Die Sonnenprinzessin und der Koboldprinz von SainzDeRouse (Fortsetzung von "Prinzessin Aline und die Groblins") ================================================================================ Kapitel 14: Annäherungen ------------------------ Kapitel 14 - Annährungen Aus einem sehr langen, erholsamen Schlaf erwachte ich langsam wieder und genoss noch die angenehme Liegeposition und die Wärme meiner Decken, vorrangig die Wärmequelle zu meiner Linken. Es war besonders schön warm an meiner linken Seite. Seufzend legte ich mich hinüber und kuschelte mich an den harten Körper mit der dicken Haut. Mit einem lauten spitzen Schrei riss ich meine Augen auf und warf mich nach hinten. Meine Wärmequelle rief kurz erschrocken auf und fiel aus dem Bett zu Boden. Ich hatte mich glücklicherweise auf dem Bett halten können. „Was tust du hier?“, fragte ich, die Hand an meinem Herzen und versuchte es zu beruhigen. „Was soll das heißen, was tu ich hier. Das ist mein Schlafzimmer.“ „Aber dein Bett ist da drüben“, zeigte ich auf das, aus dem Fels gehauenen Bett. „Ja aber deine Hände waren so kalt, du hast erwähnt das du immer frierst und ich wollte sehen wie ihr Menschen schlaft.“ Ganz überrascht stellte ich fest das er nun ganz anders war als in der Gegenwart anderer Kobolde. Nun kam er mir eher wie ein fünfzehnjähriger Junge vor und nicht wie ein Regent. Junger Mann, korrigierte ich mich. Aber deutlich kindlicher blickte er drein. „Wie hast du geschlafen?“, fragte ich neugierig. „Es war erst sehr ungewohnt auf so einer weichen Oberfläche zu liegen, aber dann war ich müde geworden und zu faul zu meinem Bett zu gehen. War so schnell eingeschlafen, hab das gar nicht gemerkt“, lächelte er und kratzte sich etwas verlegen am Kopf. „Wenn ich so darüber nachdenke hab ich gut geschlafen. Ich hab nur etwas Rückenschmerzen“, klagte er und streckte sich. Ich kam nicht umhin mir dabei seinen Körper genauer unter gesenkten Lidern anzusehen. Nun war ich mir sicher das er an Muskeln zugelegt hatte. „Willst du wirklich alle Kobolde umsiedeln? Ihr habt euch doch hier eine ganze Stadt erbaut.“ „Das haben wir, aber ich muss damit rechnen das der Frieden mit deinem Vater nicht ewig anhält. Schließlich habe ich dich entführt. Ich bin mir sicher das er die Zeit auch nutzt um uns anzugreifen und seine Armee aufzubauen.“ „So wie du aussiehst scheinst du auch selbst Hand anzulegen“, nuschelte ich peinlich berührt und zupfte verlegen an der Decke. Deutlich spürte ich seinen Blick auf mir und konnte aus den Augenwinkeln sehen wie er selbst kurz seinen Körper musterte. War das ein Lächeln gewesen? Hatte das nicht so genau sehen können. „In so einer großen Sache muss man klare Anweisungen geben und die Arbeiten überwachen. Nur so können Fehler und Zeitverluste vermieden werden. Sie fühlen sich sonst schnell unsicher, fragen immer wieder nach, machen es falsch oder gar nicht. Trödeln herum. Das kostet dir zu viel Zeit. Und Zeit kostet Essen, das wieder herangeschafft werden muss. Und sollten meine Befürchtungen wahr werden, dann kostet Zeit auch Leben. Ehrlich gesagt hab ich mich früher auch nie darum geschert. Ich habe nur beobachtet was meine Eltern getan haben. Und meine Mutter führt ein hartes Regiment wie du weißt, aber anders hätte der riesige Damm den wir erbaut hatten, niemals funktionieren können. Außerdem habe ich bestimmte Vorstellungen von unserem neuen Zuhause. Ich habe mich inspirieren lassen von dem Schloss deines Vaters. Ihr lebt viel besser und verschwenderischer als wir. Groblins sollen dem Menschen nicht mehr nachstehen.