Gegensatz und Vorurteil von Ana1993 (- Ehemals Schubladenmagnet -) ================================================================================ Kapitel 10: ------------ Wir lesen einfach mal das Vorwort vom letzten Kapitel und lachen alle mal gemeinsam sehr laut über meinen Optimismus. Hahaha. Naja, das Leben passiert, während ich gerade dabei bin andere Pläne zu machen. Shit happens.   Wie immer würde ich mich über Feedback freuen, auch gerne Anmerkungen über komisches Verhalten oder zu sprunghafte Entwicklungen der Charaktere. Als Autörchen verliert man gerade bei Geschichten die sich zwischen den Kapiteln etwas ziehen schnell mal das Gefühl.   ~ 10 ~       Joshuas POV   „Wenn du keine Ohren hättest, würdest du im Kreis grinsen”, bemerkt meine Mutter, als ich Montag Morgen beschwingt in die Küche spaziere. „Was ist denn Schönes passiert? Gestern hattest du noch Weltuntergangsstimmung.” „Ich habe ein Date!”, platze ich, unvorsichtig wie ich in meinem Freudentaumel bin, heraus. „Ein Date!?” Meine kleine Schwester Holly guckt mich mit großen Augen an. „Mit wem? Etwa dem-” „Shhh!”, zische ich streng, die Arme vorgestreckt, die Zeigefinger erhoben. „Oh, wie schön!” Den Einwurf übergehend, stellt Mum eine Tasse Kaffee vor mir hin. „Wann trefft ihr euch denn?” „Danke. Am Samstag schon.” „Kommt ihr dann auch nach hier?”, fragt sie ein bisschen zu beiläufig. „Ähm... ne. Wir fahren einkaufen und später zu ihm. Wir wollen zusammen kochen.” Oder so ähnlich. „Laaaangweilig!”, motzt Holly. „Na, bei euch wissbegierigen Grazien würde ich auch niemanden mitbringen, bevor es nicht in absolut trockenen Tüchern ist”, kommt es brummelig von meinem Vater, während er sich mit der Tageszeitung in der Hand auf seinem Platz niederlässt. Darauf sagt keiner mehr was. Zeit für einen kleinen Themenwechsel. Der kommt auch schon von links quer durch den Flur und an der Türöffnung vorbeigerauscht. „Nathan!”, ruft Mum ihm nach. „Pack dir zumindest etwas zu essen ein, wenn du dich schon weigerst zu frühstücken.” „Kein' Bock!”, schallt es aus Richtung der Haustüre. „Junger Mann! Du wirst nicht schon wieder dein Taschengeld für ungesunden Kram ausgeben!” Die Stimme klingt unnachgiebig, das Gesicht meiner Mutter jedoch ist gezeichnet von einer Art genervter Resignation. Man muss ihr zugute halten, dass sie es immerhin noch versucht und noch nicht völlig verzweifelt ist oder gleich aufgegeben hat. „Ich mach mit meinem Geld was ich will!” Das lebende Verhütungsmittel unterstreicht seinen Abgang mit einem lauten Knall. Mum seufzt, Dad gluckst amüsiert, räuspert sich aber schnell, als ihn ein Todesblick trifft. „Dieser Junge...” „Ach, lass ihn doch, Schatz. Besser er schmeißt sein Geld für Essen raus, als für Zigaretten und harte Drogen. Wird er schon noch merken, wie dumm das ist. Die zwei Großen haben es doch auch irgendwann kapiert.” „Wer? Ich?” Baff sehe ich meinen Vater an. „Ich war nie so!” „Nein, du warst schlimmer.” „Holger!”, schimpft Mum nun mit ihm, schmunzelt jedoch selbst, aus Mangel an Argumenten mit dem Küchentuch nach ihm schlagend. „Ich war gar nicht schlimm...”, grummel ich missmutig vor mich hin. Meine Schwestern an meiner Stelle würden wohl schmollen. Bei so einer Familie brauche ich wirklich keine Feinde mehr. Tragischerweise liebe ich sie dennoch irgendwie, auf ihre bekloppte Art. Sogar Nate, auch wenn ich es niemals offen zugeben würde, allein schon, um seiner Rache zu entgehen.   