SHaRKY SCaM von King_of_Sharks (SouRin) ================================================================================ Kapitel 18: Die Konsequenzen ---------------------------- Wie es sich anfühlte mit einem Mörder im Bett zu liegen? Ziemlich gut, wenn man Rin fragte, welcher am Samstagmorgen sanft von den ersten Sonnenstrahlen geweckt wurde. Noch immer nah bei Sousuke liegend, von dessen einem Arm umschlungen, räkelte sich der Rothaarige leicht. Behaglich fühlte er sich in der Nähe des Größeren, der ausnahmsweise länger als er schlief. Der Vortag hatte ihn wohl auch sehr mitgenommen. Apropos, dieses Thema weckte nicht nur Rins Körper, sondern auch seine Erinnerungen daran, welch grausame Szene sich vor nicht allzu vielen Stunden vor seinen Augen abgespielt hatte. Ein Pfleger namens Ryan Kendall hatte sich an ihm vergreifen wollen und ihm auch das Oberteil mehr vom Leib gerissen als ausgezogen, ihn berührt, bevor Sousuke die Tür des Behandlungszimmers aufgebrochen und ihn gerettet hatte. Die Art und Weise, wie dieser das getan hatte, ließ Rin erschaudern. Dass der Mann, der neben ihm lag und ihn so sanft behandelte, zu solch einer Brutalität fähig war, sodass er den Pfleger mit dem Kopf voran mehrmals auf die Tischplatte geschlagen hatte, konnte Rin nicht glauben, auch wenn er dies miterlebt hatte. So unwirklich erschien ihm die Persönlichkeit in Sousuke, die zu diesen Taten fähig war und so gar nicht zu dessen gewöhnlichem Selbst passen wollte. Mit den Erinnerungen, die über Rin hereinbrachen, kam auch die Sorge auf, welche Konsequenzen die Aktion für sie beide haben würde. Man würde Ryan früher oder später sicher finden, wenn dieser sich nicht bereits selbstständig Hilfe geholt hatte. In dem Zustand, in dem sie diesen zurückgelassen hatte, konnte man sich das aber eher schlecht vorstellen. Immerhin waren dem Mann Zähne aus- und er bewusstlos geschlagen worden… Den Schlafenden betrachtend, musste Rin wieder an den Patienten denken, an dem man eine transorbitale Lobotomie durchgeführt hatte und auch daran, dass Sousuke keine Familie, oder sonst jemanden außerhalb dieser Mauern, hatte, der ihn vermissen würde. Der bloße Gedanke daran, man könnte bei dem Größeren eine solche Methode anwenden, ließ Rin erschaudern. Beim besten Willen konnte er nicht mehr ruhig liegen bleiben und setzte sich somit im Bett auf, wodurch Sousukes Arm von ihm rutschte und dieser davon geweckt wurde. „Rin…?“, murmelte der Dunkelhaarige verschlafen. „Hab ich dich geweckt?“, blickte Rin nach unten zu Sousuke, der ihn anblinzelte. „Du kannst noch ein bisschen weiterschlafen…“ Sich nicht nur deswegen schuldig fühlend, weil er den Größeren geweckt hatte, sondern auch weil er diesem so viele Probleme bereitete, beugte sich Rin zu diesem nach unten und gab ihm einen sanften Kuss auf die Stirn. Diese Geste hatte er zuvor noch bei keinem vollführt, weswegen er dabei auch etwas nervös war, zumal Sousuke nun zu ihm rückte und seinen Kopf an Rins Beine legte, dessen Nähe genießend. Der Rothaarige seufzte leise, ehe er begann dem ungewohnt Zutraulichen durchs Haar zu streichen. Auch wenn sie noch nicht offiziell zusammen waren, hatte Rin schon die Vorahnung, dass eine feste Beziehung mit Sousuke eine gute Idee war. Dieser wies deutliche Zeichen der Veränderung in seinem Verhalten auf, je näher sie sich kamen und wenn Rin dem anderen helfen konnte, wollte er das gerne tun. Für ihn sprang dabei immerhin