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Eine Chance für Ranma

von

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Entspannung

7. Kapitel

Entspannung

 

„Schmeckt's?"

Ranma kaut noch einmal, schluckt und spült den Bissen seines Teriyaki McBurgers mit einem großzügigen Schluck Cola hinunter.

„Ja, danke", erwidert er dann leise.

Er ist immer noch ganz überwältigt von den letzten fünf Stunden. Erstens war er noch nie in der Tokioter Innenstadt - die modernen Wolkenkratzer und all die vielen Menschen machen ihn ein wenig nervös, aber andererseits gefällt es ihm auch. Zweitens ist Kodachi überraschenderweise wirklich sehr nett. Sie ist so völlig anders als sonst. Da kann er sogar darüber hinweg sehen, dass sie irgendwann von einem neutralen, höflichem „Ranma-kun“ zu einem verniedlichendem „Ranma-chan“ wechselte.

Außerdem - mit ihr shoppen zu gehen hat ihm überraschenderweise richtig Spaß gemacht. Vielleicht liegt das aber auch nur daran, dass sie nicht viel gekauft hat und das wenige, das sie kaufte, war dann auch noch meist für ihn. Er liebt seine bequemen Hosen und den roten Tangzhouan, aber Kodachi hat recht, wenn sie meint, dass ihm ein Imagewechsel bestimmt helfen könnte. Und so hat sie ihm eine komplett neue Garderobe gekauft - Sweatshirts und Jeans, die ihm gefallen, aber nach denen er trotzdem nie zu fragen gewagt hätte. Abzulehnen war ihm unmöglich, denn da war sie wieder ganz die alte, sture Kodachi, der man lieber nicht widersprechen sollte. Er wollte sie auch nicht provozieren, wollte nicht, dass die verrückte Black Rose wieder zum Vorschein kommt, denn diese nette Kodachi ist ihm viel lieber.

Wenigstens muss er die Sachen nicht tragen, weil Kodachi sie alle nach Hause liefern lässt. Es muss wirklich schön sein, wenn man nicht auf jeden Yen achten muss und solche Extraausgaben aus der Portokasse zahlen kann.

Oh, und drittens: dies hier ist sein allererster Teriyaki McBurger. In Nerima gibt es keinen McDonald's und wann immer er auf den Reisen mit seinem Vater an einem Schnellimbiß wie diesem vorbeigekommen war, hatte es sein Vater immer abgelehnt, ihm dort etwas zu kaufen.

Kodachi beobachtet ihn lächelnd, das Kinn in die aufgestützte Hand gelegt und blättert dann weiter im Kinoprogramm vor sich auf dem schmalen Tisch herum.

„Wonach steht dir eher der Sinn? Action, Romantik oder Komödie?“

Action, hätte Ranma fast gesagt, doch dann erinnert er sich daran, wieviel Kodachi bisher für ihn gekauft hat und bekommt ein schlechtes Gewissen.

„Ich weiß es nicht“, erwidert er deshalb. „Wähle du etwas aus.“

Sie gibt ein leises „hmmm“ von sich und wirft ihm einen dieser langen Blicke zu, der ihm verrät, dass sie ihn durchschaut hat, doch anstatt ihn jetzt damit aufzuziehen, nickt sie nur und vertieft sich wieder in dem Kinoprogramm.

„Wie wäre es mit einem Geisterfilm? Das würde meinem Bruder bestimmt gefallen.“ Sie senkt die Stimme und wirft ihm einen verschwörerischen Blick zu. „Er hat es gerne, wenn sich Mädchen schutzsuchend an ihn klammern.“

„Ich bin kein Mädchen“, erwidert Ranma rein automatisch.

Kodachis Lippen kurven sich zu diesem Lächeln, wie es viele – vor allem auch Ranma – kennen und fürchten. Aber sie spart sich das entsprechende Kommentar, das ihr bestimmt schon auf der Zunge liegt.

Doch auch wenn sie nichts sagt, kommt Ranma trotzdem ins Grübeln. Eine altbekannte Unsicherheit steigt wieder aus den dunkelsten Ecken seiner Seele hervor. Plötzlich ist ihm der Appetit vergangen, und er legt den Rest seines Teriyaki McBurgers zurück aufs Tablett.