Als ich später in der Schule ankomme, bin ich schrecklich nervös. So normal wie möglich begrüße ich die kleine Gruppe rund um Paul, verabschiede mich allerdings ziemlich schnell zu meinen eigenen Leuten, Pauls Blick ausweichend. Wie konnte ich nur so dumm sein und vorschlagen, zu tun als sei nichts gewesen!? Für meine schauspielerische Leistung müsste ich eigentlich den Oscar verliehen bekommen! Hätte ich den Blonden auch nur zu lange angeschaut, hätte ich wohl für nichts mehr garantieren können. „Alles klar bei dir?”, fragt mich Sophie verwundert. „Öhm, ja, sicher”, antworte ich eine Spur zu schnell. „War am Wochenende was? Du warst doch mit den-” Auf meinen warnenden Blick hin stockt sie, überlegt sich ihre Formulierung nochmal. „den vier anderen weg, oder?” „Ja, war ich.” Und muss mir hart auf die Lippe beißen, um nicht verräterisch zu grinsen. „Und?”, hakt sie neugierig weiter nach. Ich zucke mit den Schultern. „Nichts?” „Josh, verarsch mich nicht!” Sie stemmt die Hände in die Hüften, doch das Zucken um ihre Mundwinkel verrät sie. „Naja... vielleicht mag mich einer von ihnen ja doch mehr, als nur als Freund.” Mein Lächeln dürfte ähnlich debil wirken, wie meine Worte. „Ach Josh.” Zu meiner Verwunderung umarmt mich Sophie kurz. „Hast du es dir auch gut überlegt?” „Nö.” Ich lache ob ihrer Gesichtsentgleisung. „Aber wirklich was dran ändern kann ich ja nicht.” Zweifelnd betrachtet sie mich eine Weile, schüttelt dann aber nur seufzend den Kopf. Mir doch egal. Ihren Segen brauche ich schließlich nicht.   Auf den Unterricht kann ich mich nur mäßig konzentrieren. Ständig schweifen meine Gedanken ab, zu Samstag, oder vielmehr Sonntag Morgen. Ein Kuss! Ein bescheuerter, simpler, harmloser Kuss! Und doch löst er in mir soviel mehr aus, als das komplette Programm mit beliebigen Sexpartner*innen, mit denen ich mich sonst so vergnüge. Schon verrückt. Ich kritzle sinnlose Muster auf das Blatt vor mir. Immerhin keine Herzchen, soviel Restwürde ist mir gerade noch geblieben. Vom Unterricht bekomme ich nicht viel mit, aber das ist eh egal, so oft wie wir das Thema schon wiederholt haben. Mein Handy vibriert.   Paul hi alles klar?   Ob alles klar ist? Mein Herz meint plötzlich in den Sprintmodus gehen zu müssen, davon abgesehen?   Josh alles super! :) rettest mich gerade vor tödlicher langeweile und selbst?   Paul auch   Und mit einiger Verzögerung, in der ich immer wieder die Mitteilung erhalte, er würde tippen:   Paul hab ich irgendwas falsch gemacht? :(   Eben noch Sprintmodus, jetzt kompletter Herzstillstand. Falsch gemacht? Wie kommt er denn auf sowas!? Ich gehe alle unsere letzten Begegnungen durch, doch mir fällt bei weitem nichts ein, was er falsch gemacht haben könnte, beziehungsweise bin ich mir keiner Trampelei bewusst, die ihn das hätte glauben machen können.   Josh nein, natürlich nicht! o.O wie kommst du darauf?   Und wieder scheint er zu tippen, zu löschen, zu tippen. Ich starre voller Ungeduld auf mein Display und der einzige Grund, warum ich nicht vor Spannung durchdrehe und das Handy an die Wand werfe ist, dass ich dann erst recht nie eine Antwort erhalten werde.   