auch einiges heraus… Mit seinem Traummann zusammen sein zu können, in den er sich inzwischen auch richtig verliebt hatte, hätte er sich vor ein paar Monaten noch nicht vorstellen können. Vor einem halben Jahr war Rin auch noch durch die Schwulenclubs Japans getingelt, immer auf der Suche nach ein wenig Spaß und Ablenkung vom Alltagsleben, in er nicht ganz er selbst sein konnte. Einen Freund hatte er auch damals haben wollen, doch die Angst vor den Konsequenzen und die Tatsache, dass ihm einfach niemand gut genug erschienen war, hatten dem vorgebeugt. Sousuke war wieder eingedöst, verzaubert vom angenehmen Streicheln Rins, der sich nicht vorstellen konnte, jetzt noch selenruhig schlafen zu können. Immerhin konnte jeden Moment jemand vom Personal ins Zimmer stürmen und sie zu den Ereignissen in 215 befragen, oder schlimmer. Angespannt hielt Rin in seiner Bewegung inne, sodass seine Hand an Sousukes Schläfe zur Ruhe kam. Er wollte diesen nicht verlieren…niemals. Auch wenn sie sich nicht lange kannten und erst zwei Mal geküsst hatten, wusste er das einfach. Wenn Rin eins in diesen fünf Monaten gelernt hatte, dann mehr auf sein Bauchgefühl und seine Instinkte zu hören und niemandem zu vertrauen und niemanden vorschnell zu verurteilen. Sein Verstand hatte ihm gesagt, dass Kisumi ein schlechter Mensch war, der anderen Leid zufügte, doch sein Gefühl und Chigusa vermittelten ihm, dass dieser nichts Böses wollte, auch wenn er sehr eigen und aufdringlich war. Mit Sousuke verhielt es sich ähnlich: Dessen Äußeres konnte einen zurückweichen lassen, erst recht wenn man dessen Hintergrundgeschichte kannte, doch wenn man sich mit ihm auseinandersetzte lernte man schnell, dass der Große einfach nur sozial ungeschickt und im Grunde ein sanftmütiger Mensch war, dem sehr schlimme Dinge widerfahren und angetan worden waren. Außerdem sollte man sich nicht in falscher Sicherheit von einem gepflegten, lächelnden Arzt wiegen lassen, der einen bei jeder Gelegenheit an einen Stuhl festband und einem suggerierte, man wäre krank und er würde einem nur helfen wollen. Eine viertel Stunde später, in der Rin einfach nur auf dem Bett gesessen, Sousuke gestreichelt und nachgedacht hatte, musste er den Größeren - so leid es ihm auch tat - wecken. Immerhin würde es bald Frühstück geben und sie mussten sich noch fertig machen. Rin sah davon ab, duschen zu gehen, weil er das am Abend zuvor zwangsläufig erledigt hatte, doch Sousuke stieg nach dem Zähne putzen unter den Wasserstrahl. „Wie oft rasierst du dich eigentlich?“, wollte der Rothaarige neugierig wissen, da er zuvor beobachtet hatte, wie der Dunkelhaarige seinen Bartansatz gestutzt hatte. „Alle paar Tage…meistens jeden zweiten“, entgegnete Sousuke, noch immer ein wenig müde, als er seine Decke und sein Kissen zurück in sein Bett brachte, um möglichen Komplikationen im Vorfeld vorzubeugen. Es wäre nicht auszumalen, wie man sie behandeln würde, wenn herauskam, dass sie in einem Bett schliefen – auch wenn dabei nichts ‚Unanständiges‘ geschehen war. Da kam wieder seine morgendliche schlechte Laune durch, die er zu unterdrücken versuchte. Am Wochenende schaffte er das meistens nicht und bevor Rin zu ihm gezogen war, war das auch nicht von Nöten gewesen. Damals hatte Kisumi dann einfach alles abbekommen, so wie heute auch noch des Öfteren. „Krass“, staunte Rin nicht schlecht. „Mir wächst nicht mal wirklich ein Bart.