Eine Chance für Ranma von MariLuna ================================================================================ Kapitel 13: Gewitterziegen -------------------------- 13. Kapitel Gewitterziegen   Ranma bekommt nie genug von diesen Küssen, wenn sie einmal damit angefangen haben. All sein Ärger samt sämtlicher Sorgen – vergangene und aktuelle – wird von diesem süchtig machenden Geschmack davon gespült. Die Art, wie ihn Tatewakis Arme dabei halten, wie er ihn an sich preßt – nicht zu sanft, aber auch nicht zu wild, sondern gerade richtig - das lässt ihn sich sicher und behütet fühlen. Und er behält jederzeit die Kontrolle. Er weiß aus Erfahrung, dass Tatewaki auf jedes noch so kleine Signal von ihm achtet und ihn sofort gehen lässt, sollte er es wollen. Und vielleicht will Ranma gerade deswegen nicht und schmiegt sich nur leise seufzend noch fester in diese Umarmung, in diesen Kuss hinein. Und es ist ihm gerade total egal, wie sehr ihn das erregt und dass sie hier in aller Öffentlichkeit auf der Straße stehen. Es ist ihm egal, was die Nachbarn dazu sagen mögen. Oder ob man sie erkennt. Es ist ihm auch egal, dass so etwas in der Öffentlichkeit nicht gerne gesehen wird. Es ist sein Leben, verdammt nochmal, und hier und jetzt will er das genießen. Und wenn Tatewaki Angst um seinen Ruf hätte, hätte er diesen Kuss gar nicht erst initiiert. Er ist so sehr in seiner kleinen Wohlfühlblase gefangen, dass er die Gefahr nicht spürt, die sich ihnen nähert. Tatewaki bemerkt sie, aber leider auch viel zu spät. Er löst den Kuß und ihm gelingt mit Ranma in seinen Armen gerade mal eine halbe Drehung, doch es ist schon zu spät. Mit einem lauten Platsch ergießt sich ein eisiger Wasserschwall über sie. Ranma spürt, wie er um einen halben Kopf schrumpft, ihm Brüste wachsen und noch allerlei andere weibliche Kurven dazukommen, während seine Männlichkeit verschwindet. Aber die Erregung bleibt. Ein heißes, angenehmes Gefühl tief in seinem Inneren. Und er spürt immer noch Tatewakis Arme um sich, auch, wenn sie durch seine veränderte Größe jetzt an anderen Stellen seines Körpers liegen. Was... wer... verdutzt wischt sich Ranma das Wasser aus dem Gesicht. Wie kommen die nur immer an kaltes Wasser? Tragen die es immer bei sich? Widerwillig dreht er den Kopf, um zu sehen, wem er das hier zu verdanken hat. Und krallt sich dann unwillkürlich fester in Tatewakis Sweater. „So. Schon besser.“ Zufrieden grinsend wirft Tendō Nabiki den Gartenschlauch wieder zurück in den Garten, aus dem sie ihn offensichtlich entwendet hatte. Neben ihr steht ihre Schwester Akane, und ihr Gesichtsausdruck verheißt nichts Gutes. Tatewaki wirft den beiden nur einen kurzen, zornigen Blick zu, dann stellt er sich so, dass er zwischen ihnen und dem inzwischen vor Kälte zitternden Ranma steht. „Schnell, zieh dein Oberteil aus und das hier drüber.“ Mit diesen Worten schlüpft er aus seinem Sweater und reicht ihn ihm. Ranma gehorcht rein automatisch und mit Tatewakis tatkräftiger Unterstützung fühlt er sich schnell weniger nass und klamm. Zum Glück hat die Hose weniger abbekommen, weil alle bei solchen Aktionen immer nur auf Ranmas Kopf zielen. Und Tatewakis Sweatshirt hat zwar auch einige Tropfen abbekommen, aber es ist weich und noch warm von seinem Körper. Es riecht sogar nach ihm. Unwillkürlich kuschelt sich Ranma fester in diesen schönen Stoff hinein. Er hebt den Kopf und dann noch ein wenig höher, weil er Tatewaki jetzt nur noch bis zur Brust reicht und bedankt sich bei ihm mit einem Lächeln. Dieser hält das tropfendes Oberteil in der linken Hand und mit der anderen streicht er ihm ein paar tropfnasse rote Haarsträhnen aus dem Gesicht. Da er direkt vor ihm steht und dadurch die Sicht auf die Tendō-Schwestern verdeckt, hätte Ranma sie für einen Augenblick fast vergessen. Jedenfalls so lange, bis sich Nabiki lautstark wieder in Erinnerung bringt. „Du nimmst wohl jede Gelegenheit wahr, um ihr an die Titten zu gehen?