Die Sonnenprinzessin und der Koboldprinz von SainzDeRouse (Fortsetzung von "Prinzessin Aline und die Groblins") ================================================================================ Kapitel 1: Nasse Entführung --------------------------- Die Sonnenprinzessin und der Koboldprinz Kapitel 1 Hart umgriff seine große raue Hand meine Handgelenke und zogen mich tiefer in das klaffende Loch in unserem Weinkeller im Schloss meines Vaters. Die Kobolde waren des Nachts gekommen, durch einen Tunnel den sie von ihrem Berg bis zu unserem Schloss gegraben hatten um mich zu entführen. Curdie, ein Bergmannsjunge, der mich noch vor wenigen Tagen während meiner ersten Begegnung mit diesen Ungeheuern gerettet hatte, suchte vergebens nach mir und rief immerfort meinen Namen. „Prinzessin Aline, Prinzessin Aline“, schallte es immerzu im Chor durch die großen Hallen, doch hielt ich meinen Mund. Auch hier im Weinkeller hatten sie nach mir gesucht. Mein eigener Vater, der König dieses Landes war nur wenige Meter von mir entfernt gewesen. Doch Froschlippe, der Prinz der Kobolde hatte mir eindringlich erklärt das er jeden mit in die Tiefe reißen und zu seinen Sklaven machen würde. Ebenso hatte er durchblicken lassen das er bei Nichtgehorchen gerne schrecklich, scheußliche Strafen verhängen ließ und das glaubte ich ihm ungesehen. Nun, während alle vergebens nach mir suchten stand er wie ein Schatten hinter mir, seine Finger wie Eisenringe um meine Handgelenke gespannt, sein ruhiger Atem blies mir in den Nacken und ließ meine Nackenhaare zu berge stehen. Er musste mir nicht den Mund zuhalten, ich wusste was ich tun musste und hielt die Luft an, solange die anderen nach mir suchten und hörte mein Herz laut in meiner Brust schlagen und das Blut in meinen Ohren rauschen. In meiner Angst vor meiner ungewissen Zukunft war es fast das einzige was ich zu hören vermag, bis auf die Rufe nach mir, die nur leise in meine Ohren drangen. Aber jeder von ihnen verursachte ein Stich in meinem Herzen. Nachdem die Suchenden den Weinkeller verlassen hatten bewegte sich mein Schatten und drängte mich in das Loch, welches der Eingang eines neuen Lebens bedeutete. Eines schrecklichen Lebens wie ich mir nur vorstellen konnte, denn wie mochte es mir ergehen als Frau an der Seite dieses hässlichen, lispelnden und bei jedem Wort spuckenden, jugendlichen Kobold, der nur Rache an den Sonnenmenschen, wie sie uns nannten, im Sinn hatte. Mit dem ersten Schritt in den Tunnel hinein spürte ich die Kälte der Erde die mich umfing und mit jedem weiteren wurde es kälter. Schnell begann es mich zu frösteln und spürte wie die Kälte mit jedem Meter tiefer in meinem Körper kroch. Die einzige Wärmequelle stellte Froschlippe da. Seine großen Hände mit den krallenartigen langen Fingernägeln, von denen sich einer schmerzhaft in meine rechte Handinnenfläche bohrte, waren warm und auch die Wärme seines Körpers spürte ich an meinem Rücken. Die Tatsache das ich froh um diese Wärme war gefiel mir nicht, doch sollte ich mich noch darüber freuen, denn plötzlich war ein leises Brummen und Rauschen aus der Ferne zu vernehmen. Angst durchfuhr mein Körper als ich bemerkte das es schnell immer lauter wurde. Lange bevor ich wusste was geschehen würde, konnte Froschlippe mit der Nachtsicht eines Kobolds, sehen was uns entgegen kam. „Verdammt. Halt die Luft an“, drang seine Stimme angstvoll an mein linkes Ohr und ehe ich es mich versehen konnte krallten sich seine Hände an meine Schultern und schubsten mich zur Seite. Schmerzend schlug ich mit meinem Rücken gegen die Steinwand und schlug mir eine Beule an den Kopf. Kurz wurde mir schwindlig, doch mein Überlebensinstinkt pumpte durch meine Blutbahnen und meine Sinne waren bis zum Äußersten geschärft. Froschlippe drückte sich an mich und schlug seine Hände links und rechts neben meinem Kopf in die Felswand, sein Gesicht neben meinem, meines verdeckt von seinem großen Ohr. Mit lautem Getöse, welches mir in den Ohren schmerzte, schlugen die Wassermassen an uns vorbei und rissen an uns. Nun wurde mir bewusst das er uns in eine Nische zwischen Felsbrocken gedrückt hatte um dem Druck des Wassers zu entgehen. In Anbetracht der Tatsache dass das Wasser wild an meinem Kleid riss und ich mich mehr als anstrengen musste stramm auf meinen Beinen stehen zu bleiben begrüßte ich Froschlippes starken Körper an meinen der eisern wie ein Schild zwischen mir und dem reißenden Fluss stehen blieb. So schnell wie das Wasser zu uns gestoßen war, so schnell war es uns bis über den Kopf gestiegen und raubte uns die Luft. Geistesgegenwärtig hatte ich wie aufgetragen meine Luft angehalten, doch durch die Anstrengung hatte ich das Gefühl das sie sofort verbraucht war. Als ich schon glaubte ertrinken zu müssen, reckte Froschlippe den Kopf nach oben und suchte danach mein Gesicht. Ehe ich es versah legten sich seine Lippen um meine und er blies sein Atem in meinen Mund. Mein Überlebensinstinkt schien schneller zu verstehen als ich und ohne die Kontrolle über meinen Körper zu haben, öffnete ich bereitwillig meinen Mund und sog gierig seine Luft in mich hinein, welches mich noch ein wenig länger durchhalten ließ. Als ich ein weiteres Mal glaubte ersticken zu müssen sank das Wasser bis unterhalb meines Kinns was mich endlich aufatmen ließ, im doppelten Sinne. Mit einem, wie ich mir vorstellen konnte, dümmlichen Lächeln sog ich die Luft in meine Lunge, welche sie brennend, aber nur zu gerne, in sich aufnahm. Viel Luft schien im Vergleich zu der riesigen Menge an Wasser nicht vorhanden zu sein, ich schnaufte und schnaufte, jedoch fühlte ich das mein Herz sich nicht beruhigen wollte und fühlte mich noch immer zu nahe dem Ersticken. Eine bleierne Müdigkeit und unsägliche Erschöpfung überfiel mich und die Kälte des Wassers zog an meiner Kraft. Ohne darüber nachzudenken schlang ich die Arme um Froschlippes Hals, mein einziger Anker in dieser Misere und drang mit meinem Körper noch näher an seinem, in der Hoffnung etwas Wärme zu finden. Wo es zuvor wie eine Ewigkeit schien, so schnell senkte sich der Fluss auf Knöchelhöhe und sickerte nur noch gemächlich vor sich hin. Für einen kurzen Augenblick gab Froschlippe wohl seiner eigenen Erschöpfung nach, denn er ließ sich gegen mich fallen, so das kurz sein schweres Gewicht auf mir lag. An meinem Schopf spürte ich das er einmal tief einatmete und seine verkrampften Finger aus der Felswand zog. Risse zogen sich durch seine dicken spitzen Nägel und seiner dicken Haut. Auch wies der eine oder andere Nagel abgeplatzte Stellen auf oder war ganz gebrochen. Es sah schmerzhaft aus. Im ersten Augenblick wollte ich seine Hände ergreifen und etwas tröstendes sagen, doch fiel es mir wie Schuppen von den Augen, als mir einfiel weshalb wir uns in diesem Tunnel befanden. Er war ein Groblin, mein Feind. Froschlippe war dabei mich zu entführen und wollte Rache an den Sonnenmenschen ausüben. Der Plan die Minen zu überfluten schien offensichtlich fehlgeschlagen und ich wollte mir nicht ausmalen was mein zukünftiger Mann mir grässliches antun würde. Seine nackte Brust hob und sank sich, die Anspannung durch die Anstrengung durchzog noch immer sichtlich durch seinen Körper. Die Muskeln aufgepumpt und die Adern hervorgetreten, insbesondere an seinen Armen und Handrücken. Die Wassertropfen liefen seinen blassen olivgrünen Körper hinunter und seine tiefrosa Haare hingen seine Schultern hinab. Verlegen blickte ich zur Seite nachdem sein Blick mich eingefangen hatte. Kobold oder nicht, ich bin den Anblick halbnackter Männer im Lendenschurz nicht gewöhnt. „Wir müssen weiter“, atmete er noch immer angestrengt und zog mich an meinem Handgelenk vorwärts. Ich wehrte mich nicht und ließ es geschehen. Die Erschöpfung und die Müdigkeit ist zu groß um noch Kraft zu finden mich zu sträuben. Zudem hatte ich die Sorge das er meinem Vater, Curdie oder anderen Menschen tötet, wenn ich mich ihm entziehen sollte. Der Weg hinunter, tief in den Berg hinein kam mir wie eine Ewigkeit vor. Mein Körper fühlte sich wie erfroren an. Meine Glieder zitterten, mir war sehr sehr kalt. Mir war es kaum möglich meine Zähne am Klappern zu hindern. Mein Kleid hing schwer an meinem Leib und mein Bauch kreischte so sehr nach etwas essbaren das es unter den Rippen schmerzte. Es musste eine Ewigkeit gedauert haben bis wir in der Koboldstadt angekommen waren. Dort hatte sich bereits der Rest in einem großen Saal versammelt. Vor einem großen im Stein verewigten Gesicht eines Groblins befanden sich drei Throne. Auf dem größten in der Mitte befand sich ein schniefender, ältlicher Kobold mit einem großen kreisrunden Steinbrocken auf dem Haupt, was ich als Krone identifizierte. Ich war ihm schon einmal begegnet überlegte ich, als ich mit Curdie im Schlafzimmer von Froschlippes Eltern war und er darauf bestanden hatte, der Königin mit den sechs Zehen die Steinschuhe auszuziehen. Mir war bewusst das ich ihn schon einmal gesehen hatte, doch war ich so sehr von seiner Gattin eingenommen gewesen und gleich darauf mit weglaufen beschäftigt das ich mich nicht so recht an ihn erinnern konnte. Besagte Gattin saß neben ihm, mit ihrer ebenfalls aus Stein bestehenden Krone, die, wie ich zugeben musste, schön bearbeitet an das Horn eines Einhorns erinnerte. „Zum Glück haben wir dafür gesorgt das wir eine Mauer um die Stadt errichtet haben, sonst stünde alles unter Wasser“, rief ein Kobold aus der Menge. „Genau, die Sonnenmenschen haben scheinbar davon gewusst und haben es zum Schloss umgeleitet.“ „Meine Füße und meine Ohren schmerzen immer noch, vielleicht hätten wir es nicht tun sollen.“ „Meine auch, die Sonnenmenschen waren auf uns vorbereitet. Doch es hieß die Weichlinge vom Schloss wüssten nichts von uns.“ „Da war dieser Sonnenknabe, er hat ihnen geholfen.“ „Den müssen wir uns schnappen.“ „Ach was, von den Sonnenmenschen will ich nichts mehr wissen, verschwinden sollten wir.“ „Was ist wenn sie nun kommen und Jagd auf uns machen?“ „RRRUUUUUUUHHHHHEEEEEE!“, schrie die kratzige schrille Stimme der Königin durch den Saal. „Genau mein Liebling“, schniefte der König und wischte seine Rotze an seiner Hand ab. „Ruhe! Wir sollten..... wir sollten.... ja was sollten wir denn.“ „HALT DEIN BLÖDES MAUL, SCHWACHKOPF! Wir werden nicht verschwinden, es sind nur verweichlichte Sonnenmenschen ihr Idioten. Das nächste Mal müsst ihr eben besser vorbereitet sein, ihr unnützes Pack“, rief sie wütend aus. Wir traten näher heran und wäre ich nicht aller Kräfte beraubt hätte ich mich zutiefst gefürchtet, nun ganz allein hier unter all den Kobolden. „Verschwinden nicht, doch müssen wir uns schützen“, rief Froschlippe auf einmal neben mir. „Ooooohhh“, rief die Königin freudig auf. „ Da ist die Prinzessin, wir haben die Prinzessin. Mein kleiner süßer Widerling, du machst mich stolz. Nun wirst du König der Sonnenmenschen.“ Müde sah ich ihr entgegen, blickte zu Froschlippe und wieder zurück. Dann legte sich der Schleier der Ohnmacht um mich. Fortsetzung folgt . . . Kapitel 2: Neues Leben ---------------------- Kapitel 2   Wärme umfing mich. Am Schopf fühlte es sich unangenehm warm und feucht an, aber mein Körper schien wieder etwas mehr Leben in sich zu haben. Sogleich merkte ich das ich nicht allein war, weswegen ich meine Augen geschlossen hielt. Nur wenige Minuten. Nur wenige Minuten wollte ich noch haben, ehe ich mich der grausamen Realität stellte. So konnte ich mir einreden das alles nur ein böser Traum gewesen war und gleich Lottie in mein Zimmer spaziert käme um mich zum Frühstück zu holen. „Oh mein kleines Miststück ist so ekelhaft fürsorglich“, drang die schrille Stimme der Königin an mein Ohr. „Das liegt an deiner liebevollen Erziehung, Hannelore“, sagte eine schnüffelnde, schniefende männliche Stimme, die nur vom Koboldkönig stammen konnte. „Wir hätten es fast nicht geschafft. Das Wasser kam durch den Tunnel geschossen...“ „JA, DIESE UNSÄGLICHEN WEICHLICHEN SONNENMENSCHEN WURDEN GEWARNT VON DIESEM ELENDIGEN KNABEN! Doch schlau wie wir sind haben wir um unsere Stadt ebenfalls eine schützende Mauer errichtet. Ich hatte ja gleich gesagt das er sie warnen würde. Unser Volk musste zwar bis zur Erschöpfung arbeiten, aber es hat sich gelohnt. Vor mir gab es keine klügere Königin.“ „So ist es mein Häschen“, stimmte ihr Gatte zu. „Aber ich hasse diesen Knaben, den müssen wir uns schnappen. Beinahe hätte er mein Froschlippe getötet. Sag mein süßes Ekelpaketchen, wie hast du geschafft dem Wasser zu entkommen.“ „Nun Mutter, ich habe es kommen hören. So schubste ich die Prinzessin in eine Nische, stellte mich vor ihr und krallte mich in die Wand. Es war mächtig anstrengend dem Druck standzuhalten.“ „Das ist es mein starker, mutiger Widerling. Die Prinzessin wird noch froh sein das sie dich hat. Schade das sie so hässlich ist. Aber tröste dich, dafür wirst du König der Sonnenmenschen. Wir bedecken ihr Gesicht, dann musst du ihr Anblick nicht ertragen.“ „Man kann sich dran gewöhnen, hier unter der Erde wird sie uns ähnlicher werden“, lachte Froschlippe boshaft und ich konnte förmlich sehen wie er sich die Hände rieb. „Aber Mutter, wir müssen viel vorbereiten. Der Tunnel zum Schloss muss versperrt werden. Ebenso alle Gänge die uns mit den Bergleuten verbinden. Sie dürfen nicht hierher kommen und mir die Prinzessin wegnehmen. Es wäre auch besser wenn alle Steinschuhe tragen würden. Und wir müssen uns überlegen ob es etwas gäbe das unsere Ohren vor den widerlichen Gesang schützen könnte. Vielleicht wäre es besser uns auf die andere Seite des Berges unser Reich zu errichten.“ „Dort ist das Meer, mein schrecklicher Scheußling.“ „Doch es ist eine gute Idee, Hannelore.“ „WER HAT DICH DENN GEFRAGT?“ „Denk mal nach Mutter, es mag zum Jagen ein weiter Weg sein, doch ist es für uns sicherer. Der Sonnenkönig wird nicht hinnehmen das ich seine Tochter habe. Und wenn er sie nicht dort finden kann wo der Sonnenknabe ihn hinführt, dann ist es umso leichter ihn zu kontrollieren.“ „So viel Klugheit in so einem jungen, grässlich schönen Groblin“, schwärmte seine Mutter und ich konnte hören wie sie mit ihrem riesigen Mund küsse auf sein Gesicht verteilte. „Ja, denn da die Leute vom Schloss nun unsere Schwäche kennen, haben wir keine guten Chancen, doch der Sonnenkönig muss nur das tun was ich von ihm verlange, hehe.“ „So viel Bosheit in diesem Prachtkobold.“ „Ich brauche eine Steinplatte und Kreide, ich werde ihm gleich schreiben das ich sie habe und er auf keine dummen Gedanken kommen soll.“ „Du wirst ein guter König sein. Morgen wird mit der Herstellung der Steinschuhe begonnen und wir überlegen uns etwas wegen den Ohren. Auch schicken wir Kundschafter auf die andere Seite des Berges. Und natürlich bereiten wir die Hochzeit vor. Ihr seit noch jung, doch sollten wir sie nicht aufschieben.“ „Hannelore, ich denke wir sollten uns nun schlafen legen, es war ein langer Tag und unser Sohn ist erschöpft.“ „Ausnahmsweise hast du einmal recht. Wir sollten uns schlafen legen. WACHEN! Bringt die Prinzessin in ein Verlies aus der sie nicht wieder raus finden kann.“ Mein Körper spannte sich an, ich musste mich anstrengen meine Muskeln zu entspannen um wie eine Bewusstlose auszusehen. Ich hörte schlurfende schritte auf mich zukommen und schnell hatte ich einen stinkenden Atem im Gesicht und spürte Hände die sich unter meinen Körper gruben. So wurde ich fortgetragen und da ich weder die Kraft, noch den Mut aufbringen konnte eine Flucht zu wagen, besiegelte ich mein Schicksal. Froschlippe hatte es deutlich gesagt, sollten ich oder mein Vater ihm zuwider handeln, dann würde er uns etwas antun. Und das konnte ich nicht zulassen. In meine kleine Höhlenkammer gebracht, wurde ein großer Runder Stein davor gerollt und so blieb ich in der Finsternis allein. Ich öffnete die Augen und war überrascht das ich mich in einem angenehmen, orangenen Lichtschein befand. Ein Kristall, wie ich sie viele in der Stadt gesehen hatte. Unter Anstrengung schälte ich mich aus dem Fell in das ich hinein gewickelt worden war. Erschrocken stellte ich fest das ich ein fremdes Kleid trug. Aus einfachem Stoffen war es gefertigt und zeigte keinerlei Tand oder Schmuck. Mit einem angeekelten Gefühl wurde mir bewusst das Froschlippe mich nackt gesehen haben musste, wenn er mir mein nasses Kleid ausgezogen hatte um mich in dieses zu kleiden. Doch viel ekelerregender war es das er mich geküsst hatte. Nicht wirklich geküsst, er hatte mir tatsächlich das Leben gerettet, jedoch nur um es mir noch schwerer zu machen. Ohne mich nach einer Fluchtmöglichkeit umzusehen blieb ich liegen und rollte mich in das Fell ein. Flucht war keine Option und gegen all diese Groblins allein kämpfen keine Möglichkeit. So ergab ich mich, still und leise mit stummen Tränen die über meine Wangen liefen. Sterben würde ich vorerst nicht, nicht ehe er mich nicht geheiratet hatte. Was danach geschehen würde, zwang ich mir nicht auszumalen und so legte sich alsbald die willkommene Schwärze um mein Geist und zog mich in einen traumlosen Schlaf.   Kapitel 3: Willkommen Tod, mein Freund -------------------------------------- Kapitel 3 – Willkommen Tod, mein Freund   Eine ganze Woche blieb ich in meinem Verlies. Der Kristall als mein einziger Begleiter, ein Eimer für meine Ausscheidungen und eine Steinschale mit allerlei komisch schmeckenden Essen, sogar Käfer und andere Kriechtiere hatten sie mir hingestellt. Ein Eimer Wasser und einen Kelle hatte man mir noch gebracht. Verdursten musste ich nicht, doch verhungerte ich lieber als Kriechtiere zu essen. Niemanden habe ich bisher gesehen, niemanden als meinen Wärter. Steinschuhe hatte er und stopfte sich Wachs in die Ohren. Wenn ich etwas benötigte musste ich Handzeichen machen, zu groß ist seine Angst ich könnte singen. Es war schrecklich, so furchtbar das ich keine Worte finde um es zu beschreiben. Eingeengt in diesem Raum, der mit jedem Tag kleiner zu werden schien. Keinem zum Reden, nichts anderes sehen. Was gäbe ich dafür den freien Himmel zu sehen und die frische Luft zum Atmen. Ob ich nicht doch flüchten sollte? Wie konnte ich diese Einsamkeit, diese Folter aushalten? Ich blickte auf meinen Ring. Der Opal schimmerte im Licht und da war er. Mein Faden. Dieser hauchdünne Faden der mich schon aus der größten Misere errettet hatte. Auch dieser schimmerte hier und da kurz auf. Ich konnte ihn spüren an meinen Fingern. Sollte ich es wagen? Mein Körper fühlt sich so schwer an. Ob ich jemals die Kraft hätte aufzustehen? Da konnte mir mein wunderbarer Faden nicht helfen. Den Weg konnte er mir zeigen, aber nicht freiräumen. Tränen bildeten sich in meinen Augen, wie so oft die letzten Tage. Meine Wangen und Augenränder fühlten sich schon ganz wund an von den vielen Tränen. Der Faden hatte mich, meinen Kater Robin und Curdie, der Bergmannsjunge, mein Freund tragen können. Ob er nicht auf fest genug war um mir als Strick zu dienen? Inzwischen musste ich zwölf Jahre alt geworden sein. Es war nicht lange her das ich Vater gebeten hatte mir zu erlauben Curdie einzuladen. Er musste so schwer mitarbeiten, ging mit seinem Vater schon mit in die Mine und war dennoch so dünn. Ich wollte ihm zeigen wie lecker Torten, Kuchen und Kekse schmeckten und einen herrlichen Gänsebraten sollte es geben. Einen Gänsebraten würde es nun nicht mehr geben, doch hoffte ich inständig das mein Vater, nun auch in seinem Kummer, Curdie nicht vergessen würde. Ohne ihn hätten die Groblins leichtes Spiel mit uns gehabt und hätten ohne Probleme das ganze Schloss übernehmen können. So hatten sie nur mich. Hoffentlich macht Vater keine Versuche mich zu retten. Eine neue Frau könnte ihm neue Kinder schenken und vielleicht würden sie eines Tages die Groblins besiegen können. Doch wenn ich stürbe, dann könnte Froschlippe nicht mehr König der Sonnenmenschen werden. Er kann dann niemand dafür verantwortlich machen als sich selbst. Das ist ein schöner Gedanke. Wieder blicke ich auf meinen Faden. Zart schimmerte er und wies mir einen Weg hinaus. Doch ich nehme dieses Mal einen anderen. Meine Hand mit dem Finger umkreiste ich drei Mal um meinen Kopf herum, schob die hauchdünnen Fäden, die ich spürte zu meinem Hals hinunter, ergriff auch mit der anderen Hand den Faden und zog beide Hände kraftvoll von meinem Halse weg. Erschrocken und mit einem stummen Keuchen stellte ich fest wie viel Schmerzen es mir bereitete, doch egal. Ich zog und zog weiter daran. Die Luft blieb mir weg und ich ersticke langsam, dieses Mal nicht umgeben von Wassermassen. Wie aus weiter Ferne hörte ich Steine aneinander reiben und Licht drang durch meine Augenlider. „PRINZESSIN“, rief eine mir bekannte Stimme schockiert auf. Warme, raue Hände ergriffen meine eigenen. Er brabbelte etwas leise vor sich hin, sein Lispeln wurde stärker wie nie. Ich bemühe mich nicht einmal ihm zuzuhören. Scheinbar sieht er den Schimmern des Fadens. Seine Finger tasten nachdem was ich in meinen Fäusten ergriffen hatte. Seine Spucke besprenkelte mein Gesicht und ich spürte wie er mich anhob, mir war es gleich. Ich dämmerte weg, die ersehnte Schwärze umfing mich. „NEIN“!, war das letzte das ich hörte. Kapitel 4: Gescheitert ---------------------- Kapitel 4 - Gescheitert   Mein Hals tat fürchterlich weh, das Schlucken schmerzte und das Atmen verursachte bei jedem Atemzug ein Brennen. „Wie konntest du das tun?“, fragte eine erzürnte Stimme neben mir. Ich drehte meinen Kopf zu Froschlippe und war überrascht ihn so bestürzt zu sehen. „Warum habe ich es nicht früher getan“, entgegnete ich mit trockener, kratzender Stimme und musste sogleich husten. „Du hättest sonst versucht fortzulaufen“, erklärte er sein Handeln und wagte es nicht mir in die Augen zu sehen. „Was hat es mit diesem Ring auf sich? Ich sah diesen schimmernden Faden. Woher hast du so etwas? Dieser Ring hatte dir letztens bei der Flucht geholfen, richtig? Deswegen konnte der Sonnenknabe verschwinden und ihr seit nicht in den Abgrund gestürzt und seit gestorben. An etwas hattest du dich festgehalten. Ich hatte nicht begreifen können was ich gesehen habe, aber nun verstehe ich“, sagte er und zu meinem Schrecken sah ich das er Ur-Ur-Großmutters Ring in seinen Händen hielt. Mit aller Kraft setzte ich mich auf und versuchte nach ihm zu greifen, doch war er schneller. „Versuch ihn gar nicht erst wieder zu bekommen. Du wirst nie wieder alleine sein. Die Tunnel die zu den Bergleuten und zum Schloss führen sind verschlossen. Zwei Möglichkeiten bleiben dir. Bleibe hier bei mir und dir soll es besser ergehen als bisher oder VERLAUFE DICH IN MEINEM REICH UND VERHUNGERE!“, beendete er schreiend und spuckend sein Angebot. Nun fiel mir auf das sein Lispeln je nach Gemütszustand besser oder schlechter wurde. Wütend stampfte er zum Ausgang des Raumes, welches nicht durch eine Tür, jedoch durch einen Vorhang aus kleinen Steinen gekennzeichnet war. Für einen Augenblick drehte er sich zu mir um und sagte: „Schlaf etwas Prinzessin, ich bin ausgeschlafen. Unsere Heilerin wird sich später deinen Hals ansehen. Ab sofort wirst du mit uns gemeinsam essen. Du siehst dünn aus. Vor der Hochzeit solltest du möglichst nicht sterben“, und ging hinaus. Müde und traurig blickte ich mich um. Mir kam es bekannt vor, ich war mit Curdie schon einmal hier gewesen. Dort drüben weiter hinten musste das königliche Schlafzimmer seiner Eltern sein. Curdie hatte ihr einen ihrer Schuhe ausgezogen und deren Aufmerksamkeit auf uns gezogen. Wer hätte gedacht das ich nur Tage später auf Froschlippes Bett läge und dabei gescheitert sein würde mir das Leben zu nehmen. Das Bett war sehr hart. Nur ein paar Häute waren über das Stein gelegt worden. So rollte ich mich in das dicke Fell ein, das er mir bei meiner Ankunft hier umgelegt hatte und erstaunlicher Weise hatte mich der Schlaf schnell übermannt. Es kam mir wie Sekunden vor das mich jemand an der Schulter schüttelte. Erschrocken riss ich meine Augen auf in Erwartung das Froschlippe zurück käme und mich wieder in dieses Loch sperren würde. Der Gedanke dort zurück kehren zu müssen ließ nackte Angst und Übelkeit in mir aufsteigen. Doch zu meinen Erstaunen blickte mir eine etwas furchtsam dreinblickende Kobold-Dame entgegen. Sie hatte ockerfarbene Haut und strohfarbene Haare. Mit ihren großen Augen und Ohren und ihrer kleinen Stupsnase sah sie für eins dieser grässlichen Felsenmonster, schon fast niedlich aus. „Verzeiht Prinzessin, ich wurde von unserem Prinzen geschickt um nach Euch zu sehen“, sprach sie leise vor Furcht, das es kaum mehr als ein Hauchen war. „Mmh.... natürlich. Es geht um... ngh“, sagte ich mit krächzender Stimme und griff mir an den Hals. Sie nickte verstehend und nahm ihr Reff von ihrem Rücken, wie ich es schon von Wanderapothekern gesehen hatte. Es waren nur wenige Male gewesen, da hatte meine Kinderfrau Lottie mich mit auf ihre Markteinkäufe genommen. Für mich war es sehr aufregend, zumal ich von einer Magd Kleidung bekommen hatte um mich als Bürgerin zu verkleiden. Denn Lottie hatte befürchtet das ich entführt werden würde, täte mich jemand erkennen. Auf der hölzernen Rückentrage der Heilerin waren allerlei Dinge zu finden. Kleine Körbchen, Tiegel, Fläschchen mit getrockneten Kräutern und Tinkturen. In Leder eingerollte Pflanzen welche ich noch nie gesehen hatte. Ihr Duft erinnerte mich an Erde, Kräutern und Gewürzen. „Mein ngh...chrm chrm...'tschuldigugung... Aline“, sagte ich nur noch nachdem mich das Husten und Kratzen im Hals keinen vernünftigen Satz aussprechen lassen wollte. „Ich kenne Euch, mein Name ist Tambelina“, sprach sie mit einer beruhigenden Stimme und deutete eine Verbeugung an. Sie erschien mir sympathisch. Wäre sie doch nur kein Kobold dachte ich mir frustriert und stellte geknickt fest, das auch sie Steinschuhe trug. Natürlich trug sie Steinschuhe, alle trugen nun Steinschuhe die in meine Nähe kamen. Geschäftig ging Tambelina an ihre Arbeit, auf weitere Unterhaltungen ließ sie sich nicht ein. Kein Wunder, ich war einer der bösen Sonnenmenschen. Die Paste die sie mir auf den Hals schmierte stank widerlich und ich war froh das sie es mit Leinen verband, so das ich es nicht mehr so stark riechen konnte. Für meine Halsschmerzen übergab sie mir eine dickflüssige Tinktur, welche ich drei Mal am Tag einnehmen sollte. Kurz angebunden und offensichtlich in Eile verließ sie mich wieder. Am Eingang zu Froschlippes Schlafzimmer hörte ich sie mit jemanden tuscheln und ich glaubte zu vernehmen wie die Steinschuhe gewechselt wurden, denn kurz darauf kam eine weitere Koboldin zu mir, jedoch hatte diese große Batzen Wachs in ihren Ohren. Große Angst musste sie vor mir haben, wenn sie sich so viel hineinstopfte, das es bei jedem Schritt drohte hinauszufallen. „Komm mit“, herrschte sie mich in Gegensatz zu Tambelina an und schmiss mir kurzer Hand etwas aufs Bett. Ich erkannte mein Stirnschmuck, welches ich immer passend zu meinem rosa Kleid getragen hatte. Doch es war nun präpariert. Ein dazu passendes rosafarbenes Tuch war angebracht worden, damit es mir das Gesicht bedecken konnte. Missmutig legte ich es an. Der Stoff war glücklicherweise etwas transparent, so das ich gerade noch sehen konnte wo ich hintrat. Den Tod zu finden indem ich einen Schritt in die falsche Richtung tat erschien mir zwar erlösend, aber erbärmlich. Womöglich läge ich mit gebrochenen Gliedern in einer Schlucht und müsste qualvoll dahinsiechen. Während ich so darüber nachdachte welche verschiedene Todesarten ich hier finden könnte, befand ich - nachdem ich unaufmerksam hinter der Koboldin hergetrottet war – in einem mir unbekannten Raum. Der große, lange steinerne Tisch mit den verschiedenen, unbekannten Speisen darauf entpuppte sich als Esstisch. „Na wer beehrt uns denn mit ihrer Anwesenheit“, stichelte die Königin so gleich und blickte mir abfällig entgegen. „Für eine Prinzessin bist du ganz schön schmutzig und siehst herunter gekommen aus. Und was ich riechen muss lässt mir die Galle hochsteigen, das nächste Mal wäscht du dich gefälligst, du dreckiges Ding.“ „MUTTER!“ „Ja mein teuflischer kleiner Liebling?“ „Reich mir doch mal vom Braten.“ „Natürlich.“ Ganz ruhig, Aline. Ganz ruhig. Ich spürte wie Tränen in meine Augen stiegen und den Schmerz in meiner Brust. Wie glaubt diese Vettel hätte ich mich waschen oder ankleiden sollen? Die drei Kobolde am Tisch unterhielten sich angeregt und schlangen genüsslich das zubereitete Essen hinein. Was auch immer das alles sein mochte. Ich fühlte mich mehr als nur fehl am Platz. Nicht nur weil ich ungewaschen, schmutzig und übelriechend war. Weil um meinem Hals ein Verband angelegt war, welches die jüngste Tat des heutigen schrecklichen Tages repräsentierte. Obendrein war mein Gesicht verhüllt und man hatte mich am anderen Ende des Tisches platziert, fern der anderen. Nicht das mich das störte, doch fühlte ich mich dadurch erst recht wie ein ungewolltes, aber notwendiges Übel. Wenn ich wenigstens nur ein Mensch oder Tier hätte mit dem ich mich unterhalten, in den Arm nehmen und lieb haben konnte. Stumm blieb ich sitzen und ließ den Kopf hängen. Ich träumte mich in meine eigenen Welt und ignorierte die Anwesenden. Nach einer Weile wurde ich vom Stuhlrücken auf Stein aus meinen Gedanken geholt. Der König Helmut, wie ich inzwischen raus gehört hatte und seine Königin Hannelore verabschiedeten sich von seinem Sohn und verschwanden durch einen Tunnelgang. Mein Körper spannte sich an, da ich nicht weiß was mich nun erwarten würde. Ignorierte er mich? Würde er mich irgendwohin bringen? Als hätte ich es geahnt stand er ebenfalls auf und kam schnurstracks auf mich zu. Er setzte sich auf den Stuhl neben mir und sah mich an. „Hast du dich doch fürs Hungern entschieden?“ „Ich kann das nicht essen, es sieht merkwürdig aus und es riecht komisch.“ Froschlippe stöhnte genervt, nahm meine Schüssel die die ganze Zeit mit einer gähnenden Leere vor mir gestanden hatte und füllte etwas ekliges hinein, das mich an Eintopf erinnerte mit merkwürdigen Stücken darin, welche ich nicht identifizieren konnte. Er zerdrückte die Stücke so lange bis nur noch ein einheitlicher Brei übrig blieb. „Schließ die Augen“, befahl er. „Ich will das nicht essen“, würgte ich und verdeckte mein Gesicht mit den Händen. Plötzlich hatte er meine Hände ergriffen und drückte sie auf die Tischplatte, so fest das es wehtat. Mit der zweiten Hand riss er mein Stirnschmuck herunter und befahl mir wieder: „Schließe deine Augen.“ Zu meinem Unglück gezwungen schloss ich die Augen und öffnete den Mund. Sogleich folgte der erste Löffel von diesem undefinierbaren, breiigen Etwas. Kaum hatte meine Zunge einen Klecks berührt kam mir das Würgen und ich musste mich bemühen dem nicht nachzugehen. Nach ewigem Kauen bekam ich es hinunter. Der zweite Löffel war etwas weniger Schlimm und beim dritten begann ich darüber nachzudenken ob ich die Gaumenfolter für gut befand oder nicht. Es wurde weniger eklig, nur fad im Geschmack. Zu meiner Überraschung meldete sich mein Hunger und ich nahm jeden Löffel bereitwillig an. Meiner Bestürzung und meiner Abscheu gegenüber wurde ich nachlässig, hatte ich doch geschworen nichts von deren Fraß zu verspeisen. Am Ende hatte er meine Hände losgelassen, mich aber merkwürdigerweise weiter gefüttert. Ich ließ es mir gefallen, ich wollte keinen Streit vom Zaun brechen. Womöglich sah er mich wie ein neues Haustier oder Spielzeug an. Solange ich neu war, würde mir nichts passieren. Gegebenenfalls. „Nein, nichts mehr. Ich kann nicht mehr. Mein Bauch tut weh“, klagte ich und verzog das Gesicht vor Schmerzen. Froschlippe nickte und ließ den Löffel in den Teller fallen, nahm mein Handgelenk und zog mich fort vom Tisch. Einen Tunnel weiter übergab er mich der Koboldin, die mich zum Speisesaal geführt hatte. „Sorge dafür das sie sich waschen kann und gib ihr neue Kleidung“, befahl er und zog ohne ein Wort und mir eines Blickes zu würdigen von dannen. Kapitel 5: Kälte ---------------- Kapitel 5 - Kälte   Die mehr als mürrische Koboldin führt mich wieder aus einem Labyrinth aus Tunnelgängen bis wir uns in einem Raum befanden das wohl als eine Art Badezimmer diente. Ein im Stein gehauenes Becken befand sich in einer Ecke, darüber ein Gargoyle, einem echten Kobold nachempfunden, aus dessen Munde wohl Wasser fließen konnte. Die mies dreinblickende Koboldin führte mich jedoch nicht zu dem großen Becken wie erwartet, sondern in eine dunkle Ecke in der mehrere große Steinbrocken aufeinander gestapelt waren, so das er wohl als Sitzmöglichkeit benutzt werden konnte. „Zieh dich aus und setz dich“, kam eine gebrummte Anweisung aus ihrer Richtung. Mit zittrigen Fingern nestelte ich an meinem Kleid, das mehr ein Überwurf war. Wut und Verzweiflung schlugen in meinem Puls und ließen Tränen in meine Augen treten. Noch nie in meinem Leben wurde ich so behandelt und wurde so gedemütigt. Erst jetzt verstand ich dieses Wort wahrhaftig. Nackt wie ich einst auf diese Welt gefunden hatte stand ich vor ihr und sie konnte sich einen missbilligenden, Nase rümpfenden Blick offensichtlich nicht verkneifen. Kein Wort hatte sie geäußert, jedoch brauchte sie es auch nicht. Wie Gift drang die Scham in mein Herz und fand von da aus in jedes Glied meines Körpers. So setzte ich mich auf den Stein, blickte stur zu Boden und blinzelte die Tränen weg. Um keinen Preis der Welt sollte sie mich weinen sehen. Versunken in meine düstere Welt in der es kein Entkommen gab wurde ich brutal herausgerissen. Ein Schrei aus meiner Kehle verdeutlichte dies. Hatte diese vermaledeite Koboldin einen eiskalten Eimer Wasser über mich ausgeschüttet. Als wäre das nicht genug schmiss sie mir einen nassen Fetzen Stoff in mein Gesicht und gab nur den Befehl: „Waschen.“ Bibbernd und zitternd, mit klappernden Zähnen, der ganze Körper überzogen mit Gänsehaut wischte ich eilig über meine Haut und kaum hatte ich jedes Glied erreicht, floss die zweite Fuhre Wasser über meinen Körper. Ich konnte mich nicht erinnern jemals Hass in meinem Leben verspürt zu haben, doch jetzt sog mein Herz dieses Gefühl auf, wie ein Schwamm das Wasser. Mit einem neuen, sauberen Überwurf bekleidet, die Haare feucht an meinem Kopf und Rücken klebend folgte ich dem grässlichen Felsenmonster zurück in Froschlippes Schlafgemach. Mein Fell lag noch immer auf seinem Steinbett, welches, wie ich nun sah ein aufgerissenen Schlund eines Kobolds darstellte, wobei die Liegefläche die Zunge darstellte. Ohne ein Wort hatte sich das Wasserbiest wieder verzogen und so setzte ich mich erleichtert auf das Bett und kuschelte mich hinein und dabei den Sirup den Tambelina mir dagelassen hatte. So legte ich mich wieder hin, legte mir das Fell über den Kopf, von dem ich das Gefühl hatte Eiszapfen hätten sich gebildet und floh vor der schrecklichen Realität in der ich lebte. Nach einer Zeit, deren länge ich auch mit größter Anstrengung nicht bestimmen konnte spürte ich Kälte an meinem Kopf und etwas warmes an meiner Stirn und meiner Wange. „Prinzessin“, hörte ich eine lispelnde Stimme. Froschlippe musste wieder da sein, doch konnte ich mich vor Erschöpfung nicht rühren. „Warum bist du so nass und kalt, was hast du getan?“, kam es deutlich überfordert von ihm, doch ich konnte ihm nicht antworten. „WACHE! TAMBELINA SOLL SOFORT HERKOMMEN!“ Wieder das warme Gefühl an meiner Stirn. Nervöse Schritte und nervöses Seufzen hörte ich unablässig neben mir, doch die Augen wollten sich nicht öffnen. Als wäre ich in einem dunklen Teich aus Treibsand gefangen. Es schien eine kleine Ewigkeit zu dauern bis die Koboldin schnaufend und völlig außer Atem hier angekommen war. „Tambelina, sie ist kalt und heiß und nass. Sie reagiert auf nichts.“ Wieder warme Hände an meinem Gesicht. „Prinz, weswegen ist sie nass. Es ist kein Schweiß.“ „Ich weiß nicht, ich hatte sie zum Waschen geschickt.“ „Gerade unwichtig. Ihr Puls geht zu langsam, ihr Körper ist ausgekühlt. Hebt sie hoch, wir benötigen ein trockenes Fell....“ „WACHE! SCHICKT NACH SILKI UND PUCCA. SIE SOLLEN FELLE BRINGEN.“ „UND HANDTÜCHER“, rief Tambelina hinterher. Unwillig stellte ich fest das an mir gezerrt und gezogen wurde. „Wir müssen ihr Kleid ausziehen, es ist ebenfalls feucht und kalt.“ „Ähm... das....“ „Keine Zeit für Scham, mein Prinz. Sie wird ohnehin Eure Königin. Wenn sie nicht sterben soll müsst ihr nun handeln.“ Nach kurzem Zögern riss und zog man weiter an mir. Am liebsten hätte ich um mich geschlagen, doch fand ich keine Kraft dazu. Nun sah Froschlippe mich nackt. Schlimmer konnte es nicht werden. Warum ließen sie mich nicht liegen. „Mein Prinz, was?“, sprach eine mir unbekannte Stimme. Wohl einer der Dienerinnen. „Handtücher hierher und bringt das nasse Fell weg. Bereitet ein warmes Bett.“ In aller Schnelle und Eile wuselten die Dienerinnen umeinander und taten was ihnen aufgetragen wurde. „Hier, rubbeln sie sie trocken und warm. Ihr Kreislauf muss angeregt werden.“ Au, das tat so weh, warum wollten sie mich nicht endlich in Frieden lassen. Ich möchte ungestört in meinem dunklen Sumpf bleiben, wo es keine Schmerzen und keine Angst gab. Unentwegt drückten, schoben und wischten über jeden Zentimeter meines Körpers. Schwindel stieg in mir auf, mein Herz begann schneller zu schlagen, die Ruhe floss dahin. Übelkeit stieg in mir auf, ich glaubte keine Luft mehr zu bekommen. „Hier Liebes, in die Handtücher hinein“, sagte die sympathische Stimme neben meinem Ohr. Plötzlich wurde mein Oberkörper aufgerichtet und die Übelkeit fand ihren Höhepunkt. Mit kläglichen Stöhnen stieß mein Magen seinen Inhalt durch meinen Hals zurück nach draußen und ließ meinen Körper erbeben. „Sehr gut machst du das.“ Kaum erschlaffte mein Körper wieder, zog und rubbelte jemand an meinem Kopf, als wollte man die Eiszapfen in meine Haut einmassieren. Jeder kleinste Bereich meines Körpers schmerzte als man endlich von mir abließ. „Mmh-mmh, der Puls ist kräftiger geworden. Nun kommt das wichtigste. Prinz Froschlippe hebt sie bitte ins Bett, sie muss nun gut gewärmt werden.“ Ohne Widerrede tat Froschlippe wie ihm geheißen und legte mich ins trockene, warme Fell und legte ein weites über mich. „Wird sie wieder...?“ „Das kann ich noch nicht sicher sagen, mein Prinz. Wir müssen warten.“ „WAS GEHT HIER VOR?“, kreischte eine schrille Stimme plötzlich in den Raum hinein. „Der Prinzessin geht es nicht gut....“, begann Tambelina, doch wurde sie je unterbrochen. „WAS HAT DIESES SCHWACHE SONNENWESEN NUN WIEDER?“ „MUTTER NICHT JETZT.“ „WAS SOLL DAS HEIßEN? TAMBELINA, SIE ZU DAS DU SIE WIEDER HINBEKOMMST, SIE MUSS DEN MONAT BIS ZUR HOCHZEIT ÜBERSTEHEN.“ „ICH GEBE MEIN BESTES.“ „WAGE ES NICHT WENIGER ZU TUN, DIESES SÜßE, EKLIGE DING MUSS MEINEN SOHN HEIRATEN. WIR HABEN SCHON ANWEISUNGEN AN IHREM VATER GESCHRIEBEN. WENN ER HÖREN SOLLTE DAS SIE UNS WEG GESTORBEN IST WIRD ES KRIEG GEBEN.“ „Natürlich...“ „GENUG! VERSCHWINDE MUTTER.“ „Wie sprichst du mit mir?“ „Ich weiß selbst was auf dem Spiel steht, du musst mich nicht belehren. ICH BIN DER SONNEN- UND SCHATTENKÖNIG!“ „Noch bist du es nicht. Noch immer bin ich die Königin. Dein Vater mag alt geworden sein, doch ich bin es noch lange nicht.“ „Geh einfach.“ „Ts, kaum strecken sie einen Fuß durch die Tür und glauben alles über das Leben zu wissen. Undankbares Gör,“ schimpfte sie und ich hörte das schleifende Schlurfen ihrer Steinschuhe sich entfernen. Kurz darauf musste ich kurz weggedöst sein, denn eine Stimme hatte mich aus dem Dösen, Traum oder Schlaf, das vermochte ich nicht zu erkennen, zu reißen. „Ihr Körper ist noch immer zu kalt, sie wärmt sich nicht auf.“ „Was heißt das, was machen wir jetzt?“, drängte Froschlippe. „Es gibt nur noch eines was wir tun können.“ „Was ist es?“ „Versprecht mich nicht zu treten“, keuchte Tambelina wimmernd. „WAS, TAMBELINA, WAS?“ „Legt Euch zu ihr und wärmt sie.“ Kapitel 6: Ein Leben für ein Leben ---------------------------------- Kapitel 6 – Ein Leben für ein Leben   Froschlippes lange spitze Ohren färbten sich rot. „Was soll ich?“ „Legt Euch dazu, mein Prinz. Spendet ihr Wärme. Von alleine schafft es ihr Körper nicht und wir könnten sie verlieren, es ist ernst“, erklärte Tambelina. Es war zu viel. Alles war einfach zu viel. Froschlippe war erst vierzehn Jahre alt und nun wurde viel von ihm erwartet. Was hatte er sich nur eingebrockt? Wäre er doch dem Plan die Bergwerke zu überfluten nachgegangen, dann hätte er nun nicht solche monströsen Probleme. In einer Nacht hatte er den Sonnenkönig und die Bergleute gegen sich aufgebracht, hat die Sonnenprinzessin entführt für die er nun verantwortlich ist, ebenso seinem Volk, das nun, zurecht viele Sorgen hatte und Sicherheit verlangte. Er musste den Sonnenkönig besänftigen und gleichzeitig wichtige Zugeständnisse abverlangen, seine Zukünftige musste an seiner Seite bleiben, denn würde sie sterben könnte ihm niemand mehr nur einen Funken Gnade seitens des Sonnenkönigs garantieren und das gefährdete nicht nur ihn sondern sein Volk. Den Stein den er zum Rollen gebracht hatte war gewachsen, aus ihm ist ein riesiger Brocken geworden und er rollte immer weiter. Er wusste nicht was, aber irgendetwas hatte sich verändert. Als die Wassermassen ihn und die Prinzessin umspült hatten, er sich an sie gedrückt und ihr Luft, die er kurz zuvor selbst gierig in deine Lungen gesogen und in ihren Mund gepustet hatte. Etwas hatte sich in diesem Augenblick geändert. Den langen Weg nach Hause, völlig erschöpft, die Sinne jedoch gleichzeitig geschärft. Da hatte er viel nachdenken können, überdachte seine Handlungen. Es ging nicht nur darum König der Sonnenmenschen zu werden, dieser Plan war zu groß. Wer könnte ihm denn garantieren das der Sonnenkönig seine Tochter nicht opfern würde, wo er doch neue Kinder zeugen konnte. Sie zu heiraten brachte ihm nicht automatisch die Erfüllung aller seine Träume. Was wollte er wirklich? Was würde er wirklich wollen? Weiter Krieg gegen die Menschen zu führen könnte mehr kaputt machen als nur zwei Völker. Er war es leid das Kobolde sich hier unten im Dreck verstecken müssen, das sie verachtet und verstoßen wurden, niemals die Sonne sahen und keinenWind auf ihrer Haut spüren durften. Es stimmte, Kobolde waren rau, wilder und härter, nicht nur körperlich. Doch wenn er an seinen Vater dachte, musste er sich eingestehen das auch Kobolde sensibel sein oder krank werden konnten. Seine Mutter führte ein hartes Regiment, sein Vater tolerierte es. Als er noch klein war, erinnerte er sich, war sein Vater nicht so verschnupft und vergesslich gewesen. Er wurde alt und die Zeiten änderten sich. Wenn Froschlippe etwas für sein Volk erreichen wollte, dann ging es nur mit Aline an seiner Seite. Zudem hatte er festgestellt das sich ihre Lippen nicht so ekelerregend anfühlten, wie er es sich vorgestellt hatte. Natürlich hatte er all seine Sinne im Kampf fürs Überleben benötigt und konnte sich nicht auf das Gefühl einlassen. Doch im Nachhinein ekelte es ihn auf jeden Fall nicht. Und als er Aline auszog während sie ohnmächtig gewesen war, hatte er sie nicht als hässlich empfunden. Ungewohnt und anders, Besorgnis hatte ihn geplagt, das er sie zu hart anpacken könnte, aber abstoßend fand er sie nicht. „Mein Prinz?“, holte ihn Tambelina aus seinen Gedanken. Er nickte, griff sich an seinen Hals, löste die Totenkopfbrosche und ließ sein Umhang zu Boden gleiten. „Ihr dürft sie nicht mit Eurem Gewicht zerquetschen. Ich hebe sie kurz hoch und dann legen wir sie auf Euch drauf. Ja, so ist es gut. Vorsicht ihr Kopf. Genau, in Eurer Halsbeuge liegt er gut. Mit dem Bauch auf Euch gelegt kommt mehr Wärme bei ihr an. Nun lege ich das Fell über euch. So, nun können wir nichts weiter als warten.“ Sie fühlt sich so leicht und weich an, dachte sich Froschlippe. Wie waren Sonnenmenschen nur in der Lage zu überleben, so zart wie sie gebaut waren. Er spürte ihre Atmung an seinem Hals und das sanfte Pochen ihres Herzens. Ob sie wieder versucht hatte sich das Leben zu nehmen? Oder hatte es ihr jemand angetan. Pucca sollte dafür sorgen das sie sich waschen kann. Er wusste das sie eine große Abneigung gegen Menschen hatte, wie alle anderen eben auch, doch würde sie Aline quälen, wohl wissentlich das er sie heiraten würde? Um etwas die Position zu verändern legte er seine Hände auf ihren Rücken. Ihr Haar war so weich und lang, er mochte es. Vor allem diese braunrote Farbe. Ihr Duft war angenehm, ganz anders als er erwartet hatte. Vielleicht war es ja doch möglich es mit ihr auszuhalten. Und sei es auch nur eine Zweckehe. Denn lieben so dachte er, könnte er einen Menschen nie. Was täte er auch seinen Kindern antun. Missgestaltete, verweichlichte Menschenkobolde kämen da heraus. Ob er eine zweite Frau haben sollte um mit ihr Kinder zu zeugen? Aline könnte für das Öffentliche Leben seine Frau sein, doch ob sie das mitmachen würde? Bestimmt, ihm war völlig bewusst das er für sie kein Traumprinz war. So sinnierte er eine ganze Weile vor sich hin während er dieses weiche Bündel in seinen Armen hielt. „Ihre Atmung ist schon tiefer geworden“, stellte Tambelina nach ein paar Stunden fest und holte Froschlippe aus seinen Gedanken. „Ja, ihr Herz schlägt auch schon kräftiger“, entgegnete er. „Sehr gut, dann hat sie es geschafft. Wenn Ihr möchtet könnt ihr sie vorsichtig von Euch gleiten lassen. Ja, sehr schön, genau so. Ihre Haare sind schon fast trocken, das ist gut.“ Froschlippe stand vom Bett auf und beobachtete wie Tambelina Aline in dem braunen Fell einpackte als wäre sie ein kleiner Säugling. Kaum hatte Tambelina das Fell unter die Füße geschlagen, öffneten sich flatternd die blauen Augen von Aline. „Prinzessin“, sagten Tambelina und Froschlippe erstaunt, wie aus einem Mund. Diese blickte kurz in beide Richtungen, schien aber noch keinen so recht zu erkennen, da sie noch immer angestrengt blinzelte und versuchte zu fokussieren. „Aline“, sagte Froschlippe, trat an ihrer Seite und stellte mit roten Wangen sogleich fest das er sie nun das erste Mal beim Namen genannt hatte. „Was ist passiert, du warst kalt und nass wie ein Eiszapfen.“ Angst kroch in den Blick von Aline und ihr Blick entglitt ihm sogleich. Sie wollte ihn nicht ansehen. „Ich hab mich gewaschen und hab mich wohl nicht gründlich abgetrocknet“, nuschelte sie. Was war mit ihr geschehen? Sie war doch sonst so mutig und unerschrocken. Ihm mochte eine lieblose Ehe mit diesem Menschen bevorstehen und er wusste beim besten Willen nicht wie es funktionieren sollte, doch konnte er zwei Dinge nicht akzeptieren. Erstens. Lieblos oder nicht, als König und Königin mussten sie beide ihre Rollen inne haben und mussten sich vertrauen und am selben Strang ziehen. Zweitens. Mochte sie im allgemeinen als hässlich und weich angesehen werden und es wird kein Vergnügen sein eine kränkliche Königin zu haben, aber dennoch hatte sie den höchsten Rang und musste akzeptiert werden. Wenn jemand seinen Spaß mit ihr trieb, bedeutete es nicht nur Respektlosigkeit ihr gegenüber, sondern auch ihm. Und so etwas duldete er nicht. Unbändige Wut stieg in ihm auf, er presste seine Fäuste zusammen, bis die Knöchel weiß hervortraten. „WACHE! Bringt mir Pucca hierher“, brüllte er wutentbrannt. Aline und Tambelina zuckten vor Schrecken zusammen, doch das kümmerte ihn in dem Augenblick wenig. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor bis Pucca vor ihn trat. Glücklicherweise hatte sie keine steinernen Schuhe an, da sie ihre an Tambelina abgegeben hatte nachdem diese hierher beordert worden war. „Zu Euren Diensten mein Prinz“, sagte sie höfisch und deutete eine leichte Verbeugung an. Froschlippe schenkte ihr nicht einen Blick und betrachtete Aline. Diese zog die Decke noch höher und ihre Augen weiteten sich vor Angst. Mehr musste Froschlippe nicht wissen. Als er seine Augen auf Pucca richtete konnte er gerade noch den missbilligenden Blick auf Aline erhaschen, ehe sie ihren Blick wieder senkte. „Pucca“, sagte er in einem süßlichen Tonfall. „Was genau hat die Prinzessin von dir verlangt?“ „Ngh... was meint Ihr?“ „Bat sie nach eiskaltem Wasser?“ „Mein Prinz, ich verstehe nicht.“ In einem Sekundenbruchteil veränderte sich sein gleichgültiges Gesicht in einer angsteinflößenden, verärgerten Fratze und trat mit seinem rechten Fuß auf ihren Linken. Ihr gellender Schrei hallte durch die Höhle und ließ die übrigen Anwesenden erzittern. „AAAAHHHHHH, BITTE NICHT, ICH HABE NICHTS GETAN!“, brüllte Pucca vor Schmerzen, krümmte sich am Boden und hielt ihren Fuß. „Versuchen wir es noch mal“, sagte Froschlippe amüsiert und stampfte noch ein weiteres Mal, nun jedoch auf den anderen Fuß. AAAAAAAHHHHHHH, NEIN, MAJÄSTÄT, ICH BITTE EUCH....“ „Um was bittest du mich“, knurrte Froschlippe und trat noch einmal auf den Linken. „Sprich Pucca, was hast du ihr getan.“ „Ich habe ihr kaltes Wasser über den Kopf geschüttet und ihr ein neues Kleid gegeben“, gestand Pucca unter Tränen. „Du hast sie fast in den Tod geschickt. Du warst Respektlos, ungehorsam und hast sie gedemütigt. Geht man so mit seiner Königin um?“, fragte er in eisigem Ton, das die Wände gefrieren ließ. „Sie ist nicht Eure Königin“, fauchte Pucca und sah ihm mit einem mal mit feuriger Wut entgegen. „Noch nicht.“ „Wie könnt Ihr nur? Ich wäre eine viel bessere Königin gewesen. Wir haben immer zusammen gespielt. Mein Vater hat viel für den Euren getan. Ich bin nicht so weich wie sie.“ „Wir waren Freunde in Kindertagen, jedoch nie mehr“, rief Froschlippe wütend aus. Der entsetzte, verletzte Blick in Puccas Gesicht sprach Bände und selbst Aline spürte einen Anflug von Mitleid für sie. „Warum sagst du das?“, wechselte sie nun in einem vertraulichen Ton. „Du hast recht, wir waren Freunde als wir klein waren. Doch ich bin ein Prinz....“ „Ja aber ich war gut genug für deine Triebe. Deine Finger konntest du noch vor 'nem halben Jahr nicht von mir lassen. Hast dich an mich gedrängt und mich befummelt“, rief sie feixend aus und blickte ihm mit gerecktem Kinn entgegen. Jedoch wurde ihr Redefluss von einem Schlag ins Gesicht unterbrochen und sie flog zwei Meter nach hinten. „WIE KANNST DU ES WAGEN?“ „Ja komm nur, prügel mich weiter. Nun bin ich nicht mehr gut genug nachdem du deine schwächliche Prinzessin geholt hast.“ Blind in seiner Wut wollte Froschlippe zu ihr, doch plötzlich trat ein roter Schopf in seinem Sichtfeld und warme kleine Hände stemmten sich gegen seine Brust. „Nein, bitte, tu das nicht“, sagte Aline und blickte mit feuchten Augen zu ihm auf. „Ich danke dir, doch prügle sie nicht weiter.“ Ehe es Froschlippe sich versehen konnte war er völlig aus dem Konzept gebracht. Er war froh das es Aline besser ging und im gleichen Augenblick spürte Wut in sich aufkeimen weil sie sich einmischte. „Geh sofort ins Bett und misch dich nicht ein“, knurrte er, packte sie und schubste sie in Tambelinas Arme. „Und du, verschwinde aus meinen Augen, du wirst nie mehr in die königlichen Räume einen Fuß setzen“, versetzte er Pucca einen Tritt und scheuchte sie hinaus. Kapitel 7: Sonne und Äpfel -------------------------- Kapitel 7 – Sonne und Äpfel   Alina war wütend. Wie konnte er sie einfach so übergehen und von sich stoßen? Sie wusste nicht weshalb, aber das hatte etwas in ihr berührt. Anders als die Quälereien zuvor, welche sie auch schon sehr verletzt hatten, hatte sie sein Verhalten tiefer getroffen. Es stellte sich nur die Frage, warum? Man konnte nicht davon sprechen das sie gut behandelt wurde. Doch besser als das was die anderen Groblins ihr antun würden, wie ihr deutlich gezeigt hatte. Sie musste also dankbar sein, das er sich gnädiger zeigte. Während sie bewusstlos auf seiner Brust gelegen war, ist ihr Bewusstsein früher zu ihr zurück gekehrt als sie gezeigt hatte. Aline hatte sich mehr als erschrocken als sie begriff wo sie war und wer sich unter ihr befunden hatte. Ihr Herz hatte so viel Blut gepumpt als hätte sie vor etwas fortlaufen müssen und das Rauschen in ihren Ohren war immer lauter geworden. Tatsächlich hatte sie befürchtet das er es bemerken und sie von sich schubsen würde. So lange Zeit ohne einen Lieben, ohne jemanden mit dem man sprechen konnte und sich gut verstand war es schnell sehr einsam. Froschlippe war weiß Gott nicht ihre erste Wahl, doch es tat gut Wärme und Nähe zu spüren, vor allem nachdem sie bemerkte das sich seine Hände auf ihren Rücken befunden hatten. Es war als würde man umarmt werden und für wenige Minuten konnte sie sich vorstellen das ihr Vater oder Curdie sie umarmen würde. Doch die Vorstellungskraft hielt nicht lange an. Froschlippe mag nicht der schönste sein und spuckte hier und da beim Sprechen, doch sein Körper war fest und stark wie wohl bei allen Groblins. Es gaukelte ihr das Gefühl vor sicher zu sein, obgleich sie das nicht war. Aline konnte niemals sicher sein ob er ihr nicht nach der Hochzeit etwas antun würde um sie loszuwerden. Sollte er sie am Leben lassen würde sie mit ihm leben müssen. Egal was passierte, Aline konnte nicht riskieren das einer ihrer Lieben oder ihrem Volk etwas passierte. Groblins bestückt mit Steinschuhen und Wachs in den Ohren würde sie zu unschlagbaren Gegnern machen. Vielleicht sollte sie sich mit ihrem Schicksal anfreunden. Wenn sie sich bemühte könnten sie vielleicht eine Art Freundschaft eingehen. Er roch nicht unangenehm, stellte sie fest. Seine dicke, glatte Haut war warm an ihrer Wange und sein Duft erinnerte sie an Erde, Stein, Wurzeln und etwas anderes, was sie nicht bestimmen konnte. Ungewohnt, aber nicht unangenehm. Nachdem Froschlippe nach dieser unsäglichen Koboldin gerufen hatte glaubte sie schon das ihre Schonfrist vorbei war. Vielleicht hatte er sich nur geopfert sie zu wärmen um sie gleich weiter zu quälen wenn es ihr besser ginge. Doch zu ihrer Überraschung hatte er sich für sie eingesetzt und das sehr gründlich. Sie wusste nicht woher, doch glaubte Aline zu wissen das Pucca in Froschlippe verliebt war und sicher gehofft hatte ihn heiraten zu können. Ob sie je eine Chance gehabt hätte konnte sie nicht einschätzen, da sie nicht wusste ob es noch andere Groblin-Reiche hier in der Nähe gab, doch hatte sie Mitleid empfunden. Die Quittung hatte sie jedoch gleich erhalten. Das Frühstück ließ Aline ausfallen und war dankbar das Tambelina empfahl das sie im Bett bleiben sollte. Sie hatte diese Groblin schon fast ins Herz geschlossen. Pucca und Tambelina waren das beste Beispiel das auch Groblins vielseitig und einzigartig waren, wie bei Menschen auch.   **~**~   Während Aline im warmen Bett lag und Tambelina noch mal ihren Hals verarztete kam Froschlippe herein mit einer Schüssel in der Hand und ihr schwante furchtbares. Er brachte ihr essen und Alines Magen fiel ihr in den Rücken und begann zu knurren als sie an den Vorgang dachte sich etwas in den Mund zu stecken. Tambelina verabschiedete sich, hievte ihr Reff auf ihren Rücken und ging ihres Weges. „Ich weiß du magst unser essen nicht, aber es gibt nichts anderes“, sagte er, setzte sich zu Aline aufs Bett und drückte ihr die Schüssel in die Hände. „Werde mich wohl dran gewöhnen müssen“, nuschelte Aline vor sich hin und stocherte in ihre Schüssel herum. Froschlippe hatte tatsächlich wieder einen Brei zusammen gestapft, damit sie nicht sehen musste was sie da aß. Froschlippe brachte ihr jeden Tag etwas zu essen und sie schlief weiterhin in seinem Bett, doch erholte sie sich nie mehr richtig. Müde und schwach fühlte sie sich immerzu und schlief meistens. Zwei Wochen vor der Hochzeit war sie kaum in der Lage sich zu erheben. „Was hat sie Tambelina?“, fragte Froschlippe ungeduldig und blickte immer wieder zu Aline hinüber die in seinem Bett lag und sich unter den Fellen vergraben hatte. „Nun, mein Prinz, sie ist ein Sonnenmensch. Abgeschirmt von der Sonne, keine frische Luft und essen tut sie nicht sehr viel.“ „Was tu ich nur?“ „Bringt sie hinauf, nur für ein paar Stunden täglich. Sie ist es nicht gewohnt im Dunkeln zu leben, es bringt ihren Körper durcheinander.“ „Doch wenn sie versucht mir weg zu laufen?“ „Es gibt Öffnungen im Berg, weiter oben, nahe der Spitze. Dort oben kann sie nicht fliehen, aber sie kann sich sonnen und schenkt ihr doch ein paar Sonnenfrüchte. Das wird sie sicherlich freuen. Wer weiß, vielleicht stärkt es eure Bindung, schließlich werdet ihr bald heiraten. Distanzierte Höflichkeit wird in so einem Fall nicht zu Vertrautheit beitragen, denk an dein Volk und dein Vorhaben, wenn ich so ehrlich sein darf.“ „Ich denke darüber nach.“ So ging Froschlippe zu Aline und schob die Felle auseinander bis er sie fand. Dort lag sie. Dünn, blass, ihre Haut war fast durchsichtig und ihre Augen waren blutunterlaufen. Sie sah aus wie ein Geist mit roten Haaren. Die Wangen eingefallen und die Augen wirkten in den Schädel hinein gesunken. „Wasn los?“, fragte Aline schläfrig und blickte aus müden Augen zu ihm empor. „Ich will dir etwas zeigen“, sagte Froschlippe nur und hob sie hoch.   Tambelina sah den beiden erstaunt hinterher. Sie kannte Froschlippe sehr gut, von Kindheit an hatte sie ihn gepflegt wenn er sich verletzt hatte und hatte geholfen ihn zur Welt zu bringen. Der junge Groblin der losgezogen war um die Prinzessin zu entführen und der Groblin der mit der Prinzessin zurück gekehrt war, waren ganz verschieden. Veränderung brachte Umdenken mit und regte das Erwachsenwerden an. Fern von Aline und bei seinen Eltern verfiel er fast in seiner alten Rolle als verwöhnter Prinz, doch in Alines Nähe wurde er zu einem Beschützer. Es mag daran liegen das er keine Geschwister hatte, dachte sie. Bisher hatte er sich nie um andere Gedanken machen müssen als um sich selbst.   Aline versuchte überall hinzusehen nur nicht zu Froschlippes Gesicht hinauf. Was er wohl vorhatte? Sie traute sich kaum nachzufragen, wo sie wusste das er sich schnell aufregen konnte. Nach einer Ewigkeit die er durch die dunklen Gänge gestapft war und das immerzu bergauf, sah sie bald Licht am anderen Ende des Tunnels. War dort wirklich Licht oder befanden sich dort leuchtende Kristalle? Oder wurde sie langsam verrückt? Nein, tatsächlich, sie täuschte sich nicht, dort war Sonnenlicht. Sie musste die Augen fest zusammenkneifen um sich an das grelle Licht zu gewöhnen, es brannte sehr unangenehm in den Augen, aber die Sonne auf der Haut zu spüren ließ sie blind in den Himmel lächeln. Diese Wärme, diese wundervolle Wärme, die ihr Herz erreichte und in sekundenschnelle mehr Kraft durch ihre Adern fließen ließ. Mit zusammengekniffenen Augen blickte sie zu Froschlippe hinauf und auch er hatte seine Augen zugekniffen. Vor zwei Wochen als sie entführt worden war hatten sie während des ganzen Sonnenaufgangs gekämpft und sich da an das Licht gewöhnt, aber sicherlich hatte es ihn trotzdem geschmerzt. Froschlippe legte sie auf den Boden ab und blieb im Schneidersitz neben ihr sitzen. Dort blieb sie liegen auf dem warmen Boden und konnte nicht aufhören zu lächeln.   „Es ist so schön“, seufzte sie glücklich. „Ich danke dir.“ Überrascht öffneten sich Froschlippes Augen und er blickte erstaunt zu ihr, doch der Schmerz der das Licht in seinen Augen verursachte, hatte nur einen kurzen Blick auf Aline erlaubt. Für ihn war es unangenehm im Licht und es wurde unangenehm warm, doch das Lächeln gefiel ihm und das sie sich schnell besser fühlte und ihre Laune sich besserte, ließ ihn hoffen das sie sich bald wieder erholte. „Ähm... schon in Ordnung. Kann dich ja nicht sterben lassen.“ Froschlippe fühlte sich in ihrer Gegenwart immer etwas ungeschickt. Bei seinen Eltern und vor seinem Volk, selbst bei den Versammlungen im Palast, da fühlte er sich stark und unfehlbar. Er war schließlich der Prinz und sein Volk sah zu ihm auf, seine Mutter verehrte ihn. Doch nun seit er Aline bei sich hatte war es ihm nicht mehr so viel Wert, denn für Aline war er nicht stark, unfehlbar und sie sah nicht zu ihm auf. Seine Nachricht die er an den Sonnenkönig überliefern ließ hatte den gewünschten Erfolg gebracht. Die Menschen verhielten sich still und die Bergleute versuchten keine Tunnel zu graben. Alles lief nach Plan, aber dennoch fühlte er sich als balancierte er einen riesigen Fels auf seinen Schultern. Nur ein falscher Schritt und es konnte alles zusammenbrechen und es ging nicht nur um sein Leben, das hatte er nun verstanden. Der Kampf gegen die Menschen hatte ihm gezeigt das sie nicht so stark und unbesiegbar waren wie er geglaubt hatte. Dumm und naiv war er gewesen. Nun hatte er Aline hier und Tag ein Tag aus grübelte er darüber nach ob es eine gute Entscheidung gewesen war sie zu stehlen. Aline bemerkte das Froschlippe völlig neben sich stehen musste, doch sagte sie nichts. Es ging sie nichts an und sie wollte keinen Streit riskieren. Er hatte sie in die Sonne geschafft, sie sollte zufrieden damit sein, ermahnte sie sich. Gewonnene Freiheit konnte man schnell verlieren. Wie es ihrem Vater wohl erginge? Und Curdie, und Robin, ihrem Kater. Sie vermisste sie so schrecklich. Tränen drängten sich in ihre Augen, wie sehr sie auch versuchte diese aufzuhalten. Jetzt wo sie nicht alleine war musste sie ausgerechnet weinen. Gerade als sie die warmen Strahlen der Sonne auf ihrer Haut genießen konnte. Das Leben konnte so richtig gemein sein. Stumme Tränen rannen ihr die Wangen hinunter, doch bemühte sie sich leise dabei zu bleiben. Die Tatsache das Froschlippe das helle Licht nicht vertrug war in diesem Fall von Vorteil. Stunden später trug er sie wieder zurück und blickte verwundert auf sie hinunter. Ihre Augen waren gerötet und geschwollen und er bildete sich ein Tränenspuren auf ihren Wangen zu sehen. Hatte ihr es nicht gefallen? Wieder in seinem Schlafzimmer angekommen legte er sie ab, drehte sich um und wollte hinaus gehen. „Können wir das wieder machen?“, fragte Aline mit leiser Stimme, aber für ihn deutlich zu hören. Erstaunt blickte er zu ihr und hatte noch nie in seinem Leben so ein hässliches, wie schönes flehendes Gesicht gesehen. „Ja“, sagte er nur schlicht und ging weiter.   Am nächsten Tag kam er wieder zu ihr und trug sie den Berg hinauf. Schon mit einem Lächeln hatte Aline ihn entgegen gesehen, als er ihr sagte was er vor hatte. Einen Arm hatte sie um seinen Hals geschlungen, ihr Kopf ruhte an seiner Brust. Oben an der Klippe der Höhle angekommen setzte er sie wieder ab und grinste breit bis zu beiden Ohren. „Die Sonne ist so herrlich“, sagte sie und zuckte kurz erschrocken zusammen. Ob sie ihn beleidigte wenn sie so etwas sagte? Doch glücklicherweise hatte er nicht darauf reagiert. Zu ihrer Überraschung kramte er in einer Jutetasche herum, die ihr vorher nicht aufgefallen war. Mit einem quietschenden Japsen nahm sie den Apfel entgegen den er ihr entgegen hielt. „Danke, danke“, strahlte sie und biss herzhaft hinein. Fern von allen Manieren und Sitten saß sie im Schneidersitz im Schmutz, die wilde Mähne hing über ihren Rücken, die Spitzen auf dem Boden und schmatzte genüsslich. So gefiel sie Froschlippe besser stellte er fest und erschrak sich über seinen eigenen Gedanken. Nun empfand er Menschenmädchen nicht mehr als grässlich, irgendwas schien mit ihm nicht zu stimmen. „Die Aussicht ist fantastisch“, versuchte Aline ein unverfängliches Gespräch anzufangen. Froschlippe schrak aus seinen Gedanken und spürte kurz wie seine Wangen und Ohren wärmer wurden. „Ja, ja... ist nicht schlecht“, sagte er und sah, heute mit weniger Schmerzen in den Augen hinaus aufs offene Meer. Kein Schiff war zu sehen und die wilden Wellen preschten an den Fuß des Berges. „Du gehst so zielsicher durch die dunklen Tunnel, in denen ich so gut wie nichts sehen kann. Es muss schrecklich für dich sein hier in der Sonne zu sitzen. Aber ich stelle es mir aufregend vor im Dunkeln sehen zu können. Ich wünschte das könnte ich auch“, lächelte Aline und blickte weiter aufs Meer hinaus während sie den leckersten und süßesten Apfel ihres Lebens verspeiste. „Darüber habe ich nie nachgedacht.“ „Du kannst auch besser hören nicht wahr? Das ist mir schon aufgefallen. Oft wenn Vater wichtige Besprechungen hatte oder Lottie mit anderen Weibern getratscht hat hätte ich zu gern die Ohren eines Groblins gehabt. Dann hätte ich Mäuschen spielen können.“ „Dafür kannst du in die Sonne spazieren ohne zu erblinden und zu verbrennen“, sagte Froschlippe und wie um seinen Worten mehr Bedeutung zu verleihen setzte er sich etwas tiefer im Schatten der Höhle, geschützt vor der heißen Sonne. „Es brennt sehr stark in den Augen und mir wird schnell zu heiß“, erklärte Froschlippe auf ihren fragenden Blick hin. „Dafür bist du nicht so schwach wie ich. Ich schäme mich nicht ein Sonnenmensch zu sein, wie ihr uns nennt, doch... komme ich mir nun schon sehr schwach vor. Klingt verrückt, aber es ist mir peinlich. Schade der Apfel war so schnell gegessen.“ „Hier hast du etwas anderes“, sagte Froschlippe und grabschte eine andere Frucht aus seinem Beutel. „Danke“, strahlte Aline. „Woher hast du sie?“ „Nahe dem Berg befinden sich Felder. Dort habe ich sie her.“ „Du warst draußen?“ „Ja während der Nacht. Es hat Vorteile das ihr nachts nichts sehen könnt.“ „Hat dich jemand gesehen?“ „Nein.“ „Warum hast du nicht jemanden von deiner Wache geschickt?“ „Wenn von meinem Volk jemand wüsste was ich hier tue, wäre das Theater groß. Wir verabscheuen Menschen und Mutter macht sich immer so viele Sorgen“, stöhnte Froschlippe genervt. „Tja, dumm nur das du mich heiratest“, sagte Aline freudlos. „Dann können sie mich noch mehr hassen, wie diese Pucca.“ „Sie werden sich an dich gewöhnen“, beschwichtigte Froschlippe. „Das glaube ich nicht.“ So schnell das Gespräch angefangen hatte, so schnell war es wieder vorbei. Jeder hing seinen dunklen Gedanken nach und fürchtete die Zukunft. Kapitel 8: Hochzeitsvorbereitungen ---------------------------------- Kapitel 8 – Hochzeitsvorbereitungen   Die nächsten dreizehn Tage begleitete mich Froschlippe zu unserer Aussichtsplattform, hoch oben am Berge und erlaubte mir Tageslicht zu sehen. Schnell hatte ich mich erholt. Ich bemühte mich mehr von seinem Brei zu essen und er versorgte mich mit Obst und Gemüse vom Felde der Sonnenmenschen. Tambelina bestätigte mir das ich wieder an Farbe gewonnen und durch das Sonnenbaden noch etwas Bräune gewonnen hätte. Das Leben einer Prinzessin fand im Gegensatz zu bürgerlichen Kindern innerhalb der Mauern statt. Heute morgen, zumindest was für Groblin als Morgen galt, denn hier unten hatte ich keine Uhr die mir mitteilte zu welcher Zeit ich lebte. Vor Aufregung hatte ich nichts frühstücken können, denn heute fand unsere Hochzeit statt. Ich war auf nichts vorbereitet, mir war nur mitgeteilt worden wann es stattfinden würde und nun fühlte ich mich als würde ich meine Henkersmahlzeit nicht hinunter bekommen. Silki, meine inzwischen zugewiesene Bedienstete kam mit einem Bündel aus Stoffen, Steinen und allerlei Tand in Froschlippes Schlafgemach, welches inzwischen zu meinen geworden war, zu mir und breitete es auf dem Bett aus. Bei näherer Betrachtung erkannte ich ein weißes Kleid, welches mit kleinen Kristallen bestickt worden war. Es sah unglaublich aus. Verglichen mit menschlicher Schneiderei war es offensichtlich ohne vorgefertigten Maßen und Schablonen gefertigt worden, der Schnitt versprach etwas wildes, inakkurates, offensichtlich in Eile gefertigt, aber nicht mit weniger Leidenschaft. Wer auch immer das Kleid entworfen hatte wusste was er tat, hatte eine genaue Vorstellung und war sicherlich wenig Begeistert über die streng begrenzte Zeit. Nun sah ich das auch Blumen dort lagen. Echte Blumen, aber sie waren mir völlig unbekannt und wirkten so fantastisch. Wie aus einem Märchen entsprungen glaubte ich die Blüten glühen zu sehen. Jedoch war es in der Raumhöhle zu hell, wo schon während ich noch schlief, leuchtende Kristalle hergebracht worden waren um für gutes Licht zu sorgen. Sogar ein Spiegel war heran getragen worden. Zusammengeschustert aus großen Spiegelscherben, welche zusammengefügt und in einem geschwungenen Rahmen aus dicken Ästen hinein gearbeitet worden waren. Er gefiel mir außerordentlich und beeindruckte mich sehr. Bisher kannte ich nur akribische viereckige Spiegel, ob quadratisch oder länglich, doch das Glas an solch zusammengefügten, geschwungenen Ästen anzupassen und einzuarbeiten, erfreute einem das Hineinblicken noch mehr. Silki sprach nicht viel und gab nur kurze Anweisungen. Ich schätzte das sie etwas älter war als ich, aber noch eine junge Erwachsene. Große blaue Augen, blonde, strohige, abstehende Haare, welche an trockenes Gras erinnerten und in einem dicken Zopf in ihrem Nacken bis zu ihrer Taille herabhingen. Natürlich trug sie Steinschuhe, doch hatte sie auf das Wachs in ihren Ohren verzichtet, worüber ich froh war. Doch um ein Gespräch anzufangen, dafür fühlte ich mich nervlich nicht in der Lage. Mit zittrigen Fingern und die Röte von den Wangen bis hinauf in die Ohren steigend, zog ich mich aus und schlüpfte mit Hilfe der Koboldin in das Kleid. Mit flinken Fingern schnürte sie das Mieder welches mit vielen kleinen Kristallen bestückt war an meinen Rücken zusammen und ließ an mir eine Taille erkennen, welche Aufgrund meines Alters noch nicht so recht hervorgetreten war. Es war nicht gänzlich unüblich mit zwölf Jahren zu heiraten, doch hatte ich gehofft mehr Zeit zu haben. Für gewöhnlich wurde das Auftreten der Blutung als perfektes Maß genommen um solche Entscheidungen zu fällen, doch war es mir beziehungsweise meinem Vater abgenommen worden. Ob ich verschont bliebe von Froschlippe angerührt zu werden solange ich meine Blutungen nicht hatte? Wer wusste das schon. Meine Schultern waren frei und kleine, kurze Ärmel hingen an meinen Oberarmen herab. Weiße Handschuhe, welche mir besser passten als angenommen zog Silki mir über meine Hände bis über meinen Ellbogen und erstaunt blickte ich auf meine Finger. Geschliffene schöne, mit Streifen bemusterte Steine ersetzten meine nicht vorhandenen Krallen. Die Strümpfe mit dünner Sohle, welche bis über meine Knie gingen, jedoch unterschiedlich lang, versteckten meine Zehen und jeweils ein platter Stein symbolisierte einen großen Zeh, wie Groblins sie haben. Schuhe gab es keine. Bisher war die Königin die die einzig berechtigte war Schuhe tragen zu dürfen, doch nun schien es umgekehrt zu sein, wo sie wegen mir Vorsicht walten lassen mussten. Das Kleid ließ meine Knöchel gut sehen und versteckte auch somit nicht meine Groblin-Zehen. Meine Haare wurden zu einem dicken, etwas zotteligen Zopf geflochten, indem die losen Blumen und Steine eingearbeitet wurden. Zu guter Letzt hatte Silki aus einem alten Samtsäckchen goldenen Schmuck heraus genommen welches ich noch nie gesehen hatte. Was sollte das sein und wie trug man das? Erschrocken stellte ich fest das sie an meinen Ohren begann herum zu nesteln. Dieser Schmuck ließ mich kleine zierliche Koboldohren haben. Ein langes geschwungenes Stück Gold welches so geschickt verarbeitet worden war, das es an einem Stück hergestellt worden war. An meiner Ohrmuschel wurde es hingehängt und erzeugte die Illusion das meine Ohren lang gezogene Spitzen hatten. Kleine Spitzen, aber sie waren deutlich zu sehen. Einen Blick in den Spiegel verschlug mir den Atem. Es war wild, schön, schlampig, einfach anders. Und da war es, je nachdem wie ich mich bewegte, bildete ich mir ein die Kristalle und ungewöhnlichen Blumen glühen zu sehen. Mein Anblick, das Kleid war so fremd, sonderbar, ich glaubte die Stimme von Lotti zu hören wie unschicklich es war das meine nackten Schultern zu sehen waren und meine Knöchel nicht bedeckt waren. Das gehörte sich nicht für eine Frau, schon gar nicht für ein Hochzeitskleid, wo die Frau jungfräulich und unschuldig dem Gatten übergeben werden sollte. Doch war ich hier nicht über der Erde. Mein Zukünftiger war kein Sonnenmensch. Ich muss darüber lächeln wie schnell ich doch diesen Begriff angenommen hatte. Nein, Froschlippe war kein Mensch, er war ein Kobold. Nichts an ihm war menschlich, nicht einmal sein Name. Silki führte mich einen unbekannten Weg entlang und es dauerte lange bis wir angekommen waren. Meine Füße schmerzten ehe wir angekommen waren, sie waren nicht dafür ausgerichtet ohne Schuhe auf hartem Steinboden zu laufen. Ein Licht am Ende des Tunnels kündigte das Ende des Weges an und kaum hatten sich meine Augen an das Licht gewöhnt glaubte ich das mein Herz zerspringen würde. Dort, nur wenige Meter von mir entfernt stand mein Vater. Kapitel 9: Hochzeit ------------------- Kapitel 9 – Hochzeit   Mein Vater war hier. Er war tatsächlich hier unten. „Aline, meine Tochter“, sagte er mit feuchten Augen und ich hörte das er sich zusammenreißen musste um nicht in Tränen auszubrechen. „Vater“, sagte ich und spürte schon die Tränen über meine Wangen laufen ehe ich meinen Körper dazu bewegen konnte in seine Arme zu laufen. Mit festen Griff umschlangen mich seine Arme und drückten mich an seine Brust. So fest das ich schnell das Gefühl hatte keine Luft mehr zu bekommen. „Ich bin so froh dich gesund und munter zu sehen. Du hast sogar Farbe bekommen“, sah er mich erstaunt an und warf einen überraschten Seitenblick zu Froschlippe. Dieser stand unweit von uns, seine Augen beobachteten gebannt unser Tun, spielte es aber hinunter in dem er lässig an der Wand hinter sich lehnte und die Arme vor der Brust verschränkt hatte. Überrascht wie mein Vater ihn kurz musterte, so wütend blickte Hannelore ihren Sohn an und ich konnte sehen wie sehr sie ihre Worte hinunterschlucken musste. Nun sah ich das Vater nicht allein gekommen war. Ein Pfarrer war an seiner Seite, Pater Heinrich, der mich von klein an unterrichtet hatte und eine Handvoll seiner besten Männer. Große Ritter, vollständig in glänzenden, polierten Eisen gehüllt, bewaffnet mit Schwertern und Lanzen, schnauften unruhig wie Pferde und beäugten misstrauisch all die Kobolde an, welche ebenso Krieger waren. Diese hatten steinerne Schuhe, große Wachsbälle in den Ohren, bestückt mit steinernen Keulen, ebenso unruhig und angespannt. Hier in diesem Gang, der hastig zu einem Raum erweitert worden war, die Luft dünn und elektrisierend. „Habt Ihr dabei wonach ich verlangt hatte?