“ „Ist doch nicht schlimm“, gähnte Sousuke, als er sich eine petrolfarbene Jacke überzog. „Hm, stimmt. So hab ich wenigstens damit keine Arbeit“, stimmte der Kleinere zu, welcher nach wie vor auf Kriegsfuß mit seiner Körperbehaarung stand. Außerdem konnte er sich vorstellen, dass der Größere es auch besser fand, wenn sein (zukünftiger) Partner keinen Bart hatte. Auch wenn dieser es nicht offen verlauten lassen hatte, war sich Rin sicher, dass Sousuke eigentlich auf Frauen stand. Warum genau er trotzdem erwählt worden war, war hm ein Rätsel, zumal Sousuke es eindeutig genossen hatte, als sie sich geküsst hatten. An diesem Morgen schien jedoch alles relativ normal zwischen ihnen zu sein, wenn man davon absah, dass sie in einem Bett geschlafen hatten. Rin war sich nicht mal mehr ganz sicher, ob er den Kuss nur geträumt hatte, denn Sousuke ließ sich nicht davon anmerken, dass etwas mehr zwischen ihnen passiert war. Vielleicht wollte dieser das auch gar nicht und war nun der Meinung, das war ein Fehler gewesen und dass sie alles beim Alten belassen sollten? Diese verdammten Zweifel konnten einen zerfressen, vor allem wenn man so unsicher wie Rin war, der sich über alles den Kopf zerbrach. Die viel wahrscheinlichere Erklärung für Sousukes Verhalten war, dass dieser schlicht und ergreifend ein Morgenmuffel war und auch nicht ganz wusste, wie man sich nach seinem ersten Kuss zu verhalten hatte, geschweige denn wie man eine Beziehung in die Wege leitete. Als sie aus der Tür in den weißen Flur traten und sich gerade nach rechts auf den Weg zu den Aufzügen machen wollten, bogen drei Männer um die linke Ecke, von denen einer Dr. Masefield war. „Stop right there“, hörte Rin nur die Worte, welche ihm das Herz in die Hose rutschen ließen. Sousuke und er drehten sich nach der Stimme um, die hinter ihnen erklungen war, begleitet vom Geräusch der Schritte mehrerer Menschen, welches nun verstummte. Das hatte nichts Gutes zu bedeuten… „I’m afraid you will have to come with us, Rin“, schüttelte der Arzt den Kopf und sah irgendwie enttäuscht aus. Das Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden, sowie die anderen beiden Männer bedrohlich wirkten, da sie grimmig dreinschauten und auf ein Kommando zu warten schienen. Sousuke stand diesen in nichts nach und spannte sich nun auch an. Selbst wenn Rin nicht zu diesem blickte, konnte er dessen Aura wahrnehmen. Dass dieser in Alarmbereitschaft war, konnte er gut nachempfinden, denn Rin selbst ging es nicht viel besser, auch wenn er eher nervös und verängstig, als angriffslustig war. „You know what happened last night…we would like to hear what you have to say to that…’accident’“, wurde Dr. Masefield nun eindringlicher. „And if you’re not willing to do so, we will have to make you speak.” „It’s not my fault!”, verteidigte sich der Rothaarige nun und wollte schon sagen, was Ryan vorgehabt hatte ihm anzutun, doch Sousuke schaltete sich in dem Moment dazwischen. „It’s my fault. I did all of this“, sah der Dunkelhaarige den Arzt mit stechendem Blick an, auch wenn er seine Schwierigkeiten hatte, diesem auf Englisch zu antworten. „Take me with you. He’s got nothing to do with it.” „Is it clear to you what this means? You realize the consequenzes of your confession?”, schlich sich das Lächeln auf Dr. Masefield leicht faltiges Gesicht zurück. Sousuke nickte daraufhin nur, sah Rin mit einem vielsagenden Blick an und schritt auf die anderen drei Männer zu. Der Kleinere hatte