“ „Ach, und wem haben wir das zu verdanken?“ zischt Tatewaki aufgebracht zurück und mustert sie voller Verachtung. „Wie kindisch bist du überhaupt?“ „Und mir macht es gar nichts aus, wenn er mir an die Titten geht. Er darf das. Er darf noch viel, viel mehr.“ Mit diesen Worten streckt Ranma ihr die Zunge heraus, während er gleichzeitig beide Arme um seinen Freund schlingt, um seinen Standpunkt für alle ganz deutlich zu machen. Nabiki grinst nur noch breiter, als sie vielsagend ihren Fotoapparat hervorzieht. Während sie mit den Worten „die verkaufe ich an die Schülerzeitung“ die ersten Bilder knipst, hat Akane ihre Sprache wiedergefunden. „Schämst du dich nicht?“ herrscht sie ihren ex-Verlobten hochrot im Gesicht und die Hände auf Hüfthöhe zu Fäusten geballt, an. „Er hat für dich bezahlt, das ist dir schon klar, oder?“ „Ihr habt das Geld doch nur zu gerne angenommen“, kontert Tatewaki sofort zurück, doch sie achtet nicht auf ihn. Ihre ganze Aufmerksamkeit gehört dem rothaarigen Mädchen, das eigentlich ihr Verlobter sein sollte. Der Anblick, wie selbstverständlich sie Tatewakis Sweater trägt und die Vertrautheit, mit der sie sich an ihn schmiegt, macht Akane nur noch wütender. Sie konnte Ranmas weibliches Ich noch niemals leiden, ihrem Empfinden nach, nutzte sie ihre weiblichen Vorzüge immer viel zu sehr aus. „Du schuldest mir mehr als das! Du treuloser Bastard! Nie kannst du dich deiner Verantwortung stellen! Nicht einmal jetzt. Stattdessen schickst du Kunō vor, damit er mit seinem Scheckbuch wedelt und dich von deinen Verpflichtungen freikauft! Und als Dank wirfst du dich ihm an den Hals! Du … du Flittchen!“ Ranma hat Tatewakis Seite verlassen und unwillkürlich Abwehrhaltung eingenommen. Bereit, sich mit den Fäusten zu verteidigen, sollte es notwendig werden. „Na, dir werfe ich mich ganz bestimmt nicht an den Hals!“ schleudert er Akane entgegen. „Ich wollte dich nie heiraten! Nie! Ein Mannweib wie du ist gar nicht mein Typ! Und lieber bin ich Tatewakis Flittchen als dein Ehemann!“ Akane schnappt sichtbar nach Luft, und nur Nabikis Hand an ihrem Ellbogen scheint sie davon abzuhalten, sich auf ihn zu stürzen. „Er steht nicht auf dich, Kunō“, wendet sich Nabiki jetzt direkt an Tatewaki, während sich ihr Griff um Akane sichtbar festigt. Sie hat eindeutig Mühe, sie zurück zu halten. „Er nutzt dich nur aus. Sei nicht so dumm und falle darauf herein. Er will sich nur durchfressen wie immer.“ Daraufhin gibt Ranma nur ein abfälliges Schnauben von sich, beruhigt sich jedoch, als Tatewaki sich wieder direkt neben ihm stellt und ihm sanft mit einer Hand über den Nacken streichelt. „Was willst du noch?“ will Tatewaki dabei von Akane wissen. Seine Stimme und Miene sind völlig ruhig, nüchtern und absolut sachlich, ein auffälliger Kontrast zu allen anderen hier. Doch darunter liegt eine stählerne Härte, wie man es von ihm nicht gewohnt ist. „Ihr habt einen Vertrag unterschrieben.“ „Du kommst einfach zu uns und bietest uns ein Vermögen für diesen Nichtsnutz!“ Entschlossen schüttelt Akane ihre Schwester ab. Doch sein ungewohntes Benehmen verunsichert sie, so dass sie es nicht wagt, sich auf ihn zu stürzen. Dafür schraubt sich ihre Stimme derart in die Höhe, dass es ein Wunder ist, dass keine Schaulustigen herbeiströmen. „Natürlich sagen unsere Väter da zu! Du weißt um die Probleme mit der Kampfschule und hast das ganz hinterhältig ausgenutzt! Du konntest nie bei irgend jemanden landen und kaufst dir jetzt einfach dieses Flittchen! Das ist ja so schäbig! Du bist schäbig!