Paul ach, nur so   Ist das sein Ernst!? Jetzt stehe ich wirklich kurz vor der Explosion. In meinem Kopf spielen sich hunderte Horrorszenarien ab.   Josh nun sag schon! was hab ich falsch gemacht?   Paul hast du nicht!   Oha, das kam jetzt flott.   Josh offensichtlich doch warum denkst du, dass du was falsch gemacht haben könntest? oder soll ich sagen: was hab ich verbockt?   Nun kommt wieder lange nichts, nichtmal tippen tut er. Ich stehe kurz davor, einfach aufzustehen und seinen Unterrichtsraum zu stürmen, da ploppt dann doch endlich eine Nachricht auf.   Paul ich hab das gefühl, du ignorierst mich plötzlich   aber ist bestimmt nur einbildung! ganz sicher!   Verblüfft lese ich die Buchstaben wieder und wieder. Ich, ihn ignorieren? Dann dämmert es mir langsam. Meine Handfläche landet zielsicher auf meiner Stirn. „Oh, Joshua, ich sehe bei Ihnen ist der Groschen gefallen?” Verwirrt schaue ich auf zu meinem Lehrer, den ich bis gerade völlig vergessen hatte. „Ähm, ja sicher”, brabbel ich beschwichtigend, obwohl ich natürlich keinen blassen Schimmer hab um was es hier geht. Ich sehe ihm an, dass er nachhaken will, im schlimmsten Fall sogar fragt, ob ich meine Erkenntnis – die es nicht gibt – mit dem Rest der nutzlosen Deppen teile, doch da wird seine Aufmerksamkeit von einer anderen Wortmeldung von mir abgelenkt.   Josh ich ignorier dich nicht also, irgendwie schon, aber das ist nicht deine schuld! ich trau mir gerade selbst nicht in deiner nähe   Paul okay...?   Oh weh, jetzt hab ich ihn endgültig verschreckt. Dabei wollte ich seine Ehrlichkeit doch nur erwidern.   Josh das darfst du als kompliment verstehen ;) ich würde gerne bei dir sein, aber dann könnte ich mich wohl nicht zügeln gib mir ein bisschen zeit, meine hormone in den griff zu kriegen   Paul okay :) also alles gut?   Josh mehr als gut ;) freu mich auf samstag   Paul ich mich auch :)   Puh, Katastrophe abgewendet. Aber irgendwie auch niedlich. Und ein bisschen unerwartet, dass er es anspricht. Gut, mit viel Rumgedruckse und einigem guten Zureden, aber die Intention war ja schon vorher da. Bin schon gespannt, was ich sonst noch alles hinter seiner süßen Fassade verbirgt.   An diesem Tag schaffe ich es noch nicht, aber am darauffolgenden. Es fällt mir nicht leicht, aber ich bemühe mich, halbwegs normal mit Paul umzugehen. Charly wirft uns ab und an neugierige Blicke zu, doch ich glaube, wirklich merken tut er nichts. Was mir bald mehr Sorgen macht, ist, wie einfach es Paul zu fallen scheint. Hat ihm der Kuss denn gar nichts bedeutet? So kam es mir eigentlich nicht vor, eher im Gegenteil. Aber entweder das, oder er ist ein besserer Schauspieler, als ich dachte. Oder beides.   ~*~   „Hm... und warum soll ich dir nochmal mein Auto leihen?” Mein guter Freund Olli sieht mich mit erhobener Augenbraue skeptisch an, die Arme vor der Brust verschränkt, sodass seine Muskulösen Oberarme in dem schwarzen Tanktop noch mehr zur Geltung kommen, als nötig. „Bitte!” Ja, ich flehe schon fast. Ist schließlich schon mein dritter Versuch, so langsam gehen mir die Leute mit eigener Karre aus. „Ich mach's auch nicht kaputt, versprochen. Ich bin ganz vorsichtig.” „Hmm”, brummt er nur