ihn noch aufhalten wollen, doch dessen Blick bedeutete ihm, dass er alles im Griff hatte und wusste, worauf er sich einließ. Trotzdem war Rin ganz und gar nicht damit einverstanden, dass Sousuke alle Schuld auf sich nahm, auch wenn er derjenige gewesen war, der die Tür aufgebrochen und den Pfleger bewusstlos geschlagen hatte. Er hatte ihm ja nur geholfen… Wenn überhaupt, dann war das alles Ryan Schuld, welcher ihn belästigt und genötigt hatte. „Well then now, Rin, you’re free to go“, nickte die Weißrobe dem Rothaarigen zu, der mit ansehen musste, wie Sousuke von en Männern an den Armen gepackt und wie ein Schwerverbrecher abgeführt wurde. Unfähig zu antworten, blieb Rin wie angewurzelt an Ort und Stelle stehen. Die Gedanken an mögliche Folgen und der Ausgang dieser Situation brachen über ihn herein, sodass er absolut unfähig war, irgendetwas dagegen zu tun, dass man Sousuke mitnahm. Selbst wenn, was hätte er schon gegen die drei Männer ausrichten können? Wenn er sich nun wehrte und einschritt, würde dessen Opfer um sonst sein. Zumal besaß Rin auch nicht den Mut dazu, sich gegen das Personal aufzulehnen. Das schlechte Gewissen wegen seiner Feigheit und die Zweifel über die Ungewissheit, was mit seinem Freund geschehen würde, plagten ihn jetzt schon. Was würde man Sousuke antun? Würden sie ihn in einem Stück wieder zurück bringen? War er danach noch der Selbe? Erst als die drei Männer schon längst mit Sousuke verschwunden waren, konnte Rin sich rühren. Vollkommen appetitlos, machte er sich auf den Weg zum Frühstück, wobei er mechanisch einen Fuß vor den anderen setzte. Diese Aktion geschah mehr aus Automatismus und Hilflosigkeit, als aus freiem Willen. Irgendetwas musste er schließlich tun… Chigusa und Kisumi erwartet ihn – und natürlich auch Sousuke – schon an ihrem angestammten Platz. Rin hatte sich nicht viel auf sein Tablett geladen und nahm seine Freunde auch kaum war, da er auf das Brötchen starrte, das unberührt vor ihm lag. „Hey, was ist denn los? Wo hast du Sousuke gelassen?“, wollte Kisumi wissen, nachdem der Kleinere ihm erneut nicht  geantwortet hatte. Chigusa hatte im Gegensatz zu ihrem besten Freund bereits eine Vorahnung, dass etwas nicht stimmte. Immerhin war es nicht das erste Mal, dass Sousuke nicht anzutreffen war. Welchen Grund dessen Abwesenheit diesmal hatte, musste jedoch erst ermittelt werden. „Ist etwas geschehen?“, wandte sich die Brünette nun auch an Rin, welcher total bedrückt aussah, also musste es etwas Ernstes sein. Sie legte dem Rothaarigen eine Hand an den Arm, um ihm zu signalisieren, dass er ihnen alles anvertrauen konnte. Schließlich saßen sie im selben Boot und mussten zusammenhalten, zumal die vier trotz der ungewöhnlichen Umstände ihres Zusammentreffens gute Freunde geworden waren. Die Not verband Menschen und Rin war mehr als froh darüber, dass er jemanden hatte, an den er sich wenden konnte. Der Rothaarige blickte auf, als er die Berührung am Arm spürte, die natürlich keine Schmerzen auslöste, da Chigusa weiblich war, und hatte mit sich selbst zu kämpfen. Seine Lippen bebten und er wollte nicht in der Öffentlichkeit weinen, sodass er seine Tränen herunterschluckte, ehe er zu erklären versuchte, was geschehen war. „…sie haben Sousuke mitgekommen. Ich weiß nicht wohin, oder was sie mit ihm machen werden…es ist meine Schuld“, kam es Rin nur schwer über die Lippen, wobei er Chigusa nicht ansehen konnte und den Blick abwandte, um nicht loszuheulen. Diese sah ihn überrascht an, Besorgnis spiegelte sich in ihren Augen wider. Kisumi stoppte ebenfalls zu essen und sah Rin mit weit aufgerissenen Augen an, bevor er versuchte, mehr aus diesem herauszubekommen. Chigusa hielt ihn jedoch davon ab, indem sie sagte: „Nicht hier! Das erweckt zu viel Aufsehen…wenn, dann besprechen wir das auf einem unserer Zimmer.