“, fragte Froschlippe in die Stille hinein und blickte auffordernd zu meinen Vater. „Wie vereinbart“, sagte der König der Sonnenmenschen, winkte nach zwei Dienern, die ich hinter den Rittern nicht gesehen hatte. Diese trugen eine große Truhe in die Mitte der Höhlenausbuchtung und sogleich wurde sie von Kobolden angehoben und auf deren Seite getragen. Auch gab Vater Froschlippe etwas in die Hand, das ich nicht sehen konnte. „Was die anderen Vereinbarungen angeht“, begann mein Vater ernst. „So verlange ich ein Entgegenkommen Eurerseits.“ „An Eurer Stelle würde ich daran denken was mir wichtig ist“, entgegnete Froschlippe und wendete seinen Blick kurz auf mich. Die elektrisierende Energie nahm schlagartig zu. Es fühlte sich an als würde der Untergang der Welt nur durch einen seidenen Faden aufgehalten werden. „Vater was...“, begann ich und wollte wissen um was es ging, doch kam mir Froschlippe direkt dazwischen. „Wir sollten anfangen“, befahl Froschlippe. Mein Herz pochte wild in meiner Brust, so stark das ich glaubte das meine Rippen es nicht halten konnten und bersten würden. Meine Hände wurden schweißnass, die Handschuhe wurden feucht und ich begann leicht zu zittern. So musste sich die Jungfrau fühlen die dem Drachen zum Fraß vorgeworfen wurde. Oder wie die Hexe aufs Schafott. Wie in Trance nahm ich an meiner eigenen Hochzeit teil, hörte durch das Rauschen in meinen Ohren alles nur wie durch dicker Watte. Gehorsam und kaum laut genug das es die Diener in der hinteren Reihe hören konnten, wiederholte ich die Frasen und Versprechungen des Ehegelübdes. Bei dem Austausch der Ringe blieb es einseitig. Ich schätze, das Kobolde keine Ringe trugen. Bisher hatte ich mir nie Gedanken darum gemacht, konnte mich auf die Schnelle aber auch nicht erinnern je einen an der Hand eines Groblins gesehen zu haben. Zunächst wollte Froschlippe ihn mir an die falsche Hand anstecken, doch Pater Heinrich hatte ihn flüsternd aufgehalten. Nach einem weiteren Zischen des Pfarrers hatte er ihn zügig über den richtigen Finger gezogen. Der Ring war etwas zu groß, das merkte ich gleich, doch musste ich länger hinsehen um zu begreifen welcher Ring an meinem Finger hing. Dieses Schmuckstück kannte ich gut, hatte ich ihn doch schon oft in der Hand gehabt. Den Ring meiner armen toten Mutter. Das Gold glänzte wie früher, auch wenn es durch meine kindliche Unbedarftheit ein paar kleine Kratzer aufwies und in der Mitte thronte ein funkelnder weißer Diamant. Tränen traten mir in die Augen. Mochte es geschmacklos klingen, doch war ich dankbar das meine Mutter mich nun nicht sehen musste. Schneller als es mir lieb war kam wir zu dem Teil, der für mich absoluten Horror bedeutete. Der Kuss der alles zuvor gesprochene besiegelte. Nun gab es kein Zurück mehr. Nichts konnte mich retten oder aufhalten. Selbst wenn ich mich wehrte würde ich dazu gezwungen werden und ich wollte Vater den Kummer ersparen. Mit feuchten Augen blickte ich flehend zu Froschlippe hinauf. Um was ich flehte wusste ich nicht. Nur ein Wunder konnte helfen. Mit schmal zusammengekniffenen Lippen und mit deutlicher Unzufriedenheit in den Augen blickte er mir entgegen und kam meinem Gesicht nahe. Für eine Sekunde sah er mir noch einmal direkt in die Augen als fragte er stumm um Erlaubnis. Lachhaft. In Windeseile drückte er seine Lippen auf meine und ehe ich mir so recht bewusst werden konnte wie warm sie waren, verschwanden sie auch schon. Jubeln brach auf Seiten der Kobolde aus und läuteten mein besiegeltes Schicksal ein. Bohrend spürte ich den Blick meines Vaters in meinem Rücken, doch ich konnte die Kraft nicht aufbringen ihm entgegen zu sehen. „Ihr werdet bald von mir hören“, sagte Froschlippe knapp angebunden an meinen Vater gerichtet, packte mein Handgelenk und zog mich davon. Kapitel 10: Krönung ------------------- Kapitel 10 - Krönung Die gesamte Hochzeit konnte nicht länger als eine viertel Stunde gedauert haben. Doch das hatte ausgereicht um es rechtskräftig zu machen. Ein Geistlicher hatte uns getraut, mein Vater und andere Zeugen waren dabei gewesen, eine Mitgift wurde wohl übergeben, denn ich konnte mir nicht vorstellen was sich sonst in der Truhe befinden sollte. Sicherlich musste Vater viel Geld, Gold, Silber und Schmuck mitgegeben haben. Froschlippe wird so viel verlangt haben wie möglich. Von Weitem hatte ich noch gehört wie die Koboldkrieger sich daran machten den Tunnel wieder zum Einsturz zu bringen, schließlich sollte mein Vater nie mehr hierher finden können. Uns kamen Kobolde mit großen Karren entgegen, welche von großen Drachenähnlichen Wesen gezogen wurden, die angestrengt vor sich hin gurgelten. Sie machten komische Geräusche. Scheinbar sollte der Tunnel nicht eingestürzt, sondern wieder nach und nach verschlossen werden mit der Erde die sie zuvor weg gegraben hatten. Wie auch immer sie es anstellten, es änderte nichts daran das mein Vater mir nicht zur Hilfe eilen konnte. Der lange Weg führte in den Thronsaal der Kobolde. Viele Groblins hatten sich bereits versammelt und König und Königin hatten auch schon gewartet. Wohl musste ich aber bemerken das mein Kleid welche mich Krallen an den Händen, Einzehen-Füße und spitze Ohren simulieren ließ wohlwollend von den Gästen betrachtet und kommentiert wurde. Kurz erhaschte ich einen Blick auf mich im Wasser welches durch den Saal floss und erstaunt sah ich das die Blumen und Steine in meinen Haaren leuchteten. Ich erinnerte mich selbst an eine Feen-Prinzessin. Erschöpft von dem langen Weg ohne Schuhe und der Aufregung der Hochzeit und das ich meinen Vater gesehen hatte ließen mich die Krönung unaufmerksam verfolgen. Wie eine Puppe stand ich still und gesittet an der Seite von Froschlippe und blickte traurig zu Boden. Helmut, wie der König hieß, wie ich inzwischen wusste hielt eine Rede, welche nur zu gern von Hannelore, der Königin immer wieder unterbrochen wurde. Plötzlich wurde ich aus dem Gedanken gerissen denn Froschlippe zog mich hart am Handgelenk hinunter zum Boden, so das ich wie er kniete und meine Krone entgegen nehmen konnte. Anders als die Kronen seiner Eltern bestanden diese aus zwei Hörnern, welche etwas an Einhörner erinnerten, doch einen Schwung aufwiesen und einem einen teuflischen Hauch gaben. Meine waren ebenso wie seine, nur etwas kleiner. Die Hörner befanden sich an einem Reif und wogen weniger als erwartet, aber dennoch achtete ich darauf meinen Hals schön gerade zu halten um Nackenschmerzen zu vermeiden. Einen kurzen Blick auf Froschlippe erhaschend stellte ich fest, das sich seine Hörner genau zwischen seine Haarkränze befand, wo er keine Haare hatte. Ungewöhnlicherweise, doch was war an diesem Nicht-Menschen schon gewöhnlich, waren seine Haare nicht vollständig über seinen Kopf verteilt. Nein, wie ein Pferd hatte er seine Mähne nur an einem schmalen Streifen des Kopfes. Jedoch wies er drei davon auf. Links und rechts jeweils hinter den Ohren und in der Mitte des Schädels. Wild wie getrocknetes Grad standen sie von seinem Kopf ab, doch in einer ungewöhnlichen tiefem Rosa. Allein schon die Frisur ließ Groblins wild und ungezügelt aussehen. Hinzukamen die Krallen an den Fingern, die langen, spitzen, großen Ohren, die unterschiedlichen Hautfarben, die großen gelben Augen und die Füße die aus einem großen Zeh bestanden. Froschlippe hatte ja noch das Unglück das seine hinteren Backenzähne schief gewachsen waren, so das sie immerzu aus seinem Mund herausragten wenn er sprach. Auch waren Kobolde teilweise etwas klein geraten, hatten aber einen großen Kopf, es waren schon merkwürdige Kreationen. Das Froschlippe noch eine gutaussehende Version eines Groblins war tröstete mich nicht im geringsten. Schließlich änderte es nichts daran das er kein Mensch war. Die Menge jubelte seinem neuen König zu und Froschlippe genoss das Frohlocken der Menge. Er winkte ihnen zu und lief dabei mehrere Schritte zurück, direkt auf den großen Thron in der Mitte zu. Während er rückwärts gelaufen war hatte er mich gepackt und mitgezogen. Genießerisch setzte er sich auf den Thron und zog mich auf dessen Armlehne und legte seinen Arm besitzergreifend um mich. „Heute nahm ich mir die Prinzessin und morgen hol ich unsere Freiheit zurück. Jeder Sonnenmensch der sich hierher wagt wird für immer bleiben und darf den Dreck unter meinen Fingernägeln fressen für den Rest seines Lebens.“ Die Menge jubelte und Hannelore fasste sich gerührt ans Herz und musste sich eine Träne verkneifen. In einem anderen Saal wurde die Feierlichkeit weiter geführt. Es gab reichlich zu essen und tatsächlich wurde Musik gespielt. Nur nicht so wie ich es gewohnt war. Die mit Haut überzogenen Trommeln war das einzige das ich als Instrument erkannte. Alles andere bestand aus Stein, Holz oder Schilfrohr. Es hatte etwas rhythmisches, unzivilisiertes und es verstand sich von selbst das niemand sang. Welches Essen auch mir immer angeboten wurde, ich rührte nichts an, ich sprach mit niemanden, obgleich ein paar mutige Kobolde kamen und mich beglückwünschten oder sagten wie gut ich für einen Menschen aussah. Ein eher gezwungenes lächeln, das mehr einer Fratze gleichen musste und ein Nicken war das Einzige das ich aufbringen konnte. Darum zu bitten mich in mein... sein... nun ja, unser? Schlafgemach zurückzuziehen wäre sehr anmaßend. Daher saß ich verhalten herum und sah ihnen zu. Wenn ich daran dachte was mich danach erwarten würde, war der Gedanke das die Feierlichkeit ewig dauern konnte, erträglich. Doch so viel Glück hatte ich nicht das die Zeit ihrer ewig währenden Tätigkeit aufgab und anhielt. So kam der Augenblick das Froschlippe sich von den Gästen und seinen Eltern verabschiedete und mich mit sich zog. Den bekannten Tunnel in sein Schlafzimmer entlang gehend wurde ich immer nervöser und traute mich kaum ihm in die Augen zu sehen. Ich wusste nicht genau was während der Hochzeitsnacht geschah. Einmal hatte ich Lottie während des Tratsches mit Waschweibern mitgehört und so viel ich wusste, wurde von der Frau verlangt sich ins Bett zu legen und dem Gatten alles zu erlauben, selbst wenn er sie im Lichte nackt vor sich sehen wollte. Was mir doll im Gedächtnis geblieben war, war die Tatsache das es meist wehtat beim ersten Mal. Also drohte mir die Sache, was auch immer es war wohl öfter. Im Schlafgemach angekommen musste ich erschrocken feststellen das jemand hier gewesen war. Im ganzen Raum waren unzählige kleine Leuchtende Steine verteilt und das Bett hübsch drapiert mit allerlei Decken und Kissen aus Fellen und Tierhäuten. Am Fußende des Bettes befand sich meine Truhe die Vater mitgegeben hatte. Merkwürdig, wollte Froschlippe sein neues Vermögen nicht lieber an einem sicheren Ort aufbewahren? Er führte mich weiter hinein und blieb vor der Truhe stehen. „Ich weiß das unsere Verbindung keine Liebesheirat war und das du mich niemals mögen wirst. Aber dennoch will ich das du dich wohlfühlst als Königin an meiner Seite.“ Froschlippe würde mich also nicht töten? Verwundert blickte ich in sein Gesicht und er deutete mir an die Kiste zu öffnen. Mein Herz begann sofort vor Freude in die Luft zu springen als ich den schlafenden Robin entdeckte. „Robin“, rief ich begeistert aus und nahm ihn sofort in die Arme. Besorgt musste ich allerdings feststellen das er wie benommen wirkte. Sicherlich hatte Vater ihm Mohn geben lassen, damit er den Weg hierher ohne Katzengejammer überstand. „Sollte er dir weglaufen werde ich nicht für sein Leben garantieren. Unsere Haustiere werden nicht davor zurückschrecken ihn zu fressen.“ „Ich danke dir Froschlippe, ich werde gut auf ihn achtgeben“, sagte ich und legte Robin ins Bett. Deutlich war zu sehen das er sich freute mich zu sehen, doch war er noch zu benommen und gähnte immerzu. „Mach weiter“, forderte Froschlippe mich knapp dazu auf weiter zu machen. Unter dem Kissen auf dem Robin gelegen hatte waren kleine hölzerne Fächer, bestückt mit Arzneien, Federkiele, Tinte, Wachs und Siegel, Pergament und anderen nützlichen Dingen. Unter dem doppelten Boden befanden sich Kleider von mir, Unterwäsche, Strümpfe, Schuhe, Umhänge und Schmuck. Das sah mir nicht nach einer Mitgift aus. „Ich befahl deinem Vater dir alles zu schicken was du brauchen und was dir wichtig sein könnte.“ „Vielen Dank“, sagte ich aufrichtig und ein kleines Lächeln stahl sich auf meinen Lippen. Meine Mundwinkel schmerzten schnell etwas, ganz natürlich, wo diese Bewegung in letzter Zeit so ungewohnt war. Jedoch hielt die Freude nicht lange an, wo mir wieder bewusst wurde was bevor stand. „Froschlippe. Mir ist bewusst das du mich nicht liebst und sicherlich wirst du verstehen das man nicht mit jemanden das Bett teilen möchte, den man als hässlich empfindet. Wir sind ja nun verheiratet, da... ich meine du musst nicht.... ich finde es in Ordnung...“, versuchte ich ungeschickt zu erklären das er sich nicht gezwungen sehen brauchte die Hochzeitsnacht zu vollziehen. Wir waren hier alleine, wer konnte beweisen das sie niemals stattgefunden hatte. Und so wenig ich mit ihm, mindesten so wenig würde er mit mir... was auch immer machen wollen. „Du weist mich ab?“, fragte er bedrohlich und ich sah erschrocken zu ihm auf. „Nein, so war das nicht.... das hast du falsch verstanden.“ „Du willst also nicht jemanden in dein Bett haben der dir zu hässlich ist.“ „Nun ja... nein... ich meinte das du mich sicherlich....“ „Ich bin dir nicht gut genug, weil ich ein Groblin bin.“ „Nicht doch, es ist nur alles so völlig überraschend anders gelaufen als ich dachte. Ich war davon ausgegangen das du mich tötest...“ „WAS!“ Ich redete mich sprichwörtlich in Teufels Küche. „WIE KANNST DU ES WAGEN?“, rief er wütend aus und kam bedrohlich einen Schritt auf mich zu. Würde er mir jetzt auf die Füße treten? Mich prügeln? Mich wieder einsperren lassen? „Erst benimmst du dich so ungehobelt und beleidigst mein Volk....“ „Was? Das hab ich nie getan?“ „SIE BIETEN DIR ESSEN AN, DU RÜHRST ES NICHT AN. SIE GRATULIEREN DIR, DU RICHTEST KEIN WORT AN IHNEN. SIE MACHEN DIR KOMPLIMENTE, DU IGNORIERST SIE.“ „Oh... na ja, ich war...“ „HOCHNÄSIG WIE ES FÜR EUCH SONNENMENSCHEN ÜBLICH IST. GIERIG SEIT IHR UND GLAUBT IHR WÄRT BESSER ALS WIR. ES HAT SICH NICHTS GEÄNDERT. SCHON VOR JAHRHUNDERTEN SCHICKTET IHR UNS INS EXIL, HIER IN DIESEN BERG IN DIE VERBANNUNG, NUR WEIL WIR ANDERS WAREN UND ANDERE SITTEN UND BRÄUCHE HATTEN ALS IHR. IHR HATTET UNS BETRACHTET WIE UNLIEBSAMES UNGEZIEFER. HIER, BEENGT IN DIESEM BERG GRABEN DIE BERGARBEITER NACH UNSEREN SCHÄTZEN, UNSER LEBENSRAUM WIRD IMMER KLEINER UND VIELE KOBOLDE MUSSTEN SICH WOANDERS EIN NEUES HAUS BAUEN, WEIL BERGLEUTE DURCH IHRE BEHAUSUNGEN DURCHGEBROCHEN SIND. ICH RETTETE DIR ZWEI MAL DAS LEBEN, BESTRAFTE DIE DIENERIN DIE DICH QUÄLTE, LIEß DIR EIN SCHÖNES HOCHZEITSKLEID NÄHEN, SCHENKTE DIR DEIN HAUSTIER UND GELIEBTE HABSEHLIGKEITEN, SELBST DIE SONNE HATTE ICH DIR GESCHENKT UND NICHTS IST DIR JE GUT GENUG. NUN VERSPOTTEST DU MICH UND WEIST MICH AB, ICH BIN DEIN KÖNIG“, schrie er wütend heraus und hatte mich dabei an die Wand gedrängt, seine Finger gruben sich links und rechts neben meinen Kopf in den Stein. Plötzlich packte er mein Kinn und zwang mich in anzusehen. „Von heute an bin ich dazu berechtigt alles mit dir zu tun was mir gefällt, selbst dein geliebter Vater kann daran nichts mehr ändern, vergiss das nie“, grollte es aus seinem Munde. Hart drückte er mir seine Lippen auf die meinen, zog seine rechte Hand aus dem Stein und verschwand im Dunkel der Tunnel. Verwirrt und verängstigt blieb ich zurück, mein Herz pochte mir bis zum Hals und stumme Tränen liefen über meine Wange. Was war hier gerade geschehen? Die Dinge die er zu tun bereit war, hatte er wirklich getan. So gut er es eben konnte. Doch er hatte mich entführt. Froschlippe hat mich aus meinem Kinderzimmer geraubt und hier hinunter in die dunklen Tunnel des Berges verschleppt um mich dazu zu zwingen ihn zu heiraten. Egal was er tun würde, nichts könnte es je rückgängig machen. Lange lag ich auf dem Bett und weinte mir die Augen aus, Robin an meiner Seite. Nach vielem Hin und Her war ich zu dem Entschluss gekommen das ich ein freundschaftliches Verhältnis zu Froschlippe aufbauen und bewahren sollte. Zum Wohle meines eigenen Lebens. Ob ich wollte oder nicht, ich würde mein restliches Leben hier verbringen. Doch als Königin würde man mir Wünsche nicht abschlagen können. Wenn ich schon hier unten leben musste, dann doch so wie ich es will.   Kapitel 11: Verlassen --------------------- Kapitel 11 – Verlassen   Am nächsten Tag weckte mich Silki und beäugte Robin misstrauisch. „Das ist Robin, mein Haustier“, erklärte ich gähnend. „Ich weiß Majestät, der König hat mich darüber informiert.“ „Ist das so?“, fragte ich überrascht. „Man erwartet Euch zum Frühstück, Majestät.“ So schlüpfte ich in eines meiner Kleider aus der Truhe, dazu passende Schuhe und legte meinen gewohnten Stirnschmuck an. Silki hatte mir helfen müssen die Steine und Blumen aus meinem Haar zu entfernen. Nachdem meine Haare wieder ordentlich durch gebürstet worden waren machte ich mich auf den Weg. Robin tapste neben mir her. Meine Schwiegereltern, wie auch mein Mann waren bereits zu Tisch. Merkwürdig die drei so zu betiteln. „Ah, ich sehe meine liebe Frau hat aus dem Bett gefunden. Ich hoffe du bist nicht zu sehr erschöpft von letzter Nacht. Du scheinst noch so müde zu sein das du deine Krone vergessen hast“, betrachtete mich Froschlippe abschätzend. Verdammt, die Krone. Ich bin ein Tölpel. „Silki, bitte sei so gut und hol mir meine Krone, ich habe sie tatsächlich vergessen, verzeiht mir“, sagte ich versöhnlich und richtete den Blick nur auf meinen leeren Teller. Er hatte also nicht erwähnt das er die Nacht woanders verbracht hatte. So dumm würde ich nicht sein ihn zu verraten. „Das fängt ja gut an, du lässt ihr zu viele Freiheiten mein Sohn“, krächzte Hannelore mit ihrer schrecklichen Stimme. Silki kam atemlos zurück und half mir meine Krone bestehend aus zwei geschwungenen Hörnern aufzusetzen. Halte den Kopf gerade Aline, sonst wird es dir dein Nacken danken. Das Frühstück verlief recht ruhig und ich versuchte das Essen mit einem neutralen Gesicht hinunter zu bekommen. Was mir schwer fiel nachdem ich mein Leben lang etwas anderes gewohnt war. Kaum war das Frühstück vorbei richtete Froschlippe das Wort an seine Eltern. „Ich werde gleich aufbrechen. Es gibt viel zu tun und wir wissen nicht wie lange wir Zeit haben.“ „Aber mein grässlicher Liebling, du bist der Schwiegersohn und rechtmäßiger Thronerbe des Sonnenthrons.“ „Ich möchte kein Risiko eingehen. Bitte regiert ihr weiter als meine Vertreter, ich werde lange fort sein.“ Erschrocken spitzte ich meine Ohren und sah Froschlippe offen besorgt an. Wohin wollte er? Würde er mich mitnehmen oder lässt er mich hier allein wo meine Schwiegermutter mit mir tun konnte was sie wollte. „Nun gut mein Sohn, es ist eine vernünftige Entscheidung. Wirst du Aline mitnehmen?“ Merkwürdig meinen Namen aus dem Munde eines Groblins zu hören. Sehr ungewohnt. „Nein Vater. Dort kann sich nicht um sie gekümmert werden wie es für eine Königin geziemt und Bauarbeiten sollten nicht ihren Alltag bestimmen. Eine Frau hat dort nichts zu schaffen. Ich muss einige der Arbeiter der Stadt abziehen und muss mich auf mein Vorhaben konzentrieren. Es soll größer und pompöser sein als das Drecksloch in dem wir leben.“ „Hüte deine Zunge mein Junge, dein Vater und ich haben hart gearbeitet um es soweit voran zu treiben.“ „Das weiß ich Mutter, aber ab jetzt beginnt eine neue Zeit für uns Groblins.“ „Hach dieser schlaue Bösewicht ist ein Prachtgroblin“, schwärmte die Königinmutter. Froschlippe ließ mich also für lange Zeit hier zurück. Ob er mich damit bestrafen wollte? Wer weiß ob ich nicht am Ende wieder in dem winzigen Verlies endete. Oh Ururgroßmutter, wo bist du? Habe ich das alles nur geträumt? Warum hilfst du mir nicht? „Ich werde immer wieder Nachricht schicken und euch auf dem Laufenden halten“, versprach Froschlippe und stand auf. Seine Eltern umarmten und verabschiedeten ihn während ich dumm herum stand und mich sprichwörtlich verlassen fühlte. Ganz in den Grauen versunken das mein Geist sich erdachte bemerkte ich nicht das er auf mich zu getreten war. Erschrocken blickte ich ihm ins Gesicht das nur wenige Zentimeter von meinem entfernt war. Ein gehässiges, hässliches Grinsen breitete sich in seinem Gesicht aus und kam näher. „Versuche am Leben zu bleiben, geliebtes Weib“, flüsterte er in mein Ohr und ich wusste das niemand anderes es hören konnte. Ehe ich es mich versah packte er mein Kinn, spürte sogleich seine Lippen auf den meinen und sah zu wie er genüsslich die Augen dabei schloss. Dieser Kuss war nicht schnell und zaghaft. Froschlippe kostete seinen Triumph vollständig aus. Ohne mich eines weiteres Blickes zu würdigen ließ er von mir ab und stieß mit seiner Schulter an meiner. Ich war allein. Körperlich konnte ich spüren das ich allein war. Er sollte nicht gehen, mich zog es zu ihm, denn er war der Einzige der mir Sicherheit garantierte. Tränen wollten sich in meine Augen drängen doch bemühte ich mich sie zurück zu halten. Seine Eltern sollten mich nicht weinen sehen. Eiligen Schrittes lief ich zurück in mein Schlafgemach und warf mich weinend aufs Bett.   Den restlichen Tag verblieb ich im Bett. Silki wollte mich mehrmals zum Essen holen, doch lehnte ich ab. Alleine mit seinen Eltern, das würde ich niemals überleben. Ich traute Hannelore zu das sie nur darauf wartete mich quälen zu können. Vor Kummer wollte ich gar nichts essen doch brachte mir Silki immerzu was. Inzwischen hatte ich bemerkt das es bei Groblins nur zwei Mahlzeiten am Tag gab, sie mussten nicht so oft essen wie wir. Noch vor einem Monat als ich bei meinem Vater lebte gab es vier Mahlzeiten am Tag. Aber weshalb sich darüber Gedanken machen, essen wollte ich ohnehin meist nicht. Wie viel Uhr mochte es sein? Ob Froschlippe und ich nun oben in dem Höhleneingang wären wo ich mich sonnen konnte? Nur anhand dessen das mir Silki jeden Abend eine gute Nacht wünschte erkannte ich wann ein Tag vorbei war.   Nach drei Tagen meines abgeschiedenen Lebens besuchte mich Tambelina. „Majestät, geht es Euch nicht gut?“ Die förmliche Anrede war ganz ungewohnt. „Nein, nicht körperlich. Wobei ich wieder beginne mich gänzlich erschöpft zu fühlen.“ „Nun, Froschlippe ist nicht mehr da um dich zur Sonne zu bringen.“ „Du weißt davon?“ „Ich habe es ihm geraten. Er hatte sich Sorgen um deine Gesundheit gemacht.“ „Ts, ja damit ich ihm nicht vor der Hochzeit wegsterbe“, keifte ich. „Die meisten Hochzeiten werden ohne gegenseitige Liebe geschlossen, das wird sich bei euch Sonnenmenschen nicht geändert haben. Vor allem bei dir als hochwohlgeborene Prinzessin.“ „Das werde ich nie mehr herausfinden.“ „Denkst du nur weil euch der Sonnenknabe gewarnt hat und bei deinem Vater Eindruck gemacht hat hättest du jemanden wie ihn heiraten können?“, vergaß Tambelina die Förmlichkeiten. Curdie heiraten? Bisher hatte ich niemals darüber nachgedacht. So viel Zeit war uns auch nicht geblieben. Ich hatte ihm nur einen Kuss auf die Wange gegeben, er war mein Freund. Wie es ihm wohl erging? „Da ihr ja nun schon verheiratet seit und Froschlippe gerade abkömmlich ist, lern' doch dein Volk kennen. Du hast unsere Stadt nie gesehen oder?“ „Mmh.... nein. Gar nicht. Ich bin nur nicht sicher ob ich das möchte.“ „Verstehe, aber auf Dauer könnte es hier im Schlafgemach sehr langweilig werden.“ „Das schon, aber Froschlippe war … etwas enttäuscht darüber wie ich mich bei der Hochzeit benommen habe und da bin ich nun nicht sicher ob ich überhaupt hierher passe und ob mich das Volk mögen würde.“ Um weitere Streitereien mit ihm zu vermeiden werde ich nicht erwähnen was in unserer Hochzeitsnacht passiert ist. „Da Majestät ja unfreiwillig hierher gekommen sind und eine erzwungene Hochzeit bei niemanden Jubeln auslöst kann ich das nachvollziehen. Zumal Groblins und Menschen sehr unterschiedlich sind.“ Erleichtert atmete ich aus als Tambelina das Offensichtliche aussprach. Daraufhin hatte ich weniger den Eindruck mich in ihrer Gegenwart mich immerzu verstellen zu müssen. „Aber eines muss ich ganz klar sagen. Vielen anderen Königinnen erging es ebenso. Von der Familie gezwungen zu werden und zu befürchtet verstoßen zu werden wenn man dem Wunsche des Vater nicht nachkommt, das ist Alltag. Auch bei euch Sonnenmenschen gibt es viele verschiedene Länder, Sprachen, Sitten und Gebräuche. Wir mögen anders aussehen als ihr und ja, wir leben unter der Erde. Doch unterscheidet sich deine Situation nicht von anderen. Du bist Königin, Aline und hast eine Verantwortung. Kennst du unsere Geschichte mein Kind? Und warum wir hier unten in der Erde hausen?“ „Froschlippe hatte es einmal erwähnt“, erwiderte ich etwas eingeschüchtert über ihre plötzlich strenge Stimme. „Ehe du über uns urteilst solltest du dir vielleicht die Mühe machen uns kennen zu lernen. Es gibt Hass auf beiden Seiten, sicher. Beide Seite haben ihren Teil dazu beigetragen. Deine Entführung war der Höhepunkt. Und du kannst dir sicher sein das es die nächsten Jahrhunderte nicht besser werden wird. Es stimmt Froschlippe wollte mit dir Rache an den Menschen ausüben. Du kannst es ändern. Ich weiß das ihr euch nicht liebt, aber das müsst ihr nicht. Mit eurer Hochzeit habt ihr das Leben all der Groblins und Menschen in der Hand. Jede Entscheidung hat seine Folgen. Ihr könnt die Welt ändern. Du bist noch jung, praktisch noch ein Kind. Aber es ist wichtig das du darüber nachdenkst. Versprich mir das du über das was ich sagte, nachdenkst.“ Mit feuchten Tränen in den Augen nickte ich. Mir war bewusst das sie recht hatte, doch verletzte es mich trotzdem. „Und noch etwas. Du bist die Königin. Benimm dich also nicht länger wie eine Sklavin. Auch das beleidigt uns. Alles was du wünscht ist nur ein Satz aus deinem Munde entfernt.“ Ein Träne rollte über meine Wange und ich sah sie an. Sie hatte recht. Wenn ich überleben wollte durfte ich mir nicht alles gefallen lassen. So wischte ich mir die Träne weg und blickte Tambelina direkt in die Augen. „Bring mich in die Sonne.“ „Sicher. Sobald sie aufgegangen ist. Die Nacht ist nun angebrochen.“ „Oh.... Mmh... Dann... Dann will ich Früchte. Früchte von den Feldern der Menschen. Äpfel, Birnen, Kirschen. Was auch immer ihr findet.“ „Nun... Soll ich euch nicht unsere Früchte und Mahlzeiten vorstellen? Sicherlich gibt es etwas das...“ „Ich wünsche mir Obst und Gemüse von Menschen“, zischte ich. „Nun gut, aber tut mir den Gefallen, esst nichts außerhalb dieses Zimmers. Und lasst nur Silki oder mich hinauf gehen. Erwähnt es anderen gegenüber nicht.“ „Einverstanden.“ „Danke Majestät. Ich gehe nun los und sehe was ich besorgen kann.“ Kapitel 12: Die ungeliebte Königin ---------------------------------- Kapitel 12 – Die ungeliebte Königin   * ~12 Monate später~ *   Bald würde unser König Froschlippe zurückkehren. Alle freuten sich und die Vorbereitungen für sein Empfang waren im vollen Gang. Speisen wurden zubereitet, der Saal dekoriert. Nur eines machte mir ernsthaft Sorgen. Seine Begegnung mit unserer Königin. Oder sollte ich sagen ihre Begegnung mit unserem König? Ohne dabei gewesen zu sein war ich mir sicher das Hannelore, die Königinmutter ihrem Sohn mitgeteilt hatte wie ihre unliebsame Schwiegertochter sich benahm. Aline hatte an Selbstbewusstsein wiedergefunden. Teilweise. Ich war mir sicher das sie versuchte ihren Kummer und ihre Angst zu überspielen. Sie wollte den anderen wehtun ehe ihr weh getan werden konnte. Ihr Los war nicht einfach, das wusste ich, doch benahm sie sich egoistisch. Wen sie nicht um sich haben wollte, dem entwich sie. Was sie nicht sehen wollte, sah sie nicht an. Wo sie nicht sein wollte, da ging sie nicht hin. Aline benahm sich ganz die Sonnenprinzessin die sie war. Es verging kein Tag an dem sie nicht zeigte das sie zu den Menschen gehörte. Sie trug die Kleidung die ihr Vater mitgegeben hatte, frisierte ihre Haare in komplizierten Haarknödel, trug den Schmuck ihrer Mutter, sonnte sich tagsüber viel, nahm sich Blumen der Oberwelt mit hinunter und organisierte sich Sträuße in gläsernen Vasen und ihre menschlichen Früchte lagen in Keramikschalen neben ihren Frisiertisch. Es war umständlich, doch hatte sie dafür gesorgt das abermals ein Gang geschaffen wurde um sich eine weitere Truhe und Möbel schicken zu lassen. Froschlippes Schlafgemach hatte sie für sich beansprucht, doch sein Bett blieb unbeachtet. Täglich verlangte sie nach einem Bad, hielt sich sehr rein und mochte es nicht wenn ihre Schuhe, das Saum ihres Kleides oder ihre Hände schmutzig wurden. Benutzte natürlich nur Tinkturen und Duftöle der Menschen. Aline aß wenig von unserem Essen, verzog das Gesicht, stocherte darin herum, lehnte es ab. Sie mied den Gang in die Stadt. Noch immer kannte sie nicht mehr als den Speisesaal und den Thronsaal. Sie tätigte das Nötigste. Wurde im Thronsaal ihre Person verlangt war sie da, saß still auf dem Thron, dem früher Prinz Froschlippe gehört hatte und blickte gleichgültig zu Boden. Stumm und still wie die Erde die uns umgab. Silki und ich schienen die einzigen Groblins zu sein, die sie wirklich mochte. Wenn wir allein mit ihr waren lachte sie, war offen und lustig. Bei ihren Schwiegereltern verhalten und ängstlich, doch schätzte sie Helmut, der seine Frau Hannelore immer wieder davon abhielt Aline wüst zu beschimpfen. Sie war jung. Zu bald wurde sie aus ihrem Zuhause weg geholt um zu wissen was von ihr erwartet wurde. Ihr fehlte die Weitsicht für die Folgen ihrer Taten. „Tambelina!“ „Öhm.... wie bitte?“, schreckte ich aus den Gedanken und sah zu meiner jungen Königin auf. „Glaubst du, Froschlippe wird es akzeptieren das ich in meinem eigenen Bett schlafe?“, fragte Aline deutlich verunsichert und nestelte verlegen an ihrem rosafarbenen Kleid herum. „Nun, das kann ich nicht sagen. Doch vergesst nicht das er als Euren Gatten jedes Recht hat.“ „Genau das macht mir Angst“, seufzte sie enttäuscht und versuchte die aufkeimenden Tränen aus ihren Augen zu zwinkern. „Seit ich... nun ja... seit ich die Blutungen habe....“ „Ich verstehe dich.“ „Könntest du mir einen Gefallen erweisen?“ „Kommt drauf an“, ahnte ich Schlimmes. „Falls er fragen sollte, bitte sage ihm nicht das ich … das schon habe.“ „Ich kann dir versprechen das ich ihm von mir aus nichts sagen werde, doch wenn er mich fragt...“ „Bitte, ich bitte dich aus tiefstem Herzen“, schluchzte sie. Ein Kloß steckte mir im Hals und ich seufzte schwer. „Aline, wenn er herausfindet das ich ihn angelogen habe...“ „Ich werde so tun als wäre es das erste Mal.“ „Tu das nicht. Nicht nur unsere Ohren sind besser. Deine Blutungen sind erst seit einer Woche vorbei, du bist jetzt..... in der Zeit.“ „In der man Kinder zeugen kann?“ Mit gesenktem Blick nickte ich. Ich konnte ihr nicht in die Augen sehen. Auch ohne sie anzusehen wusste ich das die Tränen über ihre Wangen liefen. „Ich weiß doch nicht einmal wie das geht“, schniefte sie. „Nun... Dort wo eure Blutungen herauskommen, dort wird er mit seinem Schaft eindringen.“ „Du meinst mit dem Ding da unten das er zwischen den Beinen hat.“ „So ist es. Die größten Unterschiede zwischen Mann und Frau bestehen zwischen ihren Werkzeugen um Kinder zu zeugen. Frauen haben Brüste um die Kinder zu säugen und eine Scheide um den Samen zu empfangen und den Bauch die Kinder auszutragen.“ „Tu....tut es...tut es weh?“, weinte sie nun vollends verunsichert, das sie zwischen weinen, durch-schüttelnden-Schluchzern und den-Rotz-in-der-Nase-hochziehen, kaum sprechen konnte. Richtig, inzwischen wusste ich davon das Aline in der Hochzeitsnacht nicht entjungfert wurde. Am Tag als sie verängstigt nach mir schrie, weil Blut ihre Beine hinunter lief und das ganze Laken mit einem roten Fleck beschmutzt war, hatte sie mir ihr Geheimnis verraten. In ihrer Angst hatte sie panisch vor sich hin geredet und nicht darauf geachtet was sie gesagt hatte. Auch mussten wir Silki drohen es heimlich zu säubern und niemanden davon zu erzählen, da sie gewohnt war Auskunft zu geben wenn es von ihr verlangt wurde. „Es tut meist weh...aber nur sehr kurz“, erklärte ich sogleich, nachdem ich das geschockte Gesicht gesehen hatte. „Und ist der Schmerz erst einmal überwunden kommt ein aufregendes, lustvolles, gutes Gefühl. Man möchte dann mehr davon.“ „Ich bin mir sicher das ich von Froschlippe nicht mehr möchte.“ „Weißt du, es gibt viele Paare die nach der Hochzeit zueinander gefunden haben. Ihr hattet bisher keine Gelegenheit euch kennenzulernen. Ihr sitzt im selben Boot. Und wenn beide auf den anderen achten, und wenn man dann weiß wie er es mag, dann ist das Liebe machen sehr sehr schön.“ „Nein, er wird mich nicht kennenlernen wollen“, weinte sie. „Hast du schon einmal darüber nachgedacht das es ihm ebenso gehen könnte wie dir?“, verlor ich langsam die Geduld und konnte meinen Unmut nicht verbergen. „Denkst du?“, sah sie mich überrascht an. „Ich bin mir sicher. Wie du versucht er seine Unsicherheit zu verstecken. Er hat eine große Verantwortung und hat sich nach deiner Entführung schon verändert. Du solltest ihm eine Chance und euch gemeinsam Zeit geben. Ob du willst oder nicht, du bist unsere Königin und wirst bei uns bleiben bis du stirbst. Wie du die Zeit verbringst ist deine Entscheidung“, sagte ich und verabschiedete mich sogleich um ihr Zeit zum Nachdenken zu geben.   *~ Tage später~ *   Heute war es soweit. Froschlippe kehrte zurück. Ein Groblin war voraus geeilt um ihn anzukündigen. Für die Feierlichkeit hatte ich mein schönstes Kleid und meinen Schmuck mit den größten Diamanten angelegt. Meine Krone angelegt und meinen inzwischen sehr langen Ponie über die Halterungen frisiert, das gewährte mir besseren Halt und diese wurden dadurch versteckt. So ließ es mich vollständig wie eine Teufelin aussehen. Es war schon wieder eine Weile her das ich mich im Thronsaal hatte blicken hab. Der Gang dorthin war mir noch nie so schwer gefallen. Die letzte Begegnung mit Froschlippe endete furchtbar und es war zudem auch noch unsere Hochzeitsnacht. Er wird es nachholen wollen und vielleicht würde er nicht zimperlich mit mir umgehen. Das was Tambelina mir erzählt hatte mochte bei gleichen Paaren der Fall sein, doch zwischen Groblin und Mensch, war das da möglich? Ich konnte mir das nicht vorstellen. Er und ich glücklich. Aber irgendwann wird es passiert, er wird mich drängen mich auf sein Bett zu legen. Und irgendwann werden Kinder dabei heraus kommen. Ob sie ihm ähnlich sehen würden? Wäre ich in der Lage es zu lieben und großzuziehen? Würde es vielleicht ebenso von den Groblins verspottet werden wenn es zu sehr nach mir aussähe? Wie ich es auch drehte und wendete, es war schrecklich. Die Menge war bereits da, ebenso Königvater und Königinmutter. Auf dem Boden sehend lief ich durch die Ansammlung hindurch und setzte mich auf meinen Thron. Wobei es eigentlich Froschlippes Thron war. Es war kein weiterer Thron für mich angefertigt worden. Ob es ein gutes oder schlechtes Zeichen war vermochte ich nicht zu deuten. Mein Herz pochte wild und meine Finger wurden so eklig schwitzig. Weiterhin blickte ich starr an einen Punkt und malte mir die grausigsten Sachen aus. Würde er mich boshaft begrüßen? Mich vor den anderen bloßstellen oder demütigen? Vielleicht sogar misshandeln? Versuche ruhig zu atmen Aline, lass dir nichts anmerken, sei stark, du schaffst das. Da, da kam jemand die Stufen zum Saal hinunter. Die Kobolde die nahe der Treppe standen und hinaufsehen konnten begannen zu jubeln und steckten den Rest näher den Thronen an. Ruhig atmen, Aline, amte ruhig. Sei stark. Seine Füße konnte ich sehen, den Saum seinen Umhangs. Seine Knie. Seinen Lendenschurz. Das Rauschen in meinen Ohren begann, habe das Gefühl keine Luft zu bekommen. Bleib ruhig Aline, bleib ruhig. Seine Brust. Keinen Zweifel er war es. Mit einem siegreichen Lächeln, als käme er von einer gewonnen Schlacht zurück kam er uns entgegen. Die Kobolde jubelten, kreischten, manche griffen nach seinem Umhang um ihn kurz zu berühren. König und Königin stand auf um ihn zu begrüßen und zu umarmen. Verhalten und wie von Angst gelähmt reagierte ich verzögert und erhob mich nur langsam, blickte ihn nicht direkt an. Sah mehr zu seinen Füßen. Doch seinen Blick spürte ich die ganze Zeit auf mir. „Mein Junge ist wieder da. Mein grässlicher Teufel, ich habe dich so vermisst. Lass dich ansehen. Du bist gewachsen. Und deine Haut, sag warst du in der Sonne? Später musst du mir alles erzählen.“ „Hannelore, nun lass ihn doch mal los. Er bekommt ja keine Luft mehr.“ „HALT DICH DARAUS!“ „Du musst müde sein, meine Junge, setz dich.“ Ja Froschlippe, setz dich und ignoriere mich bitte. Oh mein Gott, er kommt auf mich zu. Schnell stand er vor mir. „Erst möchte ich meine liebe Frau begrüßen“, sagte er, laut genug das alle es hören konnten. Seine Hand nahm mein Kinn und zwang mich ihn anzusehen. Er war wirklich größer geworden und seine Haut hatte ein satteres Grün angenommen. Wie auch ich, sah er teuflisch aus mit seinen langen dunklen, geschwungenen Hörnern. Weiter kam ich mit meiner Erkundung nicht denn plötzlich drückte er mir seine Lippen auf meine. Geschockt starrte ich vor mich hin, unfähig mich zu bewegen, ich hörte nichts mehr, das Blut rauschte so stark in meinen Ohren oder war die Menge ebenso vor Schock verstummt wie ich? „Du hast mich bestimmt auch so sehr vermisst wie ich dich“, raunte er in mein Ohr. Ohne eine Reaktion von mir abzuwarten hatte er sich auf seinen Thron, den großen in der Mitte gesetzt und mich auf die Armlehne gezogen, seine Hand besitzergreifend an meine Hüfte. „Ich kann nicht lange bleiben, auch werde ich mehr Groblins mitnehmen müssen. Ich weiß, es ist schwer wenn Familien getrennt sind“, und um wie seine Aussage zu verdeutlichen strich er mir über den Oberschenkel. „Doch ist es wichtig, das wir schnell voran kommen. Es gibt viel zu tun. Aus jeder Familie benötige ich einen Mann. Die Familien die nur einen haben, müssen durch andere Familien die mehrere haben ausgeglichen werden. Sie werden wieder ein Jahr fort sein. Solltet ihr Briefe an eure Liebsten schreiben wollen ist es ab sofort möglich, die Straßen sind geschaffen. In einer Woche brechen wir auf. Und verschwendet keine wertvolle Zeit eure jetzigen Häuser zu erweitern oder neue zu bauen. Wir werden in absehbarer Zukunft umsiedeln. Auch soll jeder Kobold Steinschuhe besitzen und Wachs oder Steine für die Ohren. Ich freue mich wieder hier zu sein. Nun lasst uns feiern und das Essen genießen“, rief er triumphierend aus. Die Kobolde grölten, jubelten, klatschten und sprangen. Sogleich machten sie sich auf in den anderen Saal. Man spielte Musik, Groblin-Musik. Mit Trommeln und anderen mir fremden Instrumenten, mit einem wilden, primitiven Klang. Das Essen wurde genüsslich hinunter geschlungen, Grüppchen hatten sich gebildet und es wurde sich angeregt unterhalten. „Warum so ein trauriger Gesichtsausdruck in deinem sonst so schönen Gesicht? Freust du dich nicht deinen liebsten Gemahl wieder bei dir zu haben?“, flüsterte eine Stimme nah an meinem Ohr. Sein Atem an meinem Hals ließ mich erschauern und ich spürte seinen Körper nah an meinem. „So sehr wie du dich freust mich zu sehen“, flüsterte ich zurück und blickte wieder auf den Boden, den Blick der anderen Kobolde auf mich spürend. „Du beleidigst mich, du freust dich sicherlich kein Stück das ich da bin. Wenn ich bei den Arbeiten ums leben gekommen wäre, hätte es dir wohl besser gefallen.“ „Wie kannst du das sagen, warum sollte ich dir das wünschen?“, fragte ich ehrlich schockiert. „Ich sah die Angst in deinem Blick als ich zu euch stieß und ich habe nicht vergessen was du in jener Nacht gesagt hast.“ „Ich hatte es so unbedacht ausgesprochen.“ „Du hast die Wahrheit gesagt.“ „Ich war entführt, eingesperrt und mit kalten Wasser gefoltert worden...“ „Ich habe sie bestraft, du musstest sie nie wieder sehen“, zischte er leise in mein Ohr. Froschlippe mochte leise sprechen, doch wurde seine spürbare Wut nicht weniger gemindert. „Ich war eingesperrt worden in einen kleinen Raum.“ „Das war nur eine Maßnahme bis wir Schuhe hergestellt haben um dich versorgen zu können.“ „Wie nett. Bist du schon mal so lange eingesperrt gewesen mit niemanden außer dich selbst?“ „Ja.“ Mit der Antwort hatte ich nicht gerechnet. „Bestimmt nicht so lange wie...“ „Länger als du.“ „Warum?“ „Meine Mutter sperrte mich ein damit ich lernte zurecht zu kommen falls ich durch einen Erdrutsch oder sonstigem Unvorhergesehenen eingeklemmt oder eingesperrt werde. Hier unten zu leben ist nicht das Selbe wie bei euch.“ „Wie lange?“ „Zehn Tage.“ „Das ist nicht viel länger.“ „Ohne das ich versorgt wurde so wie du.“ „Du warst alleine eingesperrt ohne das du versorgt worden bist?“ „Ja. Essen konnte ich nur die Kriechtiere die zu finden waren und ein Rinnsal den ich nach viel suchen, klettern und graben gefunden hatte.“ Das war schrecklich. Grausam und furchtbar. „Das muss entsetzlich gewesen sein.“ „Das war es, aber es ist unsere Realität. Tag und Nacht. Umgeben nur von Stein, es kann jeder Zeit etwas passieren. Wenn wir nichts jagen oder unsere Felder nichts abwerfen hungern wir. Wir haben nicht wie ihr so viele Möglichkeiten und keine Sonne. Du sonnst dich und lässt dir Früchte und andere Dinge von dort oben bringen während dein Volk sehen muss wo es bleibt.“ „Woher weißt du?...“ „Ich kann die Sonne auf deiner Haut riechen“, flüsterte er und roch merklich an meinem Hals was mir wieder einen Schauer über den Rücken jagte. „Die süßen Früchte rieche ich in deinem Atem. Die Seife und Öle auf Haut und Haar. Befehlen kannst du, ich hatte mir nur erhofft das du es anders nutzt.“ „Was willst du, was erwartest du von mir?“, fragte ich mit einem Kloß in meinem Hals. Tränen sammelten sich in meinen Augen. „Das du dich wie eine Königin benimmst. Du tust nichts für dein Volk.“ „Ich bin kein Groblin.“ „Das hat nichts damit zu tun. Du bist auch kein Bauer. Dennoch tätest du dich um sie sorgen.“ „Es ist alles so anders und fremd.“ „Nur so lange du dich weigerst es kennen zu lernen.“ „Ich hatte immer gedacht das du dich rächen willst an die Menschen. Das du ihnen schlechtes willst, das du ….“ „Das wollte ich...“ „Aber?“ „Ich will mehr.“ „Was bedeutet das?“ „Freiheit für mein Volk. Und dafür brauche ich dich. Du weißt nun wie es ist hier unten zu leben, trotz deinem unfairen Vorteil. Wenn du es schon nicht für die Groblins tust, die nichts für dein Leben und dein Schicksal können. Dann tu es für dich selbst. Sorge dafür das du nicht länger hier unten leben musst.“ „Lass mich mit meinem Vater sprechen.“ „Nein, das kommt ganz zum Schluss. Es ist ein langer weg. Beginne hier.“ Plötzlich wurde es kalt. Es fröstelte mich und ich schlang die Arme um mich herum. Er war fortgegangen, seine Wärme nicht mehr da. Tränen liefen meine Wangen hinunter. Kopfschmerzen stellten sich ein und ich war müde. So ging ich eilig hinaus und suchte die Zuflucht in meinem Zimmer.   Kapitel 13: Eine kleine Aussöhnung ---------------------------------- Kapitel 13 – Eine kleine Aussöhnung Eilig trugen mich meine Füße in mein Schlafgemach zurück. Die Tränen brannten auf meinen Wangen und mein Dekolletee war ganz feucht. Ich warf mich aufs Bett und drückte Robin, meinen Kater ans Gesicht und weinte weiter meinen unsäglichen Schmerz hinaus. Wie konnte ein Mensch mit dreizehn Jahren schon so ein furchtbares Leben führen? Ich war Königin eines Volkes das mir fremd war und mich entführt hatte. Sie hatten Krieg gegen meinen Vater geführt und versucht die Bergwerke zu überfluten. Ihren Prinzen habe ich vor einem Jahr heiraten müssen und nun quälten sie mich mit Forderungen, nachdem ich bereits schon hier unten leben musste. Man hatte mir nicht gesagt was gefordert wurde, ich war zu jung gewesen als das man es mir auf dem Schloss meines Vaters hätte beibringen können. Nun wurde ich von Tambelina, meiner einzigen Freundin neben Silki und nun ebenfalls von meinem unliebsamen Gatten gerügt. Niemand sah auf mich, niemand interessierte sich für mich. Weshalb sollte ich mich um andere kümmern? Es war mir egal das mein neues Volk nichts für mein Schicksal konnte. Es waren Groblins. Ich fühlte mich elend, die Welt war grausam. Warum musste es mich treffen und nicht jemand anderes? Früher hatte ich nie daran gezweifelt das ich etwas anderes als ein glückliches Leben führen würde. Plötzlich legte sich eine Hand über meinen Rücken und wanderte auf und ab. Silki musste bemerkt haben das ich zurückgekehrt war. „Warum hat es mich treffen müssen, Silki, warum. Ich hasse mein Leben. Was erwarten die alle von mir? Ich weiß nicht was ich tun soll. Die hassen mich doch sowieso. Hannelore lässt keine Gelegenheit aus mich zu demütigen“, schluchzte ich bitterlich. „Ich werde mit Mutter reden, Vater fällt es schwer gegen sie anzukommen.“ Erschrocken Froschlippes Stimme zu hören fuhr ich auf, Robin miaute kläglich, sprang vom Bett wie ein Blitz und ich quietschte auf. Meine Hand an mein Herz fassend blickte ich ihn ungläubig an. Tatsächlich saß der grüne Groblin, mit den großen, spitzen Ohren und den tief rosa farbenen Haaren vor mir und sah mich etwas mitleidig an. „Froschlippe“, piepste ich und konnte meine Stimme nicht unter Kontrolle bringen. Er sah wirklich etwas dunkler aus, er musste in der Sonne gewesen sein. Auch sein Körper hatte sich verändert. Sein Kopf wirkte nicht mehr so groß im Verhältnis zu seinem Körper. Er sah erwachsener aus. Die Schulter waren breiter geworden, die Arme muskulöser, ebenso seine Brust. Seine Hände sahen nicht wie die eines Prinzen aus. Er hatte Kratzer, kleine Verletzungen an den Nägeln. Die Nägel, die mehr Krallen waren, splitterten und wenige waren abgebrochen. „Aline“, sagte er leise, aber ich hörte seine Stimme deutlich. War sie tiefer geworden? „Ich weiß das es bei uns nicht gerade ideal verlaufen ist. Du kannst nichts für das was die Menschen vor dir getan haben und du kannst nichts für das, was wir Groblins bisher erleiden mussten. Wir hatten einen schweren Anfang, aber bitte, hilf mir das zu ändern. Ich will genauso wenig so leben wie du.“ „Wirst du dich rächen an den Menschen?“ Schnaufend atmete er ein, deutlich angestrengt. „Nein. Solange kein Haar von einem Groblin gekrümmt wird.“ „Dann fordere ich das gleiche für die Menschen“, sagte ich mit fester Stimme, richtete mich auf und wischte mir die Tränen weg. „Das ist nur fair.“ „Was erwartet ihr von mir? Tambelina hat etwas ähnliches gesagt wie du? Warum soll ich mich verstellen und ändern, niemand tut es für mich? Niemand interessiert sich für mich.“ „Ganz so stimmt das nicht. Sie waren misstrauisch, wie du auch. Aber schon bei unserer Hochzeit sind ein paar auf dich zugekommen, haben dich angesprochen, dir Komplimente gemacht. Doch du hast sie abgewiesen. Und nun? Du lässt deine Habseligkeiten aufwendig hier herunter bringen, mit schicken Holzmöbeln, feinen Stoffen, Schmuck und anderen Tand. Mit jeder Entscheidung zeigst du ihnen das du etwas besseres bist. Du lehnst ihr Essen ab, verziehst das Gesicht, willst nicht einmal probieren. Badest jeden Tag mit den tollsten Düften und Ölen. Warst nie in der Stadt, hast dir nicht angesehen wie sie leben, lässt dich kaum blicken. Lässt dich sonnen, lässt dir Sonnenfrüchte bringen, hier müssen sie manchmal hungern und leiden unter Mangelerscheinungen. Bei Versammlungen tauchst du nicht auf, verschmähst sie und hörst dir nicht ihre Probleme an. Wenn du einmal da bist, dann siehst du sie nicht an und ignorierst sie. Nicht du fühlst dich ungeliebt, sie sind ungeliebt. Alle folgten meinem Befehl, es war allein meine Idee. Ursprünglich war nur geplant die Bergwerke zu überfluten, das hätte dich selbst nicht belangt.“ Starr blickte ich vor mich hin, die Tränen liefen an meinem Gesicht hinunter, ein Gemisch aus Wut auf mich selbst, Scham und Trotz. Seine große Hand gelangte in mein Blickfeld und zwang mich an meinem Kinn ihn anzusehen. „Sei wütend auf mich, hasse mich. Nur mich. Aber lass es nicht an ihnen aus.“ Wie von einer unbekannten Macht getrieben und als hätte er einen unsichtbaren Schalter betätigt, schlug ich ihm ins Gesicht. Mit einem schmerzverzerrten Aufschrei hielt ich meine Faust und krümmte mich zusammen. Doch schnell fing ich mich und begann meine Fäuste auf seine harte Brust zu trommeln. Alle Wut, Hass und Verzweiflung prügelte ich aus mir heraus. Froschlippe tat nichts. Unbeteiligt und mit einem Gesicht das mir deutlich zeigte das es ihm nicht ansatzweise weh tat, blieb er auf meinem Bett sitzen. Es dauerte nicht lange bis meine Fäuste furchtbar Schmerzten und ich nur noch weinte, weil ich das Gefühl hatte mir die Finger gebrochen zu haben und nicht weil mein Leben schrecklich war. Merkwürdigerweise fühlte ich mich befreit. So schmerzhaft sich meine Fäuste anfühlten, so frei fühlte sich mein Herz. Ich hatte gar nicht bemerkt wie dieser schwere Druck unablässig auf meiner Brust gelastet hatte. Völlig erschöpft brach ich zusammen, ich war müde und ausgelaugt und die letzte Träne verließ mein Augenwinkel. „Du siehst zufriedener aus“, sagte Froschlippe und ich glaubte etwas Bewunderung in seiner Stimme zu hören. „Ja“, stieß ich angestrengt aus und lächelte leicht. „Wenns nur nicht so wehtun würde.“ Zärtlich, und anders konnte ich diese Berührung nicht benennen, nahm er meine Hände in seine. Rauer als ich sie in Erinnerung hatte und sehr warm. Nun kam mir wieder in den Sinn wie ich auf ihn gelegen hatte. Diese Wärme war so unbeschreiblich. Als wäre man in einer Eiswüste und hätte die einzige warme Oase entdeckt. Hier unten waren meine Hände immer etwas klamm und kalt. Doch er war wie eine kleine harte, grüne Sonne. Bei dem Gedanken musste ich unweigerlich lächeln. „Woran denkst du?“ „Ich musste an letztes Jahr denken, als du mich gewärmt hattest. Meine Hände sind hier unten immer kalt und ich friere oft. Deshalb schlafe ich mit mehreren Decken und dem Fell das du mir damals gegeben hattest. Du bist so schön warm. Und meine Hände tun weh, also tut es mir doppelt gut.“ „Wirklich?“, fragte er erstaunt und streichelte etwas meine Hände. „Ja“, erwiderte ich und schloss genüsslich die Augen. Müde war ich. Ich weiß nicht wie lange wir so ausgeharrt waren, doch erinnerte ich mich wie er mich kurz angehoben hatte um mich richtig ins Bett zu legen. Doch der Schlaf hatte mich so fest in seinem Bann, das ich es zwar mitbekam, aber nicht mehr Herrin meines Körpers war. Keinen Finger habe ich rühren können, so schwer lag der Schlaf über mir. Kaum hatte mein Kopf das Kopfkissen berührt, sank ich wieder in die angenehme, traumlose Schwärze, die wohlige Wärme an meiner Seite. Kapitel 14: Annäherungen ------------------------ Kapitel 14 - Annährungen Aus einem sehr langen, erholsamen Schlaf erwachte ich langsam wieder und genoss noch die angenehme Liegeposition und die Wärme meiner Decken, vorrangig die Wärmequelle zu meiner Linken. Es war besonders schön warm an meiner linken Seite. Seufzend legte ich mich hinüber und kuschelte mich an den harten Körper mit der dicken Haut. Mit einem lauten spitzen Schrei riss ich meine Augen auf und warf mich nach hinten. Meine Wärmequelle rief kurz erschrocken auf und fiel aus dem Bett zu Boden. Ich hatte mich glücklicherweise auf dem Bett halten können. „Was tust du hier?“, fragte ich, die Hand an meinem Herzen und versuchte es zu beruhigen. „Was soll das heißen, was tu ich hier. Das ist mein Schlafzimmer.“ „Aber dein Bett ist da drüben“, zeigte ich auf das, aus dem Fels gehauenen Bett. „Ja aber deine Hände waren so kalt, du hast erwähnt das du immer frierst und ich wollte sehen wie ihr Menschen schlaft.“ Ganz überrascht stellte ich fest das er nun ganz anders war als in der Gegenwart anderer Kobolde. Nun kam er mir eher wie ein fünfzehnjähriger Junge vor und nicht wie ein Regent. Junger Mann, korrigierte ich mich. Aber deutlich kindlicher blickte er drein. „Wie hast du geschlafen?“, fragte ich neugierig. „Es war erst sehr ungewohnt auf so einer weichen Oberfläche zu liegen, aber dann war ich müde geworden und zu faul zu meinem Bett zu gehen. War so schnell eingeschlafen, hab das gar nicht gemerkt“, lächelte er und kratzte sich etwas verlegen am Kopf. „Wenn ich so darüber nachdenke hab ich gut geschlafen. Ich hab nur etwas Rückenschmerzen“, klagte er und streckte sich. Ich kam nicht umhin mir dabei seinen Körper genauer unter gesenkten Lidern anzusehen. Nun war ich mir sicher das er an Muskeln zugelegt hatte. „Willst du wirklich alle Kobolde umsiedeln? Ihr habt euch doch hier eine ganze Stadt erbaut.“ „Das haben wir, aber ich muss damit rechnen das der Frieden mit deinem Vater nicht ewig anhält. Schließlich habe ich dich entführt. Ich bin mir sicher das er die Zeit auch nutzt um uns anzugreifen und seine Armee aufzubauen.“ „So wie du aussiehst scheinst du auch selbst Hand anzulegen“, nuschelte ich peinlich berührt und zupfte verlegen an der Decke. Deutlich spürte ich seinen Blick auf mir und konnte aus den Augenwinkeln sehen wie er selbst kurz seinen Körper musterte. War das ein Lächeln gewesen? Hatte das nicht so genau sehen können. „In so einer großen Sache muss man klare Anweisungen geben und die Arbeiten überwachen. Nur so können Fehler und Zeitverluste vermieden werden. Sie fühlen sich sonst schnell unsicher, fragen immer wieder nach, machen es falsch oder gar nicht. Trödeln herum. Das kostet dir zu viel Zeit. Und Zeit kostet Essen, das wieder herangeschafft werden muss. Und sollten meine Befürchtungen wahr werden, dann kostet Zeit auch Leben. Ehrlich gesagt hab ich mich früher auch nie darum geschert. Ich habe nur beobachtet was meine Eltern getan haben. Und meine Mutter führt ein hartes Regiment wie du weißt, aber anders hätte der riesige Damm den wir erbaut hatten, niemals funktionieren können. Außerdem habe ich bestimmte Vorstellungen von unserem neuen Zuhause. Ich habe mich inspirieren lassen von dem Schloss deines Vaters. Ihr lebt viel besser und verschwenderischer als wir. Groblins sollen dem Menschen nicht mehr nachstehen.“ „Das ist bewundernswert. Du gibst dir sehr viel Mühe“, nuschelte ich traurig und fühlte die Scham in mir. Ich war eine furchtbare Königin. Obgleich ich unfreiwillig hierher gekommen war und mir dieses Leben nicht ausgesucht hatte, wollte ich nicht mein restliches Leben ungeliebt und einsam in meinem Zimmer sitzen. Wenn sich mein Leben ändern sollte würde ich es selbst in die Hand nehmen müssen. Und wer wusste es schon, wenn ich das Vertrauen in mich erst einmal geweckt hatte, konnte ich vielleicht eine Möglichkeit finden zu meinem Vater zurückzukehren. „Wie hast du von uns erfahren? Ich habe Bergleute einmal darüber sprechen hören das Leute vom Schloss von unserer Existenz nichts wüssten. Und wie kam es dazu das du dich mit dem Sonnenknaben angefreundet hast?“ „Lottie, meine Kinderfrau war mit mir hinaus an den Waldrand gegangen damit ich etwas hinaus kam. Sie hatte mir immer eingetrichtert das ich in ihrer Sicht bleiben solle und redete immerfort von seltsamen Dingen“, kicherte ich als ich an meine liebe Kinderfrau dachte. „Nachdem sie an einem Baum eingeschlafen war, hatten Robin und ich uns entfernt und folgten einem Schmetterling. Robin hatte ihn fangen wollen. Irgendwann hatte er sich auf einen kleinen Erdhügel gesetzt und als Robin dabei war ihn einzufangen hatte sich der kleine Haufen gerührt und ich dachte ein Maulwurf würde sich zeigen. Aber das war eine Groblin-Hand, die nach Robins Schwanz gegriffen hatte. Ich hatte Robin geradeso mit aller Kraft herausziehen können. Dann schossen über all um uns herum Erdhügel aus dem Boden, ich war tiefer in den Wald gelaufen und hatte mich schnell verlaufen. Eure Haustiere waren aufgetaucht, hatten mich erschreckt und als ich weinte und glaubte verloren zu sein, fand mich Curdie und verscheuchte sie mit einem Lied. Da erfuhr ich von euch und er hatte mich wieder sicher nach Hause gebracht.“ „Mmh“, nickte Froschlippe verständnisvoll. „Du warst in eines unserer Jagdgebiete geraten. Wir haben Tunnel die nur fürs Jagen gedacht sind. Mit unseren Ohren können wir genau hören und fast schon spüren wenn etwas über uns ist. Tagsüber zu jagen wäre zu gefährlich, wir haben euch Menschen bisher gemieden. Nachts kommen wir manchmal hervor um Essen zu stehlen, zu jagen oder junge Kobolde schicken sich als Mutprobe zu den Menschen hinauf. Du weißt schon, wer traut sich einen Menschen zu erschrecken und solche Sachen.“ „Öhm... ja natürlich“, sagte ich als ob ich wüsste wovon er sprach. Plötzlich wurden wir in unserem Gespräch unterbrochen. Silki kam herein mit einem Tablett auf dem das Frühstück angerichtet war. In ihrem Blick sah ich deutlich das sie sich ein Lächeln verkneifen musste und gleichzeitig vor Peinlichkeit verging. Ihre Wangen waren gerötet bis zu den Ohren und sie traute sich kaum uns anzusehen. Ich musste mich zwingen nicht daran zu denken was in ihrem Kopf vorging. Sie musste glauben das etwas passiert war zwischen mir und Froschlippe. „Wir wären zum Frühstück gekommen, meine Eltern warten sicher.“ „Das Frühstück ist längst vorbei Majestät, Ihre Eltern fragten nach Euch, doch sagte ich das der König und die Königin noch schlafen würden. Da befahlen sie mir Euch Frühstück zu bringen, sobald ihr erwacht seit. „Gut, du darfst gehen“, sagte Froschlippe knapp und ich glaubte zu erkennen das seine Wangen an Farbe gewannen. „Lass es dir schmecken“, sagte er und wollte zu seiner Schüssel mit Insekten greifen. „Warte“, sagte ich. Das Frühstück war exakt so hergerichtet das jeder seine gewohnten Mahlzeiten verspeisen konnte. Für mich Obst und Brot, für ihn Insekten, unbekanntes Fleisch und undefinierbaren Brei. Ich ekelte mich davor, doch habe ich eine Entscheidung getroffen. So nahm ich das Tablett und drehte es auf den Kopf. Erstaunt zuckten seine Ohren und sah mich verwirrt an. „Du wirst meines essen und ich deines“, erklärte ich mein Handeln. Etwas änderte sich in seinem Blick. Das hatte ich noch nie bei ihm gesehen doch konnte ich es nicht deuten. „Einverstanden“, sagte er und lächelte. Er nahm einen Apfel in die Hand und biss hinein. Sofort verzog er das Gesicht. Verwundert blickte ich ihn an. Schmeckte er so scheußlich für ihn? „Sehr süß, das zieht ganz schön in den Backen. Das bin ich gar nicht gewohnt“, schmatzte er. Ich indessen nahm mir das Fleisch dessen Herkunft ich nicht bestimmen konnte. „Nein, ess immer die Insekten zuerst, sie krabbeln dir sonst weg“, sagte er sanft und schnappte sich so gleich zwei Stück die sich in ihre Freiheit flüchten wollten und ließ sie in die Schale fallen. Angewidert blickte ich auf das kriechende und krabbelnde Getier hinunter. „Das sind meine Lieblingskäfer“, zeigte er auf einen großen braunen Käfer. „Schließe die Augen am besten.“ Ich nahm den Käfer und das Kribbeln und Krabbeln auf meiner Handinnenfläche ließ mich schon angeekelt aufschreien. Er fiel mir auf die Decken, doch Froschlippe hatte schnell reagiert und ihn schnell geschnappt. „Augen zu“, sagte er und sah mich auffordernd an. Ich schloss die Augen und machte dabei ein Gesicht als würde etwas furchtbares geschehen. „Leg deinen Kopf etwas nach hinten und öffne den Mund. Etwas mehr, da passt nichts rein. Und nicht nachdenken, einfach nur kauen und schlucken.“ Furchtsam krallte ich meine Hände in die Laken. Plötzlich war dieses Getier in meinem Mund. Es schmeckte erst mal weder eklig noch gut, doch bewegte es sich und ich quietschte angeekelt auf und presste die Lippen aufeinander. „Schnell kauen und schlucken.“ Eilig tat ich was mir aufgetragen wurde und kaute. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor das hier und da noch etwas zuckte und einmal war es mir fast hochgekommen, doch musste ich auch feststellen das je länger ich kaute, es begann angenehm zu schmecken. Ehe ich mich überwinden konnte es hinunterzuschlucken hatte es mehrere Anläufe benötigt. Nachdem es mir endlich gelungen war konnte ich mit dem Schlucken nicht aufhören. Jedes Stück des Käfers sollte aus meiner Mundhöhle verschwinden. Froschlippe reichte mir einen Kelch Wasser und ich spülte es in Windeseile hinunter. Das wurde mit jedem Käfer, Wurm oder Raupe wiederholt. Tatsächlich zwang er mich nicht dazu das zu tun, ich wollte es. Mir war bewusst das ich etwas ändern musste und um das Ziel zu erreichen war es nötig mich anzupassen. Mit jedem Bissen dachte ich an Vater oder Curdie. Der Gedanke an sie gab mir die Kraft. Als die Schüssel geleert war nahm ich den letzten Schluck, der sich in der Karaffe befunden hatte. Froschlippe legte anerkennend eine Hand auf meine Schulter. „Niemand wird von dir verlangen das du nur von Käfern lebst. Wenn dir etwas angeboten wird, nimm nur einen und versuche nicht angewidert dabei auszusehen.“ „Ich werde es versuchen, aber ich verstehe warum dein Lieblingskäfer dein Liebling ist. Er schmeckt wirklich von allen am besten.“ „Hättest du nichts anderes würdest sie lieben. Man kann sich an alles gewöhnen.“ „Was ist das für ein Fleisch?“ „Es stammt von einem unserer Haustiere. So wie ihr Tiere züchtet zum Essen tun wir das auch. Der Brei ist nichts anderes als roher Teig. Nur wir können nicht alles so anbauen wie ihr und hier unten benutzen wir so wenig wie möglich Feuer, da der Rauch sonst durch die Höhlen zieht.“ „Könnt ihr keine Höhlen erbauen durch die der Rauch abziehen könnte?“ „Dann wäre es ein leichtes für die Menschen uns zu finden.“ „Dem Teig fehlt auch Salz. Zucker und Gewürze habt ihr wohl auch nicht?“ „Was ist das?“ „Etwas um dem Essen einen besseren Geschmack zu geben.“ In diesem Moment glaubte ich noch nie so viel Unverständnis in sein Gesicht gesehen zu haben. „Man kann Speisen süßen, wie Kuchen oder Backwerke oder Obstsalate oder süße Aufläufe. Oder wenn man es pikant möchte kann man dem Fleisch oder den Kartoffeln Salz und Pfeffer hinzufügen, das gibt dem … eben mehr Geschmack. Es schmeckt viel besser und nicht so fad.“ Ich merkte schnell wie schwer es war jemanden etwas zu erklären was für einen selbst völlig alltäglich war, was der andere jedoch nicht kannte. „Dafür haben wir nichts. Es gibt ein paar Kräuter und Moos und Algen. Aber für mehr Geschmack wie du es nennst, haben wir nichts.“ Gedanklich machte ich mir eine Notiz Vater um einen Sack Zucker, Salz und Pfeffer zu bitten. Kochbücher nicht zu vergessen. Da meine Briefe immer mitgelesen wurden, und auch wenn ich es nie gesehen habe, war ich mir sicher das dies geschah, schrieb ich meinem Vater nur einmal im Monat. Die offensichtlichen Schwächen der Groblins kannte er ohnehin, aber das sie Steinschuhe produzierten und sich Wachs und teilweise Steine in die Ohren steckten, das wagte ich nicht zu erwähnen. Die Tatsache das es mir als Hochverrat angerechnet werden könnte, wollte ich nicht riskieren. Froschlippe und auch seine Eltern unterwiesen mich nicht in ihre detaillierten Pläne. Ich merkte nur das Froschlippe etwas großes vor hatte, wenn er schon umsiedeln und eine neue Stadt errichten wollte. Mir blieb nichts anderes übrig als zu beten das kein Krieg bevorstünde. Vielleicht war es mir aber möglich Froschlippes Vertrauen zu gewinnen und mir Freiheiten dadurch zu erkaufen. Wenn ich es richtig anstellte könnte ich allein zu meinem Vater zurückkehren. Doch würde das nicht wieder ein Krieg auslösen? Es war fatal. Aber ich musste es versuchen. „Begleite mich durch die Stadt als meine Königin“, brachte Froschlippe plötzlich die Stille. „Ähm.... bin ich das nicht?“, fragte ich verständnislos. „Nun ja, das schon. Aber ich möchte das wir wie ein Ehepaar aussehen, das sich freiwillig heiraten wollte.“ „Ich verstehe“, sagte ich, spürend wie die Röte in meine Wangen stieg und wie die Scham über mein Fehlverhalten in mir aufstieg. „Akzeptiere mich in der Öffentlichkeit als dein Mann, mehr verlange ich nicht.“ „Bis jetzt“, sprach ich ungewollt meine Gedanken aus. Mit ängstlichem Blick sah ich zu ihm auf. Sein Blick hatte sich verfinstert und wirkte grüblerisch. „Sei in einer Stunde fertig“, sagte er knapp, stand auf und verließ das Schlafzimmer. Kapitel 15: König und Königin ----------------------------- Kapitel 15 – König und Königin   Wie verabredet saßen Froschlippe und ich eine Stunde später in einer einfachen Holzkonstruktion einer offenen Kutsche. Die Wände nur mit Seilen aneinander gebunden und große, klobige Räder. Gegen die Kutschen in die ich bisher in meinem Leben mitgefahren war, sahen prunkvoller aus, reich verziert, im Inneren mit Samt bezogen und man saß auf weichen Kissen. Nun saßen wir auf einer einfachen Holzbank und wurden gezogen von einem Pferde ähnlichen, gruselig aussehenden Wesen. Die Hufe gespalten wie bei einem Wildschwein, der Körper schwarz und knochig, die Rippen standen hervor, die Augen weiß, eingesunken in schwarzen Höhlen, einen spitzen langen Teufelsschwanz. So musste das berittene Tier von Gevatter Tod höchstpersönlich aussehen. Ein mir unbekannter Kobold saß vor uns auf dem Kutschbock und lenkte das Gefährt. Zunächst hatte Froschlippe so weit Abstand von mir gehalten wie es nur möglich war, doch als wir uns der Stadt näherten und unser Ankommen durch das Blasen eines großen Horns angekündigt worden war, zog er mich besitzergreifend an sich. Ich gab mir größte Mühe normal auszusehen, als wäre es das natürlichste der Welt. Doch es war ein komisches Gefühl. Unsere Erscheinung musste noch merkwürdiger aussehen. Ich in meinem rosa Kleid, geschmückt mit Ringen und Ketten, die Haare zu einer Hochsteckfrisur gekleidet. Er indes in seinem blauen Lendenschurz, seinem schwarzen Umhang und seinen abstehenden Haaren... nun ja. Das wars. Als hätte ich einen Wilden geheiratet und doch war ich die befremdliche Gestalt von uns. Alle Kobolde waren aus den Türen ihrer Häuser getreten, sammelten sich am Rand der Wege und jubelten als sie ihren König sahen. Das sie nur ihm zujubelten erkannte ich daran das sie ihn bewundernd ansahen und für mich nichts weiter als einen verwunderten, verwirrten Blick übrig hatten. Schließlich hatte mich die große Masse von Ihnen noch nie zu Gesicht bekommen. Wie er lächelte ich und winkte ihnen zu, ob sie mich ignorierten oder nicht. Zwischenzeitlich hielten wir hier und da kurz an und manche waren so mutig und traten heran um ihn zu berühren. Das erinnerte mich an meinen Vater, er hatte mir einmal erzählt das es wichtig war sich jedes Jahr in seinem Reich sehen zu lassen. Er hatte mir von Feldarbeiterinnen erzählt die so mutig waren zu ihm zu rennen, ihm zu grüßen und kurz den Saum seines Umhangs zu berühren. Wer den Saum des Königs berührte, dem soll Glück beschert sein. Hier schien es ähnlich. Hier und da war eine Mutter die ihr kleines Baby zu Froschlippe hochhielt, damit er es in Augenschein nehmen und streicheln konnte. Ich wusste nicht was, aber irgendetwas rührte mich an dieser Szene. Da sich alle auf Froschlippe konzentrierten blickte ich mich in den Straßen um. Die Stadt der Kobolde befand sich in einer riesigen unterirdischen Höhle. In den natürlichen Steinsäulen der Höhle und an manchen Wänden hatten sie ihre Wohnungen hineingebaut. Auf der einen Seite der Stadt befand sich ein großer See und spiegelte die Farben der Lichter wieder. Über den Türen war in Stein jeweils etwas hinein geritzt das ich nicht lesen konnte, sie hatten wohl ihre eigene Schrift. Müsste ich das nicht längst wissen? Doch das einzige Schriftstück das ich gesehen hatte war meine eigene Hochzeitsurkunde und ganz dunkel glaubte ich mich zu erinnern das ich Froschlippes Name auf dieser nicht habe lesen können. Hier und da hatte man Groblin-Gesichter in die Wände gehauen, die Augen aus den Leuchtkristallen, damit sie die Wege beleuchteten. Es gab Wohnungen, welche weit aus der Felswand hinausragten und durch Baumstämme unter sich gestützt wurden. Erstaunt stellte ich fest das sie auch ein Rohrsystem hatten, jedoch wusste ich nicht welchen nutzen dieser hatte. Schließlich regnete es hier unten nicht. Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Eine Groblin-Frau hatte mir in einer angedeuteten Verbeugung eine Schüssel mit Insekten gereicht. Schnell spürte ich wie alle Augen auf mich ruhten und unangenehm bemerkte ich wie die Menge um ich herum verstummt war. Wie Froschlippe mir geraten hatte, nahm ich mir einen Käfer und glücklicherweise war sein Lieblingskäfer, oder sollte ich unser sagen, auch dabei. So schnappte ich ihn mir und steckte ihn mir schnell in den Mund. Froh darüber diesen entdeckt zu haben begann ich zu lächeln und stellte verwundert fest das es nun gar nicht so widerlich war ihn zu essen. Das Kauen ging mir leicht von der Hand, ebenso das Schlucken. Die Koboldin lächelte mich an und ich spürte den brennenden Blick von Froschlippe in meinem Nacken. Ich beugte mich weiter lächelnd zu ihr und fragte: „Darf ich?“ Verwundert blickte sie mich an und Röte stieg ihr vor Freude ins Gesicht. „Natürlich Majestät“, sagte sie und streckte mir die Schüssel noch einmal zu mir. Verschmitzt lächelnd grapschte ich etwas ungeschickt nach einen weiteren Lieblingskäfer, den hatte ich eben erspähen können. Wenn man Pluspunkte sammeln konnte, dann sollte man nicht geizen. Schon fast genüsslich schob ich mir den Käfer zwischen die Lippen, kaute, schluckte und blickte zu Froschlippe. Den Blick den er auf mich richtete war unbeschreiblich. Überraschung und Stolz sprühten aus seinen großen gelben Augen und ein schiefes Lächeln zierte sein Gesicht. Wieder legte er seinen Arm um mich und ich ließ es bereitwillig geschehen. Froschlippe gab Zeichen das es weiter gehen solle und so setzte sich die Kutsche in Bewegung. Die Fahrt durch die Stadt ging weiter und ich kam nicht umhin die Baukunst zu bewundern. Es mochte merkwürdig klingen, denn schließlich hatte ich zuvor auf einem Schloss gelebt. Doch das Schloss wurde aus vielen Steinen zusammengebaut, doch vollständige Räume in eine Felswand zu hauen, wo es mal sehr steinig oder sehr erdig ist, das fand ich bewundernswert. Hier und da hatten wir Halt gemacht und das Schauspiel der herantretenden Kobolden wiederholte sich. Weiterhin hatten sie mich teilweise ignoriert oder waren sehr vorsichtig und zurückhaltend. Doch was mir auch gereicht oder angeboten wurde, ich nahm ein Stück davon. Es schmeckte nicht immer gut, aber ich konnte mich zusammenreißen und die positive Auswirkung, die ich dann erhielt gaben mir mehr Motivation. Als wir aus der Stadt fuhren und ich meine wenigen kleinen Gaben, die ich von meinem Volk bekommen hatte, lächelte ich und freute mich ehrlich darüber. Als mir bewusst wurde das ich das erste mal von den Kobolden als „mein Volk“ gedacht habe, schmunzelte ich. „Schön zu sehen das du dich nicht so verstellen musstest, wie befürchtet“, flüsterte Froschlippes Stimme in mein Ohr. Sein Atem in meinem Ohr und meinem Nacken ließ mich auflachen, denn es kitzelte sehr. Verwirrt blickte er mich an und schien zu denken das ich mich über ihn lustig machte. „Dein Atem hat gekitzelt“, erklärte ich und strich mir über Ohr und Nacken um das Prickeln auf meiner Haut zu beruhigen. Plötzlich spürte ich seine Hand die um mich gelegt war und die sich nun flink an meiner Schulter vorbei strich. Ehe ich merkte was er tat spürte ich sanft eine Kralle unterhalb meiner Achsel. „HAHAHAHA“, lachte ich laut heraus und drückte mich mehr zu ihm hin um der Kralle zu entkommen. Das gelang mir natürlich nicht, schließlich räumte ich seiner Hand mehr Freiheiten ein. Gemein wie er war arbeitete er sich zu meiner Taille hinunter und erwischte meine empfindlichste Stelle. Bei dem unwillkürlichen Hüpfer den ich auf der Bank vollzogen hatte, fielen meine kleinen Geschenke zu Boden der Kutsche und ich sah im Augenwinkel wie eines gänzlich verloren ging. „Stop!“, rief ich geschockt aus und sprang aus der Kutsche, kaum das sie zum Stehen kam. Glücklicherweise glimmten die Blume und die zwei Steinchen in der Dunkelheit des Tunnels und so fand ich sie leicht. Schnell kehrte ich zur Kutsche zurück und sammelte die restlichen Gaben vom Boden auf. Behutsam legte ich sie zwischen mir und Froschlippe und hoffte das sie nicht noch einmal hinunter fielen. Den merkwürdigen Blick mit dem Froschlippe auf mich warf konnte ich deutlich auf meiner Haut spüren. Als würde er fasziniert einem Käfer beobachten und sich fragen was dieser wohl trieb. Während der restlichen Fahrt sprachen wir beide kein Wort miteinander. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach und ließ den heutigen Tag revue passieren. Kaum das wir zurückgekehrt waren führte Froschlippe mich in unser Schlafgemach, wo ich meine wenigen Gaben der Stadtbewohner in eine Schale geben konnte. Doch kaum hatte ich mich aufs Bett gesetzt um zu ruhen kam Silki herbei und rief uns zum Abendessen. Der auffordernde Blick seitens Froschlippe ließ mich nicht so mutig sein abzulehnen. Also gingen wir in den Speisesaal in dem ich schon sehr sehr lange nicht mehr gewesen war und traf auf meine Schwiegereltern. Froschlippe wurde überschwänglich begrüßt von seiner Mutter indessen sie mich ignorierte. Wie gewohnt wollte ich mich schon am anderen Ende des Tisches setzen, wie es sonst immer mein Platz gewesen war, doch zog Froschlippe mich mit, sodass ich an seiner Seite sitzen konnte. Der Blick von Hannelore verriet nur allzu deutlich das es ihr nicht recht war. „Wie hat es dir in der Stadt gefallen“, fragte Helmut mich freundlich. „Mir hat es gut gefallen. Die Kobolde waren sehr freundlich und ich hab ein paar Geschenke bekommen“, erzählte ich stolz. „Sicherlich ist unsere Stadt nicht so prachtvoll wie die eure über der Erde“, sagte Hannelore im Plauderton. „Das nicht, aber ich muss schon sagen....“ Oh nein. Zu spät hatte ich ihre Finte bemerkt und konnte mit einem Schauer über meinen Rücken beobachten wie sich ihr Gesicht zu einer grässlich lächelnden Fratze formte. Deutlich konnte ich spüren wie Froschlippe sich anspannte. „Ich meine, ich war sehr erstaunt über die Baukunst. Wie ihr aus dem Felsen heraus Wohnungen und Häuser erbauen konntet“, versuchte ich mich zu berichtigen, doch hatte ich das Gefühl in Treibsand geraten zu sein. „Du warst erstaunt darüber das wir in der Lage sind große Löcher in die Erde zu buddeln?