Eine Chance für Ranma von MariLuna ================================================================================ Kapitel 12: Shanpū ------------------ 12. Kapitel Shanpū   „Ranma...“ „Nein“, erklärt dieser unbeirrt, „ich will das jetzt klären.“ Mit diesen Worten wirft er noch einen scharfen Blick über seine Schulter zurück zu dem hinter ihm stehenden Tatewaki, bevor er entschlossen den Klingelknopf zum Cat Café drückt. Tatewaki seufzt nur einmal tonlos auf. Er hat keine Ahnung, woher dieser Tatendrang auf einmal kommt, aber er vermutet, es liegt ganz einfach daran, dass sie der Konfrontation mit Akane ausgewichen sind. Diesen Kratzer in seinem Stolz musste sein kleiner Dickkopf wohl erst mit einem Gespräch mit Ukyō und jetzt mit einem mit Shanpū ausgleichen. Und das, obwohl er ihm vor einer halben Stunde erst fast den Kopf abgerissen hätte, weil er es gewagt hatte, gestern mit den Amazonen zu reden. Aber gut, sei es, wie es sei - wenn es Ranma glücklich macht, dann soll es ihm recht sein. Keine fünf Sekunden nachdem Ranma geklingelt hat, sieht man Bewegung hinter der Glasscheibe in der Tür, gefolgt von einem Klicken des Schlosses und dann steht die chinesische Amazone vor ihnen. Wie immer sieht sie in ihrer traditionell chinesischen Kleidung einfach nur bezaubernd aus. Ihr langes, glänzendes Haar trägt sie ausnahmsweise mal zu einem chinesischen Dutt hochgesteckt und das läßt sie älter wirken als ihre sechzehn Jahre. „Oh, Ranma. Kunō-kun“, begrüßt sie sie freundlich, aber zugleich auch ungewohnt zurückhaltend. „Wir haben noch geschlossen.“ Anstatt sie hinein zu bitten, stellt sie sich nur mit einem nichtssagenden Lächeln auf die Türschwelle. „Ja, ich weiß“, beginnt Ranma. Lange Erfahrung mit der streitlustigen Amazone hat ihn gelehrt, die richtige Mischung aus Respekt und Vorsicht in seine Stimme zu legen ohne gleich unterwürfig zu klingen. „Ich möchte auch nur mit dir reden.“ Ihr Lächeln wird um eine winzige Spur herzlicher, als sie zu ihnen heraustritt und dabei die Tür hinter sich ins Schloß zieht. „Seid mir nicht böse, dass ich euch nicht hereinbitte. Großmutter schläft noch.“ „Ist in Ordnung. Es dauert auch nicht lange.“ Ranma zögert plötzlich, während er gleichzeitig nach den richtigen Worten sucht, um sein Anliegen vorzubringen. Das hier ist viel schwieriger als bei Ukyō, weil zwischen ihm und Shanpū keine Vertrauensbasis besteht. Bei Shanpū geht es immer nur ums Kämpfen. Ihr ganzes Leben wird von diesen Amazonen-Regeln bestimmt und Ranma kann zwar mit ihr kämpfen, hat sie sowohl als Ranko wie auch als Ranma immer besiegt, aber er weiß nicht, wie man mit ihr normal redet. Sie nimmt ihm die Entscheidung schließlich ab. „Kommst du, um dich zu entschuldigen?“ will sie plötzlich von ihm wissen. „Entschuldigen? Wofür?“ platzt es aus ihm entgeistert hervor, bevor er sich zurückhalten kann. In ihre Augen tritt ein kleines Funkeln und um ihre Lippen zuckt so etwas wie ein Lächeln. „Ich habe viel Zeit damit verschwendet, Pläne zu schmieden, wie ich deine Hochzeit mit Akane verhindern kann. Und gestern erfahre ich, dass diese Hochzeit gar nicht stattfindet. Und dann“, ihr Blick bohrt sich in Tatewaki hinter Ranma, „behauptet Kunō auch noch, dass du ihm gehörst.“ „So habe ich das aber nicht gesagt“, murmelt Tatewaki protestierend, doch er wird von Ranma übertönt. „Ja“, erklärt dieser nämlich gerade, „damit hat er völlig recht.