“ Der ernste Blick, den sie ihm dabei zuwarf, deutete darauf hin, dass dieser Vorschlag mehr ein Befehl war, den er auch befolgen würde. Kisumi befolgte schon beinahe zwanghaft nur seine eigenen Regeln, sodass seine beste Freundin alle Mühe damit gehabt hatte, ihm Gehorsam beizubringen. Da sie sich aber sehr nahe standen und der Größere auf ihr Urteil und ihre Einschätzung vertraute, fiel es ihm leichter sich zu fügen. Außerdem mochte er Chigusa sehr gerne und dass Zuneigung und der daraus resultierende Respekt bei der Befolgung von Befehlen eine wichtige Rolle spielte, dürfte allgemein bekannt sein. „Na schön…dann gehen wir aber gleich nach dem Essen in mein Zimmer“, seufzte Kisumi, schon neugierig darauf zu erfahren, was mit seinem großen Miesepeter geschehen war. Von der Neugier ab, keimte in ihm auch so etwas wie Sorge um Sousuke auf. Auch wenn es ihm schwer fiel, diese Gefühle zuzulassen, konnte der Rosahaarige nicht leugnen, dass der andere ihm wichtig geworden war. Die anderen beiden stimmten ihm zu und da sie alle sowieso nicht mehr viel Hunger hatten, verweilten sie keine fünf Minuten mehr in der Mensa. Nachdem Rin beim Frühstück so gut wie nichts gegessen hatte und der Umfang der Kost der anderen beiden auch eher spärlich ausgefallen war, fuhren sie mit dem Aufzug in die 2. Etage zurück, in dem sich ihre Zimmer befanden. Kisumis lag auf der linken Seite neben dem Treppenhaus und trug die Nummerierung ‚203‘. Chigusas war ganz in der Nähe und auch schneller zu erreichen, doch sie ließ nicht gerne jemanden in ihr Reich ein, weswegen sie ganz froh war, dass Kisumi seines angeboten hatte. Dass Rin momentan nicht unbedingt in 207 zurück wollte, konnte man auch verstehen. „Also, was ist passiert?“, ließ sich Kisumi auf seinem Bett nieder und bedeutete Rin, dass er sich neben ihn setzen sollte. Chigusa nahm auf dem Stuhl Platz, der am Tisch direkt am Fenster stand. Auch wenn die beiden ihre Freunde waren, hatte sie trotzdem ein Problem damit, Männern so nahe zu kommen und das auch noch auf einem Bett. „Jetzt lass ihn sich doch erstmal sammeln“, bremste Chigusa ihren besten Freund ein wenig aus, da Rin ziemlich fertig aussah. „Schon okay…“, atmete der Rothaarige tief ein und versuchte dann die jüngsten Ereignisse so gut es ging wiederzugeben. „Gestern nach meiner Therapie hätte mich ein Pfleger untersuchen sollen, aber er…ist ein bisschen zu weit gegangen. Wie genau Sousuke es geschafft hat, so schnell zu mir zu kommen und die Tür aufzubrechen, hab ich keine Ahnung…“ „Moment: Was hat der Typ mit dir gemacht und wie um alles in der Welt kann man hier eine Tür eintreten? Sou-chan, ist stark, schon klar, aber dass…“, wollte Kisumi, der wirklich sehr neugierig lauschte, unbedingt wissen. „Ich weiß auch nicht, wie er das gemacht hat, aber…der Typ hat mich versucht auszuziehen und so“, war der Kleinere nicht fähig, die Erinnerungen an den Vortag weiter auszuführen, dazu sah der Schreck noch viel zu tief. „Oh Scheiße…“, flüsterte Chigusa nur leise, da sie nur zu gut wusste, wie man sich in einer derartigen Lage fühlte und dass es lange brauchen konnte, bis man bereit war darüber zu sprechen – auch wenn es bei Rin nicht so aussah, dass ihm viel angetan worden war. „Und als Sousuke dann reinkam, hat er den Typ von mir weggezogen und ihn…bewusstlos geschlagen“, ging Rin nicht so sehr ins Details, weil er erstens befürchtete, dass ihm dann wieder schlecht werden würde und zweitens, weil er Chigusa diese Bilder ersparen wollte. „Hat man ihn dann deswegen mitgenommen?