Die Sonnenprinzessin und der Koboldprinz von SainzDeRouse (Fortsetzung von "Prinzessin Aline und die Groblins") ================================================================================ Kapitel 4: Gescheitert ---------------------- Kapitel 4 - Gescheitert   Mein Hals tat fürchterlich weh, das Schlucken schmerzte und das Atmen verursachte bei jedem Atemzug ein Brennen. „Wie konntest du das tun?“, fragte eine erzürnte Stimme neben mir. Ich drehte meinen Kopf zu Froschlippe und war überrascht ihn so bestürzt zu sehen. „Warum habe ich es nicht früher getan“, entgegnete ich mit trockener, kratzender Stimme und musste sogleich husten. „Du hättest sonst versucht fortzulaufen“, erklärte er sein Handeln und wagte es nicht mir in die Augen zu sehen. „Was hat es mit diesem Ring auf sich? Ich sah diesen schimmernden Faden. Woher hast du so etwas? Dieser Ring hatte dir letztens bei der Flucht geholfen, richtig? Deswegen konnte der Sonnenknabe verschwinden und ihr seit nicht in den Abgrund gestürzt und seit gestorben. An etwas hattest du dich festgehalten. Ich hatte nicht begreifen können was ich gesehen habe, aber nun verstehe ich“, sagte er und zu meinem Schrecken sah ich das er Ur-Ur-Großmutters Ring in seinen Händen hielt. Mit aller Kraft setzte ich mich auf und versuchte nach ihm zu greifen, doch war er schneller. „Versuch ihn gar nicht erst wieder zu bekommen. Du wirst nie wieder alleine sein. Die Tunnel die zu den Bergleuten und zum Schloss führen sind verschlossen. Zwei Möglichkeiten bleiben dir. Bleibe hier bei mir und dir soll es besser ergehen als bisher oder VERLAUFE DICH IN MEINEM REICH UND VERHUNGERE!“, beendete er schreiend und spuckend sein Angebot. Nun fiel mir auf das sein Lispeln je nach Gemütszustand besser oder schlechter wurde. Wütend stampfte er zum Ausgang des Raumes, welches nicht durch eine Tür, jedoch durch einen Vorhang aus kleinen Steinen gekennzeichnet war. Für einen Augenblick drehte er sich zu mir um und sagte: „Schlaf etwas Prinzessin, ich bin ausgeschlafen. Unsere Heilerin wird sich später deinen Hals ansehen. Ab sofort wirst du mit uns gemeinsam essen. Du siehst dünn aus. Vor der Hochzeit solltest du möglichst nicht sterben“, und ging hinaus. Müde und traurig blickte ich mich um. Mir kam es bekannt vor, ich war mit Curdie schon einmal hier gewesen. Dort drüben weiter hinten musste das königliche Schlafzimmer seiner Eltern sein. Curdie hatte ihr einen ihrer Schuhe ausgezogen und deren Aufmerksamkeit auf uns gezogen. Wer hätte gedacht das ich nur Tage später auf Froschlippes Bett läge und dabei gescheitert sein würde mir das Leben zu nehmen. Das Bett war sehr hart. Nur ein paar Häute waren über das Stein gelegt worden. So rollte ich mich in das dicke Fell ein, das er mir bei meiner Ankunft hier umgelegt hatte und erstaunlicher Weise hatte mich der Schlaf schnell übermannt. Es kam mir wie Sekunden vor das mich jemand an der Schulter schüttelte. Erschrocken riss ich meine Augen auf in Erwartung das Froschlippe zurück käme und mich wieder in dieses Loch sperren würde. Der Gedanke dort zurück kehren zu müssen ließ nackte Angst und Übelkeit in mir aufsteigen. Doch zu meinen Erstaunen blickte mir eine etwas furchtsam dreinblickende Kobold-Dame entgegen. Sie hatte ockerfarbene Haut und strohfarbene Haare. Mit ihren großen Augen und Ohren und ihrer kleinen Stupsnase sah sie für eins dieser grässlichen Felsenmonster, schon fast niedlich aus. „Verzeiht Prinzessin, ich wurde von unserem Prinzen geschickt um nach Euch zu sehen“, sprach sie leise vor Furcht, das es kaum mehr als ein Hauchen war. „Mmh.... natürlich. Es geht um... ngh“, sagte ich mit krächzender Stimme und