“ „Das ist bewundernswert. Du gibst dir sehr viel Mühe“, nuschelte ich traurig und fühlte die Scham in mir. Ich war eine furchtbare Königin. Obgleich ich unfreiwillig hierher gekommen war und mir dieses Leben nicht ausgesucht hatte, wollte ich nicht mein restliches Leben ungeliebt und einsam in meinem Zimmer sitzen. Wenn sich mein Leben ändern sollte würde ich es selbst in die Hand nehmen müssen. Und wer wusste es schon, wenn ich das Vertrauen in mich erst einmal geweckt hatte, konnte ich vielleicht eine Möglichkeit finden zu meinem Vater zurückzukehren. „Wie hast du von uns erfahren? Ich habe Bergleute einmal darüber sprechen hören das Leute vom Schloss von unserer Existenz nichts wüssten. Und wie kam es dazu das du dich mit dem Sonnenknaben angefreundet hast?“ „Lottie, meine Kinderfrau war mit mir hinaus an den Waldrand gegangen damit ich etwas hinaus kam. Sie hatte mir immer eingetrichtert das ich in ihrer Sicht bleiben solle und redete immerfort von seltsamen Dingen“, kicherte ich als ich an meine liebe Kinderfrau dachte. „Nachdem sie an einem Baum eingeschlafen war, hatten Robin und ich uns entfernt und folgten einem Schmetterling. Robin hatte ihn fangen wollen. Irgendwann hatte er sich auf einen kleinen Erdhügel gesetzt und als Robin dabei war ihn einzufangen hatte sich der kleine Haufen gerührt und ich dachte ein Maulwurf würde sich zeigen. Aber das war eine Groblin-Hand, die nach Robins Schwanz gegriffen hatte. Ich hatte Robin geradeso mit aller Kraft herausziehen können. Dann schossen über all um uns herum Erdhügel aus dem Boden, ich war tiefer in den Wald gelaufen und hatte mich schnell verlaufen. Eure Haustiere waren aufgetaucht, hatten mich erschreckt und als ich weinte und glaubte verloren zu sein, fand mich Curdie und verscheuchte sie mit einem Lied. Da erfuhr ich von euch und er hatte mich wieder sicher nach Hause gebracht.“ „Mmh“, nickte Froschlippe verständnisvoll. „Du warst in eines unserer Jagdgebiete geraten. Wir haben Tunnel die nur fürs Jagen gedacht sind. Mit unseren Ohren können wir genau hören und fast schon spüren wenn etwas über uns ist. Tagsüber zu jagen wäre zu gefährlich, wir haben euch Menschen bisher gemieden. Nachts kommen wir manchmal hervor um Essen zu stehlen, zu jagen oder junge Kobolde schicken sich als Mutprobe zu den Menschen hinauf. Du weißt schon, wer traut sich einen Menschen zu erschrecken und solche Sachen.“ „Öhm... ja natürlich“, sagte ich als ob ich wüsste wovon er sprach. Plötzlich wurden wir in unserem Gespräch unterbrochen. Silki kam herein mit einem Tablett auf dem das Frühstück angerichtet war. In ihrem Blick sah ich deutlich das sie sich ein Lächeln verkneifen musste und gleichzeitig vor Peinlichkeit verging. Ihre Wangen waren gerötet bis zu den Ohren und sie traute sich kaum uns anzusehen. Ich musste mich zwingen nicht daran zu denken was in ihrem Kopf vorging. Sie musste glauben das etwas passiert war zwischen mir und Froschlippe. „Wir wären zum Frühstück gekommen, meine Eltern warten sicher.