„Oje, Ranma-chan“, hastig beugt sich Kodachi zu ihm nach vorne und legt ihre Hand auf seine. „Jetzt zieh doch nicht so ein Gesicht. Ich wollte dich doch nur ein bißchen aufziehen. Wir wissen, dass du kein Mädchen bist.“ Sie zögert kurz und fügt dann, wieder mit diesen verschwörerischen Unterton hinzu: „Mein Bruder wird sich auch darüber freuen, wenn Ranma bei ihm Schutz sucht.“

Dabei legt sie eine ganz besondere, eindeutige Betonung auf die letzte Silbe von Ranmas Namen. Sie wartet, bis dieser nickt, dann erst lässt sie ihn los und lehnt sich wieder auf ihrem Stuhl zurück. Einigermaßen beruhigt, isst Ranma weiter. Dabei erinnert er sich an die Geschehnisse der letzten Nacht, als sich Tatewaki so selbstverständlich schützend vor ihn stellte, als hätte er nicht eine Sekunde darüber nachgedacht. Und wie Ranma diesen Idioten kennt, hat er es tatsächlich nicht. Aber so war er ja schon immer, nicht wahr? Nur, dass Ranma bisher immer dachte, das wäre nur Getue, um hübsche Mädchen zu beeindrucken.

Verdammt, je länger er darüber nachdenkt, desto heftiger klopft sein Herz. Seine Wangen fühlen sich auch immer heißer an. Hoffentlich bemerkt Kodachi nichts. Das ist wirklich oberpeinlich...

 

 

 

Sie hatten abgemacht, sich um siebzehn Uhr vor dem Kino zu treffen, aber um siebzehn Uhr und zehn Minuten ist von Tatewaki immer noch nichts zu sehen und Ranma beginnt ernsthaft, sich Sorgen zu machen. Er weiß schließlich nicht, was Tatewaki vorhatte, ob es irgendwie gefährlich sein konnte und immer, wenn er Kodachi danach fragte, wiegelte sie immer nur ab und vertröstete ihn darauf, dass er es noch früh genug erfahren würde. Dass sie dabei dann immer ihr hinterhältiges Black-Rose-Lächeln zeigte, half nicht, Ranma zu beruhigen.

Um siebzehn Uhr und zwölf Minuten will Ranma Kodachi abermals fragen, diesmal entschlossen, sich nicht mit leeren Phrasen abwimmeln zu lassen, da biegt Tatewaki um die Ecke. Er sieht aus, als wäre er den ganzen Weg von der U-Bahn-Station bis hierher gerannt. Seine Haare sind zerzaust und die Wangen gerötet und – er hat ein blaues Auge? Irritiert und besorgt zugleich runzelt Ranma die Stirn.

„Es tut mir leid“, entschuldigt sich Tatewaki atemlos. „Ich habe mich verspätet."

„Ach, der Film fängt ja erst in einer Viertelstunde an“, erwidert seine Schwester sarkastisch, grinst und hebt dann die Hand, um ihn im Gesicht zu berühren. „Wow, schönes Veilchen. Tut's weh?"

„Lass das“, unwillig wischt er ihre Hand beiseite.

„Wer war das?“ erhebt nun Ranma die Stimme. Sie bebt vor unterdrücktem Zorn. „Tatewaki- wer war das?"

Auch er hebt die Hand, um die geschwollene, verfärbte Haut unter Tatewakis linkem Auge zu berühren, aber auch er wird abgewehrt. Wenn auch wesentlich sanfter. Tatewaki fängt Ranmas Hand einfach ein und hält sie fest.

„Das ist nicht wichtig“, erklärt er dabei. „Es zählt nur, dass du niemanden mehr heiraten musst, den du nicht heiraten willst."