griff mir an den Hals. Sie nickte verstehend und nahm ihr Reff von ihrem Rücken, wie ich es schon von Wanderapothekern gesehen hatte. Es waren nur wenige Male gewesen, da hatte meine Kinderfrau Lottie mich mit auf ihre Markteinkäufe genommen. Für mich war es sehr aufregend, zumal ich von einer Magd Kleidung bekommen hatte um mich als Bürgerin zu verkleiden. Denn Lottie hatte befürchtet das ich entführt werden würde, täte mich jemand erkennen. Auf der hölzernen Rückentrage der Heilerin waren allerlei Dinge zu finden. Kleine Körbchen, Tiegel, Fläschchen mit getrockneten Kräutern und Tinkturen. In Leder eingerollte Pflanzen welche ich noch nie gesehen hatte. Ihr Duft erinnerte mich an Erde, Kräutern und Gewürzen. „Mein ngh...chrm chrm...'tschuldigugung... Aline“, sagte ich nur noch nachdem mich das Husten und Kratzen im Hals keinen vernünftigen Satz aussprechen lassen wollte. „Ich kenne Euch, mein Name ist Tambelina“, sprach sie mit einer beruhigenden Stimme und deutete eine Verbeugung an. Sie erschien mir sympathisch. Wäre sie doch nur kein Kobold dachte ich mir frustriert und stellte geknickt fest, das auch sie Steinschuhe trug. Natürlich trug sie Steinschuhe, alle trugen nun Steinschuhe die in meine Nähe kamen. Geschäftig ging Tambelina an ihre Arbeit, auf weitere Unterhaltungen ließ sie sich nicht ein. Kein Wunder, ich war einer der bösen Sonnenmenschen. Die Paste die sie mir auf den Hals schmierte stank widerlich und ich war froh das sie es mit Leinen verband, so das ich es nicht mehr so stark riechen konnte. Für meine Halsschmerzen übergab sie mir eine dickflüssige Tinktur, welche ich drei Mal am Tag einnehmen sollte. Kurz angebunden und offensichtlich in Eile verließ sie mich wieder. Am Eingang zu Froschlippes Schlafzimmer hörte ich sie mit jemanden tuscheln und ich glaubte zu vernehmen wie die Steinschuhe gewechselt wurden, denn kurz darauf kam eine weitere Koboldin zu mir, jedoch hatte diese große Batzen Wachs in ihren Ohren. Große Angst musste sie vor mir haben, wenn sie sich so viel hineinstopfte, das es bei jedem Schritt drohte hinauszufallen. „Komm mit“, herrschte sie mich in Gegensatz zu Tambelina an und schmiss mir kurzer Hand etwas aufs Bett. Ich erkannte mein Stirnschmuck, welches ich immer passend zu meinem rosa Kleid getragen hatte. Doch es war nun präpariert. Ein dazu passendes rosafarbenes Tuch war angebracht worden, damit es mir das Gesicht bedecken konnte. Missmutig legte ich es an. Der Stoff war glücklicherweise etwas transparent, so das ich gerade noch sehen konnte wo ich hintrat. Den Tod zu finden indem ich einen Schritt in die falsche Richtung tat erschien mir zwar erlösend, aber erbärmlich. Womöglich läge ich mit gebrochenen Gliedern in einer Schlucht und müsste qualvoll dahinsiechen. Während ich so darüber nachdachte welche verschiedene Todesarten ich hier finden könnte, befand ich - nachdem ich unaufmerksam hinter der Koboldin hergetrottet war – in einem mir unbekannten Raum. Der große, lange steinerne Tisch mit den verschiedenen, unbekannten Speisen darauf entpuppte sich als Esstisch. „Na wer beehrt uns denn mit ihrer Anwesenheit“, stichelte die Königin so gleich und blickte mir abfällig entgegen. „Für eine Prinzessin bist du ganz schön schmutzig und siehst herunter gekommen aus. Und was ich riechen muss lässt mir die Galle hochsteigen, das nächste Mal wäscht du dich gefälligst, du dreckiges Ding.“ „MUTTER!“ „Ja mein teuflischer kleiner Liebling?“ „Reich mir doch mal vom Braten.“ „Natürlich.