“, schlussfolgerte Kisumi, wofür er sich ein Augenrollen von Chigusa einfing. „Ja, sie haben ihn heute Morgen vorm Frühstück mitgenommen“, bestätigte der Rothaarige. „Eigentlich wollten sie mich, aber er hat alle Schuld auf sich genommen.“ Bei diesen Worten verkrampfte sich Rin und krallte die Finger in den Stoff seiner Hose. Seine Lippen bebten wieder und ein Kloß bildete sich in seinem Hals. Noch wollte er aber nicht wieder zu weinen anfangen, nicht jetzt. Er wollte nicht schwach und verletzlich, wie ein Feigling, vor seinen Freunden weinen. „Oh man…“, gab Chigusa mitleidig von sich und konnte sich vorstellen, dass noch ein bisschen mehr passiert war, als dass Sousuke eine Tür zerstört und einen anderen ohnmächtig geschlagen hatte. „Es ist aber schon übertrieben, dass sie ihn dann gleich ins 3. Stockwerk bringen, immerhin geht’s dem Typ doch gut, oder?“, bemerkte Kisumi, der nicht ganz begriffen hatte, dass Rin ihnen nicht alles gebeichtet hatte. „Ich glaube schon…aber“, schluckte Rin seien Tränen herunter und versuchte sich zusammen zu reißen. „Sousuke hat ihn eben ein paar Mal auf den Tisch geschlagen und ihm fehlen auch ein paar Zähne…“ Dabei musste er sofort wieder an die Blutlache auf dem gekachelten Boden denken, sodass sich sein Magen zusammenzog. „Oh…das ist natürlich was anderes“, nickte Kisumi, fasziniert von den Taten, zu denen Sousuke fähig war. Nach einem Moment der Stillen Bewunderung, sah er sich Rin genauer an und stellte fest, dass irgendetwas nicht mit diese stimmte. Während Chigusa schon lange aufgefallen war, dass der Rothaarige kurz vorm Heulen stand, benötigte ihr bester Freund ein wenig Zeit dazu, zu dieser Erkenntnis zu gelangen und endlich den Mund zu halten. „Nicht traurig sein…er kommt doch bald wieder“, wusste sich der Rosahaarige nicht ganz so gut zu helfen, denn ihm fiel es unglaublich schwer, mit derartigen Emotionen von anderen Menschen umzugehen. Als er sich daran entsinnt, was er getan hatte, wenn sein kleiner Bruder, streckte Kisumi seine Hand aus und fuhr Rin mit der Innenseite seiner Handfläche über die Wange. Dabei lächelte er ihn so mitfühlend wie möglich an und versuchte davon abzukommen, sich die Szene, die sich am Vortag in 215 abgespielt hatte, bildlich vorzustellen. Rin blinzelte ihn daraufhin überrascht an, genoss aber die Wärme des anderen, sodass er kurz die Augen schloss und um Fassung rang. Chigusa betrachtete diese Szene skeptisch, entschloss sich aber die beiden einfach mal machen zu lassen. Solange Kisumi auf keine dummen Ideen kam, würde sie nicht einschreiten. Rin zu trösten war allerdings auch ihre Aufgabe, sodass sie nun verlauten ließ: „Du musst dir keine Sorgen machen. Sousuke wurde schon öfter mal mit nach oben genommen…meistens nur für ein, zwei Tage oder so.