“ „Das Frühstück ist längst vorbei Majestät, Ihre Eltern fragten nach Euch, doch sagte ich das der König und die Königin noch schlafen würden. Da befahlen sie mir Euch Frühstück zu bringen, sobald ihr erwacht seit. „Gut, du darfst gehen“, sagte Froschlippe knapp und ich glaubte zu erkennen das seine Wangen an Farbe gewannen. „Lass es dir schmecken“, sagte er und wollte zu seiner Schüssel mit Insekten greifen. „Warte“, sagte ich. Das Frühstück war exakt so hergerichtet das jeder seine gewohnten Mahlzeiten verspeisen konnte. Für mich Obst und Brot, für ihn Insekten, unbekanntes Fleisch und undefinierbaren Brei. Ich ekelte mich davor, doch habe ich eine Entscheidung getroffen. So nahm ich das Tablett und drehte es auf den Kopf. Erstaunt zuckten seine Ohren und sah mich verwirrt an. „Du wirst meines essen und ich deines“, erklärte ich mein Handeln. Etwas änderte sich in seinem Blick. Das hatte ich noch nie bei ihm gesehen doch konnte ich es nicht deuten. „Einverstanden“, sagte er und lächelte. Er nahm einen Apfel in die Hand und biss hinein. Sofort verzog er das Gesicht. Verwundert blickte ich ihn an. Schmeckte er so scheußlich für ihn? „Sehr süß, das zieht ganz schön in den Backen. Das bin ich gar nicht gewohnt“, schmatzte er. Ich indessen nahm mir das Fleisch dessen Herkunft ich nicht bestimmen konnte. „Nein, ess immer die Insekten zuerst, sie krabbeln dir sonst weg“, sagte er sanft und schnappte sich so gleich zwei Stück die sich in ihre Freiheit flüchten wollten und ließ sie in die Schale fallen. Angewidert blickte ich auf das kriechende und krabbelnde Getier hinunter. „Das sind meine Lieblingskäfer“, zeigte er auf einen großen braunen Käfer. „Schließe die Augen am besten.“ Ich nahm den Käfer und das Kribbeln und Krabbeln auf meiner Handinnenfläche ließ mich schon angeekelt aufschreien. Er fiel mir auf die Decken, doch Froschlippe hatte schnell reagiert und ihn schnell geschnappt. „Augen zu“, sagte er und sah mich auffordernd an. Ich schloss die Augen und machte dabei ein Gesicht als würde etwas furchtbares geschehen. „Leg deinen Kopf etwas nach hinten und öffne den Mund. Etwas mehr, da passt nichts rein. Und nicht nachdenken, einfach nur kauen und schlucken.“ Furchtsam krallte ich meine Hände in die Laken. Plötzlich war dieses Getier in meinem Mund. Es schmeckte erst mal weder eklig noch gut, doch bewegte es sich und ich quietschte angeekelt auf und presste die Lippen aufeinander. „Schnell kauen und schlucken.“ Eilig tat ich was mir aufgetragen wurde und kaute. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor das hier und da noch etwas zuckte und einmal war es mir fast hochgekommen, doch musste ich auch feststellen das je länger ich kaute, es begann angenehm zu schmecken. Ehe ich mich überwinden konnte es hinunterzuschlucken hatte es mehrere Anläufe benötigt. Nachdem es mir endlich gelungen war konnte ich mit dem Schlucken nicht aufhören. Jedes Stück des Käfers sollte aus meiner Mundhöhle verschwinden. Froschlippe reichte mir einen Kelch Wasser und ich spülte es in Windeseile hinunter. Das wurde mit jedem Käfer, Wurm oder Raupe wiederholt. Tatsächlich zwang er mich nicht dazu das zu tun, ich wollte es. Mir war bewusst das ich etwas ändern musste und um das Ziel zu erreichen war es nötig mich anzupassen. Mit jedem Bissen dachte ich an Vater oder Curdie. Der Gedanke an sie gab mir die Kraft. Als die Schüssel geleert war nahm ich den letzten Schluck, der sich in der Karaffe befunden hatte. Froschlippe legte anerkennend eine Hand auf meine Schulter. „Niemand wird von dir verlangen das du nur von Käfern lebst. Wenn dir etwas angeboten wird, nimm nur einen und versuche nicht angewidert dabei auszusehen.