“ Es dauert eine Weile, bis ihm klar wird, was genau er da eben gesagt hat, aber das hindert ihn nicht, die Nase noch um einen Zentimeter höher in die Luft zu recken und Shanpū herausfordernd anzustarren. Sie entgegnet seinen Blick völlig unbeeindruckt und meint dann plötzlich: „Gut.“ „Gut?“ wiederholt er perplex. „Ja“, nickt sie und bei ihren nächsten Worten versteht er, was sich hinter ihrem Lächeln verbirgt: Bosheit. „Wenn du in diese Richtung gehst, bist du als Ehemann für eine achtbare Amazone wie mich sowieso ungeeignet. Für deine Ehrlosigkeit sollte ich dich umbringen, aber ich verzichte darauf, weil ich schon längst einen vollwertigen Ersatz für dich gefunden habe.“ Ihr harten, verächtlichen Worte treffen Ranma nur teilweise. „Mūsu? Du meinst Mūsu?“ „Ja, Mūsu“, bestätigt sie. „Er hat mich letzte Woche im Kampf geschlagen. Er hat dafür hart trainiert und sich meine Aufmerksamkeit redlich verdient.“ „Mūsu? Hast du ihn nicht eher gewin-“ Ranma kommt nie dazu, diesen Satz zu beenden, weil ihm Tatewaki hastig den Mund zuhält. „Pst, Ranma“, zischt er dabei leise und meint, höflich an Shanpū gewandt: „Entschuldige die Störung, Shanpū. Wir müssen jetzt leider gehen. Wir wünschen dir noch einen schönen Sonntag. Sayonara.“ Mit diesen Worten zieht er Ranma mit sich fort. Shanpūs belustigtes „Zàijiàn“ hören sie schon gar nicht mehr.       „Mūsu? Ein vollwertiger Ersatz? dass ich nicht lache.“ Grummelnd kickt Ranma einen herumliegenden Kieselstein über den Gehweg und reibt sich dann über die Lippen. Sein Mund prickelt, dort, wo ihn Tatewakis Hand berührt hat. Er hätte ihn beißen sollen! „Sei doch froh, dass sich alles so zum Guten gewendet hat“, gibt Tatewaki neben ihm zurück. Sie schlendern durch die eher wenig frequentierten Gassen Nerimas, weil keiner von ihnen Lust auf eine weitere unliebsame Begegnung hat, aber ihre generelle Richtung führt sie wieder zurück zum Kunō-Anwesen. „Ja, aber Mūsu?“ Ranma kann es immer noch nicht fassen. „Den schlage ich doch mit links und auf einem Bein hüpfend.“ „Willst du sie vielleicht doch heiraten? Dann geh los und kämpfe gegen sie. Wieder einmal“, fügt Tatewaki leise, aber mit deutlicher Bitterkeit hinzu. „Ich will sie nicht heiraten. Ich will keines dieser Mädchen heiraten!“ Ein weiterer Kieselstein klackert quer über die Straße davon. Tatewaki schnaubt einmal laut. Er hebt die Hand, um Ranma am Ellbogen zurückzuhalten, zieht sie aber auf halben Wege wieder zurück und atmet stattdessen nur einmal tief durch. „Dann vergiß mal ausnahmsweise deinen Stolz“, erwidert er betont ruhig. „Du musst niemandem etwas beweisen. Ganz Nerima weiß, dass du der hiesige Champion bist. Vergiß Mūsu. Vergiß Shanpū. Sei einfach froh, dass du sie so einfach losgeworden bist.“ Mitten im Schritt wirbelt Ranma zu ihm herum und packt ihn am Kragen seines Sweaters. „Hast du das gewußt, das von Shanpū und Mūsu? Bist du deshalb gestern so unerschrocken zu ihnen gegangen? Weil du wußtest, dass du nichts zu befürchten hast?“ Er schnauft einmal schwer und läßt ihn genauso plötzlich los, wie er ihn gepackt hatte. „Und ich hatte Angst um dich!“ Er schafft es meisterhaft, das sowohl vorwurfsvoll wie auch verächtlich klingen zu lassen. „Woher sollte ich das wissen?