freu mich schon darauf wie es weiter geht
Antwort von:  Scharon
25.10.2020 08:12
hihi^^ Vielen Dank. Schön, dass es dir gefällt :D


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