“ Ganz ruhig, Aline. Ganz ruhig. Ich spürte wie Tränen in meine Augen stiegen und den Schmerz in meiner Brust. Wie glaubt diese Vettel hätte ich mich waschen oder ankleiden sollen? Die drei Kobolde am Tisch unterhielten sich angeregt und schlangen genüsslich das zubereitete Essen hinein. Was auch immer das alles sein mochte. Ich fühlte mich mehr als nur fehl am Platz. Nicht nur weil ich ungewaschen, schmutzig und übelriechend war. Weil um meinem Hals ein Verband angelegt war, welches die jüngste Tat des heutigen schrecklichen Tages repräsentierte. Obendrein war mein Gesicht verhüllt und man hatte mich am anderen Ende des Tisches platziert, fern der anderen. Nicht das mich das störte, doch fühlte ich mich dadurch erst recht wie ein ungewolltes, aber notwendiges Übel. Wenn ich wenigstens nur ein Mensch oder Tier hätte mit dem ich mich unterhalten, in den Arm nehmen und lieb haben konnte. Stumm blieb ich sitzen und ließ den Kopf hängen. Ich träumte mich in meine eigenen Welt und ignorierte die Anwesenden. Nach einer Weile wurde ich vom Stuhlrücken auf Stein aus meinen Gedanken geholt. Der König Helmut, wie ich inzwischen raus gehört hatte und seine Königin Hannelore verabschiedeten sich von seinem Sohn und verschwanden durch einen Tunnelgang. Mein Körper spannte sich an, da ich nicht weiß was mich nun erwarten würde. Ignorierte er mich? Würde er mich irgendwohin bringen? Als hätte ich es geahnt stand er ebenfalls auf und kam schnurstracks auf mich zu. Er setzte sich auf den Stuhl neben mir und sah mich an. „Hast du dich doch fürs Hungern entschieden?“ „Ich kann das nicht essen, es sieht merkwürdig aus und es riecht komisch.“ Froschlippe stöhnte genervt, nahm meine Schüssel die die ganze Zeit mit einer gähnenden Leere vor mir gestanden hatte und füllte etwas ekliges hinein, das mich an Eintopf erinnerte mit merkwürdigen Stücken darin, welche ich nicht identifizieren konnte. Er zerdrückte die Stücke so lange bis nur noch ein einheitlicher Brei übrig blieb. „Schließ die Augen“, befahl er. „Ich will das nicht essen“, würgte ich und verdeckte mein Gesicht mit den Händen. Plötzlich hatte er meine Hände ergriffen und drückte sie auf die Tischplatte, so fest das es wehtat. Mit der zweiten Hand riss er mein Stirnschmuck herunter und befahl mir wieder: „Schließe deine Augen.“ Zu meinem Unglück gezwungen schloss ich die Augen und öffnete den Mund. Sogleich folgte der erste Löffel von diesem undefinierbaren, breiigen Etwas. Kaum hatte meine Zunge einen Klecks berührt kam mir das Würgen und ich musste mich bemühen dem nicht nachzugehen. Nach ewigem Kauen bekam ich es hinunter. Der zweite Löffel war etwas weniger Schlimm und beim dritten begann ich darüber nachzudenken ob ich die Gaumenfolter für gut befand oder nicht. Es wurde weniger eklig, nur fad im Geschmack. Zu meiner Überraschung meldete sich mein Hunger und ich nahm jeden Löffel bereitwillig an. Meiner Bestürzung und meiner Abscheu gegenüber wurde ich nachlässig, hatte ich doch geschworen nichts von deren Fraß zu verspeisen. Am Ende hatte er meine Hände losgelassen, mich aber merkwürdigerweise weiter gefüttert. Ich ließ es mir gefallen, ich wollte keinen Streit vom Zaun brechen. Womöglich sah er mich wie ein neues Haustier oder Spielzeug an. Solange ich neu war, würde mir nichts passieren. Gegebenenfalls. „Nein, nichts mehr. Ich kann nicht mehr. Mein Bauch tut weh“, klagte ich und verzog das Gesicht vor Schmerzen. Froschlippe nickte und ließ den Löffel in den Teller fallen, nahm mein Handgelenk und zog mich fort vom Tisch. Einen Tunnel weiter übergab er mich der Koboldin, die mich zum Speisesaal geführt hatte. „Sorge dafür das sie sich waschen kann und gib ihr neue Kleidung“, befahl er und zog ohne ein Wort und mir eines Blickes zu würdigen von dannen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)