“ Aufgebracht gibt Tatewaki ihm einen Stoß gegen die Schulter, der Ranma verblüfft einen Schritt zurückstolpern läßt. „Ich hatte die letzten Wochen keine Zeit für irgend etwas anderes, weil ich dir auf Schritt und Tritt gefolgt bin.“ Zwei weitere Stöße und zwei kleine Schritte rückwärts. „Weil ich mir Sorgen um dich machte! Und glaubst du im Ernst, ich hätte dir das nicht gesagt, wenn ich das gewußt hätte?“ „Das weiß ich nicht!“ kommt es zurück geknurrt. Ranmas flache rechte Hand landet mitten auf Tatewakis Brust und schiebt diesen rückwärts gegen den nächstbesten Straßenbaum. „Du hast bisher ja auch nicht viel erzählt!“ Da hat er Recht. Betroffen beißt sich Tatewaki auf die Zunge. Aber sich deswegen zu entschuldigen bringt er nun doch noch nicht über sich. Und so senkt er nur betreten den Blick. Bei diesem Anblick verpufft Ranmas Wut sofort und macht seinen eigenen Schuldgefühlen Platz. Tatewaki kann schließlich nichts dafür – es ist Ranma, der dieses ganze Päckchen an Problemen mit sich herumschleppt. Tatewaki versucht nur, ihm zu helfen. Ächzend läßt sich Ranma schwer gegen ihn sinken und vergräbt sein Gesicht an Tatewakis Schulter. „Baka“, seufzt er dabei. „Gomen“, entschuldigt sich Tatewaki daraufhin leise, während er zögernd seine Arme um ihn legt und ihn dann vorsichtig an sich drückt. Eine ganze Weile bleiben sie so stehen, bis sie das Bellen eines Hundes von einem der Grundstücke aus ihrer kleinen Wohlfühlblase holt. Ranma seufzt einmal leise auf und tritt, sichtbar widerwillig, einen halben Schritt zurück. „Sogar mit dir zu streiten ist anders“, murmelt er, während er nachdenklich Tatewakis Sweater glattstreicht. Er wagt es kaum, ihm ins Gesicht zu sehen, denn schon diese kurze Umarmung hat genügt, um sein Herz wieder Purzelbäume schlagen zu lassen. Bevor Tatewaki eine entsprechende Frage stellen kann, redet Ranma schon weiter. „Du hörst mir zu, wenn ich etwas sage. Auch wenn ich dich anbrülle. Das bin ich nicht gewohnt.“ Um seine Lippen zuckt ein schüchternes Lächeln, als er es dann doch wagt, den Blick zu heben und seinem Freund offen ins Gesicht zu sehen. Das heftige Herzklopfen nimmt er dafür gern in Kauf. Es ist eine merkwürdige Form der Entschuldigung, aber Tatewaki hat gar keine erwartet. Schließlich kennt er doch Ranmas aufbrausendes Temperament zur Genüge und diesmal hatte er mit seinen Vorwürfen ja auch recht. „Ich habe eine streitlustige, egozentrische Schwester und einen unzuverlässigen Vater, der seine Rolle als Familienoberhaupt nicht ernst nimmt. Dazu noch einen Ninja als Hausdiener, der ensibler sein kann als wir alle zusammen. Ich schätze, da lernt man sowas einfach“, erwidert Tatewaki mit einem Schulterzucken. „Außerdem kommen wir nie weiter, wenn wir ständig aneinander vorbei reden. Ich finde, das haben wir lange genug gemacht.“ „Weiterkommen?“ wiederholt Ranma in einem seltsam schnurrenden Tonfall, den er sonst nur in seinem weiblichen Alter Ego anwendet. Er ist sich dessen nicht einmal bewußt, aber auch seine Miene und vor allem die Art, wie er sich Tatewaki entgegenlehnt, erinnern stark an Ranko. Tatewaki wäre wirklich ein Baka, wenn er diese Gelegenheit nicht am Schopfe packen würde. „Weiterkommen“, bestätigt er daher und kommt seinem Freund entgegen, um ihn in den provozierten, süßen Kuß zu verwickeln.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)