“, fragte Hannelore in ihrem süßesten Ton, der mir Angst einjagte. „Ja... äh nein, natürlich nicht. Ich bewunderte nur die hohen Türme, Balkone und nicht zu vergessen die Groblin-Gesichter mit den leuchtenden Augen.“ „Gegen eure Bildhauerkunst muss es geradezu primitiv aussehen für dich.“ Tränen bildeten sich in meinen Augen. Sie wollte mich in die Falle locken. Sie wollte nicht das Froschlippe mich mit seinen Augen anders sehen könnte, als durch ihre. „Entschuldigt mich, ich bin bereits gesättigt und fühle mich etwas unwohl. Ich wünsche eine Gute Nacht“, sprach ich, stand auf und floh in mein Schlafgemach. In Froschlippes Schlafgemach. Ich wollte der Boden täte sich auf und verschlünge mich. Früher als mir lieb war kam Froschlippe dazu. „Was sollte das?“, rief er wütend aus. „Deine Mutter wollte mich schlecht dastehen lassen und ich wusste nicht....“ „Du hast uns schlecht dastehen lassen.“ „Ich wollte keinen Streit provozieren, mir hat die Stadt wirklich gefallen.“ „Warum passt du dann nicht auf was du sagst?“ „Deine Mutter hat es mit Absicht so dastehen lassen.“ „Meine Mutter ist eine sehr stolze Groblin-Frau und verteidigt nur ihr Volk.“ „Und deswegen musste sie das Gespräch so manipulieren?“ „Dann lass dir das nicht gefallen.“ „Was hätte ich denn sagen sollen?“ „DU BIST DIE KÖNIGIN!“ „Was? Aber sie regiert doch. Sie lässt mich nicht regieren“, rief ich verwirrt aus und Tränen flossen unaufhörlich meine Wangen hinunter. „Sie ist Königinmutter und Regentin, doch steht dein Wort über ihres.“ „Aber du hast doch damals selbst gesagt das sie für dich regieren sollten.“ „Weil ich nicht wusste ob du dazu in der Lage wärst, außerdem kennst du unsere Art und unsere Gebräuche nicht.“ „WIE KANN ICH SIE WISSEN WENN SIE MIR NIEMAND ERKLÄRT.“ „WARUM SOLLTE JEMAND SEINE ZEIT VERSCHWENDEN WENN DU NICHT FRAGST?“ Schluchzend drückte ich mein Gesicht ins Kissen. „Warum müsst ihr Menschen so weich und empfindlich sein“, sprach er genervt und verließ den Raum. Kapitel 16: Eheleben -------------------- Kapitel 16 - Eheleben   Die nächsten Tage blieben Froschlippe und ich recht kurz angebunden. Es herrschte kein Streit, aber man führte auch keine echten Gespräche. Die Nächte schlief er in seinem Bett, die Mahlzeiten nahm man gemeinsam mit seinen Eltern ein, ansonsten blieb ich im Schlafzimmer. Außer es wurden Audienzen für Bürger abgehalten, an denen sie ihre Sorgen äußerten und um Unterstützung hofften. Schließlich war es ihm wichtig das ich begann als Königin Verantwortung zu zeigen. Schnell stand unsere letzte Nacht bevor und wieder sorgte der Gedanke das er wieder so lange verschwinden würde für Unbehagen. Seit dem ausgearteten Abendessen war seine Mutter ruhiger geworden, also fand sie entweder kein Thema zum Sticheln, was ich nicht glaubte, oder er hatte mit ihr gesprochen. Ich lag bereits in meinem Bett und war eingeschlafen als Froschlippe zu mir ins Bett gestiegen war. Wie durch dicker Watte hatte ich bemerkt das sich die Decke kurz angehoben und die Matratze sich gesenkt hatte. Da war die wohlige Wärme wieder. Es war so schön das es mich entspannen ließ und ich müder wurde und wieder einschlief. Wie aus weiter Entfernung spürte ich zarte Berührungen an meinem Körper. Ein unbekanntes Gefühl floss durch meine Adern und zentrierte sich in meiner Scham. Die angenehme Wärme befand sich genau hinter mir, entlang meines Körpers und etwas strich mir sanft über die Hüfte. Langsam drang ich vom Tiefschlaf in die Wirklichkeit, doch blieb ich noch lange in einer Zwischenwelt. So fühlte es sich zumindest an. Als wäre mein Körper träge und schwer fühlte ich zwar die Berührungen und spürte was sie in mir auslösten, konnte selbst jedoch zunächst nicht reagieren. Das Gefühl in meinem Körper war unbeschreiblich, keine Freude oder Aufregung konnte dem nahe kommen. Gänzlich unbekannt strömte es durch mich hindurch und jagte mir angenehme Schauer über den Rücken. Es war so schön, ich wollte mehr. So drückte ich mich instinktiv mit meinem Gesäß nach hinten zur Wärmequelle und spürte Feuchtigkeit zwischen meinen Beinen als ich dort an einem harten Stab gelangte. Die Wärme hinter mir reagierte mit einem Zischen darauf und zog mich näher zu sich, die Hand an meiner Brust. Die Wonnen die es durch meinen Körper trieb waren unbeschreiblich. Was war das für ein Seufzen und Stöhnen? War ich das etwa? Nun kehrte ich langsam in die Wirklichkeit zurück, als watete ich durch eine zähe Masse hindurch um ans andere Ufer zu kommen. Meine Augen öffneten sich, doch es war finster. Am anderen Ende des Raumes ein sanftes Glühen, der leuchtende Kristall musste von einem blauen Stoff bedeckt worden sein. Um die zähe Masse in meinem Kopf in Gang zu bekommen schüttelte ich leicht den Kopf und legte meine Hand auf die warme Hand welche meine Brust streichelte. Groß und rau war sie, mit Krallen besetzt. „Froschlippe“, flüsterte ich ins Dunkel hinein. „Zu ihren Diensten, meine Königin“, flüsterte er mir ins Ohr und seine Hand glitt mir dabei zwischen die Beine. Überrascht stöhnte ich auf, drückte mich an ihn und warf den Kopf zurück. Ich konnte das nicht beenden, wollte nicht aufhören. Was ich tat wäre für jeden Menschen auf dieser Welt eine Schande gewesen, es würde mit dem Mord an einem anderen Menschen gleichgesetzt werden, doch konnte ich mich nicht wehren. Ich war nicht dazu in der Lage, als würde dieses überwältigende Gefühl meinen Willen aufhalten. Seine zweite Hand drängte sich unter meinem Brustkorb, schob mich noch tiefer in seine Arme und tätschelte meine Brust während die andere meine Scham rieb. Er indes drückte und rieb seine Mitte an meinem Gesäß. Es war unbeschreiblich. Ich wollte es würde niemals enden. Schneller und fester drängte er sich an mich und rieb nur noch ungleichmäßig über meine Scham. Als würden wir von einer fremden Macht gelenkt werden trieben wir diese Unschicklichkeit immer weiter, bis die Lust nach mehr sich immer weiter steigerte und in einem wilden Ausruf und Stöhnen seinen Höhepunkt fand und uns schlaff und erschöpft zurückließ. Unser Schnaufen wurde immer langsamer und leiser. Froschlippe hielt mich noch immer in seinen Armen und es fühlte sich im Augenblick nicht unangenehm an. Doch kaum hatten sich unsere Herzen wieder beruhigt zog er sich zurück und war im Begriff aufzustehen. „Warte“, rief ich plötzlich aus und war kurz selbst über meine Reaktion überrascht und erschrocken wie unangenehm laut meine Stimme die Stille zerschnitt. „Warum“, fragte er flüsternd in die Stille hinein. „Nun ja, mein Bett ist ja breit genug für beide. Dein Platz hast du dir ja schon vorgewärmt“, erklärte ich und schlug mir gedanklich mit der Hand an die Stirn. Nicht zu wissen was man wollte und noch weniger in der Lage zu sein es auszusprechen, war eine furchtbare Angelegenheit. Das Erlebnis das wir gerade geteilt hatten war unglaublich gewesen und ich wusste nicht warum aber ich fühlte mich ihm näher und wusste schon jetzt, das ich es wiederholen wollen würde. Wobei ein Teil von mir froh darüber war, dass das Licht gedimmt war und ich ihn kaum sehen konnte. „Mmh. Wenn du das willst“, sagte er überrascht und legte sich wieder ins Bett, nicht ohne einen gewissen Abstand zu mir. „Sonst hätte ich dich nicht aufgehalten. Gute Nacht“, beendete ich prompt die Unterhaltung, da ich schlicht und ergreifend nicht wusste was ich noch sagen sollte. Es war eine etwas unangenehme Situation. Wir lagen noch lange da und sagten nichts, ich war mir sicher das er ebenso wie ich nicht in der Lage war einzuschlafen. Doch irgendwann übermannte uns der Schlaf doch. Am nächsten Morgen trat Silki in unser Schlafzimer und weckte uns mit einem peinlich berührten Räuspern. „Chrchrm, verzeiht das ich störe, aber die Königinmutter lässt nach Euch schicken. Die Abreise steht bevor“, krächzte sie, die Wangen feuerrot und den Blick zu Boden geheftet. Müde blinzelte ich den Schlaf aus den Augen und verstand zunächst nicht was sie hatte, bis ich spürte wie Froschlippe sich regte. Ich lag auf dem Bauch und ich spürte seinen Arm um meine Taille, sein Kopf teilweise auf meinem Rücken und seine Körpermitte nahe meines Gesäßes. Schlagartig war ich wach, mein Herz pumpte sogleich als würde ich um mein Leben rennen und spürte die aufsteigende Wärme in meinen Wangen. Froschlippe schien es weniger zu stören, er setzte sich auf, streckte die Arme und gähnte herzhaft. Während ich mich vor Scham auf den Rücken legte und die Decke bis zum Kinn zog blickte ich kurz zu ihm und erstarrte. Das Ding, das zum Kinderzeugen war. Dieses etwas stand wie ein Horn von seinem Körper ab. Groß, steif und grünlich. Jedoch war der Teil, der unter seinem Lendenschurz ist nicht gebräunt und nun fragte ich mich wo dieses kleiner aber wichtige Kleidungsstück geblieben war. Silki hatte es gefunden und nahm es von dem großen leuchtenden Kristall, von dem ich noch in der Nacht geglaubt hatte das er nur noch glimmte. Nun kannte ich den Grund. Mit gesenktem Kopf trat sie zum Bett und reichte ihm den blauen Stoff. Sogleich wusste ich welche Fragen seitens Silki ich mich stellen musste. Froschlippe band sich sein Lendenschurz um die Hüfte, legte sich sein Cape um die Schultern, setzte sich seine Krone auf den Kopf und war sogleich fertig. „Ich gehe schon einmal voraus, Mutter wird noch etwas besprechen wollen. Wir treffen uns im Thronsaal.“ Kaum war er hinausgegangen spürte ich Silkis auffordernden Blick. „Ich sollte mich schnell anziehen, man verlangt nach mir“, sagte ich mit feuerroten Wangen und sprang aus dem Bett. Eilig schlüpfte ich in mein Kleid und frisierte mir die Haare. Den Schmuck ließ ich weg, dafür blieb keine Zeit und wurde ohnehin nicht gerne gesehen. Der Ring meiner Mutter, der gleichzeitig mein Ehering war, reichte aus. Mit Krone auf dem Haupt begab ich mich in den Thronsaal wo Froschlippe seine letzten Worte an sein... unser Volk richtete. Es waren nur die höchsten Männer anwesend, die anderen Männer welche Froschlippe begleiten sollten hatten sich bereits an einem Treffpunkt versammelt. „So, nun heißt es wohl wieder Abschied nehmen“, hörte ich wieder eine Stimme an meinem Ohr, was mir einen Schauer über den Rücken jagte. „Ja“, sagte ich wenig einfallsreich und wusste tatsächlich nicht wie ich fühlte. Wieder gänzlich alleine zu sein widerstrebte mir zum Einen, zumal ich befürchtete alte Gewohnheiten wieder aufzunehmen, welche ich aus des lieben Friedens Willen und meine Freiheit nicht mehr aufnehmen wollte. Zum Anderen würde Froschlippe natürlich mehr von mir verlangen als das was letzte Nacht passiert war und bei dem Anblick seines... Stachels, spürte ich deutliche Angst. Zumal ich mich nicht bereit fühlte jetzt schon Mutter zu werden. Sobald ich sein Kind in mir trug würde es mein Schicksal gänzlich versiegeln. Mein eigenes Kind würde die Rückkehr zu den Menschen unmöglich machen. „Ich hoffe es hat dir letzte Nacht ebenso gefallen wie mir“, flüsterte er und sein Atem an meinem Ohr gepaart mit der Erinnerung ließ Feuchtigkeit in meiner Scham entstehen, was mir wieder die Röte ins Gesicht trieb. „Mmh mh“, bejahte ich schüchtern und lehnte mich leicht an ihn, so das mein Gesäß seine Mitte berührte. An meinem Ohr hörte ich wie er scharf die Luft einatmete und sich seine großen Hände in meine Hüfte gruben, was in mir ein starkes Gefühl der Lust und gleichzeitig der Scham auslöste. Oh Gott, was trieb ich hier. Plötzlich spürte ich seine Hand die mein Gesicht zu sich zog und mich zwang ihn anzusehen. „Versuch uns kennenzulernen. Enttäusche mich nicht“, flüsterte er und ehe ich ein Wort dazu äußern konnte, legten sich seine Lippen auf die meinen. Das Gefühl das mich nun überwältigte war unbeschreiblich und zog sich von meinen Haarspitzen bis zu meinen Fußnägeln. Das der Blick meiner Schwiegermutter mich erdolchte oder alle Anwesenden uns geschockt ansahen war nur zweitrangig... für diesen Augenblick. Kapitel 17: Eine neue Königin ----------------------------- Kapitel 17 – Eine neue Königin   Nachdem Froschlippe fort gegangen war hatte ich Silki darum gebeten mich über alle Angelegenheiten, die mich als Königin betrafen zu informieren. Die Bittgesuche der Bürger bedarf der meisten Zeit, gefolgt von der Überlegung die bestehende Struktur oder Gesetze zum Positiven zu verändern. Schon in der ersten Woche hatte ich viel erfahren. Den ersten Schritt den ich nach meiner Entscheidung zum Wandel getan hatte war der Schwerste. Beim Frühstück hatte ich Helmut darum gebeten mir von den Kobolden zu erzählen.   So erfuhr ich wann und weshalb Kobolde in den Berg getrieben wurden. Vor vierhundertfünfzig Jahren hatten Groblins über der Erde gelebt, nahe der Menschen. Doch gab es kulturelle Probleme. Die Menschen waren allem was anders aussah skeptisch gegenüber, die Groblins waren bei Kontakt wenig zurückhaltend. Bei Groblins ist es wichtig Stärke zu zeigen, gerne beschimpften sie sich gegenseitig, drohen mit Prügel oder maßen sich in ihrer Stärke. So glaubten die Menschen das es unzivilisierte Wilde waren, die ihnen selbst feindselig gesinnt waren, weil sie nicht verstanden hatten, das Groblins Dinge die sie sagten nicht immer so meinten oder grundsätzlich vermieden sich sensibel zu zeigen. Die Stärke eines Groblin war alles. Schwäche und Sensibilität ist unter den Groblins verpönt. Fressen oder gefressen werden, das war die Devise. Was nicht bedeutete das sie kein Mitgefühl für andere Groblins oder keine Liebe empfinden können, doch das wird nicht so gezeigt wie unter Menschen. Ein Kobold würde der Kobolddame keine Blumen schenken oder Schmuck. Er zeigte seine Zuneigung indem er sie beschützte, ihr Lieblingsessen heranbrachte, ihr ein Haus baute wie sie es sich wünschte und ihr so viel Kinder zeugte wie sie wollte. Er zeigte es im täglichen Alltag in vielen kleinen Dingen, ebenso umgekehrt. Jedoch nicht in Form von Liebesschwüren, Briefen, Blumen oder was es sonst noch unter den Menschen gab. Ebenso gab es verschiedene Königreiche, welche in anderen Bergen zurückgedrängt worden waren. Jedoch gab es nur mit den wenigsten Kontakt. Es gab Tunnel die zu anderen Reichen führte und so manch einer zog in ein anderes Reich oder zogen hierher. Neben der Stadt gab es weiter in der Tiefe noch kleine abgelegene Häuser oder sehr kleine Dörfer welche abgeschieden lebten. Die Groblins sprachen die selbe Sprache wie die Menschen, jedoch schrieben sie mit anderen Zeichen.   Ausgiebig hatte Helmut mich in die Welt der Groblins eingeführt und nachdem ich in meinem Schlafgemach in Ruhe darüber nachdenken konnte begriff ich Froschlippes Verhalten etwas besser. Das änderte jedoch nichts daran das der Umgang mit ihm alles andere als leicht war. Nun verstand ich besser weshalb, doch manchmal wurde er plötzlich so wütend und ungehalten oder reagierte so unsensibel, das ich mich verletzt fühlte. Ein langer Weg lag uns noch bevor. Es sei denn ich würde tatsächlich zu meinem Vater zurück kehren können. Nun saß ich hier im Thronsaal und hörte mir die Bittgesuche an. Ein Bittgesuch erregte besonders meine Aufmerksamkeit, denn es war Tambelina. „Was bringt dich zu mir“, fragte Helmut. „Ich möchte darum bitten mehr Heiler ausbilden zu lassen. Wir sind zu wenige und kommen oft zu spät oder gar nicht zu den Kranken, weshalb mehr Groblins dahinscheiden obwohl es nicht sein müsste. Auch können sich einige keinen Heiler leisten und man nimmt den Tod eines Familienmitglieds in Kauf. Es muss möglich sein jeden Groblin behandeln zu können unabhängig seines Standes. Bei der letzten Erkältungswelle haben wir viele verloren.“ „Unsere Anzahl bleibt über längere Zeit gesehen gleich“, antwortete Hannelore. „Aber auch nicht mehr, meine Königin. Oft wäre es zu verhindern gewesen, weil die Krankheit nicht unheilbar ist. Teilweise sterben uns junge starke Groblins weg.“ „Dann können sie so stark nicht gewesen sein“, krähte Hannelore. Ich wusste selbst nicht genau wie es bei uns verlief. Von den Siechenhäusern hatte ich was gehört oder auch Seuchenhospitalen. Dort wurden die Kranken von den Gesunden isoliert um stark grassierende Krankheiten am ausbreiten zu verhindern und die Kranken heilen zu können. Das galt überwiegend für schwere, oft tödliche Krankheiten, doch musste es doch eine Möglichkeit geben Kranke grundsätzlich gut versorgen zu können. Und ich verstand nicht das es kein Ziel für meine Schwiegermutter war die Anzahl der Groblins zu erhöhen. Mag sein das ich es als Mensch nicht verstand, jedoch erinnerte ich mich das es bei uns immer Ziel war Städte zu erweitern, Handel zu treiben, die Lebensverhältnisse allgemein zu verbessern. Hatte das nicht nur Vorteile? Bei Vorstellung das unschuldige Bürger unnötig sterben mussten grauste es mich. Ich wusste nicht was Froschlippe tun würde, wie er die Sache sehen würde. Doch wenn ich mein Leben hier fristen musste, wollte ich diesem Reich meinen Siegel draufdrücken. Stärke ist alles. „Ich verspreche dir Tambelina das ich ein Haus für Kranke errichten werde um eine bessere Versorgung zu gewährleisten“, sagte ich gerade heraus und blickte Tambelina offen an. Diese blickte mich geschockt an, ebenso die anderen Anwesenden, vor allem meine Schwiegereltern. „Wie kannst du es wagen dich in unsere Angelegenheiten einzumischen?“, knurrte Hannelore und spießte mich geradezu mit ihrem Blick auf. „Nun meine Liebe, sie ist die Königin.“ „PA! EINE KÖNIGIN DIE SICH NICHT FÜR IHR VOLK INTERESSIERT. EIN JAHR LANG LÄSST SIE ES SICH WIE EINE FETTE MADE GUT GEHEN, ZEIGT UNS DAS SIE WAS BESSERES IST UND JETZT MISCHT SIE SICH EIN?“ Stärke ist alles. „Wie kannst du, die du unschuldige Bürger sterben lässt davon reden das ich kein Interesse hätte?“, teilte ich in einem eisigen, ruhigen Ton mit. Innerlich klopfte mein Herz mir bis zum Hals und ich spürte wie meine Hände feucht wurden, doch versuchte ich nicht aus meiner Rolle zu fallen. Schon bei meinem Vater hatte ich mich manchmal gerne auf den Thron gesetzt und Befehle erteilt wenn es mir wichtig war. „DU BIST DIE GATTIN MEINES SOHNES, DEINE AUFGABE IST ES IHM KINDER ZU SCHENKEN, MEHR NICHT!“ Öffentlich so reduziert zu werden auf das was sich zwischen meine Beine befand ließ eine Wut in mir aufsteigen, die ich noch nie gespürt hatte. Schon lange demütigte diese Groblinfrau mich, ließ keinen Tag oder Gelegenheit aus mich zu verletzen oder sich über mich zu stellen. Ruckartig stand ich auf, war in wenigen schnellen Schritten vor ihr, baute mich auf und blickte mit gerecktem Kinn ihr entgegen. Stärke ist alles. „ICH BIN DIE KÖNIGIN UND ICH ENTSCHEIDE DAS KEINER MEINER BÜRGER STERBEN MUSS, WENN ES ZU VERHINDERN IST! DU BIST KÖNIGINMUTTER UND EIN ERSATZ DAMIT ICH MICH EINLEBEN KONNTE, DOCH JETZT IST DEINE ZEIT VORBEI“, spuckte ich ihr entgegen. Der Schreck war in ihr Gesicht hinein gebrannt, wie unter Schock stehend zuckte sie nicht einmal mehr mit der Wimper. Man spürte die elektrisierte Stimmung im Raum. Es war so still das man ein Blatt hätte fallen hören können. Anspannung lag in der Luft und ich war mir sicher das viele Groblins die Luft anhielten. „Runter von meinem Thron“, sagte ich bedrohlich, sah zwar noch immer zu Hannelore, meinte aber Helmut. Langsam drehte ich meinen Kopf und sah ihn auffordernd an. Helmut sah mich voller Überraschung an, doch sah ich auch Stolz in seinen Augen. Ein zartes kleines Lächeln huschte über sein Gesicht, welches aber so schnell wieder verschwunden war, das ich mir nicht sicher war ob ich es wirklich gesehen hatte. „Helmut“, fiepste Hannelore so verletzlich, so unsicher wie ich sie noch nie gesehen hatte, als er sich tatsächlich von dem großen, mittigen Thron erhob, seine Krone abnahm und ihn auf der äußeren Armlehne des rechten Thrones, auf dem ich noch eben gesessen hatte, ablegte. „Hannelore, unsere Zeit ist vorbei. Die Kinder haben nun die Last auf ihren Schultern.“ „Das geht nicht, sie wird alles kaputt machen“, quietschte sie und ich konnte die Tränen in ihren Augen sehen, welche sie bemüht war zurückzuhalten. „Das werde ich nicht. Ich weiß das ich im letzten Jahr viel falsch gemacht habe und ich werde mich ab jetzt bemühen mich besser einzufinden und eure Geschichte und Lebensweise zu lernen. Und ich bitte euch zwei mir dabei zu helfen. Ihr sollt meine Berater sein, denn als Außenseiterin, die ich nun mal bin, benötige ich Hilfe um Entscheidungen zu treffen um im Sinne der Groblins zu handeln.“ „Ich nehme gerne an“, sagte Helmut und legte anerkennend eine Hand auf meine Schulter. In Hannelores Gesicht spiegelten sich unzählige Emotionen, sie wechselten so schnell das sie kaum zu erkennen waren. Mir war es unwohl sie als meine Beraterin zu haben, doch um des Friedens willen und um keinen Streit mit Froschlippe zu riskieren würde ich damit leben müssen. Und ein kleiner Teil in mir hoffte das es sie mit der Zeit für mich erwärmen würde. Sie sah Helmut an, wie ich es noch nie gesehen hatte und atmete schwer aus. Allein in diesem Schnaufen war die Angst spürbar. Mit zittrigen Fingern nahm sie ihren Horn, ihre Krone vom Kopf und legte sie auf die äußere Armlehne des linken Thrones, der ohnehin immer ihrer gewesen war. Doch jetzt war er nicht mehr wie vorher. Es war alles so aufwühlend und Nerven zerreißend, das ich ebenso Tränen zurückhalten musste. Die Angst die Hannelore im Bann hatte, nahm nun auch mich in den Bann als ich realisierte was ich getan hatte. Ich blickte auf den großen Thron, dahinter das riesige, zähnefletschende Groblingesicht in die Steinwand gemeißelt. Wieder fühlte ich mich wie bei der Hochzeit. Mit jedem Schritt auf den Thron zu, fühlte ich mich als würde man mich dem feuerspeienden Drachen vorwerfen. Doch ein Teil von mir und er war gar nicht so klein, dachte sich: Reite den Drachen. Kapitel 18: Regieren will gelernt sein -------------------------------------- Kapitel 18 – Regieren will gelernt sein   „Hier, siehst du? Wir haben nicht eins zu eins so ein Alphabet wie ihr. Bestimmte Zusammensetzungen an Buchstaben haben wieder ihr eigenes Zeichen. Zum Beispiel TZ oder CH oder SCH. Auch bei den Lauten Ä, Ü und Ö sehen die Zeichen wieder ganz anders aus und sind nicht nur durch zusätzliche Punkte gekennzeichnet“, erklärte Helmut, der ehemalige König der Groblins geduldig. Er hatte mir die Zeichen der Groblins von oben nach unten aufgeschrieben und daneben unsere Buchstaben. Es war interessant wie zwei Völker die gleiche Sprache nutzten, aber verschiedene Schriften führten. „So, nun musst du sie nur noch üben. Ich bin mir sicher das du sie schnell gelernt hast“, sagte Helmut aufmunternd. Ich hatte Helmut wirklich gern. Er war so ungroblinhaft im Vergleich zu den anderen. Woran das wohl liegen mochte. „Ich danke dir für deine Zeit. Ich werde später gleich mit dem Üben beginnen. „Hast du etwas vor?“ „Ja, ich möchte mir das Haus ansehen, was nun unser Hospital sein wird.“ „Tu das, ich bin neugierig zu erfahren wie das klappen wird.“   Eine Stunde später befand ich mich mit der selben Kutsche mit der ich mit Froschlippe in die Stadt gefahren war auf dem Weg in die Stadt, Silki neben mir als meine Begleitung. Das Hospital war ein unscheinbares, etwas heruntergekommenes Haus nahe dem Zentrum in einer kleinen Seitenstraße. Es hatte wohl einer kleinen Familie gehört und Kafka, der Familienoberhaupt war mit seiner Frau und den zwei Kindern ins Nachbarreich gezogen, da er, wie ich nun erfuhr keinen Menschen als Königin haben wollte. Das untere Geschoss bestand aus einem großen Raum, eine steinerne Treppe führte ins obere Geschoss in dem es zwei Räume gab. Es war schmuddelig, Schmutz und Essensreste oder was da auch in den Ecken gelegen haben mochte, lagen überall, aber vor allem am Rand und in den Ecken. Es roch unangenehm und bereits hatte man weiße Linien auf dem Boden gezogen, die in Reih und Glied Vierecke bildeten, was ich als Lager identifizierte, mit je einem Stein als Kissen am Kopfende. Tambelina kam die Treppe herunter und begrüßte uns. „Hallo Aline, schön dich zu sehen“, sagte sie und ehe ich mich über die intime Ansprache außerhalb meines Schlafzimmers wundern konnte, ergänzte sie, „ich bin hier allein. Wie findest du es hier?“ „Tja nun. Das Haus ist an sich in Ordnung, es ist nur so... schmuddelig.“ „Schmuddelig?“ „Nun, bei mir auf dem Schloss war es überall immer sehr sauber. Es gab mehrere Bedienstete die sich um alles gekümmert hatten. Und meine Kinderfrau erzählte mir das es bei den Bauern und einfachen Leuten nicht so sauber war. Wenige Male waren wir in der Stadt und auch einmal in einem Dorf und.... vor allem in der Stadt war es.... sehr sehr dreckig und es stank an manchen Ecken zum Himmel. In der Stadt, obwohl dort genauso viele Menschen lebten wie im Schloss, starben dort jedes Jahr viel mehr Menschen. Natürlich gibt es Geldstrafen wenn man seine Fäkalien auf die Straße schüttet und die Latrinen werden regelmäßig geleert. Aber das Schmutzwasser, was zum Waschen, Putzen oder Spülen verwendet wird, landet oft auf der Straße, obwohl ebenfalls eine kleine Strafe darauf steht. Und obwohl jeder die Straße vor seinem Haus sauber halten muss. Was ich sagen möchte. Haltet alles sauber. Kehrt den Boden, bringt allen Schmutz hier raus, nehmt euch sauberes Wasser und wischt den Boden ab.“ „Oh … natürlich. Komm... Komm mit nach oben. Dorthin haben wir unsere Vorräte gebracht“, sagte sie begeistert und führte Silki und mich nach oben in das hintere Zimmer, welches die Sicht auf die Straße darunter hatte. Ein einfacher Holztisch und Stühle, eine Kommode und ein Schrank waren die ganze Einrichtung und es roch nach Algen, Pilzen, Kräutern und … Tatsächlich befanden sich tote Insekten in Schälchen. „Tambelina, wie viele Heiler seit ihr?“ „Wir bestehen aus sechs Wundärzten und drei Hebammen hier in der Stadt.“ „Wie viele Bürger habe ich?“ „Etwa Zehntausend. Natürlich sind nicht alle hier in der Stadt. Die Hälfte etwa befindet sich außerhalb in verschiedenen Tunneln des Berges.“ „Aber das ist zu wenig. Um wie viele Schwangere kümmert sich eine Hebamme?“ „Lass mich überlegen. Während eines Jahres müssen es etwa Zweihundert sein.“ „Oh mein Gott.“ „Es gebären nicht alle gleichzeitig, doch es sterben viele Kinder und oft auch die Mütter, weil niemand da ist ihnen zu helfen.“ „Wäre es nicht besser wenn es ein Frauenhaus... also... wie könnte man es nennen? Wir sollten ein Geburtshaus einrichten. Aber nicht hier mit den Kranken zusammen. Wir brauchen ein weiteres Haus.“ „Gestern ist die alte Illy gestorben, sie hatte allein gelebt. Das Haus wäre frei. Doch, ob Froschlippe das erlauben würde?“ „Mmpff, ich bin die Königin und ihm gleichgestellt, in seiner Abwesenheit habe ich die alleinige Entscheidungsgewalt. Außerdem kann es nur in seinem Sinne sein wenn mehr gesunde Groblins auf die Welt kommen“, sagte ich patzig. Es tat mir sogleich leid Tambelina so angeschnauzt zu haben, doch war ich von seinem Brief noch immer gereizt. „Woher wissen die Groblins das hier nun ein Hospital ist?“, fragte Silki und begann gleich eine Lösung zu finden. „Man könnte etwas von außen groß an die Wand schreiben.“ „Der Nachtwächter könnte darauf aufmerksam machen“, ergänzte Tambelina. „So soll es sein“, sagte ich und veranlasste später die Befehle. *** „Wie kannst du das ohne uns entscheiden“, schimpfte Hannelore drauf los, nachdem ich sie und Helmut darüber unterrichtete. „Es war eine spontane Eingebung und wenn mehr gesunde Nachkommen auf die Welt kommen und weniger Mütter sterben müssen haben wir viel gewonnen.“ „Ich bin auf jeden Fall gespannt welche Ergebnisse dabei herauskommen werden“, sprach Helmut aufmunternd. „Wie soll das Ganze vonstatten gehen mit den Kranken und Gebärenden?“ „Nun, wenn jemand stärker erkrankt ist das er sich nicht mehr selbst um sich kümmern kann, dann muss er ins Hospital. Kleinere Erkrankungen wie Schnupfen oder Halsschmerzen kann man denke ich gut selbst kurieren und es gibt ja noch immer Wanderapotheker. Bei den Schwangeren ist es so das sie kurz vor der Niederkunft ins Geburtshaus kommen können und dort rund um die Uhr versorgt werden. So kann eine Hebamme sich um mehrere Gebärende gleichzeitig kümmern.“ „Ich bin nicht sicher ob die Groblins das nutzen werden“, überlegte Hannelore. Inzwischen begann ich ihre Äußerungen nicht mehr so sehr als Kritik zu begreifen. Mittlerweile begann ich zu verstehen das sie manchmal einen anderen Ton an den Tag legte als sie eigentlich meinte. Weswegen ich einiges immer anders aufgefasst hatte. Die offenen Sticheleien die es früher gegeben hatte waren echt gewesen, es war nichts was ich mir eingebildet hatte, doch bemerkte ich das seit ich den Thron an mich gerissen hatte, sie eine gewisse Akzeptanz zu mir hegte. Ihre Äußerungen halfen mir inzwischen meine Vorhaben zu überdenken und aus einer anderen Sicht zu sehen. „Ich rechne damit das es am Anfang nicht so genutzt werden wird, da Groblins ja auch stolz sind und vielleicht nicht von jemanden im Hospital gesehen werden wollen. Es wird Zeit brauchen, aber ich bin zuversichtlich.“ *** Nach einem Monat hatte ich einen weiteren Brief von Froschlippe erhalten. Dieses Mal benötigte ich keine Übersetzerin, denn mit Helmuts Anleitung konnte ich es langsam, Zeichen für Zeichen übersetzen. Dieses Mal würde ich ihm auch in den Zeichen antworten, da wird er blöd dreinschauen, grinste ich in mich hinein. Zunächst schrieb ich gewohnt mit der Menschenschrift und würde es dann noch einmal in Groblin-Schrift niederschreiben.   Meine Frau, ich verstehe das ihr Menschen weicher seit als wir und mehr Gefühle habt, aber sieh zu das du Essen heranschaffst. Um dein Hospital werde ich mich kümmern wenn ich wieder zurück bin. Sieh meine Abwesenheit als Freiraum für Spielereien. Doch wenn ich wieder zurück bin räume ich auf. Kümmere dich um die Essensbeschaffung. Vielleicht sollte ich erwägen nach der Hälfte der Zeit für eine kurze Weile zurück zu kommen, nur um dich aufs Bett zu werfen und daran zu erinnern wer der König ist. Froschlippe   Dummkopf. Dummkopf. Ein Volltrottel ist er. Nichts traut er mir zu, aber dem werde ich es zeigen. Er wird sehen was mein Hospital und mein Geburtshaus, von dem er wohl noch nichts wusste ausmachen wird. Hoffte ich. Für einen Augenblick verließ mich der Mut. Doch was ich bei den Menschen beobachtet und mitbekommen hatte, musste doch auch bei Groblins funktionieren. Oder nicht? Waren wir doch so unterschiedlich? Der letzte Satz machte mich wütend und gleichzeitig spürte ich das lustvolle Ziehen in meiner Scham. Warum musste mir diese Nacht so gefallen haben? So oft wir uns missverstanden, so oft konnte er auf seine Art aufregend sein. Ob ich mich langsam an ihn gewöhnte? Wobei man nach einem Jahr Trennung kaum von gewöhnen sprechen konnte. Doch schien es im Nachhinein keinen Schaden genommen zu haben das wir nach der Hochzeit zunächst für uns alleine geblieben waren um uns an den Gedanken des Miteinanders zu gewöhnen.     *** 6 Monate später   Tatsächlich war es so wie ich es mir gedacht hatte. Argwöhnisch hatten die Groblins das Haus in dem niemand privat wohnte, mit der großen Schrift über der Tür betrachtet. Der Nachtwächter hatte zwar zwei Mal in der Nacht ausgerufen das es das Hospital nun gebe, aber der Zulauf blieb die ersten Tage völlig aus. Bis ein junger Groblin seine kranke Mutter gebracht hatte, weil er befürchtete das sie sonst demnächst sterben würde. Nachdem diese sich erholt und sich positiv geäußert hatte, wurden die Groblins zutraulicher und es kamen mit der Zeit mehr. Immer wieder musste an der Struktur etwas geändert werden. Irgendwann kamen Groblins die einfach nur Zutaten kaufen und nicht auf die Wanderapotheker warten wollten, welche sonst nur zwei Mal im Jahr vorbeikamen, da sie alle bewohnten Tunnel abklopfen mussten. Dann gab es irgendwann einen gegenteiliges Verhalten, sie kamen obgleich sie nur einen leichten Schnupfen hatten. Nach vielen anfänglichen Fehlern stellten wir immer mehr Regeln auf um dem Sinn des Hospitals gerecht zu werden. Bis es so richtig ins Laufen kam dauerte es sechs Monate. Da sich mehrere Heiler gemeinsam bei der Arbeit beobachten konnten entstand ein gemeinsames Lernen. Ein jeder hatte seine Erfahrungen mit unterschiedlichen Methoden des Pflegens oder Rezepten für Tinkturen gemacht und nun tauschten sie sich rege aus und auch da wurde eine Art Maßstab für alle Pfleger entwickelt.   Mit dem Geburtshaus, das es kurz nach dem Hospital gab verhielt es sich ähnlich. Die Koboldinnen wollten überwiegend schon in die Obhut der Hebammen. Denn die Angst vor dem Tod des Kindes und dem eigenen war größer als der Stolz. Das Problem das sie hatten waren ihre Männer. Groblins wollten ihre Frau nicht alleine und nicht aus ihrer Kontrolle lassen. Manchmal war es auch das Problem der Kinderbetreuung während die Mutter weg war und der Vater überfordert, nicht da oder nicht vorhanden. Es gab vieles das es zu ändern gab. Jedoch hatte mir Helmut gleich zu verstehen gegeben das ich nicht wild um mich herum verändern konnte wie ich lustig war. Man musste dem Volk Zeit geben sich an neue Strukturen zu gewöhnen, anzunehmen und als etwas Positives zu verstehen.   So blieb es für Mehr keinen Spielraum in diesem Jahr.   Kapitel 19: Essensbeschaffung ----------------------------- Kapitel 19 - Essensbeschaffung     Nachdem das Geburtshaus eröffnet und das Hospital solide seiner Aufgabe nachkam konzentrierte ich mich auf das Beschaffen von Nahrungsmitteln. Außer den eigenen Haustieren, gestaltete es sich schwer. Im See neben der Stadt lebten so manche Fische und Aale, doch fischte man zu viel war der See schnell leergefischt. Der Berg endete an einer Seite am Meer, doch am Rande ließ sich nicht viel fischen. Es bedarf Boote, doch bestand die Gefahr von den Menschen entdeckt zu werden und denen einen Zugang zur Stadt zu zeigen. Ohne die Sonne wuchs nichts. Mit den Insekten hielt es sich wie mit den Fischen. Die Tunnelgänge im Wald warfen nicht genug ab. Wir benötigten Felder. Eigene Felder. Denn wenn ich veranlasste das von den Feldern der Menschen gestohlen werden sollte verfolgen sie die Spuren zurück und es entstünde Streit, am Ende Krieg. Froschlippe baute eine neue Stadt weil er mit Krieg rechnete, viele Tunnel waren verschlossen worden, das Liefern meiner Möbel hatte einen riesigen Aufwand bedarf, ebenso wie unsere Hochzeit. Das liefern von Salz und Pfeffer, geschweige denn eigene Felder zu besitzen. Es war erstaunlich wie ich begann aus der Sicht eines Groblin zu denken. Wie sollte man Koexistieren ohne kooperativ zu sein? Sonne. Ich brauchte Sonne in diesen Berg. Und das Meer. Ich benötigte die Sonne und das Meer. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen nachdem ich mir wochenlang den Kopf zerbrochen hatte. Eilig griff ich nach einem Pergamentblatt und nach meinem Federkiel und kritzelte fleckig meine Gedanken darauf. Ich werde Leute benötigen, also musste ich warten bis Froschlippe mit den Männern zurückkehrte. Denn sie werden ihre Arbeiten unterbrechen müssen. Um alles in die Wege zu leiten schrieb ich meinen Vater und bat um Samen aller Gemüse- und Obstsorten, die ihm zu Verfügung standen. Ebenso Samen der Zuckerrübe und dem Pfefferstrauch. Ebenso einen Kilo von Zucker, Salz und Pfeffer und mehrere Kilo Honig sollte er schicken um es den Groblins vorzustellen. Kochbücher benötigte ich ebenso und Schriften über Anbau. Kräuter. Wir benötigten mehr Kräuter. Salz? Meer? Ich schlug mir härter gegen die Stirn als ich beabsichtigt hatte. Salz gewann man aus dem Meer. Dunkel erinnerte ich mich daran wie ich einmal über eine fade Suppe geschimpft und Lottie mir eine Predigt darüber gehalten hatte, das Salz ein teures Gut war, das sich viele einfache Menschen nicht leisten konnten. Und die, die es konnten, gerade so viel um Essen für den Winter haltbar zu machen. Auch als Prinzessin sollte ich nicht alles als selbstverständlich ansehen. Wenn wir einen Zugang zum Meer hatten, denn etwas anderes war der See an der Stadt nicht, dann hatten wir auch Salz. Wir benötigten nur viel Zeit um es zu trocknen, was am schnellsten in der Sonne geschehen würde. Alles in einem Brief festgehalten, pustete ich sanft über das Pergament um die Tinte schneller trocknen zu lassen, faltete es und drückte meinen Siegel darauf.   Nachdem ich Helmut und Hannelore meine Idee mitgeteilt hatte waren sie wenig begeistert, doch ließen sie mich ziehen. Das gab mir das Gefühl das man nach dem Geburtshaus und dem Hospital eine Chance geben wollte. Am nächsten Tag veranlasste ich das man mich mit der Kutsche zum Meereszugang brachte. Silki begleitete mich und zwei Groblinkrieger gewährten uns Schutz. Denn in den Tunneln gab es nicht nur domestizierte Haustiere. Tunnelkatzen und andere Wesen trieben ihren Unwesen in den unbewohnten Gängen und Höhlen des Berges. So saßen wir in der ungemütlichen Kutsche, welche uns nach einer Stunde bereits umher schüttelte das es uns schlecht wurde. Nach einer lang anhaltenden Folter meines Gesäßes durch die harte Holzbank, und den unzähligen Steinen die den Weg säumten trat nach erdrückender Qual eine erlösende Taubheit ein. Die gebauten Straßen waren zu Ende, es gab nur noch Wege, welche der Berg hergab. Teilweise natürlich, teilweise uralte Tunnel welche nur dazu gedacht waren die Grenzen des Berges auszuloten. Vorsorglich waren an jeder Ecke der Kutsche ein leuchtender Kristall angebracht worden, denn die Vorstellung durch eine Schwärze transportiert zu werden, in der man blind hindurch geführt wurde, womöglich an Gefahren vorbei die man nicht sehen konnte, war eine mehr als grausige Vorstellung. So viel Vertrauen vermochte ich niemanden zu schenken.   Nach einer für mich ewig währenden Fahrt durch die Dunkelheit endete sie nach mehreren Stunden in einem großen Höhleneingang, welcher nur eine halb so große Öffnung zum Meer vorwies. Der Meeresarm welcher in der Höhle zum See zusammenlief, war nur schmal und der Eingang war gesäumt von großen Steinbrocken welche aus dem Wasser ragten und einen kaum einen Weg hinaus aufs offene Meer zeigten. Für einfache, kleine Boote musste der verschlungene Weg reichen. Der Rest bildete einen Schutzwall. Die Tatsache das der Eingang so niedrig war das der eben erklärte Schutzwall sogar teilweise höher ragte konnte nur von Vorteil sein. Fuhr ein Schiff vorbei konnte dieses nicht sehen das dort ein Höhleneingang war.   „Majestät, seit ihr Euch sicher das es hier möglich wäre zu Fischen? Wenn Menschen uns entdecken...“ „Es soll nur nachts gefischt werden. Ihr könnt im Dunkeln sehen, wir nicht.“ „Aber die Felsen dort am Eingang.“ „Die sind unser Schutz. Wir werden einen Weg finden das wir hinein und hinaus fahren können ohne jedes Mal ein Boot zu zerstören.“ „Man könnte Polster um das Boot herum anbringen“, äußerte sich plötzlich der kleinere der beiden Krieger. Erstaunt blickten Silki und ich ihn uns an. Auf den Weg hatten beide nicht mehr gesprochen als nötig und nun eine unerwartete Meinungsäußerung. „Sehr gute Idee, Kampa. Das machen wir. Es ist Platz genug um hier Boote bauen zu können.“ „Majestät, man könnte auch Zeichen an den Felsen hinein ritzen um den Weg hinein und hinaus zu markieren“, ereiferte sich Gimpi, dessen Name für den großen, muskulösen Groblin mehr als unpassend war. „So soll es sein. Ihr habt gute Ideen. Lasst uns rasten und ausruhen. Der Rückweg wird lang.“   Kapitel 20: Ich bin die Groblin-Königin --------------------------------------- Kapitel 20 * ~Ein halbes Jahr später~ *   Es war wieder so weit. Ein weiteres Jahr war ins Land gezogen und Froschlippes Rückkehr stand an. Vor einer Woche hatte ich meinen vierzehnten Geburtstag gehabt. Es hatte einen derben Nachgeschmack an diesem Tag weder Geschenke zu bekommen noch Gratulationen zu erhalten. Doch da für Groblins keine Geburtstage existierten war es erträglich, denn schließlich erging es allen anderen ebenso. Nur das diese nicht wissen konnten was sie verpassten. Aus meinen Kleidern war ich nun gänzlich herausgewachsen. Wenn ich versuchte in eines hineinzuschlüpfen war es bereits eine schmerzliche Angelegenheit. Nicht nur das ich größer geworden war, meine Schultern waren breiter geworden, ebenso meine Hüften und meine Brüste füllten inzwischen meine Hände. In meiner Scham wurde der Haarwuchs immer dichter, auch unter den Armen. Es war alles so erschreckend anders. Ehe es einem so richtig bewusst wurde, weil man zu sehr mit dem Regieren beschäftigt war, wabbelten plötzlich diese zwei Dinger am Oberkörper, sind empfindlich und tun schnell weh wenn man sich ungeschickt anstieß. Die Scham wurde pelzig wie mein Schopf auf dem Kopf und wurde immer wieder feucht, oft gab es sogar merkwürdigen Schleim den ich dann in meiner Unterwäsche fand. Etwas peinlicheres konnte ich mir kaum vorstellen. Inzwischen hatte ich nur noch von Groblins genähte Kleider, welche mir ein wildes Aussehen verliehen. Meinen Schmuck, außer den Ring meiner Mutter ließ ich inzwischen ganz weg, doch die Haare steckte ich mir nach oben und auf die Schuhe wollte ich nicht verzichten. Meine alten passten mir nicht mehr, doch ließ ich mir diese ebenso herstellen, mit einer ausreichend dicken Sohle.   So saß ich nun da, auf meinem steinernen Thron, in meinem wilden Kleid, den Schuhen aus mir unbekanntem Leder, die Hörner, welche meine Krone bildeten auf meinem Haupt. Ich sah aus wie ein Dämon, entsprungen aus der Hölle. Das Kleid schlang sich eng um meinen Körper und zeigte mehr als bei Menschen erlaubt wäre. Niemals würde jemand im Schloss meines Vaters meine Knöchel, mein Dekolletee oder meine nackten Schultern sehen. Ebenso fehlten die Unterkleider, meine alten Kleider hatten viele Lagen Stoff gehabt, allen voran eine Korsage. Doch nun war es nur ein Kleid, mehr ein Hemdchen. Ein breiter Gürtel war ein kläglicher Ersatz für eine Korsage. Und mein Busen war nur allzu gut zu sehen. Mir war es lange Zeit peinlich gewesen, bis ich mich daran gewöhnt hatte das hier unten bei vielen Dingen keine gestrenge Sittlichkeit herrschte. Ein brauner Pelz, eines mir unbekannten Tieres hatte ich mir über die Schultern gelegt, zusammengehalten von einer Brosche die ich mir hatte machen lassen. Eine Rose. Sie sollte meine Herkunft symbolisieren. Die Rose war das Zeichen meiner Urururgroßmutter. Der Pelz war nur kurz und reichte mir im Rücken nicht mal bis zur Taille, aber ohne ihn war es deutlich kälter. Wie zur Salzsäule erstarrt saß ich da, ein Bote hatte die baldige Ankunft von Froschlippe angekündigt und alle saßen wir still da und warteten gespannt auf seine Rückkehr. Sein Vater zu meiner Rechten, seine Mutter zu meiner Linken, deren Kronen noch immer auf der jeweils äußeren Armlehne ruhend. Mein Mund war trocken, mein Herz schlug mir bis zum Hals, es begann schon unangenehm in der Kehle zu schmerzen. Wieder fürchtete ich die Konfrontation mit ihm. Ich hatte im Laufe des Jahres alles nach meinem Willen verändert. Ein Hospital und ein Geburtshaus war eine reichlich große Veränderung. Der Plan von den Fischerboten und der Salzgewinnung musste ich ihm noch schmackhaft machen. Es nach seiner weiteren Abreise, falls es denn so weit käme, einfach selbst zu bestimmen und ihm nichts zu sagen, erschien mir einem Todesurteil nahe. Die Groblins weiter hinten wurden unruhig, mein Herz zersprang in meiner Brust, der Schweiß brach aus jedem Winkel meines Körpers aus. Und gleichzeitig spürte ich Freude ihn wieder zu sehen und ungünstig wie immer begann ich mich an vergangene, nächtliche Aktivitäten zu erinnern und mit völliger Vorfreude begann meine Scham feucht zu werden. Ich hasste meinen unsäglichen Körper. Mit jedem Schritt die Treppe hinunter konnte ich seinen Körper Abschnitt für Abschnitt mehr in Augenschein nehmen. Seine Beine wirkten nicht mehr so dünn wie in meiner Erinnerung. War sein Lendenschurz kürzer? Erstaunt blickte ich die Muskeln an die sich leicht an seinem Bauch andeuteten. Brust und Schultern waren breiter geworden. Wurde sein Kopf kleiner? Oh mein Gott, er überragte die andern Groblins, was war mit ihm passiert? Die Groblins waren etwas kleiner als Menschen, nur hatten sie einen sehr großen Kopf und einen kleineren, etwas gedrungenen Körper dazu. Froschlippe aber wuchs und sein Körperbau wirkte menschlicher. Einfach durch die Statur. Die grünliche Haut, die abstehenden, borstigen Haare, die gelben Augen, die großen Ohren, alles war wie bisher, nur …. anders. Mit einem selbstbewussten triumphierenden Lächeln kam er auf mich zu, sein Umhang verlieh ihm ein unheilvolles aussehen, was deutlich an den anhaftenden Schmutz und den Rissen am Saum lag und ich stand auf um ihn zu begrüßen. Seine Eltern ignorierend ging er zielstrebig auf mich zu und küsste mich, was ich mit glühend roten Wangen erwiderte. Atemlos lösten wir uns von einander, nicht das es ein langer, intensiver Kuss gewesen wäre, aber es war zu aufregend und die Gefühle spielten Achterbahn. Meine Brust begann vom starken Klopfen meines Herzens zu schmerzen und ich hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Indessen begrüßte Froschlippe seine Eltern und Hannelore weigerte sich für eine gefühlte Ewigkeit ihren Sohn wieder loszulassen. „Oh mein hübscher Teufel, du bist so groß geworden. Du siehst so stattlich und königlich aus. Das ist der Beweis, die Groblins erheben sich und stellen sich über die Menschen“, schwärmte Hannelore. „Die gleiche Stufe würde ausreichen, Mutter.“ Froschlippe drehte sich zu der Menge und da bemerkte ich die hässliche Narbe die sich über seiner rechten Lende zog. Und es war nicht die Einzige. Dort an seinem Bein, da an seinem Unterarm. Mehrere Narben zierten seinen Körper. Was war nur geschehen? Ich bemühte mich unbeteiligt drein zu schauen. „GROBLINS. IN EINEM JAHR IST ES SOWEIT, DANN BEZIEHEN WIR UNSER NEUES REICH!“ „Wo ist es?“, rief einer aus der Menge und hatte Mühe sich gegen das laute Getose, Trampeln und Jubeln zu behaupten. „HÖHER NOCH ALS DIE MENSCHEN LEBEN, HOCH OBEN, DEM HIMMEL UND DER SONNE GANZ NAH. WIR ERHEBEN UNS VON DEN TIEFEN TUNNELN, HOCH HINAUS.“ Es war ein grotesker Anblick wie die Groblins Jubelten und gleichzeitig die größte Verwirrung in den Gesichtern trugen. „BALD IST ES SOWEIT UND WIR WERDEN GLEICHGESTELLT ÜBER DEN MENSCHEN LEBEN. IN DER SONNE WERDEN WIR UNS BEWEGEN UND WERDEN NIE MEHR VON IHNEN GEJAGT WERDEN. KEIN KOPF WIRD MEHR AUF DEREN SPIEßEN VERROTTEN.“ „Aber König Froschlippe, wie soll das gehen? Seit Jahrhunderten sind wir hier und kennen nichts anderes. Die Menschen werden uns jagen, sie haben uns nicht vergessen. Die Bergleute....“ „Ja, Majestät, sie werden uns die Köpfe abschlagen, sobald wir die Ohren aus der Erde strecken.“ „Das Bedeutet der Tod für uns Groblins“, rief ein ängstlicher, älterer Kobold. „RUHE! SEIT WANN BENEHMEN WIR UNS WIE ÄNGSTLICHE HASEN? WIR SIND GROBLINS! UND IHR VERGESST DAS ICH ETWAS BESITZE DAS UNS JEDE TÜR UND TOR ÖFFNET. ICH VERSCHAFFE UNS AMNESTIE UND FREIHEIT.“ „Was ist es was ihr besitzt?“ „Ja, was soll das sein?“ Froschlippe massierte seine Nasenwurzel und wirkte genervt und ungeduldig. Er packte mich am Arm und platzierte mich vor ihn hin. „MEINE KÖNIGIN IST DER SCHLÜSSEL! SIE IST DIE EINZIGE TOCHTER DES SONNENKÖNIGS, WIR SIND AUCH NACH DEN REGELN DER MENSCHEN RECHTLICH VERHEIRATET. DAS MACHT MICH UND UNSERE KINDER ZU SEINEN RECHTMÄßIGEN NACHFOLGERN! ER WIRD NICHTS RISKIEREN WAS SIE VERLETZEN KÖNNTE.“ Der Jubel war ohrenbetäubend. Sie johlten, trampelten, sprangen und rammten sich gegenseitig und wenige Mutige kamen nach vorne, verbeugten sich vor mir und berührten ehrfürchtig meine Schuhe. Ich musste Froschlippe nicht ansehen um sein stolzes Grinsen zu sehen, seine großen Hände hielten meine Schultern und ich spürte seine Krallen, die sich leicht in meine Haut bohrten. Wie in einer Zeitkapsel gefangen fand ich mich in der Zeit meiner Entführung wieder, zwei Jahre zuvor. Hatte ich mich vielleicht getäuscht? Benutzte mich Froschlippe nur um an sein Ziel zu kommen und war dabei mein Vater zu erpressen? Würde Vater wirklich keinen Krieg führen? Immer wieder hatte er mir eingebläut das man zum Wohle des Reiches handeln musste, das war das wahre Laster des Königs. Er mochte in einem goldenen Käfig sitzen und sich alles Materielle kaufen können, doch niemals hatte er wirkliche Freiheit, denn es ging nicht um ihn. Meine Hände zitterten und ich spürte Tränen in meinen Augen aufsteigen. Nein Aline, reiß dich zusammen, niemand darf dich so sehen. Stärke ist alles. Stärke ist alles. Ich fand wieder in meine Rolle zurück, legte mir meine imaginäre steinerne Maske an und blickte gleichgültig und stolz in die Runde. Bei den anschließenden Feierlichkeiten trat Froschlippe an meine Seite und schlang seinen Arm um meine Taille. Oh mein Gott, was war das für ein flatteriges Gefühl in meinem Bauch? „Warum so in Gedanken, meine Königin“, flüsterte er in mein Ohr. „Regierungsangelegenheiten, ich möchte dich nicht mit meinem Hausfrauengeschichten langweilen.“ „Hehehe, ich liebe es wenn du biestig bist“, flüsterte er abermals in mein Ohr und kam dabei meinem Hals so nahe, das sein Atem mir ein Schauer über den Rücken jagte, was meine Scham wieder zur Ressort zog, verdammtes Ding. „Ich pass mich immer meiner Umgebung an.“ „Hahaha, der hat gesessen. Was ist los, ich hatte gedacht das du dich über meine Rückkehr freuen würdest“, raunte er und streichelte sanft über meine Hüfte. Warum musste er das in der Öffentlichkeit machen? Es war ein schreckliches Gefühl Leidenschaft und Scham gleichzeitig zu empfinden. „Deine Briefe hatten mir nicht das Gefühl gegeben das du dich wirklich freust mich zu sehen. Abgesehen von meinem Schoß.“ „Ihr Menschen seit immer so empfindlich.“ „Wie kannst du...“ „Majestät, ich möchte nicht stören, nur wollte ich die Gelegenheit nutzen mich bei Euch für das Geburtshaus zu bedanken. Meine Tochter hat sich gut aufgehoben gefühlt und ein gesundes Mädchen zur Welt gebracht. Sie hat es Aline getauft. Ich habe nichts was ich Euch als Dank bieten könnte, doch nehmt das“, sagte die nette, ältere Kobolddame und gab mir eine Schüssel, voll mit meinen Lieblingskäfern. „Dein Dank reicht mir völlig, hab Dank für die Käfer, das sind meine Liebsten“, sagte ich zu ihr. Sie lächelte, verbeugte sich kurz in Froschlippes Richtung und verschwand wieder in der Menge. „So ist das. Ich habe schon davon gehört das die Groblins von dir begeistert sind, wer hätte damit gerechnet“, lächelte Froschlippe stolz und griff beherzt in die Schüssel. „Moment, niemand hat dir erlaubt welche zu nehmen, das sind meine“, sagte ich und entzog ihm die Schale. „Was dir gehört, gehört mir“, zuckte er mit den Schultern und stopfte sich genüsslich alle Käfer in den Mund. Einer krabbelte über seine Wange und wollte entkommen, doch zog ihn die Zunge wieder in den Schlund zurück. Mit wütendem Gesicht blickte ich ihn an. „Ich gehöre nur mir selbst. Es ist meine Gnade die dich in meiner Nähe sein lässt und dein Privileg mich zur Frau zu haben“, spukte ich aus, ganz ohne zuvor darüber nachgedacht zu haben. Als hätte eine fremde Macht von mir Besitz ergriffen. „Ich mag deine innere Bestie, doch nun solltest du sie wieder einsperren“, knurrte Froschlippe. „Also soll ich mich wie ein Mensch benehmen?“ „Mhpf, was ist in dich gefahren?“ „Ich bin Königin der Groblins“, sagte ich stolz und lasziv, steckte mir den letzten Käfer in den Mund und warf ihm die Schale vor die Füße. Nach einer halben Drehung, denn ich wollte schon von dannen ziehen, wendete ich mich ihm wieder zu. „Und solltest du beabsichtigen mit mir Kinder haben zu wollen, solltest du dich netter verhalten. Ich bin keine Dirne die du genüsslich zu jeder Zeit benutzen kannst“, sagte ich mit gerecktem Kinn und einem direkten, furchtlosen Blick in seine Augen. Mit hocherhobenen Hauptes wendete ich mich von ihm ab und konnte nicht anders als meine Hüften zu schwingen, wohl wissend das es in diesem enganliegenden Kleid zu sehen war. Froschlippe konnte es nicht sehen, aber mein Herz vibrierte förmlich in meinem Inneren, meine Hände waren schweißig und mir wurde leicht schwindlig. Was hatte mich nur geritten mich so zu benehmen? Es war schneller aus meinem Munde gewichen als ich zwinkern konnte. Den restlichen Abend verbrachte ich mit meinen Untertanen, stellte mich mal hier und mal da, dazu, hörte mir ihre Danksagungen, Ideen und Sorgen an. Froschlippe ignorierte ich dabei gänzlich. Kapitel 21: Das Geschenk ------------------------ Kapitel 21 – Das Geschenk Heiß spürte ich die Blicke Froschlippes auf meiner Haut. Es war anstrengend, immerzu musste ich mich bemühen nicht hinzusehen. Fiel er in meinen Blickwinkel ließ ich meine Augen woanders hinschweifen. Ich spürte wie sauer es ihn machte, doch war mir das egal. Meine eigene Wut brannte so sehr in meinem Herzen das ich alles in Kauf nahm. Stärke ist alles. Seit einem Jahr bemerkte ich das ich immer gereizter wurde und manchmal wegen Nichtigkeiten deprimiert. Ich verstand selbst nicht was mit mir los war. Erst begannen meine flachen Brüste sich runder zu werden, Haare sprossen aus Scham, Achseln und Beinen, meine Blutungen traten ein und seitdem fühlte ich mich selbst völlig fremd. Die Gefühle in meinem Inneren waren oft so wankelmütig, das ich befürchtete ins Schleudern zu geraten. Meist fühlte ich mich als hätte ich auf meiner linken Schulter einen Teufel und auf meiner rechten einen Engel. Und der Teufel wurde immer durchsetzungsfähiger. Später als die Feierlichkeiten vorüber waren trafen Froschlippe, seine Eltern und ich uns zu einem privaten Plausch im Speisesaal. „Ich muss zugeben das es eine fantastische Idee war das Hospital und das Geburtshaus einzurichten“, erklärte Hannelore zu meiner Überraschung ihrem Sohn. „Was? Wirklich?“, fragte er ungläubig. „Ja, die Hebammen, Wundärzte und die Bevölkerung sind zufriedener und tatsächlich überleben mehr Neugeborene und Mütter die Geburt und es sterben nicht mehr so viele Groblins. Die, die sich von der Krankheit erholen sind nach kurzer Zeit wieder so kräftig wie zuvor.“ „Natürlich stirbt immer noch ein großer Teil, doch nur noch halb so viel wie im letzten Jahr“, ergänzte ich und konnte mir ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen. „Ist das so“, nuschelte Froschlippe tief in Gedanken. „Was sind deine Pläne für das nächste Jahr?“ „Wo du gerade fragst, ich habe etwas vorbereitet“, sagte ich und rief nach Silki damit sie sich um meine zuvor abgesprochene Anweisung nachkam. Kurze Zeit später kehrte sie und eine weitere Groblin-Dame mit dampfenden Speisen zurück. „Ich habe mir erlaubt Salz, Zucker und Pfeffer zu besorgen. Das sind Gewürze die den Geschmack des Essens verfeinern. Bitte probiert, Golaka hat mehrere Anläufe benötigt bis die Mahlzeiten richtig abgeschmeckt waren. Wir waren lange in der Küche gestanden.“ „Du warst in der Küche?“, fragte Hannelore irritiert. „Ihr habt mit Feuer gekocht?“, entfuhr es Helmut schockiert. „Wie kamen diese Gewuze her?“, wollte Froschlippe mit einem wütenden Unterton wissen. „Ja ich war in der Küche und bin Golaka zur Hand gegangen, sie weiß doch nicht wie es schmecken muss. Wir haben mit Feuer gekocht, aber immer erst nach Sonnenuntergang. Ich habe die Sachen herbeischaffen lassen auf den üblichen Weg und nein, das war das letzte Mal. Es diente nur dazu es euch erst mal zu zeigen. In Zukunft sorgen wir selbst für unsere Kräuter und Gewürze.“ „Wie soll das von statten gehen?“, entgegnete Froschlippe mit zusammengekniffenen Augen. „Das erklär ich noch, esst so lange es noch heiß ist.“ Es war köstlich Groblins beim Verzehren menschlicher Speisen zu beobachten. Alle drei verbrannten sich die Finger, versuchten nur mit den Krallen danach zu greifen und es prustend kühler zu bekommen, ehe sie es nach Luft schnaufend, weil es eindeutig noch zu heiß war, im Mund zu kauen und hinunter zu schlucken. Die Gesichter dabei waren unbeschreiblich. Erst hatten sie alle diesen Unwillen im Gesicht, das Misstrauen und die Sorge nun etwas ekliges essen zu müssen. Dann der erste Biss, das hin-und her balancieren des heißen Stückes und das eilige nach Luft schnappen, weil es ungewohnt heiß war, das schnelle Kauen um es zügig hinunter zu schlucken um es hinter sich zu bringen und dann die Erkenntnis und der Schock über die Geschmacksexplosion im Mund. Die Blicke die zwischen ihnen ausgetauscht wurden waren einmalig und unbeschreiblich, gefolgt von eiligem hinunterschlingen. Ich dagegen aß langsam, denn ich wollte jeden einzigen Bissen genießen. Für einen kleinen Augenblick schloss ich die Augen und fand mich gedanklich im Schloss meines Vaters wieder. Es war ein langer Weg und wir haben viel probieren müssen, doch nun schmeckte es wie Zuhaus. Tränen sammelten sich in meinen Augen und ich versuchte mich zusammen zu reißen. Stärke ist alles. „Diese.... *schmatz*... diese... hach... diese Süße ist unglaublich, ich könnte mich hineinlegen“, schwärmte Hannelore und es wärmte mir das Herz. Es zauberte ein Lächeln in mein Gesicht als ich Froschlippe dabei beobachtete, wie er erst einen winzigen Bissen vom süßen Gebäck aß und es prompt vollständig in seinen Mund stopfte. Die Mühe das große Stück zu kauen und hinunter zu schlucken milderten seine Begeisterung in keinster weise. „Gut, wie sollen wir das anbauen? Wir haben keine Äcker. Und auch wenn ich dafür sorgen werde das wir aus dem Berg treten können will ich sicher sein das wir es haben, auch wenn dein Vater Krieg mit uns führen sollte.“ „Erinnerst du dich an die Höhle hoch oben zu der du mich immer gebracht hattest, deren Öffnung zum Meer hinaus ging? In so einer Höhle können wir anbauen. Notfalls lassen wir nachts Erde von draußen hinauf bringen um anpflanzen zu können. Womöglich gibt es mehrere solcher Höhlen?“, fragte ich hoffnungsvoll. „Mmmh.... wenn nicht, dann schlagen wir Öffnungen durch die Felswand und schaffen sie uns“, entgegnete Froschlippe. Das Lächeln in meinem Gesicht wurde so breit das es schnell in meinen Backen schmerzte. „Noch etwas. Ich möchte Fischerbote bauen lassen.“ „Bist du verrückt? Die Menschen finden am Ende noch den Eingang.“ „Ich habe einen Meerzugang gefunden, das muss der Zugang zu unserem See neben der Stadt sein. Der Eingang ist nicht groß und von außen durch herauf ragene Felsen bedeckt. Wenn nur nachts gefischt wird kann nichts geschehen. Zudem könnten wir zusätzlich Salz gewinnen aus dem Meer, ich habe in einem Buch von Vater gelesen wie das geht“, führte ich meine Erklärungen an. Geduldig hörten sie mir zu, stellten hier und da eine Frage und zum Schluss begann ein anregender Gedankenaustausch wie man alles realisieren könnte. „Es würde mein Vorhaben verzögern“, überlegte Froschlippe angestrengt und fuhr währenddessen geistesabwesend durch seine Haare. Diese waren deutlich länger geworden und fielen ihm über die Schultern. Nachdem wir uns bis tief in die Nacht unterhalten hatten und mir schon fast die Augen zufielen, verabschiedete ich mich und zog mich in unser Schlafgemach zurück. Froschlippe ließ es sich nicht nehmen es mir gleich zu tun, ein Gähnen vorzutäuschen und mir hinterher zu trotten. Kaum hatte ich die Steinketten, welche unsere Tür ins Gemacht darstellten überwunden, hörte ich ihn auch schon hinter mir. „Wehe du machst das noch einmal was du heute getan hast“, begann er direkt zu schimpfen, womit ich gerechnet hatte. „Was genau?“, fragte ich unschuldig, setzte mich an mein Frisiertisch und begann meine hochgesteckten Haare zu befreien und meine Krone abzusetzen. „Mich so herablassend zu behandeln und mir die Schale vor die Füße zu werfen.“ „Das tue ich, sobald du dein Verhalten änderst.“ „Wann habe ich mich je falsch verhalten?“ „Zum Beispiel als du mich wie ein Trophäe im Thronsaal präsentiert hast und mir und der Welt allzu deutlich erläutert hast was du von mir erwartest.“ „Ähm... was meinst du?“ „Das ich nichts weiter bin als ein Gegenstand zur Erpressung meines Vaters. Ach ja und Kinder soll ich bekommen, die dann seinen Thron besteigen können“, seufzte ich traurig. Ich verstand selbst nicht warum mich das so verletzte. „Ja, aber das wusstest du doch. Das ist nichts neues.“ „OH JA, DA HAST DU RECHT. ES IST NICHTS NEUES. … Ich hatte nur gedacht... nach unserer letzten Nacht... ich weiß auch nicht. Ich muss etwas falsch verstanden haben.“ „Was?“, fragte Froschlippe neugierig und schien völlig überfordert. „Die Situation, wie sie ist, kann ich nicht ändern. Auch nicht das ich mein restliches Leben hier verbringen werde, nur hatte ich gehofft.... das es … glücklicher verlaufen würde. Die Ehe... zwischen uns. Aber das war eine dumme Idee, schätze ich“, lächelte ich gequält und konnte die stummen Tränen nicht mehr aufhalten. Angestrengt versuchte ich stolz dazusitzen, meine Haare zu bürsten und meine Kleider abzulegen als wenn nichts wäre. Starr blickte ich auf die Tischplatte und hantierte verkrampft vor mich hin. Im Augenwinkel konnte ich sein Spiegelbild vor mir sehen. Also wusste ich das er mich sah. Peinlich, aber nicht zu ändern. Ein Wunder musste passieren damit er nun nichts sagte was mich weiter verletzten könnte. So wappnete ich mich innerlich gegen jeden erdenklichen Schlag. Doch es kam nichts. Bis er begann einen ledernen Beutel zu nehmen, der auf seinem früheren, steinernen Bett gelegen hatte und kam auf mich zu. Nervös griff er hinein und zog etwas großes, schweres hervor. „Ein Stein?“, fragte ich verwirrt. „Nein, nicht ganz, sieh genauer hin.“ Ich hielt in meiner Tätigkeit inne und sah mir den schweren Brocken an, den er mir hinhielt. Zunächst musste ich mehrmals blinzeln um zu begreifen was es war. Ein Ei. Ein großes, mit vielen kleinen Schuppen besetztes, halb versteinertes Ei. Es sah aus als wäre es einmal Schwarz gewesen, ein leichter metallener Schimmer war beim drehen zu sehen, doch wirkte es so fad und grau, wie Stein. An einer Stelle schimmerte es in einem metallenen Schwarz, was einem an das Meer in der Nacht erinnerte, versehen mit roten Wellen, welche ich beim Drehen im Licht des Kristalls sehen konnte. Auf dieser Stelle könnte es gelegen haben, der Rest war in einem faden grau, jedoch war es kein Dreck, den man abwischen konnte. Das Ei hatte wohl an Farbe verloren. Ob es in der Sonne ausgeblichen war? Die unteren Schuppen waren nicht mehr so deutlich zu erkennen an der größeren, unteren Rundung, da verschwommen sie zu einer einheitlichen, steinernen Masse. Es war länger als meine ausgestreckte Hand und schwerer als erwartet. Nur mit zwei Händen konnte ich es halten. „Was ist das?“, fragte ich erstaunt und die Traurigkeit war prompt vergessen. „Ein Drachenei.“ „EIN DRACHENEI?“, rief ich überrascht aus und hatte es beinahe fallen lassen in meinem Schock. „Ich dachte die sind vor langer Zeit ausgestorben.“ „Das sind sie. Bei der Erkundung des Berges bin ich in einer halb zugeschütteten Höhle auf dieses Ei gestoßen. Wir hatten über die herabgestürzten Felsen klettern müssen um durch zu kommen, auf jeden Fall stieß ich mir den Fuß an diesem elendigen Ding an. In meiner Wut wollte ich es gegen die Wand schmeißen, doch sah ich dann was ich gefunden hatte.“ „Fühlt es sich deswegen warm an?“ „Warm? Was? Warum?“ „Na weil es ein Drachenei ist, ob es deswegen warm ist?“ Prüfend legte Froschlippe seine Hand auf das Ei. „Es fühlt sich kalt an.“ „Was? Merkwürdig. Ich finde es fühlt sich eher lau, leicht warm an. Nun ja meine Hände sind ja auch immer eisig, vielleicht fühlt es sich deswegen so an.“ „Womöglich.“ „Da hast du einen tollen Fund gemacht. Du freust dich sicher darüber“, lächelte ich und wollte es ihm zurück geben. „Was tust du?“ „Ich geb es dir zurück.“ „Willst du es nicht haben?“, fragte Froschlippe und blickte verletzt drein. „Ach... oh... hahaha … ich hatte gedacht du willst es mir nur zeigen, ich hatte nicht damit gerechnet, das du es mir schenken willst.“ „Natürlich ist es ein Geschenk, sonst hätte ich es dir nicht gegeben.“ „Bist du sicher das du es nicht selbst behalten willst? Es ist etwas Besonderes.“ „Dann gehört es jetzt der richtigen Person.“ Kapitel 22: Eheleben Teil 2 --------------------------- Kapitel 22 – Eheleben Teil 2   „Dann gehört es jetzt der richtigen Person.“ Fast hätte ich das Ei fallen lassen, so überrascht war ich von seiner Aussage. Ein Geschenk für mich? Von Froschlippe? Plötzlich fiel mir ein was Helmut mir erzählt hatte. Groblins war es wichtig Stärke zu zeigen und äußerten ihre Gefühle nicht, allerdings zeigten sie es im Alltag. Also mochte er mich? Merkwürdig wie sich die Dinge ändern konnten. Vor zwei Jahren wäre ich lieber gestorben als mit ihm Leben zu müssen und hatte inständig gehofft das er mich nicht in der Hochzeitsnacht vergewaltigt und nun sehnte ich mich nach seiner Berührung und das obwohl mir meine Gefühle zu ihm nicht klar waren. „Ich danke dir für dieses großartige Geschenk“, lächelte ich aufrichtig und das tatsächlich so ehrlich und breit, das meine Backen zu schmerzen begannen. „Mmh. Gut“, sagte er schulterzuckend und wirkte auf mich etwas unbeholfen. Ich legte das Ei behutsam in meine Truhe, da ich nicht wollte das er mir vom Tisch rollte. Für das Ei würde ich mir eine Halterung überlegen müssen damit ich es mir als Dekoration hinstellen konnte. „Wie lange wirst du bleiben?“, fragte ich und machte mich weiter fürs Bett fertig. Haare waren bereits gebürstet, ich legte den Gürtel ab und zog meine Schuhe aus. „Ich denke ich werde einen Monat bleiben. Wir sind gut voran gekommen und ich möchte den Familien etwas Zeit geben, ehe die Männer wieder aufbrechen müssen. Und so können sie neue Groblins zeugen“, lächelte er verstohlen vor sich hin, was mir die Röte in die Wangen steigen ließ. Ich würde mir gerne ein langes Nachthemd anziehen, doch mich so nackt vor ihm zu präsentieren, dazu schämte ich mich zu sehr. „Könntest du dich umdrehen?“, fragte ich nun ganz schüchtern. „Was? Warum?“, entgegnete Froschlippe mit Unverständnis. „Ich würde mir gerne mein Nachthemd anziehen.“ „Ja dann mach doch.“ „Würde ich ja, aber ich kann nicht wenn du mir dabei zusiehst?“ „Weshalb?“ „Du siehst mich dann nackt.“ „Das ist die Konsequenz wenn ich dir dabei zusehe.“ Allmählich wurde ich wütend. War er dumm oder wollte er mich ärgern? „Ich will das aber nicht. Ich schäme mich und will nicht das du mich siehst“, rief ich verzweifelt aus und umarmte mich selbst, den Tränen nahe. „Du schämst dich wegen mir?“ „Nich nur …. also ich meine, nicht direkt wegen dir. Nur, ich weiß nicht, es hat sich so viel verändert und ich schäme mich so. Ich möchte von niemanden gesehen werden.“ Ohne ein weiteres Wort drehte Froschlippe sich um und verharrte in der Stellung. Erleichtert und dankbar beeilte ich mich mein Kleid auszuziehen und war somit nur noch mit meiner Unterwäsche bekleidet. Meine Hände zitterten, weil ich mich so unwohl fühlte. Zudem spürte ich Froschlippes Anwesenheit und in meiner Eile stellte ich mich sehr ungeschickt an, weil ich zunächst nicht in der Lage war herauszufinden wie das Nachthemd nun richtig herum gehörte. Plötzlich tatschte mich etwas spitzes unbeholfen an meiner Schulter und prompt berührten mich warme Hände an meiner Taille und ich kreischte erschrocken auf, bis ich realisierte das Froschlippe sich direkt hinter mich gestellt und seine großen Hände um meine Mitte gelegt hatte. „Keine Sorge, ich habe nichts gesehen, meine Augen sind geschlossen. Ich will dir nur sagen das du dich für nichts schämen musst. Ich finde dein Körper und dein Gesicht sind noch viel schöner geworden. Du hast keinen Grund dich zu genieren.“ Mein Herz pochte wild in meiner Brust, ich musste mich stark auf seine Stimme über meinen Kopf konzentrieren, weil das Rauschen in meinem Ohren so laut war. Mein Körper zitterte unkontrolliert und ich konnte selbst nicht einschätzen ob es an meiner Aufregung lag oder wegen der Kälte, die von vorne auf meinen Körper einschlug während auf meiner Rückseite mich sein Körper wärmte. Überrascht hob ich meinen Kopf und blickte zu ihm hoch. Ich konnte seine Augen nicht genau sehen, so drehte ich mich herum, drückte mich mit meinen Händen von seiner Brust weg während er seine Hände um meiner Taille behielt und sah das er wirklich seine Augen geschlossen hatte. Diese Tatsache trieb mir wieder ein Lächeln ins Gesicht. „Ich weiß das du keine Probleme damit hast dich nackt zu zeigen, doch habe ich dieses Selbstvertrauen nicht. Es hat sich so viel an meinem Körper verändert und auch wurde ich dazu erzogen das ich meinen Körper vor aller Augen verhüllen muss. Außerdem bin ich keine Groblin. Also siehst du mich so oder so nicht als so hübsch an. Ich bin anders, als die anderen Frauen.“ Bei meinen Worten schlang er seinen einen Arm komplett um meine Taille, den anderen um meinen Rücken und drückte mich an sich. „Anders, aber nicht schlechter“, flüsterte er in meine Haare. Schmetterlinge wirbelten in meinem Bauch umher und nun bemerkte ich das es nicht unangenehm war seine Haut auf meiner zu spüren. Meine Brüste waren ein Quell von verwirrenden, starken Gefühlen, meine Nippel wurden steif und waren ganz empfindlich. Seine Hand so nahe an meinem Gesäß brachte mich fast um den Verstand und als wäre ich aus einer Trance erwacht erinnerte ich mich daran was sich auf der Höhe meines Bauchnabels befand. Die Wölbung unter seinem Lendenschurz war schwer zu ignorieren. Die Feuchtigkeit in meiner Scham nahm immer weiter zu. Mich nicht an ihn zu reiben war ein Meisterstück meiner Konzentration. Es fiel mir so schwer, was mir so absurd vorkam. Als führte mein Körper ein Eigenleben, als gehörte er nicht zu meinem Kopf. Über die Jahre hatte ich mich an das andersartige Aussehen der Groblins gewöhnt und Froschlippe gehörte in meinen Augen zu den hübscheren Exemplaren. Aber dennoch so im Licht betrachtet war es kein Gesicht das ich küssen wollte. Ich wollte schon, aber irgendwie auch nicht. Unsere letzte Nacht geschah in einem sehr dämmrigen Licht, hinter mir konnte ich ihn nicht sehen. Doch nun, ihn so direkt vor mir rief es für meinen Kopf eine Blockade hervor. Mein Körper schrie förmlich nach ihm und ich musste mich zwingen dem niedrigen Bedürfnis nicht nachzugeben. Doch mein Kopf war damit beschäftigt sein Aussehen zu beurteilen, ihn mit dem Aussehen von Menschen zu vergleichen, jede kleine und große Andersartigkeit zu bemerken und zu kritisieren. Es war ein Dilemma. „Du riechst gut“, raunte er an meinem Hals und drückte mich wieder an sich heran. Die Gefühlsexplosion in meinem Körper ließ meine Augenlider flattern und mein Haupt bereitwillig nach hinten werfen, damit er Küsse auf Hals und Schulter verteilen konnte. Es war so gut. So gut fühlte es sich an, warum konnte sich mein vermaledeiter Verstand nicht ausschalten? Stimmen in meinem Kopf spien die Wörter „Rassenschande“ und „Groblindirne“ aus, doch je länger Froschlippe mit seinen Zärtlichkeiten weiterfuhr, desto leiser wurden sie. „Wir sollten das Licht dimmen“, flüsterte ich, meine Stimme selbst so rau und entfremdet, das es mich erschreckte. „Zu Befehl meine Königin“, flüsterte Froschlippe. Mit einem Handgriff hatte er sein Lendenschurz entfernt und es bedarf großer Beherrschung nicht hinzusehen. Jedoch konnte ich ihn nicht aus den Augen lassen während er sich wegdrehte um sein Kleidungsstück über einen der Kristalle zu legen. Auf dem Weg zum nächsten Kristall hatte er sein Umhang gelöst und ich hatte einen perfekten Blick auf seine Rückseite. Die breiten Schultern, die Muskeln seiner Arme, sein muskulöser Rücken, seine schmale Taille, sein rundes Gesäß und den muskulösen Beinen. Seine Waden taten es mir besonders an und ich verstand selbst nicht warum. Und als hätte es mich aus einer Trance gerissen, blinzelte ich wild um meinem Verstand wieder dem Vorzug zu geben, denn ich entdeckte ein riesige Narbe an seinem Rücken. Hatte ihn jemand angegriffen? Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte fand ich mich im Dunklen wieder. Nur sehr schwaches blaues Licht und ein noch viel schwächeres rosanes Licht war noch zu erkennen. Froschlippes dunkle, große Gestalt trat auf mich zu und es hätte etwas sehr gruseliges, wenn ich nicht wüsste das er es war. Seine gelben Augen schienen das Licht aufzusaugen, reflektierten es und starten mich wie Katzenaugen an. Sogleich nahm er mich auf die Arme als wöge ich nicht mehr als eine Feder und legte mich behutsam ins Bett. Das wärmende Fell legte er über uns und drückte mich fest an sich. Nun spürte ich wie sehr mein Körper schon ausgekühlt war während ich so halbnackt herumgestanden war. Mein Körper zitterte und ich kuschelte mich nur zu gerne in die wohlige Wärme. „Deine Haut ist so weich“, durchbrach Froschlippe die elektrisierende Stille. „Und deine so warm“, erwiderte ich und drängte mich wie zur Bestätigung noch näher an ihn. Seine Hand ging auf Wanderschaft, fand mein Gesäß um ihn fest zu packen und mir ein Seufzen zu entlocken. Sein mittlerer Finger zog immer wieder zwischen meine Pobacken während er mir stürmisch seine Lippen auf die meinen presste. Was ich nur zu gern erwiderte, denn mein primitiver Körper hatte wieder die Kontrolle übernommen und lechzte nach mehr. Schnell war Froschlippe mutiger geworden und ließ seine Hand tiefer wandern. Das Gefühl wie er mich dort nach so langer Zeit endlich wieder berührte würde ich nie wieder vergessen. Meine Unterwäsche fand schnell ihren Weg auf dem Boden vor dem Bett. Ich schlang sogleich mein Beim um seine Lenden, ohne zu wissen was ich da eigentlich tat. Meine Instinkte führten mich ganz von selbst durch diesen Irrgarten der Gelüste. Und als hätte das einen Schalter bei Froschlippe umgelegt, griff er meinen angewinkelten Schenkel und drehte sich auf mich drauf. Es war nicht unangenehm, sein Gewicht lag schwer auf mir, doch genoss ich es zutiefst. Unsere Lippen fanden immer wieder ihren Weg zueinander und plötzlich fuhr seine Zunge über meine Lippen und ohne auch nur ein wenig Kontrolle darüber zu haben, tat ich es ihm gleich. Unsere Zungen spielten miteinander, unsere Arme jeweils fest um den anderen geschlungen, unsere Körpermitte rieben sich aneinander und meine Schenkel umschlangen seine Hüften wie von selbst. Von der Lust getrieben versuchte ich meine Scham immer wieder rhythmisch an ihn zu drücken, als erwarte sie etwas von ihm. Ich fühlte mich wie im Rausch, ganz von Sinnen und konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Auf einmal löste sich Froschlippe von meinen Lippen, packte mit beiden Händen meine Hüften und hielt mich in Stellung. „Bist du bereit?