wieder in seinen Bart, doch das amüsierte Funkeln in seinen Augen verrät ihn. Der Arsch lässt mich mit voller Absicht zappeln und genießt es. Gleichzeitig gibt er mir damit aber auch die Gewissheit, diesmal mit einem Schlüssel nach Hause gehen zu können. Nur bleibt die Frage, wie und wann. „Arghs, na schön”, kapituliere ich, die Hände in die Luft streckend. „Ich hab am Samstag ein Date, okay? Und ich hab ihm vorgeschlagen, mit ihm rüber zu fahren, weil er da in einen bestimmten Laden will. Nur brauchen meine Alten ihr Auto selber und die Bahnverbindungen sind eine einzige Katastrophe.” „Ach, ein Date? Mit dem Kleinen, über den wir letzten gequatscht haben?” Neugierde löst die gespielte Skepsis ab. „Ja genau.” Ich schaffe es wohl nicht ganz, mein dümmliches Grinsen zu verbergen, so wie er nun seinerseits grinst. „Okay, du darfst das Auto haben. Kann doch eurer jungen Liebe nicht im Weg stehen. Der Kleine muss es dir echt angetan haben.” Ich beherrsche mich und hau ihm nichts um die Ohren. Im schlimmsten Fall wäre die Funkfernbedienung für seinen Wagen sonst wieder in weite Ferne gerückt. „Kann man so sagen.” Lässig zucke ich mit den Schultern, völlig abstreiten wäre ja doch zwecklos. „Da bin ich ja mal gespannt. Bringst du ihn mal zu einem Auftritt mit?” „Möglich”, antworte ich vage. Keine Ahnung, ob Paul sich unsere Musik anhören würde. Andererseits... wenn er am Rand stehen und zu mir aufsehen würde. Doch, das hätte was. Hoffentlich verspiele ich mich nicht, das wäre echt peinlich. „Man kann dir deine Gedanken förmlich an der Nasenspitze ablesen”, lacht Olli mich aus. „Ach ja?” „Jap. Zweifel, Schmacht, Geilheit, Entsetzen. Aber keine Sorge, wird schon halb so wild werden. Wenn er nur halb so sehr auf dich steht, wie du auf ihn, könntest du durchgehend 'Alle meine Entchen' klimpern und er würd's nicht merken.” „Ey! Nun stell mich nicht als sabbernden Trottel dar, das machen meine Schwestern schon zur Genüge!” Nein, ich schmolle nicht. Ganz sicher. „Ach Josh.” Freundschaftlich legt er mir einen Arm um die Schultern, der Zeigefinger der anderen Hand bohrt sich in meine linke Brusthälfte. „Du bist ein weichherziger Softie. Aber das ist okay. Ohne Typen wie dich wäre die Welt wirklich ein so beschissener Ort, wie es ständig besungen wird.” „Willst du mich beleidigen?”, empöre ich mich. „Nein. Ich meine das ernst. Du bist nur halb so hart wie du gerne tust. Ein bisschen arrogant, ein bisschen ignorant, aber gar nicht so tief drin, bist du ein echt netter Kerl. Und darum gebe ich dir auch den verdammten Schlüssel. Führ dein Herzblatt schön aus, wickel ihn um den Finger und wirf meinetwegen Rosen auf seinen Weg, aber sorg' dafür, dass du es nicht vermasselst.” Mit roten Wangen bleibe ich auf seinem Sofa sitzen, unsicher, ob vor Wut oder Scham oder beidem. Olli löst derweil sein Versprechen ein und holt den Autoschlüssel. Ich bin doch kein Softie! Pah!   ~*~   Doch Josh, bist du ;) Sorry, aber irgendwie hast du dich ziemlich schnell in einen verwandelt. Aber mal im Ernst, wirklich krasse, harte Typen kenn ich im Metal- und Gothic-Bereich kaum. Sind im Grunde alles nette, liebe Kerle mit einer provokant rauen Schale. Vielleicht gerade deswegen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)