“ „Ich werde es versuchen, aber ich verstehe warum dein Lieblingskäfer dein Liebling ist. Er schmeckt wirklich von allen am besten.“ „Hättest du nichts anderes würdest sie lieben. Man kann sich an alles gewöhnen.“ „Was ist das für ein Fleisch?“ „Es stammt von einem unserer Haustiere. So wie ihr Tiere züchtet zum Essen tun wir das auch. Der Brei ist nichts anderes als roher Teig. Nur wir können nicht alles so anbauen wie ihr und hier unten benutzen wir so wenig wie möglich Feuer, da der Rauch sonst durch die Höhlen zieht.“ „Könnt ihr keine Höhlen erbauen durch die der Rauch abziehen könnte?“ „Dann wäre es ein leichtes für die Menschen uns zu finden.“ „Dem Teig fehlt auch Salz. Zucker und Gewürze habt ihr wohl auch nicht?“ „Was ist das?“ „Etwas um dem Essen einen besseren Geschmack zu geben.“ In diesem Moment glaubte ich noch nie so viel Unverständnis in sein Gesicht gesehen zu haben. „Man kann Speisen süßen, wie Kuchen oder Backwerke oder Obstsalate oder süße Aufläufe. Oder wenn man es pikant möchte kann man dem Fleisch oder den Kartoffeln Salz und Pfeffer hinzufügen, das gibt dem … eben mehr Geschmack. Es schmeckt viel besser und nicht so fad.“ Ich merkte schnell wie schwer es war jemanden etwas zu erklären was für einen selbst völlig alltäglich war, was der andere jedoch nicht kannte. „Dafür haben wir nichts. Es gibt ein paar Kräuter und Moos und Algen. Aber für mehr Geschmack wie du es nennst, haben wir nichts.“ Gedanklich machte ich mir eine Notiz Vater um einen Sack Zucker, Salz und Pfeffer zu bitten. Kochbücher nicht zu vergessen. Da meine Briefe immer mitgelesen wurden, und auch wenn ich es nie gesehen habe, war ich mir sicher das dies geschah, schrieb ich meinem Vater nur einmal im Monat. Die offensichtlichen Schwächen der Groblins kannte er ohnehin, aber das sie Steinschuhe produzierten und sich Wachs und teilweise Steine in die Ohren steckten, das wagte ich nicht zu erwähnen. Die Tatsache das es mir als Hochverrat angerechnet werden könnte, wollte ich nicht riskieren. Froschlippe und auch seine Eltern unterwiesen mich nicht in ihre detaillierten Pläne. Ich merkte nur das Froschlippe etwas großes vor hatte, wenn er schon umsiedeln und eine neue Stadt errichten wollte. Mir blieb nichts anderes übrig als zu beten das kein Krieg bevorstünde. Vielleicht war es mir aber möglich Froschlippes Vertrauen zu gewinnen und mir Freiheiten dadurch zu erkaufen. Wenn ich es richtig anstellte könnte ich allein zu meinem Vater zurückkehren. Doch würde das nicht wieder ein Krieg auslösen? Es war fatal. Aber ich musste es versuchen. „Begleite mich durch die Stadt als meine Königin“, brachte Froschlippe plötzlich die Stille. „Ähm.... bin ich das nicht?“, fragte ich verständnislos. „Nun ja, das schon. Aber ich möchte das wir wie ein Ehepaar aussehen, das sich freiwillig heiraten wollte.“ „Ich verstehe“, sagte ich, spürend wie die Röte in meine Wangen stieg und wie die Scham über mein Fehlverhalten in mir aufstieg. „Akzeptiere mich in der Öffentlichkeit als dein Mann, mehr verlange ich nicht.“ „Bis jetzt“, sprach ich ungewollt meine Gedanken aus. Mit ängstlichem Blick sah ich zu ihm auf. Sein Blick hatte sich verfinstert und wirkte grüblerisch. „Sei in einer Stunde fertig“, sagte er knapp, stand auf und verließ das Schlafzimmer. 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