“ „Ja“, seufzte ich und glaubte nicht zu wissen wovon er sprach. Der Kopf seines Gemächts rieb an meinem Eingang auf und ab und es machte mich wahnsinnig. Sanft schob er sich hinein und unsere primitiven Lautausrufe hallten durch unser Schlafgemach. Es war so überwältigend das ich wahrlich an nichts mehr denken konnte. Mit einem schnellen Ruck hatte er seinen Schafft gänzlich in mich hineingeschoben und ein kurz anhaltender Schmerz hatte mich kurz aus dem Rausch gezogen. Zitternd klammerte ich mich an ihn, eine Träne rollte über meine rechte Wange. Er musste das gesehen haben, denn ein Daumen strich sie weg und er hielt ganz still. „Geht es dir gut?“ fragte er und ich konnte die Anspannung in seiner Stimme deutlich hören. Es bedarf seiner größten Anstrengung nicht seinen Trieben zu folgen. Langsam wich der Schmerz und eine Mischung aus eben diesem und eines wieder unbekannten Gefühls der Lust und des Ausgefüllt-fühlens machte sich breit. Mein Körper entspannte sich und ich sackte regelrecht ins Fell hinein. Froschlippe wartete noch immer und mir wurde bewusst das er auf ein Zeichen wartete. Die Worte in den Mund zu nehmen das er doch weiter machen solle drängte mir die Röte in die Wangen und die Scham würde mich überrollen. So hob ich nur meine Hüften an und begann sie rhythmisch zu kreisen, was bei uns beiden ein Stöhnen entweichen ließ. Den Wink verstehend nahm er seine Tätigkeit wieder auf und konnte sich schnell nicht mehr zurückhalten. Seine Stöße wurden immer flinker und unrhythmischer, seine ganze Kraft legte er hinein, bis er laut Stöhnend zuckte und die letzten Stöße machte. Ich spürte etwas warmes in meinem Inneren und er brach über mir zusammen. „Bist du fertig?“, flüsterte ich und war etwas enttäuscht. Denn ich fühlte mich nicht so als wäre die Angelegenheit beendet. „Bist du nicht gekommen?“ „Wohin?“ „Bist du nicht fertig, mein ich.“ „Nein, ich will noch.“ „Kein Problem meine Königin, ich will auch noch“, lächelte er breit. Ich konnte es nicht sehen, doch wusste ich das sein Lächeln außerordentlich breit sein musste. Er rollte sich von mir hinunter und verschnaufte kurz, eine Hand auf meinem Schenkel liegend, was sehr nahe an meiner Scham war, was mich in den Wahnsinn trieb und wütend, weil er sich zu viel Zeit ließ mich ebenfalls dieses überragende Gefühl fühlen zu lassen. So drehte ich mich zu ihm, meine Scham an seine Lende reibend, mein Knie an seinem Schaft. „Da fordert wohl jemand nach Aufmerksamkeit“, schnaufte er zufrieden. Das als Kampfansage nehmend setzte ich mich auf, schwang mein Bein gänzlich über seine Körpermitte und fand mich in Reiterstellung über ihn. Triumphierend lächelnd beugte ich mich hinunter, bis unsere Lippen sich fast berührten. „Ich fordere nicht, ich befehle“, hauchte ich und küsste ihn während meine Hüften wie von selbst den Rhythmus aufnahmen und meine nasse Scham an seinem Gemächt rieb. Ohne eine Hand bemühen zu müssen glitt sein wieder geschwollener Schaft in mich und nun war der Schmerz fern geblieben. Es war verrucht und aufregend auf ihm zu sein. Wie aus weiter ferne konnte ich mich daran erinnern das mir immer erzählt worden war, das ich mich hinlegen müsse um den Samen des Mannes zu empfangen. Doch das war nun so weit in den Hintergrund gerückt das es mir egal war. Ähnlich wie beim Trab auf einem Pferd glitt meine Hüfte auf und ab und es dauerte nicht lange bis sich ein ziehender Schmerz in meine Oberschenkel einnistete. Doch das war mir egal. Mein Körper steuerte alles ganz von selbst und das Gefühl dabei war unbeschreiblich. Als Froschlippe mit seinen Krallenbesetzten Fingern begann über meine Brüste zu streichen kam es über mich und die Explosion breitete sich von meiner Scham bis in die Enden meines Körpers aus. Mein Herzschlag war so kräftig das ich es in den Fingern, an meiner Schläfe und in meinem gesamten Brustkorb spürte. Während ich den unbeschreiblichen Rausch genoss, stieß Froschlippe kräftig in mich hinein, was ich, obwohl ich schon über dem Berg war, wohlwollend zuließ. Zügig folgte er mir und schoss wieder seinen Samen in mich hinein. Die Müdigkeit zog wie große dunkle Sturmwolken über den Himmel meines Verstandes und mit letzter Kraft rollte ich mich von ihm herunter ehe der Schlaf mich übermannte. Kapitel 23: Die Leiden einer Ehefrau ------------------------------------ Kapitel 23 – Die Leiden einer Ehefrau Eine warme Hand strich sanft über meine Hüfte und riss mich sogleich aus dem Schlaf. Kaum war ich richtig wach, stieg die Leidenschaft in meinem Körper auf und drehte mich bereitwillig zu Froschlippe um. Unsere Lippen fanden gierig zueinander und beschlossen das die letzte Nacht wiederholt werden sollte. Erschöpft nach unserem Liebesakt lagen wir zwischen den Fellen und hielten uns in den Armen. Den Kopf auf seiner Brust streichelte ich geistesabwesend seinen Bauch und kam nicht umhin über seiner Narbe an seiner Lende nachzufahren. „Was ist passiert?“, fragte ich neugierig. „Verletzungen vom Kampf“, erwiderte er kurz angebunden. „Ja, dachte mir schon das du sie dir nicht eingefangen hast als du dich gekratzt hast“, kommentierte ich sarkastisch. „Manchmal kann es sein das deine Untertanen dich testen wollen.“ „Öhm. Was? Heißt das...?“ „Ein paar Groblins sind übermütig geworden.“ „Wie kann sowas passieren?“ „Wenn sie daran zweifeln das du der König bist, den sie brauchen.“ „Wie viele waren es?“ „Vier? Fünf? Ich weiß nicht mehr.“ „Aber warum haben sie das getan?“, fragte ich ehrlich besorgt und verstand nicht wie er das so runter spielen konnte. „Ich bin seit zwei Jahren König, habe eine Sonnenfrau, noch kein Kind gezeugt und noch immer nicht König der Sonnenmenschen. Noch immer leben wir hier unten, fliehen vor den Menschen und verlagern sogar unser Reich.“ „Aber … als du mich herbrachtest. Sie hatten angst gehabt, sie fürchteten das mein Vater käme und Jagd auf sie machen würde.“ „So etwas kann schnell in Vergessenheit geraten. Bisher ist nichts passiert, alle haben Steinschuhe und etwas für ihre empfindlichen Ohren. Sie fühlen sich unbesiegbar und glauben das wir weglaufen.“ „Ich schätze das werden wir nicht tun.“ „Nein, ganz und gar nicht. Doch ich benötige Zeit.“ „Dann bin wohl ich das Problem“, sagte ich zunächst unbedarft. Doch je näher ich über diesen Satz nachdachte, umso mehr schmerzte er. Ich war ein verweichlichter, hässlicher Sonnenmensch. Mehr nicht. „Nein, sie sind nur keine Menschen gewohnt. Noch nicht. Und all die Männer die mich begleitet haben, haben dich als Königin nie kennengelernt. Sie sind noch immer misstrauisch.“ Während der nächsten Tage konnten wir kaum die Hände von einander lassen und nur eine Berührung reichte aus um meinen Körper die Kontrolle zu übergeben. Das war das erste Mal das Froschlippe und ich so viel Zeit miteinander verbrachten. Und es tat gut privat allein zu sein und nicht als Königspaar auftreten zu müssen. Jeden Tag begleitete er mich hinaus in die Sonne, jedoch zu einem anderen Platz als früher. Als ich nach unserem alten Platz, der Klippe hoch oben am Berg fragte, sagte er nur das diese nicht mehr zur Verfügung stand. Froschlippe war privat einfach anders als vor anderen Groblins. Ich bemerkte hier und da im Laufe unserer Gespräche das ihm meine Meinung über sich nicht egal war und das ich durchaus in der Lage war ihn zu verletzen. Er hatte mir erzählt das er immer Eifersüchtig auf die Menschen gewesen war, weil sie von allem das Beste hatten. In den Tunneln des Berges war alles grau und fad, es passierte nichts. Doch draußen gab es vier Jahreszeiten, alles wuchs, es gab Essen in Hülle und Fülle. Man konnte den Wind in den Haaren und die Sonne auf der Haut spüren. Es machte ihn mir viel sympathischer und mit der Zeit hatte ich ihn lieb gewonnen. Allerdings hatte ich stark das Gefühl das unsere körperlichen Aktivitäten stark dazu beitrugen, das ich begann ihn mit anderen Augen zu sehen. Auch musste ich erkennen das nicht leicht war in einer Ehe zu leben und alles miteinander zu teilen. Eines Abends hatten wir wieder einen unserer sich häufenden Streitereien. „DU UNGEHOBELTER GRÜNER WICHT.“ „DU VERWEICHLICHTE DÜRRE HEXE.“ „OH WIE KANNST DU ES WAGEN DU GROßOHRIGER TÖLPEL.“ „ICH HABE WENIGSTENS ANSTÄNDIGE OHREN UND NICHT SOLCHE UNTERENTWICKELTEN, VERKÜMMERTEN LAUSCHER WIE DU SIE HAST.“ „VERKÜMMERT? NICHTS AN MIR IST VERKÜMMERT, DU HAST EINFACH VON ALLEM ZU VIEL BEKOMMEN, NUR NICHTS IN DEINEN ÜBERGROßEN SCHÄDEL.“ „WAS WILLST DU DU DAMIT ANDEUTEN?“ „DAS DEIN HIRN SO KLEIN IST WIE DER NAGEL AUF DEINEN ZEHEN.“ „DAS DU DAS DENKST IST TYPISCH FÜR DICH DU EINGEBILDETER, SELBSTVERLIEBTER MENSCH.“ „LIEBER EIN MENSCH ALS EIN GRÜNER WILDER IN LENDENSCHURZ.“   „WILDER? DU WIEDERSPENSTIGES..... BORSTIGES, KLEINES GIFTIGES DING.“ „BORSTIG?“ „JA DEINE VERKÜMMERTEN KRALLEN AN DEN FÜßEN. WENN DU SIE LÄNGERE ZEIT NICHT GESCHNITTEN HAST DANN KITZELST DU MICH BEIM SCHLAFEN AN DEN BEINEN DAMIT. WO WIR SCHON BEI DEINEN KOMISCHEN FÜßEN SIND, DIE SIND IMMER SO KALT WIE EIN EISKLOTZ.“ „ES IST SO KALT HIER UNTEN, ICH KANN NICHTS DAFÜR. WIE NIEDERTRÄCHTIG MIR DAS VORZUWERFEN. ABER WO WIR GRAD BEI KRALLEN SIND, DEINE KRATZEN MICH REGELMÄßIG, DU GROBER KLOTZ.“ „WAS KANN ICH DAFÜR DAS DEINE DÜNNE HAUT SO EMPFINDLICH IST?“ „SIE IST NICHT EMPFINDLICH, SIE IST NORMAL.“ „UND MEINE UNNORMAL ODER WAS?“ „VON HAUT KANN KEINE REDE SEIN, EHER LEDER.“ „GANZ SCHÖN HOCHNÄSIG FÜR SO EIN HÄSSLICHES EXEMPLAR DER GATTUNG MENSCH.“ „Was?“, war deutlich die Kränkung in Alines Stimme zu hören. „Ich spreche kein Wort mehr mit dir du …. du Biest“, schluchzte sie. „Was ist denn hier los?“, fragte Helmut, Froschlippes Vater. „Das Weibsstück das ich mir angeheiratet habe macht mich wahnsinnig.“ Wie aus einem Reflex heraus schlug Helmut mit seinem Stab, den er immer mit sich führte auf den rechten Fuß seines vorlauten Sohnes. „AAAAHHHH.... warum... warum hast du das gemacht?“, rief Froschlippe wütend aus, hielt seinen schmerzendes Fuß und pustete. Erschrocken blickte Aline zu ihm, wollte sich ihm schon zuwenden um ihn zu trösten, doch überlegte sie es sich anders. Dieses Detail entging Helmut nicht. „Mein Sohn so spricht man nicht mit seiner Gattin.“ „Das sagt der Richtige, sei du mal mit einem Menschen verheiratet.“ „War ich.“ „WAS?“, riefen Aline und Froschlippe im Chor aus. Froschlippe hatte plötzlich seine Schmerzen vergessen. „Ihr habt richtig gehört.“ „Aber?... Wo ist sie? Ich meine... Es gab immer nur Mutter.“ „Nein. Deine Mutter hat nur verboten je wieder über meine erste Frau zu sprechen.“ „Was ist passiert?“, fragte Aline und konnte das Mitleid in ihrer Stimme nicht verbergen. „Setzt euch das dauert etwas länger. Vor deiner Mutter, mein Sohn habe ich eine Menschenfrau geheiratet. Ich hatte sie im Wald vor unseren Haustieren gerettet, so lernten wir uns kennen. Schnell hatte sich herausgestellt das sie von hohem Stand war und so brachte ich sie zum Schloss zurück. Ja dem Schloss in dem du gelebt hast, Aline. Sie war wunderschön. Ihre Augen sahen aus wie Haselnüsse und ihr Haar gelb wie Stroh. Selbst unter den Menschen war sie eine Schönheit. Doch so schön sie war, so gütig und geduldig war sie auch. Wir hatten uns immer wieder getroffen und irgendwie hatte sich Zuneigung entwickelt. Es kam der Tag an dem ihr verkündet wurde das sie heiraten sollte und der Kandidat war schon betagt, jedoch von großem Reichtum. Allerdings hatte er schon drei Ehefrauen gehabt und jede ist aus unbekannten Gründen verstorben, man hatte nie heraus gefunden woran. Ihr könnt euch aber vorstellen das es schreckliche Gerüchte gab. Sie hatte große Angst, bangte um ihr leben und so bot ich ihr an als meine Königin hier unter der Erde zu leben. Zu meiner großen Überraschung nahm sie an und schon bald wurde daraus eine tiefe Liebe. Und aus der Liebe ein Kind...“ „DU HAST EIN ANDERES KIND?“, rief Froschlippe ungläubig aus. „Hör einfach zu Junge. Sie heiratete mich, zog hier hinunter und wurde alsbald schwanger. Wie Aline lief sie immer mit Schuhen und ging regelmäßig hinauf um sich zu sonnen. In der Nähe gab es eine kleine Kate, in der sie den Tag verbrachte. Kurz vor ihrer Niederkunft wollte sie ein letztes Mal hinauf gehen. Denn ihr war klar das die Geburt sie für unbekannte Zeit ans Bett fesseln würde. Sie kam für gewöhnlich vor Sonnenuntergang wieder hinunter. Dieses Mal jedoch nicht. Ich hatte gedacht dass das Kind sie überrascht hatte und lief mit Begleitung eilig zu ihr. Im Fenster war kein Licht zu sehen, die Tür stand offen. Ganz in Dunkelheit gehüllt stand die Kate da, merkwürdig still. Und dort sah ich sie liegen. Blutüberströmt, brutal erstochen. Zusammengerollt und die Hände über den Bauch gelegt, so lag sie da. Wir trugen sie in den Wald, genau zu dem Platz wo ich sie das erste Mal getroffen hatte. Bei uns Aline ist es Tradition das wir unsere Familie allein begraben und verabschieden. So grub ich das Grab, tief genug das keine Tiere dort nach Nahrung suchen würden. Sechszehn Stiche hatte ich gezählt als ich sie begutachtet hatte. Doch nicht eines hatte den Bauch getroffen. Jahrelang habe ich mir Vorwürfe gemacht. Wenn ich früher gekommen wäre hätte ich vielleicht wenigstens unseren Sohn retten können.“ „Woher wusstest du das sie einen Sohn in sich trug?“, fragte Aline neugierig, mit Tränen aufgeweichten Wangen, ohne darüber nachzudenken ob ihr die Antwort gefallen würde. „Ich habe ihn herausgeschnitten. Einmal wollte ich ihn sehen. Die inzwischen grünbraune Brühe in die er gelegen war, hatte mich nicht gestört. In diesem Augenblick war es keine Schändung des Körpers, es war noch immer meine Frau und mein Sohn. Er war so schön. So wunderschön“, schluchzte Helmut und versuchte mit aller Macht seine Tränen zurück zu halten. „Beschimpfe deine Frau nicht weil sie anders aussieht als du mein Sohn. Ihr solltet beide schätzen was an dem anderen anders ist. Ich weiß aus eigener Erfahrung das es sehr schwer ist, aber man muss sich anpassen. Ich begrub sie mit unserem Sohn in den Armen. Doch ich bin nie darüber hinweg gekommen. Kurz darauf baute ich ab, wurde dünner und bekam diesen immerwährenden Schnupfen. Schnell hatte ich deine Mutter geheiratet, denn ich brauchte sie um mein Ansehen und meine Stärke nicht zu verlieren. Sonst hätte man mich bald vom Thron gestoßen.“ „Trägt Hannelore Schuhe weil...?“ „Ja, richtig Aline. Sie möchte meiner ersten Frau in nichts nachstehen. Ich liebe sie, doch sie weiß das es auch immer eine andere Frau geben wird. Hannelore ist so wütend und eifersüchtig auf meine erste Frau, das sie ihre eigenen menschlichen Füße verbirgt und Schuhe trägt um nicht unter meiner ersten Frau zu stehen.“ „Menschliche Füße?“, fragte Froschlippe überrascht. „Stimmt du hast die Füße deiner Mutter nie gesehen. Sie hat sechs Zehen, weil ihre Großmutter ein Mensch war.“ „WAS?“, riefen Aline und Froschlippe wieder aus. „So ist es, du bist zu einem Achtel ein Mensch, mein Sohn. Und anhand der Entwicklung deines Körpers sehe ich das etwas durch gekommen ist. Also pass auf was du zu deiner Frau sagst.“   Kapitel 24: Zuneigung --------------------- Kapitel 24 – Zuneigung   Alsbald hatte Helmut uns wieder allein gelassen. Erschrocken und in Gedankenversunken standen wir da und wussten zunächst nichts mit den eben Gehörten anzufangen. Eine Frau aus dem Schloss. Meine Mutter war bei meiner Geburt gestorben, ihr Grab hatte ich oft auf dem Burgfriedhof besucht. Eine Frau von hohem Stand. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Mein Vater hatte einmal traurig erwähnt das er eine jüngere Schwester gehabt hatte. Lottie und eine andere Dienerin hatte ich einmal über meine Tante sprechen hören. Wenn sie damals nicht getötet worden wäre, dann wäre ich nicht allein als Mensch hier unten. Ob ich dann überhaupt hier unten leben würde? Froschlippe wäre ein halber Mensch. Wer hatte meine Tante so grausam hingeschlachtet? Wer tötete grundlos eine schwangere Frau? Ob die Mörder oder der Mörder gewusst hatte wer sie gewesen war? Starr stand ich da wie eine Säule, meine Fersen schmerzten auf dem harten Steinboden, doch spürte ich es kaum, als befände sich mein Geist von einem dichten Nebel umgeben. Aus meiner Betäubung gerissen, spürte ich zwei starke Arme um meine Schultern, die mich an einen warmen Körper zogen. Wie aus der Trance gerissen strömte der Schmerz meiner Füße unangenehm in meine Schienbeine und ich spürte die salzigen Tränen auf meinen Wangen. „Ich habe das nicht so gemeint. Du hast eine schöne weiche Haut, niedliche kleine Zehen und bist wunderschön“, flüsterte Froschlippe in mein rechtes Ohr. Mit einem Lächeln, das durch die Tränen kläglich aussehen musste, drehte ich mich zu ihm um und legte meinen Kopf an seine Brust. „Es tut mir auch leid“, flüsterte ich mit heiserer Stimme und konnte nicht verhindern das mir weiter die Tränen hinunterliefen. „Weißt du wer sie war? „Ich denke meine Tante. Die jüngere Schwester meines Vaters. Er hat nie über sie gesprochen. Ich weiß nur das es sie gegeben hatte, jedoch wusste ich nie was aus ihr wurde.“ „Warum weinst du?“, fragte Froschlippe überfordert. „Ich weiß es nicht. Es ist so traurig und erschreckend. Eine unschuldige Schwangere musste sinnlos sterben wegen.... man weiß es nicht.“ „Vielleicht weil sie bei uns lebte.“ Ein Schauer durchfuhr meinen Körper. Ob mir andere Menschen auch so etwas antun würden? Meine Hände zitterten und ich krallte mich in seinen Umhang. „Hab keine Angst. Ich werde niemals zulassen das dich jemand in die Hände bekommt“, raunte Froschlippe und drückte mich noch fester an sich. Diese Äußerung war Balsam für meine Seele und wie warmer Honig lief er über meinen Körper und beruhigte mein Herz, wie auch meine zittrigen Hände. Wie ich so in seiner Umarmung lag bemerkte ich wie sich das Gefühl dabei verändert hatte. Es war keine Angst und Abscheu mehr, keine befürchtete Erwartung. Nicht wie Begehren oder Lust. Sondern Geborgenheit. Ich fühlte mich wohl, ich wusste das ich bei Froschlippe sicher war. Hier bei ihm würde mir nichts passieren. Es würde nicht mehr lange dauern bis er wieder fort sein würde. Bereits zwei Wochen war er hier, wir hatten also die Hälfte der Zeit erreicht. „Komm mit“, sagte er sanft, nahm meine Hand und zog mich mit sich. Im Vorbeigehen nahm er sich einen der leuchtenden Kristallen aus der Verankerung und führte mich hinaus aus unserem Reich. „Wo gehen wir hin?“, fragte ich, doch gab es keine Antwort. Wie lange konnte ich nicht einschätzen, doch begannen meine Füße zu schmerzen, ehe er mich in eine unbekannte Höhle führte, fern der mir bekannten Gänge, in diesem riesigen Berg. Ich spürte einen kühlen, frischen Lufthauch und dort oben über uns, sah ich einen Lichtschein der auf uns herab schien. „Wie kann das....“, wollte ich beginnen, doch brach plötzlich das Mondlicht durch die Wolken und erhellte den Raum in dem wir uns befanden. Das Licht des Kristalls tat sein übriges und wie von selbst zog es meinen Blick vom Mond weg, zur meiner Linken. Dort hatte ich im Augenwinkel etwas gesehen und nun blickte ich auf unzählige kleine und größere, gläserne Kristalle. Sechskantige, spitze Kristalle, in unzählig verschiedenen Größen. Manche klar, manche weißlich oder gelblich. Die Wände der Höhle war geziert von dieser Schönheit. Hingen an den Wänden als hätten sie nie etwas anderes getan. Nein, sie waren die Wand. Dort wo das Licht des Mondes traf, dort teilte sich der Schein in viele kleinere und größeren Strahlen und wurde weiter durch den Raum geworfen. Die Höhle erhellte sich selbst. Ungläubig und auf wackligen Knien lief ich auf die Steine zu, spürte kaum noch den Schmerz in meinen Sohlen oder den harten, sandigen Boden. Meine Hände streckte ich aus als betete ich zu einer höheren Macht. Noch ehe meine Fingerspitzen die gläsernen Schönheiten berührten spürte ich ein Pulsieren in meinen Händen und ein Rauschen in meinen Ohren. Gänzlich aufgeregt fühlte ich mich als hätte man mir das größte Geschenk gemacht. Die kühle Oberfläche der Steine brannte förmlich auf meiner heißen Haut. Der eine Stein war glatt, den anderen durchzog ein Krater, als wäre ein Stück abgebrochen. Auf der einen Oberfläche spürte man zarte Risse, andere fühlten sich rauh an. Meine Mundwinkel begann zu schmerzen, weil ich nicht aufhören konnte zu lächeln. Hier im Berg befand sich ein riesiger Schatz. Froschlippe zog mich, für mein Empfinden, zu schnell wieder mit sich. Der Marsch ging weiter und wir wanderten in die Höhen und Tiefen des Berges. Selbst die Temperatur stieg und fiel, je nachdem wo wir uns befanden. Er zeigte mir blaue, glänzende und goldene Steine, welche aus der Erde in den Höhlenwänden und Boden blitzten. Blumen die im dunklen Leuchteten. In manchen Höhlen war es feucht und die Wände waren mit grünem Moos bedeckt. Am Seitenarm des Sees unserer Stadt, im inneren unseres Berges, befanden sich kleine Fische und Aale. Algen wuchsen an den feuchten Wänden. Fledermäuse begegneten uns und erschreckten mich zu Tode. Eidechsen leuchteten im Schein des Kristalls. Sonderbare Insekten fand man in den Grotten. Es war eine ganz eigene Welt und ich schämte mich, weil ich erst jetzt begriff das dieser Berg nicht nur aus Stein, Erde und Sand bestand. Es war eine ganz eigene Welt. Während er mich durch die Grotten und Gänge führte begann ich zu begreifen, das Froschlippe mir vertraute. Das erste Mal hatte er mir diesen Berg, sein Zuhause, das er zu schützen versuchte, mir in seiner ganzen Pracht präsentiert. Und mit einem Stich in der Brust wusste ich was die Aufgabe der Bergleute waren, die hier ihre Arbeit verrichteten. Den Groblins war es nicht erlaubt an die Oberfläche zu gehen. Doch die Menschen hatten ihre eigene Ansicht über Grenzen und gerecht verteiltem Eigentum. Der Sparziergang endete an einer kleinen Klippe, welche über den Rand des Berges führte. Der Himmel erhellte sich und gleich würde die Sonne aufgehen während wir hier saßen und das große Meer unter uns hatten. Erschöpft lehne ich mich an ihn und sog seinen leicht mit Schweiß überdeckten Duft ein. Er roch gut. Sein Schweiß roch gut. Während ich hier so darüber nachdachte was ich an ihn mochte begann mein Herz wild zu pochen. Ob ich ihn Liebte? Fühlte es sich so an? Inzwischen glaubte ich das die Meinung meines Vaters mich tief verletzen würde, doch würde es mich nicht abhalten bei ihm zu bleiben. Nun wieder zu den Menschen zurück zu kehren fühlte sich falsch an. Hätte ich mich nicht ohnehin zu sehr verändert um dort noch zurecht zu kommen? Mir fehlte die Vorteile und Komfort einer normalen, menschlichen Behausung. Auf dem Boden laufen zu können ohne das die Schuhe dreckig wurden und die Sonne einem ins Gesicht schien während man im Bett lag. Noch immer hörte ich die Beleidigungen die andere Menschen mir wohl angedeihen lassen würden. Oder es vielleicht sogar taten. Rassenschande. Groblindirne. Ich seufzte und kuschelte mich mehr an Froschlippe, was ihn veranlasste seinen Arm um mich zu legen. Denk nicht an so etwas, Aline. Es bringt nichts sich selbst fertig zu machen. „Aline?“ „Ja?“ „Wir sollten wieder zurück gehen. Bevor alle in Panik ausbrechen.“ „Mmh-mmh“, gab ich nur einen bestätigenden Laut von mir und wurde traurig. Mir schmerzten die Beine und hatte auf etwas Romantik gehofft. Irgendwie musste ich schließlich herausfinden ob ich ihn liebte. „Aaaargh“, erschrak ich, da mir plötzlich der Boden unter den Füßen weg gerissen wurde. Froschlippe hatte mich einfach hochgehoben und trug mich wieder hinein in die Dunkelheit, die aufgehende Sonne im Rücken, was seine tiefrosa Haare leuchten ließ. Ja, die Sonne musste ihm in den Augen schmerzen, daran hatte ich nicht gedacht. Kaum waren wir im Schatten der Höhle blieb er stehen und blickte auf mich herab. Verwundert sah ich ihm entgegen. Nun, zumindest in die Richtung in der ich seine Augen vermutete, denn ich war vom hellen im dunkeln, nun im Moment blind wie ein Maulwurf und rote und gelbe Flecke tanzten mir vor den Augen herum. „Was ist?“, fragte ich unsicher, da die andauernde Stille mich nervös machte. Warum sagte er nichts? Ein Ruck durchzog den größeren, muskulösen Körper und hob mich kurz weiter nach oben, bis seine Lippen meine trafen. Der Kuss war kurzweilig, jedoch leidenschaftlich. „Wenn wir wieder zurück sind, gehen wir baden“, drang seine rauhe Stimme an mein Ohr und ein Blitz aus Erregung schoss mir durch den Körper und zentrierte sich in meiner Scham. Kapitel 25: Abschied und Sehnsucht ---------------------------------- Kapitel 25 – Abschied und Sehnsucht   Es war nur eine Frage der Zeit bis Froschlippe sich mit allen Männern, jeweils einen aus jeder Familie aufbrach, um unsere neue Heimat zu erbauen. Mir wären fast die Tränen gekommen als ich Froschlippe verabschieden musste, die letzten Wochen waren so schön gewesen und erregend. In den gemeinsamen Tagen und Nächten hatte ich meinen Ehemann besser kennen gelernt und nun so lange ohne ihn zu sein, erzeugte einen Kloß in meinem Hals. „Pass auf dich auf“, hauchte er, nahe an meinem Gesicht und küsste mich. Ich schlang meine Arme um seinen Hals wie eine Ertrinkende und küsste ihn als wäre es das letzte Mal. Tief sog ich seinen Duft in mich ein, was meine Augen gefährlich feucht werden ließ und versuchte mir diesen speziellen Geruch einzuprägen. Für einen Augenblick wünschte ich mir in diesen Wochen geschwängert worden zu sein, um wenigstens einen Teil von ihm bei mir zu haben. Doch bei näherer Überlegung verspürte ich bei dem Gedanken noch zu große Angst, da ich mich zu jung und unerfahren fühlte. Königin hin oder her. Der Tag des Abschieds und auch noch für eine Woche danach, fühlte ich mich elend und traurig. Ich vermisste ihn und schlief nicht mehr so gut, nun wo er nicht mehr neben mir lag. Nach einer ausführlichen Rede von Froschlippe wurden den Groblins Instruktionen gegeben, so das es für mich erst einmal nichts zu tun gab. Die Frauen waren damit beschäftigt ihren Alltag ohne ihre Männer oder Söhne zu gestalten. Schließlich war es eine große Umstellung. So behielt ich mir den Luxus vor mich zurück zu ziehen und mich meinen elenden, niederschmetternden Gefühlen hinzugeben. Während ich so dalag fiel mir wieder Froschlippes Geschenk ein, welches noch immer in meiner Truhe lag. Mit sogleich schneller klopfenden Herzen holte ich es mir in mein Bett und betrachtete es. In meinen klammen Fingern fühlte es sich etwas warm an, was angenehm war. Die kleine Fläche die nicht versteinert war, ergriff sofort die Kontrolle über mich. Das dunkle Schimmern erinnerte mich an das schwarze Meer, in dem das leuchten der Sterne zu sehen war. Wie ein mit niedlichen Tieren besticktes Kissen, das man Kindern gab, hielt ich stundenlang das Ei in meinen Händen und drückte es an meine Brust. Die Pflicht rief mich alsbald auf den Thron. Mein Volk brauchte Sicherheit in dieser außergewöhnlichen Situation und forderte die Anwesenheit der Königin. Der älteste oder nächst jüngste Sohn übernahm die Arbeiten des Vaters. Bei den Familien wo es keine Söhne gab, blieben Frauen und Töchter nichts anderes übrig als die Arbeiten zu übernehmen. Frauen die nun ohne Mann dastanden und keine Kinder hatten, waren für sich allein. Doch glücklicherweise halfen sich Nachbarn, Freunde und Verwandte gegenseitig. Während Froschlippe sich wieder auf seiner Mission befand, hatte ich mir zwei große Projekte erwählt um das zukünftige Leben der Groblins zu verbessern. Wir mussten selbst unsere Kräuter anbauen können und unser eigenes Salz gewinnen um uns ein besseres Leben zu garantieren. Dafür brauchte ich Männer wie Frauen. Also erstellte ich im Kopf den Plan das ich nur Söhne aus Familien nahm, wo es mehr als einen gab. Und Frauen nur von Familien wo es eine Tochter gab, denn die Mutter als Familienoberhaupt musste in ihrem Haushalt bleiben. Nun standen die Damen und wenige junge Männer vor mir und man sah ihre Hilflosigkeit direkt an. Keine von Ihnen war bisher hier im Thronsaal gewesen, für gewöhnlich waren die höchsten Männer der Stadt hier zu sehen, bei Festivitäten, deren Frauen. Nun beäugten mich die Frauen und Mädchen misstrauisch und ich sah die Angst in ihren Augen. „Meine Damen und die wenigen Herren. Wir leben ins schwierigen Zeiten, fast all unsere Männer sind in der Ferne und haben uns mit all der Verantwortung allein gelassen. Während unsere Männer unser neues Zuhause errichten, müssen wir dafür sorgen das wir mit der Zeit gehen. Die Menschen haben Gewürze, wie Salz und Pfeffer und bauen Obst und Gemüse an während hier unten das Essen fad und einseitig ist. Wir Groblins haben das gleiche Recht uns an der Vielfalt der Natur gütlich zu tun.“ „Verzeiht meine Königin, doch wie sollen wir das machen? Wenn wir den Berg verlassen um....“ „Ich verstehe eure Sorgen, aber ihr werdet das Leben eurer Familien nicht gefährden. Es gibt Höhleneingänge, welche zum Meer hinaus münden. Dort sehen uns die Menschen nicht und dennoch haben wir das Licht der Sonne. Ich weiß das eure Augen empfindlich auf das Licht reagieren, darum beginnen die Arbeiten erst bei Sonnenuntergang. Da ich denke das die Höhleneingänge teils zu sandig sind, werden wir frische dunkle Erde benötigen, doch von dieser finden wir ja hier genug. Die benötigten Samen habe ich bereits von meinem Vater erworben. Für die Salzgewinnung benötigen wir nur Meerwasser, welches in der Sonne trocknen muss, aber es gäbe noch andere Möglichkeiten.“ Es war sehr mühselig den Frauen die Angst zu nehmen, ich hatte die Hilfe von Helmut und Hannelore benötigt, welche von den leckeren Speisen schwärmten und die Groblins dadurch motivierten. Glücklicherweise hatte ich daran gedacht Golaka, unsere Köchin noch etwas zubereiten zu lassen, welches man von ein paar Groblins probieren lassen konnte. Die Vorteile, das sich aus Gewürzen und Kräuter Medizin herstellen ließ, sorgte für freudige Zustimmung. Die nächsten Monate waren wir sehr beschäftigt. Durch die Entfernung der Höhlen dauerte alles sehr lange. Diese waren nicht so weit wie unser neues Reich, doch lagen sie auf den Weg. Die Fußabdrücke der Männer waren zu finden und wir folgten denen eine Zeitlang, bis wir zwei große Höhlen gefunden hatten. Spontan entschied ich das eine für Gemüse, die andere für Obst dienen sollte. Die wenigen jungen Männer ließ ich zunächst noch in der Stadt, denn die würde ich zu einem anderen Zeitpunkt benötigen. Zwei Gruppen von Groblindamen waren bereit dort zu bleiben um die Vorarbeit zu leisten. Dies war jedoch ein großer Schritt und hat eine lange, mühselige Diskussion verursacht. „Sollten wir nicht besser warten bis die Männer wieder kommen, wir haben bis jetzt auch ohne die oberen Erdenfrüchte gelebt.“ „Ja, das denk ich auch, wir sollten warten.“ „Die Männer sind nicht da, das schaffen wir auch allein“, mischte sich eine junge Groblindame an. Sie musste in meinem Alter gewesen sein. „Nun kommt wieder das alte Lied der Unabhängigkeit. Hör auf mit deinen Träumereien und komm in der Realität an, Tochter.“ „Ich finde sie hat recht. Wir sind so stark Groblins auf die Welt zu bringen und halten die Familie zusammen. Was Männer können, können wir auch.“ „Hört euch die jungen Dinger an, kaum sind die Männer nicht mehr da, glauben sie, sie hätten das sagen“, schnarrte eine ältliche Groblinfrau. „Meine Damen“, mischte ich mich ein, „ich habe noch nie in meinem Leben etwas angebaut, geschweige irgendetwas mit meinen Händen gemacht. Aber ich habe alles darüber gelesen und werde alles mit euch gemeinsam durchstehen.“ Die Blicke die mir zugeworfen wurden, waren legendär. „Ihr wollt hier bei uns bleiben?“, fragte die ältliche Groblindame, welche eben noch die Jüngeren gerügt hatte. „Das werde ich. Willst du mich unterstützen?“, fragte ich und sah ihr auffordernd in die Augen. Innerlich betete ich, das mir die Groblins nicht in den Rücken fielen. Mir war bewusst das es ein großes Experiment und eine riesige Herausforderung war, was Froschlippe und ich von ihnen erwarteten. „Mit dem größten Vergnügen“, lächelte die Alte und deutete eine Verbeugung an. Und so machten wir uns an die Arbeit. Der Sand musste aus der Höhle entfernt werden, die Erde darunter tief genug aufgelockert und mit weiterer Erde aufgestockt werden. Großzügige Beete wurden angelegt und durch Umrandungen aus Steinen getrennt. Die größte Herausforderung war die Bewässerung. Der See an der Stadt war Süßwasser, doch es war zu weit weg um das Wasser zu transportieren. Der Regen würde sich größtenteils selbst darum kümmern, doch weiter hinten in der Höhle kam dieser nicht an und es gab Zeiten wo es sehr heiß und trocken war. So bauten wir am Rande der Höhle ein Rohrsystem aus. Diese bestanden aus ausgehobelten Baumstämme. Diese mündeten nach hinten in der Höhle, wo sie das Wasser in große Fässer abtransportierten. Es standen mehrere Fässer bereit, jedoch musste das letzte Rohr immer mit Groblinkraft umgeleitet werden, falls ein Fass vollständig gefüllt war. Es war nicht perfekt, doch für den Anfang mochte es gehen und für den Fall das wir genug Wasser gelagert hatten, konnte man die Rohre so umleiten, dass das Wasser ins Meer leitete. Nach ein paar Wochen belohnten die Beete unsere Mühe mit vielen kleinen Setzlingen. Die Salzgewinnung war noch eine andere Herausforderung. Durch den weiten Weg zu dem Meerzugang, welchen ich gefunden hatte, würden Groblins gezwungen sein dauerhaft dorthin zu ziehen. Da wir um unsere Stadt herum auch kleinere Siedlungen hatten, auch Eremiten und auch diese ohnehin gezwungen waren ihr Haus aufzugeben, weil sie zu nahe der Stadt waren. Die Chance von eindringenden Menschen gefunden zu werden war einfach zu hoch. Daher hatte ich gute Chancen Familien zu finden, die sich als Fischer und Salzsieder, am Meerzugang niederlassen sollten. Nachdem ich zwei Monate damit zugebracht hatte mit den Groblinfrauen die Beete zu errichten, kam ich müde und völlig erschöpft in die Stadt zurück. Zurück in meine Gemächer, mein geliebtes Bett und als ich es sah, kamen mir die Tränen. Mein Drachenei. Jetzt wo ich keine Stärke zeigen musste und den Genuss der Privatsphäre wieder hatte, ließ ich die Gedanken an Froschlippe zu. Das warme Ei drückte ich mir an die Brust und legte mich damit ins Bett. Wie lange ich dort gelegen hatte, wusste ich nicht, doch die Erschöpfung schien mit jeder Stunde größer zu werden. Während meine körperliche Anspannung nachließ, umso mehr schmerzten mir die Glieder. Nachdem ich mich eine Woche ausgeruht hatte, packte ich das Ei in eine Umhängetasche und nahm es zu der nächsten Reise mit mir. Tambelina begleitete mich, denn als Heilerin kannte sie die Wege zu den ferneren Siedlungen und den Eremiten, welche im Berg verteilt lebten. Nachrichten kamen zu ihnen auch meist nur durch die Wanderheiler, welche nur innerhalb eines halben Jahres vorbeisehen konnten. Es war völlig absurd mit einem versteinerten Ei durch die Weltgeschichte zu reisen, doch vermisste ich Froschlippe unheimlich und hatte nichts anderes was mich an ihn erinnern würde. In der ersten Siedlung fanden wir in einem Tunnelgang fünf Behausungen. Größer war diese kleine Gemeinschaft nicht. Tambelina erzählte mir das drei dieser Behausungen ehemals zwei Familien gehörten, welche sich über die Jahre miteinander verbunden hatten. Begonnen hatte die Siedlung mit fünf verschiedenen Familien, vor zwei Generationen. Doch die Gemeinschaft blieb klein, weil es die jungen Erwachsenen meist in die Stadt zog. Mit Begeisterung luden sie uns als Gast in ihr Lager, nachdem sie erkannten das ihre Königin sie besuchte. Auf mich wirkten sie recht misstrauisch, doch Tambelina versicherte mir, das sie mir sehr wohl gestimmt waren. Am Abend saßen wir an einem kleinen Feuer. Hier außerhalb und in dieser Höhe, waren die Höhlen recht zugig und kalt. Nachts konnte der Rauch ohnehin von den Menschen nicht sehen werden und wurde durch die Weiten des Berges geweht. Es war angenehm am Feuer und ich lauschte dem fremden Akzent, den sie sprachen. In Gedankenversunken hatte ich meine Hand in meiner Tasche um mein Ei berühren zu können. Es war so albern das ich hoffte niemand würde es bemerken und hatte extra meinen Umhang über die Tasche gelegt. Aber der Drang nach dieser Berührung war groß.   Die Groblins unterhielten sich miteinander und Tambelina erzählte ihnen jede Neuigkeit, darunter auch Klatsch und Tratsch. Ich starrte ins Feuer, genoss die Wärme die es meinem Körper spendete und erträumte mir süße Umarmungen von Froschlippe. Meine Haltung war nicht mehr so angespannt und ich hatte es mir auf meinen Fellen gemütlicher gemacht. Plötzlich eine Rasche Bewegung, mein Umhang glitt zur Seite und die Schuppen meines Dracheneis, glitten an meiner Handfläche vorbei. Ehe ich den Groblin identifizieren konnte, der mir mein Ei gestohlen hatte, fiel es vor meinen Augen ins die Flammen des Feuers und Funken stoben auf. „Für Drachen bedeutet Feuer Leben“, sagte die rauchige, tiefe Stimme und nun blickte ich in den Falten umrandeten gelben Augen. Wieder blickte ich zurück ins Feuer, wo mein geliebtes Ei lag, umschlungen von den Flammen, noch immer sprühten ein paar Funken. Wie aus Reflex griff ich hinein und holte es hinaus. Ein spitzer Schrei schmerzte mir in meinen Ohren und krallenbesetzte, rauhe Hände rissen mir das Ei aus den Händen. Tambelina jaulte auf, hielt die Hände mit Schmerz verzehrtem Gesicht vor sich und pustete sanft. Wieder griff ich nach meinem Ei und blickte wutentbrannt zu dem alten Groblin. „Was fällt dir ein?“ „Verzeiht Majestät, ich sah dieses kleine Wunder in eurer Tasche, in einem eurer unaufmerksamen Augenblicke und die Neugierde ergriff die Überhand. Verzeiht einem alten Jäger, wenn man viel Zeit allein verbringt, umringt von wilden Tieren, dann legt man so manche Gepflogenheiten, ab.“ „Was sagtet ihr über das Feuer.“ „Feuer ist Leben.“ „Aber es ist doch versteinert und es ist kein Drachenfeuer.“ „Wir wissen alle das diese prächtigen Wesen ausgestorben sind, Majestät, aber wir Groblins ehren starke Tiere. Wie ihr sicher wisst, bedeutet Stärke für uns sehr viel. Ehrt die Drachen und legt das Ei in Feuer um ihnen zu preisen.“ Das angenehm warme Ei drückte ich mir an die Brust und blickte dem Alten ängstlich entgegen. „Kann es nicht kaputt gehen?“ „Nicht durch Feuer, Eure Hoheit.“ Mit ungutem Gefühl legte ich mein Ei wieder zurück in das Feuer. Mir war klar das es nicht nur um das Ei ging. Wenn ich mit meinen Vorhaben etwas erreichen wollte, musste ich mich anpassen. Ungläubig hatte Tambelina das ganze beobachtet, denn sie hatte nicht gewusst das sich ein Drachenei in meinem Besitz befand. Erstaunter war sie, als sie hörte von wem ich das Ei bekommen hatte. Bedeutungsvolle Blicke hatte sie mir gesendet, doch war ich schon damit beschäftigt die Groblins von meiner Idee zu überzeugen und das Ei dabei nicht aus den Augen zu lassen. Und im Nachhinein glaubte ich, das mir das Ei zu dem Erfolg verholfen hatte. Kapitel 26: Groblinwein ----------------------- Kapitel 26 – Groblinwein   *~Zehn Monate später~ *   Endlich war es so weit. Froschlippe kam wieder zurück. Mein fünfzehnter Geburtstag musste letzte Woche gewesen sein, so genau hatte ich den Kalender nicht mehr im Blick. Mehr und mehr gewöhnte ich mich an die Lebensart der Groblins und verlernte die Gepflogenheiten meiner Erziehung. Unsere Gemüse und Obstfelder, hatten jeweils eine Familie gefunden, die sich dort niederließ um sich dem anzunehmen. Zwei weitere Familien, welche nun Fischer und Salzsieder waren, hatten sich ebenfalls finden lassen. Es musste erst einmal viel Arbeit reingesteckt werden, ehe wir den Lohn dafür erhielten. Doch nun konnte ich für Froschlippe ein gebührendes Festessens zu seinen Ehren für ihn ausrichten. Golaka hatte unter den jungen Frauen mit denen ich viel Zeit auf unseren künstlich angelegten Feldern verbracht hatte, Küchengehilfinnen auswählen. Ich hatte absichtlich ihr nur junge Frauen aus ärmeren Verhältnissen vorgestellt. Die Arbeit auf den Feldern war eine harte Begegnung mit der Realität. Und trotz der schweren Bürde, die die Krone mit sich brachte, war ich dankbar, das ich nicht körperlich hart arbeiten musste um mein Überleben zu sichern. Das Horn erklang und kündigte Froschlippes Ankunft an. Vor Aufregung konnte ich kaum ruhig sitzen und meinen Puls spürte ich förmlich in meiner Scham. Sein Anblick ließ mich an meiner eigenen Speichel verschlucken. Sein Körper war wie die letzten Male maskuliner und breiter geworden und überraschte mich wenig. Doch der goldene Schmuck war neu. An seinem rechten Handgelenk prankte ein breiter, goldener Reif, ebenso an seinem linken Oberarm. An seinem linken Handgelenk waren zwei schmale, goldene Ringe und um sein Hals noch einmal einen breiteren. Waren das Ohrringe an seinen Ohren? Seine tief rosa Haare fielen ihm über den Rücken. Sie verliefen bis unter die Schulterplatten. Auch diese wurden durch zwei goldene Reifen zusammengehalten. Sein Umhang und sein Lendenschurz waren die selben geblieben. Doch mehr Kleidung oder neue Kleidung war nicht nötig gewesen. Er sah prachtvoll aus und verfehlte seine Wirkung nicht. Mein Mund war plötzlich staubtrocken, mein Hals fühlte sich heiser an und ich fühlte mich völlig schüchtern und gehemmt. Das offensichtliche Gegenteil von dem wie sich eine Königin fühlen sollte. Sah er schon immer so gut aussehend aus oder hatte er sich so sehr verändert? Wie ein ängstliches Beutetier war ich auf meinem Thron sitzen geblieben und hatte ihm nur entgegen gestarrt, statt ihm entgegen zu gehen. Als er vor mir stand hatte ich seine Mitte direkt auf Augenhöhe und stand abrupt auf um meiner Fantasie keine Chance zu geben. „Endlich bin ich wieder bei dir“, flüsterte er in mein Ohr, was starke Stromschläge durch meinen Körper jagte. „Mmh-mh“, quietschte ich und war nicht im Stande etwas vernünftiges zu antworten. Mein Körper jedoch war in besserer Verfassung und schlang sich um ihn als ginge es ums Überleben. „Ganz schön viel Kraft. Du hast mich wohl auch vermisst.“ Ich nickte nur. Denn plötzlich traten mir Tränen in die Augen und ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Sofort war ich völlig überfordert mit dieser Gefühlsexplosion und wusste nicht was mit mir los war. Wieder in seinen Armen zu sein war wie Balsam. Ich war nicht mehr allein und nun wurde mir bewusst, das die letzten Monate sehr hart waren. Je größer die Projekte und die Umstellung für die Groblins, umso anstrengender war alles. Immerzu hatte ich angst gehabt das sie mir nicht mehr folgen würden, das sie mich auslachen und als Mensch beschimpfen. Ich war ein Mensch, das hatte ich nicht vergessen und mein Körper ließ nicht zu, das ich es jemals vergessen konnte in dieser harten, steinigen Welt. Doch wollte ich nicht darüber nachdenken und nicht so von jemanden genannt werden. Als wäre dieser Ausdruck eine Beleidigung. So oft habe ich stark sein müssen, als ich das überwältigende Gefühl hatte, es nicht mehr zu können. So oft hatte ich mich durchbeißen müssen obwohl ich es nicht wollte. So oft hatte ich aufgeben und alles hinschmeißen wollen. „Deine Königin hat großartige Arbeit geleistet während du weg warst, ich denke sie benötigt nun wieder ein wenig Ruhe“, klärte Helmut seinen Sohn auf. „Aber wir müssen noch die Transportwege verbessern“, platzte es aus mir heraus und ich wischte eilig die Tränen weg. Glücklicherweise war ein lautes Getummel in der Halle, denn all die Männer, die zurück gekehrt waren begrüßten ihre Frauen und Familien. Niemand nahm Notiz von uns. „Du hast genug getan, Tochter. Du solltest dir Ruhe gönnen“, beschwichtigte Helmut mich. „Aber man kann doch jetzt nicht aufhören“, versuchte ich es weiter, fühlte mich aber völlig erschöpft, als hätten sich mit der Berührung Froschlippes, Felsbrocken auf meine Schultern gelegt. „Hör zu Aline. Du trägst als Königin alle Verantwortung und die Last, die das Regieren mit sich bringt. Doch wenn du dich selbst gänzlich erschöpfst und deine eigene Gesundheit missachtest, dann nützt du dem Volk gar nichts mehr.“ „Abgesehen davon wollen die Groblins nun auch ihre Zeit mit ihrer Familie haben“, schaltete sich Hannelore ein. Nachdem Froschlippe von seinen Eltern begrüßt wurde, gingen wir in den großen Speisesaal, in dem sich die hochrangigen Besucher bereits zum großen Essen eingefunden hatten. Die begeisterten Ausrufe über den fremden Geschmack waren nicht zu überhören und ein aufgeregtes Geplapper tönte durch die Halle. Ich genoss mein heimatliches Essen, für das Golaka sich viel Mühe gegeben und mehrere Versuche benötigt hatte. Doch zog meine Aufmerksamkeit immer wieder zu Froschlippe. Als seine Königin, saß ich an seiner Seite und das war mir eindeutig zu weit weg. Wenn einer von uns die Sitzposition änderte und es dabei zu einer Berührung kam, schoss ein Stromschlag durch mein Körper und zentrierte sich schon fast schmerzhaft und pochend in meiner Scham. Am liebsten hätte ich ihn angesprungen und mit meinen Schenkeln umschlungen. Doch musste ich mich zusammenreißen. Seine Anwesenheit beeinflusste mich so stark, das ich nicht bemerkte, das die Groblins mit mir sprachen. Froschlippe stieß mich kurz an und deutete mit dem Kopf sachte in die Runde. „Ich kann für alle sprechen, wenn ich sage das wir Euch sehr dankbar sind. Es ist nicht unbemerkt geblieben das Ihr viel für uns getan habt und spreche nicht nur von den letzten Jahren, sondern auch, von den letzten Monaten. Wie ihr uns bei der Arbeit auf den Feldern begleitet und mitgearbeitet habt, als wärt ihr nicht die Königin. Ebenso unten bei dem Meereszugang, unserer Salz-Fisch-Höhle. Und um uns erkenntlich zu zeigen, auch wenn es nichts wertvolles ist, haben wir für sie etwas gemacht und ich hoffe das es euch wärmen wird. Plötzlich stand eine andere Groblin auf, ging um die große Tafel herum und brachte mir etwas Pelziges. Sie blieb vor meinem Tisch stehen, verbeugte sich und hielt es mir hin. Lächelnd stand ich auf, umrundete den Tisch und nahm dankend das Geschenk an. Es war ein ärmelloser Mantel aus Fell, welcher durch einen schönen, ledernen Gürtel verschlossen werden konnte. Ich schlüpfte hinein. Und ich verliebte mich sofort in ihn. Vorne ging er mir bis unterhalb des Bauchnabels, doch hinten hatte ich eine kleine Schleppe, welche mir bis knapp unter den Po ging. So würde ich nie mehr auf dem kalten Stein sitzen müssen und hatte es schön warm. Auf den Schultern waren Platten befestigt worden, welche aus Schuppen bestanden. Es verlieh dem Mantel einen militärischen Hauch. Man musste es den Groblins lassen, sie waren kreativ. „Er ist fantastisch, vielen Dank“, sagte ich und umarmte das Groblinmädchen, mit der ich zwei Monate zusammengearbeitet hatte und sie nun in der Küche bei Golaka arbeiten konnte. Die Groblins stießen ihre Fäuste auf den Tisch und jubelten. Froschlippe erhob sich und durch eine einfache Handbewegung verstummte die Menge. „Es ist endlich so weit. Nach drei Jahren steht dem Umzug in unsere neue Stadt nichts mehr im Wege. Es werden nur noch die letzten Vorbereitungen benötigt um von hier fort zu gehen. Alle Tunnel müssen vollständig geschlossen werden. Wenn wir endgültig von hier verschwinden darf kein Weg zu uns oder woanders hin führen. Einen Gang werden wir für die Menschen lassen. Sie sollen ruhig die verlassene Stadt finden, wenn sie es darauf anlegen. Doch nichts soll darauf hinweisen wo wir hingegangen sind und niemand darf von ihnen gefunden werden. Alle Groblins müssen verschwunden sein und ich dulde keine Wiederhandlung. Niemand muss mit ins neue Reich gehen, wenn er nicht möchte, es ist anders als hier. Die Frauen werden es von ihren Männern erfahren haben. Wer nicht mit dorthin möchte, kann ins Nachbarreich gehen. Und eins muss ich noch sagen. Nichts wird zerstört. Nehmt mit was ihr mitnehmen könnt, aber alles muss aussehen als wäre es noch bewohnt. Das verschafft uns noch mehr Zeit. Und nun lasst uns weiter feiern“, verkündete Froschlippe freudig und hob sein Krug. Jeder hier im Saal hob ebenfalls seinen Grub, man prostete sich zu und nahm einen großen Schluck von dem Groblinwein. Es war das erste Mal das ich ihn trank. Vorher hatte ich einen Bogen um ihn gemacht, doch heute war ein besonderer Tag und mir war einfach danach. Ich hoffte das der Wein mir helfen würde mich von meinen körperlichen Leiden, Froschlippe sofort anspringen zu wollen, ablenken würde. Doch außer den herben, leicht schimmligen Geschmack, ich mochte mir nicht ausmalen was darin war, brachte es irgendwie das Gegenteil ein. Jedoch hob sich meine Stimmung, ich fühlte mich glücklich und die Welt hätte keine schönere sein können. Das breite Lächeln in meinem Gesicht blieb für den restlichen Abend mein ständiger Begleiter. Sogar zu der primitiven Musik, welche mich noch nie zum Tanzen animieren konnte, entlockte meinen Hüften rhythmische Bewegungen und prompt fand ich mich allein auf der Tanzfläche wieder, zwischen all den Groblins. Deren überraschte, verwirrte Blicke waren mir völlig egal und ich drehte mich freudig um mich selbst. Doch egal wie sehr ich mich um mich selbst drehte, der Rhythmus meinen Körper beherrschte und wie faszinierend bunt die Lichter der Kristalle aussahen. Der Blick der auf mich haftete konnte ich nicht ignorieren. Plötzlich wurden meine sich schwingenden Hüften von zwei großen Händen sanft berührt, was Strom durch meinen Körper jagte und sich eine unglaubliche Hitze in meinem Körper aufbaute. Schnell begann mein Körper zu schwitzen und mir wurde bewusst das ich die neue Fellweste anhatte, welche ich heute Abend geschenkt bekommen hatte. Obwohl mir durch den großen Körper, der sich an meinem Gesäß drängte und eine unglaubliche Hitze ausstrahlte, was mich schwindeln ließ, konnte ich mit geschickten Fingern meine Weste öffnen. Noch während ich tanzte ließ ich die Weste von meinen Schultern gleiten und schmiss sie kurzerhand einem Groblin entgegen, der mich dabei mit geöffnetem Mund beobachtet hatte. Er fing sie auf, das bekam ich noch mit. Doch meine vollständige Wahrnehmung galt nur noch dem großen, starken Körper hinter mir. Niemand musste mir sagen das es Froschlippe war. Ich wusste es. Ich fühlte es. Sein Duft umhüllte mich, wie ein Schwarm Bienen eine besonders schöne, große Blüte. Wie mein Schatten passte er sich perfekt meinen Rhythmus an. Und obwohl er sich mir anpasste, fühlte ich mich in seinen Armen wie eine Marionette. Seine linke Hand strich sanft zu meinem Unterbauch und sein Mittelfinger berührte sachte den Lust bringenden Knopf an meiner Scham während seine rechte Hand meinen dünnen Hals umschlang. Unsere Hüften bewegten sich weiter. Alles andere war egal. Die Groblins, oder die Tatsache das ich mit einem dünnen Kleidchen, das noch weniger Stoff an sich hatte als ein Unterkleid hier vor den anderen Tanzte während Froschlippe mich auf diese intime Art berührte. Ich ließ kurz den Blick schweifen und erkannte, das wir nicht die einzigen waren, die sich dazu verführen ließen, dem vermissten Partner, näher zu kommen. Wie von selbst begann meine Hüfte ihren eigenen Rhythmus zu folgen und drängte sich immer weiter gegen seine Hand. Mein Körper war zum bersten angespannt und ich hielt die Luft an. Da war es. Dieses unglaubliche Gefühl, das er mir in diesen einen Monat vor seiner letzten Abreise geschenkt hatte. Fast hatte ich es erreicht. Mein Atem wurde immer kurzatmiger. Doch zu meinen Leidwesen verschwand die Hand, die mir diese süße Wonne schenkte.   Ich wurde am Handgelenk gepackt, eine Kralle verletzte mich dabei, doch das war mir gleich. Eilig lief Froschlippe zu unserem Schlafgemach, ich musste zügiger laufen, um nicht hinzufallen. Plötzlich riss es mich vom Boden und fand mich in Froschlippes Armen wieder. Zügig verließ er ohne ein Wort den Speisesaal und mit Vorfreude erwartete ich das Ziel. Dort angekommen blickte er erwartungsvoll zu mir und küsste mich. So gleich strampelte ich mit den Beinen und riss mich aus seiner Umarmung, jedoch nur um gleich wieder hineinzuspringen. Meine Beine spreizte ich um seine Hüften und seine Hände hielten mich unter meinem Gesäß, genau da wo sich seine Erektion befand. „Wirst du mich noch einmal verlassen?“, fragte ich atemlos. „Nie wieder“, erwiderte er und schubste mich aufs Bett. Kaum das ich den kurzen Schwindel überwunden hatte, wanderten seine Hände über meine Oberschenkel, zogen das Kleid hinauf und rissen meine Unterwäsche in Stück. Es blieb keine Zeit etwas zu sagen oder auch nur zu denken, denn sogleich spürte ich seinen Mund auf meine Scham.   Kapitel 27: Guter Hoffnung -------------------------- Kapitel 27 – Guter Hoffnung   Nach unserer traumhaften letzten Nacht war Froschlippe aufgefallen, das mein Drachenei umringt von Kerzen direkt neben meiner Seite des Bettes ruhte. Er hatte dazu nichts gesagt, aber sein Blick hatte mir verraten das es ihm gefiel. Doch in der nächsten Nacht war dem nicht mehr so. Nachdem ich danach gegriffen und es mir an den Bauch gelegt hatte, während ich zusammengerollt auf der Seite lag, da hatte er mich mit einem unverständlichen Blick beäugt, welches mir zutiefst Schmerzen bereitete. Ein Blick dem man wohl Verrückten angedeihen lassen würde.   “Was tust du da?”, fragte er und rümpfte die Nase als hätte er etwas Faules gegessen. “Ich schlafe gern mit dem Ei”, entgegnete ich kleinlaut, denn auf die Schnelle fiel mir keine Ausrede ein, die plausibel wäre. “Warum um alles in der Welt tut man das?” “Nun ja, ich war bisher allein und mir ist danach. Es ist so schön warm an meinem Körper.” “Es ist aus Stein!”, plärrte er mir entgegen, als würde es alles erklären und griff danach. “WARTE!” rief ich erschrocken und mein Herz begann wild in meiner Brust zu pochen. Mein Ei, er nahm mir mein Ei weg. Es schmerzte in meiner Brust und verspürte unsägliche Angst das dem Ei etwas passieren könnte. Froschlippe hielt das Ei in seinen Händen, legte es von einer in die andere Hand und wieder zurück. Er drehte und begutachtet es und warf mir einen bösen Blick zu. “Sag nicht das du hier ein Feuer entfachst um es hier reinzulegen. Du weißt das wir hier kein ständiges Feuer haben können in der Stadt. Die Sonnenmenschen…..” “Das tu ich gar nicht. Ich entzünde nur die Kerzen während der Zeit vorm Zubettgehen.” “Wie kannst du dich dann daran erwärmen, es ist doch kalt. Du frierst doch so leicht. Du kannst nicht einmal ohne Fell auf dem Thron sitzen.” “Nein, es ist nicht kalt, für mich ist es warm.” “Kalt.” “Außerdem….” “Was?”, fragte er aufgebracht, streckte sein Arm aus und hielt mich mit dem anderen zurück sodass ich es nicht greifen konnte. “Es ist ein Geschenk von dir. Das macht es zu etwas Besonderem. Während du weg warst habe ich dich vermisst und das Ei war das Einzigste was ich von dir hatte”, berichtete ich nun und Tränen bildeten sich in meinen Augen. Wie ein kleines Kind dass das Weinen nicht mehr zurück halten konnte, rinnen mir die salzigen Tropfen die Wangen hinunter. Ich zog die Knie an meinem Körper und legte die Decke um mich. Würde er mir das Ei nun wegnehmen? Plötzlich war eine Hand in meinem Blickfeld, griff nach meinem Kinn und zwang mich Froschlippe in die Augen zu sehen. Sein Blick jagte mir einen Schauer über den Rücken und ich spürte so viele Gefühle gleichzeitig, dass es mir schwindlig wurde und mein Herz völlig aus dem Takt geriet. Meine Worte schienen einen Bereich in Froschlippes Inneren berührt zu haben, der nur selten an die Oberfläche trat. Mit glänzenden Augen blickte er mich so voller Gefühl an, dass es mir das Herz sprengte. Die Situation war für mich so unwirklich und ungewohnt, das ich mich gänzlich unbeholfen fühlte. Er schien mir mit seinem Blick etwas sagen zu wollen und sein Mund öffnete und schloss sich ein paar Mal, doch brachte er keinen Ton heraus. Stattdessen griff er mir in den Nacken und zog meinen Kopf zu sich, küsste mich auf die Stirn und kam mir näher, so dass seine Stirn an meiner lag. Wir schlossen unsere Augen, unsere Nasen berührten sich und für einen Augenblick stand die Zeit still und wir beide sogen zum selben Takt die Luft ein. Ohne zu wissen was hier geschah hatte er sich meinem Atem angepasst und so teilten wir die gleiche Luft. Mein Herzschlag beruhigte sich und ich wusste nicht woher, aber ich war überzeugt das in diesem Augenblick unsere Herzen im Gleichklang schlugen. Plötzlich zog er seinen Kopf wieder weg und Enttäuschung machte sich in mir breit. Doch das musste nicht sein, denn besitzergreifend hatte er mich zu sich gezogen, die Decke über uns gelegt und mir mein Ei an mein Bauch gelegt, während er sich hinter mir positionierte um eine gute Schlafposition zu finden. Mit seiner Wärme hinter mir und der des Dracheneis vor mir, stand mir der beste Schlaf meines Lebens bevor.   *****   Seit vier Wochen war Froschlippe wieder bei mir und ich fühlte mich wie im siebten Himmel. Immer wieder erwischte ich mich dabei wie ich den Blick nicht von ihm lassen konnte. Ich war glücklich, so viel war sicher. Jedoch blieben Streitereien weiterhin nicht aus. Oft verhielt er sich wie ein grober Klotz, doch zeigte sich seine sensibler Seite immer öfter.   Heute war seit seiner Rückkehr wieder eine Versammlung im Thronsaal. Bisher konnten alle Familien ihre verlorene Zeit aufholen. Doch heute wurden die nächsten Schritte geplant. Hauptsächlich ging es darum die Gänge, welche zu den Sonnenmenschen führten zu schließen. Natürlich war Froschlippe akribisch in seiner Anweisung, es durfte nicht einfach ein Loch mit Sand gefüllt werden. Viele Meter dick mussten die Tunnel geschlossen werden, damit die Menschen nicht einfach schnell hindurch brechen konnten. Zudem musste so gut gearbeitet werden, dass es nicht nach einem verschlossenen Tunnel aussah, sondern nach einem Tunnel, in dem nicht weiter gegraben worden war. Es war eine lange Besprechung und es fiel mir schwer konzentriert zu bleiben. Ich fühlte mich etwas schwach und wackelig auf den Beinen, doch das schlimmste war die aufkeimende Übelkeit und der Schwindel. Als Königin der Groblins konnte ich keine Schwäche zeigen. Ich musste mich zusammenreißen, dachte ich mir während ich an Froschlippes Seite auf der steinernen Armlehne saß. Plötzlich legte Helmut zu meiner rechten Seite seine Hand an meinem Arm, ehe ich schwankte, mich nach vorne beugte, ohne Kontrolle darüber zu haben und mich vor allen Anwesenden heftig übergab. Ich spürte den festen Griff Froschlippes um meine Hüften, welche mich davor bewahrt hatten, auf dem harten Boden aufzuschlagen. Indes schüttelte es mich und würgte immer wieder die saure Brühe heraus, welche in meinem Hals ein Kratzen verursachte. “TAMBELINA!”, rief Helmut neben mir lautstark, mit einer Kraft, die ich dem alten Groblins nicht zugetraut hatte. “Leg sie hin”, wies Hannelore ihren Sohn an und Strich mir die Haare aus dem Gesicht. Ich musste meine langen, roten Locken erwischt haben, doch das kümmerte mich im Augenblick nicht im geringsten. Der Schwindel zog noch immer durch meinen Körper, ich fühlte mich als würde mein Kreislauf mich gänzlich verlassen. Es drehte sich alles um mich herum und selbst wenn ich gewollt hätte, könnte ich nicht aufstehen. Für einen Augenblick wurde es unerträglich warm und der Schweiß trat an meinem gesamten Körper aus meiner Haut. So schnell das aber gekommen war, so schnell war es auch wieder vorbei und ich begann mich besser zu fühlen. Tambelina war inzwischen angekommen und forderte meinen Gatten auf, mich ins Schlafgemach zu bringen. Dort angekommen hatte er mich ins Bett gelegt und musste förmlich von Tambelina hinaus gejagd werden, denn er hatte nicht von meiner Seite weichen wollen. Die Farbe war ihm völlig aus dem Gesicht gewichen und Angst hatte ich in seinen Augen sehen können. Nachdem mich Tambelina gründlich von allen Seiten überprüft hatte und dabei gedanklich eine Liste von Fragen abzuarbeiten schien, wurden diese immer absurder. “Wann hattest du deine letzte Blutung?” “Was?”, errötete ich bei der Frage. “Keine Scheu, die ist nun fehl am Platz.” “Ich weiß nicht. Vor einem Monat?” “Bist du sicher?” “Nein. … Ich denke…. Das muss schon etwas länger her sein. Einem halben Monat bevor die Männer zurückgekehrt waren.” “Mmh”, überlegte Tambelina und Angst machte sich in mir breit. “Ich hätte sie bereits bekommen müssen. Kann ich keine Kinder mehr bekommen?”, wurde ich panisch. Tambelina indess suchte etwas in ihrem Reff und schien es nicht sofort zu finden, was mich wahnsinnig werden ließ vor Anspannung. Sie arbeitete so seelenruhig vor sich hin, wie an jedem anderen Tag, während ich mir Sorgen um meine Stellung bei den Groblins machte. Ich hatte mich vor allem im Saal übergeben, zudem war ich auch noch zusammengebrochen. Ich war schwach. Sie würden mich niemals mehr respektieren können. Was würde nun mit mir passieren? Als ich mich schon dem Wahnsinn nahe fühlte, zog Tambelina etwas aus einem ledernen Beutel, das wie ein Rohr aussah. Sie legte es mir an den unteren Bauch und ermahnte mich still zu sein. Sie legte ihr Ohr an das andere Ende des Instruments und schien auf etwas zu warten. Plötzlich begann sie zu lächeln und legte das Rohr weg. “Du bist guter Hoffnung, Aline.” “Wie?” Mein Ohren hatten jedes Wort verstanden, doch mein Kopf wollte nicht so schnell verstehen, als würden die Worte nicht durchdringen können. “Du erwartest ein Kind.” Sogleich wurde mir wieder schwindelig und ich war dankbar dafür bereits im Bett zu liegen. “LASST MICH ENDLICH REIN!”, hörte ich Froschlippes Stimme lautstark durch die Tunnel hallen. Beruhigende Worte waren zu hören, ich verstand den Inhalt nicht, doch war ich mir sicher das seine Eltern ihn zurück zu halten versuchten. “Treten Sie ein, mein König”, sagte Tambelina, die zum Eingang gelaufen war um nachzusehen was da los war. In Windeseile war Froschlippes an unser Bett getreten und betrachtete mich besorgt. “Geht es dir wieder besser?”, fragte er voller Hoffnung und diese Verletzlichkeit in seinen Augen zu sehen. Auch wenn er sich erfolgreich bemühte sie nicht in seiner Stimme aufkeimen zu lassen, damit Tambelina nichts bemerkte, brach mir dieser seltene, wertvolle Anblick das Herz. “Ja, mir ergeht es gut. Es scheint mir nur in letzter Zeit schlecht zu werden, weil ich schwanger bin.” “Es ist so….”, wollte Tambelina zu einer Erklärung ansetzen, doch bedeutete Froschlippes Handzeichen ihr zu schweigen und schickte sie auf die gleiche Weise hinaus. Seine Gesicht in dieser Zeit zu einer steinernen Maske erstarrt, wusste ich nun nicht was mich erwarten würde. War es ihm nicht recht? Mir lief ein Schauer über den Rücken. Sobald Tambelina außer Hörweite war entspannten sich seine Gesichtszüge und seine Brust hob und sank sich plötzlich schneller. Scheinbar hatte er den Atem angehalten um vor der Heilerin nicht die Kontrolle zu verlieren. Die Verletzlichkeit, die sich mir zuvor kurz gezeigt hatte, erschien wieder in den Vordergrund. Behutsam setzte er sich neben mich, legte behutsam seine große Hand auf meinen Unterbauch und war bedacht darauf das seine spitzen Nägel meine Haut nicht berührten. Verwundert, neugierig und mit der Situation völlig überfordert betrachtete ich dieses Schauspiel. Ich gestattete mir nicht einmal zu blinzeln, da ich befürchtete, etwas zu verpassen. Langsam senkte er seinen Kopf zu meinem Bauch und legte sein Ohr an die Stelle, an der Tambelina zuvor noch mit dem Rohr gehorcht hatte. Ich wusste nicht was hier geschah. Gab es etwas zu hören? Wollte er nur seinem Kind nahe sein? Aber hatte Tambelina nicht das Rohr verwenden müssen oder war es nicht zum Hören gedacht? Nach all den Jahren waren die Groblins noch immer sonderbare Wesen für mich. So lag er da, mehrere Minuten, so schien es mir. Die Hände sanft um meine Hüften gelegt, der Kopf nur mit leichtem Druck auf meinem Bauch, als befürchtete er etwas kaputt zu machen. “Du bist die beste Frau, die ich mir vorstellen könnte.” Mein Herz blieb stehen vor Schreck, meine Hände wurden schweißig und ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Nie hatte ich mich beschwert das ich zu wenig Liebesbekundungen bekam, ich wusste das es bei den Groblins, andere Gepflogenheiten gab. Doch dieser unglaubliche Moment, der sich hier gerade abspielte, lockte mich gänzlich aus der Reserve und kostete mich alle Selbstbeherrschung. Die Tränen rannen wie Flüsse von meinen Augen und ich konnte nicht mehr an mich halten. Ich strich Froschlippes liebevoll durchs Haar und zu meinem Erstaunen sah ich auch seine Augen glänzen. Er legte sich an meiner Seite und zog mich in seine Arme. Und nach all den Jahren des Stärke beweisens, riss ich nun alle Mauern um mich herum ein und gestattete mich an seiner Schulter zu stützen und schwach zu sein.   Kapitel 28: Eine Münze ---------------------- Kapitel 28 - Eine Münze   “Ich habe mich vor allen im Thronsaal ergeben. Ich habe es getan, ich habe Schwäche gezeigt. Es ist vorbei, sie werden mich nicht mehr akzeptieren”, klagte ich an Froschlippes Schulter mein Leid. “Keine Sorge, es sind schon ganz andere Dinge im Thronsaal geschehen.” “Aber ihr seit keine Menschen.” “Morgen werde ich verkünden das mein erster Nachfolger auf dem Weg ist, das wird sie alles vergessen lassen.” Vergessen war das richtige Wort, doch konnten sie vergessen das ich ein Mensch war? Ich wusste nicht warum, aber ich zweifelte an meinem Ansehen und meiner Stellung. Obgleich ich nun glücklicher sein sollte, da ich den ersehnten Erben endlich in mir trug, wo schon so manches mal getuschelt wurde ob es jemals einen geben würde und ob die Dynastie nicht mit Froschlippe enden würde. Froschlippe blieb für den restlichen Tag bei mir und ließ niemanden mehr zu mir. Immer wieder legte er seine Hand auf meinem Bauch und suchte ständigen körperlichen Kontakt zu mir.   Am nächsten Tag versammelten sich wieder alle höherrangigen Groblins in den Thronsaal und dort saß ich, mit hocherhobenen Hauptes auf der Armlehne des steinernen Thrones, an der Seite von Froschlippe. Dabei trug ich die Weste, welche ich an Froschlippes Rückkehr als Geschenk erhalten hatte, welche mir ein dominantes und autoritäres Äußeres verlieh. Doch ich fühlte mich keines Falls so. Die Nerven am Ende und der Körper schmerzhaft angespannt. So saß ich da und konnte kaum atmen. In meinem Inneren ein schlechtes Gefühl, ohne zu wissen weshalb und woher es kam. Äußerlich aber ließ ich mir nichts anmerken. Stärke ist alles. Mein Unrat, welches ich hier vor meinen Füßen ausgespien hatte, war bereits verschwunden und ich konnte zum Glück auch nichts mehr davon riechen. “Ich habe euch etwas zu verkünden, Groblins. Heute ist ein großer, denkwürdigen Tag, den es zu Feiern gilt. Meine Gattin war es gestern schlecht ergangen, wie ihr mitbekommen hat.” Ein leises Tuscheln ging durch die Reihen und ich glaubte missbilligende Blicke in den Mengen zu sehen. Froschlippe ließ jedoch keine Zeit zum Tratschen und nachdenken, denn er sprach sogleich weiter und ignorierte das Gerede. “Wie ihr wisst sind Groblins sehr starke Geschöpfe und wie es sich für einen solchen Verhält hat mein Nachfolger auf sich aufmerksam gemacht.” Überraschte Blicke, gespitzte Ohren, Gemurmel und Getuschel war in der ganzen Halle zu vernehmen. “IHR VERMUTET RICHTIG, MEIN KIND HAT SICH BEMERKBAR GEMACHT, IM BAUCH MEINER GATTIN. UND DAS GENAU IM RICHTIGEN MOMENT, DENN ER WUSSTE DAS SEINE UNTERTANEN ANWESEND SIND. BEGRÜSST ALSO MEIN KIND UND ZEIGT IHM DAS IHR HIER SEID”, rief er freudig, stellte sich hin, schob mich vor sich und zu meinem Entsetzen hatte er die Weste geöffnet und zeigte ihnen mein Unterleib. Nur bedeckt von dünnem Stoff meines Kleides. Automatisch, wie zum Schutz hatte ich reflexartig meine Hände an meinen Unterleib gelegt, was den Anwesenden, wie ein Beweis erschienen sein musste. Nach kurzem Schock, indem die Groblins wie gefroren gewirkt hatten, begannen sie sich nach und nach aus der Starre zu lösen und riefen ihre Glückwünsche aus. Das hätte mich glücklich machen sollen, das war genau das, was ich erhofft hatte. Doch konnte ich mich nicht damit zufrieden geben, denn in der Menge sah ich einzelne Gesichter die nicht in dem Jubel mit einstiegen, sondern mit zusammen gekniffenen Lippen dastanden und betrübt vor sich hinstarrten. Hannelore und Helmut versperren jedoch meine Sicht und gratulieren uns herzlich. Selbst Hannelore hatte mich in die Arme geschlossen und hatte mich an sich gedrückt. Helmut war etwas zurückhaltender und ich glaubte Tränen in seinen traurigen Augen zu sehen. Ich konnte jedoch nicht weiter darüber nachdenken, da Froschlippe alle in den Speisesaal rief um zu feiern. Den ganzen Tag wurde ausgelassen gefeiert und immer wieder kamen Groblins zu mir um zu gratulieren. Ich nahm die Glückwünsche dankend an und so langsam fiel meine Anspannung von mir ab und vergaß die Sorgen. Die Männer klopften Froschlippe anerkennend auf die Schulter und die Frauen erzählten mir kurze Anekdoten aus ihren Schwangerschaften. Das ließ mich aufatmen und ich ließ mich auf die Freude einer werdenden Mutter ein. Später zog mich Froschlippe in die Kutsche, um durch die Stadt zu fahren. Alle sollten davon erfahren und mich sehen. Er hielt es für wichtig das sie an den wichtigen Ereignissen der Königsfamilie teilhaben konnten. Nach einem anstrengenden Tag, der aus Glückwünschen und Händeschütteln bestand, nahm ich von einer alten Groblindame die letzten Glückwünsche an. “Ich wünsche euch alles Glück der Welt, meine Königin. Möge die Münze auf die richtige Seite fallen.” Verdutzt blickte ich sie an, doch hatte Froschlippe sogleich zum Weiterfahren befohlen. Ich drehte mich noch um, suchte das Gesicht der Alten. “Was meinst du damit?”, rief ich in die Menge, doch war sie schon verschwunden. Sogleich war meine Unruhe wieder da. “Geht es dir nicht gut?”, fragte der vor Stolz platzende werdende Vater. “Die alte Frau sagte was davon das sie hoffe, das die Münze auf die richtige Seite fällt. Was soll das bedeuten?” “Wer weiß, vielleicht ist es so eine Sache unter Alten. Mach dir keine Gedanken.” Die ersten Wochen war mir noch sehr oft schlecht. Die morgendliche Übelkeit raubte mir alle Kraft. Oft saß ich im Bett, einen Eimer umklammert und brach alles aus mich heraus, was ich den Vortag noch gegessen hatte. Es hielt nie lange an, aber es war sehr anstrengend. Man fühlte sich schwach, schwindelig und man hatte keine Kontrolle mehr darüber was der eigene Magen alles zur falschen Seite hinausließ. Oft wurden meine Beine wackelig und ich eilte dann schnell ins Bett um nicht Gefahr zu laufen, letztendlich auf dem kalten Steinboden zu liegen und zu warten das sich das Drehen um einen herum aufhörte. An wenigen Tagen war es so schlimm, dass ich dachte ich müsse nun sterben. Doch schon nach einer Stunde war meist alles wie vergessen. Mein Körper fühlte sich wieder wie mein Körper an und ich bekam hunger. Jedoch nicht so wie zuvor. Ich hatte Gelüste nach Kombinationen, die ich mir früher niemals hätte ausdenken können. Saures mit süßem oder bitteres mit süßem. Alles was normalerweise nicht zusammen passte, wollte ich haben. Froschlippe betrachtete mich das eine oder andere mal als wäre ich eine fremde Spezies, doch Hannelore quittierte das nur mit einem wissenden Lächeln. Mein Körper benahm sich völlig fremd und irgendwann bemerkte ich, dass meine Brüste spannten und teilweise empfindlich waren. Wenn Froschlippe und ich uns in, inzwischen, seltenen Fällen miteinander Liebe machen wollten, dann war es nicht angenehm wenn er meine Brüste drückte. Obgleich das zuvor immer meine liebsten Berührungen seinerseits gewesen waren, da es mich besonders erregte. Nach einigen Wochen erkannte man bereits eine Wölbung an meinem Bauch und ich musste Kleider in Auftrag geben, die um den Bauch herum weiter geschneidert waren. Denn schnell wurde es unangenehm und drückte mich. Während ich neue Gewänder anprobierte kam Tambelina zu mir und bat darum mich untersuchen zu können. Was jedoch mehr aus Fragen bestand, als nach körperlichen Untersuchungen. Sie fasste nur einmal nach meinem Bauch, hielt wieder ihr Rohr daran um den Herzschlag des Kindes zu hören, wie sie mir erklärte. Das merkwürdige war, das sie bat, das ich meine Unterwäsche ausziehen und mich breitbeinig am Rand des Bettes setzen solle. Sie warnte mich vor, doch erschrak ich dennoch, als ein Finger in meine Scham glitt und als wäre das nicht merkwürdig genug, roch sie daraufhin an ihren feuchten Finger. “Es scheint alles in Ordnung zu sein. Doch bitte, seit vorsichtig, wenn der König sich zu euch legt. Viele verüben noch den Beischlaf während die Frauen guter Hoffnung sind, mehr als man meint, doch wird das Kind größer und nimmt mehr Platz ein. Es könnte zu Schaden kommen wenn der Mann zu wild ist. Lasst es besser ganz bleiben, doch wenn er drängen sollte, dann gemahnt ihn zur Sanftheit und legt euch auf die Seite, er solle nur noch von hinten in Euch dringen und sich nicht auf Euren Bauch legen”, sagte Tambelina streng. Die Röte in meinem Gesicht konnte ich nicht verhindern. Mit so etwas hätte ich nun nicht gerechnet. Schnell zog ich mir meine Unterwäsche wieder an und versuchte das merkwürdige Gefühl in meiner Scham zu ignorieren. Außer Froschlippe hatte bisher noch nie jemand dorthin gefasst. Für mich war es unendlich peinlich und ich versuchte hastig davon abzulenken. “Sieh nur Tambelina, ich habe bereits Säuglingskleidung anfertigen lassen. Sieh wie klein das ist, ist das nicht süß?”, präsentierte ich stolz meine kleine Sammlung. Tambelina sah aber nur bedrückt drein und sah mich ernst an. Das zog mich wieder hart in die Realität und so setzte ich mich wieder aufs Bett. “Das letzte Mal ließ mir der König keine Gelegenheit, meine Arbeit zu tun und seither hatte man mich nicht mehr hierher gerufen”, sagte sie und ich hörte ihren Zorn heraus. “Tambelina, das….” Mit einer schnellen Handbewegung brachte sie mich zum Schweigen und ich fühlte mich wie ein unartiges Kind. “Ihr tragt ein Groblinkind in Euch und das dürft ihr niemals vergessen. Groblins sind stark und benötigen viel zu Essen. Esst jeden Tag so viel ihr könnt. Schont Euch so viel ihr könnt. Es ist Eure erste Schwangerschaft, das macht es natürlich nicht leichter. Ihr habt nun die Verantwortung für ein anderes Lebewesen, nicht mehr nur für Euch selbst. Dieses Kind wird Euch herausfordern. Es gibt nicht viel Erfahrung mit Mischlingskindern. So Etwas passiert sehr selten. Das letzte Mal als unser König Helmut….. Nun ja. Ich bin nicht berechtigt, darüber zu sprechen.” “Er hat mir davon erzählt. Ich weiß Bescheid. Kanntest du seine erste Frau?” “Ja, ich kannte Sharon.” “Sharon. Wie war sie so?” “Sie war ein sehr warmherziger, fröhlicher Mensch. Du siehst ihr ähnlich. Nur das ihre Haare golden waren.” “Es ist schrecklich was die Menschen mit ihr getan haben.” “Wie kommst du darauf das es Menschen waren?” Erschrocken horchte ich auf. “Er wird dir erzählt haben das man allgemein nicht begeistert war von dieser Vermählung.” “Aber sie war….” “An der Oberfläche? Das muss nichts bedeuten.” “Doch die Wunden sind doch von einem Messer….” “Groblins sind schlau genug es so aussehen zu lassen dass es aussah wie von Menschenhand. Damals gab es große Unruhen wegen dieser Geschichte. Man fürchtete einen Krieg und den Einzug in die Groblins Stadt durch die Menschen. Es hatte teilweise Kontakt zwischen Groblins und Bergleute gegeben, da diese immer näher kommen und hier und da auf verlassene Behausungen von uns gestoßen sind. Es kam auch zu direkten Kontakt in den Tunneln, welche dann von uns schnell umgeleitet und geschlossen werden mussten. Es gibt nicht immer nur Feinde aus einer Seite, merkt Euch das, mein Kind.” “Glaubst Du es könnte sich wiederholen?”, fragte ich ganz wie betäubt, mein Herz schlug mir bis zum Hals. “Ich weiß nicht, es ist anders. Es ist viel Zeit vergangen, es gibt eine neue Generation und Froschlippe hatte sie erfolgreich zum Schloss geführt. Und da ihr nach dem Sonnenmenschen-Recht vermählt seit und seit Jahren hier lebt, ist es anders. Die Groblins konnten sich an Euch gewöhnen, ihr habt viel getan und nun mit dem Kind ist die Verbindung zu den Groblins besiegelt. Doch wirst du immer auf ältere Leute stoßen, die die Sache anders betrachten. Du kannst die eigenen Werte und die Erfahrungen eines Groblins nicht ändern. Es ist normal das sich die Alten schwer damit tun sich auf neue Dinge einzustellen. Es ist nicht immer böse gemeint, manchmal können sie selbst nichts dafür. Meine eigene Mutter schalt mich eine Verrückte als ich ihr beichtete, ich wolle Heilerin werden und keine vielfache Mutter, gefesselt an Heim und Hof”, muntere sie mich auf. “Eine Alte in der Stadt hatte mir damals als die Schwangerschaft verkündet wurde gesagt, das sie hoffe, das die Münze auf die richtige Seite fällt. Was bedeutet das?” “Altweibergeschichten. Zumindest werden sie so abgetan. Wie gesagt, man weiß nicht sehr viel über Mischlingskinder. Es heißt, dass wenn ein Kind gezeugt wird, halb Groblin, halb Mensch, dann werfen die Götter eine Münze. Entweder wird das Kind vernunftbegabt wie alle anderen Kinder auch oder die Seite des Groblins nimmt über die menschliche Hälfte überhand und mehr als es gut ist. Sie werden wild, unberechenbar, verrückt. Das pure Böse soll in ihnen herrschen. Selbst Groblins können sie nicht bändigen.” Die Angst nahm überhand und die Tränen konnte ich nicht mehr zurückhalten. Kapitel 29: Sonnenlicht -----------------------  Kapitel 29 - Sonnenlicht   Monate waren seit der letzten Untersuchung von Tambelina vergangen. Das Gespräch hatte ich jedoch seither nicht vergessen können. Der Tod von Sharon hatte mich anfänglich noch in den Träumen beschäftigt. So hatte ich es tunlichst vermieden an die Oberfläche zu gehen um mich zu sonnen. Leider hatte es alsbald schwere Auswirkungen. Die Kraft verließ mich und meine Haut sah schon fast durchsichtig aus. Die Blicke der Groblins verriet mir wie schrecklich ich aussehen musste. Die Tage verbrachte ich nur noch liegend und schlafend, denn zu mehr gab es keine Kraft mehr, von meinem angespannten, depressiven Gemüt gar nicht zu sprechen. “Was ist mit dir Aline? Fehlt dir etwas?” “Sie muss hinauf in die Sonne, mein König”, übernahm Tambelina die Erklärung, welche gerade erst in den Raum getreten war. “Bist du nicht mehr an der Oberfläche gewesen?”, fragte Froschlippe mich entsetzt. “Ich habe angst”, berichtete ich mit Tränen in den Augen. “Wovor?” “Wenn mir das selbe passiert wie Sharon.” “Wer? Verdammt Aline, was ist los?”, brüllte er durch die Höhle. “Die erste Frau deines Vaters. Sie ging hinauf und wurde ermordet.” Wie vom Blitz getroffen blickte Froschlippe mich an. Nun schien er zu verstehen was mich so ängstigte. “Ich verstehe deine Angst, aber deswegen kannst du nicht das Wohl unseres Kindes gefährden.” “Groblins benötigen kein Sonnenlicht”, erwiderte ich trotzig. “Aber du brauchst es. Sieh dich nur an”, rief er aufgebracht, nahm sich ein Stein und zerschmetterte ihn an der nächsten Höhlenwand. “Es ist meine Schuld, fürchte ich. Ich rollte dieses Thema bei der letzten Untersuchung noch einmal auf und muss ihr dabei Angst eingejagt haben. Verzeiht mir. Kommt meine Königin, lasst mich Euch begleiten, ihr sollt kein Tag mehr allein dort oben verbringen müssen. Ich werde auf Euch acht geben.” “Sie wird dort nicht allein hinlaufen können. Tragen kann ich sie eben so wenig. Ihr Leib ist schon so rund geworden das ich das Kind schädigen könnte.” “Wir könnten die Kutsche nehmen”, schlug ich vor und versuchte den Blick von Froschlippe zu meiden. “Die Gänge sind dort oben sehr eng. Wir müssen einen kleinen Karren nehmen und den zieh ich selbst”, beschloss mein Gatte und verschwand sogleich. “Es tut mir leid, ich hatte Euch damals keine Angst einjagen wollen”, richtete sich Tambelina mit dünner Stimme in meine Richtung. “Schon gut”, es ist nicht deine Schuld. “Ich fühle mich nur seit ich schwanger bin so verletzlich und hilflos. Und je runder und schwerfälliger ich werde, desto schlimmer wird dieses Gefühl. Die Angst das etwas passieren könnte brachte mir zu Anfang noch Alpträume, aber es hat sich gebessert. Mir ist wohl bewusst das ich überreagiere, aber ich kann es nicht so recht abstellen.”   