“ „Genau! Es wird alles wieder gut“, bestätigte Kisumi und lächelte nun ein wenig mehr und ein wenig ehrlicher. „Danke“, brachte Rin gerade noch so über die Lippen, bevor er doch in Tränen ausbrach. Kisumi reagierte darauf ziemlich schnell, denn er kannte das noch von Hayato, der auch oft geweint hatte. So zog er den Kleineren schnell zu sich und nahm ihn in den Arm, streichelte ihm über den Rücken und schenkte ihm somit den Schutz vor der Blöße, weinend auf dem Bett zu sitzen, während ihn zwei andere anstarrten. Chigusa musste trotz der Tragik dieser Geschichte leicht lächeln, da sie es als Fortschritt ihres besten Freundes erkannte, dass er sich um die Gefühle anderer Menschen Gedanken machte und ihnen einen Ansatz Empathie entgegenbrachte. „Sousuke kommt bald wieder zu dir zurück, da bin ich mir sicher“, flüsterte Kisumi mit angenehmer Stimme, während er Rin streichelte, der sich zitternd an ihn klammerte. Auf diese Worte hin beruhigte sich der Kleinere tatsächlich etwas, sodass auch bald die Tränen abebbten und er tief durchatmen konnte. Peinlich war es ihm nach wie vor, vor den anderen geweint zu haben, doch da Kisumi ihm Verständnis entgegenbrachte und Chigusa auch nicht aussah, als würde sie das stören, fiele s ihm leichter damit umzugehen. „Wie hat sich das alles eigentlich zwischen euch entwickelt?“, wollte Kisumi mit seinem nun wieder üblichen Grinsen wissen. „Wie weit seit ihr gekommen~?“ „Shigi!“, ermahnte Chigusa ihn daraufhin, da sie es nicht fassen konnte, dass der andere schon wieder an sowas dachte. Angesichts der Situation hätte man ein wenig mehr Feingefühl von ihm abverlangen können, doch andererseits war es Kisumi, bei dem sie es besser wissen musste. Genau wie Ernsthaftigkeit war dies eine Eigenschaft, an der es ihm mangelte, sodass man nichts anderes von ihm erwarten konnte, als dass er die für ihn relevanten Fragen stellte. „Schon okay“, schüttelte Rin zaghaft den Kopf, der ganz früh über die Ablenkung in Form eines anderen Themas war. „Wir haben uns gestern irgendwie danach geküsst…“ „Uh~ Erzähl mehr! Wie war es?“, hibbelte Kisumi nun auf seinem Bett herum und schnappte sich Rins Hände. „War er gut?“ „Ja…schon…es hat sich schön angefühlt“, war der Kleinere etwas überfordert von der plötzlichen Begeisterung des anderen, zumal er nicht verstand, was es zu einem Kuss groß zu sagen gab. „Und weiter?“, hakte der Größere nun nach, schon ganz gespannt auf weitere Ausführungen, da er von sich ausging, also davon, dass gleich etwas mehr gelaufen war. „Nichts weiter“, entgegnete Rin perplex, bevor ihm klar wurde, worauf der andere hinaus wollte. „Wir haben uns nur geküsst, sonst nichts!“ „Oh Shigi…du darfst nicht immer von dir ausgehen“, konnte Chigusa nicht fassen, dass Kisumi Rin gerade wirklich gefragt hatte, wie der Sex mit Sousuke gewesen war – zumal man diese Frage generell nicht stellen sollte, egal in welcher Situation. „Hätte ja sein können“, ließ Kisumi Rins Hände wieder los und zuckte mit den Schultern. „Aber auf jeden Fall freu ich mich, dass du ihn soweit bekommen hast“, wandte er sich dann wieder an den Rothaarigen, welcher eifrig nickte. Sie alle wussten wohl, dass sich Sousuke mit menschlichen Interaktionen schwer tat, auch wenn dies unausgesprochen blieb. Der Größere war wirklich ein sehr spezielles Individuum, den seine Vergangenheit wohl am meisten von ihnen beeinträchtigte. Wie genau diese aussah, konnte sich keiner vorstellen, da er sie geheim hielt. Wie einen Schatz, der so wertvoll, aber auch so grausam war, dass ihn kein Mensch zu Gesicht bekommen sollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)