Daraufhin nickt Kodachi grimmig und murmelt leise, aber immer noch laut genug, dass es jeder versteht:

„Alles und jeder hat seinen Preis.“

Ranma hört ihre Worte sehr wohl und ein Teil von ihm versteht sofort, was das alles zu bedeuten hat, was Tatewaki getan hat, aber jetzt, in diesem Moment, interessiert ihn nur eines. Kritisch mustert er Tatewakis Verletzung und lässt dann seinen Blick weiter über dessen ganzes Gesicht und schlußendlich über seinen gesamten Körper wandern auf der Suche nach weiteren, offensichtlichen und weniger offensichtlichen Schäden. Aber außer diesem blauen Auge scheint er glücklicherweise nichts weiter zu haben.

„Das war Akane, nicht wahr?“ bemerkt er dabei bitter. „Ich kenne die Veilchen, die sie einem verpasst."

Tatewaki lächelt schief und zuckt mit den Schultern. „Sie war wirklich nicht begeistert.“

Ranma fällt auf, dass Tatewaki immer noch seine Hand hält und senkt unwillkürlich den Blick. Tatewaki folgt seinem Blick und lässt seine Hand sofort los. Doch so leicht lässt Ranma ihn nicht davonkommen. Schon eine Sekunde später packt er zu und verschränkt entschlossen ihre Finger miteinander. Dabei sieht er ihm herausfordernd in die Augen.

Kodachi beobachtet diese kleine Szene amüsiert und unterbricht die aufkeimende Spannung, bevor sie in die eine oder andere Richtung umschlagen kann, indem sie vielsagend die Tickets hochhält.

„Können wir jetzt endlich rein? Wie gesagt: der Film fängt gleich an.“

 

 

 

Zuerst fühlt sich Ranma ein wenig umzingelt, weil sie ihm den Platz in der Mitte gegeben haben, aber dieses Gefühl verflüchtigt sich, sobald der Film beginnt. Ranma geht nicht oft ins Kino, für ihn ist das immer eine ganz besondere Erfahrung, und nach einer Weile nimmt ihn das Geschehen auf der großen Leinwand so in Beschlag, dass es ihn nicht einmal mehr stört, dass er die Riesenpackung Popcorn halten muss, aus der sich sowieso Kodachi am meisten bedient. Das kann aber auch daran liegen, dass sie die einzige ist, die die Hände frei hat. Denn als Tatewaki seine Hand auf der Armlehne zwischen ihnen abgestützt hat, fasste sich Ranma ein Herz und legte seine eigene Hand auf Tatewakis. Nach ein paar weiteren Sekunden verschränkte er ihre Finger miteinander und als Tatewaki ihn daraufhin fragend ansah, lächelte Ranma nur und Tatewaki lächelte zurück und seitdem sitzen sie so da.

Der Film hat ein paar langweilige Stellen und Ranma kann es nicht verhindern, dass seine Gedanken dann immer abschweifen. Er würde wirklich gerne wissen, wie viele Yen er seinem Vater wert war und wieviel Tatewaki darüberhinaus den Tendōs zahlen musste. Ganz bestimmt musste er ihnen die Kosten für die Hochzeitsplanung, das Geld für den Priester, das Essen und die Saalmiete erstatten. Wenn Tendō Nabiki bei dem Gespräch anwesend gewesen war, kam sicherlich auch ein ordentlicher Schadensersatz inklusive Schmerzensgeld dazu.

Bei diesem Gedanken fühlt sich Ranma alles andere als wohl. Schuldbewusst nagt er an seiner Unterlippe herum und schielt zu Tatewaki neben sich hinüber. Selbst in diesem diffusen Licht hebt sich Tatewakis blaues Auge schwarz und deutlich hervor und bei diesem Anblick fühlt sich Ranma nur noch schuldiger.

Es tut ihm so leid!

Wenn es doch nur etwas gäbe, womit er sich revanchieren könnte!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Witch23
2020-08-22T10:35:35+00:00 22.08.2020 12:35
Im Manga merkt man irgendwie dann doch das das ganze eher in ländlicheren Gegenden Stattfindet. alles recht traditionell und so ^^°
Schön das du das hier einfach mal erklärst wie das gekommen ist.
Und ja es ist niedlich zu sehen wie sich Tatewaki und Ranma verhalten ^^


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