Mit Fellen bedeckt brachte Froschlippe mir einen kleinen Karren auf den ich mich legte. Und dann ging die holprige Fahrt los. Es ging nicht zu der schönen sonnigen Höhle, zu die er mich damals einst getragen hatte, sondern einen mir unbekannten weg. Dadurch das viele Höhlen umgelegt und geschlossen wurden um den möglichen Überfall durch Menschen zu umgehen, musste nun ein neuer Weg gefunden werden. Der Weg hatte nicht so lange gedauert, wie ich erwartet hatte und fand mich alsbald auf einer sonnen überfluteten Wiese wieder. Nach gefühlte Ewigkeit hatten sich meine Augen an das stechende Licht gewöhnt und ich versuchte mich zu orientieren. Wir waren nicht unterhalb der Bergwerken der Bergleute. Jedoch auch nicht auf der gegenüberliegenden Seite, denn dort befand sich das Meer. Misstrauisch und mit wild klopfendem Herzen sah ich mich um. Es war eine verlassene Wiese ohne Anzeichen menschlichen Einflusses. Keine Felder oder Tiere waren zu sehen. Keine Obstbäume. Der Eingang durch Sträucher verdeckt, schon nach wenigen Schritten konnte man nicht erahnen das sich dahinter etwas verbarg. Tambelina und mein Gatte kiffen die Augen zusammen und hielten ihre Hände über die Augen um das Sonnenlicht fern zu halten. Starr wie verängstigte Tiere kontrollierten sie den Horizont und blickten in alle Richtungen. Zu guter Letzt drückten sie ihre Ohren auf den Boden und geboten mir still zu sein. Nichts schien auf nahende Menschen hinzuweisen, also entspannten sie sich und setzten sich zu mir ins Gras. Die Wärme und das Licht zog mich in eine aufmunternde Umarmung. Schnell war die Angst und die Anspannung abgefallen und ich lag entzückt im Gras, die Glieder von mir gestreckt und genoss die heißen Strahlen in meinem Gesicht. In der Kleidung würde mir schnell warm, also befreite ich mich von der Weste und zog das Kleid hinauf bis zu meiner Unterwäsche. Vor Froschlippe oder Tambelina brauchte ich mich nicht zu schämen und diese hatten sich schnell in den Schatten zurück gezogen, da es für sie unerträglich heiß auf der Haut wurde. Schnell hatte mich der Schlaf übermannt und wachte Stunden später mit heißen Gliedern auf. Wie in warmer Watte gehüllt drehte ich mich auf die andere Seite und musste zu meinem Erstaunen feststellen, dass ich nicht mehr in der Lage war zu schlafen. Das Licht kitzelte mich an der Nase und die Kraft hatte wieder in meine Glieder Einzug gehalten. So erhob ich mich und trotz des kurzen Schwindels stellte ich mich auf meine Füße und drückte die Beine durch. Im Vergleich zum vorigen Tag, gelang mir das mit viel mehr Kraft. Erstaunt sah mir Froschlippe entgegen während ich mit langsamen Schritten auf ihn zuging. “Es ist unglaublich welche Macht die Sonne auf euch Sonnenmenschen hat.” “Ihr habt schon wieder mehr Farbe im Gesicht und seht glücklicher aus. Bitte macht das nie wieder, das ihr versucht auf die Sonne zu verzichten. Ich erklärte Euch bereits das es damals andere Zeiten waren und ihr befindet euch hier nicht in einer von Sonnenleuten errichteten Behausung. Bleibt immer in der Nähe des Eingangs, sobald ihr etwas hört lauft ihr hinein und bringt Euch in Sicherheit.” “Aber in den Tunneln kenne ich mich nicht aus. Was ist wenn ich mich dort verlaufe.” “In den Tunneln finden wir Euch schnell, doch hier draußen gestaltet sich das viel schwieriger für uns.” “Hier sind keine Menschen, Aline. Hab keine Angst. Ich lass nicht zu das dich jemand in die Hände kriegt.”   Die nächsten Wochen erging es mir besser und die Angst nahm vollständig ab. Ich genoss die Sonne wieder jede Woche und begann sogar für mich Blumen zu pflücken um damit unser Schlafgemach zu schmücken. Es begleitete mich immer jemand anderes. Mal war es Froschlippe, Tambelina oder Silki. Ersterer fand durch die Vorbereitungen wenig Zeit, so gingen wir meist nur einmal im Monat zusammen den Weg hinauf. Die lästige Übelkeit hatte noch in den ersten Wochen nachgelassen, doch war ich schnell kurzatmig, müde und war schweren Stimmungsschwankungen unterworfen. Zuletzt nachdem er aus dem Thronsaal zu mir gekommen ist. “Wo warst du so lange?” “Im Thronsaal, das weißt du doch.” “Du bist nur noch im Thronsaal.” “Weil es viel vorzubereiten gilt. Die Groblins haben Fragen und es kommen immer mehr. Sie sind unsicher und müssen ihr Leben hier aufgeben, indem sie schon seit Generationen leben.” “Schämst du dich für mich?” “Ist das ernst gemeint?” “Du findest mich fett, gib es zu”, begann ich zu weinen. Froschlippe quittiert das nur mit einem genervten Stöhnen und verdrehte die Augen. “Mach das nicht”, knurrte ich. “WAS SOLL ICH JETZT SCHON WIEDER NICHT MACHEN.” “GENAU DAS, HÖR AUF DAMIT.” “DU WILLST MICH DOCH ZUM NARREN HALTEN, WAS MACHE ICH DENN?” “DU SCHREIST MICH AN.” Ungläubig sah er mich an und blinzelte nur noch, wie ein Reh das unter Schock stand. “Du hast schon vor dem Schreien gesagt das ich es lassen soll”, knurrte er und versuchte sichtlich nicht seine Geduld zu verlieren. “Du weißt genau was ich gemeint habe.” “Das ist mir zu viel”, stöhnte Froschlippe und kratzte sich hinter den Ohren. “Was ist dir zu viel?” “Ich verstehe nichts von dem was du sagst.” “Dann hör doch zu.” “Das tue ich, aber du bist ständig sauer auf mich.” “Ja weil du dich Schämst für mich und ich dir zu fett bin.” “Wie kommst du denn darauf?” “Ich war schon lange nicht mehr im Thronsaal.” “Weil du dich schonen sollst und oft sehr müde und erschöpft bist. Hier kannst du sein wie du willst und musst keine Stärke beweisen.” “Die Reden bestimmt schon schlecht von mir“, wimmerte ich. “Nein, tatsächlich sorgen sich einige um dich und fragen immer wieder nach dir.” “Wirklich?” “Natürlich. “Und was sagst du ihnen dann?” Für einen kurzen Moment schien Froschlippe zu überlegen. “Das meine schöne, schlanke Frau sich darauf konzentrieren muss den Erben wachsen und gedeihen zu lassen.” “Ich sollte mich wieder sehen lassen. Morgen komme ich mit“, voller Enthusiasmus. “Wenn das dein Wunsch ist.” “Obwohl das sehr anstrengend sein wird und ich muss so oft Wasser lassen”, dachte ich laut nach. “Du kannst ja vorher gehen und wenn doch, dann kannst du es vielleicht etwas zurückhalten bis wir fertig sind.” “Zurückhalten, ja. Warst du schon einmal schwanger? Weißt du wie es ist, wenn dir ständig jemand auf der Blase liegt? Zurückhalten sagt er”, rede ich mich in Rage und die zuvor abgeflaute Wut, stieg wieder auf. “Dann bleib doch lieber hier.” “Wieso willst du mich nicht wieder um dich haben?”, schrie ich und warf ihm eine Schüssel mit Käfern entgegen.   Es war eine schwere Zeit für uns beide. Aber wir fanden immer wieder zueinander. Wenn ich weinte war er schnell überfordert, doch hatte er schnell heraus gefunden das es ausreichte, wenn er mich einfach auf sein Schoß zog, mich umarmte und darauf wartete das ich aufhörte. Kurz vor der Niederkunft, entschied ich noch einmal die Sonnenstrahlen in mich aufzunehmen. Denn mir war bewusst das ich nach der Geburt für längere Zeit erst einmal nicht mehr hinaufgehen konnte. Schon jetzt beeinträchtigt mich der große Leib sehr. Ich war schnell atemlos und erschöpft und erst seit kurzem konnte ich wieder ein paar Stunden durchschlafen. Das ging für eine Weile gar nicht mehr. Das Kind war nämlich sehr aktiv in meinem Bauch. Immer wieder hatte es mich getreten und mit der großen Kugel war es schwierig eine gute Liegeposition zu finden. Froschlippe hatte mir eines nachts mehr Felle bringen müssen, weil ich es nicht mehr ausgehalten hatte und etwas brauchte was ich unter den Leib legen konnte, damit mir etwas vom Gewicht abgenommen wurde. Es war die schönste Zeit meines Lebens, auch wenn es all meine Kraft abverlangte und ich furchtbare Angst vor der Geburt verspürte. Ich sprach viel mit meinem Kind. Auch wenn ich das Geschlecht nicht wusste. Tambelina hatte von mir zwar einmal Urin verlangt um es bestimmen zu können, indem sie ein Gersten- und ein Weizenkorn damit benetzte. Und je nachdem welches begann zu sprießen würde es Junge oder Mädchen bedeuten. Bei mir jedoch sprossen beide und sie erklärte mir, das es zwar meistens stimmte. Ich aber sicher sein konnte, das ich keine Zwillinge in mir trug. Das Ungewöhnlichste jedoch war, das ich seit der Schwangerschaft noch mehr Berührung zu meinem Ei suchte. Das Kind schien es geradezu in seiner Nähe zu wollen. Wenn ich einmal eine schlaflose Nacht hatte, in der das Kind sich viel bewegte, dann legte ich das Ei neben ihm und schnell war es wieder ruhig. Kapitel 30: Entführt -------------------- Kapitel 30 - Entführt   Die große, fleischliche Kugel hing schwer an meinem Leib und bedächtig ging ich die Stufen hinunter in den Thronsaal um mich auf unseren Thron zu setzen. Froschlippe war voraus gegangen um mich anzukündigen. Silki und Tambelina begleiteten mich links und rechts von mir, um mein Leib zu beschützen. In dem Saal war es so ruhig, man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Hundert neugierige Augen betrachteten mich und beobachteten jeder meiner Schritte. Die Stimmung war entspannt und voller freudiger Erregung. Ich bereute meinen langen Mantel angezogen zu haben, da das mir bis zum Knöchel reichende Fell schwer auf meinen Schultern hing und die Anstrengung eine unbändige Hitze in meinen Körper verursachte. Natürlich versuchte ich mich zusammenzureißen. Schwäche war etwas, das ich hier tunlichst vermeiden musste. Nachdem ich es bis zum mittleren Thron geschafft habe, ließ ich mir den Mantel abnehmen, was ohnehin für mich geplant war, schließlich war es mir wichtig das selbst der Groblin in der hintersten Reihe erkennen konnte, dass ich guter Hoffnung war. Ich musste wie ein Klotz mit Beinen und Armen aussehen, ich fühlte mich wie eine große Wollkugel, mit denen mein Kater Robin früher gerne gespielt hatte. Ein jeder Groblin der es wollte durfte von Froschlippe aus zu mir treten und meinen gerundeten Leib in voller Größe bewundern. Derweil übergaben sie mir Geschenke. Kleidung und Decken für den freudig erwarteten Nachfolger. Spielzeuge aus Stein, Holz und Lehm. Selbst verschiedenste Edelsteine befanden sich darunter. Nachdem das für Groblins liebevolle, für mich aber anstrengende Procedere vorbei war, begleiteten mich Silki und Tambelina, mitsamt den Karren, hinauf an die Oberfläche, damit ich das letzte Mal vor der Geburt sonnenbaden konnte. “Tambelina, Tambelina”, hallte es plötzlich durch den Tunnel und eine andere Heilerin kam bereits völlig aus der Puste, zu uns geeilt. “Bei Vaballa haben die Wehen eingesetzt, es ist bald soweit, du musst unbedingt kommen, sie zählt auf dich.” Diese gehörte zu den hochrangigen Groblins und ich wusste das ich Tambelina nicht davon abhalten konnte, deren Ruf zu folgen. “Mach dir keine Gedanken, Tambelina. Silki wird bei mir bleiben, geh nur”, ermutigte ich sie lächelnd und mit einem dankbaren Nicken verabschiedete sie sich von mir und folgte ihrer Kollegin. Silki hielt sich nur im Schatten auf, wenn wir an der Oberfläche waren. Die Sonne trocknete ihre Haut aus, welche sich nach wenigen Stunden zu Schuppen begann. Einmal hatte sie unbedingt an meiner Seite bleiben wollen, selbst wenn ich nur wenige Meter von ihr entfernt war und ein starker Sonnenbrand war die Folge gewesen. “Schon gut Silki, hier ist doch niemand. Bleib nur hier im Schatten, ich spaziere etwas über die Wiese. Ich werde lange kein Gras mehr unter meinen Füßen spüren.” “Nein bitte Majestät, nicht das Ihnen etwas passiert, das würde man mir niemals verzeihen”, bat Silki weinerlich. Sie kannte die seltenen, aber furchtbaren Ausbrüche meines Gattens nur zu gut. “Ich bleibe nicht lange weg, versprochen. Ruh du dich nur etwas aus, du warst mir eine so gute Hilfe in den schlaflosen Nächten, du musst mindestens so erschöpft sein wie ich”, ermunterte ich sie und ging meines Weges ohne ihre Antwort abzuwarten. Wehleidig blickte ich über die Wiese. Die Sonne schien heute besonders schön und die Blumen wogen sich in der leichten Brise. Das saftige Gras knirschte unter meinen Füßen und mit jedem Schritt sprangen unzählige Grashüpfer zur Seite. Wenn Froschlippe mich durch die Moosbewachsenen Tunnel führte und mir zeigte wo die Edelsteine wuchsen, dann heiterte mich deren Schönheit auf, aber nichts war so schön, wie das Licht der Sonne auf einer blühenden Wiese. In meinen Gedanken versunken hatte ich nicht bemerkt das ich mich bereits zu weit von Silki entfernt hatte. Doch die Beine waren mir müde geworden und so entschied ich mich für einen Augenblick auszuruhen und den Geruch der Blüten um mich herum zu genießen. Hufgetrampel riss mich aus dem Schlaf und erschrocken blickte ich mich um. Die Sonne war ein gutes Stück weitergewandert, Wolken waren aufgezogen und hatten sich vor die wärmenden Strahlen geschoben. Ich legte mir meinen langen Fellmantel wieder um, auf den ich mich gesetzt hatte und versuchte mich schnell zu erheben. Was jedoch nur beim Versuch blieb, denn schon traten Pferdehufe in mein Blickfeld. “Siehe da, was haben wir hier für eine Streunerin”, sagte der erste und zu meinem erstaunen blickte ich auf einen mir bekannten Soldaten meines Vaters. Ein Hauptmann der Garde. Er war damals bei meiner Hochzeit dabei gewesen. “Sieht so aus als hätte sie in ihrem Leben schon das Vergnügen der körperlichen Liebe kennengelernt.” “Er hat dich wohl sitzen lassen, was?” “Wer hätte sie denn heiraten mögen, sieh dir das verlumpte Ding an.” “Aline?”, sprach eine mir völlig fremde Stimme, doch als ich in die Richtung blickte, von der die Stimme kam, schlug mir mein Herz bis zum Hals. “Curdie?”, rief ich erstaunt aus und lächelte ihn freudig an. Ich hätte niemals damit gerechnet meinen Freund aus Kindertagen zu treffen. Er hatte sich sehr verändert. Groß war er geworden, die Schultern breiter und das einst so runde Kindergesicht war markanter geworden und von Bartstoppeln überseht. “Moment, du willst doch nicht etwa sagen…..”, begann der erste Hauptmann der Garde und ein Lächeln zierte sein Gesicht , welches mir die Nackenhaare aufstellen ließ. “Prinzessin Aline”, flüsterte die Gruppe erstaunt und tauschten vielsagende Blicke miteinander. “Hast du nun fliehen können? Wir hatten nach dir gesucht, aber kein Tunnel hatte uns tief genug in den Berg geführt, es war alles wie verhext. “Komm herauf, ich bring dich zu deinem Vater.” “Curdie ich…..” Was sollte ich ihm nur sagen? Ich könnte wohl kaum erklären das es mir gut ginge, ich nun zurück zu meinem Gatten möchte und sie folgten mir womöglich noch. Was hatte ich mir da nur eingebrockt? Silki, ich hoffe du kommst nicht hierher, sie dürfen dich nicht sehen. Curdie stieg von seinem Pferde und half mir hinauf. Um das Pferd führen zu können schlang er die Arme um mich herum und es war sehr merkwürdig einem anderen Mann so nahe zu kommen. Ich war in einem riesigen Schlamassel, aber wenn ich mit meinem Vater sprach, wird sich einiges klären können und vielleicht konnte ich noch heute zurückkehren. Nach einem anstrengenden Ritt dem Meer entlang und den steilen Klippen hinauf, auf das Schloss meines Vaters war es für mich wie eine Reise in die Vergangenheit. Doch das Schloss hatte sich verändert. Die Mauern waren verdoppelt worden und auf den Zinnen gab es unzählige schwarze Klingen, damit kein Eindringling die Möglichkeit hatte darüber zu klettern ohne Blut zu lassen. Auch die Flagge meines Vaters hatte sich verändert, was war hier nur geschehen? Wie ein Lauffeuer hatte es die Runde gemacht das die verschollene Prinzessin wieder zurückgekehrt war. Eiligen Schrittes hatte mich der Hauptmann Curdie entrissen und mich, kaum das ich ihn so schnell folgen konnte in den Thronsaal geschoben. Auch hier wirkte alles verändert. Der Saal voller Adeliger, mir unbekannter Menschen. Ein gealteter Mann mit langem weißem Bart saß gramgebeugt auf dem Thron, an seiner Seite eine junge, schwarzhaarige Schönheit mit strengem Blick, als hätte ihr jemand Pfeffer unter die Nase gehalten. “Aline. Aline, mein liebes Kind, bist du es wirklich?”, drang die raue, mir entfremdete Stimme an mein Ohr. “Ja Vater, ich bin es.” “Gepriesen sei der Herr, du hast fliehen können. Ich bin so glücklich mein Kind”, trat er mir gegenüber und drückte mich mit ganzer Kraft an sich. Die Duftwässerchen, die er ohne Zweifel benutzte, drangen in meine Nase, schnürten mir die Kehle zu und ließen mich niesen. “Armes Kind, du musst ganz verfroren sein in deinem Bettlerhemd. SCHICKT NACH DER KAMMERZOFE, SIE SOLL HEISSES BADEWASSER EINLASSEN!” Kaum das ich darauf hätte reagieren können, zog mich mein Vater ins Kaminzimmer neben dem Thronsaal, fern der neugierigen Augen. „Prinzessin Aline, ich bin sehr überrascht Euch nun tatsächlich kennenlernen zu dürfen. Wir hatten die Hoffnung bereits aufgegeben“, trat die junge Schwarzhaarige auf mich zu, welche zwar freundlich lächelte, aber diese war keinesfalls in ihren Augen zu erkennen. „Wie unhöflich von mir, ihr werdet nicht wissen wen Ihr vor euch habt. Ich bin die Gemahlin Eures werten Vaters, unsere Hochzeit habt Ihr im letzten Jahr leider verpasst.“ Gänzlich überfordert sah ich ihr entgegen und spürte nun deutlich das ich dem höfischen Leben völlig entwachsen war. Ungeschickt deutete ich eine Verbeugung an, war aber nicht sicher ob ich ihr die Hand küssen musste oder nicht. „Es freut mich sehr Euch kennenzulernen und bedaure es der Hochzeit meines Vaters nicht beiwohnen zu können. Entschuldigt mich nun, ich fühle mich gerade nicht wohl und möchte mich etwas ausruhen und zurecht machen.“ Tatsächlich fühlte ich mich mit meiner Groblinkleidung schrecklich fehl am Platz während sie in einem prächtigen violetten Kleid geschnürt war und goldene Colliers trug. „Das verstehe ich, es muss schwer gewesen sein unter diesen Wilden zu leben. Ich möchte mir das Leid, das ihr ertragen musstet gar nicht ausmalen. Es muss furchtbar sein unter primitiven Bestien zu leben, ich hoffe das ihr Euch erholen könnt. Das Missgeschick das ihr im Leibe habt werden wir uns entledigen können und schon bald werdet ihr einen richtigen Mann ehelichen können. Es wird schwer sein, da ihr keine Jungfrau mehr seit, bei den großen Königshäusern habt ihr keine Chance mehr, einheiraten zu können, aber es wird sich etwas finden lassen.“ „Oh mein Gott, Aline, bist du etwa...?“, stotterte mein Vater ungläubig. Er schien erst jetzt bemerkt zu haben das mein Leib unter dem Mantel eine starke Rundung aufwies. „Hat dieser unsägliche, teuflische Wicht es tatsächlich gewagt. Oh mein liebes Kind, ich hoffe du kannst mir verzeihen“, begann er zu weinen und drückte mich an sich. „Mein Liebster, wir haben noch größere Probleme. Man kann nur hoffen das es niemand bemerkt hat. Diese fusselige Weste wird es hoffentlich gut bedeckt haben, ihr Leib ist beileibe nicht so groß wie bei anderen Frauen, wir könnten die Herrschaften fürs Schweigen bezahlen oder behaupten das sie etwas falsches gesehen haben. Arme Menschen haben doch diese gewölbten Bäuche, trotz des Hungers, ist es nicht so? Wir sagen, sie wäre kurz vor dem Verhungern gewesen. Niemand muss von ihrem schrecklichen Schicksal erfahren.“ Wie die beiden so darüber lamentierten, was sie nun mit mir anstellen sollten, stieg immer mehr die Wut in mir auf. Jahrelang hatte ich meinen Vater nicht gesehen und nun ging es nur darum mich, trotz des Missgeschicks, wie sie mein geliebtes Kind betitelten, unter die Haube zu bringen. „... man muss natürlich darauf achten, das keinerlei Gerüchte über sie im Umlauf gebracht werden. Du solltest gleich nach dem Hauspersonal rufen und ihnen drohen das sie ihre Anstellung verlieren, sollten sie ein falsches Wort über Aline verlieren“, redete meine Stiefmutter, wie mir nun erschreckend bewusst wurde, auf meinen Vater ein. „Tut mir leid das ich eure tollen Pläne unterbrechen muss, aber in meinem Leib habe ich kein Missgeschick. Ich erwarte voller Freude mein Kind und ich trage keine Lumpen, sondern das Fell eines Mumperts, welches mir von meinen Untertanen hergestellt und geschenkt wurde. Ich gedenke in keinem Fall zu heiraten, ich bin bereits verheiratet und die Königin der Groblins“, rief ich wütend aus. „Aline...“, keuchte mein Vater überfordert. Ich erkannte die verschiedenen, aufkeimenden Gefühle in seinen Augen und die Hilflosigkeit darin. Es tat mir weh ihn so zu sehen. Ich hatte mir unser Wiedersehen immer anders vorgestellt. Doch allein die Tatsache wie sehr er die wenigen Jahre gealtert war und seine neue Frau, die nur Eifersucht und Wut in mir auslöste, veränderten die Lage. Ob ich ihm in einem ruhigen Moment erklären könnte Frieden mit den Groblins zu schließen? „Majestät, das Bad für die Prinzessin ist angerichtet“, unterbrach eine Kammerzofe die unangenehme Stille und dafür war ich sehr dankbar. Kapitel 31: Das Leben am Hof ---------------------------- Kapitel 31 – Das Leben am Hof Die Kammerzofe führte mich durch die einst vertrauten Gänge meines ehemaligen Zuhauses. Zu meiner Überraschung aber fühlte es sich nicht mehr so an. Noch lange nach meiner Entführung hatte ich gehofft nach Hause zu kommen und nicht mehr im Dunkeln leben zu müssen, umgeben von Stein, Dreck und Erde. Doch die glänzenden, gewienerten Böden, die geputzten Fenster, die geschmückten Wände, nichts davon rührte etwas in meinem Inneren. Es war alles sehr sauber, hell und ich fühlte mich wohl, doch.... etwas fehlte. In meinen Gedanken versunken achtete ich nicht darauf wo ich hinlief, doch benötigte ich mehrere Anläufe um zu bemerken das ich nicht in meinem ehemaligen Kinderzimmer war. Und ich glaubte auch zu wissen warum, schließlich hatte ich mir meine Möbel in den Untergrund bringen lassen, es musste also größtenteils leer stehen. Die Räumlichkeiten in die ich geführt worden war, waren klein und gemütlich. Der Kamin war angeschürt worden um Wärme in die kalten Mauern zu bringen. Es gab ein Bett, ein Schrank, ein Tisch und einen gepolsterten Stuhl am Kamin. Eines der vielen Gästezimmer. Angrenzend gab es ein Ankleidezimmer mit Badezuber und Waschschüssel. Kaum hatte ich die Schwelle in das Zimmer hinein überschritten, hatte ich mir schon die Weste vom Leibe gerissen und auf den Boden geschleudert. Die Wut über dieses misslungene Wiedersehen mit meinem Vater, die bloße Existenz seiner Ehefrau. Warum gab es sie überhaupt? Er hatte nach dem Tod meiner Mutter nie wieder übers Heiraten nachgedacht. Mit zittrigen Fingern ergriff ich den Saum meines Kleides und schälte mich daraus hinaus. An dem überraschten Blick meiner zugeteilten Zofe erkannte ich, das ich mich wohl schon mehr an den Sitten der Groblins gewöhnt hatte als ich selbst eingeschätzt hätte. Nackt wie ich war lief ich durch meine Räumlichkeiten und ließ mir in den Badezuber helfen. Das heiße Wasser war sehr angenehm und entkrampfte meinen Körper. Gedankenverloren strich ich über meinen gewölbten Bauch und lächelte als das mit Trampeln von dem kleinen Wesen in mir beantwortet wurde. Warum hat mein Vater geheiratet? Bei dem Gedanken an meine Stiefmutter hätte ich am liebsten vor Wut geheult. Viele Gedanken strudelten durch meinen Kopf, bis er zu schmerzen begann. Ich weiß nicht wie lange ich in dem Wasser saß, aber meine Finger waren zum Schluss ganz schrumpelig gewesen. Nachdem das Wasser kühl geworden war und ich das Gefühl hatte das mir schwindelig wird, stand ich auf und die Zofe legte mir ein Handtuch um meinen Leib. Im Schlafgemach angekommen bemerkte ich schockiert das meine Sachen verschwunden waren. Auf meinen fragenden Blick hin, zuckte die junge Zofe zusammen und erklärte mir, das die Königin befohlen hatte mir angemessene Kleidung zu bringen. Beruhige dich, Aline. Du bist nicht in deinem eigenen Reich. Füge dich und pass dich an. Morgen geht es wieder nach Hause, beschloss ich. Es war mehr als ungewohnt wieder in ein normales Kleid zu schlüpfen und erfreute mich kurz darüber wie weich der Stoff auf meiner Haut war. Bis mir die Korsage hingehalten wurde. „Nein“, sagte ich bestimmt. „Aber Prinzessin, das gehört dazu.“ „Ich bin hochschwanger.“ „Es stört dem Kind nicht. Alle tragen....“ „Ich fühle mich nicht wohl wenn etwas an meinem Leib drückt.“ „Die Königin wird wütend werden, ich bitte Euch....“, flehte die junge Zofe und ich sah die Angst in ihren Augen. „Das werde ich mit ihr klären, hab keine Angst. Es wird nicht auf dich zurückfallen.“ Plötzlich klopfte es an der Tür und für einen kurzen Moment stand ich verwirrt da und wusste nicht was ich tun sollte. Bis mir peinlichst bewusst wurde das ich die Person herein rufen musste, sonst würde sie draußen stehen bleiben. „Komm herein“, sagte ich plump und fühlte mich wieder einmal völlig fehl am Platz. Das Tränen überströmte Gesicht welches mir entgegenblickte kam mir bekannt vor und mein Herz begann zu springen, noch ehe mir der richtige Gedanke mit dem dazugehörigen Namen in den Sinn kam. „Lottie!“, rief ich überrascht aus und diese riss mich sofort in die Arme und weinte kläglich. „Ich kann nicht glauben das du hier bist. Ich dachte ich würde dich nie wieder sehen. Wie hast du entkommen können? Du bist so groß geworden, ich habe dich so vermisst. Bitte geh nie wieder weg.“ Sie hatte mich so überrumpelt das ich selbst den Tränen nahe war. Wie ein Kind klammerte ich mich an sie und weinte. Auf die Fragen konnte ich keine Antwort geben, weil sich ein schmerzlicher Kloß in meinem Hals gebildet hatte. Meine Zofe hatte sich respektvoll zurückgezogen. Lange waren Lottie und ich uns in den Armen gelegen, denn während Vater immer viel unterwegs gewesen war und ich meine Mutter nie kennengelernt hatte, war sie die einzige Person zu der ich einen familiären Bezug hatte. „Es tut mir so leid, mein Kind, wir haben dich nicht davor bewahren können von diesen Teufeln entführt zu werden und jetzt das...“, deutete sie auf meinen Bauch. „Lottie hör mir zu, es geht mir gut, wirklich. Es war schwer damals, aber man hat mir nie etwas getan. Ich bin die Königin der Groblins und sie folgen mir.“ „Heißt das.... du hast das Kind freiwillig empfangen?“, fragte sie mich ungläubig. „Ja“, beantwortete ich diese unangenehme Frage kurz angebunden. Ich erklärte ihr so gut ich konnte, ohne ihr die Pläne der Groblins zu verraten wie es mir ergangen war und das ich mich wirklich glücklich fühlte. Die alt gewordene Lottie, griff sich immer wieder nachdenklich an die Haube und hier und da konnte ich einen Blick auf ihre grauen Haare werfen. Um ihre Augen hatten sich viele kleine Fältchen gebildet, ebenso um ihre Mundwinkel. „Sie werden dich nicht gehen lassen, Kind.“ „Ich muss. Vater wird mich bestimmt verstehen. Morgen kehre ich wieder zurück. Man macht sich Sorgen um mich.“ „Aline, es ist nicht mehr so wie früher.“ Kaum hatte Lottie das geäußert, klopfte es an der Tür und meine Zofe trat wieder ein. „Ihre Majestät die Königin und der König lassen nach Euch schicken. Sie erwarten Euch zum Abendessen. Wollt Ihr sicherlich nicht die Korsage anlegen?“, fragte sie noch einmal mit flehendem Blick. Mit hocherhobenen Hauptes ließ ich mich in den Speisesaal führen und fühlte mich nicht mehr ganz so unbehaglich, mit dem reich besticktem Kleid. Doch meine neue Stiefmutter wusste wie sie das ändern konnte. „Prinzessin, Ihr seht schon viel annehmbarer aus. Hat Marie Euch nicht in die Korsage geholfen?“ „Das wollte sie, aber ich habe abgelehnt, ich fühle mich damit nicht wohl.“ „Mit frisierten Haaren offensichtlich auch nicht. Selbst Bäuerinnen tragen ihre Haare geschlossen“, spielte sie auf meine offene, lockige, rote Haarpracht an, welche mir über den Rücken, bis hin zum Gesäß fiel. „Ich trage sie gerne offen.“ „Ungewöhnlich. Tun das nicht nur die bösen Frauen? Wie schimpfen sie sich noch? Hexen.“ „In meinem Reich tragen stolze Frauen sie offen zur Schau. Wir haben nichts zu verstecken.“ „Das habe ich gesehen, nackt wie Ihr herumgelaufen seit.“ „Margarete“, zischte mein Vater mit bösem Blick zu ihr, was mir ein überhebliches Lächeln aufs Gesicht zauberte. „Verzeiht meine Neugierde Prinzessin, es ist für mich sehr ungewöhnlich. Ich habe in meiner Kindheit eine strenge Erziehung genossen. Aber ich hatte auch das Glück meine Mutter an meiner Seite zu haben, das muss ich gestehen.“ Unglaubliche Wut brannte in meinem Herzen und am liebsten hätte ich ihr die Leviten gelesen, doch fühlte ich mich wieder unwohl. Unwohl in diesen langen Kleid, was mich in meiner Bewegung einschränkte, unwohl in dieser penibel sauberen Umgebung. Die Menschen mit der tadellosen Kleidung ohne Dreck, hochgeschlossen angezogen und mit streng gekämmten Haaren. Ich passte nicht mehr in diese Welt. In meinem eigenen Zuhause fühlte ich mich fremd. „Vater, ich finde es wunderbar dich wiederzusehen. Jedoch möchte ich morgen wieder zurückkehren. Die Geburt....“ „Was? Du kannst nicht zurückkehren. Du wirst nicht mehr zurückkehren.“ „Prinzessin, ihr müsst nicht ganz bei Sinnen sein. Warum wollt ihr in diese Hölle zurück kehren? Haben diese Teufel Euch den Kopf verdreht?“ „Nein, aber man macht sich sorgen und ich....“ „Sorgen?“, lachte die Königin schrill. „Diese Biester wissen gar nicht wie sich so etwas anfühlt. Sei nicht albern, du kannst so lange hier leben wie du möchtest. Zumindest bis wir einen passenden Mann gefunden haben.“ „Aber....“ „Ich verstehe das es gerade noch alles zu viel und überwältigend für dich ist. Schließlich warst du jahrelang eingesperrt. Sicherlich kannst du dir inzwischen gar nicht mehr vorstellen wie es ist in Freiheit zu leben. Aber es wird besser werden mit der Zeit. Mein Liebster, wir sollten nach dem Pfarrer rufen lassen, er soll für sie beten und sie segnen. Womöglich ist sie noch vom Teufel besessen.“ „Vater bitte, lasst uns alleine sprechen. Ich erkläre Euch alles.“ „Mein Kind, du bleibst hier. Ich kann nicht zulassen das du wieder dorthin zurückkehrst. Ich weiß das es dir gerade noch ungerecht erscheint, aber du wirst mir noch dankbar sein.“ Mit Tränen in den Augen starrte ich auf den Teller, mit dem leckeren Essen, nachdem ich mich so lange gesehnt hatte und stellte fest, das ich eine Gefangene war. Kapitel 32: Gefangen -------------------- Kapitel 32 - Gefangen   Ungeduldig lief ich in meinen zugewiesenen Gemächern auf und ab und strich mir dabei sorgenvoll über den Bauch. Ich musste zurück. Ich musste irgendwie zu Froschlippe zurückkehren. Ururgroßmutter! Seit Froschlippe mir damals meinen magischen Ring abgenommen hatte, war sie mir immer weiter entglitten, bis sie fast aus meiner Erinnerung verschwunden war. Zudem hatte ich geglaubt das ich ohne den Ring keinen Kontakt zu ihr aufnehmen konnte. Ob sie noch in dem Turmruin war? Auf nackten Sohlen schlich ich mich bei Nacht auf den Flur hinaus und versuchte mein altes Kinderzimmer zu finden. Es war ein ungewohntes Gefühl das glatte Holz unter meinen Füßen zu spüren. Nach wenigen Schritten hatten die Dielen unter mir geknarrt und das Herz war mir fast vor Schreck aus der Brust gesprungen. Wieder erkannte ich wie sehr ich mich an das Leben unter der Erde gewöhnt hatte. Schnell immer wieder blieb ich wie angewurzelt stehen und horchte in die Gänge. Holzböden oder Treppen gab es nicht viele im Schloss und bald konnte ich mich ganz aufs Orientieren konzentrieren. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor bis ich mein altes Zimmer gefunden hatte und tatsächlich stand es fast leer, so wie ich es damals verlassen hatte und nachdem die Möbel zu mir geliefert wurden. Dort hinter der Tür hatte Froschlippe gestanden und auf mich gewartet um mich entführen zu können. Die Holzvertäfelung zierte das gesamte Zimmer, doch nur eine hatte eine Rose darauf, hinter einem Vorhang war sie schnell gefunden und mit der Berührung meiner Hand leuchtete sie kurz auf und mit einem knarzenden Geräusch, gab sie einen kleinen, engen Gang frei. Auf allen Vieren kroch ich hinein, seit damals war ich ein gutes Stück gewachsen und war breiter geworden, doch schaffte es mich trotz dem runden Bauch, hindurch zu quetschen. Da ich an die Dunkelheit unter der Erde gewohnt war, benötigte ich keine Kerze, sondern das Mondlicht das durch Ritzen, Löchern und kaputten Fenstern strahlte, reichte aus, damit ich mich orientieren konnte. Dort waren sie, die Turmzimmer meiner Ururgroßmutter. „Großmutter!“, rief ich in den ersten Raum hinein. Hier war ich ihr das erste Mal begegnet. Nichts. Auch von ihren Tauben war nichts zu sehen. So lief ich in den anderen Raum hinein. „Großmutter, bitte. Zeig dich.“ Mit laut klopfendem Herzen und Rauschen in den Ohren versuchte ich zu horchen. Die Angst kroch in mir hoch. War sie nicht mehr hier? Hatte sie mich verlassen, nachdem ich das Schloss hinter mir lassen musste? Waren ihre Kräfte aufgebraucht? Tränen rannen mir die Wangen hinunter. Ich war allein. Niemand hier. Würde ich Froschlippe nie mehr wieder sehen? Würde mein Kind ohne Vater aufwachsen? Sie hatte einst vorhergesagt das ich sie eines Tages nicht mehr brauchen würde, weil ich dann meine eigene Zauberkraft gefunden habe. Aber ich konnte nicht zaubern, ich hatte keine Macht so wie sie. Den Ring habe ich auch nicht mehr. Was hatte sie noch gesagt? „Es ist die Zauberkraft vom Guten gegen das Böse, Recht gegen Unrecht, immer das Richtige zu tun, auch wenn dir niemand helfen will“, erklang die vertraute Stimme in meinem Kopf. „Großmutter?“, schrie ich verzweifelt in den alten, verlassenen Turm hinein. „Du findest deine eigene Zauberkraft, wenn du immer dem Faden folgst.“ Ich hatte diesen Ring nicht mehr. Ich war verloren. Nachdem ich lange im dunklen Turm gelegen und mir die Augen ausgeweint hatte, schlich ich mich wieder zurück in meine Gemächer und versuchte zu überlegen was ich sonst noch tun konnte. Lottie. Ich musste Lottie darum bitten mir zu helfen. Am nächsten Tag ließ ich nach ihr schicken. Noch in der Nacht hatte ich einen Brief geschrieben, von dem ich wusste, das Menschen ihn nicht lesen konnten, aber Groblins. Sie musste ihn in den Berg bringen. Wenn Froschlippe ihn zu lesen bekam, wusste ich das ihr nichts geschehen würde. „Bitte Lottie, ich fleh dich an. Du wirst nie wieder arbeiten müssen in deinem Leben wenn du das für mich tust“, weinte ich und ließ mich vor ihr auf den Knien nieder. Das war ihr sichtlich unangenehm und verzweifelt zog sie mich an den Armen hoch. „Ich mach es mein Kind, aber nicht wegen den Edelsteinen, sondern weil du für mich immer wie ein eigenes Kind warst und ich nicht zusehen kann wie unglücklich du hier bist.“ Erleichtert umarmte ich sie und gab ihr dankbar einen Kuss auf die Wange. Sie würde erzählen das sie unterhalb des Schlosses auf dem Markt einkaufen gehen würde, so fällt es nicht auf. Später saß ich beim Mittagessen mit meinem Vater und seiner Gemahlin. Wie immer war ich sehr kurz angebunden, doch fühlte ich mich befreiter, da ich sicher war das Froschlippe mich bald holen würde. „Bitte Prinzessin, begleitet mich auf einen Verdauungsspaziergang“, hielt die Königin mich davon ab, mich auf meine Gemächer zurückzuziehen. „Ich glaube wirklich das du furchtbar leiden musst wegen den verwirrenden Gefühlen. Es sind nicht nur die besonderen Umstände, sondern auch das Kind das du erwartest. Und als Mutter möchtest du bestimmt das Beste für dein Kind. Du solltest nicht den beschwerlichen Weg zum Berg unternehmen, das schadet nur dem Kind. Ich verstehe wie es dir geht. Selten kann man sich den Gatten aussuchen und als Frau fügt man sich seinem Schicksal und mit etwas Arbeit gewöhnt man sich an dem Mann. Man lernt ihn zu lieben, das ist normal, das tun wir alle. Man fühlt sich ihm verbunden und verpflichtet, vor allem mit seinem Kind im Leib. Wir sollten einen Neuanfang wagen, schließlich gehören wir der selben Familie an.“ Die Freundlichkeit kam sehr überraschend und zum ersten Mal verspürte ich Sympathie für die Königin. Vielleicht hatte ich zu kindisch reagiert, schließlich war ich als einzige Tochter entführt worden und Vater hatte für das weitere Bestehen der Familie sorgen müssen. Ob sie auch guter Hoffnung war? Sie führte mich zu einen abgelegenen Teil des Schlosses und wieder fiel mir auf wie viel sich verändert hatte. „Als Königin, und das kannst du mir sicher nachfühlen, muss man alles menschliche tun um sein Reich und seine Untertanen zu beschützen, geschweige denn die Familie. Wir sollten nicht streiten, ich bin nicht dein Feind und wir sollten an unsere Pflicht denken“, sagte sie.   Abgetrennte und aufgespießte Köpfe thronten auf der Mauer über uns. Unverkennbar erkannte Groblins, eine ganze Familie, bestehend aus Mann, Frau und zwei Kindern. Jemand schien es wichtig gewesen zu sein die Kette mit dem Anhänger um den Spieß des Mannes zu knoten. Bei genauerer Betrachtung las ich, 'Kafka'. „Kafka“, schluckte Aline schwer. Denn der Name war ihr ein Begriff. „Kanntest du ihn? Was für ein wildes Volk. Sie waren schmutzig und kaum angezogen. Fürchterlich. Ich wollte ihre hässlichen Köpfe nicht hier hängen sehen, doch Richard, dein hoher Vater, bestand darauf.“ „Wie konntest du mir das zeigen“, schluchzte ich und griff mir vor Kummer ans Herz. „Ehrlich gesagt wollte ich dir das gar nicht zeigen. Es ging mir um etwas anderes und wie ich zuvor erklärte müssen wir unsere Pflicht tun. Und meiner Ansicht nach bist du schuld daran das ich das tun musste“, sprach sie in Rätseln, packte mich an den Schultern und drehte mich in eine bestimmte Richtung und sah nach oben. Ich tat es ihr gleich und ein lauter Schrei entfuhr meiner Kehle. Der abgetrennte Kopf von Lottie war auf einem Spieß gesteckt worden. Das Blut war hinunter getropft und der gesamte Spieß war in blutroter Farbe getaucht, ihr Angsterfüllter Blick starrte ins Nichts. Kapitel 33: Der Ring -------------------- Kapitel 33 – Der Ring   Froschlippe trat im Thronsaal auf und ab, fahrig und unruhig, wie ein wildes Tier im Käfig. Die Groblins um ihn herum beobachteten ihn still und folgten ihm mit den Augen, bei jedem Schritt, den er tat. Niemand wagte es ein Wort an ihn zu richten, denn jeder wusste wie ungehalten die Wut des Groblinkönigs auf einen einstürmen konnte, wenn sie freigelassen würde. „Wo ist sie? Wo ist sie? WO IST SIE?“, rief Froschlippe immer lauter und zog seine Runde während sein Umhang sich angst einflößend hinter ihm aufbauschte. Von hinten ließ es ihn aussehen wie eine übergroße Fledermaus. Eine Gruppe Groblins kam in den Saal gerannt und zogen die Aufmerksamkeit auf sich. „König Froschlippe, wir sind ihrer Spur gefolgt. Sie ist auf einem Pferd gestiegen und deren Spuren führen zum Schloss.“ „Was? Wie kann das sein?“ „Fünf Pferde hatten ihre Spur umzingelt, bis ihre Fußabdrücke enden.“ „Er hat sie mir gestohlen“, flüsterte Froschlippe zu sich selbst. „ER HAT SIE MIR GESTOHLEN!“ „Wir haben das Schloss in der Beobachtung, Kundschafter haben es nach Fallen und Eindringungs-möglichkeiten abgesucht. Seit dem letzten Mal haben sie die Mauern verstärkt und auf den Zinnen Speerspitzen angebracht. In der Mauer gibt es keine maroden Stellen oder Öffnungen. Aktuell wird unter der Erde der Boden untersucht, doch das benötigt noch etwas Zeit.“ „WIR HABEN KEINE ZEIT!“ Froschlippe fasste sich an die Brust und sein Herz pochte wild gegen seiner Handfläche. Es drohte aus seinem Körper zu springen, so wild schlug es in seiner Brust. Der Gedanke sie nie wieder zu sehen drohte ihm den Verstand zu rauben. „Majestät“, kam eine flüsternde, krächzende Stimme aus einer Ecke des Saals. Silki lag dort, noch benommen von den Schmerzen, denen Froschlippe ihr angetan hatte. Mehrmals war er auf ihre Füße getreten und hatte sie gewürgt, wobei seine Krallen Spuren in ihrem Hals hinterlassen hatten. „WAS?“, wirbelte Froschlippe zu ihr herum und durchbohrte sie mit ihren Augen. Wutentbrannt stampfte er zu ihr, packte sie an ihren Haaren und zog ihren Kopf zu sich. „Wie kannst du es wagen noch ein Wort an mich zu richten“, flüsterte er in ihr Ohr. „Der Ring. Der Ring kann sie finden“, schluchzte sie und sah ihn flehend an. Plötzlich öffnete sich Froschlippes Faust und gab Silkis Haare frei, wodurch sie unsanft mit dem Kopf auf den Steinboden aufschlug. Der Ring. Sogleich kam die Erinnerung zurück an Früher. Als die junge Prinzessin Aline, den Sonnenknaben im Schlepptau hatte und im königlichen Schlafgemach seiner Eltern entdeckt wurde, hatte sie entkommen können. Indem sie sich an etwas festgehalten und in einer Schlucht, in der sie hätte am Boden aufschlagen und sterben müssen, wie an einem Seil herunterrutschen konnte. Er hatte es nicht greifen können mit seinem Verstand, er hatte nie verstanden was in diesem Moment geschehen war. Bis er sie gefunden hatte, fast zu Tode gewürgt, durch etwas, das er nicht sehen, aber deutlich Spuren an ihrem Hals hinterlassen hatte. Nur ein zartes Schimmern war zu sehen gewesen, ein unsichtbarer Faden. Er hatte ihr den Ring weg genommen. Der Ring der ihr jetzt einen Fluchtweg aufzeigen könnte. Aus der Sicht des Sonnenkönigs war sie geschändet und mit einem Kind im Bauch, nutzlos. Ihr Leben stand auf dem Spiel. Er musste sie finden. Doch wo hatte er den Ring hingeschmissen? Wie in Trance stand er auf, ignorierte Silki, seine Eltern und den Rest der versammelten Groblins und rannte aus dem Thronsaal hinaus. In der Nähe ihres gemeinsamen Schlafgemachs, dort war eine Schlucht, er hatte den Ring in die Dunkelheit geschmissen. An der Klippe angekommen, den Rand unter den Spitzen seiner Zehen spürend sprang er, drehte sich in der Luft und hielt sich mit seinen Händen an der Klippe fest, bis er sich hinuntergleiten ließ, mit Hilfe seiner Krallen. In der kalten Dunkelheit angekommen benötigten seine gelben Augen einen Moment um sich an die wenigen Lichtverhältnisse anzupassen. Er suchte lange. Lange durchsuchte er den Dreck, die Erde, die Felsen und die Steine. Oft griff er ins Leere, wenn er glaubte etwas gefunden zu haben. Tränen begannen sich in seinen Augen zu bilden, als sich der Gedanke aufdrängte, das er den Ring niemals finden würde. Sein Herz drohte zu zerplatzen, seine Atmung wurde immer schneller und bald hatte Froschlippe das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Er lehnte sich an die Steinwand und griff sich mit seinen kaputten Krallen an die Brust, bohrte sie in seine Haut, ein schmerzhafter Kloß hatte sich in seinem Hals gebildet. Zischend sog er die Luft durch seine Zähne und griff sich an den Hals, es wurde immer schlimmer, immer unerträglicher. Sein Mund war staubtrocken, er begann zu Husten und wusste nicht was mit ihm geschah. Angst drängte sich in sein Bewusstsein, so groß, wie er es noch nie in seinem Leben gefühlt hatte. Das Husten ging in ein Keuchen und Stöhnen über, bis ein befreiender Schrei aus seiner Kehle drang, der sich mit viel Kraft aus seiner Kehle befreit hatte. Der Schmerz in seinem Hals ließ nach und die Tränen liefen ihm die Wangen hinunter. Es war das erste Mal in Froschlippes Leben das er weinte. Groblins weinten nicht. Sie waren wütend, enttäuscht oder genervt. Selbst frustriert können sie sein. Aber niemals weint ein Groblin. Froschlippe hatte die Kontrolle über seinen Körper verloren. Er fühlte sich elend, als wäre die Welt ein schwarzer Ort und sein Leben würde nie wieder so werden wie früher. Als hätte ihm jemand seine Fröhlichkeit und seine Lebenslust geraubt. Diese unbekannten, starken Gefühle in seinem Inneren brachten ihn förmlich um und seine Augen hörten nicht auf Tränen hinauszupressen. Er zog die Knie an seinen Körper und umarmte sich selbst. Die Hilflosigkeit, die über ihn Besitz ergriff zog ihn in einen Strudel des Grauens. Während er so weinte und nichts mit sich anzufangen wusste, blickte er auf die Seite und bemerkte etwas am Rande seines Blickwinkels. Sein Kopf dröhnte und langsam drehte er sich hin um genau blicken zu können, doch konnte er es noch immer nicht erkennen. Mit schmutzigen Händen rieb er die Tränen weg und blinzelte mehrmals, ehe er wieder hinsah. Der Ring. Dort lag er. Schmerzend begann sein Herz rasend in seiner Brust zu pochen und Hoffnung keimte in ihm auf. Unscheinbar lag er in seiner Hand. Ein schlichter goldener Ring, mit einem Vierpass-förmigen Aufsatz. Er blickte genau hin, doch da schimmerte nichts. Froschlippe konnte auch nichts fühlen, keinen Faden, der vom Ring abging. „Bist du kaputt, du dummes Ding. Aline ist verschwunden, such sie gefälligst“, zischte er. Die Verzweiflung nahm wieder das Kommando in seinem Körper auf. Wieder traten Tränen in seine Augen. Der Ring war nutzlos, doch wollte er ihn wie einen kostbaren Schatz nicht verlieren. Er betrachtete ihn traurig und die Tränen vielen auf den Vierpass. Entschlossen hier nicht länger herumsitzen zu können, zog ihn sich über seinen kleinen Finger und wollte sich aufrichten, doch plötzlich erschien eine lichte, helle Gestalt vor ihm. Das strahlende Licht verursachte kurz Schmerzen in seinen Augen, bis er sie zusammenkniff und sich die Hände davor hielt. Die Hand als Sichtschutz benutzend blinzelte er und erblickte eine ältliche Frau mit bis zum Boden reichende weiße Haare, in einem weißen Kleid.   „Ich hätte niemals gedacht, das ich einmal vor dir stehen würde“, sagte sie mit zusammengekniffenen Lippen. Es war offensichtlich das sie nicht begeistert war ihn zu sehen. „Aline ist verschwunden“, ignorierte er ihren Kommentar. „Sie ist nach Hause zurückgekehrt.“ „Aber nicht freiwillig oder?“ „Nein, tatsächlich nicht.“ „Ich muss sie finden und du musst mir helfen.“ „Ich muss gar nichts. Aber die letzten Jahre war ich nie weit weg gewesen und habe gesehen was Aline hier unten erreicht hat. Darum werde ich darüber nachdenken dir zu helfen.“ „Was soll das heißen?“ „Als Aline damals ihren Weg zu mir gefunden hatte, hatte ich sie vor einer großen Gefahr gewarnt und ihr den Ring geschenkt, der sie beschützen sollte. Tatsächlich hatte es nicht so funktioniert, wie ich es erhofft hatte. Du hast geschafft sie zu entführen und hast ihr den Ring geraubt“, zischte sie. „Ich weiß, aber jetzt ist alles anders. Sie ist fort und sie muss wieder zu mir zurück.“ „Warum muss sie das? Sie ist dort Zuhause.“ „Seit Jahren nicht mehr. Sie erwartet mein Kind, sie gehört nicht mehr zu den Sonnenmenschen, ihr Vater wird ihr etwas antun. Du musst es nicht für mich tun, ich will nur das ihr nichts geschieht. DU MUSST IHR HELFEN!“, rief Froschlippe verzweifelt und so sehr er es in diesem unsäglichen Augenblick nicht gebrauchen konnte, rannen wieder die Tränen über seine Wangen. „Bitte, hilf ihr. Wenn sie nicht zurückkehren möchte, gut, aber nicht wenn sie dort gefangenhalten wird. Man wird ihr etwas antun, sie trägt ein Groblinkind in sich. Wenn sie mir persönlich sagt, das ich verschwinden soll, dann werde ich es tun. Aber ich muss wissen das es ihr gut geht.“ „Du hast recht“, sagte die weißhaarige Frau stoisch. „Sie ist in Gefahr. Doch sie muss ihre eigene Magie finden, ich habe nicht unendlich Kraft zur Verfügung und kann nicht für immer für sie da sein.“ Übelkeit stieg in Froschlippe auf und er schluckte den aufgestoßenen, ekligen Geschmack hinunter, ehe er sich mit zittrigen Händen auf den Boden kniete. „Rette sie und das Kind und du bekommst alles von mir was du wünscht.“ „Vielleicht....“, dachte die Großmutter Alines in Gedanken verloren laut nach. „Vielleicht hat sie den Kern ihrer Magie bereits gefunden. Gut, ich werde dir helfen. Der Faden wird dir den Weg weisen, du solltest dich beeilen. Meine Kraft kann ich dir so nicht geben, doch sobald sie dich sieht, wird sie es aktivieren können. Wenn sie es zulässt. Ich wünsche dir Glück Groblin. Ich gebe dir den letzten Rest den ich habe, ich werde Aline nicht mehr beschützen können. Also wirst du es ab jetzt tun müssen. Sag ihr, das sie ihre Magie niemals verlieren kann, es sei denn sie glaubt nicht mehr daran. Lebewohl Groblin und pass gut auf meine Ururenkelin auf.“ Und somit entschwand der große, schlanke Körper, verlor die Form und nur eine helle Kugel blieb zurück, welche sich in dem Vierpass des Rings niederließ und sich in dieses einsog. Plötzlich stoben Funken aus dem Ring in Form eines Fadens, welche aus der Schlucht hinausführte und ihm den Weg zu Aline wies. Entschlossen sprang Froschlippe auf, kletterte den Weg hinauf, rannte in den Thronsaal zurück und mobilisierte seine Groblins. Kapitel 34: Die Geburt ---------------------- Kapitel 34 – Die Geburt Lotties totes Gesicht ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Immer wenn ich die Augen schloss sah ich den aufgespießten Kopf und all das Blut. „Dem Feind Informationen zukommen zu lassen ist Hochverrat, meine Liebe.“ „Ich habe nicht...“ „Was auch immer du in dem Brief geschrieben hast, er ist verbrannt und es ist meiner Gnade zu verdanken das ich deinem Vater nicht von diesem schändlichen Verrat unterrichte.“ „Es war kein Verrat!“ „Weshalb hast du dann in der Sprache der Wilden geschrieben? Wohl weil ein Mensch es nicht lesen können sollte. Was spricht mehr für einen Verrat als das? Ich bestehe darauf das du hier bleibst und das Kind hier auf die Welt bringst. Es wäre unklug das Leben des Kindes zu gefährden wegen einer langen Reise. Fühl dich weiterhin als mein Gast“, hatte meine Stiefmutter mit einer bedrohlichen Ruhe geäußert. Seit zwei Tagen verließ ich das Zimmer nicht mehr. Ich schob die Anstrengung der Schwangerschaft und die Rückenschmerzen, welche mich tatsächlich plagten, vor. Meine junge Zofe, Marie, war fast meine einzige Begleiterin in dieser Zeit. Doch ich war nicht sicher ob ich ihr trauen konnte. Dennoch war ich dankbar für ihre Anwesenheit, denn die einsamen Momente, in denen sie das Zimmer verließ, brachten mich fast um. Mein Vater und seine Königin besuchten mich einmal am Tag um nach mir zu sehen und ich hatte keine Wahl vorzugaukeln das alles in Ordnung war. Lotties Tod sollte eine Warnung sein, das war mir bewusst. „Trinkt den Tee, Prinzessin, er wird euch die Schmerzen nehmen“, kam Marie auf mich zu und dankbar nahm ich das heiße Getränk entgegen. Es schmeckte befremdend und bitter, doch hoffte ich das es schnell wirkte. Denn ich hatte das Gefühl das mir die andauernden Schmerzen mir alle Kraft raubten, denn die Nächte wurden immer kürzer, was nicht zuletzt an den kürzlichen Ereignissen lag.   Plötzlich durchfuhr mich ein stechender Schmerz in der Lendengegend und presste mir die Luft aus der Brust. Kurz hatte ich das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen, bis ich die Zähne zusammenkniff vor Schmerzen und zischend stöhnte. Pumpend folgten immer wieder Schmerzwellen durch meinen Unterleib und Angst ergriff mich. „Prinzessin, was ist mit Ihnen?“, trat Marie erschrocken an mich. „Ich weiß nicht“, presste ich zwischen den Zähnen hervor und griff erschrocken an meinem Bauch. Wir zur Salzsäule erstarrt, stand Marie da und sah mich besorgniserregend und verängstigt an. „Marie.... geh... und... hol...Hilfe....“, keuchte ich zwischen den immer stärker werdenden Schmerzwellen. „JETZT“, rief ich mit letzter Kraft, da sie sich nicht rührte. Sie rannte davon und schrie laut nach Hilfe, doch für mich fühlte es sich nach einer Ewigkeit an bis endlich Hilfe herbei eilte. Was ich nicht erwartete war, das meine leidige Stiefmutter sich anschickte bei der Geburt meines Kindes teilzunehmen und einen mir fremden Mann mitbrachte. „Es ist endlich soweit“, sagte er freudig zu sich selbst und rieb sich die Hände, was mir einen Schauer über den Rücken jagte, doch konnte ich mich nicht auf ihn konzentrieren. Eine Hebamme war mir an die Seite gestellt worden und Marie half ihr und folgte den Anweisungen. Was mir jedoch komisch vorkam war, das der Mann immer dabei blieb und mir nach einer Weile einen Trank an die Lippen hob. „Trinkt Prinzessin, das wird die Geburt erleichtern“, sagte er und ehe ich eine Chance gehabt hätte zu Reagieren, war die Flüssigkeit schon an meine Lippen gedrungen und ich fühlte mich gezwungen zu trinken, denn sonst wäre alles auf meine Brust gekippt. Nach einiger Zeit gaben die Schmerzen nach und mein Verstand schien sich verabschieden zu wollen. Eine große Welle der Müdigkeit rollte über mich hinweg und drohte mich niederzureißen. „Oh bei dem großen Herren, ist das ein Drachenei?“, erklang plötzlich die Stimme des Mannes neben mir. „Seit ihr sicher?“, fragte Margarete und trat an seiner Seite. „Ohne Zweifel. Es ist versteinert, aber in einem guten Zustand. Seht, die vielen kleinen Schuppen und der Glanz. Es ist ein Vermögen wert. So viel wie dieses Königreich.“ „Welch ein Segen“, quietschte meine Stiefmutter aufgeregt und mir fehlte die Kraft ihr zu sagen das es mein Ei ist und sie gefälligst ihre dreckigen Finger davon lassen sollten. Doch die Müdigkeit übermannte mich und lange Zeit befand ich mich in einer Art Trance. Ich konnte noch alles um mich herum hören, aber mir fehlte die Kraft um mich zu äußern oder auch nur mehr zu tun als zu Pressen, wie mir die ganze Zeit entgegen geplärrt wurde, seitens der Hebamme. Ehe mich die Dunkelheit gänzlich in die Tiefe riss, spürte ich eine plötzliche Schmerzlinderung und ein Babygeschrei klang in meinen Ohren. Dann verlor ich das Bewusstsein. Kapitel 35: Der Drache ---------------------- Kapitel 35 – Der Drache   Die bleierne Müdigkeit hielt mich in einer tiefen Umarmung. Es war als würde ich in treibsandartigem Schlamm liegen und würde mich befreien müssen. Die Dunkelheit zog und zerrte an mir und es kostete mich alles um mich langsam daraus befreien zu können. So langsam drangen Geräusche an mein Ohr, es schien in ruhiger Hast um mich gearbeitet zu werden. Ob es Marie war? Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte ich meine Augen öffnen und blinzelte, da sich alles drehte und um mich herum alles verschwommen war. Eine weiße Haube hüpfte am Bettende auf und ab und ein schrubbendes Geräusch begleitete die Bewegung. „Ma...Ma...Marie?“, flüsterte ich und es verursachte Schmerzen in meiner staubtrockenen Kehle. „Oh Prinzessin, ihr seit erwacht, was für ein Glück. Ich dachte schon ihr würdet sterben“, rief sie erleichtert und sprang auf. Erschrocken blickte ich sie an, da sie mit Blut besprenkelt war und einen blutigen Lumpen in der Hand hielt. „Was...?“, krächzte ich. Mit einem lauten Ruck ging die Tür meines Schlafgemachs auf und die Hebamme stand mit bleichem Gesicht im Türrahmen und sah mich mit tränenden Augen an. Für einen kurzen Augenblick wirkte sie wie in Trance, doch mit einer schüttelnden Kopfbewegung, schien sie diese wieder abgeschüttelt zu haben und lief eilig davon. Betroffen blickte ihr Marie hinterher und auch ihr stiegen Tränen in den Augen. Ich durchbohrte sie mit meinem Blick, doch ignorierte sie mich, sie versuchte eisern nicht in meine Richtung zu schauen, kniff verbissen ihre Lippen zusammen und konzertierte sich wieder auf das Saubermachen des Zimmers. „Aline. Ein Glück das du erwacht bist. Wir glaubten dich schon verloren und ich überlegte schon wie ich deinem Vater von der traurigen Nachricht deines Ablebens unterrichten sollte. Doch Gott hat dir ein zweites Leben geschenkt.“ „Wo ist er?“, fragte ich. „Wie meinen?“, fragte sie kurz und tat verwirrt, doch sah ich die Angst in ihren Augen. „WO IST MEIN SOHN?“, plärrte ich ihr entgegen und ignorierte das Brennen in meinem Hals. „Tut mir Leid, Liebes, doch er hat es nicht geschafft. Er war so klein, kränklich und missgestaltet, es.... tut mir leid.“ „Nein“, sagte ich, mehr zu mir selbst. „Nein, nein, nein.“ „Ich weiß das es schwer ist das zu ertragen, aber...“ „ZEIGT IHN MIR!“ „Das können wir nicht tun. Du warst stundenlang bewusstlos. Er ist bereits begraben, es wäre nicht gut, es ging alles so schnell.“ „Hat er die Nottaufe erhalten?“, fragte ich und wusste nicht woher das kam. Mit Lottie hatte ich noch intensiv über Schwangerschaften und Geburten gesprochen und wusste das eine Nottaufe unabwendbar war, da die Seele des Kindes sonst in die Hölle fahre. „Mach dir keine Gedanken um seine Seele. Es hatte erst nicht den Anschein das etwas nicht stimme. Doch er kam bereits tot auf die Welt. Gott nimmt und gibt, wir können es nur hinnehmen.“ „Verschwinde“, flüsterte ich und der Hass quoll aus meinem Mund. „VERSCHWINDE!“, schrie ich aus Leibeskräften, so laut das es mich selbst erschreckte und ergab mich dem Meer aus Tränen, der aus meinen Augen lief. Mit einem Ruck warf ich die Decke von mir und fand meinem Unterleib auf einem blutigen Lacken, zwischen meine Beinen totes Fleisch, das aus mir herausgekommen war. Ich ignorierte es, stand auf, wankte ins Badezimmer und wusch mir das Blut von den Beinen. Ich konnte kein Blut mehr sehen, der Anblick quälte mich. Der Schmerz der nun in meiner Brust lebte war größer und grausamer als die der Geburt. Ich würde nie wieder glücklich werden und wollte nur noch sterben. Plötzlich hörte ich Aufruhr vor meinem Fenster. Ich trat auf den kleinen Balkon, der in den Innenhof des Schlosses führte und sah die königliche Garde, welche unbeholfen in der Mitte stand und die Waffen auf den Boden richteten. So manche der Männer zitterten und der Boden schien unter ihnen zu Beben, immer lauter war ein schlagen und dröhnen zu hören. Wie aus dem Nichts löste sich ein kleiner Stein vom Boden und schoss nach oben. Risse bildeten sich um den Ort herum, an dem er gelegen hatte und formten einen Kreis. Der gepflasterte Boden brach unter ihnen zusammen und Staub wirbelte auf. Für einen Augenblick war nichts mehr zu erkennen, nur die große Staubwolke, die gen Himmel waberte. Ein lautes Grölen und Schläge von Stein auf Metall kündigten einen Kampf an, Groblins kamen aus dem Boden gekrochen, umzingelten die Garde und bekämpften sie. Diese waren so überrascht das sie nicht so schnell reagieren konnten um ein Lied anzustimmen und ließen im Kampf alle ihr Leben. Und dort war er. Seine tiefrosa Haare leuchteten in dem wirbelnden grau und grün und sein schwarzer Umhang bildete zu seinen Begleitern einen starken Kontrast. „Froschlippe“, keuchte ich erleichtert und für diesen Augenblick fühlte ich Freude. Als hätte er mich hören können, drehte er seinen Kopf in meine Richtung und fixierte mich. Ich stand auf einem Balkon über ihm, doch als würde diese Tatsache, die uns trennte nicht existieren streckte ich die Hand nach ihm aus. Funken stoben aus seinem Körper und seine Augen begannen zu leuchten. „Alineeeeeee“, mein Name endete in einem wütenden, Ohren betäubenden, tiefen Gebrüll. Sein Körper wuchs in alle Richtungen und nahm neue Form an. Seine Arme wurden länger, vor allem der Unterarm wuchs in die Länge, die Finger sprießen und eine lederne, reich durchblutete Flughaut bildete sich vom Körper, an den Armen und zwischen die Finger, bis sie sich zu großen Flügel bildeten, die an einer Fledermaus erinnerten. Sein Hals wurde dicker und wuchs, auf seinem Gesicht bildeten sich schuppen und eine Schnauze wuchs ihm heraus, spitze lange Zähne zierten sein Maul. Sein Haare bildeten sich zu Hörnern, die Haarpracht die auf sein Rücken fiel, wuchs zu einem spitzen Haarkamm, der seinen langen Hals zierte. An seinem Steiß entwuchs ihm ein langer Schwanz und seine Beine wurden riesig und Kräftig. Die Füße spalteten sich zu Krallen besetzten Zehen. Sein Umhang und sein Lendenschurz zerrissen so leicht und schnell als bestünden sie aus Pergament. Ein großer grüner Drache stand nun im Innenhof, sein Körper so groß wie ein Elefant und sein Gesicht war durch seinen langen Hals nicht mehr weit und nachdem er sich zu mir streckte, berührte meine ausgestreckte Hand seine bebenden Nüstern. Ich spürte seinen warmen, rauchigen Atem in meinem Gesicht, doch spürte ich keinerlei Angst. „OH MEIN GOTT!“ „EIN DRACHE!“ „ZU DEN WAFFEN!“ „FÜR RUHM UND EHRE“, schrien die unzähligen Wachen, die aus den Türen der Mauern um uns herum angerannt kamen. Pfeile und Speere flogen durch die Luft. Ein riesen Tumult entbrannte. Groblins und Menschen kämpften in einer blutigen Schlacht um ihre Daseinsberechtigung. Ohne weiter darüber nachzudenken, kletterte ich von der Balkonballustrade auf Froschlippes Kopf und vorsichtig seinen Hals hinunter. Sein Halskamm diente mir zwar als Sprosse, aber es war nicht leicht an etwas lebendem, sich bewegenden herunter zu klettern in einem langen Unterkleid. Am Boden angekommen schnappte Froschlippe nach jedem Menschen, der mir zu nahe kam oder schlug sie mit seinem Schwanz gegen die nächste Mauer. Als hätte ich es spüren können blickte ich in einen abgelegenen Winkel des Hofes und sah den merkwürdigen Mann, welcher bei der Geburt dabei gewesen war. Und zu meinem Entsetzen sah ich mein Drachenei in seinen Händen. Ich rannte direkt auf ihn zu und stellte mich ihm entgegen. Schnell griff ich nach dem Ei und zog mit aller Kraft, doch war der nach Kräutern stinkende Mann, stärker als ich. Als hätte Froschlippe meine Gedanken hören können, wendete er sich dem Mann zu, öffnete sein großes Maul, ausgestattet mit rasiermesser scharfen Zähnen. In seinem Schlund entdeckte ich links und rechts zwei kreisrunde Öffnungen und aus diesen sprühte eine gezielte Ladung Feuer aus dem Schlund. Zunächst etwas unbeholfen, schaffte es Froschlippe auf den Mann zu zielen, der versuchte fortzulaufen und sich in Sicherheit zu bringen. Das Feuer schreckte mich nicht und so lief ich hinterher. Der Schrei des hageren Mannes erstarb nach wenigen Sekunden und sein brennender Leib sank auf den Boden. Der Geruch von seinem verbrannten Fleisch ließ heftige Übelkeit in mir aufsteigen und ich vermied es ihn zu betrachten, denn es war ein furchtbarer Anblick. Der Feuersturm schlug immer noch auf den Mann ein. Ich wollte nach dem Ei schnappen, doch wurde ich in diesem Augenblick weggezogen. Curdie war es, der aber nun selbst vor Schmerzen Schrie, da er dabei Verbrennungen erlitten hatte. Ehe mir jemand wieder das Ei stehlen konnte, trat ich auf den verbrannten Leib zu und entriss diesem den glühenden, runden Stein. „Aline, Vorsicht!“, ächzte Curdie und blickte mich nur erstaunt an, das glühende Ei in meinen Händen. Plötzlich schlug ein Speer in der Mauer zwischen uns ein. Wie aus Relfex, zog Curdie mich hinter seinen Rücken, riss den Speer aus der Mauer und warf es dem Werfer entgegen. Er hatte seinen eigenen Kameraden getötet um mich zu retten. Mit eisernem Griff hatte Curdie mein Handgelenk gepackt und mich zu dem Krater in der Mitte gezogen, in dem sich noch immer eine Großzahl Groblins aufhielt und kämpfte. Froschlippe hatte mich im Blick und das ganze misstrauisch verfolgt, doch hielten angreifende Soldaten und fliegende Pfeile ihm vom Handeln ab. Er breitete seine Flügel schützend um seinen Körper, welche von Pfeilen durchbohrt wurden und trat ebenfalls zur Mitte des Platzes, darauf achten nicht auf einen Groblin zu treten. Diese sammelten sich neben ihm, im Schutz seiner Flügel und traten mit ihm den Rückzug an. Nachdem wir alle in die Tunnel verschwunden waren, drehte er seinen Kopf und verbrannte alles um ihn herum was ihm vor die Schnauze kam. Schnell veränderte er wieder seine Form zu einem Groblin, seine Kleidung fort und auf dem Schlachtfeld verteilt. Im Wirbel des aufsteigenden Rauchs verschwand er mit uns in den Tiefen. Kapitel 36: Ein neues Leben --------------------------- Kapitel 36 – Ein neues Leben   Aus Stein geschliffene Speere bohrten sich in Curdies Rücken und trieben ihn an. Erschöpft und Schweißgebadet stolperte er voran und trotz der großen Schmerzen seines verbrannten Arms, konnte er Aline nicht aus den Augen lassen. Jahrelang hatte er sie nicht mehr gesehen, aber es war kein Tag in seinem Leben vergangen an dem er nicht an sie gedacht hätte. Seit dem Tag seines Versagens, seit dem Tag an dem die Groblins sie entführt hatten, hatte sich sein Leben verändert. In einem Schlag war er erwachsen geworden, nachdem ihm seine kleine Freundin gestohlen worden war. Auf die eigene Bitte hin war er Soldat geworden und der König hatte es ihm aus Dank, da er sie vor den Groblins gewarnt und gegen sie gekämpft hatte, gewährt. Jahrelang hatte er trainiert im rauen Alltag der Kaserne und war eine Zeitlang der Knappe eines herrischen Ritters gewesen. Doch egal wie hart es war und egal wie sehr er für seine niedere Geburt verlacht worden war, niemals hatte er aufgegeben oder ist zu seinen Eltern zurückgekehrt. Der Glaube Aline eines Tages aus den Fängen der Groblins retten zu können hatte ihn die Kraft gegeben, weiter zu machen. Oft hatte er davon geträumt wie er sich hier in den Tunneln durchschlagen würde, im Rücken eine selbst auserwählte Armee, in einer glänzenden Rüstung und einem langen Schwert, welches einen angst einflößenden Namen haben sollte. Und nun lief er schmutzig, in kaputter Kleidung, ohne Waffen und Rüstung durch die Tunnel, Speere und wachsame Augen in seinem Rücken während Aline mit einem breiten lächeln, nur ein kurzes Stück von ihm entfernt ein heißes, glühendes Ei in den Händen trug. Wenn er sie unter den Groblins erblicken würde, hatte Curdie immer geglaubt das sie ängstlich wäre und froh um ihre Rettung sein würde. Doch schien es umgekehrt der Fall zu sein. Sie wirkte sehr zufrieden. Nie hatte er es ausgesprochen, doch hatte er immer geglaubt das er sie retten und der König ihm erlauben würde sie zu heiraten. Er sollte ihr Ritter sein, doch verlief es nun ganz anders. „Aus dem Weg, AUS DEM WEG!“, schrie eine keuchende, knurrende Stimme, welche immer näher trat. Ein ihm bekanntes Gesicht erschien, welches er jahrelang in seinen Träumen gejagt hatte. Froschlippe. Zu Curdies erstaunen war er nackt, ebenso schweißgebadet wie er selbst und hatte zahlreiche Schnittverletzungen. Die Schamesröte stieg Curdie ins Gesicht, doch außer ihm schien davon keiner Notiz zu nehmen. „Aline, geht es dir gut?“, fragte Froschlippe voller Sorge und drückte sie an seiner Brust. Und zu Curdies großem Erstaunen erwiderte sie die Umarmung. Eine ihrer Hände hielt das Ei, doch die andere Hand krallte sich in Froschlippes Nacken und zog diesen somit zu ihr hinunter, um ihn dann zu küssen. Curdie blieb die Luft weg und verschluckte sich an seinem eigenen Speichel, was ihn husten ließ, doch das störte die Liebenden nicht. „Ich hatte solche Angst, tu mir das nie wieder an“, keuchte Froschlippe und seine krallenbesetzten Finger fuhren durch die langen roten Locken. „Ich wollte nur etwas über die Wiese spazieren und war dann so müde das ich eingeschlafen war. Dann haben sie mich gefunden und mitgenommen.“ „Hauptsache dir geht es gut und du bist wieder hier.“ „Wie konntest du dich in einen Drachen verwandeln?“ „Das war ich nicht, das warst du.“ „Ich? Aber nein das.... das versteh ich nicht.“ „Dein Großmutter sagte sie gäbe mir ihre restliche Zauberkraft, aber du würdest sie aktivieren müssen.“ „Großmutter? Du hast mit ihr gesprochen? Wie?“ „Ich habe deinen Ring benutzt“, sagte Froschlippe und hatte zur Verdeutlichung seine Hand gehoben, doch war kein Ring zu sehen. „Verflucht, er muss bei der Verwandlung kaputt gegangen sein.“ „Ich glaube dir. Aber heißt das.... sie...“ „Sie hat keine Kräfte mehr.“ Tränen bildeten sich in Alines Augen. „Aber sie sagte, du hättest deine Zauberkraft gefunden, so wie sie es dir damals gesagt hätte.“ „Welche Zauberkraft? Ich habe nichts gemacht“, schluchzte sie. „Du hast mich in einen feuerspeienden Drachen verwandelt und obwohl das Ei dir dein Kleid versenkt, spürst du keinen Schmerz oder erleidest Verletzungen.“ Aline blickte an sich hinunter und große Brandlöcher hatten sich in ihr Kleid gebohrt, wodurch ihr Bauch frei zu sehen war. Ein Bauch der nicht mehr so rund war, wie noch vor ein paar Tagen. „Aline, wo ist das Kind?