“ „Besser als einem Minderjährigen eine Hochzeit aufzuzwingen“, kommt es wieder so unheimlich ruhig zurück. „Wieso spielst du das überhaupt mit? Vor einem halben Jahr warst du selbst noch vehement gegen diese Hochzeit! Willst du wirklich jemanden heiraten, der dich nicht liebt?“ „Das hat etwas mit Verantwortung und Pflichtbewußtsein zu tun! Aber davon versteht ihr nichts!“ Vor Zorn am ganzen Körper bebend, holt Akane mit dem rechten Arm aus, doch der Schlag bleibt nur angedeutet, denn sie erstarrt regelrecht, als Tatewaki plötzlich einen Schritt nach vorne macht, und dadurch ganz offensiv in ihre Reichweite hineintritt. Das hat sie nicht erwartet. Und dann beugt er sich zu ihr herunter, bis sie auf gleicher Augenhöhe sind. Unwillkürlich läßt sie ihre Hand wieder sinken und weicht einen winzigen Schritt zurück. Obwohl sie ihn seit Jahren kennt, ist ihr noch niemals aufgefallen, wie groß und imposant er wirklich ist. „Und wo bleibt deine Verantwortung dir selbst gegenüber? Willst du wirklich den Rest deines Lebens mit jemanden verbringen, der dich nicht liebt?“ „Ich-“ beginnt sie, doch da tritt er schon wieder aus ihrer Wohlfühlzone heraus. In seiner Miene liegt etwas, was sie in Verbindung mit sich selbst noch niemals bei ihm gesehen hat: Tiefste Verachtung. „Und was ist mit euer Verantwortung gegenüber Ranma? Wieso hat niemand von euch bemerkt, wie schlecht es ihm mit dieser geplanten Hochzeit ging? Wieso hat es euch nie gekümmert, was er fühlt, was er will? Bei mir hat er wenigstens die freie Wahl. Ich zwinge ihn zu nichts. Ich zwinge ihn auch nicht mit hinterhältigen Wasserattacken, sich in Ranko zu verwandeln, nur, weil es mir Spaß macht, ihn zu demütigen. Weißt du auch nur annähernd, was das für ein Gefühl ist, nicht Herr über seinen eigenen Körper zu sein? Wenn jene, denen du vertraut hast, dir etwas aufzwingen, weil du dich nicht gegen sie wehren kannst? Wenn sie mit deinen Ängsten spielen, nur, weil sie es können?“ Nicht nur Akane und Nabiki starren ihn nach diesem Ausbruch völlig sprachlos an. Auch Ranma hat es kurz die Sprache verschlagen, wenn auch aus anderen Gründen – anders als die beiden hat er den klugen, furchtbar erwachsenen Kunō Tatewaki ja schon kennen gelernt. Aber bevor er etwas sagen kann, legt ihm sein erstaunlicher, immer wieder für Überraschungen guter Freund schon fürsorglich seinen Arm um seine Schultern und führt ihn weg von den Tendō-Schwestern. „Komm, wir müssen nach Hause, bevor du dich erkältest.“ Das ist ein Vorschlag, dem Ranma nur zu gerne befolgt. Es gelingt ihm sogar, sich nicht ein einziges Mal umzudrehen, bis sie zwanzig Meter weiter hinter einer Straßenecke verschwinden können. Die ganze Zeit hält er den Blick starr geradeaus und konzentriert sich einzig und allein auf Tatewakis Nähe. Seine Gedanken aber rasen. „Tachi?“ fragt er schließlich schüchtern, als er sie außer Hör- und Sichtweite weiß und wirft ihm dabei einen vorsichtigen Blick zu. „Das, was du da eben gesagt hast... was ist dir...“ Er wagt es nicht, den Satz zu beenden. Er will es nicht hören, wirklich nicht, aber er muß es wissen. „Mein Vater hat fragwürdige Erziehungsmethoden“, ist die ausweichende Antwort. Tatewaki lächelt schief und festigt seinen Griff um seine Schultern, drückt ihn einmal kurz an sich. „Es war schlimmer, als ich jünger war. Und Kodachi hat er glücklicherweise immer in Ruhe gelassen.“ Ranma nickt nur beklommen, denkt unwillkürlich an vorletzte Nacht zurück und drückt sich im Laufen etwas enger an seine Seite. Im Stillen erneuert er seinen Schwur, dass dieser alte Verrückte seinen Zorn zu spüren bekommt, sollte er es je wieder wagen, seinem Tachi zu nahe zu kommen.       „Ran-chan.“ Von der anderen Straßenseite eilt ihnen plötzlich eine junge Frau entgegen. „Ran-chan“, wiederholt sie, als sie vor ihnen steht und dann, mit ihrem üblichen Lächeln, an Tatewaki gewandt: „Kunō-kun. Guten Morgen. Ich suche meine Schwestern, seid ihr ihnen irgendwo begegnet?“ „Guten Morgen, Senpai“, erwidert Tatewaki genauso höflich und deutet dann mit dem Daumen über seine Schulter nach hinten. „Dort. Um die Ecke.“ „Danke.“ Kasumi, die älteste der Tendō-Schwestern deutet eine kleine Verbeugung an. „Ich bitte um Entschuldigung. Ich komme wohl zu spät, um sie zur Vernunft zu bringen.“ Mit diesen Worten kramt sie eine Thermoskanne aus ihrer Umhängetasche hervor, öffnet sie und gießt dem rothaarigen Mädchen vor sich den heißen Inhalt über den Kopf. Hustend und spuckend verwandelt sich Ranma in einen Jungen zurück. Tatewaki hilft ihm mit dem immer noch feuchten Thangzhuang, sich das Gesicht zu trocknen und nimmt dabei auch die Ärmel seines T-Shirts zu Hilfe. Dabei wirft er Kasumi wahrhaftige Todesblicke zu, die diese einfach ignoriert. „Willst du es dir nicht doch noch einmal überlegen, Ran-chan?“ fragt sie, während sie ihre Thermoskanne wieder verstaut. „Wir sind alle etwas gestresst wegen der geplanten Hochzeit gewesen und wir können den Termin ja auch gerne verschieben. Du und Akane braucht vielleicht noch etwas mehr Zeit, ihr seid ja noch sehr jung. Aber wegen so ein paar Differenzen, die es immer mal wieder gibt, musst du doch nicht gleich alles absagen. Wenn du und Akane einfach mal in Ruhe miteinander redet, renkt sich das bestimmt wieder ein.“ „Kasumi...“ beginnt Ranma, doch da redet sie schon weiter. „Kunō-kun, wir sind dir sehr dankbar für das Geld und dass du Ranma Unterschlupf gewährst, aber sein Zuhause ist bei uns.“ „Senpai“, erklärt Tatewaki wieder ausgesucht höflich, „ich weiß nicht, was sie dir erzählt haben. Du warst gestern unterwegs, als ich mit deinem Vater, deinen Schwestern und Ranmas Vater einen Vertrag geschlossen habe. Ich habe euch fürstlich dafür bezahlt, dass ihr Ranma aus euren Hochzeitsplänen entlasst. Zeigt jetzt bitte endlich Würde und akzeptiert das.“ Kasumis überraschte Miene spricht Bände. „Einen Vertrag?“ wiederholt sie in einem Tonfall, der beweist, dass sie tatsächlich nichts von den genaueren Umständen wußte. Einen Augenblick lang starrt sie nur perplex von einem zum anderen, dann schlägt sie plötzlich entsetzt die Hand vor den Mund. „Das bedeutet dann doch... du hast Ranma... gekauft? - Ran-chan? Und das ist für dich in Ordnung?“ Ranma wechselt einen schnellen Blick mit Tatewaki und nickt dann. „Kasumi, bitte versteh doch: ich kann Akane nicht heiraten. Ich l-“, er hat wirklich Probleme damit, dieses Wort in der Öffentlichkeit auszusprechen. „Mag sie nicht so sehr, dass es für eine Hochzeit reicht. Ich mag...“ Er zögert, errötet und wirft dem Siebzehnjährigen neben sich einen eindeutigen Blick zu. Kasumi benötigt einen etwas längeren Moment, um das zu verstehen, dann wandert ihr Blick zu Tatewakis Hand auf Ranmas Schulter und sie registriert die Art, wie sich Ranma vertrauensvoll in diese Berührung hineinlehnt und schließlich kurven sich ihre Lippen zu einem verständnisvollen Lächeln. „Oh. So ist das.“ Dann wird ihre Miene wieder ernst und sie verbeugt sich abermals. „Ich entschuldige mich für den Ärger, den euch meine Familie gemacht hat. Ich verspreche euch, dass das nie wieder geschehen wird.“ Sie nickt ihnen noch ein letztes Mal zum Abschied zu, bevor sie an ihnen vorbei eilt. „Akane! Nabiki!“ Ihr Tonfall verheißt nichts Gutes für ihre jüngeren Schwestern.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)