“, fragte Froschlippe erstaunt, nachdem es ihm aufgefallen war. „Kind?“, fragte Aline und wischte sich verwirrt die Tränen aus dem Gesicht. „Unser Kind. Du hast es vor Tagen noch in dir gehabt. Wo ist es, Aline. WO IST MEIN SOHN?!“, rief Froschlippe wütend aus. Aline blickte ihn unverständlich an und blickte in ihre Hände, in dem das Ei lag. „Ja siehst du es denn nicht?“ „Aline“, sagte Froschlippe völlig verzweifelt und sah ihr bittend entgegen, „was haben sie mit dir gemacht? Der Schmerz in Froschlippes Stimme ließ sogar Curdie Mitleid empfinden. „Ich...ich weiß nicht. Ich wollte dir einen Brief zukommen lassen, aber sie haben Lottie getötet.“ „Lottie ist tot?“, rief Curdie überrascht aus und glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Ehe er es sich versah waren mehrere Speere auf sein Gesicht gerichtet und Froschlippe knurrte ihn an. „WAS HABT IHR GEMACHT?“ „Ich weiß nicht.... ich bin nur Soldat.“ „DU LÜGST! Sprich Sonnenknabe, oder …“ „Froschlippe! Curdie hat nichts damit zu tun“, mischte sich Aline ein. „Mein Vater hat wieder geheiratet. Seine Frau hat Lottie töten lassen, weil sie gedacht hatte, ich hätte Verrat begangen. Weil ich versucht habe mit dir Kontakt aufzunehmen.“ „Er hat geheiratet? Wann hat er sie geheiratet? Haben sie Kinder?“, fragte sie Froschlippe aus. „Nein, bisher hat es nicht geklappt. Sie haben vor einem Jahr geheiratet.“ „Ich werde sie töten. Allesamt“, redete Froschlippe wie zu sich selbst und starrte dabei ins Nichts. „Froschlippe“, versuchte Aline zu ihm zu dringen. „VERSCHLIEßT DEN TUNNEL. SIE DÜRFEN UNS NICHT FOLGEN! Der Sonnenknabe wird diese Tunnel nie mehr verlassen“, rief Froschlippe plötzlich aus, packte Aline und trug sie den Tunnel entlang. Curdie verstand die Welt nicht mehr. Plötzlich fand er Aline hochschwanger vor sich, brachte sie zu ihrem Vater und glaubte die Welt wäre in Ordnung. Doch Lottie wurde ermordet, Aline hatte einen Groblin in einen Drachen verwandelt und glaubte nun das Ei wäre ihr Kind, welches aus ihrem Leib verschwunden war. Und zu allem Übel hatte sie diesen langohrigen, grünlichen Wilden geküsst. Der Schmerz in seinen linken Rippen signalisierten ihm das ein Sperr ihn zum Weiterlaufen antrieb. In der Koboldstadt angekommen hatte man ihn in eine kleine Höhle mit nichts weiter als einem leuchtenden Kristall, einem Eimer für seine Ausscheidungen und einem Krug Wasser, gesperrt. Nach einer schmerzenden Nacht und steigendem Fieber hatte man ihn herausgezerrt und zum Thronsaal gebracht, wo Froschlippe, seine Eltern und andere Groblins auf ihn warteten. Er glaubte das so sogleich sterben würde, doch dem war nicht so. Er schien nicht Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu sein. Etwas stimmte mit Aline nicht. Die Groblins waren unruhig, flüsterten und tuschelten miteinander. Froschlippe lief unruhig hin und her, nahe bei seinen Eltern und sprach mit ihnen. Das Getuschel der Menge war laut und Curdie war nicht nah dran, doch wenn er sich konzentrierte konnte er dem Gespräch folgen, das der Groblinkönig führte. „Wo ist sie?“, fragte der alte Vater, der nicht wie früher diesen großen runden Steinrad auf dem Kopf trug. „Sitzt sie immer noch in der Höhle?“, fragte auch die Mutter, mit der eindringenden, lauten, kratzigen Stimme. „Ja“, knurrte Froschlippe und rieb sich die Schläfen. „Sie hat die ganze Höhle Entbrannt, überall ist Feuer, dicke Rauchschwaden kommen daraus, ich kann kaum zu ihr, die Hitze versenkt mir die Haut. Ich rief immer wieder nach ihr, aber sie ruft nur ich solle verschwinden. Sie ist wie ausgewechselt, sie hatte nur noch Augen für dieses verdammte Ei. In unser Schlafgemach war es nicht warm genug, sie wollte dort ein Feuer entzünden, wickelte das Ei in Decken ein, um es warm zu halten. Als ich es ihr nicht erlaubte, brüllte sie mich an und verschwand.“ „Sie wird nicht mehr leben“, sagte der alte Groblin traurig. „Sag das nicht!“, zischte Froschlippe. „Ich habe Bewegungen gesehen, ich weiß das sie noch lebt. Es wird immer wieder nach geschürrt, die Holzscheite vor der Höhle werden kleiner.“ „Die neue Königin muss eine Hexe sein. Dunkle Magie ist hier im Spiel, das sag ich euch“, krächzte die Königin Mutter. „Los mein Sohn, die Groblins warten. Du musst etwas sagen.“   Gram gebeugt richtete sich Froschlippe zu den Groblins und holte tief Luft. „RUHE!“, donnerte es durch den Saal. „Unsere Königin haben wir wieder zurück erobert. Doch der Sonnenkönig hat neu geheiratet und spielt nun ein übles Spiel. Mein Sohn hat er gestohlen, weil er selbst keinen zeugen kann. Doch niemand bestiehlt uns Groblins. Wir werden bald noch stärker, noch zahlreicher zurückschlagen, Männer, Frauen und Kinder aus ihren Betten reißen und ihre steinernen Häuser niederbrennen. Kein Stein soll mehr auf dem anderen liegen. Wir rächen uns für das was sie uns angetan haben.“ Die Menge jubelte und ein rhythmisches Donnern hallte durch den Saal, weil sie alle im Takt ihre Speere, Keulen und andere Waffen auf den Boden stießen.   „Und wenn sie glauben das es vorbei ist, dann......“ Das Wort blieb in Froschlippes Hals stecken. Denn am Ende des Saals, auf der Treppe, stiegen kleine, menschliche Füße die Stufen hinunter. Die Groblins folgten seinem Blick und mit einem mal breitete sich die Stille im Saal aus. Jeder im Raum blickte erstaunt auf Aline, welche nackt, mit Ruß beschmutzt und offenem Haar die Treppe hinunterstieg. Die Groblins in ihrer Nähe spürten die Hitze des Feuers an ihr und Rauch stieg noch immer aus ihren Haaren. Auf dem Arm ein kleiner schwarzer Drache, dessen Rückenkamm und ledernen Membranhaut seiner Flügel rot gefärbt war. Ein Auge blau, das andere golden.   „Ein Drache....“ „Nen Drache...“ „Aus dem Ei ist etwas geschlüpft.“ „Wie ist das möglich?“   Curdie wollte seinen Augen nicht trauen und blickte auf das lebendige kleine Wesen, das er erst in voller Größe am gestrigen Tag im Innenhof des Schlosses erblickt hatte. Aus dem glühenden Ei, das Aline so verbissen im Arm gehalten hatte, war ein Drache geworden.   „Verzeiht das ich mich erst jetzt blicken lasse. Ich war in schwierigen Umständen, die meine volle Aufmerksamkeit benötigt haben. Doch nun bin ich hier und möchte mich im Namen meines Sohnes für eure Rettung bedanken und für alle Familien die Opfer zu beklagen haben, spreche ich mein Beileid aus und ein jeder der gekämpft hat wird eine Belohnung empfangen.“   Und als würde die kleine geflügelte Echse in ihren Armen ihre Worte bestärken wollen, richtete diese sich in voller Größe auf, breitete die Flügel aus und brüllte, was die Menge erst erschreckte, jedoch dann bejubelte.   Kapitel 37: Schwieriges Familienleben ------------------------------------- Kapitel 37 – Schwieriges Familienleben   „Aline... wie hast du...“, fragte ihre Schwiegermutter und verstummte sogleich in ihrem Staunen. Nachdem Aline im Thronsaal aufgetaucht war, hatte Froschlippe die Groblins schnell hinausgeschickt. „Das ist unglaublich“, schniefte der alte ehemalige Groblinkönig. „Wie ist das möglich?“, fragte Froschlippe seinerseits und kam nicht umhin das kleine echsenähnliche Wesen anzustarren und nicht mehr aus den Augen zu lassen. „Ich war es nicht direkt.... also nicht ich allein. Du hast mir geholfen“, erwiderte Aline und sprach so unbekümmert als ob es um etwas belangloses ginge. „Ich? Ich habe nichts gemacht.“ „Nicht? Es war dein Feuerstrahl dass dem Ei das Leben zurück gebracht hat.“ Helmut und Hannelore tauschten fragende Blicke, sie hatten gehört das Froschlippe sich in einen Drachen verwandelt haben soll, doch wurde seit den Gerüchten die sie vernommen hatten, nie mehr darüber gesprochen. Denn Froschlippe hatte zu große Sorge um Aline gehabt. „Wir haben einen Drachen erschaffen“, nuschelte Froschlippe noch immer erstaunt vor sich hin. „Wir haben einen Drachen. Einen waschechten Drachen. Nun können wir uns an den Menschen rächen. Sobald er ausgewachsen ist, kann er sie verbrennen“, steigerte sich Froschlippe fröhlich in seine Pläne hinein. „Er ist der letzte Drache“, erwiderte Aline ernst. „Ja. Aber die sind sehr stark....und können fliegen.“ „Er ist mein Sohn.“ „Hach, Aline, sie sind praktisch unsterblich.“ „Und wie sind die anderen ausgestorben?“ „Warum überhaupt dein Sohn? Dein SOHN ist irgendwo bei den Menschen im Schloss, wenn sie ihn nicht schon wo anders hingebracht haben.“ „Wovon redest du? Er ist hier.“ Froschlippe sah sie ungläubig an und auch seine Eltern blickten ihr mit Unverständnis entgegen. „Aline, bitte.... tu mir das nicht an“, flehte Froschlippe, „was haben sie mit dir gemacht?“ „Was sollen sie mir getan haben?“ „Woran kannst du dich erinnern?“ „Soldaten hatten mich gefunden und mit ins Schloss genommen. Mein Vater hat mich freudig empfangen und mich seiner Ehefrau vorgestellt. Ich mag sie nicht, sie war mir direkt unsympatisch. Ich hatte versucht Kontakt zu dir aufzunehmen und hatte Lottie beauftragt dir einen Brief zu übermitteln. Ich hatte groblisch geschrieben. Sie wurde erwischt und weil die Nachricht für die Menschen nicht lesbar war, wurde ich indirekt dem Verrat bezichtigt und Lottie wurde ….“, ein Kloß steckte in Alines Hals und die Tränen ließen sich nicht mehr zurück halten. „Danach musste ich da bleiben und hatte im alten Turm meine Großmutter gesucht, sie jedoch nicht gefunden. Ich war mehrere Tage dort und dann bist auch du schon aufgetaucht.“ „Aline, hör mir zu. Du warst schwanger. Hochschwanger. Du hattest einen riesigen Bauch, warst kurz vor der Niederkunft. Und nun hast du keinen Bauch mehr und kein Kind ist da. Was ist mit dem Kind passiert?“, rief Froschlippe wütend aus und schüttelte sie verzweifelt. „FASS MICH NICHT AN. Ich kann mich nicht erinnern. Wenn ich versuche darüber nachzudenken, dann schmerzt mir der Kopf und mir wird schwindlig. Es ist als lägen mir Worte auf der Zunge, aber ich kann sie nicht greifen. Das einzige was ich weiß das ich diesen Drachen ausgebrütet habe und ihn mehr liebe als mein Leben“, schrie Aline weinend und rannte mit dem Drachen im Arm hinaus. „ABER...“, begann Froschlippe, doch legte ihm sein Vater eine Hand auf die Schulter. „Mein Sohn, Magie hat ihre eigenen Regeln. Wir werden zunächst damit leben müssen. Gib ihr Zeit, streite nicht, es ist schwierig für uns alle.“ „Froschlippe, ich muss deinem Vater recht geben. Ich selbst habe mehrere Kinder verloren, du wärst normalerweise nicht unser einzigster Sohn gewesen, jedoch hat es nicht sein sollen und für mich...“ Froschlippe konnte spüren wie schwer seiner Mutter die Worte fielen, obwohl sie es zu überspielen wusste. „... es war sehr schwer für mich und ich habe lange gebraucht um darüber hinwegzukommen. Du warst ein Grund um das ganze hinter mir lassen zu können.“ „Die Zeit der Trauer deiner Mutter ist unter dem Volk als die Dunklen Jahre bekannt.“ „Was?“ „Es wäre fast zu einem Bürgerkrieg gekommen und Groblins sind in andere Reiche geflüchtet, es war eine schwere Zeit. Aber das lag nicht allein an ihr. Du weißt, die Zeit vor deiner Mutter hat das alles begonnen. Nachdem du auf der Welt warst und dich prächtig entwickelt hast ist Ruhe eingekehrt. Was ich sagen möchte ist, die Stimmung der Königin, kann die Stimmung des Volkes beeinflussen.“ „Und deine Königin hat das Feuer in der Hand“, beendete Hannelore die Rede. Nachdenklich zog Froschlippe durch die Tunnel zu ihrem gemeinsamen Schlafgemach und dachte über das Gesagte nach. Er sollte wohl dafür sorgen das Aline so schnell wie möglich wieder schwanger würde. Froschlippe lag es fern zu verhindern das Feuer die elendigen Sonnenmenschen im Schloss traf, doch konnte er nicht riskieren das es sich gegen sein eigenes Volk richtete. Es fiel ihm ein Stein vom Herzen als er Aline auf dem Bett liegend vorfand, scheinbar hatte sie schnell zur Ruhe gefunden und die Augen geschlossen. Doch zu seinem Schock, lag der Drache auf ihr und machte sich an ihrer Brust zu Gange und trank. Gierig trank er die Milch aus ihrer Brust, die Milch die eigentlich seinem Sohn zustand und nicht diesem geflügelten Vieh. Unbändige Wut und Eifersucht erfüllte seine Brust und seine Hände begannen vor Anspannung zu zittern. „Froschlippe, was ist?“, fragte Aline müde und streichelte ihren kleinen Drachen während ihr Kater Robin es misstrauisch von Froschlippes ehemaligen Steinbett beobachtete. „Nicht genug das mein Sohn fort ist, nun trinkt dieses Tier von deiner Brust“, knurrte er wütend. „DIESES TIER? DU BIST DAS TIER, VERSCHWINDE VON HIER DU UNTIER!“ Alines plötzliches, untypisches ausbrechen überraschte Froschlippe so sehr, das es ihm sogleich den Wind aus den Segeln nahm. Er war es gewohnt viel mit ihr zu streiten, und beide waren sie temperamentvoll, doch war es nie so schnell beendet, wie jetzt. Und der elendige Drache war trug die Schuld daran. Frustriert entfernte sich Froschlippe und freute sich darauf seine Wut an den Sonnenmenschen, der sich noch immer in seiner Gefangenschaft befand, auslassen zu können und Silki war auch immer noch da. Vielleicht sollte er ein Experiment versuchen und beide in die selbe Zelle sperren, überlegte er süffisant.   Kapitel 38: Zwei Welten ----------------------- Kapitel 38 – Zwei Welten     Mit groben Griff zerrten die Wachen an ihren Handgelenken und zogen sie in eine andere Zelle. Silki wusste nicht wie ihr geschah und was das Ganze auf sich hatte, bis sie hineingestoßen wurde. Dort war ein Mensch. Dieser Mensch von dem sie gehört hatte, das er bei dem Überfall auf das Schloss als Gefangener genommen wurde. Er musste in ihrem Alter sein. Seine braunen Haare klebten vor Schweiß und Dreck an seinem Kopf und seine braunen Augen waren glasig. Am rechten Arm hatte er sich eine großflächige Verbrennung zugezogen und es sah sehr schmerzhaft aus. Ängstlich drückte sich die junge Groblin an die gegenüber liegenden, denn schließlich fand sie sich ihrem größten Feind gegenüber. Eilig steckte sie ihre Finger in die Ohren, da sie befürchtete, er könnte anfangen zu singen. „Hast du angst vor einem zum Tode verurteilten Menschen?“, fragte der junge Mann. „Wie?“, fragte sie neugierig und zog ihre Finger aus den Ohren. „Ich bin zum Tode verurteilt und sehr schwach, wovor hast du noch angst?“ „Du bist ein Mensch.“ „Und du ein Groblin.“ „Du könntest singen oder eines eurer Waffen benutzen.“ „Man hat mir alles abgenommen und ich verspreche dir nicht zu singen“, sprach er mit trockener Kehle. „Es wäre ohnehin sinnlos.“ „Weshalb wäre das sinnlos?“ „Selbst wenn ich es hier heraus schaffen würde, Froschlippe ließe mich töten. Abgesehen davon, fühle ich mich bereits jetzt schon zu schwach. Wenn es nicht euer König ist, ist es mein Arm.“ „Du hättest nicht so dumm sein sollen dich gefangen lassen zu nehmen“, erwiderte Silki nur und begann sich zu entspannen, da von dem kranken Menschen keine Gefahr ausging. „Nun, ich hatte eure Königin gerettet, tötete einen Soldaten und bin mit den Groblins in die Tunnel geflüchtet, da ich wusste nach dieser Schandtat nicht gut aus der Sache zu kommen. Ich stelle aber fest das es keinen Unterschied gemacht hat.“ „Du hast Aline gerettet?“ „Natürlich, sie ist doch meine Freundin?“ „Freundin?“ „Wir haben uns kurz vor ihrer Entführung kennengelernt. Ich habe sie vor euren Haustieren gerettet, habe ihr von euch erzählt. Ich war es der den König gewarnt hatte und weshalb die Entführung fast schief gegangen wäre.“ Ein schrecklich, trockener Husten unterbrach seine Rede, doch fing er sich wieder. „Froschlippe kennt mich noch von damals. Aber die Tatsache das ich ihm die Frau... wie merkwürdig und falsch das klingt.... die Tatsache sie gerettet zu haben, hilft mir in meiner Lage nicht.“ „Ebenso wie es mir nichts nützen wird.“ „Was hat meine Lage mit dir zu tun?“ „Ich bin schuld daran das ihr sie gefunden habt.“ „Du meinst als wir sie auf der Wiese gefunden haben?“ „Ja. Die Sonne ist unerträglich für mich. So grell und heiß. Ich hatte ihr gesagt sie solle in der Nähe bleiben, doch war ich eingeschlafen, weil die Nächte so kurz waren. Das Kind hatte sie immer mehr getreten und hatte kein Platz mehr in ihrem Leib gehabt. Jede Nacht war ich an ihrer Seite gewesen. Bis ich so dumm gewesen war sie allein zu lassen“, weinte Silki bitterlich und Tränen liefen ihr die Wangen hinunter. Sie konnte selbst nicht begreifen wie sie es wagen konnte vor einem Menschen sich so schwach zu präsentieren, doch schienen ihre Nerven am Ende und sie war dankbar dafür sich jemanden anzuvertrauen. Er mochte ein Mensch sein, doch war er in der selben misslichen Lage wie sie und dadurch fühlte sie sich ihm etwas verbunden. Soweit ein Mensch und ein Groblin verbunden sein konnten.   *** Mehr als erstaunt betrachtete Curdie seine Mitgefangene. Er schätzte sie in seinem Alter. Für eine Groblin wirkte sie auf ihn gar nicht mehr so abstoßend, jetzt nachdem sie sich in der selben Lage befanden. Für eine Koboldin hatte sie schöne große blaue Augen. Ihre Haare hingen ihr in goldenen Wellen bis zur schmalen Taille. Für einen Menschen waren ihre Ohren groß und spitz, jedoch nicht im Verhältnis zu anderen Groblins. Sie war schön. Sofern ein Groblin schön sein konnte. Merkwürdige Gedanken ereilten einem beim Anblick des nahenden Todes, dachte er sich. Das Sitzen wurde ihm anstrengend, sein metallener Brustpanzer wurde ihm schwer auf der Brust. Er versuchte sich nach vorne zu beugen und die Gurte zu lösen, doch schaffte er es nicht. Sein Arm schmerzte höllisch und sein Kopf dröhnte.   „Helf mir, ich bitte dich. Der Panzer nimmt mir die Luft“, keuchte Curdie.   Wieder kehrte die Angst in Silkis Augen zurück und ihr Körper spannte sich sichtlich an. „Ich weiß nicht....“, schluchzte sie und blickte sich um, als hätte sie angst beobachtet zu werden. „Ich bitte dich. Ich schaffe es nicht. Es bringt mich um“, flüsterte Curdie schwach. Mit deutlich verzogenen Gesicht kroch sie zu ihm hinüber und betrachtete die Gurte. Mit zittrigen Fingern nestelte sie ungeschickt daran und zog es zunächst enger, was Curdie aufkeuchen ließ und befreite ihn dann davon. Die zwei Platten fielen von ihm ab und Silki legte sie neben ihm. Von der Schwere befreit zu sein war ein unglaublich befreiendes Gefühl. Curdie atmete tief ein und legte sich auf den Boden. Noch immer schmerzte ihm die Haut. Zwei Tage lang hatte er seinen Brustpanzer getragen. All der Schweiß und Dreck blieb kleben und scheuerte. Er hatte sich anfangs geweigert ihn abzunehmen, da er damit gerechnet hatte sich wehren zu müssen. Der Hunger brannte in seinem Bauch, die Haut wund, die Kehle trocken und sein Arm unerträglich in den Schmerzen. Er hielt ihn die ganze Zeit am Körper und hatte versucht diesen nicht auf die Erde zu legen. Doch fehlte ihm die Kraft. Das Dröhnen in seinem Kopf wurde stärker und Schwindel setzte ein. Er hoffte auf eine baldige Ohnmacht. Er bereute in seinem Leben nichts erlebt zu haben. Curdie hatte für den Kampf gelebt, für den Schutz des Königs. Für die Rettung der Prinzessin, die nicht gerettet werden wollte. Nie hatte er die Liebe kennengelernt. Die unsicheren Berührungen einer Magd hatte er einmal genossen, doch waren sie unterbrochen worden. Als Bediensteter in einem Schloss, in dem man die Kammer mit jemanden teilen musste, gab es keine Privatsphäre. Die Liebe hatte er nie kennengelernt. Bis auf die zarte Verliebtheit eines Jungen in eine Prinzessin. Einer Prinzessin die fast nur in seinem Kopf existiert hatte. Sie hatten sich fünf Jahre lang nicht gesehen. Der Schwindel wurde schlimmer. „Was ist mit dir?“, fragte Silki ängstlich. Doch Curdie war es nicht mehr möglich zu antworten. Die Ohnmacht legte ihren Schleier über ihn.   *** „Was zum.... Oh nein. Du, was ist mit dir? Wach auf“, quiekte Silki ängstlich und verlor in ihrer Verzweiflung ihre Berührungsangst. Aufgeregt rüttelte sie an ihm, doch rührte er sich nicht. Er war doch nicht tot?, dachte sie erschrocken. Sie hielt ihr Ohr an sein Gesicht und spürte den sanften Luftzug. Erleichtert griff sie sich ans Herz. In diesem Raum mit einem toten Menschen gefangen zu sein würde sie nicht ertragen. Es war sein Arm, der ihn das einbrachte. Das Fieber wütete in seinem Körper, die Hitze hatte sie spüren können. Wenn er hier nicht sterben sollte und seine verrottende Leiche sie nicht auch krank machen sollte, und das würde sie Froschlippe zutrauen. Dann musste sie ihm helfen. Als hätte das Schicksal es gut mit ihr gemeint, öffnete sich der Fels, der den Höhleneingang versperrte und einer der Wächter trat ein. „Hier Silki, Wasser, etwas zu Essen und ein' frisch'n Eimer für eure Notdurft. 'Tschuldige, hab's gestern vergess'n. War so aufregend. Ich glaub's immer noch nich'“; sagter er und verschloss sogleich wieder den Eingang. Frisches Wasser. Das würde ihr helfen. Ohne weiter darüber nachzudenken was sie tat, riss sie eine Bahn aus ihrem Kleid und wusch sie in dem Eimer sauber. Damit säuberte sie seine verbrannte Haut und da er ohnehin Ohnmächtig war, brauchte sie nicht so vorsichtig zu sein. Mit weiteren Bahnen wickelte sie ihm ein Verband. Eine weitere Diente als Abkühlung für seine Stirn. Für mehr hatte sie keine Hilfsmittel. Obgleich sie sich vorkam als triebe sie Hochverrat, konnte sie nicht aufhören. Wie der Mensch schon gesagt hatte, sie waren bereits ohnehin verloren. Und da sie nicht wusste wie lange Froschlippe sie hier verrotten lassen würde, war sie um ihre Gesellschaft froh. Auch wenn er der falschen Spezies angehörte. Die restliche Zeit verbrachte sie damit ihm Wasser einzuflößen und hoffte, das er die Nacht überstehen möge.   Kapitel 39: Eine neue Freundschaft ---------------------------------- Kapitel 39 – Eine neue Freundschaft?   Die Nacht war für Silki sehr ruhelos. Mehrmals hatte sie geglaubt das der Mensch seiner Wunde erliegen würde, zumal das Fieber noch einmal aufgelodert war, trotz der Kühlung an seiner Stirn. In ihrer Verzweiflung kippte sie einen großen Teil des Wassers über seinen Körper, da sie keine Tücher hatte die sie tränken und um seine Glieder wickeln könnte. Nach langem Bangen sank das Fieber und seine Atmung wurde ruhiger. Nachdem Silki sicher sein konnte das ihr Mitgefangener erst einmal nicht das Zeitliche segnen würde, entspannte sich ihr Körper. Trotz der Schmerzen, die die andauernde Anspannung ihr gekostet haben, fand sie in sekundenschnelle zu einem tiefen Schlaf.   ***   Angenehm war die Wärme an seiner Seite. Noch immer war Curdie schwach und vor allem schmerzte sein Magen vor Hunger. Doch das Fieber war offensichtlich gesunken. Sein verbrannter Arm schmerzte nicht mehr so sehr, kribbelte aber dafür sehr stark, was ihn wahnsinnig machte. Es trieb ihn so in den Wahnsinn, das er sich schlagartiv aufsetzte und den Arm kratzen wollte. Was war das für ein Stoff? Nicht wichtig, es juckte so unerträglich. „NEIN, NICHT KRATZEN!“, rief eine trockene, belegte, weibliche Stimme. Kleine warme Hände umschlossen seine Hand und zogen sie weg. Nun sah Curdie das er einen Verband um seinen Arm hatte, aus Stoffresten. Als nächstes stellte er fest das die angenehme Wärme von der Groblin-Dame stammen musste. Beide sahen sich an und blickten zwischen sich und erkannten dabei das der Abstand praktisch nicht mehr vorhanden war. Mit einem erschrockenen Schrei stoben sie auseinander und drängten sich jeweils an die gegenüber liegende Höhlenwand. „Was hast du getan? Was ist passiert?“, fragte Curdie und schnaufte nach Luft, da er sich bereits sehr erschöpft fühlte. Das bisschen Kraft, das er eben noch verspürt hatte, war nach weniger körperlicher Anstrengung verraucht. „Nachdem ich dir deinen Brustpanzer geöffnet hatte bist du ohnmächtig geworden und hattest starkes Fieber. Also habe ich dir deine Wunde gereinigt und verbunden und versucht mit Wasser dein Fieber zu senken.“ „Du hast mir das Leben gerettet?“, stellte er überrascht fest. „Sieht so aus.“ „Danke dir.“ „Gern geschehen.“ „Wie heißt du?“ „Mmh.... Silki.“ „Ich bin Curdie.“ „Ja nun, nachdem wir das geklärt hätten.... hier, das sind die Reste des Essens. Du wirst bestimmt riesigen Hunger haben“, entgegnete Silki und schob ihm die Schale hin. Ohne das zu Gesicht zu verziehen wie es Aline getan hatte und ohne zu zögern, griff er mit seinen mit Erde verdreckten Fingern hinein und schob den Brei in seinen Mund.   ***   Nach einen weiteren Tag und einer weiteren Nacht begannen sich die beiden ein wenig zu unterhalten, das Eis war zwar angerissen, jedoch herrschte noch großes Misstrauen. Silki achtete vehement darauf keine sensiblen, intimen Details über die Königsfamilie zu erzählen und oder den Plänen der Groblins. So unterhielten sie sich nur über das eigene Leben in ärmlichen Verhältnissen und wie sie es in die Anstellung in die oberste Gesellschaft erreicht hatten. Silki hatte bereits als Kind arbeiten müssen, da ihr Vater verstorben und sie das einzige Kind ihrer Mutter war. Ihre Mutter hatte nicht ausreichend Möglichkeiten gehabt sie beide zu ernähren und für eine dauerhafte Behausung zu sorgen. Oft mussten sie bei Verwandten und Bekannten unter kommen, doch da zwei Mäuler zum Stopfen zu viel waren hatte ihre Mutter dafür gesorgt das sie als Bedienstete in einem vornehmeren Hause unterkam. Silki hatte sich niemals vor Arbeit gescheut und war sehr vertrauenswürdig, noch nie in ihrem Leben hatte sie ihr Wissen gegen jemanden ausgespielt. Sie wäre noch immer bei der ersten Familie im Haus, bei der sie damals angefangen hatte, jedoch hatte der Sohn des Hauses ein Auge auf sie geworfen. Leider nicht auf die feine Art, denn er konnte seine Hände nie bei sich behalten, obgleich er einige Jahre älter war als sie und sie mit zehn Jahren keine angemessene Gespielin darstellte. Kurz bevor es brenzlich für sie werden konnte, ereilte sie ein Angebot einer reicheren Familie am Rande der Stadt, welche Verbindungen zu höheren Familien hatte, welche wiederum im Königshaus verkehrten. Da verstand Silki das sie keine ewige Treue schwören musste und jederzeit ihre Stellung wechseln konnte, sie musste nur fleißig sein und den anderen Familien positiv auffallen, wenn diese zu Besuch waren. In einem Gespräch unter den Damen wurde mit großer Wahrscheinlichkeit gesprochen, was für sie nur von Vorteil war. Da packte Silki der Ehrgeiz, denn sie wollte so hoch aufsteigen wie es nur ginge und so war sie nur ein Jahr vor Alines Ankunft im Königshaus als Bedienstete eingezogen.   Am nächsten Morgen konnte Silki mit ihren Groblin-Ohren großen Aufruhr jendseits des riesigen Steinbrockens hören. Leise, und leider konnte sie die einzelnen Worte nicht verstehen, aber sie vernahm das es etwas großes war. Ihr Instinkt hatte sie nicht getrübt, denn plötzlich wurde der Felsbrocken mühevoll auf die Seite gewälzt und zwei Wächter traten ein. „Kommt. Die Königin will euch sehen.“ Silki schwante schlimmes. Nun war es so weit. Ihr Ende war nah. Aufgrund ihrer Nachlässigkeit war die Königin entführt worden. Froschlippe hatte sie mit Gewalt zurückholen müssen, was nun die Beziehung zwischen den Sonnenmenschen und den Groblins empfindlich getroffen hatte. Ob nun ein Krieg bevor stand? Ihretwegen? Mit hartem Griff zog die Wache sie durch die Gänge und sie konnte die lauten Stimmen in der Halle vernehmen. „WIE KANNST DU ES WAGEN?“ „WIE ICH ES WAGEN KANN DIE PERSON ZU BESTRAFEN DIE DIR DAS ANGETAN HAT?“ „WAS SOLL....?“ „Mein König, meine Königin, hier sind die Gefangenen“, unterbrach der Wächte, der Silki durch die Gänge gezerrt hatte und schmiss diese vor Alines Füße. Der Saal war voll mit neugierigen Groblin-Augen und ein reges Flüstern hallte durch die Halle. Silki lag im Staub vor Alines Füßen und ließ den Blick gesenkt. Sie wollte und konnte ihr nicht in die Augen sehen, nachdem sie so unverantwortlich gewesen war. Ihr Herz raste in ihrem Körper, es dröhnte in ihren Ohren und ihre Hände schwitzten. Im Angesicht des Todes traten ihr sogar kleine Tränen in den Augen. „Silki, was ist nur mit dir passiert?“, fragte Aline mitleidig und Silkis Herz blieb vor Schreck stehen. War das ein Trick? Spielte sie mit ihr? Wie konnte sie so lieblich sein, wo sie sie doch so verraten hatte. „Sieh mich an Silki“, hallte Alines Stimme sanft durch die Königshöhle und ein großer Kloß schmerzte in Silkis schmalen Hals. Langsam hob sie den Kopf an und erblickte eine geflügelte Echse auf Alines Schoß. Ein schwarzes, schimmerndes Ding, welches an den ledrigen Flügeln ins rote endete, ebenso an dem Rückenkamm, welches ihm vom Kopf bis zum Schwanz gewachsen war. „AAAAAAHHHHH, ICH FLEHE EUCH AN. BITTE VERBRENNT MICH NICHT“, bettelte Silki, drückte ihren Stirn auf den Boden und krallte sich in den Dreck. „Es war also doch kein Traum“, flüsterte Curdie, was für Groblin-Ohren leicht zu vernehmen war. „Dragonar wird dich nicht verbrennen Silki. Offengestanden hat er es noch nicht gelernt.“ Wieder blickte Silki auf. Lag sie im Fieberwahn? Geschah das hier wirklich? „Woher? Wie?“, keuchte Silki noch immer erschrocken. „Aline hat Froschlippe in einen Drachen verwandelt. Und als solcher hat dieser im Kampf Feuer auf dieses gespien“, beantwortete Curdie ihre Antwort. „Das Drachenei“, schlussfolgerte Silki langsam. Das alles war zu viel für sie. „Ja sie hat die Kräfte ihrer Ururgroßmutter.“ „Du weißt ganz schön viel Sonnenknabe“, knurrte Froschlippe und blickte Curdie vernichtend an. „Daher deine Verletzung?“, fragte Silki ihren Mitgefangenen. „Oh, so ist das“, lachte Froschlippe freudlos. „Ihr seit euch wohl näher gekommen“, schnaubte er und blickte auf Curdies Verband. Eine quieken und Gegacker lenkte kurz von der Unterhaltung ab, denn der Drache drängte sich an den Busen von Aline, welche ihm ohne Scham die Brust vom Stoff befreite um ihn säugen zu lassen. Die Luft um Silki herum wurde immer dicker. Sie spürte die unbändige Wut seitens Froschlippe und die anwesenden Groblins in ihrem Rücken keuchten vor Schreck, warfen sich Blicke zu und flüsterten wild miteinander. „RUHE!“, rief Froschlippe entbrannt. „Silki“, begann Aline als würde das Wesen an ihrer Brust nicht existieren. „Ich schenke dir hiermit die Freiheit, verzeih das ich nicht früher einschreiten konnte. Wie du sehen kannst war ich nicht in der Lage meiner Pflicht als Königin nachzukommen. Ich war Diejenige die den Fehler gemacht hat, sich trotz deiner Warnung mich zu entfernen. Genehmige dir Ruhe, dich zu erholen und zu genesen, bis du wieder bereit bis mir wieder als Dienerin an meiner Seite zu stehen.“ „Wirklich? Sofort meine Königin, sofort“, bedankte sich Silki, kroch nach vorne und legte ihren Kopf auf die Füße Alines um ihre Ergebenheit zu zeigen. „Doch, Silki, ein paar Tage solltest du dir gönnen. Wenn ich dich in diesem Zustand Arbeit zumute, wäre das unverantwortlich. Und solche Fehler sollen nicht mehr geschehen“, legte Aline ihren Veto ein. „Und nun geh“, sagte Aline sanft, beugte sich hinunter, ohne den Drachen zu beachten, der sich mit unglücklichen knurren von ihrem Schoß sprang und strich Silki über die strohigen Haare. „Nun zu dir, Curdie.“ „Lass ihn verhungern und werf ihm unseren Viechern zum Fraß vor“, knurrte Froschlippe. Aline warf diesem nur einen mahnenden Blick zu. „Curdie, wenn du nicht gewesen wärst, wäre ich nicht lebend hierher zurückgekehrt. Du hast mir das Leben gerettet und dir dabei die Brandwunde zugefügt. Zudem hast du, obwohl du zu den Soldaten meines Vaters gehörst und diesem deine Treue gehört, einen anderen Soldaten getötet. Der Groblinkönig würde es niemals erlauben dich zurück zu schicken“, sagte sie mit einem vorwurfsvollen Seitenblick auf diesen, „doch lade ich dich ein, hier bei uns zu leben.“ „Was?“, entgegnete Curdie überrascht. „WAS?“, rief Froschlippe empört und sein Schrei hallte schmerzhaft in den Ohren der Groblins. „Ein Zimmer wird dir zugewiesen. Ich werde Tambelina zu dir schicken, sie ist meine persönliche Heilerin und sehr erfahren.“ „Glaube nicht, das du nicht länger mein Gefangener bist, es werden immer Wachen in deinem Schatten sein, Sonnenknabe“, knurrte Froschlippe.   Kapitel 40: Die Schlucht zwischen dem König und seiner Königin -------------------------------------------------------------- Kapitel 40 – Die Schlucht zwischen dem König und seiner Königin   Ein paar Tage waren seit der Befreiung Silkis vergangen und sie war glücklicher denn je. Die Zeit die sie in der Gefangenschaft verbracht hatte war einer Veränderung voraus gegangen. Seitdem schätzte sie die kleinen Dinge im Leben, viel mehr noch als ohnehin schon. Die Tatsache das sie hier ein sicheres Leben führen konnte, sie jederzeit hinlaufen konnte wohin sie wollte und im Umkreis der Königsfamilie mit guter Kleidung und mit mehr Essen versorgt war, als sie je benötigen würde. Und wieder an der Seite ihrer geliebten Aline zu sein, die sie über die Jahre so lieb gewonnen hatte, das sie ihr wie eine Freundin war. Es gab nur zwei Dinge die ihr Sorgen bereiteten. Die schwerwiegende Stille die zwischen das Königspaar herrschte und die immer wiederkehrenden Gedanken an den Menschen. Immer öfter und geradezu penetrant drängte sich Curdie in ihre Gedanken. Sobald in ihrer Nähe sein Name fiel, spitzten sich ihre Ohren und ihr Herz begann wild zu pochen, als hätte man sie bei etwas unsäglichem erwischt. Dabei dachte sie ja nur an jemandem, mit dem sie gemeinsam eine schwere Zeit überstanden hatte oder nicht? Und seit er ihr in die Kerker-Höhle gebracht worden war, hatte sie wieder einen funken Lebenswillen gefunden. Tagelang hatte sie einsam in der Höhle verharrt, allein mit ihrer Angst und mit ihrem immer größer werden Wunsch nach dem Tod. Mit Schrecken erinnert sie sich das auch Aline es überstehen musste und da war sie noch ein Kind gewesen. Aber Aline war auch sehr stark, stärker als sie glaubte. Curdie mochte ein Mensch sein, aber er hatte ihr nichts angetan und sie resprektvoll behandelt. Ebenso wie Aline. Und wenn es stimmte das sie einmal Freunde gewesen waren, dann würde auch sie ihn akzeptieren können. So machte sie sich auf zu Tambelina und erkundigte sich nach ihrem Patienten. „Er ist auf dem Weg der Besserung. Ich bin gerade auf dem Weg zu ihm, begleite mich wenn du möchtest.“ Zunächst liefen sie still nebeneinander her, nicht wissend was sie bereden sollten. Es war merkwürdig nach all dem Aufruhr wieder in den Alltag zu finden. „Es muss schrecklich gewesen sein für dich“, durchbrach Tambelina die Stille. „Das war es“, flüsterte Silki und sogleich drängten sich die Erinnerungen auf. Sie hatte es bisher tunlichst vermieden daran zu denken was sie erlebt hatte. Wenn es sie einmal dahin trieb, dann hatte sie schnell das Gefühl das alles nur ein Traum sein könnte, und wenn sie zu sehr darüber nachdachte, dann befürchtete sie, könnte sie wieder dort im Kerker aufwachen. Curdies Höhle befand sich am Rande des königlichen Gebietes. Dort wo die anderen männlichen Bediensteten lebten. Der Unterschied war nur gleich zu erkennen das ein Mensch dort lebte, denn links und rechts vorm Eingang standen zwei Wachen. Während Silki so neben Tambelina schritt begann ihr das Herz zu pochen, schließlich war sie vor kurzem ebenso eine Gefangene gewesen, die der Königin großes Unheil gebracht hatte. Doch die Wachen reagierten weder auf sie noch auf Tambelina und blies sie sanft die Luft aus, die sie vor Schreck angehalten hatte und versuchte sich zu entspannen. Das war jedoch schwer im Angesicht des Anblicks der sich ihr bot. Curdie lag nackt, zumindest den Teil der nicht von Fell bedeckt war auf dem Steinbett, welches voller Felle und Kissen war ums es weicher zu machen. Menschen waren ja so empfindlich. Sein verbrannter Arm ausgestreckt und von Ständern aus Holz gestützt, damit dieser nicht auflag. Die Hälfte des Arms lag blutig da. „Ich habe die übrige versenkte Haut entfernen müssen und auch ein Teil des Muskelgewebes. Er hat große Schmerzen und das Fieber hat wieder eingesetzt. Aber ich denke er ist auf einem guten Weg. Trotz der Gefangenschaft ist er stark und sollte es überstehen. Wo du nun wieder bei Kräften bist kannst du mir hier bei ihm zur Hand gehen und regelmäßig nach ihm sehen. Ich schaffe es alleine nicht.“ „Ähm... natürlich“, stammelte Silki und musste das aufkeimende Gefühl der Freude unterdrücken, damit Tambelina es nicht in ihrem Gesicht sehen konnte. „Gut, die Versorgung seines Arms kostet mich viel Zeit, mir bleibt kaum Zeit um ihm Essen und Trinken einzuflößen und es findet sich niemand anderes, der es tun möchte. Komme bitte vier mal am Tag und gib ihm so viel wie er zu sich nehmen kann. Und ich weiß das es zu viel verlangt ist, aber du wirst ihn auch waschen müssen. Ehe das Schmerzmittel nachlässt und er das nächste bekommt ist er in der Lage Anweisungen zu folgen. Er wird auch keine Probleme machen, er ist sehr umgänglich. Angenehm, dafür das er ein Mensch ist.“ „Verstehe, ich helfe dir gern. …. so wie früher“, lächelte Silki traurig. „Das wird wieder, Kind. Mach dir keine Sorgen.“   Stunden später kehrte Silki zurück mit einem Tablett voll Essen und Trinken. Da er jedoch noch im tiefen Schlaf versunken schien, kehrte sie noch einmal um und brachte eine Waschschüssel, ein kleines und großes Leinentuch. Sie setzte sich an sein Bett und blickte verstohlen hinüber zum Ausgang. Sie konnte die Wachen nicht sehen, doch wusste sie das sie da waren. Doch diese schienen sich nicht im mindesten dafür zu interessieren was sich hier im Inneren abspielte. Für einen Augenblick betrachtete sie Curdie. Er hatte ein etwas strenges Gesicht, mit Fältchen um die Augen, dicke, braune, abstehende Haare und eine knubbelige Nase. Seine breite Brust, welche mit einem sanften schwarzen Flaum übersät war, welche sich bis hinunter, über den Bauch, in einer immer enger werdenden Linie zur Scham führte, welche vom Fell bedeckt wurde. Merkwürdig diese Haare, dachte sich Silki. Groblins hatten keinerlei Haare, außer am Kopf, an den Augenbrauen und manche hatten einen Bart im Gesicht. Das war es jedoch. Die Menschen jedoch mit ihrer dünnen Haut und ihrem empfindlichen Fleisch, waren pelzig, aber auch nicht richtig. Also weder Fisch noch Tier noch sonst etwas vergleichbaren. Sie tauchte das kleine Leinentuch in den Eimer warmen Wasser. Sie hatte sich etwas von dem Wasser genommen das für die Königin erhitzt worden war und da Curdie ja ihrer Spezies angehörte, würde er wohl die selben Bedürfnisse haben. Zaghaft begann sie ihn zu waschen, bis sie etwas mutiger wurde. So weich der Körper und die Haut auch aussehen mochte, es fühlte sich nicht so an. Unter seiner Haut waren die Muskeln gut trainiert und gaben unter ihren Fingern kaum nach. Aline dagegen war so weich und dünn. Curdie aber war groß und hatte breite Schultern. „Silki“;krächzte ihr Patient und erschrocken ließ sie das Leinen fallen. „Du bist also aufgewacht. Wie geht es dir?“ „Ich freue mich das du da bist. Ich habe mich schon gefragt wann wir uns wiedersehen.“ „Äh... nun. Tambelina hatte mich darum gebeten ihr zu helfen, sie schafft die Arbeit alleine nicht.“ Das Silki nach ihm gefragt hatte, wollte sie ihm nicht verraten. „Dann muss ich wohl Tambelina danken. Schön das es dir besser geht.“ „Ja, darüber bin ich auf froh“, nuschelte Silki, spielte mit ihren Strähnen und blickte verlegen zur Seite. „Unsere Königin ist sehr gerecht, ich hätte es eigentlich wissen müssen.“ „Das kann man über den König nicht sagen, es war nur vernünftig vom Schlechten auszugehen.“ „Froschlippe ist nicht so... nun ja... er ist aufbrausend und handelt impulsiv, aber er kümmert sich um uns.“ „Aline scheint ihm im Griff zu haben. Merkwürdig. Sie sind wohl so richtig ein Paar.“ „Ja. Inzwischen.“ Bedrückende Stille machte sich breit. „Silki?“ „Ja?“ „Ich habe furchtbaren Hunger.“   ***   Silki war nun täglich bei Curdie und half ihm, sobald sie Aline entließ. Und das nicht nur zu den vier Mahlzeiten, wie es ihr Tambelina aufgetragen hatte. Sie blieb immer länger als gedacht, es sei denn Aline rief sie zu sich. Die Königin hatte Curdie wenige Male besucht, doch verhielt sie sich reserviert. Die Jahre die sie getrennt waren, hingen schwer zwischen ihnen und vor allem ein bestimmter Jemand. Froschlippe sah es nicht gern wenn sie sich bei ihrem Freund aus Kindertagen sehen ließ. Aline wirkte in letzter Zeit stiller und trauriger. Zwischen ihr und Froschlippe wurde es zusehends schwieriger. Sie konnte seine Wut und seine Trauer verstehen. Zumindest gedanklich. Von den Gefühlen her jedoch, konnte sie es nicht nachempfinden nach was er da trauerte. Sie hatte kein Gefühl des Vermissens in sich und liebte den kleinen Drachen jeden Tag mehr.   Froschlippe indes konnte und wollte nicht verstehen das seine Frau ihr eigenes Kind nicht vermisste. All die Aufmerksamkeit und all die Liebe die sie diesem geflügelten Vieh zukommen ließ, gehörte seinem einzigen Sohn. Er ertrug die Nähe des Drachens immer schwerer und suchte Beschäftigung in die Vorbereitungen für einen möglichen nahenden Krieg und in die Vorbereitungen für den Umzug ins neue Reich. Und je länger und öfter er sich Aline fern hielt, desto düsterer und verworrener wurden seine Gedanken. Wurde sie einer Gehirnwäsche unterzogen oder hatte sie ihm womöglich all die Jahre etwas vorgespielt? Plante sie den Verrat an die Groblins? Wollte sie Rache nehmen, dafür das er sie damals ihrem Vater entrissen hatte? Er schüttelte diese Gedanken immer wieder von sich, doch kamen sie ungetrübt wieder. So beschloss er das er wieder ein Kind mit ihr zeugen musste. Er würde nicht wieder zulassen das man sie ihm wegnehmen konnte und das neue Kind würde sie auf die rechte Bahn führen. Kapitel 41: Die Liebe oder der Tod ---------------------------------- Kapitel 41 – Die Liebe oder der Tod   „Sie übertreibt es. Sie übertreibt es, sag ich dir.“ „Aline kann sich nicht erinnern. Sie tut es nicht mit Absicht.“ „Wer weiß das schon was diese Menschen machen.“ „Nun tust du ihr unrecht.“ „Das du auf ihrer Seite bist wundert mich nicht. Nur weil sie ein Mensch ist. Sie erinnert dich an deine frühere Frau, gib es zu“, giftete die gereizte Stimme. „Hannelore, sie ist seit Jahren seine Frau. Warum sollte sie ihm absichtlich schaden?“ „Was weiß ich. Aber sieh dir Froschlippe an. Ich erkenne ihn kaum wieder. Er wirkt so.... kränklich, gereizt und … er erinnert mich an dich. Wie du damals warst.“ „Das sehe ich auch, aber wir können ihm nicht helfen. Er hat jedoch noch Aline und sie können es schaffen.“ „Es ist ihm anzusehen das der Druck auf ihm immer schwerer wird. Wenn der Drache die anderen nicht so ablenken und beeindrucken würde, dann müssten wir uns gewaltige Sorgen um unsere Zukunft machen.“   °°*°°*°°*°° Nachdenklich lief Froschlippe durch die dunklen Tunnel. Er hatte sich der Stadt abgewandt und lief einfach nur wahllos durch die Gänge. Er war auf der Flucht. Denn er hielt es nicht mehr aus. Es brachte ihn um. Das Gefühl nirgends hin zu können und die Gesellschaft anderer nicht mehr zu ertragen wurde immer größer. Froschlippe konnte nun nach drei Monaten noch immer nicht darüber hinwegkommen das sein Sohn verschwunden ist. Versuchte er mit Aline zu sprechen blockte sie ab. Sie hatten versucht Verständnis für den jeweils anderen aufzubringen, doch befanden sie sich an verschiedenen Orten. Sie hatte ihm erklärt das sie nichts vermisste. Das sie zwar die Fakten und seine Gefühle verstand, es aber nicht nachempfinden konnte. Sie selbst fühlte sich glücklich als frische Mutter und liebte ihren Sohn jeden Tag mehr. Ob Aline mit ihm spielte? Ist das ihre Rache, weil er sie aus ihrem Leben gerissen hatte? Wenn sie ihn verrät und den Drachen gegen ihn verwendete, hätte er keine Chance. War es möglich das sie einer Gehirnwäsche unterzogen wurde? Was war in diesem verdammten Schloss passiert? Groblinmütter töten manchmal ihre Kinder wenn sie sehr schwach sind und sich nicht nach kurzer Zeit aufraffen. Behinderte oder kränkliche Kinder werden nicht behalten. Das entscheidet die Mutter und der Vater akzeptiert es. Jedoch war Aline kein Groblin oder tun es Menschen ebenso? Wieso aber sagte sie dann nichts? Immer wieder kehrten die finsteren Gedanken in seinem Kopf. Sobald jede Ablenkung verschwunden war traten die Schatten aus ihren Verstecken, waberten um seinen Kopf, vergifteten sein Herz. Nach einer langen Reise durch sein Verderben war er wieder an seinem Schlafgemach angekommen. Die Kerzen waren ausgeblasen und flaches Atmen war zu vernehmen. Der kleine Kristall an der Wand gab sein sanftes Licht ab, verdeckt durch ein Tuch. Aber für Froschlippe stellte es kein Problem für seine Sicht dar. Aline lag auf dem Rücken, ein Bein aus dem Fell gestreckt. Der Drache, bereits gewachsen, lag auf ihrer Brust. Ob er sie töten sollte? Jetzt, in diesem Augenblick, schnell und ohne Erbarmen. Sie konnte ihm gefährlich werden, sie konnte die Groblins ins Verderben stürzen. Wieder hatte er das Schloss überfallen, hatte sie wieder entführt, sich in einen Drachen verwandelt. Sie haben von dem Drachenei erfahren. Womöglich waren sie ohnehin hierher unterwegs und versuchten die Groblins auszurotten. Froschlippe sah hinunter auf seine Hand und seine Krallen. Spitz schimmerten sie im dämmrigen Licht. Er stellte sich ans Bett und wollte an ihren schlanken Hals greifen. Nur wenige Zentimeter ehe die scharfen Spitzen ihre Haut berühren hielt er inne. Seine Hand zitterte. Froschlippes Körper war ganz erstarrt, der Schmerz in seiner Brust wuchs ins Unendliche und Tränen drangen gewaltsam in seinen Augen. Er holte aus und ließ seine Hand zum Schlag niedersausen. Doch kurz vor ihrem Hals hielt er inne, was seinen Arm vor Anspannung brennen ließ. Froschlippe konnte es nicht. Er wusste das es das Beste wäre, das Beste für alle. Als König hatte er die Verantwortung für ein ganzes Volk. Das oberste Gebot und seine Pflicht war das Wohl des Volkes. Ein König mochte materielle Annehmlichkeiten genießen, doch verzichte er zeitweise mehr als seine gewöhnlichen Untertanen.   Aline schmatzte kurz im Schlaf und drehte ihren Kopf. So war ihr schöner, weißer, schlanker Hals noch besser zu sehen. Sanft fiel ein Schein des Kristalls darauf. Der Hals, den er schon so oft geküsst oder in der Leidenschaft leicht gebissen hatte. Der Hals den er so liebte und an dem er gern ihren Geruch einsog. Er ging auf die Knie, mit den Armen stützte er sich auf den Rand des Bettes. Der Kloß in seinem Hals brannte und es schnürte ihm die Luft zu. Er hatte versagt. Als König hatte er elendig versagt. Froschlippe wollte ohne Aline nicht leben. Legte er die Leben seines Volkes und das von Aline auf eine Waagschale, so bedeutete sie ihm alles.   °°*°°*°°*°°* Es war so anstrengend. Stundenlang war es enger um mich geworden und ich verharrte zusammengequetscht in einer starren Haltung, während die Wände um mich herum pulsierten und sich immer wieder zusammenzogen und mich vorwärts schoben. Das Licht war so grell und schmerzte in den Augen. Es war kühl und ein kalter Windhauch jagte mir einen Schauer über den Rücken. Die liebliche Wärme in der ich die letzten Wochen gelebt hatte war verschwunden, ebenso die geliebte Stimme, die ich um mich herum immer gehört hatte. Man trug mich eilig davon und schnell wechselte sich mein Träger. Ein ekelerregende Wolke umgab mich plötzlich und ich wurde hart angepackt. Die würzigen, verschiedenen Düfte die nach Kräuter rochen bissen in meiner Nase, meiner Kehle und trieb mir die Tränen in die Augen. Die Umgebung um mich herum wurde immer kühler und wie sehr ich meine Glieder auch an den Körper presste, ich konnte die Wärme nicht halten. Unsanft wurde ich auf eine hölzerne, kalte Oberfläche gelegt und mein Träger lief eilig in der Umgebung herum und klapperte mit verschiedenen Gegenständen, die er neben mir ablegte. Angestrengt öffnete ich die Augen, doch mein Blick war erst sehr verschwommen. Nach mehrmaligen blinzeln wurde die Sicht schärfer und ich befand mich in einem dunklen Raum, in dem nur durch wenige Luken Tageslicht hineinfiel. Eine glühende Flamme konnte ich im Augenwinkel sehen und stinkender Rauch waberte in der Luft. Es so bitterlich kalt und die sie war verschwunden. Wo war sie? Ich liebe sie und ich dachte sie liebt auch mich, warum ist sie nicht hier? Es ist so kalt. Plötzlich legte mein Träger etwas rundliches neben mir und ich spürte die plötzliche Wärme. Der Gegenstand hatte eine raue Oberfläche, war sehr hart, aber dennoch ging eine angenehme, anheimelnde Wärme von ihm aus. Ich ruderte mit meinen Gliedern, doch war ich nicht in der Lage mich ihm zu zuzuwenden. Meine Hand konnte aber konnte sich soweit ausstrecken das ich wieder Kontakt fand und strengte mich an es beizubehalten. Plötzlich erschien das faltige Gesicht mit dem gierigen Augen und den grauen, wild abstehenden Haaren. Seine Kutte war fleckig und seine Hände die nach mir griffen hatten Dreck unter den Nägeln und die Fingerkuppen waren gelb verfärbt. Neugierig betatschte er mich und zog unsanft an meinen Ohren. Ein widerwärtiges Lächeln zog sich über sein Gesicht und gab seine schiefen, gelben und schwarzen, abgebrochenen Zähne preis. Er treufelte eine bittere Flüssigkeit in meinem Mund und ich musste entsätzlich Husten, während es in meinem Rachen brannte. Mir wurde schwindelig und die Sicht verschwamm mir. Die gierigen, vor Freude aufgerissenen Augen waren das letzte was ich sah, doch bis zum Schluss spürte ich den warmen runden Gegenstand an meiner Hand.   °°*°°*°°*°°* Froschlippe beobachtete seine Frau und dem Drachen auf ihrem Leib. Der Schlaf der beiden war immer unruhiger geworden. Alines Augen zuckten unter den Lidern, sie warm den Kopf hin und her und schien zu schwitzen. Sie biss die Zähne zusammen und presste ein Stöhnen hinaus. Der Drache schien an dem gleichen zu leiden wie sie, denn auch er wirkte unruhig, knurrte vor sich hin und schlug mit dem Schwanz. In diesem Moment erkannte Froschlippe das die Beiden eine Verbindung zueinander hatten und das er sie nicht für sich gewinnen konnte, wenn er dazwischen trat.   Kapitel 42: Die plötzliche Reise ins Ungewisse ---------------------------------------------- Kapitel 42 – Die plötzliche Reise ins Ungewisse Große freudige Aufregung ereilte sich in der Königshöhle. Trotz der Müdigkeit, die Froschlippe quälte erhellte es jedoch seine Freude. Aline hatte sich die letzten Monate zurückgezogen um sich vermehrt ihrem Sohn zu widmen. Zu Anfang hatte es Schwierigkeiten gegeben, da er nicht essen wollte, zum Säugen seine Zähne aber bereits zu groß waren. Aline hatte versucht es so lange wie möglich auszuhalten, bis ihre Nippel ganz blutig waren. Feste Speisen jedoch rührte ihr Drache nicht an. Misstrauisch roch er daran, schnupperte und leckte vielleicht einmal, doch wand er sich immer desinteressiert ab. Das hielt ein paar Tage an und Aline befürchtete ihn zu verlieren, bis sie auf eine Idee gekommen war. All die Zeit hatte sie gedacht das er doch frisches Fleisch mögen müsste, doch ein Drache spie Feuer und das musste einen besonderen Grund haben, außer das er seine Feinde verbrennen könnte. So gab sie ihm gebratenes Fleisch und kaum hielt sie es ihm hin, schnappte er hungrig danach und hatte dabei ihre Finger verletzt. So überlegte sie welche Befehle sie ihm beibringen könnte. Er war ihr Sohn, doch vergaß sie nie das er auch ein Drache war. Es sollten aber keine einfachen Wörter sein, wie man sie einem Hund beibringen würde, das wäre unwürdig für ihren Jungen. Also dachte sie sich die Befehle in groblischer Sprache auszusprechen. Zumindest wie die Schrift von Menschen gesprochen werden würde, versuchten sie, sie zu lesen. Die Sprache war schließlich die Selbe. „Fyr 'rye“, flüsterte Aline vor sich hin. Sie hatte sich das Wort nur gedanklich vorgestellt und überlegt wie man es aussprechen könnte. Ihr Sohn ließ von seiner Mahlzeit ab und blickte neugierig zu ihr auf. „Silki, lauf zu Golaka und lass dir rohes Fleisch bringen“, befahl sie und ließ ihren Sohn nicht aus den Augen. Eilig kehrte Silki zurück und hielt ihr den Teller hin. Aline griff nach einem Stück, legte es vor Dragonar und blickte ihm eindringlich ins Gesicht während sie sagte: „Fyr 'rye.... fyr 'rye. Verbrenn es Dragonar. Fyr 'rye.“ Der Drache blickte das Stück Fleisch an, drehte seinen Kopf auf die eine, dann auf die andere Seite. Tapste mit seinen Füßen und schien nicht ganz zu verstehen was man von ihm erwartete. Doch dann holte er tief Luft und pustete sie wieder aus. Rauch stieg aus seinem Rachen, doch nicht mehr. „Fyr 'rye“ Wieder prustete und keuchte der Kleine und für einen kleinen Augenblick war eine blaue Stichflamme zu sehen, doch ging auch diese wieder in Rauch auf. „Gib nicht auf, du kannst es. Fyr 'rye“ Dragonar richtete sich zu seiner vollen Größe auf, breitete die Flügel aus, holte tief Luft und ein schmaler Feuerstrahl versengte das Fleisch zu einem schwarzen Klumpen. Aline klatschte voller Freude in die Hände und legte ihm ein neues Stück hin. „Dieses Mal mit etwas weniger Enthusiasmus. Fyr 'rye.“ Die geflügelte Echse speite wieder Feuer, jedoch mit etwas mehr Achtsamkeit und nur für kurze Zeit, so dass das Fleisch gut durchgebraten war und er es verschlingen konnte. Nach einigen kleinen Flugversuchen, in denen Alines ausgestreckte Hände als Anhöhe dienten, wurde Dragonar mit jeder Woche kräftiger und nach zwei Monaten schaffte er es tatsächlich sich in der Luft zu halten. Einen weiteren Monat hatte er verbracht Flugübungen zu machen, landete auf allen Möbeln und Gegenständen, schmiss dabei viel zu Bruch, zerkratzte das Holz. Heute nach drei Monaten und an dreifacher Größe gewonnen, flog er mit kraftvollen Flügelschlägen über sie hinweg, voraus in die Königshöhle, in den großen Saal in dem sich bereits alle Groblins versammelt hatten. Dragonar zog Kreise an der Decke und setzte sich erst auf die steinerne Rückenlehne des mittleren, großen Throns nachdem Aline auf der Armlehne an Froschlippes Seite Platz genommen hatte. Kaum das Froschlippe ein Wort sagen konnte rief eine entfernte Stimme: „Menschen! Menschen auf Groblin-Territorium!“ Alle wendeten sich der Treppe zu, auf der eilig einer der Wachen die Stufen hinunter stolperte. „Menschen sind im östlichen Teil des Tunnelsystems eingedrungen und sind auf dem Weg hierher.“ Eine große Unruhe brach aus und die Groblins liefen verängstigt und verwirrt durch den Saal. „RUUHHHHEEE!“, rief Froschlippe. „Brecht nicht in Panik auf. Der westliche Teil ist weit und besteht aus vielen Gängen, sie werden noch Stunden benötigen um hier anzukommen. Unsere Abreise wurde ohnehin geplant, nun findet sie heute statt. Jeder geht in seine Behausung zurück und packt schnell alles zusammen was ihr tragen könnt. Die Wachen machen sich auf zu der westlichen Seite des Berges und verschütten die Gänge. Silki, sorge dafür das ein Karren zu unseren Gemächern gebracht wird. Gebt Alarm in der Stadt.“ Es ging alles sehr schnell und Aline wusste nicht so recht was nun geschah. Sie war sehr besorgt um ihre Lieben und ihr Herz wollte nicht mehr aufhören wild zu pochen. Ein männlicher Diener und Silki waren schnell bei ihrem Schlafgemach und hatten einen Karren gebracht, welcher von einem großen blauen, Drachen ähnlichem Wesen ohne Flügel gezogen wurde. Aline ließ ihre Möblierungen hier, jedoch nahm sie ihren Spiegel mit, welchen die Groblins für sie gemacht hatten und ihre Truhe, die sie damals bei der Hochzeit als Mitgift bekommen hatte. Ansonsten fanden nur noch Felle, Kissen und Decken Platz auf dem Wagen. Glücklicherweise hatte sie sonst nichts zurücklassen müssen. Da der Umzug ohnehin geplant war, hatten die meisten Groblins schnell ihre Habseligkeiten beisammen und schnell war die Stadt leer gewesen. Eine riesige Masse an Groblins hatte sich auf den Weg zum neuen Domizil gemacht. Einige der Groblin-männer, die in den Jahren dort gearbeitet hatten waren voraus gegangen und führte die Unmenge an Groblins durch die Tunnel. Die Königsfamilie bildete mit ihren Wachen die Nachhut. „Sind denn wirklich alle hier?“, fragte Aline besorgt und blickte hinunter auf die Stadt. „Das können wir nicht überprüfen“, gab Froschlippe zurück. „Wer jetzt nicht durch diesen Tunnel verschwunden ist, ist verloren. „Aber...“ „Kein aber, wir haben zu viel Zeit verloren.“ „Die westlichen Tunnel sind doch verschüttet worden.“ „Das hält sie nicht ewig ab. Sie werden auch nicht lange brauchen zu verstehen das die Stadt leer ist und dann werden sie weiter nach uns suchen.“ „Was ist wenn wir ihnen eine falsche Fährte legen?“ „Was meinst du?“ „Wir zerstören die Stadt, lassen es so aussehen als wären wir bereits angegriffen worden.“ „Wie sollen wir das nun anstellen?“ Aline lächelte Froschlippe an und sah Dragonar bedeutungsschwer an. Dieser saß auf ihrem Karren, der ihnen vorne wegfuhr. Dragonar Körper mochte nur so groß sein wie ein kleiner Hund, beachtete man nicht die Länge seines Halses und Schwanzes. Doch seine Stichflamme sprühte drei Meter weit und war bereits zerstörerisch für seine Umgebung. Aline blickte ihren Sohn intensiv an und sagte: „Fyr 'rye“. Sogleich gab er ein stolzes Gebrüll von sich und flog in die Stadt hinunter. Jede Brücke unterlag seinem Feueratem. Der Stein wurde spröde und porös. Auch die hohen Steintürme verbrannte er an der schmalsten stelle und schaffte es die Behausung darüber zum Einsturz zu bringen. Er flog mehrere Runden, spie seinen Atem in die Fenster, so das alles Brennbare darin zu lodern anfing und die riesige Höhle bald immer mehr in einer Rauchwolke stand. Er hatte sich nur auf den vorderen Teil der Stadt konzentriert, welche für die Menschen als erste zu sehen sein würde. Denn um so eine große Stadt zu beschädigen war er noch zu klein. Die letzten Wachen und einige andere Groblins kamen herbei gelaufen, welche sich noch in der Stadt befunden hatten und sorgten dafür das die Spuren all der Groblins verwischt wurden. Ebenso wurde der Tunnel, der zum neuen Reich führte ebenso eingestürzt, doch dafür waren extra große Brocken bereit gelegt worden. Nach getaner Arbeit flog Dragornar zurück zu seiner Mutter und landete auf den Fellen ihres Wagens. Stolz reckte er seine Brust und seine Augen glühten. Froschlippe konnte sich einen anerkennenden Blick nicht verkneifen und blickte den Drachen noch einmal genau an. Nun, wo er gewachsen war, hatten sich seine Augen auch verändert. Seine Augen waren unterschiedlich. Eines gelb, eines blau. Da er noch nie einen Drachen gesehen hatte, konnte er nicht sagen ob es typisch für einen Drachen war. Lange waren sie unterwegs. Hin und wieder hob Froschlippe Aline auf den Karren, damit sie sich ausruhen konnte. Die Reise war für alle Stadtbewohner beschwerlich gewesen, denn sie waren viele und die Gänge waren teilweise eng und die Luft wurde schnell knapp. So mussten sie Gruppen bilden und da Aline und Froschlippe das Schlusslicht bildeten war es lange nicht mehr voran gegangen. So lange das Aline befürchtet hatte, das die Menschen die Stadt finden, sie überqueren und den Weg zum neuen Reich finden und ausgraben könnten. Stunden waren vergangen ehe Froschlippe den Befehl erteilte loszumarschieren. Es ging jedoch nur langsam und beschwerlich voran. Der Weg ins neue Reich war ganz und gar unbehandelt und so wie die Natur ihn geschaffen hatte. Der Boden war uneben, mal rutschig durch einen Wasserlauf oder steinig, mal glatt, mal hatte er viele Löcher. Auf dem Weg erklärte Froschlippe das es aus Zeitnot nicht möglich gewesen war Stufen in den Stein zu schlagen oder sich Felsen zurecht zu legen um einen anständigen Weg zu formen oder gar Treppen zu erbauen. Doch so war es ohnehin besser, den Menschen sollte es nicht zu leicht gemacht werden. Kannte man sich in den Höhlen nicht aus, wusste man nie wo der Weg hinführte, denn der Pfad war sehr abwechslungsreich. Die Tunnel verliefen nach rechts, links, verliefen in die Tiefen des Berges oder es wurde steil und eng und man versuchte möglichst nicht hinunter in die schwarze Schlucht zu sehen, die wie ein stilles Raubtier darauf wartete, das jemand unachtsam war. Für Dragonar war es schwierig so lange still bleiben und nicht fliegen zu können. So verbrachte er die meiste Zeit liegend auf dem Karren, doch an dem peitschen seines Schwanzes konnte Aline erkennen, das ihm das stillsitzen gar nicht passte. Nach drei Tagen wurde die Reise sehr beschwerlich. Das Proviant ging aus, was auch immer in den Höhlen lebte, würde von den Groblins die vor ihnen die Wege passiert hatten, gefunden und verspeist werden. Die Müdigkeit übermannte Aline und auch sie lag nun viel auf dem Karren. Die Luft war teilweise sehr dünn und verbraucht und so war die Müdigkeit sehr bleiernd und ihr Körper ließ sie in den Glauben sie wäre um jahrzehnte gealtert. Dragonar wurde immer aggressiver und auch für seine Mutter wurde es schwer ihn im Zaum zu halten. Das lag nicht zuletzt daran das Froschlippe ihn provozierte. Ihr Gatte zerrte an sienen Kräften und musste immer Stärke ausstrahlen und so war dieser bis aufs äußerste gereizt, zumal der Drache begonnen hatte nachts seine Nähe zu suchen. Doch Froschlippe wies ihn immer wieder ab, denn er sah in Dragonar nichts weiter als eine Waffe, welche im Augenblick nicht viel anrichten konnte. Mit trockener Kehle und schmerzendem Kopf lag Aline auf dem Karren und dämmerte in einem seichten Schlaf vor sich hin. Dragonar kam, zerrte an ihrer Kleidung, saugte an ihren Nippeln, doch war nichts mehr zu holen. Er versuchte es abwechselnd immer wieder den runden weichen Dingern die leckere, süße Milch herauszulocken, doch durch das Hungern und der kargen Mahlzeiten der letzten Tage hatte Aline nichts zu bieten. Wütend gurrte und motzte Dragonar. „Geh weg, es ist nichts mehr da, mein Schatz“, krächzte Aline mit trockener Stimme und schob ihn beiseite. Doch Dragonar zwickte ihr in die andere Brust, brüllte ihr ins Gesicht und flog davon wobei er sie mit dem Schwanz gepeitscht hatte. Erschrocken und etwas verängstigt blieb Aline zurück. „Ein Drache ist kein zahmes Tier, selbst für die eigene Mutter“, kommentierte Froschlippe und beobachtete Dragonar in seinem Flug. Am vierten Tag der Reise war die Stimmung der Truppe zum Bersten gespannt und niemand sprach mehr ein Wort, da jedes Wort zu einer sprichwörtlichen Explosion führen konnte. Aline lebte tagelang in Angst das Froschlippe seine Herrschaft verlieren könnte. Sie waren umzingelt von vielen Groblins, es waren nur wenige Wachen dabei, welche ebenso ihre Ansicht über die Königsfamilie ändern konnten und ein hungriger Untertan ohne eigene Behausung konnte zu einer Gefahr werden, vor allem wenn es viele waren. „Vorsicht, passt auf wo ihr hintretet“, hallte es von weit vorne. Ein unterirdischer See erstreckte sich einige Meter unter ihnen und der Weg war schmal. So das nur ein Karren Platz hatte. Als der Karren von Aline auf den schmalen Pfad fuhr, rutschte sie zum Rand und blickte hinunter. Bei dem Anblick wurde ihr schwindlich als sie sich vorstellte da hinunter zu stürzen. Mit einem begeisterten Kreischen zog Dragonar an ihr vorbei und stürzte sich ins kalte Nass und kaum hatte Aline sich an die Brust gefasst und voller Angst aufgeschrien, war er aus den Fluten wieder hervorgeschossen gekommen, flog wenige Meter neben ihr, warf den Fisch den er gefangen hatte in die Luft, zielte sein Feuerstrahl darauf und fing diesen wieder auf um ihn zu verschlingen. „Das ist es. Aline, lass ihn so viele Fische fangen wie er kann, wir brauchen alle etwas zu essen.“ „Das schafft er unmöglich, wir sind zu viele“, erwiderte Aline. Doch sie hatte eine andere Idee. Mit Seilen wurden ein paar Groblins hinunter gelassen und zu deren Glück war das Wasser nicht tief. So scheuchten sie die Fische zum Rand, wo Dragonar auf sie wartete und seinen Feuersturm auf das Wasser losließ. Für die Groblins wurde es sehr heiß, obgleich sie ein paar Meter Abstand hielten, doch funktionierte es wunderbar, denn die toten Fisch trieben an der Oberfläche und mussten nur eingesammelt werden. Das wiederholten sie einige Male bis sich keine Fische mehr dort fanden. Es reichte aus das jeder eine große Mahlzeit erhielt, jedoch nur eine. So würden sie für die nächsten Tage wieder etwas neues finden müssen. Zwei Tage später fanden sie sich in einer großen Höhle wieder in der Dragonar frei fliegen und die Groblins Abstand zueinander gewinnen konnten. Dieser benutzte wieder seinen Feueratem und röstete den riesigen Fledermaus-Schwarm, welcher sich an der Decke gehangen hatte. Und wieder hatte Dragonar dazu beigetragen das die Groblins weder verhungerten, noch einen unnötigen Streit vom Zaun brachen. Nachdem sie nun schon sieben lange Tage unterwegs gewesen waren, hatten sie eine sprichwörtliche Oase gefunden. Denn die Gruppe hatte sich an den Gemüse- und Obstbeten wiedergefunden, die Aline noch im letzten Jahr mühselig mit den anderen Frauen angelegt hatte. Von dem Wasservorrat, welches durch ein hölzernes Rohrsystem in große Becken gesammelt wurde, war nur leider nicht mehr viel übrig. Ein jeder konnte nur seinen staubtrockenen Hals benetzen, doch für mehr reichte es nicht aus. Nach einer weiteren harten Woche kamen die schwachen und herunter gekommenen Groblins an. Zwei harte Wochen in der sie hungern, dürsten und ihre Füße wund laufen mussten. Aline, welche wie die meisten anderen das erste Mal einen Blick aufs neue Reich werfen konnte, kam aus den Staunen nicht mehr raus. Denn es war ein Reich im Sonnenlicht. Der Berg war zum Teil mit großen Löchern durchzogen, welches das Sonnenlicht einließ. Wie im alten Reich lag die Stadt in einer riesigen Höhle und die Häuser waren weniger grob in Stein gehauen, sondern erinnerten an die verzierten Häuser einer menschenlichen Stadt. Froschlippe führte sie auf dem Karren sitzend durch die Straßen, welche sich alle in einer leichten Steigung nach oben führten, bis die Stadt mit einem größeren Abstand zu einem steinernen Schloss endete. Die monströse Wand des Schlosses war zum Teilen durch Steinhauer bearbeitet worden, wodurch der Eindruck entstand, das es durch einzelne Steine zusammengesetzt worden war. Jedoch waren die Arbeiten im unteren Drittel beendet worden. Das Tor war wie bei den Menschen aus Holz, verziert mit großen metallenen Scharnieren. „Öffnet das Tor“, hallte eine Stimme zu ihnen hinunter und Aline konnte erkennen das sich Fenster oder gar ein ganze Weg, mit Säulen geziert am oberen Ende befanden musste. Dröhnend und den Boden zum Erbeben bringend, bewegten sich langsam die schweren Tore und gaben ihnen den Weg frei. In einem mittelgroßem Innenhof, welcher an den ihres Vaters Schlosses erinnerte. Von dort aus waren sie umgeben von verschieden hohen Wänden, mit Fenstern, Treppen und Türen, mit ebenfalls begonnen Steinhauerarbeiten, was ihr ein Gefühl von Zuhause gab. Von dem Zuhause das sie in ihrer Kindheit kennengelernt hatte, welches ihr ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit gab. Der Anblick überwältigte Aline, denn Froschlippe hatte ihr etwas überwältigendes geschenkt. Ein Schloss, erbaut in einem Berg, die perfekte Mischung aus der Baukunst der Menschen und Groblins. Vergessen war der Hunger, vergessen war der verzehrende Durst oder die bleierne Müdigkeit und auch die Schmerzen in den Gliedern. „Wie hast du...?“, fragte Aline und auch Dragonar kam aus dem Staunen nicht mehr raus. „Bei dem Angriff auf euch, als ich dich entführt hatte, hab ich mich genau umgesehen. Der Sonnenknabe hatte mich in seiner Unwissenheit durchs Schloss geführt und direkt in dein Kinderzimmer. Ich sah euren Protz, eure Eleganz, eure verschwenderische Lebensweise und wollte für uns Groblins das gleiche schaffen.“ „Es ist überwältigend“, schluchzte Aline und warf sich in seine Arme. „Mögen deine Absichten auch anders gewesen sein, aber du hast mir hier ein Zuhause geschaffen, in dem ich mich wohlfühlen kann.“ Froschlippe war nach den letzten Monaten der Entfremdung zu seiner Königin überfordert und nur langsam sickerten ihr Worte in sein Verstand, doch drückte er sie fest an sich. So lange hatte er auf solch eine Berührung verzichten müssen und nun fühlte es sich an als wäre er von aller Last befreit. Die schwere Last der letzten Monate, sogar der letzten Jahre fielen von ihm ab und er konnte sich ein breites Lächeln nicht verkneifen. Tränen drängten sich in seine Augen, doch kämpfte er sie nieder und gewährte keiner Träne über seine Wange zu fließen. Sein Gesicht zu einer grotesken Miene verzerrt, spürte er die verwunderten Blicke der anderen Groblins auf sich, doch sagte niemand etwas. So viel Gefühl, Glück und Leid verbunden in seinem sonst so stolzen und gehässigen Antlitz zu sehen, war ein sehr ungewohnter Anblick. Froschlippe führte Aline mit festem Griff und schnellem Schritt durch ein weiteres Tor, welches einen langen Flur frei gab. Am Ende befand sich wieder eine hölzerne, Flügeltür und Aline glaubte zu wissen was sich dort befand. Ihr Gatte stieß die Türen auf und ein großer mit Säulen gestützter Raum wurde frei gegeben, am Ende ein große, breite Treppe, die zu einem Podest hinaufführte. Der imposante Raum durchflutet von warmen Lichtstrahlen, welche durch Öffnungen im Berg ihren Weg fanden. „Die Throne sind noch nicht fertig gestellt, denn ich wollte sie gemeinsam mit dir entwerfen.“ Über dem vermeintlichen Platz der Throne hing eine riesige Fahne, welche bis fast zum Boden hinunter hing. Auf schwarzem Grund zwei Tauben, mit gespannten Flügeln, welche sich anblickten. Inder Mitte eine geöffnete Rose und darüber eine Silhouette eines Groblinkopfes. Nun erinnerte sich Aline an das Wappen ihres Vaters. Zwei weiße Tauben, darüber eine Krone auf blauen und violettem Grund. Froschlippe hatte Bezug darauf genommen und statt der Krone eine Rose zwischen die Tauben gebettet, als Zeichen ihrer Herkunft und ihrer Großmutter. „Nun werde ich es aber wieder verändern müssen, wo wir nun ein neues Mitglied in unserer Runde haben“, gestand Froschlippe. „Die Näherinnen werden mich lynchen.“ „Was fehlt denn noch?“, fragte Aline begriffsstutzig, denn sie empfand die Flagge als Vollkommen. Bedeutungsschwer blickte Froschlippe auf Dragonar, der begeistert durch den großen Saal flog und sein kreischen von den Wänden hallte. Aline rührte es von Herzen das Froschlippe nun begann Dragonar anzunehmen doch ehe sie es sichs versah sagte er: „Jeder soll wissen was für eine unbesiegbare Waffe wir haben.“ Wieder kehrte der Kummer mit vollem Schlag in sie zurück. Sie begann allmählich zu zweifeln das Froschlippe ihren Sohn jemals anerkannte. Ohne ihre plötzliche, stille Veränderung wahrzunehmen zog Froschlippe sie weiter und führte sie einige weitere Gänge und Flure hinauf. Allmählich wurde es wieder enger und weniger imposant, sondern mehr gemütlich. „Was ich an eurer Bauweise am liebsten mag sind geschlossene Räume und Türen. Wenn uns niemand mehr sehen und hören kann ist es doch viel schöner mit dir“, seuselte Froschlippe und öffnete eine Tür, welche eine metallene Krone zierte. Diese führte in große, gemütliche Wohnräume, die offensichtlich nur für wenige Groblins ausgelegt waren. Ein kleiner runder Flur führte in mehrere Räume, doch Froschlippe zog sie zu einem bestimmten Raum. „Schließ' die Augen“, flüsterte er in ihr Ohr und legte zur Verdeutlichung seine große Hand vor ihren Lidern. Die Tür öffnete sich und sanft führte er sie hinein. Sie konnte spüren das der Raum nicht all zu groß sein konnte und fühlte sich gemütlich an, obgleich sie nichts sehen konnte. Die Hand vor ihrem Kopf verschwand und gab ihr den Blick frei. Als Aline die Augen öffnete begann ihr Herz wild zu pochen denn sie stand in ihrem Kinderzimmer. Oder in einer ähnlichen Version davon. Es war sich bemüht worden die Wände gerade zu hauen, damit das gemach viereckig war, eine hölzerne Zierleiste, welche ihr bis zu den Hüften ging, verschönerte den Raum und gab den geweißten Wänden etwas warmes. Ihre Füße standen auf warmen Holzleisten und durch den Fenstern drang helles Licht. Richtige Fenster aus Glas, wie sie sie von ihrem Zuhause kannte, erhellten den Raum und sogar ein Bett, wie sie es zurücklassen musste stand mittig in dem kleinen Raum. Gegenüber eine Frisierkommode. „Ich kann es nicht glauben“, weinte Aline gerührt und trat auf zittrigen Beinen weiter in den Raum hinein. Kapitel 43: Majestäten, Fürstlichkeiten, der hohe Adel und das gemeine Volk --------------------------------------------------------------------------- Kapitel 43 - Majestäten, Fürstlichkeiten, der hohe Adel und das gemeine Volk Der Tag der Ankunft im neuen Reich war durch großen Lärm begleitet worden. Von den Familien, welche von ihren Männern zu ihren neuen Behausungen geführt wurden, kamen aus dem Staunen und Gucken nicht mehr heraus. Viele waren lange herumgestanden oder hatten sich irgendwo auf den Boden gesetzt, denn bis sich alle Familienmitglieder wieder gefunden hatten und ihr Haus gefunden war, das dauerte lange Zeit. Die Karren rollten über den steinernen Wegen und geschäftiges Treiben hallte durch die Höhle. Ebenso im Schloss. Bis alle Bediensteten wieder beieinander waren, die Wächter und Soldaten. Alle mussten sich das Schloss mit den vielen Geschossen und verschlungenen Gängen ansehen und ein jeder musste sein Zimmer finden. In den Blicken beobachtete Aline wie die Groblins alles misstrauisch beäugten, denn sie waren nicht an geschlossenen Räumen gewöhnt, geschweige denn Türen zu bedienen oder die Tatsache das natürliches Licht durch gläserne Scheiben strahlte. Sie selbst war aber ganz froh nun einen ganz privaten Bereich mit Froschlippe teilen zu können. Aline hatte sich zwar daran gewöhnt das es keine Türen gab und man nie wusste ob nicht jemand hinter der nächsten Ecke stand und wenn sie sich stritten hallte es deutlich zu Froschlippes Eltern hinüber, doch nichts war angenehmer als abgeschlossene Räume. Vor allem wenn sie so ähnlich gestaltet waren wie die Behausungen der Menschen. Kein kalter Steinboden mehr, helles Licht in den Räumen, die Wärme der Sonne, es war nicht mehr so klamm und kalt, selbst die Luft war sauberer und angenehmer. Am Abend stand Aline im Nachthemd gekleidet am Fenster und blickte hinaus aufs Meer. Der Anblick überwältigte sie. So hoch oben über der Wasseroberfläche zu stehen und von ihrem Fenster aus in die Tiefe blicken zu können. Das gab ihr ein Gefühl von Freiheit und Stärke. Zwei Arme umschlangen sie und drückten sie an den festen Körper der hinter ihr stand. Das hatte Froschlippe schon lange nicht mehr getan und nun wo es geschah, bemerkte Aline wehleidig wie sehr es ihr doch gefehlt hatte. In den letzten Monaten war so viel geschehen und die Schlucht die sich zwischen ihnen gebildet hatte, war nicht zu überwinden gewesen. Immerzu hatten sie sich wegen Dragonar gestritten, und das Stillen hatte sie förmlich ausgesaugt. Es war zwar ein besonderes Gefühl dass das Band zwischen ihr und ihrem Sohn verstärkte, doch es war so anstrengend und ihre Nippel so wund gewesen, das für Froschlippe kaum Leidenschaft übrig geblieben war. Vor allem nachdem er immer wieder Diskussionen begonnen hatte was mit seinem wahren Sohn im Schloss geschehen war, ihr kaltherzige Gefühle ihm gegenüber vorwarf und den vernichtenden Blick spürte, wenn sie sich Dragonar widmete. Froschlippe war zwar nie davon abgegangen sie zu beschützen und sie vor den anderen weiterhin als starkes und untrennbares Paar darzustellen, doch selbst ein Blinder hatte sehen müssen das etwas nicht stimmte. Seine wütenden, enttäuschten und eifersüchtigen Blicke konnten unmöglich nur von ihr registriert worden sein. „Wie ich das vermisst habe“, brach Aline die Stille und war erstaunt wie unsicher sie dabei klang. „Mir ging es ebenso“, sprach die warme Stimme an ihrem Ohr. „Warum dann?“, schluchzte Aline. „Ich konnte es nicht ertragen dich mit Dragonar zu sehen. Nicht zu wissen was mit unserem Sohn geschehen ist.“ „Hach, ich hab dir doch tausendmal ...“, doch Aline wurde mit einem Finger auf ihrem Mund unterbrochen. „Ich habe verstanden. Du musst dich nicht wiederholen. Ich habe nur Zeit gebraucht um damit zurecht zu kommen. Ich werde meinen Sohn nie wieder sehen, das akzeptiere ich jetzt. Lass uns einen weiteren zeugen und diesen werden die Menschen niemals zu Gesicht bekommen.“ Warmer heißer Atem prickelte auf Alines Hals und sanfte Küsse trieben ihr warmkalte Schauer über den Rücken. „Warte, vielleicht willst du mich ja nicht wenn....“, der Satz blieb in Alines Halse stecken. „Wenn was? Was könnte mich dazu bringen dich nicht zu wollen?“ „Die Tatsache das ich keine Erben gebären kann.“ „Wie kommst du darauf?“ „Das hat sie mir gesagt. Die Königin. Die Geburt wäre so schwer verlaufen und ich hätte fast mein Leben gegeben, das es mir nicht mehr möglich sein wird weitere...“ Eine große Hand umschloss ihren Mund. „Menschliches Gewäsch. Lass dir nichts einreden. Alles was der Feind dir sagt ist gelogen, denk daran. Sie ist in einer misslichen Lage und wollte dich manipulieren. Du wirst wieder schwanger werden wenn du es willst und ich werde dir so viele Kinder machen, wie du dir wünscht.“ „Wie gefällt dir mein Geschenk?“ „Mmh?“, fragte Aline, sie verstand nicht. Froschlippe deutete nur auf die Aussicht. „Es ist unglaublich, ich dank dir sehr. Unglaublich was du geschaffen hast. Aber das habe ich dir heute, glaube ich schon mehrmals gesagt.“ „Aber nur jetzt war es das was ich erreichen wollte.“ „Wie? Ich versteh nicht.“ „Das Glänzen in deinen Augen wenn dort zum Meer hinaussiehst. Das Gleiche wollte ich noch einmal sehen. Also habe ich dich wieder hierher gebracht und dir diesen Anblick geschenkt.“ Aline musste erst angestrengt überlegen, denn sie verstand noch immer nicht. Dabei blickte sie wieder hinaus aufs Meer und dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. „Damals als du mich in die Sonne gebracht hattest, saßen wir auf einer Klippe und blickten genauso aufs Meer hinaus.“ „So ist es. Und auch wenn ich nicht viel sehen konnte, weil die Sonne so in meine Augen gebrannt hatte, hatte ich wohl den Ausdruck in deinem Gesicht wahrgenommen.“ „Froschlippe?“ „Ja?“ „Ich weiß Groblins sagen so etwas nicht und du musst das niemals zu mir sagen. Ich will dir nur sagen, das ich dich liebe.“ „Das gleiche.“ Stürmisch drückte sich Aline an seine Brust, zog seinen Nacken zu sich hinunter und küsste ihn. Die erste Nacht in ihrem neuen Reich war auch die Leidenschaftlichste in all den Jahren die sie bisher zusammen verbracht hatten. Dragonar, der nach einem ausgiebigen Flug wieder zurückgekehrt war, verblieb nur einen Augenblick auf dem Fenstersims. Denn nach einem Blick auf seine Eltern, hatte er sich umgedreht, die Flügel gespannt und sich in die Tiefer fallen lassen. *~*~*~*~* Die Groblins gönnten sich drei Tage und Nächte der Ruhe um in ihrem neuen Zuhause anzukommen und sich zurecht zu finden. Anschließend fand im Thronsaal ein großes Fest statt. Das diente zwei verschiedenen Zwecken, denn zum einen sollte der Erfolg der Groblins gefeiert werden und es gab Gelegenheit mit den einflussreichsten Groblins zu sprechen und Kriegspläne zu schmieden. Die Menschen waren vorerst abgelenkt und waren gezwungen neue Maßnahmen einzuleiten, doch der Krieg würde nun unweigerlich folgen und Froschlippe wollte dem auch nicht mehr ausweichen. Denn er hatte Rache für seinen Sohn geschworen und für seine Frau, die Schlimmes erleiden musste, schließlich war sie nicht Gast ihres Vaters gewesen. Doch eines war sicher. Allein hatten die Groblins keine Chance. Denn der Sonnenkönig würde alle Männer des Landes zusammenraufen und auch seine Königin mochte aus ihrem eigenem Lande Soldaten von ihrem eigenen Vater gestellt bekommen. Es ging um alles oder nichts, um Leben und Tod für jeden Groblin seines Volkes und so musste Froschlippe genau nachdenken, welche Schritte er einleitete. Während einer Diskussion über die Menge der Männer die sie aus dem Berg pressen und womöglich aus benachbarten Groblinreichen überzeugen könnten mitzukämpfen, blieb Aline sehr verhalten. Denn sie konnte schlecht ihren eigenen Vater um Soldaten bitten, galt er nun als ihr Feind. „Ihr werde auch menschliche Armeen benötigen, wenn ihr den Krieg gewinnen wollt“, warf Curdie plötzlich ein, der sich unter die Menge gemischt hatte. Da er wochenlang mit den Groblins durch die Dunkelheit gewandert war und Kinder und Frauen dazu verholfen hatte den langen Marsch zu überstehen und für deren Sicherheit zu sorgen, wurde er von den Groblins akzeptiert und wurde nicht mehr als Bedrohung wahrgenommen. „Misch dich nicht ein Sonnenknabe, du hast keine Ahnung von Politik.“ „Ach nein? Zufällig gehörte ich zu den besten Soldaten des Königs und weiß wie viele Kämpfer er im Stande ist zu bekommen. Ich kenne die Fürsten und den Adel, ich weiß wer über die besten Armeen verfügt.“ „Ich sagte doch Sonnenkn...“ „Lass ihn sprechen“, mischte sich Aline nun ein und zog an Froschlippes Arm um ihm zur Ruhe zu zwingen. „Aline“, sprach Curdie seine ehemalige Freundin nun direkt an. „Ich weiß das du dein Vater liebst, aber glaub mir, er hat nicht immer richtig gehandelt.“ „Was meinst du?“ „Er hat Schulden gemacht in anderen Reichen um seine jetzige Königin und deren Vater erkaufen zu können, die Steuern sind so hoch das selbst der Durchschnittsbürger nicht mehr weiß wie er seine Kinder satt bekommen soll. Auf den Straßen herrscht ein harter Kampf ums Überleben, Kinder müssen bereits arbeiten gehen, die Töchter werden eingesperrt sobald sie die erste Blutung haben um schnell, gewinnbringend verheiratet zu werden. Menschen werden ausgeraubt und sie wissen nie ob von Räubern oder dem nächsten Nachbarn. Zuletzt hörte ich das die Bürger ihre alten Väter und Mütter mit dem Kissen ersticken um weniger Mäuler stopfen zu müssen. Meine Eltern haben schon bevor wir uns tragen vom König erzählt, der über den Tod seiner Frau nicht hinweggekommen war und sein Volk damit in den Tod stürze. Meine Mutter hatte mir nach ein paar Bechern Wein einmal erzählt das man sich viel von deiner Mutter erzählt hat. Es heißt die Frauen in deiner Familie wären etwas besonderes. Meine Mutter schwört sie wäre nachts einmal von Groblins verfolgt worden und eine schöne, leuchtende Gestalt hätte sie gerettet. Es war deine Mutter. Es heißt euch wären magische Kräfte zu eigen. Deine Mutter ist immer verehrt worden. Wenn es nicht zum Krieg zwischen Groblins und Menschen kommt, dann kommt ein Bürgerkrieg und dann wird das ganze Land in Schutt und Asche gelegt. Aber du Aline kannst das verhindern. Geh zu den Fürsten und Adeligen, lass sie dir gegenüber das Knie beugen. Wenn sie dir folgen, dann gehören dir auch ihre Armeen. An so manchen Festen hörte ich das abschätzige Gerede hinter dem Rücken deines Vaters und das süße Gerede in dessen Ohren. Glaub einem Jungen aus dem Steinbruch, der weiß wie er durch die Reihen der hohen Herrschaften wandern kann, ohne gesehen zu werden.“ „Meinen Vater vom Thron stoßen?“, fragte Aline entsetzt. „Wenn der Sonnenknabe recht hat, wird es bald keinen Thron mehr geben“, warf Froschlippe ein, der Curdie anerkennend betrachtete. „Er ist mein Vater“, schnappte Aline nach Luft und hatte das Gefühl ersticken zu müssen, wenn sie nicht sofort ihren Tränen freien Lauf geben konnte. „Ich weiß, es ist hart, aber er ist nicht der für den du ihn hält. Du siehst ihn noch immer aus der Sicht eines Kindes, das seine Eltern bedingungslos liebt.“ „Du sagst du hast Lottie mit abgeschlagenen Kopf gesehen. Wer war da noch auf der Mauer aufgespießt?“ „Hör auf Curdie.“ „Wer war da noch, Aline?“ „Das Gespräch ist beendet“, knurrte Aline und lief aus dem Saal. Die Tränen nicht über ihre Wangen laufen zu lassen kostete sie viel Kraft und ein Kloß hatte sich inzwischen schmerzhaft in ihrem Hals gebildet. Weinend stand sie in ihrem Schlafgemach am offenen Fenster und die Brise des Meeres wehte durch ihre roten Locken. Die salzigen Tränen brannten auf ihrem Gesicht und wollten nicht versiegen. Je älter sie wurde und je länger sie Königin war, desto komplizierter wurde alles. Als Prinzessin und Tochter ihres Vaters hatte sie immer geglaubt das er ein guter König war, ebenso wie er ein guter Vater war. Auch wenn er oft nicht zu Hause gewesen war und sie nie wusste was für Staatsangelegenheiten er sich widmen musste, so hatte er bei ihr immer Zeit gefunden sich ihre Geschichten und Erlebnisse anzuhören. Und hatte er ihr nicht seinen Glauben geschenkt nachdem sie den Groblins begegnet war, was die Bergleute nie vergönnt gewesen war? Früher einmal hatte sie immer geglaubt das es ausreiche wenn sie zu ihrem Vater ginge und ihn bitte Froschlippe und die Groblins nicht länger als Feinde zu betrachten. Doch langsam erkannte sie das es nicht so einfach war. Sie zweifelte nicht an Curdies Worten, denn auch sie hatte während ihres Aufenthaltes im Schloss gemerkt wie viel sich verändert hatte. Und nun als Königin verstand sie die Last der Verantwortung für ein ganzes Volk. Sollte Curdie recht behalten, dann würde sich ihr Vater bald im Krieg befinden. Im Krieg gegen seinem eigenen Volk, das ihn nicht mehr als König haben wollte. Und dann würde auch sie nichts mehr ins rechte Licht rücken können. Denn sie war Teil seiner Familie und würde ebenso verdammt werden und als Königin der Groblins hatte sie ohnehin den Tod verdient. Ein Gurren holte sie aus den Gedanken und mit gezielten Flügelschlägen landete er auf dem Fenstersims. „Denkst du mein Vater ist wirklich so schlimm? Geht es den Menschen schlecht?“, fragte Aline ihren Sohn. „Sei froh das du dich mit solchen Fragen nicht herumschlagen musst. Du bist bestimmt schon viel herum gekommen, ich hatte kaum Zeit für dich die letzten Tage, das tut mir leid. Ich weiß nicht so du herumfliegst, doch halt dich von den Menschen fern, mein Sohn. Klinge ich nicht schon wie dein Vater? Hach, es ist alles so schwer“, legte Aline ihre Hände in ihr Gesicht und wieder liefen ihr die Tränen. „Warum können wir nicht einfach in Frieden leben?“ Dragonar stupste ihre Hände weg und schnupperte an Alines Ohr, was sie zum Lachen brachte. „Denkst du es ist möglich?“ Dragonar nickte, schwellte die Brust und stieß ein machtvolles Kreischen aus. Ehe Aline noch etwas sagen konnte, stieß der kleine Drache sich ab und fiel in die Tiefe. Erschrocken blickte sie ihm nach, sie konnte sich an den Anblick seines fallenden Körpers einfach nicht gewöhnen und blies erleichtert die Luft aus als er seine Flügel ausbreitete und über die Wellen des Meeres hinwegflog. In der selben Nacht schlichen sich furchtbare Träume bei Aline ein. Sie sah eine verwahrloste Stadt, welche in Abfälle und menschliche Ausscheidungen versank, in denen die Menschen hungerten und einander unfreundlich waren. In der einen Nische wurde ein junges Mädchen, so alt wie sie bei ihrer Hochzeit gewesen war vergewaltigt. In der nächsten wurde ein Mann von einem anderen mit einem Messer bedroht, weil diese ein Leib Brot in der Tasche trug. So ging es von einem Traum in den nächsten. Felder wurden geplündert, Tiere geschlachtet, die Bauern waren mittellos und die Steuereintreiber zeigten kein Herz. Gefangene wurden schon keine mehr genommen, denn diese musste man durchfüttern. Wer kein Geld hatte, zahlte mit dem letzten Essen das er noch hatte, mit dem Körper seiner Frau und Töchtern oder der letzten Wechselkleidung in seiner Tasche. So manch einer musste seine Wohnung, sein Haus oder sein Hof verlassen. Nachdem Aline endlich aus den schrecklichen Träumen schreckte, blickte sie zum offenen Fenster, durch die gerade die ersten Sonnenstrahlen einzogen. Ein Schatten in Form eines Drachen hinderte die goldenen Strahlen vollständig ins Zimmer zu lassen. In Dragonars Augen sehend wusste Aline das er wusste was sie gesehen hatte. Das Herz wurde ihr schwer und verzweifelt blickte sie ihn an. Sie wusste was sie zu tun hatte. *~*~*~*~* „Du willst es also wirklich wagen?“, fragte Froschlippe und wusste noch immer nicht so recht ob er dafür oder dagegen sein sollte. „Ich vertraue Curdie und ich denke er hat recht. Der Krieg wird kommen, ob wir wollen oder nicht, aber ich kann das Land meines Vaters nicht ignorieren. Sie gehören genauso zu meinem Volk. Wir haben nur diese eine Chance, entweder schaffen wir es Frieden zwischen Menschen und Groblins zu schaffen oder wir sind alle dem Tod geweiht.“ „Ich mag Menschen nicht.“ „Du magst mich.“ „Du bist ja auch meine Frau.“ „Du magst Curdie.“ „Sagen wir, ich werde davon abgehalten für sein Ableben zu sorgen.“ Aline blickte Froschlippe ernst an und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich akzeptiere ihn, mehr geb ich nicht zu.“ „Wenn du nicht einmal an mich glaubst, wie sollen es denn andere tun?“ „Na schön. Ich mag Menschen nicht so sehr. Für Fußpilz hab ich mehr übrig, aber ich stehe voll hinter dir wenn ich sage das ich dafür sorgen möchte das Frieden zwischen den Völkern herrscht.“ „Danke. Curdie wird mich als mein Botschafter begleiten.“ „WAS?“ „Ich brauche einen Menschen an meiner Seite, mir allein werden sie nicht glauben. Und ein paar Groblins die ich vorzeigen kann.“ „Was soll das bedeuten?“ „Groblins die mir meine Mission nicht versauen werden, weil sie benehmen... wie sie sich benehmen.“ „An wen hast du gedacht?“ „Silki, Tambelina, Curdie, mich eingeschlossen. Du wirst natürlich als mein König dabei sein.“ „Und weiter?“ „Ja das sind ja erst mal ein paar.“ „Du willst mit uns auf ein Selbstmord-Kommando gehen?“ „Denk doch nicht gleich so negativ.“ „Du willst uns in die Gefangenschaft locken wo uns die Haut bei lebendigem Leibe abgezogen wird?“ „Das ist mir hier zu pessimistisch.“ „DU MEINST REALISTISCH!“ „Wir widmen uns erst mal den umliegenden Dörfern, wir müssen klein anfangen. Ehe ich dem ersten Fürsten begegne muss ich einige Menschen hinter mir haben. Wenn es ihnen wirklich so schlecht geht, dann muss ich ihnen helfen und mich beweisen. Und dazu benötigen wir Gold und Edelsteine.“ „Du willst mein Berg plündern für die Menschen?“ „Ich benötige Zahlungsmittel, irgendwie muss ich die Menschen überzeugen. Und da ich ihnen nicht unser Essen geben kann, muss das anders gehen. Wir werden aber viele Wachen brauchen, ich muss ihnen Schutz bieten. Alle Orte um den Berg herum müssen wir nach und nach überzeugen.“ „Hach, also gut, wir erobern die Orte um den Berg herum und weiten unsere Macht aus. Und sollte jemand wagen uns in die Quere zu kommen, erlebt er sein grünes Wunder.“ „Jetzt klingst du schon viel positiver.“ „Ich werde die Groblins vorbereiten. Wir brauchen aus jeder Familie einen Mann und ich werde Botschafter in benachbarte Reiche schicken damit ich um deren Hilfe bitten kann.“ *~*~*~*~* Bereits eine Woche nach der Ankunft im neuen Reich machte sich Aline bei Sonnenuntergang mit ihren auserwählten Mitstreitern auf den Weg ins nächst gelegene Dorf. Schon von weitem hörten sie den Tumult und das Kreischen von Männern und Frauen. Es schienen Räuber durch das Dorf zu reiten und zu plündern. Es war ein riesen durcheinander und für einen Moment standen sie unbeholfen da, doch Curdie war dafür ausgebildet worden, rannte sogleich los und stieß einen Mann mit einem schäbigen Brustpanzer von einem jungen Bauernmädchen. Nachdem er sein Schwert gezückt hatte um diesen zu bekämpfen, schloss Froschlippe sich ihm an. „Seht euch diesen Groblin an, Männer, den kaufen wir uns“, rief einer der Räuber und nun traten mehrere bewaffnete Männer aus den Hütten und waren in der Überzahl. Die Bauern und deren Familien hatten sich in den Hütten versteckt und beobachteten das Geschehen. „Ich bin Prinzessin Aline, Tochter des Königs von Kilmarnock und Königin der Groblins. Ich befehle euch von hier zu verschwinden.“ „Tochter des Königs? Das ich nicht lache.“ „Prinzessin Aline, das sagt mir etwas. Ist sie nicht entführt worden?“, überlegte ein anderer. „Wie? Selbst wenn, sieh sie dir an. Gekleidet in diesen Lumpen, was will sie schon ausrichten? Ihre Kobolde uns auf den Hals hetzen? Die haben wir schnell erledigt“, lachte der Erste, welcher der Anführer dieser Bande zu sein schien. Zehn Männer liefen nun auf sie zu und zückten ihre Waffen. Silki und Tambelina waren vorsorglich mit Keulen bewaffnet worden, doch hatten sie noch nie in ihrem Leben kämpfen müssen. Dennoch traten sie den Männern mutig entgegen und wichen nicht von der Seite. Curdie und Froschlippe als geübte Kämpfer konnten den Männern gut stand halten, doch für Aline sah es für einen Augenblick nicht gut aus. Mit dem kleinen Schwert in der Hand fühlte sie sich unbeholfen und träge. Sie hätte Dragonar mitnehmen sollen, dachte sie sich, doch wollte sie nicht riskieren das er verletzt wurde. Kaum war der Gedanke verstrichen war ein Kreischen in der Luft zu hören und ein Feuerstrahl erschien nur wenige Meter von ihnen, durch den plötzlich der kleine Drache geflogen kam. Alle Kämpfenden hielten vor Schreck inne. „Ein Drache. Ein Drache“, riefen einige der Räuber erstaunt und ließen vor Schreck ihre Schwerter fallen. Selbst aus den Hütten waren Aufschreie zu vernehmen. Dragonar fand sich über dem Kopf seiner ein und flog auf der Stelle, als warte er auf einen Befehl. „Ich sage es nicht noch einmal. Verschwindet aus diesem Dorf und kehrt nie wieder zurück. Das Dorf untersteht meinem Schutz.“ „Komm Nearghal, lass uns verschwinden.“ „Ts, ich hab doch keine Angst vor dieser Echse. Sieh doch an wie klein er ist.“ „Du willst nicht verschwinden?“, fragte Aline noch einmal. „Warum sollte ich?“ „Fyr'rye.“ Der Drache bewegte sich nicht und blieb weiterhin über Alines Haupt und der Anführer lächelte nach einem kurzen Zusammenzucken abfällig. Bis der Drache tief Luft holte, sein Maul öffnete und einen heißen Feuerstrahl auf ihn feuerte. Der unnatürlich klingende Schrei war schnell erstickt und der schwarze Körper viel zu Boden. „LAUFT!“, rief einer der Räuber und die Bande machte sich eiligst davon. Die Truppe sah ihnen zufrieden hinterher und Aline streichelte ihren Sohn nachdem er auf ihrem dargebotenen Arm gelandet war. „Habt dank, Prinzessin“, meldete sich eine Stimme hinter ihnen. Dort stand ein großer Hühne von einem Mann, in einfachen, schmutzigen Leinen gekleidet, zotteligen, lockigen Schopf und einem dichten, etwas ergrautem Bart. Seine Haut war Sonnengegerbt und Lachfalten umrandeten seine kleinen, dunklen Augen. „Wer bist du?“, fragte Aline freundlich. „Ich bin Gorhin, der Dorfvorsteher. Diese Halunken hatten sich schon zuvor im Wald ihr Unwesen getrieben und uns das Leben schwer gemacht. Ihr habt meine Tochter vor einem schlimmen Schicksal errettet, wie kann ich euch danken?“ „Beugt das Knie und nehmt mich als eure Königin an.“ „Das tue ich gerne, doch euer Vater regiert dieses Land.“ „Es steht Krieg bevor und ich hörte von den Fehlschlägen meines Vaters. Als Prinzessin und Thronanwärterin habe ich ebenfalls die Verantwortung für mein Volk.“ „Kann ich euch vertrauen, wo ihr mit den Grünlingen lebt?“ „Grünlinge?“, rief Froschlippe empört aus. Aline packte ihn sogleich am Arm um ihm ein Zeichen zu geben sich nun zurück zu halten. „Es soll endlich Frieden herrschen zwischen den Groblins und den Menschen.“ „Das ist 'ne nette Fantasie, mein Kind, aber die Feindschaft besteht seit Jahrhundert'n. Es ist 'ne Träumerei zu glaub'n man könne es in 'nem Menschenleb'n ändern.“ „Du vergisst das wir einen Drachen haben. Froschlippe fand das versteinerte Ei und Aline verzauberte ihn in einen Drachen. Durch sein Feuer entstand leben in dem versteinerten Ei. Sie brütete es aus und säugte es und er wächst prächtig heran. Man kann nur rätseln wie groß er werden wird, doch bereits jetzt ist er schon um ein vielfaches Größer als bei seiner Geburt vor vier Monaten“, setzte sich Curdie in den Vordergrund. „Du gehörtest du zu den Soldat'n des Königs, das verrät mir zumindest deine Rüstung.“ „So ist es, doch habe ich den Weg meiner Jungendfreundin eingeschlagen.“ „Jugendfreundin? Warst du der Junge der den König vor den Grünlingen gewarnt hatte? Curdie war sein Name.“ „So ist es, Gorhin. Ich bin Curdie.“ „Von dir habe ich nur gutes gehört. Nicht zuletzt von deinem Vater. Hab' ihn schon lang' nicht mehr g'sehen. Armer Kerl, immer tiefer müss'n sie in'en Berg grab'n. Seine Aug'n hab'n schon sehr nachg'lassen. Als Kinder haben wir zusamm'n gespielt. Lang ist's her. Also gut Prinzessin, ich beuge das Knie und wir schwören dir Treue“, verkündete Gorhin laut und alle traten aus ihren Hütten und verbeugten sich ebenso. „Ich glaub' sogar dich schon einmal geseh'n zu hab'n“, sprach Gorhin zu Dragonar. „In den Nächten hörte ich manchmal sein Flüg'lschlag und sah hier und da mal ein Schatten. Ich begann immer zu singen, weil ich glaubte das es eins der Haustiere der Grün'linge wäre, doch das hatte ihn mehr angelockt als verscheucht“, lachte er. „Ist das so“, erwiderte Aline und warf Dragonar einen bösen Blick zu. „Es tut mir leid, falls mein Sohn euch erschreckt haben sollte.“ „Mmh.... nein Prinze.... meine Königin, er hat mich nicht erschreckt. Das nächste Mal weiß ich das er es ist. Moment, wir müssten noch etwas haben. Magdar, hol die Schweinsreste.“ „Das ist doch nicht nötig“, lächelte Aline, doch Dragonar schlug bereits begeisternd mit dem Schwanz und stieß sich von seiner Mutter ab um auf dem Boden zu landen. Vorsichtig und mit deutlicher Angst in den Augen näherte sich die Gerufene nur wiederwillig und warf dem Drachen das Fleisch zu. Dieser bearbeitete das Fleisch mit seinem Feuer bis es die richtige Konsistenz für ihn hatte und schlang es gierig hinunter. „Vielen Dank“, sagte Aline. „Ich dank' euch. Falls ihr noch in die umliegenden Dörfer gehen solltet, nehmt das. Das wird Euch den Anfang erleichtern.“ Gorhin übergab Aline einen Stein. Einen gewöhnlichen Stein, doch auf diesem ist ein Zeichen mit Kreide gemalt worden. Aline hinterließ stattdessen etwas Gold und eine Flagge, welche gut sichtbar aufgehangen wurde. Die Näherinnen im Schloss hatten Nächte lang daran gearbeitet neue herzustellen. Denn nun prankte ein kreisrunder roter Drache auf schwarzem Grund. In seinem Inneren eine weiße Taube, eine Rose und die Silhouette eines Groblinkopfes. Der Drache stand natürlich für ihren Sohn und die Wiederkehr der Drachen. Die Taube bedeutete die Zugehörigkeit zu ihrem Vater, die Rose das Vermächtnis ihrer Mutter und Großmutter und der Groblin war selbsterklärend. So zogen sie jede Nacht weiter durch die umliegenden Ortschaften und banden immer mehr Menschen an sich. Bis der Landesfürst bevorstand. Nach einem halben Jahr hatten sie alle Dörfer und Städte für sich gewinnen können, nicht zuletzt durch Dragonar, der die Menschen das Staunen beibrachte. Es hatte lange gedauert bis Aline ins Innere der Burg gelassen wurde. Sie hatte beharrlich sein müssen und sie hatte gut daran getan nur in Begleitung von Curdie dorthin zu gehen. Froschlippe war es ein Dorn im Auge, doch Dragonar begleitete sie aus der Luft und umkreiste das Schloss aus sicherer Entfernung. „Da du dich weigerst zu gehen, blieb mir nun nichts anderes übrig. Die Sonne geht bald auf und ich hoffe das du bis dahin verschwunden bist“, grüßte sie der ältliche Fürst. „Du weißt also weshalb ich hier bin?“ „Oh ja, die abtrünnige Tochter meines Herrschers ruft Bauern zusammen um gegen ihren teuren Vater, der zufällig der König ist, in den Krieg zu ziehen. Lächerlich.“ „Warum lächerlich?“ „Weil es lächerlich ist, Mädchen? Es ist dir meine nostalgische Ader zu verdanken das ich dich einließ und den Berg nicht den Erdboden gleich gemacht habe, nachdem ich erfahren habe, was du vorhast. Du machst meine eigenen Untertanen zu meinen Feinden. Geh und spiel mit deinen Puppen oder lass dich von deinem wilden Ehemann vögeln, doch misch dich nicht in Dinge ein, von denen Frauenzimmer keine Ahnung haben. Ich mochte dich gern leiden als du noch ein Kind warst und du mich an meine verstorbene Tochter erinnert hast. Nur deswegen stehst du hier. Also nimm meinen Rat an und verstecke dich weiter in deinem Berg.“ „Nein, ich verstecke mich nicht mehr. Meinem Volk geht es schlecht und mein Vater ist dafür verantwortlich.“ „Was willst du junges Ding dagegen tun? Mit ein paar Bauern gegen seine ausgebildete Ritter kämpfen?“ „Nein, ich bin dabei ein großes Heer an Groblins und Menschen zusammenzustellen. Und ich bitte dich, mir zu folgen und nicht meinem Vater.“ „Groblins und Menschen, seite an seite? Du träumst, mein Mädchen“, lachte der Fürst schelmisch. „Dir müssen sie in den Berg eine ordentliche Gehirnwäsche verpasst haben oder du bist in der ewigen Dunkelheit verrückt geworden. Für wen kämpfst du eigentlich? Die Groblins haben dich entführt, du wurdest in das Bett dieses Grünlings gezwungen, wie kannst du hier stehen und für sie einstehen?“ „Wir lieben uns und mein Kopf ist unbeschadet.“ „Viele Frauenzimmer haben das schon behauptet, ihr neigt dazu euch eurem Schicksal zu ergeben und euch einzureden ihr wäret glücklich.“ „So ist es bei Aline nicht. Ich selbst lebe seit der Flucht der Prinzessin aus dem Schlosse ihres Vaters unter den Groblins und habe mich selbst in eine verliebt“, warf Curdie ein. Erstaunt blickten Aline und der Fürst den jungen Mann an und eine für Curdie unangenehme Stille breitete sich aus. Doch es schien etwas in dem Fürsten geregt zu haben. „Selbst wenn, du kannst gegen deinem Vater nicht ankommen, egal wie sehr du meinen Untergebenen hilfst und Schutz versprichst.“ „Wir haben keine Wahl. Krieg wird es so oder so geben. Entweder ein Bürgerkrieg oder Menschen gegen Groblins. Doch ich will nicht das eine oder das andere. Ich möchte das alle in Frieden leben können.“ „Das ist löblich, Prinzessin. Doch ich warne dich noch einmal, du solltest dich dem Spiel um den Thron nicht widmen. Dein Vater mochte dich einst sehr geliebt haben, doch er ist nicht mehr der Gleiche. Er ist schon lang nicht mehr er selbst. Und du bist so jung. Wenn es dir wirklich so gut geht, wie du behauptest, dann geh und genieße dein Leben. Solange du noch kannst, nachdem was ich gehört habe.“ „Ihr wollt mir gegenüber also die Treue brechen?“ „Welche Treue?“ „Es mag sein das ich durch … meine verfrühte Hochzeit keine ausreichende Schulbildung genossen habe. Doch erinnere ich mich gelesen zu haben das einst euer Vorfahr, meinem Vorfahren vor vierhundert Jahren die perpetuelle Treue geschworen hatte. Was bedeutet perpetuell noch mal?“, stellte sich Aline dumm und blickte Curdie auffordernd an. „Für immer“, sagte dieser mit einem breiten Lächeln. „Sehr gut, Kind. Ich sehe du hast deine Aufgaben gemacht. Bring mir deine Armee hierher. Ich will sehen wie Groblins und Menschen zusammen Seite an Seite stehen. Wenn du es schaffst, werde ich auf meine Knie gehen. Und vermutlich nie wieder aufstehen. Werde niemals alt, mein Kind.“ *~*~*~*~* Nach zwei weiteren Monaten war es so weit. Die Anführer der fünf benachbarten Groblinreiche waren zu Gast, begleitet von ihren besten Kriegern. Und es hatte ganze Nächte gedauert bis sie sich bereit erklärten Aline und Froschlippe in den Krieg zu folgen. Nicht zuletzt wegen der Zuversicht durch das beheimate Groblin-Volk, deren Liebe zu Aline und dem Drachen, der inzwischen zu einem jungen Mann heran gewachsen war. Sein Körper maß die Größe eines Pferdes, jedoch kamen, der Hals, Kopf , Schwanz und die Flügelspannweite noch hinzu. Er beeindruckte mit seiner Größe, seinen vielen Hörnern an seinem Kopf, der lange, rote Rückenkamm und seinem harten, glänzenden Brustschuppen, die ihn wie ein Panzer schützten. Zu Sonnenuntergang rief Aline einen Mann aus jeder Menschenfamilie zu sich, ebenso einem aus den Groblinfamilien. Unschlüssig standen die Fraktionen meterweit entfernt auseinander und beäugten sich misstrauisch. Die Anspannung war in der Luft zu spüren, gerade zu elektrisieren. Die Masse stand auf einer Wieder, direkt vor dem Berg. Aline stand auf einem Felsvorsprung, gemeinsam mit Froschlippe. Silki und Curdie hatten einen Platz hinter ihnen, beide als Botschafter der jeweils anderen Fraktion. Mit zwei Menschen an der Spitze, sah es doch gleich besser aus. „Meine treuen Untertanen. Ich will nicht länger mit ansehen müssen wie schlecht es euch geht. Die einen verbannt in einem dunklen Berg, die anderen durch die Last der Steuern niedergeknüppelt und von den Kriminellen erschlagen. Ich will kein Land in dem zwischen Mensch und Groblin ein Unterschied gemacht wird. Ihr sollt alle frei sein, hingehen wo ihr wollt und nie mehr angst haben, einen Feind im Rücken zu vermuten. Lasst uns für eine bessere Welt kämpfen in der unsere Kinder aufwachsen. Last uns unsere Zukunft nach unseren Wünschen formen.“ Ein Kreischen zog durch die Luft und alle kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus als Dragonar angeflogen kam und sich hinter seiner Mutter stellte. „ZIEHEN WIR IN DEN KRIEG UND SPRENGEN DIE KETTEN, DIE UNS FESTHALTEN! ZEIGEN WIR DEN FÜRSTEN, ADELIGEN UND DEN MAJESTÄTEN WOZU IHR VOLK FÄHIG IST!“ Dragonar spannte die Flügel aus und ließ einen mächtigen Schrei aus, was die Menge jubeln ließ. Noch in der selben Nacht machten sie sich auf zur Burg des Fürsten. Als die Wachen Aline und Curdie erblickten, ließen sie sie ein, da sie erwartet wurden. „Da bist du ja wieder, Mädchen. Bist du gekommen um mir zu sagen, das du es nicht geschafft hast?“ „Sie hatten recht behalten, es ist sehr schwer beide Völker zusammen zu bringen.“ „Das hatte ich gesagt, ja“, lächelte der alte Fürst. Aline aber sprach weiter oberflächlich über unterschiedliche Kulturen und Ansichten und wie schwierig es für sie selbst war sich anzupassen. Währenddessen ließ sie sich auf den Nordturm führen. „Ich habe eingesehen das es wichtig ist sich den Rat der Älteren anzuhören.“ „Ja, das freut mich, Prinzessin. Also kehrst du nun zu deinem Berg zurück?“ „Noch nicht, da gibt es jemanden den ich Euch vorstellen möchte, mein Fürst“, erwiderte Aline und machte eine ausladende Handbewegung in Richtung des Landes hinter der Burg. Dort standen hunderte von Menschen und Groblins, Seite an Seite. Das Wörter blieben dem Fürsten im Halse stecken und nur ein Keuchen trat aus seinem Mund. Ein lautes Flügelschlagen näherte sich dem Turm und plötzlich flog Dragonar knapp über ihre Köpfe hinweg. Der Fürst schrie vor angst, drückte die Hände an seinen Ohren und duckte sich auf den Boden. An seinem Hosenboden bildete sich ein großer feuchter Fleck und er flehte um sein Leben. „Ich bitte euch, ich flehe euch an.“ „Schwört ihr mir die Treue und schwört das nie wieder ein Groblin durch euren Befehl oder durch Eure Hand sterben muss?“ „Ja ich schwöre“, rief der Fürst aus und klammerte sich an ihre Beine. Curdie gab der Menge ein Zeichen und ein Jubeln und Grölen brach in der Menge aus. Vor Scham gerötet stand der Fürst auf und blickte Aline trotzig entgegen. „Kennst du überhaupt die Geschichte zu dem perpetuellen Schwur, der unsere beiden Familien aneinander band? Dein Vorfahre war es der die Groblins einen nach dem anderen tötete und die übrigen in den Berg verbannt.“ Curdie erkannte an der Entgleisung im Gesicht seiner Königin, das ihr dieses Detail nicht bekannt war. Trotz der nassen Hose fühlte sich der Fürst wieder sicherer, wo er der jungen Frau etwas entgegensetzen konnte. „Das bedeutet das Blut der Familie deines Grünling-Mannes klebt an deinen Händen“, versuchte der Fürst sich weiter zu profilieren. „Das tut nichts zur Sache. Mein Mann und ich haben einen Drachen geschaffen. Und mein Sohn bringt die Völker wieder zusammen“, sagte Aline selbstsicher und blickte stolz zu der großen fliegenden Echse, die im Schein des Mondes über Groblins und Menschen segelte. Kapitel 44: Majestäten, Fürstlichkeiten, der hohe Adel und das gemeine Volk Teil 2 ---------------------------------------------------------------------------------- Kapitel 44 - Majestäten, Fürstlichkeiten, der hohe Adel und das gemeine Volk Teil 2 Aline stand in ihrem Nachthemd am Fenster und beobachtete den Mond. Die Worte des Fürsten gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf. Glücklicherweise hatte sie sich fangen können und hatte sich vor diesem nicht bloßstellen müssen. Plötzlich strichen zwei Hände ihren Bauch entlang und zogen sie an den festen Körper hinter ihr. „Was beschäftigt dich?“ „Der Fürst hat da etwas gesagt“, zögerte Aline es auszusprechen. „Was hat er gesagt?“ „Eigentlich ja nichts besonderes.“ „Und dennoch lässt es dich nicht los.“ „Er hat mir die Geschichte des perpetuellen Treueschwurs erzählt.“ „Und wie kam der Schwur zu Stande?“ Aline schluckte und ihre Hände wurden schweißig. Sie wusste das sie sich keine Sorgen machen musste und doch fühlte sie sich unwohl. „Die Vorfahren des Fürsten schworen meinen Vorfahren die Treue, weil diese erfolgreich gegen die Groblins gekämpft hatten. Meine Vorfahren waren dafür verantwortlich das viele von euch getötet und in den Berg verbannt worden sind.“ „Mmh... Und was genau beschäftigt dich daran?“ „Ich fühle mich irgendwie verantwortlich. Es.... Meine Vorfahren haben deine getötet.“ „Mmh... In den letzten Jahrhunderten haben schon manche Nachbareiche miteinander Krieg geführt und dennoch sitzen nun alle an einem Tisch. „Dann seit ihr sehr tolerant.“ „Falsch. Uns interessiert die Geschichte der Alten nicht. Wir kannten unsere Vorfahren nicht. Egal welche Probleme zwischen den Reichen bestand, es sind nicht die unsrigen. Dein Vater mochte so manche Fehler begangen haben, weswegen die Situation nun gekommen ist, wie sie ist. Doch hat es doch nichts mit dir zu tun. Du kannst nichts für das, was er getan hat. Genauso wie unsere Kinder nicht für das verantwortlich sein werden für das, was wir gerade tun.“ „Glaubst du das ich das schaffe? Ich stelle mich vor die große Masse und halte große Reden, aber ich habe nicht das Gefühl zu wissen was ich da eigentlich tue.“ „Warum zweifelst du an dir?“ „Ich habe keine Ahnung von Politik, keine Ahnung von Strategie oder Kriegsführung. Eigentlich von nichts so wirklich und nun betreffen meine Handlungen ein ganzes Land. Ich hatte einmal gedacht, das es ausreichen würde mit Vater zu reden und ihn zu bitten dich und dein Volk in Ruhe zu lassen. Nun merke ich, das es nicht so einfach ist. Selbst wenn er meiner Bitte folgen würde, wäre er doch machtlos gegen den Hass zwischen den Groblins und Menschen. Er mag der König sein, doch hat er keine Macht über das, was auf der Straße oder auf der nächsten Wiese geschieht. Und auch seine Soldaten können nicht überall sein. Ich habe das Gefühl einen großen Fehler zu begehen.“ Etwas grob wurde sie am Kinn gepackt und dazu gezwungen Froschlippe in die Augen zu sehen. „Nun hör mir einmal zu. Du bist ohne Mutter aufgewachsen, dein Vater war viel verreist. Warst noch keine Frau als du entführt und ohne deinen Willen verheiratet wurdest. Fandest dich allein, ohne einen anderen Menschen in einem dunklen, riesigen Berg wieder. Und obwohl der Anfang schwer war hast du dich angepasst, dir die Krone genommen und den Groblins ein Geburtshaus, ein Siechenhaus, Gemüse, Obst und Gewürze gegeben. Die Groblins sind durch dich in einer besseren Verfassung und durch dich gibt es nun mehr von uns. Die Frauen haben nun keine Angst mehr was die Geburt angeht und sind öfter guter Hoffnung. Obwohl du ein Mensch bist haben dich die Groblins lieben gelernt. Und du hast aus einem Stein einen Drachen schlüpfen lassen, welche längst als ausgestorben galten. Durch Dragonar haben wir die Reise hierher überstanden, ohne uns gegenseitig zu fressen. Du magst es nicht wissen, aber durch dich habe ich das neue Reich bauen können. Hättest du dir nicht die Krone genommen, weiß ich nicht wie lange ich noch hätte herrschen können. Das was du jetzt erlebst, ist das was immer da gewesen ist. Nur nicht mehr im Verborgenen. Zuvor war es nur ein Mensch, doch jetzt sind es viele. Groblins sind unzufrieden, wollen ihren Hass nicht ablegen und sich nicht mit Menschen verbünden, halten uns für unser Vorhaben für verrückt. Ich spüre wie sich das Volk spaltet und auch die Spannungen zwischen den Menschen ist zu spüren. Was sie durchhalten lässt bist du.“ „Oder Dragonar“, seufzte Aline und blickte aus dem Fenster. Dort im Mondschein war die große Flugechse zu sehen, wie sie im Wind gleitete. Dragonar war zu groß um noch bei ihr in den Wohnräumen zu leben. Durch die Öffnungen im Berg kann er hinein und über der Stadt, dem Thronsaal oder dem Schlossinnenhof fliegen. Mit jedem Monat wuchs er mehr und schlang dementsprechend viel Fleisch in sich hinunter. Mehrmals hatte sie ihm eingetrichtert nicht das Vieh der Bauern zu verschlingen. Sie war sich nie so sicher ob er sich daran hielt, doch wusste sie das die Bauern ihm als Lohn für den Schutz denen er ihr bot Fleisch darboten. Die Abfälle ganzer Dörfer landeten in seinem Magen. So manche hatten ihm einen Platz zum Fressen errichtet, zu dem die Einwohner des Ortes ihre Reste trugen. Dort konnte er ungestört und ohne jemanden zu behindern sein Fleisch brennen und hinunter schlingen. Doch je größer er wurde umso mehr entzog er sich. Er verschwand teilweise mehrere Tage und Nächte, war nirgends am Himmel zu entdecken. Inzwischen war er dazu übergegangen den Tag über zu schlafen und nachts, wenn er schlecht zu sehen war über die Ländereien zu fliegen und alles zu beobachten. „Lass uns schlafen gehen, morgen müssen weiter Pläne geschmiedet werden“, riss Froschlippe sie aus den Gedanken und zog sie ins Bett. Am nächsten Tag wachte Aline aus einem unruhigen Schlaf auf und hatte ein ungutes Gefühl im Inneren. Doch egal wie sehr sie sich mit Gesprächen ablenkte, es ließ sie nicht los. Bis das Horn ertönte. Ein Groblin stieß die Flügeltüren des Thronsaals auf und rannte eilig zu ihr und Froschlippe. „Menschen über uns. Es sind Menschen auf unserem Berg. Sie haben mich entdeckt und mir zugerufen sie wollen die Landesverräterin sprechen.“ Schwindel ereilte Aline, ein Schauer jagte über ihren Rücken, ihre Nägel schnitten sich in ihre Haut und ein schmerzender Kloß bildete sich in ihrem Hals. Keine Panik, sagte sie sich. Keine Panik. Sie atmete tief ein und lief hoch erhobenen Hauptes aus dem Saal. Froschlippe folgte ihr so gleich. „Was soll das, wo willst du hin?“ Aline antwortete nicht, da sie befürchtete dem Druck in ihrem nicht mehr stand zu halten und in Tränen auszubrechen. Ehe sie den Thronsaal verlassen hatte drehte sie sich zu ihm um. „Ich werde mir anhören was sie zu sagen haben.“ „Bist du von Sinnen? Sie werden dich töten.“ „Wenn sie das vorhätten, hätten sie auch gleich den Berg angreifen können ohne da oben zu warten und nach mir zu verlangen.“ „Tu das nicht, bleib hier. Ich werde gehen.“ „Sobald sie dich sehen werden sie dich töten, du bist ein Groblin und sie wissen nicht wer du bist. Dein Umhang und deine für sie befremdliche Krone wird nichts daran ändern.“ „Curdie, sag du doch mal was, verdammt noch mal“, schnauzte Froschlippe in seiner Verzweiflung den Botschafter seiner Frau an, der zu ihnen gestoßen war. „Er hat recht, Aline, lass mich zuerst mit ihnen reden.“ „Du darfst mich gerne begleiten.“ „Verdammt Frau, willst du mich umbringen?“ „Dragonar wird mir helfen“, sagte sie, plötzlich ganz ruhig und im Einklang mit sich selbst. Sie wusste nicht ob sie vernünftig oder mit voller Dummheit in ihr Verderben rannte, doch fühlte sie sich als wäre jede Art von möglichen Ausgang dieser Geschichte, die Richtige. Wenn sie starb, dann weil sie das Richtige getan hatte. Es dauerte eine Stunde ehe sie auf der Spitze des Berges erreicht hatten. Der Wind war stark und riss an ihren Kleidern und gab ihr das Gefühl sie mit Leichtigkeit aus dem Gleichgewicht bringen zu können. Doch sie musste sich zusammenreißen und sich nichts anmerken lassen. Zwei Männer und eine Frau warteten auf sie. Hinter ihnen eine Gruppe Auserwählter, die sie beschützen sollten. Aline erkannte gleich das es keine Botschafter sein können. Der Kleidung zu Urteilen schätzte Aline sie als Fürsten und einer Fürstin ein. Und als wäre das nicht genug befanden sich am Fuße des Berges auf dem Meer eine große Anzahl an Schiffen. Sie erklärten ihnen also den Krieg. „Da bist du also. Das wurde auch Zeit. Wir sind Fürst Bearlish, das ist Fürst Targenar und die Fürstin Florine. Wir waren seit jeher oft im Schlosse deines werten Vaters und Königs. Aber du mochtest zu jung gewesen sein um dich noch an uns zu erinnern.“ „Nein, ich erkenne ein jedes Gesicht. Doch warum weigert ihr Euch mich mit meinem Titel anzusprechen und dem höfischen Zeremoniell?“ „Pff, du geisteskrankes Gör. Du magst als Prinzessin auf diese Welt gekommen sein, doch offensichtlich haben dir die Wilden die Sinne verwirkt. Wärst du nur im Schloss deines Vaters geblieben, hättest den Groblins den Rücken gekehrt und einen der Unsrigen geehelicht. Sicher, verbraucht wie du bist, hättest du keine Königin werden können. Doch hättest du wohl ein behütetes Leben an der Seite eines Fürsten führen können. Nun ziehst du durch die Ländereien deines Vaters und erzwingst Verrat seiner Bürger. Ich weiß nicht wie ihr das gemacht habt, ob ihr ihnen etwas groblisches zu Essen gegeben habt oder warum sie merkwürdige Schauergeschichten erzählen.“ Aline blickte sie an, einen nach dem anderen. Auch wenn sie schnell in den Berg flüchtete, würde sie den körperweiten Waffen nicht entkommen. Sie konnte so schnell rennen wie der Wind, doch nichts war schneller als ein Pfeil, gespannt auf einem Bogen. Welche unweigerlich auf sie gerichtet waren. „Nun denn. Der König hat sich durch seinen Fehlentscheidungen sich seinen eigenen Untertanen beraubt. Und da Froschlippe und Aline durch einen kirchlichen Pfarrer verheiratet worden sind, wobei der König übrigens persönlich zugegen gewesen war, ist es deren legitimes Recht als Anwärter auf dem Thron“, mischte sich Curdie ein. In die Rolle des Botschafters hatte er sich schnell eingefunden und schien Spaß an der Sache zu haben. „Pah. Niemals wird ein grüner Wildling der Anwärter auf dem Thron sein können. Ganz gleich ob er die Scheide der Prinzessin durchstoßen hat oder nicht.“ „Nicht nur das, meine Cousine hat ihr ein Obdach gegeben, sie wie eine Tochter aufgenommen und sie im Schloss willkommen geheißen und dann begeht diese Dirne Verrat und versucht Kontakt zu den Wilden aufzunehmen. Offensichtlich ist das ihre Geistesfähigkeit nicht gesund ist“, mischte sich die Fürstin ein und spukte ihre Niedertracht gegen Aline mit brennendem Blick aus. „Sie beleidigen die Königin dieses Landes. Ihr solltet auf eure Wortwahl achten“, entgegnete Curdie gelassen. „Ts, achtet ihr lieber auf eure Wortwahl Verräter.“ „Ich sag es noch einmal anders. Beugt das Knie, schließt euch der Königin an und kehrt unversehrt zurück auf eure Ländereien. Keine Männer des Königs sind hier, ihr könnt frei wählen und sprechen. Wir wollen Frieden und Wohlstand in dem Land aufbauen, wo Groblins und Menschen gemeinsam leben können. Aline ist keine Verrückte. Sie ist die Tochter der Sonnenmenschen, Anwärterin des Throns von Kilmarnock, Königin der Groblins, Mutter des Drachens und Schlichterin der Völker.“ „NIEMAND WIRD SICH DEN WILDEN ANSCHLIEßEN“, brüllte Fürst Targenar, welcher sich bisher im Hintergrund gehalten hatte. „Eure Herrschaft ist vorbei.“ Curdie wollte darauf etwas erwidern, doch legte Aline ihre Hand auf seine Schulter und trat vor ihm. „Meine Herrschaft hat erst begonnen.“ Und ehe sie es sich versah, wurde der Wind gemächlicher, bis es ganz still war auf dem hohen Berg und für einen Moment nur die pralle Hitze der Sonne auf sie schien. Die Luft fühlte sich dick und elektrisiert an. Bis plötzlich der Wind auftauchte und in eine andere Richtung drehte. Ein ohrenbetäubendes Kreischen war zu hören und die Menschen wussten nicht wo sie hinsehen sollten und was sie da erwartete. Dragonar schoss wie ein Blitz aus einer riesigen Flamme, welche aus dem Nichts erschienen war, drehte eine Runde um die Bergspitze, landete auf dem Hügel hinter Aline und sprang mit einem Satz zu ihr hinunter, darauf bedacht keinen Groblin zu schaden. Knurrend blickte er den Eindringlingen entgegen, welche sich vor Staunen nicht rühren konnten. Offensichtlich hatten sie den Geschichten ihrer untergebenen Bürger keinen Glauben geschenkt. Doch für einen Augenblick verlor Aline die Kontrolle über die Situation. Ein Soldat hatte sich gefangen und begonnen in Dragonars Richtung zu schießen. Der Pfeil fand sein Ziel in dessen Halsbeuge und sein Schmerzensschrei schien die übrigen Soldaten aus ihrer Starre zu wecken. Im Schreck der Masse schossen die Pfeile in alle möglichen Richtungen. Dragonar schlug mit seinem Schwanz und seinem Flügeln um sich. Die Groblins hatten sich bereits hinter Felsen versteckt. Aline ließ sich davon nicht beirren, trat zu dem Drachen, dessen Körper inzwischen die Größe eines ausgewachsenen Elefanten hatte und versuchte den Pfeil herauszuziehen. Mit mehrmaligen Versuchen und einer großen Anstrengung an Kraft schaffte sie es. Dragonar richtete sein Maul nahe zu ihr, öffnete sein Maul und brüllte all seine Wut hinaus. Sein übelriechender Atem und sein Speichel flogen Aline ins Gesicht, doch störte sie sich nicht daran. Sie wusste das er seinen Schmerzen nur freien Lauf ließ. „Jeder der nicht bei lebendigem Leibe verbrannt werden möchte, sollte nun verschwinden“, rief Curdie aus. Für wenige Sekunden geschah nichts, bis alle Soldaten ihre Waffen von sich warfen und den steilen Berg hinunter flohen. Bis nur noch die Fürstlichkeiten übrig waren. Aline würdigte ihnen keines Blickes. Dragonar bückte sich hinunter als würde er wissen was sie von ihm erwartete und sie nahm das Angebot an und kletterte das erste Mal auf seinen Rücken. Direkt hinter dem Rückenkamm, an dem sein Hals endete, fand sie platz und hielt sich an den Stacheln des Kamms fest. Mit kräftigen, schnellen Schritten lief Dragonar mit zur Klippe des Berges und stieß sich ab. Zunächst fielen sie in die Tiefe und es war ein beängstigender Anblick. Doch Aline fühlte sich völlig sicher, obwohl der Wind an ihren Haaren und Kleidern riss und sie sich mit aller Kraft festhalten musste. Sobald ihr Sohn die Flügel ausbreitete, wurden sie schlagartig abgebremst und flogen den Schiffen entgegen die im Meer auf ihren Einsatz warteten. Plötzlich schossen brennende Steine an ihnen vorbei, doch konnte Dragonar ihnen ausweichen. Das nachladen und zielen mochte sehr erschwerlich sein und Aline nutzte die Zeit um nur einen Befehl zu geben. „Fyr'rye.“ „Ähm.... Danke für die Armada. Die Königin liebt Schiffe“, sagte Curdie, welcher selbst perplex dastand und nicht so recht Begriff was gerade geschehen war. „Ihr habt ohne den Versuch eines Gespräches oder euch Bedenkzeit zu nehmen uns aus dem Nichts einen Krieg erklärt. Die Königin ist von versöhnlicher Natur, doch gab sie Befehl einen von euch am Leben zu lassen. Als Strafe für Euer vergehen. Für wen entscheidet ihr euch?“ „Hier, nimmt sie. Sie hat uns überredet hierher zu kommen“, sprach Fürst Bearlish panisch und schubste die junge Frau in Curdies Richtung. „Das stimmt doch gar nicht. Du bist zu mir gekommen und hast gesagt als Cousine der Königin müsse ich etwas unternehmen.“ Auch Fürst Targenar mischte sich ein: „Sie lügt, sie muss lügen als Teil der Familie des Königs. Bitte verschont uns“, flehte er. Die Fürstin kniete sich zu Boden und flehte stumm um ihr Leben. Curdie trat zu ihr und sie erwartete schon den Stich ins Herz. Eine blitzschnelle Bewegung nahm sie um ihren Kopf wahr und ein Gurgeln folgte. Sie wartete schon darauf den Schmerz zu spüren, doch trat er nicht ein. Die Körper der Männer links und rechts neben ihr fielen reglos zu Boden. Mit vor Angst aufgerissenen Augen blickte sie auf die zwei Toten und verstand kaum was geschehen war. Curdie trat an ihrer Seite, legte eine Hand beruhigend auf ihre Schulter und sagte: „Erzähl den anderen was geschehen ist und rate ihnen uns anzuhören ehe sie eine vorschnelle Entscheidung fällen, die sie bereuen könnten. Ein Groblin führt dich den Berg hinunter und eine Kutsche wird dich nach Hause geleiten.“ Kapitel 45: Die Schattenseiten des Regierens -------------------------------------------- Kapitel 45 – Die Schattenseiten des Regierens Die Schiffe sanken auf den Grund des Meeres, die Überreste schwammen auf der Wasseroberfläche und dunkler Rauch stieg auf, welcher sich wie ein Nebel um den Berg legte. Aline lenkte Dragonar zurück zu der Bergspitze, wo Froschlippe, Curdie und die anderen auf sie warteten. Ihr Sohn versuchte sich klein zu machen und streckte den Flügel nur ein wenig aus, wodurch Falten im Flügel entstanden, welche ihr den Abstieg erleichterten. „Tu das niemals wieder“, hatte Froschlippe sie sogleich an sich gezogen und gab ihr kaum die Möglichkeit nach Luft zu schnappen. Der Rauch nahm ihr den Atem und brannte in ihren Augen. Hustend schob sie sich von ihm und klopfte sich auf die Brust. „Lasst uns wieder reingehen“, riet Curdie und gemeinsam mit den anderen Groblins ging er voraus. Froschlippe hielt Aline davon ab den anderen zu folgen. Er wollte allein mit ihr sprechen. „Ich meine es ernst, steig nicht auf dieses Tier“, sagte er und strich ihr eine Locke aus dem Gesicht. „Weshalb? Er tut mir doch nichts.“ „Sieh genau hin, er ist ein Drache. Kein Haustier. Er wird noch wer weiß wie groß werden, ehe du es dich versiehst verspeist er dich, wenn er sich provoziert fühlt.“ „Er mag ein Drache sein, aber ich habe ihn ausgebrütet, ich bin seine Mutter. Er würde mir nie etwas tun.“ Zur Bekräftigung ihrer Worte erschien Dragonars Kopf neben ihrem, gurrte und stupste sie an um zu erreichen das sie ihm streichelte und Aline tat ihm gern den Gefallen. „Er mag dich für seine Mutter halten, aber wie lange wird das anhalten? Mit jedem Kilo das er schwerer wird, wird er wilder und unberechenbarer. Er ist ein großes Biest, das irgendwann die Hand das es gefüttert hat, abbeißen wird.“ Wie unzählige Male davor trat Dragonar vor um auch von Froschlippe gestreichelt zu werden, doch stieß dieser seinen Kopf von sich. „Komm mir nicht zu nahe. Mich frisst du nicht.“ Dragonars Blick veränderte sich, ein leises quieken war zu hören. Er wendete sich ab, nahm Anlauf und stürzte sich von der Klippe um davon zu fliegen. „Du hast ihn verletzt.“ „Er versteht doch nicht was ich sage.“ Aline ging der Diskussion aus dem Weg indem sie nicht darauf reagierte, sie wollte es nicht zum tausendsten Mal durchkauen. Sie hatten ohnehin noch andere Probleme. Zurück im Groblinschloss ergaben sich neue Probleme. Die Königinnen und Könige der anderen Reiche diskutierten wild und waren kurz davor sich an die Gurgel zu gehen. „Das ist Wahnsinn, wir sollten wieder unter die Erde gehen. Wenn die Menschen es wieder auf uns abgesehen haben, dann rotten sie uns dieses Mal vielleicht gänzlich aus.“ „Aber damals haben Menschen und Groblins nicht zusammen gekämpft und sie hatten keinen Drachen. Ich sage dir, wir sollten für unsere Freiheit kämpfen.“ „So seh' ich's auch, jetzt oder nie.“ „Also ich bin nicht bereit mit den Menschen zusammen zu kämpfen. Denkt doch nur, vielleicht ist das nur ein Trick. Da stehen wir Reih und Glied auf dem Kriegsfeld und starrem dem Feind entgegen und plötzlich durchbohrt uns von hinten ein Messer.“ „Menschen kann man nicht trauen.“ „Es heißt es gibt eine Gruppe hier in der Stadt, die sich dem König abwenden und ihm die Treue abschwören, weil er nur noch die verrückten Ideen eines Menschen ausführt.“ „Was? Ich dachte das sind Gerüchte?“ „Es braut sich etwas zusammen, das sage ich dir. Das Volk wird sich spalten.“ „Ja es gibt tatsächlich eine organisierte Gruppe welche sich abspalten wollen um ein neues Reich zu gründen und versuchen immer mehr aus der Stadt für sich zu gewinnen“, beantwortete Aline deren Frage und die diskutierende Gruppe sprang erschrocken auseinander. „Du weißt davon?“, fragte Ayakata, die Groblinkönigin aus dem Süden. Sie hatte eine dunklere grüne Färbung als Alines heimische Groblins. Sie trug rote Symbole, welche mit Farbe auf ihrer Haut gemalt worden sind, auch rote Streifen im Gesicht und trug Federn in ihrer Kleidung und Haar. „Ich mag ein Mensch sein und nicht so gut hören können wir ihr, doch habe ich dennoch meine Ohren überall.“ „Kennst du die Groblins, die dahinterstecken?“ Alle Augen waren auf Aline gerichtet und sie wusste dass das, was sie nun sagte auf eine Goldwaage gelegt werden würde. Wenn sie nicht dem groblischen Codex entsprach konnte sie wertvolle Anhänger verlieren oder sogar ein Völkerkrieg auslösen. Froschlippe konnte dabei seine Stelle als König verlieren. Lebend dabei herauszukommen, war beinah unmöglich und selbst wenn man es schaffte, gab es kein Platz im Reich, in dem man nicht von Groblins oder Menschen gefunden werden konnte. Es wäre ein einsames Leben, welches auch das Überleben nicht garantieren konnte. Ein jeder der einem begegnete konnte einen erkennen und verraten. „Die Anführer sind mir bekannt und die Festnahme ist bereits in Arbeit.“ „Was hast du mit ihnen vor?“ Ayakata sah Aline eindringlich an und konnte ahnen das Aline als Mensch nicht wusste damit umzugehen. „Ich selbst in meinem Reich pflege dazu die Verräter zum Tode zu verurteilen“, spielte sie dem Menschen den Ball zu. „Auch bei uns wird das so gehandhabt“, mischte Froschlippe sich ein. Er wusste das die anderen Königinnen und Könige Aline im Auge behielten und diese stark im Auge. Weshalb Froschlippe sich nicht zu stark in den Vordergrund stellen konnte und das eine oder andere Mal war ihm das Herz bis zum Hals geschlagen, da er nicht sicher war, was seine Gattin antworten würde. Doch bis jetzt hatte sie sich wacker geschlagen und die kleineren Vergehen waren schnell verziehen worden. Plötzlich öffnete sich die Flügeltür zum Thronsaal und einer der Wächter trat ein. Er trat zu Froschlippe und flüsterte ihm etwas ins Ohr. „Der Anführer ist ergriffen“, gab Froschlippe die Nachricht weiter. „Zur rechten Zeit. Lass ihn kommen, Aline wird ihn sich vorknöpfen wollen“, mischte sich Katargo mit seiner tiefen Bassstimme ein. Er stammt aus den Bergen im Norden, trug in seinem Reich, in Gegensatz zu den anderen, Kleidung welche den Körper vollständig bekleideten. Meisten bestehend aus Fell. Auch jetzt trug er Fell, doch nur in Form eines längeren Lendenschurz. Er war wie der Rest seines Volkes großgewachsen, hatten zwei markante Reißzähne, welche aus dem Unterkiefer wuchsen und meist zwischen den Lippen herausragten. Aline hatte inzwischen mitbekommen, desto größer die Zähne, so attraktiver galt der Groblin. Froschlippe blickte entschuldigend zu Aline, doch konnte er ihr in diesem Fall zum wiederholten Male nicht helfen. „Bringt den Verräter hierher, ich erwarte ihn“, befahl Aline dem Wächter, welcher sogleich hinaus eilte und die Stufen zu ihrem, noch immer nicht vorhandenen Thron hinauf um sich dort aufzustellen. Froschlippe gesellte sich zu ihr und strich ihr kurz über den Rücken, versteckt vor den Augen der anderen, um ihr Mut zu machen. Alines Schwiegereltern und die anderen Königinnen und Könige stellten sich links und rechts vor dem Thron um in der ersten Reihe zu stehen und das ganze Schauspiel zu genießen. Wieder wurde die Flügeltür aufgestoßen und der Wächter brachte mit Hilfe von zwei Weiteren den Groblin hinein, welcher in letzter Zeit für Unruhen gesorgt hatte. „Wie ist dein Name?“, begann Aline und trug wieder ihre kalte Maske auf dem Gesicht. „Erdwurm.“ „Wie ich höre möchtest du mir Groblins abspenstig machen und dir ein eigenes Reich gründen.“ „Ich tue nur was meine Pflicht ist.“ „Dein Pflicht?“ „Ihr stürzt das Volk ins Unglück. Die Reise hierher haben die Groblins nur um haaresbreite Überlebt, viele unserer Viehcher haben sterben müssen, um niemanden verhungern zu lassen. Nun leben wir hier im Licht der Sonne, wo wir leichter von den Menschen entdeckt werden können und nun wollt ihr Krieg führen. Ich traue den Menschen nicht. Am Ende müssen wir alle sterben. Ich kann die Falle riechen, auf dem Kriegsfeld werden die Menschen, von denen ihr wollt das sie mit uns Kämpfen abschlachten und auf unsere Leichen pissen.“ „Solange dein König mir vertraut, kannst auch du den Menschen vertrauen. Sie leiden ebenso unter dem derzeitigen Sonnenmenschen und ich möchte das ihr ein besseres Leben habt.“ „Schwachsinn. Wie könnt ihr das garantieren, wenn es selbst unter uns viele Zweifler gibt. Nur aus Angst machen viele ihren Mund nicht auf, doch ich habe keine Angst. Vor was auch. Du bist nur ein zu kurz geratenes Menschenweib. Du bist nicht dort draußen und weißt nicht was die Menschen dir gegenüber denken.“ Nein das konnte sie tatsächlich nicht. Aline wurde es schwindlich und die Hände schweißig. Doch sie musste sich zusammenreißen und musste in ihrer Rolle bleiben. „Du wirst sehen das ich siegen werde....“ Froschlippe stieß sie kurz an, darauf bedacht das es niemand sah. Er würde sterben müssen, da war doch was, dachte Aline sich bekümmert. Sie wollte das nicht, doch sie wusste das sie ein Zeichen setzen musste, damit wieder Ruhe einkehrte. „Du wirst es sehen sofern du das Knie beugst und deine verräterischen Pläne beendest.“ „Von einem Menschen war nichts anderes zu erwarten“, lachte er dreckig. „PASS AUF WAS DU SAGST“, schrie Froschlippe ihn an und wollte schon zu ihm gehen um auf diesen Füße einzutreten, das ihm hören und sehen vergehen würde. Aline trat zu ihm hinunter und spürte Froschlippes Blick. Sie wusste das sie gerade ein Risiko einging, doch musste sie ihren Fehler wieder begleichen. Alle Augen waren auf sie gerichtet. Nur wenige Schritte trennte sie noch von Erdwurm. Die Wächter an seiner Seite schalteten sogleich und zogen die Ketten an, was Erdwurm zu absoluten stillstand zwang. „Damit hast du deine Wahl getroffen....“, Alines Herz pochte und drohte durch ihren Brustkorb zu springen und ein heißkalter Schauer überlief ihren Rücken. Sie atmete tief ein und war bemüt Erdwurm fest in die Augen zu sehen. „Ich, Aline, Tochter der Sonnenmenschen, Anwärterin auf den Thron von Kilmarnock, Königin der Groblins, Mutter des Drachen und Schlichterin der Völker, verurteile dich zum Tode. Genieße die Stunden bis dahin, heute Nacht wird es geschehen.“ „Und deine Familie wird dabei zusehen und die ganze Stadt“, setzte Froschlippe einen drauf und raubte Aline damit den Atem. Nachdem Erdwurm wieder in seine Zelle befördert wurde, empfahl sich Aline ihren Gästen und flüchtete in ihre geliebten Wohnräume. Froschlippe kam ihr bald nach und fand sie weinend auf dem Bett wieder. „Weinst du etwa um den Verräter?“ „Ja... also nein. Nicht so ganz. Ich verstehe das er bestraft werden muss. Aber warum muss seine Familie dabei zusehen?“ „Das Ziel ist es das die Gruppe von Verrätern gestoppt und aufgelöst wird. Und am Besten funktioniert es wenn du den Anführer ausschaltest. Sie werden sehen was die Konsequenzen für Verrat sind und keine Motivation mehr haben weiter zu machen.“ „Ich weiß.“ „Da gibt es noch eine Sache.“ „Was denn noch?“ „Du wirst es selbst tun müssen.“ „Was? Wie meinst du das?“ „Ich weiß nicht wie es bei euch ist, aber bei uns Groblin richtet der König oder die Königin selbst hin.“ „Ist das so?“, krächzte Aline und Froschlippe konnte zusehen wir ihr Gesicht immer mehr an Farbe verlor und sich ihre roten Haare im starken Kontrast abhoben. „Ja. Nur durch deine Hand darf er sterben, selbst Dragonar kannst du nicht verwenden.“ „Ihn hätte ich ohnehin ungern verwendet, aber ich dachte das es erwartet würde.“ „In diesem Fall nicht, wobei eine hitzige Diskussion entstanden ist. Zu gerne würden die anderen ihn in Aktion sehen.“ „Ich will ihn nicht zwingen zu Töten, wer will so etwas schon ertragen.“ „Das hat er doch schon gemacht.“ „Ja schon, aber immer nur weil ich sonst befürchtete das einer von uns stirbt. Aber ihn zum Töten zu zwingen, das erscheint mir falsch. Ich will ihm nichts antun was seine Seele beschmutzt.“ Froschlippe verdrehte die Augen und stöhnte genervt, doch sagte er nichts dazu. Er wollte sie in der furchtbaren Situation aufbauen und kein Streit vom Zaun brechen. Um sich abzulenken lud Aline Curdie in ihre Räumlichkeiten ein. Im Wohnraum saßen sie gemeinsam an einem Tisch und tranken Wein. „Wie geht es dir?“, fragte Aline. „Ähm... gut. Das weißt du, wir sehen uns doch jeden Tag.“ „Aber nicht wenn du dich mit Silki triffst.“ „Ja, aber.... Moment was?“ „Tu nicht so, du hast beim Fürsten zugegeben das du dich in sie verliebt hast oder hast du von einer anderen gesprochen? Oder war es gar eine Lüge?“ „Ach stimmt, da war ja was. Du hattest mich niemals darauf angesprochen und so hab ich es irgendwann vergessen.“ „Also?“ „Ja es ist schön. Mit ihr. Also sie. Also die Zeit mit ihr. Natürlich ist sie auch schön für eine Groblin.“ „Weiß sie was du fühlst?“ „Schon. Schon. Also, sie weiß es bestimmt“, stammelte Curdie weiter. Das Thema war offensichtlich unangenehm für ihn. „Das tut sie nicht.“ „Wie? Woher? Hat sie was gesagt?“ „Nachdem sie beim Wechseln der Bettwäsche fast das Bett zerkratzt hatte war ich mir nicht sicher und entschied einmal genauer nachzufragen und was soll ich sagen. Sie brach in Tränen aus.“ „Sie hat geweint? Aber es war doch bisher alles in Ordnung.“ „Vielleicht für dich.“ „Aber was mach ich denn falsch?“ „Du bist seit einem Jahr bei uns. Ihr wart zusammen in einer Zelle und Tambelina hatte mir erzählt das sie dich oft besucht hat während dein Arm verheilte.“ „Ja und da haben wir uns näher kennengelernt.“ „Warum hast du es ihr nicht gesagt?“ „Wir gehören verschiedenen Spezies an.“ Ungläubig und verständnislos blickte Aline ihn an. „Bei dir und Froschlippe ist das was anderes.“ Alines Blick sagte alles und Curdie hatte das Gefühl sich in etwas hinein zu manövrieren, was ihm der Kopf kosten konnte. „Ich meine, ihr habt ja auch … ähm... ich meine, du warst bereits drei Jahre fort gewesen und warst schwanger mit dem ersten Kind. Was ich sagen will ist.... es scheint ja auch bei euch...“ „Froschlippe und ich hatten geheiratet als ich praktisch noch ein Kind war und er kaum ein Erwachsener“, unterbrach Aline mit gestählter Ruhe das Gestammel ihres Freundes. „Kaum das wir verheiratet waren ist er losgezogen um das hier aufzubauen. Er war das ganze Jahr weg und kam immer nur für wenige Wochen zurück. Wir waren uns also sehr lange fremd und ich hatte Probleme mich unter den Groblins einzuleben. Du aber hattest durch mich einen leichteren Stark und ich habe dir bereits zu Anfang einiges erklärt und es scheint zu wirken.“ „Das siehst nur du so, ich sehe noch immer abschätzigen Blicke und bekomme hier und da einen dummen Spruch zugeraunt.“ „Natürlich, im ersten Moment bist du noch ein Gefangener, der Entführer der Königin, im nächsten bist du ihr Freund und wirst ihr Botschafter und rechte Hand. Und dennoch bist du ein Mensch. Um nicht zu große Unruhen auszulösen hat Froschlippe deshalb Silki zur seiner Botschafterin gemacht um einen Ausgleich zu schaffen.“ „Es ist schwierig Menschen und Groblins ihre Jahrhunderte alten Gewohnheiten ablegen zu lassen.“ „Lenk nicht ab. Was ich dir sagen möchte ist, die Groblins sind für gewöhnlich schneller mit ihren Gefühlen und folgen nicht so strengen Etiketten wie wir Menschen. Ich weiß nicht wie lange euch beiden bewusst ist das ihr euch liebt, aber Groblins sind manchmal nicht so empfänglich für menschliche, subtile Andeutungen. Und da spreche ich aus Erfahrung. Sie sagen nicht Danke, Entschuldigung oder sagen das sie dich lieben. Sie zeigen es dir viel mehr. Wenn sie sich deinen Gewohnheiten anpasst, sich alles merkt was du ihr erzählst und sie dir Dinge schenkt die du magst oder dir dein Lieblingsessen serviert und versucht dir körperlich nahe zu sein, dann wartet sie nur darauf von dir einen Wink zu bekommen. Es gehört sich nicht die Gefühle einer Freundin deren Liebsten zu erzählen, doch halte ich sie in dem Zustand nicht mehr aus. Sie weiß um deinen wackligen Status unter den Groblins und sie wird sich hüten dir ihre Liebe preiszugeben, wenn sie Gefahr laufen könnte das du sie ablehnst und jemand davon erfährt. Die Peinlichkeit und den Spott, die unweigerlich auf diese Schwäche folgen würden, könnten ihren Status gefährden. Du weißt das Groblins niemals Schwäche zeigen. Froschlippe mag vor euch allen herumprotzen und überheblich und größenwahnsinnig wirken, doch kann er sich nur fallen lassen wenn wir alleine sind. Auch wenn du es nicht glauben magst, aber es gibt auch eine andere Seite an ihm. Stärke ist alles. Das ist ein Satz, den du dir gut einprägen solltest.“ „Ich werde mein Bestes geben. Aber ehrlich gesagt hat es noch einen anderen Grund weshalb es so lange dauert.“ „Welcher?“ „Sie ist eine Groblin. Das klingt jetzt so abwertend, aber ehrlich gesagt, habe ich lange so empfunden. Ich hab sie immer gemocht, vor allem nachdem sie mir in der Zelle das Leben gerettet hatte. Aber es hat lange gedauert ehe ich warm geworden war, obgleich ich wusste das ich nie wieder einen Fuß in die Sonne bewegen würde. Es hat gedauert das Leben zu akzeptieren und... ich hatte jahrelang immer angenommen das mein Leben eine andere Wendung nehmen würde. Ich hatte immer geglaubt ich würde in den Berg kommen und dich retten. Dann fanden wir dich plötzlich und du warst nicht so wie ich mir immer vorgestellt hatte. Dann sah ich dich mit Froschlippe und musste erkennen das ich lange einer Traumblase nachgejagt war. Irgendwann erkannte ich das meine anfängliche Eifersucht Froschlippe gegenüber nicht aus Liebe zu dir bestand, sondern aus gekränktem Stolz, weil er ein Groblin war. Mit jedem anderen Menschen hätte ich wohl leben können. Nachdem ich Silki gut kennengelernt hatte habe ich lange Zeit bedauert das sie so aussieht wie sie aussieht, wenn ich ehrlich bin. Doch irgendwann schwand es. Ich sah nicht mehr nur die erdfarbene Haut, die gelben Haare und Augen und vor allem die großen Ohren und die Füße. Irgendwann hatte ich mich an das Aussehen der Groblins gewöhnt und sah nur noch wie klein ihre Ohren und wie zierlich ihr Körper, im Vergleich zu den anderen war. Und inzwischen flüchte ich vor ihren Versuchen mir köperlich nahe zu sein, da es …. nun ja... du weißt schon.“ „Nein weiß ich nicht“, lächelte Aline schelmisch. „Sobald sie sich an mich schmiegt, weil sie friert. Sie ist ein verfrorener Typ, dann erzeugt das männliche Gefühle in mir.“ Aline musste innerlich darüber lachen, denn sie wusste das Silki wie alle anderen kein verfrorener Typ ist. So manches Mal war ihr selbst die Kälte durch die Glieder gekrochen wenn sie gesehen hatte wie wenig Silki in den kalten Schatten der Tunnel trug. Der weitere Nachmittag war angenehm, doch das was Aline am Abend erwartete hing wie ein dunkler Schatten hinter ihr und sie konnte trotz der erfreulichen Gesellschaft kaum von den Gedanken ablassen was sie tun musste. Zu ihrem Leidwesen verging die Zeit dennoch schneller als es ihr lieb gewesen wäre, so das sie sich alsbald auf der Bergspitze wiederfand, wo sie noch vor Stunden gegen menschliche Feinde gekämpft hatte. Allmählich wurde es ihr zu viel. Wenn das alles doch nur schon vorbei wäre. Aline und Froschlippe platzierten sich auf einen Hügel um von der Masse gesehen zu werden. Es fanden sich alle oberen Schichten der Gesellschaft wieder und weit hintein ein paar des einfachen Volks. Allen voran aber auch die Frau und die älteren Kinder von Erdwurm. Die Frau hatte gerötete Augen und ihre Augen waren gläsern, wie es nur ein tränenreicher Tag erreichen konnte. Es zerbrach Aline das Herz und am liebsten hätte sie sich selbst heulend ins Bett geworfen um sich vor der Welt zu verstecken, doch war es nicht möglich. Möglich war es, doch würde sich ihr Leben vollständig verändern und auch das von vielen anderen. Also durfte sie sich keine Schwäche erlauben. Dragonar hatte sich hinter ihr eingefunden, jedoch mit etwas abstand. Nachdem aber die Groblins leicht zurückgewichen waren und wusste sie das Dragonar den Hals gestreckt hatte und sich über ihr im Lichtschein befinden musste. „Ich, Aline, Tochter der Sonnenmenschen, Anwärterin auf den Thron von Kilmarnock, Königin der Groblins, Mutter des Drachen und Schlichterin der Völker verurteile dich zum Tode wegen Verrat an der Königsfamilie und den Versuch das Volk zu spalten und ein eigenes Reich zu gründen. Hast du letzte Worte zu verrichten?“ „Fick dich. Selbst wenn die Gruppe zerschlagen wird, werden sie es am Ende bereuen. Vor allem das Schwein das mich verraten hat.“ Die Wachen drückten ihn zu Boden, legten seinen Kopf auf einen großen Stein und legte Aline somit seinen Nacken frei. Aline zog mit schweißnassen Händen ihr Froschlippes Schwert aus der Scheide. Am Ende des Griffs prangte der Kopf eines Groblins und die lange, schwere Klinge spiegelte das schwache Licht des Feuers wieder. Mit beiden Händen umgriff sie fest den Griff, schloss kurz die Augen, holte tief Luft dachte sich, für das größere Wohl und ließ das Schwert mit aller Kraft niedersausen, wie Froschlippe es ihr an Holzscheiten gezeigt hatte. Der Kopf rollte den Hügel hinunter, das Blut lief in großen Mengen aus dem Körper, welcher gänzlich in sich niedergesunken war. Die Frau von Erdwurm schrie ihren Schmerz heraus und Aline wusste das es sie noch lange verfolgen würde. Am liebsten wäre sie zu ihr gerannt und hätte sie getröstet oder hätte ihr gerne ein wertvolles Geschenk überreicht, das ihr erlaubte auch ohne ihren Mann gut zu Leben, doch wusste sie das sie nichts für sie tun durfte. Ihre Hände und Arme zitterten und sie glaubte die Nerven zu verlieren, doch vermied sie den Blick auf den Kopf oder den Körper und starte an einem Punkt im Grase, welches auf dem Hügel wuchs. Mechanisch wischte sie das Blut von ihrem Schwert ab und steckte es, wobei es mehrere Anläufe benötigte in die Scheide zurück. Sie änderte ihren Punkt und blickte über die Groblins hinweg um niemanden in die Augen sehen zu müssen. „Nehmt es als Zeichen für alle verräterischen Handlungen in meinem Reich. Wer meine Herrschaft anzweifelt wird durch meine Hand den Tod finden. Alle haben die Wahl gehabt, ehe wir ins neue Reich eingezogen sind. Und hier und heute fällt die Entscheidung. Beugt das Knie und akzeptiert mich als eure aller Königin und nach mir meine Kinder und Kindes Kinder. Ich werde den Thron meines Vaters besteigen und über alles herrschen was die Sonne berührt. Und tue ich es nicht werde ich auf dem Kriegsfeld neben euch sterben bei dem Versuch euch die Freiheit zu schenken, die euch seit Jahrhunderten geraubt wurde“, rief Aline ihr Schwert. Das hatte alle kalt erwischt, denn von den anderen Groblinkönigen und Königinnen hat niemand damit gerechnet. Viele Groblins gingen sofort in die Knie, auch die Frau und Kinder von Erdwurm. Die Herrscher der anderen Reiche taten sich schwer, da sie nicht wussten ob es ihre Reiche betraf oder nicht. Das Zögern spürte Dragonar und ein lautes Brüllen drang aus seinem weit gefletschtem Maul, welches alle seiner Zähne preis gab. Erschrocken waren die restlichen Groblins auch in die Knie gegangen und Froschlippe und seine Eltern blickten erstaunt, denn auch wenn es aus dem Schreck heraus geschehen war, war es nicht mehr zu leugnen. Kapitel 46: Tränen und Feuer ---------------------------- Kapitel 46 – Tränen und Feuer Aline hatte auf den Weg hinunter ins Schloss kein Wort gesprochen und war völlig in Gedanken versunken. Die Könige und Königinnen der anderen Groblin-reichen hatten gekniet, jedoch war es offensichtlich aus dem Schreck heraus geschehen. Auf ihr eigenes Volk hatte es natürlich Eindruck gemacht und diese Geschichte würde sich wie ein Lauffeuer unter den Bürgern bis hin zu den anderen Reichen verbreiteten, was ihrem Vorhaben zugute käme. Schließlich würde sie damit rechnen können das die Groblins untereinander zusammenhalten werden und sich mit den Menschen arrangieren. Die Menschen und Groblins mochten verschiedene Ziele erreichen wollen, doch das Ergebnis war das gleiche. Aline würde auf dem Thron ihres Vaters sitzen. Damit ihr die anderen Könige und Königinnen nicht einen Strich durch die Rechnung machten und einen Krieg anzettelten um sich von dem Kniefall lossagen zu können, musste sich Aline genau überlegen wie sie mit der Sache umging. Sie ließ alle wieder in den Thronsaal führen und stellte sich wieder hinauf auf den Platz ihres zukünftigen Thrones. „Ich wünsche das alle hinausgehen, die nicht das Recht haben als König oder Königin betitelt zu werden.“ Die Tatsache das die anderen Anführer sich nicht vor Bediensteten blamieren mussten, denn diese waren dafür verantwortlich was als Gerücht durch die Bevölkerung ging, spielte ihr in die Taschen. Alle Wächter und Bediensteten gingen hinaus, so das nur noch die sechs Könige und Königinnen der anderen Reiche und Froschlippe übrig blieben. „Ich war erstaunt und auch erfreut euch alle auf den Knien wiederzufinden, doch möchte ich etwas sagen. Ich erwarte nicht das ihr euch als meine Bürger anseht, sondern als Partner unseren gemeinsamen Plans. Ihr bleibt wie jeher die Könige eurer Reiche. Das einzige was ich erwarte ist, das gewisse Regeln und Vorgaben von unserem Reich übernommen werden, für deren Einführung und Umsetzung ihr jedoch selbst verantwortlich seit. Auch kann dies umgekehrt funktioniert, schließlich soll man den Fortschritt nicht aufhalten und wir können voneinander lernen. Wir haben in den letzten Jahren zum Beispiel für ein Geburtshaus, ein Hospital, eine Fischerei, eine Salzsaline und Kräuter-, Obst- und Gemüsefelder erbaut. Alles innerhalb des Berges. Wir können ohne auf Menschen angewiesen zu sein oder den Berg auch nur verlassen zu müssen uns selbst alles anbauen. In Zukunft soll noch eine Imkerei dazu kommen um Honig zur Verfügung zu haben. Unser Schloss befindet sich innerhalb des Berges, denn ein Berg zu übernehmen wird sehr schwer. Es sollte jedem Krieg und jeden Angriff stand halten und so bleiben die Groblins in ihrer gewohnten Umgebung, können aber die Annehmlichkeiten der Menschen genießen. Zusätzlich die Sonne wenn man die Bergöffnungen für sich nutzt. Wenn das Leben für Groblins eines Tages ohne lebensbedrohliche Konfrontationen möglich sein sollte, dann kann man sie natürlich mehr ausbreiten, auch außerhalb des Berges. Ich hoffe das wir da zu einer Einigung finden“, beendete Aline ihre Rede. Froschlippe streichelte ihr sogleich über den Rücken, denn am Gesichtsausdruck der anderen konnte er die Reaktionen vorausahnen. Nachdem sich die anderen Anführer miteinander unterhalten hatten oder auch allein für sich nachgedacht hatten, traten sie vor. „Ich akzeptiere euch als König und Königin dieses Landes und den Reichen der Groblins und werde die Vorgaben gerne in meinem Reich umsetzen. Doch werde ich und meine künftigen Nachfolger immer König sein und herrschen“, entgegnete Ayakata, die Königin des Reiches im Süden. „Ich akzeptiere euch als König und Königin dieses Landes und den Reichen der Groblins. Ich werde deine Wünsche in meinem Reich umsetzen. Aber ich bleib König in meinem Reich, ebenso meine Kinder und deren Kinder“, trat nun Tatargo vor, der König des Reiches im Norden. Ebenso erging es mit den Anführern des Reiches im Osten, im Westen und des Flusslandes. Nach weiteren knappen Erklärungen über die Änderungen welche in den anderen Reichen vorgenommen werden sollten, verabschiedete sich Aline und zog sich in ihre Gemächer zurück. So erfolgreich der Tag geendet hatte, so grauenvoll hatte er begonnen. Es war ein ständiges Auf und Ab der Gefühle, sie hatte einen kleinen Krieg gewonnen, aber damit den Hass auf der Seite ihres Vaters geschürt und der bevorstehende Krieg unmittelbar in die nahe Zukunft gerückt. Der Tag schien unendlich lang gewesen zu sein, ihr Kopf schmerzte und sie war kaum in der Lage noch zu begreifen was passiert war. So viele Erinnerungen schossen ihr durch den Kopf. Und dennoch blieb genug Platz um sie mit Sorgen zu quälen. Dragonar schien in einem Alter zu sein indem er gegen seine Mutter rebellierte. Er blieb Tagelang fort, kam und ging wie er wollte und hörte nicht mehr zuverlässig auf sie. Das er am heutigen Tage erschienen war wo sie ihn so dringend gebraucht hatte, war ein Glücksfall gewesen. Sie befürchtete das es Froschlippes Sticheleien waren, die ihm zusetzten. Doch hoffte sie das es nicht so war. Die Kontrolle über ihn ging ihr immer mehr verloren. So manches mal hatte sie am Eingang seiner Höhle gewartet, die sich unterhalb des Schlosses befand. Viele Stunden hatte sie in den Himmel gestarrt in der Hoffnung ihn zu entdecken. Einmal war er von einem Flug zurück gekehrt und schien sehr angespannt zu sein. Er lief an ihr vorbei ohne sie zur Kenntnis zu nehmen und reagierte auch nicht auf ihre Worte. Nachdem sie ihn weiter taxiert hatte, schoss sein Kopf zu ihr und schnappte nach ihr. Sie hatte gewusst das er nicht beabsichtigt hatte ihr weh zu tun. Denn seine Zielgenauigkeit war ohne Gleichen und er hätte ihr ohne große Mühe den Arm abreißen können. Etwas schien ihn hinaus zu rufen, ihn zu beschäftigen, doch wusste sie nicht was. Zwei Tage später ereilte sie eine Nachricht vom Schloss. Mit Brief und Siegel hatte ihr Vater ihr den Krieg erklärt. Sie vermutete in der Handschrift ihre Stiefmutter, denn aus früheren Briefen von ihm kannte sie seine Schrift. Doch die Unterschrift und der Wachsabdruck seines Siegelrings, welches er an seiner Hand trug, waren ohne daran zweifeln zu können, die seine. Tränen bildeten sich im Angesicht dessen in ihren Augen. Doch musste sie sich zusammennehmen und diese weg zwinkern, denn sie stand unter Beobachtung. Die Gäste an ihrem Tisch blickten sie auffordernd an. „Es ist Krieg“, war alles was sie zwischen ihren trockenen Lippen hervorbrachte. Für eine Sekunde war es totenstill im Saal. Man hätte eine Stecknadel fallen hören. „JAAA, WIR ZEIGEN DEN SONNENKÖNIG WOZU WIR IN DER LAGE SIND“, rief der König des Ostens, war in seiner Wildheit aufgesprungen und hatte seinen Stuhl umfallen lassen. Die anderen taten es ihm nach und so grölten sich die Groblins gegenseitig ihren Mut zu. Froschlippe und Alines Schwiegereltern waren dem nachgegangen, nur Aline blieb nachdenklich sitzen, doch das fiel niemandem im Rausch der Kampfesvorfreude auf. Sie winkte nach einem Wächter und sagte ihm er solle die Stadt vor dem Schloss benachrichtigen. Ein Mann aus jeder Familie musste kämpfen und seine Waffe, Steinschuhe und Steine für die Ohren erhalten. Auch ließ sie nach Curdie schicken. Denn dieser musste eiligst los reiten um in den umliegenden Orten Bescheid zu geben und bei seiner Rückkehr mit Proviant und Soldaten zurück zu kehren. Ihren Fürsten und Fürstinnen welche sich ihrer Sache angeschlossen hatten würde sie mit Brieftauben benachrichtigen. *~*~*~*~* „Aline, falls ich es morgen nicht schaffe“, begann Froschlippe plötzlich in die Dunkelheit zu sprechen während sie am Fenster standen und sich das stille, friedliche Meer ansahen. „Ich will das nicht hören“, sagte sie und wollte sich zu ihm umdrehen, doch packten seine Hände sie an die Schultern und zwangen sie weiter hinaus aufs Meer zu blicken. „Du musst es aber hören. Falls ich es nicht schaffen sollte werden die Groblins dir weiter folgen. Wenn keine Verhandlungen mit dem Sonnenkönig möglich sind und er euch aus diesem Berg verjagen will, dann flieht. Du hast genug Groblins die dich durch die Tunnel in die anderen Reiche schleusen können. Und wenn es sich nicht vermeiden lässt dann setz dich auf Dragonar und flieg davon. Aber lass nicht zu das dir etwas passiert“, flüsterte er in ihr Ohr, wobei seine Stimme immer mehr versagte. Wasser tropfte auf ihren Nacken und ihrer Schulter und sie wusste das es seine Tränen waren. Froschlippe weinte um ihr Leben. Wieder wollte sie sich losreißen und sein Gesicht sehen, doch ließ er es nicht zu und hielt sie wie in einem Schraubstock. „Sollte es soweit kommen das ich nicht zurückkehre dann... gebe ich dich frei. Du musst dich nicht gezwungen sehen bei den Groblins zu bleiben und weiterhin unter der Erde leben. Meine Eltern würden das Kommando übernehmen oder.... oder jemand anderes. Aber ich würde es begrüßen wenn du sie noch in ein anderes Reich führen könntest, ehe du sie verlässt.“ „So darfst du nicht denken“, sagte Aline und auch ihr kamen die Tränen. „Es ist mir egal was mit mir passiert. Ich will nur das du glücklich wirst. Auch wenn ich sterbe ist der Gedanke das du nicht mehr auf dieser Welt bist unerträglich.“ Sie hielten sich noch lange in den Armen und blickten hinaus aufs Meer. An Schlaf war kaum zu denken. Stunden später kurz vor Sonnenaufgang standen hunderte und aber hunderte von Groblins und Menschen in Reih und Glied auf dem Feld, darauf wartend das alle ihren Platz eingenommen hatten. Als Schauplatz dienten die Wiesen und Felder zwischen dem Schloss des Sonnenkönigs und des Groblin-Berges. Akribisch hatten sie ihre Strategie ausgeklügelt, Gruppen gebildet, welche jeder von denen einen eigenen Anführer hatte, an dem sich die Soldaten orientieren konnten. Anweisungen bedurften viel Zeit, bis es von der Spitze bis ganz nach unten durchgedrungen war. Auch die Soldaten des Sonnenkönigs hatten sich eingefunden, kaum zu übersehen in ihren glänzenden Rüstungen und den ebenso gerüsteten Pferden. Die Groblins trugen keine Rüstungen und die Bauern und anderen Menschen hatten sich selbst mit alten Rüstungen, Brustharnischen oder Kettenhemden oder anderen Materialien beholfen, meist selbst gebaut. Aline stand oben auf dem Berg bei Dragonar. Sie hatte ihn zu sich gerufen da sie wollte das er definitiv bei ihr war und nirgendwo sonst wo sie befürchten musste das er in Gefahr war. Er mochte ein großes, starkes Tier sein, doch konnte er dennoch durch Pfeile und andere Waffen verletzt werden, wie sie erst zwei Wochen zuvor festgestellt hatte. Mit einem Fernglas das sie von Curdie bekommen hatte beobachtete sie die Vorgänge unter ihr. Froschlippe hatte sich an der Spitze postiert, wie auch die anderen Anführer der anderen Reiche, wie es sich für Groblins gehörte. Als sie hinüber zu der gegenseitigen Fraktion sah, hätte sie beinahe vor Schreck das Fernglas fallen lassen. Dort war ihr Vater. Man half ihm gerade auf sein Pferd und reichte ihm sein Helm. Sie konnte sein Gesicht nicht nahe genug sehen um seine Stimmung anhand der Mimik zu erkennen, doch war er es, ohne Zweifel. Die Haare vollständig ergraut und der Bart lang gewachsen. Seine Rüstung spiegelte das Sonnenlicht, sein Helm wirkte pompös und auch sein Pferd steckte von Kopf, über den Hals bis zum Rist und beide Seiten seines Gesäßes ebenfalls in einer Rüstung. Damit hatte sie nicht gerechnet. Aline hatte nicht damit gerechnet das er selbst an der Schlacht teilnehmen würde. Wenn er nicht im Schloss blieb, so hätte sie vermutet das er nur weit hinten in einem Zelt sitzen und den Verlauf der Schlacht abwarten würde, umringt von Soldaten die ihn beschützen und im Zweifelsfall lebend herausholen würden. Sie erkannte auch andere Fürsten und Adelige und Ritter neben ihn und nun verstand sie. Es ging nicht um ein Krieg zwischen zwei Länder, zwischen zwei Könige. Es ging ihm um alles, denn er konnte sein gesamtes Königreich verlieren und konnte nicht damit rechnen nach einem verlorenen Krieg noch Unterkunft bei einem treuen Anhänger zu finden, während Groblins über der Erde wandelten. Nun wurde Aline bewusst das es nicht nur darum ging den Menschen und Groblins ein besseres Leben zu verschaffen. Sie stand zwischen ihrem Mann und ihrem Vater und sie konnte beide in diesem Krieg verlieren. Ihre Beine wurden weich und sie hatte das Gefühl sich nicht mehr auf diese verlassen zu können, weshalb sie auf die Erde sank. Sie stützte sich auf ihre Hände, das Fernglas vor ihr und blickte in die Tiefe. Ihre Sicht wurde verschwommen und es wurde ihr schwindelig. Es stand alles auf dem Spiel und sie konnte am Ende des Tages alles verloren haben. Ursprünglich wollte sie dafür sorgen das Ihr Vater in seiner Sommerresidenz seinen Lebensabend verbringen konnte, gemeinsam mit seiner Frau, wenn diese es wollte oder nicht. Ihn zu töten war ihr dabei niemals in den Sinn gekommen. Doch nun blieb ihr keine Wahl, denn beide Seiten würden aufeinander stürmen, die Könige der Groblins gegen ihren Vater und dessen treuen Anhänger. War sie nun verdammt hier untätig zu sitzen und beim Blutvergießen zuzusehen? Dragonar riss sie aus ihren Gedanken. Er starrte ebenfalls aufs Geschehen und wurde immer unruhiger. Am liebsten wäre er dazwischen gegangen. Aline blickte zu ihm auf. Ob es ihn genauso quälte dabei zusehen zu müssen? War das nicht der Beweis das er nicht nur ein Tier war, wie Froschlippe immer behauptete? Sie wollte ihn nicht einsetzen, aus Angst ihm würde etwas zustoßen. Er war der letzte seiner Art und ihr Sohn. Ihn zu verlieren würde sie zerstören. Ein Knurren seitens ihres Kindes ließ sie wieder zum Fernglas greifen und sah das Curdie auf seinem Pferd sich in der Mitte des riesigen Feldes traf mit einem ebenfalls berittenen Mann ihres Vaters. Das diente der Etikette, den Feind noch einmal ein friedliches Abkommen anzubieten ohne Blut zu vergießen. Sie betete das ihr Vater aufgeben möge. Als Königin wusste sie das er es nicht tun würde, doch als Tochter, von zwölf Jahren, die sie ihn damals so geliebt und vergöttert hatte, hoffte sie das er aufgab und niemand sterben musste. Kaum waren beide Botschafter zurück bei ihren Armeen und hatten die Nachricht übergeben ging eine deutliche Welle der Kampfeslust durch die Reihen. Es dauerte nicht lange bis die Nachricht das nun gekämpft werden würde, bis in die hintersten Reihen gedrungen war. Froschlippe und ihr Vater hoben in einem wilden Kampfessschrei ihre Waffen und die Massen ritten und rannten aufeinander zu. In wildem Geschrei ritt Curdie auf seinem Pferde auf seine ehemaligen Kollegen zu und dachte für einen kurzen Moment an den gestrigen Abend. Er war an Silkis Tür getreten, hatte geklopft und als sie öffnete, hatte er allen Mut zusammen genommen und sie geküsst. Eine ganze Nacht hatten sie sich der Liebe hingegeben, bedauernd nicht früher zueinander gefunden zu haben, denn es könnte die letzte gemeinsame Nacht gewesen sein. Nun ritt er in Windeseile auf die anderen zu, sein Schwert schwingend, gekleidet in seiner alten Rüstung. Der Geruch von Leder, Fell, Pferdedung und Schweiß drangen in seine Nase. Alle Beteiligten waren so aufgeladen, das die Stimmung spürbar elektrisierend war. Niemand verspürte Angst, alle waren berauscht vom Drang jemanden zu töten. Je näher sie der feindlichen Armee kamen, desto mehr vibrierte der Boden und die Hufe der galoppierenden Pferde und das Geschrei der Ritter drang lautstark in den Ohren und kitzelten seine gereizten Nerven. Der Blutrausch floss durch seine Adern und er fühlte sich unsterblich. Plötzlich legte sich ein großer Schatten über ihn und seiner Armee und ein nur allzu bekanntes Knurren und Brüllen mischte sich in den Kampfessschrei ein. Dragonar flog über die Groblins hinweg, direkt auf die feindliche Armee zu, nur wenige Meter über ihnen. Die feindliche Armee kam vor Erstaunen ins Stocken und so riss es große Löcher in die Mauer aus glänzenden Rüstungen. Der Drache konnte von den Sonnenmenschen kaum aus den Augen gelassen werden während er noch eine Runde um die Armee herumflog und wieder in die Mitte des Kriegsgeschehens flog. Curdie konnte den kleinen Körper mit den langen roten Haaren auf dem Rücken des Drachens erkennen und wusste das Aline ihnen zu Hilfe gekommen war. Ein Feuerstrahl schoss in den Boden zwischen die Armeen, jedoch nur in der Mitte wo sich Froschlippe und ihr Vater befand. Pferde und groblinschen pferdeähnlichen Wesen machten halt, weigerten sich dem Feuer zu Nahe zu kommen. Wodurch es der Gruppe um Froschlippe und ihres Vaters nicht möglich war sich am Kampf zu beteiligen. Den Überraschungseffekt auf ihrer Seite konnte Alines Armee die andere überrennen, und sich schnell zwischen die Reihen der Gegner durchkämpfen. Sie flog noch eine Runde und zerstörte mit ihren Feuer alle Fernwaffen, die ihr Vater zu bieten hatte. In der hintersten Reihe, zwischen Bäumen versteckt befanden sich riesige Katapulte, welche Steinbrocken auf ihre Armee schleudern konnten. Doch mehr als jeweils ein Stein abzufeuern um den Drachen zu bekämpfen war ihnen nicht vergönnt gewesen, denn Dragonar war schnell und wendig und sein Feuer hatte sie alle niedergebrannt, ebenso die Baumreihen, die sich dort befunden hatten. Als nächstes hatte sie es auf die Bogenschützen abgesehen, doch teilten sie das gleiche Schicksal ihrer Kollegen. Aline umkreiste den Kriegsschauplatz und versuchte die Lage zu bestimmen. Ihr Vater hatte sich durch den Überraschungseffekt in Sicherheit bringen können und war vom Schlachtfeld geflohen um sich das Ganze aus einer sicheren Perspektive ansehen zu können. Froschlippe war durch das Feuer solange gestoppt worden, das viele seiner Armee an ihm vorbeigezogen waren, wodurch er sich nur noch um das kümmern konnte, was die Reihen vor ihm übrig gelassen hatten. So steuerte Aline mit Dragonar wieder die Spitze des Berges an und begnügte sich damit zuzusehen. Kapitel 47: Die Wahrheit ------------------------ Kapitel 47 – Die Wahrheit Nach vielen Stunden des Bangens, hoffen und Fluchens kehrte Aline zurück in ihren Thronsaal, wartend auf die Krieger die zurückkehren sollten. Aufgeregt trat sie von einem Fuß auf den Anderen und die Ungeduld brachte sie beinahe um. In Gedankenversunken betete sie noch immer das Froschlippe überlebt hatte. In diesem riesigen Haufen von Menschen und Groblins hatte sie niemanden mehr finden können. Beschmutzt und teilweise mit Blut bespritzt sahen fast alle gleich aus. Bis auf die Ritter des Sonnenkönigs, denn diese waren an ihren glänzenden Rüstungen deutlich zu erkennen, vor allem da die Rüstung eine deutlich maskuline Statur vorgaukelte. Plötzlich wurde die Flügeltür aufgestoßen, das schwere Holz prallte gegen die Steinmauer und erschrak Aline heftig. „Wir haben es geschafft“, rief Froschlippe, mit Dreck und Blut beschmiert, hielt die Arme nach oben und trat stolz auf sie zu. Aline kreischte glücklich und lief in seine Arme. Die anderen Anführer folgten ihm und brachten einen der ihren auf einer Trage hinein. Offenbar stark verletzt. „Ich sollte dich ausschimpfen für deinen Einsatz auf dem Drachen, er hätte auch ohne dich fliegen können. Doch war ich sehr froh darum, das du die Fernwaffen ausgeschaltet hast. Die hätten uns schwer zugesetzt.“ „Ja, ich bin froh das gemacht zu haben. Es war ein unglaubliches Gefühl der Macht. Ich bin so froh das du zurückgekehrt bist“, sagte Aline und küsste ihn ohne den Schlamm oder das Blut zu registrieren. „Da bist du, du bist wieder da. Du bist zurück gekommen“, rief plötzlich eine quietschende Stimme und alle blickten sich nach der Stimme um. Silki war herein gekommen und rannte geradezu auf Curdie zu um in seine Arme zu springen. Er konnte ihrer Wucht nicht stand halten, landete mit ihr zusammen auf dem Boden und fand ihre Lippen auf den seinen wieder. Für einen kurzen Augenblick war eine Stille des Erstaunens entstanden. Curdie und Silki blickten etwas ängstlich in die Runde und rechneten wohl damit für ihre Beziehung gescholten zu werden. Doch wer sollte sich nach dem großen Sieg und dem Geschehen der letzten Monate dafür interessieren? Entgegen der Erwartung des jungen Paares johlten manche und Curdie wurde damit aufgezogen das ihm Menschenweiber wohl langweilig geworden sind, nachdem er die Groblins kennengelernt hatte. Aline blickte ihnen aufmunternd entgegen und wendete sich wieder Froschlippe zu. Noch in dieser Nacht wurde im Thronsaal ausgelassen gefeiert und auch vor den Schlossmauern. Es wurde gespeist, getrunken und so manche Pärchen wurden in den Nischen und dunklen Ecken beim Ausleben der Liebe entdeckt. Lautes Lachen, johlen, kreischen, sogar starke Diskussionen wer nun mehr Ritter getötet und wer die schwersten Verletzungen davon getragen hatte hallten durch das gehauene Stein des Saals und der langen Gänge. Aline fielen irgendwann die Augen zu und auch Froschlippe kam an seine Grenzen, denn trotz der Freude und der ausgelassenen Feier zollte sein Körper seinen Tribut. Seine schlaflosen Nächte und seine Verletzungen verlangten nun nach erholsamen Schlaf. In ihren Gemächern angekommen waren sie auf den Weg dorthin doch noch etwas wacher geworden und unterhielten sich noch etwas. Aline hatte gehofft das nun alles vorbei wäre. Doch musste ihr Froschlippe erklären das sie damit rechnen musste das es zu einer weiteren Schlacht kommen würde. Die Ritter mochten sich irgendwann zurückgezogen haben und viele hatten ihr Leben gelassen, wie auch auf der Seite der Groblins. Doch glaubte er zu wissen das es so einfach nicht werden würde. Zumal es von Vorteil wäre den Groblins ebenso auch eine Art Rüstung zu erstellen. Nicht so einengend, wie die der Menschen. Froschlippe macht sich darüber lustig wie merkwürdig sie laufen würden, wie wenig behände und wie schwer die Rüstungen waren und somit gänzlich für den Krieg ungeeignet. Doch ein Brustharnisch dürfte schon eine große Hilfe sein. Aber lass uns nicht mehr darüber reden.“ „Du hast Recht, ich bin froh für eine Weile von diesem Thema Abstand zu gewinnen.“ „Was ist eigentlich mit deinem Schmuck geschehen? Früher hast du doch immer welches getragen?“ „Ich denke ich habe mich den Groblins erfolgreich angepasst“, lachte Aline ausgelassen. „Ich weiß nicht, Dragonar kam auf die Welt und es ist sonst noch so viel passiert. Es war mir nicht wichtig. Ich hatte vor der großen Reise damals alles eilig in die Truhe gepackt, aber kaum ausgepackt.“ „Dann wird es vielleicht Zeit hier einzuziehen. Nun bin ich zuversichtlich das wir auch die kommende Schlacht gewinnen. Was könnte uns schon geschehen.“ Aline hörte ihm zu und kramte in ihrer Truhe. Die Schmuckschatulle lag offen darin und sie musste erst einmal etwas Ordnung schaffen. Dabei fiel ihr Ring, den sie von ihrer Großmutter bekommen hatte in die Finger. Damals hatte sie kaum Gelegenheit sich darüber zu freuen das Froschlippe ihn weder vernichtet noch fortgeworfen hatte. Sie legte ihn an und sie wunderte sich gar nicht darüber das er wie angegossen passte. In Gedanken versunken blickte sie auf ihre Hände. Beide hatte sie von Froschlippe bekommen. Den Ehering ihrer Mutter und den Zauberring ihrer Großmutter. Tränen bildeten sich in ihren Augen. Denn Froschlippe hatte ihr erzählt was geschehen war und sie wusste, das sie diese niemals wiedersehen würde. Im Schein des Kaminfeuers nahm sie ein leuchten war und für einen winzig kleinen Augenblick sah sie den Faden schimmern, der sie immer in die richtige Richtung wies. In dieser Nacht legten sich Aline und Froschlippe in völliger Zufriedenheit Arm in Arm und schliefen alsbald ein. Der Schlaf war erholsam und vor allem sehr lang, wie schon seit Wochen nicht mehr. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel als sie wieder erwachten. Die nächsten Tage vergingen in angenehmer Ruhe, doch Dragonar machte ihr Sorgen. Er wirkte weiterhin beschäftigt, war teilweise unvorsichtig wodurch es zu Verletzungen von Groblins kam, die ihm im Weg standen. So stand Aline in seiner Höhle und wartete auf ihn. Stunde um Stunde saß sie da und sah hinaus aufs Meer. Die Sonne war schon vor einer Stunde unter gegangen und sie gänzlich müde und erschöpft, als sie gerade ins Schloss zurückkehren wollte. Doch plötzlich drang das große Tier durch die Höhlenöffnung und durch gezieltes Flügelschlagen landete er geschickt, seine Mutter zwischen seine Füße. „Was ist los mit dir in letzter Zeit? Ich mache mir sorgen“, sprach Aline zu ihm, nicht sicher ob er verstand was sie von ihm wollte. „Was quält dich mein Lieber.“ Der Drache blickte sie aufmerksam an. Drehte seinen Kopf von einem auf die andere Seite. Dann passierte etwas Unerwartetes. Er schubste sie mit seinem Kopf zu seinen Flügel hin, welches er wieder leicht öffnete, damit sie auf den Falten der ledrigen Haut hinaufklettern konnte. Der Start war etwas holprig, denn er hatte es offensichtlich eilig wieder hinaus zukommen und da ihm die Höhle allmählich eng wurde, rieb er mit seinem langen Hals an der Höhlenwand und Aline hätte sich fast den Kopf gestoßen und wäre beinahe hinunter gefallen. Sie hatte sich gerade noch an seinem beginnenden Rückenkamm festen Halt finden können, kurz bevor er sich in die Tiefe stürzte um dann die Flügel auszubreiten und sich vom Wind gleiten zu lassen. Der Flug war wieder unbeschreiblich. Wieder erfüllte sie das Gefühl der unendlichen Macht. Es war berauschend und sie fühlte sich den Sternen so nahe, das sie glaubte sie mit ihrer bloßen Hand berühren zu können. Aline blickte auf ihren Ring und erkannte das dieser sie in die Selbe Richtung trug wo der Drache sie hinflog. Es dauerte nicht lange und sie flogen über das Schloss ihres Vaters. Verwundert blickte sie hinunter und stellte fest das der Faden direkt dorthin führte. Was suchte Dragonar hier? Er setzte sie zunächst in der Nähe ab und da sie nicht verstand was sie hier wollten, schüttelte er seinen Körper durch und öffnete seine Flügel. Sie verstand den Wink, schwang ein Bein über seinen Rücken und rutschte direkt hinunter zu Boden. Aline konnte sich noch mit den Füßen abfangen, doch blieben die Schmerzen in ihren Knöcheln nicht aus. Kaum wieder auf den Beinen öffnete er die gesamte Flügelspanweite und schlug kraftvoll mit diesen um wieder in die Luft abheben zu können. Sie wollte ihn schon einen Unhold schelten, als er sich bemühte nur knapp über den Boden zu fliegen, sie mit seinen Füßen umschlang und wieder in die Lüfte abhob. Erschrocken entfuhr ihr ein Schrei, der ihr jedoch in der Kehle stecken blieb. Sie bemühte sich leise zu sein, denn sie kamen den bekannten Mauern immer näher. An einem Turm am Rande der Mauer ließ er sie auf dem Balkon ab, unter dem sich nichts weiter befand als das Meer. Das Schloss stand mitten auf einer Klippe. Der er zu groß war um auf den Balkon zu sitzen entfernte er sich wieder etwas, denn das Flügelschlagen wodurch der den Wind gegen die Fenster schlug, würde nicht lange unbemerkt bleiben. Mit Tränen in den Augen blickte sie ihm hinterher. Sie war dem Tode geweiht. Hilfesuchend blickte sie auf ihren Ring und ebendieser betrog sie ebenso und forderte sie dazu auf hinein zu gehen. Die gläsernen Türen ließen sich ohne Probleme öffnen und sie fand sich in einem sehr persönlichen Raum wieder. Es schien ein Studierzimmer zu sein oder auch die persönlichen Räume von jemanden. Das helle Mondlicht leuchtete auf ein altes Portrait und sie erkannte ihre Mutter darin. Daneben befand sich ein weites von ihr selbst, ehe sie von Froschlippe entführt wurde mit ihrem Vater zusammen. Mit großer Mühe riss sie sich los und blieb melancholisch zurück. Der Raum war nicht weiter interessant, es schien ein viel verwendetes Zimmer zu sein. Nirgends lag ein Staubkorn, es roch auch nicht abgestanden. Während sie auf den Teppichen wanderte stob keine Staubwolke auf. Regale um Regale standen im Raum und beherbergten zahlreiche Bücher. Auf dem Tisch am Kamin, neben dem großen gemütlichen Polstersitz, stand eine Karaffe mit goldener Flüssigkeit. Neugierig roch Aline kurz daran und rümpfte die Nase, denn es war ein sehr scharfer Geruch, was ihr verriet das es ein sehr starkes Getränk war. Dabei geriet ihr Ring wieder ins Blickfeld und so folgte sie zu den hinteren Regalen in der Ecke. Ob er sie zu einem wichtigen Buch führen würde? Doch dem war nicht so. Dort stand ein riesiges gläsernes Behältnis. Sie trat näher und glücklicherweise befand sich dort ein Fenster das ihr genug Licht bot um zu sehen was sich darin befand. Das Herz pochte ihr bereits wild in der Brust, ehe sie genau sehen konnte was sie sah oder es kaum begriff. Dort in diesem Glas, gefüllt mit einer Flüssigkeit befand sich ein Säugling. Ehe sie es genau betrachten konnte hörte sie ein schmerzerfülltes, klägliches Brüllen, ihres Drachen. Er war nicht in unmittelbarer Nähe, doch konnten die Winde und die Wellen nicht seinen Kummer übertönen. Tränen liefen ihre Wangen hinunter und mit zittrigen Fingern griff sie danach um es sich näher anzusehen. Vielleicht irrte sie sich. Vielleicht spielte ihr das Mondlicht einen Streich. Der Säugling hatte spitze Ohren, zu spitz und lang für einen Menschen, aber zu klein für einen Groblin. In all den Jahren waren ihr schon einige Groblin-Babys begegnet. Doch dieses war nicht rein. Offensichtlich war es eine Mischung aus einem Menschen und einem Groblin. Die Augen leicht geöffnet war noch leicht die Farbe derer zu erkennen, waren sie auch erblasst. Ein blaues und ein goldenes. Erinnerungen strömten auf sie ein. Die starken Wehen, die Qualen der Schmerzen. Dieses eklige Gebräu das man ihr zu Trinken angeboten hatte, was sie schlafen ließ. Und kaum war sie erwacht die Nachricht ihres toten Kindes. Aber dieses Kind sah doch so unversehrt, so wunderschön aus. „Nun bist du wohl also da. Ich habe jeden Tag auf dich gewartet“, riss eine tiefe, raue Stimme sie aus dem Gedanken. In dem Schreck hatte sie beinahe das Glas fallen lassen. „Was ist damals passiert, Vater? Weshalb liegt hier mein Kind in dem Glas?“, rief sie aus und vollends brachen die Tränen aus ihr heraus. „Aline, bitte versteh....“ „NEIN! Antworte mir“, sagte sie bestimmt und sie wartete nur darauf. Die Wut war sogleich angefeuert und fraß sich schmerzhaft durch ihr Herz und durch ihre Adern floss es weiter in jedes Ende ihres Körpers. „Meine Frau hatte diesen Alchemisten mit hierher gebracht und dieser war fasziniert von dem Geschöpf in deinem Leib.“ „Ach und deswegen konnte er es sich einfach so nehmen? Er sieht wohlgestaltet und gesund aus. Weshalb liegt er hier drin?“ „Du wirst inzwischen wissen das man schwere Entscheidungen treffen muss als König eines so großen Landes.“ „Und deswegen hast du deinen Enkel töten lassen?“ „Aline, ich habe alles versucht, doch stand ich unter Beobachtung. Hätte ich nichts getan wäre dir irgendwann etwas passiert.“ „Dann hättest du mich gehen lassen können und hättest so getan als wäre ich geflohen. Das sind alles nur billige Ausflüchte, wie konntest du das tun?“, brach sie zusammen, sank zu Boden, drückte das Glas an ihren Bauch und weinte bittere Tränen. Sie musste hier weg, sie ertrug es nicht mehr. Aline nahm sich den Gürtel, den sie zwei mal um ihre Taille gewickelt hatte und befestigte das Glas an ihren Bauch. Sie musste es während des Fluges schützen können und lief in Richtung des Balkon. „Aline bitte, ich bin dein Vater“, klagte der alte Mann und packte sie am Arm. Er wirkte gebrechlich und seine Haltung war gebeugt und nicht mehr zu vergleichen mit der stattlichen Gestalt die er noch vor einigen Jahren vor ihrer Entführung war. „Ein Vater würde so etwas niemals tun. Das Band das uns zwei verbunden hat hast du an diesem Tag durchtrennt. Wir haben nichts mehr miteinander zu tun. Doch sag mir eins. Bist auch du für den Tod an Sharon verantwortlich?“ „Ein überraschender Blick entgegnete ihr und dann folgte tiefes Bedauern.“ Aline hatte nun alles erfahren was sie wissen musste und wollte sich dem Ausgang nähren als plötzlich ein riesiger Kopf durch das Glas schoss und Dragonar wütend nach dem Sonnenkönig schnappte. Seine Hinterbeine hatten sich in die Ballustrade gekrallt und seine Flügel schlugen gegen die Mauer. Dragonar konnte nicht lange Halt finden, denn der Balkon stürzte zu Boden und er rutschte an der Mauer hinunter und fiel in die Tiefe. Ein blaues und ein goldenes Auge hatten den Sonnenkönig hasserfüllt angeblickt. „Ich rate dir dich in deiner Sommerresidenz zurückzuziehen. Dort wirst du während des Lebensabend friedlich verweilen können, das verspreche ich dir. Doch begegnest du meinen Kämpfern oder meinem Mann auf dem Kriegsfeld, dann werde ich dir keine Hilfe mehr leisten.“ „Hilfe leisten?“, fragte der alte Mann und schien nicht ganz folgen zu können. „Es war kein Zufall das eine Feuerschneise sich zwischen dir und meinem Mann befand“, sagte Aline ohne ihm noch eines Blickes zu würdigen und ging auf den Rand der zerstörten Türe zu. Plötzlich glitt Dragonar von oben hinunter, packte sie wieder mit seinen Hinterläufern und trug sie davon. Aline sah hinunter zu ihrem Vater und Soldaten waren plötzlich hineingestürmt und sie konnte auch einen Blick auf ihre Stiefmutter erhaschen, welche im Nachtkleid hereingerannt war. In der Nähe des Schlosses setzte er sie wieder kurz ab, so das sie auf seinem Rücken reiten konnte. Das Glasbehältnis noch einmal fest an ihren Körper befestigt flogen sie los und Aline hielt sich gebeugt, so das sie das Glas zwischen sich und ihren dem Drachen einklemmen konnte. In der Höhle Dragonars zurückgekehrt wartete ein äußerst wütender Froschlippe auf sie. „Was glaubst du eigentlich was du da tust, wird das jetzt zur Gewohnheit?“, plärrte er ihr wütend entgegen. „Was ist los mit dir, was hast du da?“ „Der Ring hatte mich zum Schloss geführt und da fand ich unseren Sohn“, schützte sie Dragonar vor der Wut seines Vaters. „Was, wie....“, Froschlippes Atem stockte als er mit der Fähigkeit im Dunkeln zu sehen, den Inhalt des Glases erblickte. Kapitel 48: Liebe und Zorn -------------------------- Kapitel 48 – Liebe und Zorn „Was,wie....“, Froschlippes Atem stockte als er mit der Fähigkeit im Dunkeln zu sehen, den Inhalt des Glases erblickte. Aline konnte erkennen wie sehr sein Körper beim Anblick des toten Babys erschauerte. „Das ist dein Sohn.“ „Das … das haben sie nicht gemacht.... DAS HABEN SIE NICHT GEMACHT“, schrie er wütend und brach auf den Boden zusammen. Seine Hände krallten sich in den Boden und Tränen tropften in die Erde. Seine Wut war spürbar und elektrisierte die Luft. Aline befürchtete er könnte sich wieder in einen Drachen verwandeln. „ICH WERDE IHNEN IHRE GEDÄRME AUS DEM BÄUCHEN REIßEN. ICH WERDE IHRE STEINHÄUSER NIEDERREIßEN.“ „Er ist nicht tot, Froschlippe, nur...“ „BIST DU VON SINNEN? SIEHST DU IHN DENN NICHT?“ „HÖR MIR ZU“, schrie Aline und kniete sich zu ihm. „Sieh in seine Augen, bitte. Ich weiß das es absurd klingt, doch sieh hin.“ Froschlippe hob langsam den Kopf und blickte noch einmal in das Behältnis hinein. Aline schmerzte es ihn so zu sehen, noch nie hatte sie so viele Emotionen in seinem Gesicht gesehen, geschweige denn Tränen die über seine Wange rinnen. „Blau und gelb sind sie“, flüsterte er und seine Worte gingen in ein Gurgeln über. Die Tränen überwältigten ihn. „Dragonar, komm her.“ „Was soll ich jetzt mit dem Vieh“, zischte Froschlippe, legte seinen Kopf auf die Erde und weinte weiter. „Sieh ihm in die Augen.“ „WARUM SOLL ICH DAS TUN? WAS HAT DIESES UNTIER MIT MEINEM ….“, Froschlippe stockte der Atem. „Bl...blau und... gelb“, stotterte er. Langsam erhob er sich und seine Knie waren ihm wohl so weich geworden, das er mehrere Anläufe brauchte und stolperte. „Als er gestorben ist hat seine Seele wohl in das Ei gefunden. Ich träumte manchmal von ihm. Wie er nach der Geburt von mir weggebracht wurde und … die Augen schloss. Ich konnte mir das ganze nur zu dem Zeitpunkt noch nicht verstehen und wollte dir nichts davon erzählen, weil... nun ja du weißt ja.“ „Ich weiß. Wenn ihr beide schlaft und träumt. Dann träumt ihr gemeinsam. Ich habe schon als er noch klein war vermutet das ihr eine Verbindung zueinander habt.“ Froschlippe trat mit tränennassem Gesicht auf Dragonar zu und dieser wirkte ängstlich, verwirrt und versuchte zurückzuweichen, hatte er doch immer nur Ablehnung von Froschlippe erfahren. „Weich nicht vor mir zurück, mein Sohn.“ Froschlippe nahm den langen, schuppigen Kopf zwischen seine Hände und hielt ihn fest. „Wenn ich gewusst hätte das du es bist... ich hätte niemals so mit dir gesprochen.“ Froschlippe ging auf die Knie und hielt den Kopf seines Sohnen weiter zwischen seine Hände. „Verzeih deinem dummen Groblin-Vater“, umarmte den riesigen Drachenkopf und legte seine Stirn an die des Kindes. Aline weinte vor Freude und Trauer. Sie fühlte sich leicht wie eine Feder, denn gefühlt fielen drei Berge von ihren Schultern. Und gleichzeitig tief traurig, denn ihr Kind war als Drache dazu verdammt einsam zu sterben und konnte weder einen Partner finden, noch ein Kind zeugen. „Wir müssen seinen Körper vergraben, Froschlippe. Sein Körper soll nicht länger zum ewigen Leben verdammt in diesem Glas schwimmen.“ So gingen sie hinauf auf die Spitze des Berges. Froschlippe war kurz ins Schloss zurückgekehrt um seine Eltern zu holen. Niemanden sonst wollte er dabei haben. Seine persönlichen familiären Angelegenheiten ging niemanden etwas an. Hannelore hatte sich vor Schock die Hand vor dem Mund gehalten und ihre Augen sprachen Bände. So groß ihr Maulwerk sonst war, so ungewöhnlich still war sie jetzt. Vielsagend blickte sie zu Aline und ihr Blick schien auszusagen, das es ihr mehr als leid täte. Helmut erging es ähnlich, doch konnte er die Tränen nicht zurückhalten. Alle Beteiligten wussten das er diesen Schmerz ein zweites Mal durchlebte. „Mein Ring und Dragonar hatten mich zu ihm geführt. Ich fand ihm im Studierzimmer meines Vaters“, Aline musste mehrmals Luft holen um die Kraft zu finden ihre Worte nicht durch Tränen ersticken zu lassen. „Sie haben ihn kurz nach der Geburt getötet und seine Seele fand den Weg in das versteinerte Drachenei.“ „Drachenei?“, hatte Hannelore ihre Stimme gefunden. Alle blickten zu Dragonar, dessen Kopf in den Lichtschein der Fackel ragte. „Die Augen“, sagte Hannelore und schien zu verstehen. „Er ist also so magisch begabt wie du, mein Kind“, schluchzte Helmut. „Dragonar hatte gespürt das im Schloss etwas ist und war deswegen tagelang verschwunden und teilweise ungehorsam. Er ist aber nie dort heran gekommen ohne sich in den Krieg einzumischen.“ „Das erklärt einiges“, überlegte Helmut. „Noch etwas“, begann Aline und es fiel ihr schwer. „Mein Vater erwischte mich und wir sprachen miteinander.“ „WAS?“, riefen alle aus. „Ich sprach ihn auf Sharon an und...“, der dicke Kloß in Alines Hals brach ihr die Stimme. Helmut hatte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Brust gefasst und wendete sich ab. Hannelore blickte ihm nach und versank in ihren eigenen Gedanken. „Er wird brennen. Er wird brennen dafür“, knurrte Froschlippe und streichelte Dragonar, der aufgeregt gurrte. „Dein Sohn kommt offensichtlich nach dir, denn er hat versucht meinen Vater durchs Fenster zu schnappen.“ „Wirklich?“, fragte Froschlippe begeistert. „Ja, du bist wirklich mein Sohn“, freute er sich und klopfte Dragonar an den Hals. „Ja. Doch sein Hals war nicht lang genug gewesen, es hatte nur sehr wenig gefehlt. Er hat den Turm aber gut beschädigt.“ „Ich bin stolz auf dich, mein Junge.“ Aline achtete nicht weiter auf Froschlippe und blickte auf das Glas hinunter. Sie hatte viel Kraft aufwenden müssen um es zu öffnen und griff in die dickflüssige, streng riechende Flüssigkeit hinein um das kleine Wesen heraus zu holen. Es fühlte sich leicht, klein, zerbrechlich und kalt an. Während sie es im Arm hielt schossen wieder die Geschehnisse der Geburt auf sie ein und Tränen liefen wie Bäche über ihre Wangen. „Du warst so schön“, flüsterte sie und es wurde still um sie herum. „Ein perfekter kleiner Groblin. Nun musst du nicht mehr an diesem schrecklichen Ort sein, nun bist du hier bei uns. Ich liebe dich, Ailean.“ Der Schmerz in ihrem Inneren war weder in Worte zu fassen, und die Verwirrung kaum zu verstehen. Sie hatte das Gefühl sich ihrem Kind abzuwenden, obgleich sie es doch im Arme trug. Niemand unterbrach sie, niemand trat ihr zu nahe während sie mit dem Kind an ihrer Brust sprach. Nachdem sie in Tränen verstummt war, traten die anderen näher und betrachteten das Kind noch einmal genauer. Dragonar hatte sich derweil abgewendet und an der Klippe, welche zum Meer ragte, an dem schöne Edelweiß blühten, begann er zu graben. Aline, nachdem sie sich zusammenreißen konnte, blickte sich nach ihm um und folgte ihm. Sie verstand was er tat und begutachtete den hübschen Ort den Dragonar sich erwählt hatte. „Möchtest du hier ruhen?“, fragte sie. Ein sanftes gurgeln war die Antwort und war ihr als solche genug. Sie kniete sich zu dem kleinen Grab, legte sich den Säugling auf den Schoß und legte den Fellumhang ab, den sie über den Schultern getragen hatte. Sie legte es vorsichtig darauf, wickelte es ein und legte es da nieder. Froschlippe kniete sich zu ihr, schob die Erde darüber und klopfte es fest. „Geht es dir gut, Liebes?“, fragte Helmut. „Ich habe einen Körper begraben, aber nicht meinen Sohn.“ In der Nacht hatte Aline lange keinen Schlaf finden können. Immerzu drängte sich das kleine Gesicht des Säuglings in ihre Erinnerung und immer mehr floss der Hass durch ihre Adern. Kopfschmerzen plagte sie, denn sie konnte nicht begreifen was an diesem Abend geschehen war. Sie kannte ihren Vater nicht. Als Kind hatte sie ihre kindliche, verschleierte Meinung über ihren Vater, wie es nur ein unschuldiges, verwöhntes Kind haben konnte. Doch jetzt spürte sie nichts als Hass und es war als wäre er ein Fremder. Schon damals hatte er den Bergleuten nicht glauben wollen, wenn sie über die Groblins klagten. Doch nachdem sie ihm von diesen erzählt hatte, schenkte er ihr glauben. Sicherlich hatte er gelogen. Seine Vorfahren hatten die Groblins fast ausgerottet, er musste von ihnen gewusst haben, nur waren ihm die Belange der Bergleute und Bauern unwichtig gewesen. Obgleich sie durch Curdie die Groblins wieder aus dem Schloss verbannen konnten, hatte er ihm als Dank nur angeboten als Knecht eines Ritters arbeiten zu können. Seine eigene verschwenderischen Bedürfnisse waren ihm wichtiger gewesen als die hungernden Bürger. Den Tod seiner geliebten Frau betrauerte er heftig und erholte sich niemals wieder davon, sodas er sich in Spielschulden und der gleichen gestürzt hatte. Doch seine Schwester ließ er töten als sie die Frucht der Liebe zu einem Groblin in sich grub. Kaum waren die Groblins wieder soweit ihm eine Frau in seinem Leben zu stehlen heiratete er ein junges Ding, kaum älter als sie, nicht aus Liebe, sondern mit dem Ziel einen Erben zu zeugen, den er ihr vorziehen konnte. Aline hatte in seinen Augen den falschen Mann geheiratet und wurde von ihm nicht einmal mehr angehört. So schnell war die Liebe zu einem Kind wohl erloschen. Wie die sieben Siegel eines Buches hatte er sich ihr geöffnet und enttäuschte sie auf eine Art, von der sie wusste, das sie es niemals verzeihen konnte. Stumme tränen rannen ihr die Wange hinunter, bei dem Wissen, das sie den Mann, den sie ihr ganzes Leben lang so geliebt, nie wirklich gekannt hatte. Kapitel 49: Flammen und Schwert ------------------------------- Kapitel 49 – Flammen und Schwert Mit dünnen, knochigen Fingern hielt Aline den so eben erhaltenen Brief in den Händen, welcher ihr durch eine Brieftaube zugekommen war. Blass war ihr Antlitz und ihre blutunterlaufenen Augen lagen tief in ihrem Gesicht. Es war so weit. Die nächste und sie war sich sicher, die letzte Schlacht stand bevor. Ihre Hand zitterte leicht und langsam knüllte sie den Brief zusammen, während sie nachdenklich vor sich hinstarrte. Sie ließ das Stück Pergament aus ihrer Hand fallen und krallte diese in die metallene Armlehne ihres Thrones. Nach der ersten Schlacht hatte sie die Schwerter ihrer Feinde zusammen sammeln lassen und hatte mit Hilfe ihrer Schmiede und Dragonar einen Thron aus Schwertern errichten lassen. Es war Froschlippes Idee gewesen und er war stolz auf seinen eisernen Thron. Denn Stein hatte keine Bedeutung für ihn. Menschen erschufen sich alles wichtige aus Eisen und so wollte er sich unter den anderen menschlichen Königen abheben. Die nächste Schlacht stand also bevor. Beide Seiten hatten sich in den letzten Monaten eisern darauf vorbereitet. Für die Groblins und den Menschen gleichermaßen wurden Brustpanzer hergestellt, doch für Tand und Zierde war die Zeit zu knapp gewesen. Doch Aline hätte auch mit jahrelanger Vorbereitung darauf verzichtet. Denn wozu etwas aufwendig und teuer herstellen, wenn es nur dazu diente, zerstört zu werden. Wie das letzte Mal versammelten sich die Truppen auf den Feldern zwischen dem Schloss des Sonnenkönigs und dem Berg der Groblins. Und wieder stand Aline oben auf dem Berg und beobachtete gemeinsam mit Dragonar das Geschehen. Doch etwas hatte sich verändert. Sobald sie die Soldaten ihres Vaters in ihren glänzenden Rüstungen erblickte, fraß sich die Wut und Abscheu wie Gift durch ihre Blutbahnen. Tiefsitzender Hass schlug in ihrem Herzen und vor ihrem geistigen Auge stellte sie sich vor wie ein jeder einzelner sein Leben aushauchte. Über die letzten Wochen hatten sich diese Fantasien gehäuft und zunächst hatte Aline sich über diese Gefühle erschreckt. Doch inzwischen lebte sie damit und ein Lächeln trat auf ihrem Gesicht, während sie das Sterben in ihrem Inneren beobachtete. Nie hatte sie unschuldige Menschen getötet oder töten lassen, es war ihr immer wichtig die Richtigen zu bestrafen und nur zu töten, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Wenn es ihrem Ziel nicht im Weg stand. Doch was hatte es ihr gebracht? Dennoch hatte sie ihr Kind begraben müssen, man hatte es ihr geraubt, umgebracht und zur Schau gestellt. Nie würde sie das kleine Gesicht, diesen kalten, blassen, kleinen Körper, welchen sie in ihren Armen getragen hatte, vergessen. Immerzu spukte ihr dieses Bild durch ihren Kopf. Selbst im Schlaf musste sie immer wieder miterleben wie das Kind von seiner Mutter getrennt, in einem Keller verschleppt und getötet wurde. Ein Schlaf ohne Träume war eine Seltenheit. Inzwischen versuchte sie das Schlafen zu vermeiden, wo es nur ging, doch es zehrte an ihrer Kraft, raubte ihr die Nerven und zollte ihrem Körper Tribut. Trotz aller Bemühungen war sie die letzten Monate nicht schwanger geworden. Ein jedes Mal, wenn sie spürte dass das Rot ihren Beinen hinunter rinnt, sammeln sich Tränen in ihren Augen. Das Knurren neben ihrem Ohr holte sie aus ihren düsteren Gedanken und in die schreckliche Realität zurück. Sie richtete das Fernglas in die Richtung in die Dragonar blickte und nach etwas suchen, fand sie sein Ziel der Abscheu. Dort ritt er, ihr Vater, der König der Sonnenmenschen. Die Liebe, die noch sein Anblick bei der letzten Schlacht hervorgerufen hatte, war gänzlich erloschen. Es war als würde sie einem Fremden beobachten. Waren es mehr Soldaten? Sie erkannte fremde Rüstungen und Wappen. Er hatte sich noch mehr Hilfe geholt, sicherlich durch die einflussreiche Hilfe seiner Gemahlin und dessen Vater. Zu ihrem Schrecken erkannte sie das die Armee ihres Vaters in der Überzahl war und diese waren gewiss keine Bauern. Es würde ein hartes Stück Arbeit werden, sich zum Sieg zu kämpfen. Doch Aline spürte keine Angst. Nur Vorfreude. Die Etiketten wurden gänzlich aus dem Spiel gelassen, denn plötzlich gab es einen Aufschrei an der Spitze ihrer Armee. Ein Pfeil wurde wohl abgeschossen und man hatte versucht Froschlippe zu treffen. Doch es wurde ein anderer Groblin erwischt. Der König der Flusslande hatte das Nachsehen gehabt und war von seinem Reittier gefallen. Die Überraschung nutzte ihr Vater und gab Zeichen zum Angriff und alle setzten sich reitend und rennend in Bewegung. „Na warte“, murmelte sie vor sich hin und kletterte auf Dragonars Rücken. Ohne noch darauf zu warten, ob sie bereit war, stieß er sich von der Klippe ab und Aline hatte sich noch im letzten Moment an den Hörnern seines Rückenkamms festhalten können. Doch das scherte sie nicht, für sie zählte nur die Schlacht. Zielstrebig flog sie auf die Armee zu und Dragonar spukte ein Flammenmeer auf sie hinab, von einem Ende zum anderen. Klagen und Schmerzensschreie erfüllte seinen Flug und die Flammen verschlingen alles, was sie zu greifen bekamen. Mit Zufriedenheit ließ Aline ihn in einem Bogen denselben Weg zurückfliegen und das ganze Wiederholen. Als sie es ein weiteres Mal tun wollte, erbebte der Körper plötzlich unter ihr und Dragonar stieß ebenfalls einen Schmerzensschrei aus, den Aline durch Mark und Bein ging. Doch sie hatte keine Zeit zu fragen was passiert war, denn er sie fielen vom Himmel. Schnell stürzten sie dem Boden entgegen, doch konnte Dragonar sich noch zusammenreißen und trotz der unerträglichen Schmerzen die Flügel ausbreiten und sich und seine Mutter sicher auf dem Boden bringen. Etwas Abseits der Schlacht kam er zum Stehen und Aline kletterte von ihm hinunter, um zu sehen was geschehen war. Ein riesiger, gar monströser Pfeil steckte ihm unterhalb des linken Flügelgelenks. Verwirrt blickte sie diesen an, welcher noch breiter war als ein Speer und zog ihn mit ganzer Kraft hinaus. Dies war jedoch nicht so einfach, denn er wollte sich zunächst kein Stück rühren. Doch nach ihrer Wut gab ihr all die Kraft, die sie brauchte, um ihn langsam herauszuziehen. Kaum hatte sie es geschafft, kletterte sie wieder auf seinen Rücken. Dragonar breitete unter Schmerzen seine Flügel aus, rannte in die entgegengesetzte Richtung, in der die Armeen kämpften und begann mit dem Flügeln zu schlagen. Schwerfällig hob er ab und benötigte etwas Zeit, um an Höhe zu gewinnen. Vom Boden aus, war es dem riesigen Tier nicht leicht in die Luft zu steigen. Aline steuerte ihn nun um die Armeen herum und näherte sich der feindlichen Armee von hinten. Zwischen den Bäumen des beginnenden Waldes versteckt fand sie übergroße Balliste, welche nur dazu erbaut worden waren, um ihrem Sohn vom Himmel zu holen. Sogleich lenkte sie ihn wieder um, denn er sollte nicht in deren Sichtfeld kommen. So machte sie noch einmal einen großen Bogen und flog über den Waldrand entlang und verbrannte diesen in Schutt und Asche. Sechs an der Zahl hatten sie dort aufgestellt, doch zersprangen sie in unzählige Einzelteile, als sie mit dem Drachenfeuer in Berührung kamen. Ihr Vater hatte also wieder versucht ihr ihren Sohn zu nehmen. Und das, nachdem sie ihn bereits angeboten hatte sich in seiner Sommerresidenz zurückzuziehen. Sie blickte auf das Schlachtfeld und vergewisserte sich das ihre Armee nicht länger in der Unterzahl war. Wild blickte sie sich um, in der Angst, sie könnte eine Balliste übersehen haben. Doch aus Angst vor weiteren Pfeilen zog sie sich zunächst vom Schlachtfeld zurück. Der Hass, großmächtig und unbändig hielt in ihrem Herzen Einzug und die Lust nach Blut und Vergeltung trieben das geflügelte Tier unter ihr in die Richtung, nach der es ihr dürstete. Es dauerte nur Augenblicke, bis das Schloss sich unter ihr befand. Der Ort an dem sie geboren und aufgewachsen war. Doch aus dem einst warmen zuhause, der ihr so viel Geborgenheit bedeutet hatte, war nichts weiter übriggeblieben als eine Ansammlung von Steinen. Der Ort an dem sie geboren, ihre Mutter gestorben und ihr Sohn ermordet worden war. Der erste Feuerstrahl brannte auf dem alten, teils verfallenen und unbewohnten Turm ihrer Großmutter nieder. Früher hatte sie sie dort das erste Mal angetroffen und mehrere Male besucht. Ihren Ring mit dem magischen Faden hatte sie dort erhalten und Großmutters Tauben lebten dort. Doch das regte keinerlei Gefühl in ihr, den Turm in den Flammen hinabstürzen zu sehen. Schreie von Menschen waren zu hören und allmählich stürmten diese in den Innenhof und versuchten zu fliehen. Aline jedoch beachtete sie nicht. Sie hatten keinerlei Bedeutung für sie. Immer und immer wieder flog sie über das Schloss hinweg und Feuer sprengte riesige Wunden in das Gemäuer. Diese riesige, schützende Anlage verbeugte sich vor ihrer Wut. Die roten Ziegel auf den Dächern und die Steine sprangen auseinander und beugten sich dem Feuersturm. Nachdem sie die Hälfte zerstört hatte, und nur noch eine brennende Ruine vor ihr stand, kehrte sie um und ließ sich von Dragonar in der Nähe von Froschlippe absetzen. Der Drache sollte sich ausruhen, während sie Froschlippe auf dem Schlachtfeld unterstützen wollte. Um ihn herum hatte Froschlippe gute Arbeit geleistet und nur wenige Soldaten konnten noch aufrecht stehen. „Was tust du hier, verschwinde“, keifte dieser sie nur an und konzentrierte sich weiter aufs Kämpfen. „Nein, ich lasse dich nicht allein. Entweder kämpfen wir zusammen oder wir sterben zusammen.“ Froschlippe trennte dem letzten Feind dem Kopf ab und trat schweiß und blutgebadet zu ihr. Er musste ihr nichts sagen, sie konnte seine Gefühle in dessen Augen lesen. Und diese strahlten vor Liebe zu ihr. Plötzlich griff sich Aline ans Herz und die Luft schien ihr aus der Brust gewichen zu sein. Zur selben Zeit zerschnitt der markerschütternde Schrei von Dragonar die Luft. Aline und Froschlippe blickten erschrocken zu ihm auf. Der Pfeil einer Balliste hatte ihn durch den Hals getroffen. Blut spritzte auf sie hinab und Feuer drang aus seiner Wunde. Er verlor schnell an Höhe und stürzte nicht unweit vom Schlachtfeld zu Boden. „NEEEEEIIIIIINNNN!“, rief Aline wie in Zeitlupe sah sie wie Dragonar auf dem Boden aufkam und hörte trotz des Lärms des Krieges das Knacken seiner Knochen. Stumme Tränen liefen ihr aus den Augen und ihr Körper fühlte nichts mehr. Sie war betäubt, wie ein Stein war sie kalt und hart. Scharf sog sie die Luft in ihre Lungen und das Blut rauschte in ihren Ohren. Die Wolken zogen sich zusammen und ein Donnern war in der Ferne zu hören. Doch sie sah und hörte nichts mehr. Sie blickte in die Ferne, an dem ihr Kind zusammengesunken am Boden lag. Sie hörte weder das Klirren der aufeinanderschlagenden Schwerter, noch die Schreie der Sterbenden oder die Rufe der Überlebenden. Sie spürte nicht den Wind in ihren Haaren, nicht die Kälte um sie herum, noch das Blut ihres Kindes auf ihrer Haut. Für einen Augenblick stand die Zeit still und sie war ein Stein, in der Form einer jungen Frau. Von der einen Sekunde zur anderen erwachte sie wieder in der Realität, das Klirren der Schwerter schmerzte ihr in den Ohren, ihre Hände zitterten vor Kälter und Blut schmeckte sie auf ihren Lippen. Sie nahm ein Schwert, welches am Boden lag und begann gegen herannahende Soldaten zu kämpfen. Froschlippe blieb dabei jedoch an ihrer Seite und kehrte ihr niemals den Rücken zu. Ein herrenloses Pferd lief orientierungslos an ihnen vorbei. Froschlippe stoppte es und hob seine Frau hinauf. „Lass dich auf keinen Kampf ein, bring unsere Armee zu mir. Wir sind alle zu weit auseinander.“ Froschlippe wollte sie an einem etwas sichereren Ort wissen als an seiner Seite. Die Angst um sie lenkte ihn zu sehr ab. Aline ritt durch die Reihen und zu den einzelnen Gruppen und zeigte ihnen den Weg zu Froschlippe. Sie sah ihnen an das der Tod der besten Waffe, dem Drachen, nicht entgangen war und Angst in ihren Augen eingekehrt war. Sie trieb das Pferd unter sich immer wieder über die Wiesen und trieb ihrer Soldaten in die gewünschte Richtung, rief ihnen Mut zu. Mit aller Kraft versuchte sich Aline zu fokussieren, nicht auf den großen, schuppigen Körper am Rande des Schlachtfeldes zu achten. Sie musste es schaffen, ob mit oder ohne Drachen. Die Leben all dieser Bauern, Soldaten und Groblins befanden sich unter ihrem Schutz. Die Wolken am Himmel verdichteten sich immer mehr und es wurde für die Tageszeit ungewöhnlich dunkel. Sie blickte den Feinden entgegen, die sich inzwischen ebenso die Zeit nutzten, um sich zu sammeln. Diese blickten ihr etwas unsicher entgegen. Sie schienen sich zunächst nicht einig, ob sie weiterkämpfen oder den Rückzug antreten sollten. „Glaub an dich Aline, glaub an dich. Du hast deine eigene Magie gefunden“, dachte sie sich immer wieder und versuchte sich selbst Mut zuzureden. In der Menge fühlte sich ihre deutlich kleinere, übrig gebliebene Armee sicherer und Froschlippe rief ihnen Mut zu, welche sie anheizte und die Kampfeslust wieder die Gruppe beherrschte. Zielstrebig lenkten sie in Richtung der Feinde, in Richtung des Schlosses. Und diese schienen auf etwas zu blicken das ihnen Angst einjagte. Über Aline flog ein Schatten hinweg, und dessen Silhouette kannte sie nur ganz genau. Mit klopfendem Herzen blickte sie gen Himmel und war verwirrt als sie nicht die ledrigen Schwingen ihres Kindes sah. Seine Silhouette sah sie wohl, doch bestand diese nur aus einem schwarzen, zu einem Drachen geformten Nebel, welcher sich auf die Soldaten zubewegte. Ihre Soldaten sahen es ebenso und es schien ihnen den letzten Rest an Mut wieder geschenkt zu haben. Ihre Königin hatte einen Drachen am Himmel erzeugt und kämpfte mit ihnen an ihrer Seite. Die mutigsten Soldaten, welche noch übriggeblieben waren, bekämpften sie erfolgreich, trotz der Anzahl welche ihrer in nichts nachstand. Sie hatten es nur geschafft, weil ein Teil der übrig gebliebenen, feindlichen Armee den Schatten fürchtete, und rannten in Richtung des Schlosses und kaum hatte sich der letzte von ihnen in Bewegung gesetzt und das große Maul des Tieres, welches sich schnell näherte, flog durch diese hindurch und der schwarze Nebel verwehte im Wind. Verwirrt blickte Aline an die Stelle, wo ihr Sohn niedergekommen war, und dort lag er noch immer. Vor dem Schloss hatten sich die Überlebenden des Flammenangriffs gesammelt, jedoch nicht die Überlebenden der Schlacht. Nachdem diese die dicken Rauchschwaden über dem Schloss erblickt hatten, zogen sie es vor sich abzusetzen. Ihren Vater hatte sie darunter nicht ausmachen können, doch die Königin saß dort erschöpft am Boden, umringt von Bediensteten und wenigen Adeligen. Die pure Angst spiegelte sich in jedem Augenpaar wider, in das Aline blickte. Und zu ihrem Missfallen, fiel ihr der stark gewölbte Leib der Königin auf. Sie war offensichtlich in guter Hoffnung. Ihr Vater hatte es also geschafft. Aline trat auf ihrem Pferd und ihrem Schwer zielstrebig auf diese zu, die Groblins und Bauern folgten ihr. „Tötet ihr mich jetzt?“, fragte die junge Königin und konnte nicht verhindern das ihr die Tränen die Wangen hinunterliefen. Kapitel 50: Tod und Leben ------------------------- Kapitel 50 – Tod und Leben Die Asche bedeckte wie Schnee die Wiesen und Wege, welche sich vor dem zerstörten Schloss befanden. Obgleich es nach Winter aussehen mochte, wenn man in eine bestimmte Richtung blickte, waren die Sommerkleider der Menschen und die halbnackten Groblins in der Sonne ein starker Kontrast zu dem unechten friedlichen Anblick. Beachtete man nicht die noch immer brennende Ruine, welche noch am Morgen des Tages prächtig und majestätisch auf der Klippe gethront hatte. Ein Bauer und ein Groblin hatten sich gemeinsam die Königin gepackt und sie links und rechts zu Aline geführt. Nun war es endlich soweit. Der Moment war gekommen in dem Aline mit ihrer Widersacherin alles tun und lassen konnte, wie sie wollte. Jahre hatte sie auf diesen Moment warten müssen. Zunächst hatte sie wie ein eifersüchtiges Kind auf diese fremde Frau reagiert, hatte das Gefühl gehabt, diese hätte ihr ihren geliebten Vater geraubt. Dann hatte sie sie beleidigt und vor anderen bloß gestellt während ihres Aufenthaltes im Schloss. Ihr liebes Kindermädchen Lottie, das ihr wie eine Art Mutter gewesen war, hatte sie köpfen lassen. Blut von Groblins klebte an ihren Händen. Sie hatte Alines Sohn, kaum das sie ihn aus sich heraus gepresst hatte, entführt und töten lassen. Er wurde zur Schau gestellt, in einem Glasbehältnis, auf ewig dazu verdammt sich von Menschen betrachten und deren Ergötzung und Spott ausgesetzt zu sein, statt in Frieden zu Ruhen. Dann hatte diese Frau und auch ihr Vater nach allem auch noch tödliche Waffen erbaut und ihr ein weiteres Mal ihren Sohn zu rauben. Obgleich sie geschworen hatte keine Unschuldigen zu verletzen. Sobald der Drache das jugendliche Alter erreicht und so groß war wie ein Elefant hätte sie ihn gezielt auf das Schloss lenken können um bei Nacht alles niederzureißen. Von Anfang an hatte ihr Vater mit unfairen, unehrlichen und niederträchtigen Mitteln gekämpft. Von jeglichem ritterlichen Codex und Verhalten entsagt hatte er seine Züge geplant. Wohl wissentlich das der Drache ihm in der ersten Schlacht sein Leben gerettet hatte. Plötzlich rannte Curdie zu ihr hinauf, sein Brustpanzer verbeult, schmutzig und mit Blut beschmiert. „Der Sonnenkönig ist tot.“ Kein Gefühl. Keine Freude, keine Trauer. Ihr Vater war tot und seine junge hochschwangere Frau stand vor ihm. Wie einst ihre Tante Sharon, wie einst sie selbst. Margarete hatte zunächst nicht verstanden von wem die Rede war, denn sie kannte die Gepflogenheiten der Groblins nicht. Doch langsam schien sie zu begreifen, das konnte Aline ihr deutlich ansehen. Es war keine Trauer in ihren Augen zu sehen, nur Enttäuschung. Nicht weil ihr Gatte gestorben war, sondern der Krieg verloren. Aline hätte nun alles tun können, was sie wollte, doch spürte sie nur noch eine große Leere in sich und eine bleierne Müdigkeit. Sie hatte genug. Genug von Kriegen und Schlachten, genug von Hass und Vergeltung, genug von diesem anstrengenden Leben, das ihr jede Lebensfreude raubte. Sie blickte Margarete in die Augen und sah nur eine junge Frau, deren Leben vielleicht gerade einmal zwanzig Jahre zählte. Alines Vater wird sie nicht aus Liebe und schon gar nicht freiwillig geheiratet haben. Sie wusste um die geschäftlichen Vorteile, wenn das eigene Kind den richtigen Partner heiratete. Vermögen, Macht und Land konnte dadurch vergrößert werden und es war ein strategisches Ränkespiel, in dem jeder sein Vorteil suchte. Margarete war ein Opfer des Spiels um den Thron, ebenso wie sie selbst. Dazu verdammt einen Mann zu heiraten der ihr Vater sein konnte, für den sie niemals Liebe empfinden könnte. Womöglich regelmäßig ins Bett gezwungen, um einen Erben zu zeugen, denn schließlich waren Enkelkinder gefürchtet und mussten vom Thron ferngehalten werden. Sie töten zu lassen war ihr Vater nicht in der Lage, fand doch niemand den Weg in die Groblinstadt, bis zu dem Tag, an dem Aline sich ihm in die Hände gegeben hatte. Aline hatte jahrelang gelitten, doch hatte Margarete noch mehr erleiden müssen. Gefangen im strengen Hofzeremoniell, ein jeder sah in ihr nur die Möglichkeit stramme Söhne zur Welt zu bringen und mit jedem Monat, in dem die Blutungen wiederkehrten, wurden die Lästereien lauter. Und ihr Wert sank immer weiter. Gestraft mit einem alten Mann, gefangen in einem goldenen Käfig, zu wissen das es in der Ferne im Berg eine Konkurrentin lebte. Eine Frau, die nicht den gewünschten Nachwuchs hervorbrachte, konnte leicht zu Tode kommen, mit dem schwesterlichen Leben im Kloster bestraft werden und aus der guten Gesellschaft ganz verschwinden. Margarete war kein Feind, der es auf Aline abgesehen hatte, sondern ein Mädchen, das um ihr Leben und ihre Zukunft kämpfen musste, im Glauben das richtige zu tun. Aline hatte sie zu Tode foltern wollen. Für ihren Sohn, für die Groblins, für Lottie. Doch sie war müde und hatte keine Kraft mehr. Ihr Leben und Leiden hatte keine Bedeutung mehr. „Eigentlich wollte ich dich töten. So oft habe ich mir vorgestellt was ich dir antun wollen würde. Doch jetzt sehe ich das du genau wie ich zum Opfer des Ränkespiels der Könige geworden bist wie ich. Mit weniger Glück als ich.“ „Du nennst es Glück mit Grünlingen unter der Erde im Dreck zu hausen?“ „Es ist ganz gleich, wo ich wohne, ich liebe meinen Gatten über alles und er liebt mich. Kannst du das auch sagen?“ Margarete blickte nur voller Wut, Ekel und Abscheu zur Seite und schien an Alines Vater zu denken und das bestätigte Alines Vermutung über das Verhältnis der beiden. „Wir können das alles vergessen und begraben. Arbeite mit mir zusammen und du kannst dich als Herrscherin über den Menschen versuchen. Natürlich als meine gewählte Regentin, über die ich noch immer das Wort behalte.“ „Du bist wie dein Vater“, lächelte Margarete abwertend. „Er war auch immer so naiv und glaubte an das Gute im Menschen. Du weißt sicher von einigen seiner Taten, er war ein schlechter König, ohne Zweifel. Denn das Feiern, spielen und herumhuren war ihm wichtiger als sein Volk. Doch sein Titel und seine Ahnenreihe ließen meinen Vater blenden. Wie oft haben wir eindringlich mit ihm gesprochen, ihn zwingen wollen den Berg endlich anzugreifen und dich daraus zu holen und die diese Missgeburten zu töten. Doch er hat sich geweigert, immer und immer wieder. Stattdessen hat er mich in fast jeder Nacht meines Daseins als seine Königin besprungen in der Hoffnung ich könnte seinem alten Glied noch Leben einhauchen. Doch die Wahrheit war das er oft nicht mehr imstande war ein Kind zu zeugen. Das hielt ihn aber nicht davon ab mich zu quälen. Doch wie du sehen kannst, hat er es tatsächlich geschafft. Mein Alchemist, den du von deinem Drachen hast töten lassen, hatte ihm sicherlich dabei geholfen. Als du selbst zu uns gefunden hast, war es ein leichtes für mich und das kleine Wesen habe ich gerne betrachtet, oben in meinem Reich im Turm, welches mir dein alter Vater als Raum gestattete. Daervil war sehr begabt in seiner Zunft und ich war mehr als glücklich als er mir das besondere Geschenk gemacht hatte, welches sich in dem Glas befand, das du gestohlen hast.“ „Wie kannst du einer anderen Frau, welche sich in der gleichen Lage befand wie du so etwas antun?“ „Wir waren nie in der gleichen Lage. Du gehörtest für mich zu den Grünlingen und hattest damit das Privileg als Mensch betrachtet zu werden, entsagt. Ich hatte dir angeboten das Leben hinter dir zu lassen, zu uns Menschen zurückzukehren und du hättest einen meiner Cousins heiraten können. Oder gar einen meiner jüngeren Brüder. Doch stattdessen hast du mich immer mit diesem missbilligenden Blick angesehen, als hätte ich dir Gott weiß was angetan und bist mir mit kühler Freundlichkeit begegnet. Ich hatte glauben wollen das man dir ordentlich den Kopf gewaschen hatte, dass du nur etwas Zeit brauchen würdest, dass ich vielleicht fortan nicht mehr allein sein musste im Schloss. Doch hast du es so weit getrieben das du diese dämliche Lottie mit einer Nachricht zu den Groblins hast schicken wollen. Und das zeigte mir das du kein Mensch mehr bist, dass du eine Gefahr für unser aller Leben bist. Denn der Boden und die Mauern waren nach deinem Verschwinden verstärkt worden, wofür mein Vater hat viel Gold zahlen müssen, aber dennoch konnte ich nicht sicher sein, dass eines Nachts ein begriffsstutziger, wilder Grünling neben mir steht und mir die Kehle aufschneidet oder schlimmeres.“ Die bleierne Müdigkeit lichtete sich auf wie ein dichter Nebel und der Schmerz sickerte in Alines Herz zurück. „Ich, Aline vom Hause Gaeldaerys, Tochter der Sonnenmenschen, ab sofort alleinige Regentin von Kilmarnock, Königin der Groblins, Mutter des letzten Drachen und Schlichterin der Völker, verurteile dich zum Tode. Wegen Verrat an der eigenen Verwandtschaft, Verrat gegenüber deinem Gatten, weil du Zwietracht zwischen einem Vater und seiner Tochter gesät hast. Den Mord gegenüber einem unschuldigen Kind, einen weiteren Mord gegenüber meinem zweiten Kind, dem Drachen, dem ich auf die Welt verholfen hatte. Den Mord an Groblins, den Mord an Lottie meiner Kinderfrau. Und die Beteiligung an einem Krieg, der leicht verhindert hätte werden können.“ Aline zog das Messer aus ihrer Scheide, welches sie seit Kriegsbeginn immer an ihrer Taille getragen hatte und befehlte dem Bauern und dem Groblin ihre Stiefmutter zum Liegen zu bringen. Diese kämpfte unter Tränen im Angesicht des Todes dagegen an, beschimpfte sie und schrie. Doch ein weiterer Groblin hielt auch ihre Beine, wodurch sie sich nicht mehr rühren konnte. „Ihr elendigen Wichte, ihr Monster, ihr Missgeburten, bleibt bloß fern von mir“, schrie sie mit ganzer Kraft, das es Aline in den Ohren schmerzte. Doch mit ruhiger Hand und fester Konzentration kniete sie sich nieder und schnitt den Bauch auf. Die Schmerzensschreie vibrierten in ihren Ohren und Aline hatte das Gefühl taub zu werden. Aber dennoch griff sie in das warme Fleisch, Blut lief unablässig aus der riesigen Wunde und sie holte das zusammengerollte Kind heraus. Glücklicherweise hatte sie es nicht verletzt. Ein gezielter Schnitt befreite es von der Nabelschnur und mit sanftem Klopfen auf denn Rücken brachte sie es zum Schreien. Für einen Augenblick hielt sie es in den Armen und das Schreien des Kindes, welches sie sogleich an ihren Sohn erinnerte, trat ein zufriedenen Lächeln in ihr Gesicht. „Ich verspreche dir mich gut um sie zu kümmern“, sagte sie zu Margarete, ohne aufzusehen. Verwirrt blickte die schweißnasse Königin zu ihr auf, ihr Atem wurde immer ruhiger und ihr Körper bebte. Aline wickelte das Kind in ein Tuch, welches ihr gereicht wurde und gab es Curdie in den Arm. Sie blickte ihrer dahinscheidenden Stiefmutter entgegen. „Es ist ein Mädchen. Und sie wird als meine Tochter aufwachsen. Ihr wird es gut ergehen und soll ein glückliches, selbstbestimmtes Leben führen. Ich verspreche dir das sie niemals heiraten muss, wenn sie es nicht will.“ Zunächst war sie sich nicht sicher, ob Margarete ihr noch folgen konnte, obgleich sich ihre Augen nicht abwendeten. Plötzlich schloss sie ihre Augen und ein erleichtertes Lächeln zierte ihren Mund, während die letzten Tränen über die Wangen rinnen und ihren letzten Atemzug aushauchte. „ALINE, BEEIL DICH. DRAGONAR LEBT NOCH!“, rief plötzlich Froschlippe aus der Ferne. Alles um sich herum vergessend rannte Aline ihm entgegen und so schnell sie ihre Füße tragen konnten, lief sie zu ihrem Sohn. Dort lag er. Ein Flügel unter ihm vergraben, die Brust voller Blut, ebenso der Hals und selbst aus seinen Nasenlöchern rannen Blutstropfen. Ein Gurgeln und Röcheln drangen aus seinem Maul und der Öffnung seines Halses, durch dem der Pfeil ihn getroffen hatte. Seit Stunden musste er hier im Kampf gegen den Tod liegen. Ängstlich blickten Aline die Augen, welche solch ungewöhnliche und unterschiedliche Farben hatten. Plötzlich verrauchte ihr Dasein als gefühlloser Stein. Die Härte all der Trauer, Wut, Entsetzen, Enttäuschung, Verzweiflung und der Liebe schlugen sie wie Peitschen ins hilflose Fleisch. Ein Wirbelsturm aus allen erdenklichen Gefühlen und Gedanken tobten in ihrem Inneren und mit zittrigen Händen streichelte sie über das schuppige Gesicht. „Es wird alles gut“, sagte sie wie zu sich selbst und die Tränen brannten ihr im Gesicht und flossen wie ein reger Fluss über ihre Haut. „Beruhige dich mein Kind, du musst keine Angst haben. Ich liebe dich. Dein Vater und ich sind bei dir. Wir verlassen dich nicht. Wenn du in diesem Leben nicht mehr zu mir findest, sei gewiss, ich werde dir folgen, wo immer du auch hingehen magst.“ „Ich werde auch kommen, warte nur auf mich“, flüsterte Froschlippe und streichelte seinen Sohn beruhigend. Die Worte schienen ihr Ziel nicht verfehlt zu haben, denn der Drache beruhigte sich, das Gurgeln und Röcheln wurde immer leiser, bis es erstarb. Die Augen blickten ihr entgegen und sie sah wie das Licht in ihnen erlosch. Kalt und leblos blickten sie ihr entgegen und eine unerträgliche Stille trat ein. Das Schluchzen schüttelte Alines Körper heftig und sie hielt den Kopf ihres Sohnes zwischen ihre Hände. „NEEEEEIIIIIIINNNN!“, schrie sie mit letzter Kraft auf ihren Lungen und erstarb in Heiserkeit. Flammen und Funken stoben aus ihren Händen und züngelten in Windeseile über den riesigen Körper hinweg. Bahnten sich ihren Weg über die Hügellandschaft aus Fleisch, Knochen, Flughäuten und Schuppen. Fraßen sich hindurch als hätten sie seit langer Zeit Hunger leiden müssen. Das Feuer wuchs zu einer monströsen Flamme hinauf, so groß wie ein Herrenhaus, unter sich den Körper ihres einzigen Sohnes begraben. Mit letzter Kraft und dem Rest an Magie das sie aufbringen konnte, zielte sie ihre Trauer und ihren Schmerz auf den leblosen Körper. Sie wollte nicht das hungrige Menschen sich an seinem Fleisch gütlich tun, das sein Körper verstümmelt und geschändet wurde, und als Trophäe in Wohnkammern hing. Auch wollte sie den Körper nicht der Erde geben, welche ihn Fressen und verfaulen lassen würde. Sie wollte ihn bei sich haben. Er sollte für immer bei ihr bleiben, bis sie selbst ihren letzten Atemzug tat. In ihrer Pein bemerkte sie nicht die Groblins und Menschen, die sich um den Leib versammelt hatten, welche ebenso wie sie um dieses mächtige, schöne und furchteinflößende Tier trauerten. Froschlippe wollte sie fortbringen, packte sie an den Schultern und wollte sie von den Flammen wegzerren, denn ihre Kleidung begann in der Hitze zu rauchen und auch ihre Haare versenkten im Feuer. Aline ließ es zu das er sie wegholte, denn feuerfest war sie nun nicht mehr, es hatte schmerzen verursacht und ihr ein Beweis das ihre Magie erloschen war. Doch auch wenn sie Abstend gewonnen hatte zwischen sich und ihrem brennenden Sohn, so wollte sie den Platz nicht verlassen, ehe die letzte Flamme erloschen war. Als nur noch Knochen übrigblieben, so weiß und rein als hätten die Flammen sich nicht getraut diese anzurühren, gab sie Befehl das diese hinein getragen wurden in den Berg. Im Thronsaal ließ sie das Skelett aufbauen, hinter Froschlippes Eisernen Thron sollte er sitzen und weiterhin über sie wachen. Nach wenigen Wochen war die Nachricht über den Ausgang des Krieges durchs gesamte Land gedrungen und allmählich trauten sich vereinzelt Groblins aus dem Berg hinaus. Niemals würde es Frieden geben, das wusste Aline, immer würde es Menschen und Groblins geben, in denen der Hass zu tief saß. Weder Menschen noch Groblins konnte sie kompletten Schutz zusichern, doch die Welt war an diesem Tag der Schlacht für einen Augenblick stillgestanden und war nie wieder die Gleiche. Die Leiden des Krieges hafteten ihr noch lange an und es dauerte bis sie wieder allmählich zu der alten Aline fand. Die alte Aline würde es nie mehr geben doch fand sie wieder zur Zufriedenheit zurück. Acht Monate nach dem Krieg blickte sie auf ihre fast einjährige Tochter hinunter, welche in der Liege neben ihr schlief. Schwarze Locken umrahmten ihr süßes, rundes Gesicht und sie hätte nicht gedacht so viel Liebe für dieses kleine Wesen zu empfinden, dessen Mutter ihr doch so viel Leid gebracht hat. Doch das kleinere Wesen in ihrem Arm, welches sie vor wenigen Stunden auf die Welt gebracht hatte, mochte seinen großen Anteil daran haben. Spitze kleine Ohren hatte es und dunkle rosa Haare. Ihr Sohn blickte ihr entgegen und sie lächelte es mit Tränen in den Augen an. Ein blaues und ein goldenes Auge blickten ihr entgegen.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)