Blood and Whine von Daelis (Ist doch alles Käse!) ================================================================================ Kapitel 12: Auszeit I --------------------- “Nun, berichte, was geschah, Hexer”, verlangte die Herzogin mit strenger Stimme, kaum, dass uns die Soldaten zu ihr geführt hatten. Ich stand neben Regis hinter Geralt, der kurz respektvoll den Kopf neigte, um die Herrscherin zu begrüßen. Deren Blick huschte über Regis zu mir. Wow, wenn Blicke töten könnten. Sie mochte mich wirklich nicht, soviel war klar. Besser, ich hielt mich zurück. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich jedoch, dass Regis’ Blick ebenfalls auf mir ruhte. Verübeln konnte ich es dem Vampir nicht. Sicherlich hatte er auch so einige Fragen und wer wusste schon, was ihm Geralt erzählt hatte. Vermutlich nichts Gutes. Vielleicht hatte aber auch schon mein Auftritt in der Arena genügt, zumal die beiden Greifenjungen, die neben mir auf dem Boden hockten, sie garantiert daran erinnerten, was da passiert war. Geralts Ausführungen fielen ziemlich knapp aus. So knapp, dass ich fast meinen wollte, er ließe absichtlich die Hälfte aus. Nicht, dass ich ihn dafür verurteilen würde. Das meiste wollte die Herzogin vermutlich gar nicht so genau hören und ich konnte mir gut vorstellen, dass der Hexer auch keine Lust hatte, das Ziel ihres Ärgers zu werden, wenn sie erst hörte, dass dieses Mordkomplott bei Syanna keine Reue auslöste. Allerdings, das fiel mir dann doch auf, sagte niemand auch nur ein Wort davon, dass es noch ein weiteres Ziel geben sollte. Das hatten Regis und Geralt dann wohl nicht herausgefunden. Ob ich es einfach verraten sollte? Würde mir Anna Henrietta überhaupt glauben? Daran hatte ich nämlich so meine Zweifel. Ich erinnerte mich gut an das offiziell “gute Ende” DLCs. Syanna versöhnte sich mit ihrer Schwester, alle Taten wurden ihr vergeben und Dettlaff war getötet worden. Am Arsch! Als ob ich das zuließe! Ich fand es schlicht unannehmbar, dass Syanna einfach so davon kam, nur weil sie die Schwester der Herzogin war, immerhin hatte sie jemanden zur Ermordung mehrere Leute erpresst. Ganz zu schweigen davon, dass Dettlaffs Tod auch bedeutete, dass ausgerechnet Regis seinen Blutsbruder töten müsste und sich damit selbst aus der Gesellschaft der Vampire für sehr, sehr lange Zeit ausschloss, weil er ein striktes Verbot missachtete. Nein, das kam eindeutig nicht in Frage! Nicht, solange ich noch etwas zu melden hatte! Ein wenig missmutig starrte ich Geralts Hinterkopf an. Gerade, als Regis schließlich ansetzte, zu offenbaren, wer der Vampir war, den Syanna erpresste, funkte ich dazwischen, ohne meine Worte abzuwägen. “Es waren zwei Vampire vor Ort. Wir wissen leider noch nicht, inwieweit und ob der zweite ebenfalls in diese Sache involviert ist.” Das war immerhin nur halb gelogen. Hoffentlich verstanden Regis und Geralt, die mich beide überrascht anstarrten, zumindest den Wink, dass sie Dettlaffs Namen doch bitte für sich behalten sollten. Theodor mochte mit dieser Intrige nichts zu tun haben, aber er hatte dafür eine ganze Menge damit zu tun, dass ich hier war und darüber wollte ich unbedingt mehr wissen. Es könnte also nicht schaden, wenn ein paar Augenpaare mehr offen blieben, falls sich Theodor nochmal zeigte. “Noch ein Vampir?”, hakte die Herzogin unverkennbar gereizt nach. Ich nickte. “Ja. Er hat mich schon zum dritten Mal aufgesucht”, erklärte ich und erntete sofort einen ziemlich finsteren Blick von Geralt. Ja, ja. Ich hätts vielleicht erwähnen sollen. Regis hingegen sah eher überrascht aus. Ganz anders Annarietta, deren Miene sich verdunkelte, während sie zugleich die Nase abfällig rümpfte. “Uns scheint, Ihr treibt euch zu oft mit solchen Monstern herum. Man sollte meinen, an der Seite eines Hexers zu reisen, belehre Euch eines besseren.” Zicke. Finster starrte ich zurück. “Ich mag”, betonte ich, “diese Monster. Sie sind meistens sehr viel netter und ehrlicher als die meisten Menschen.” Als wollte er mich in meinen Worten unterstützen, krächzte Sam leise, was die Herzogin einfach ignorierte. Stattdessen warf sie mir noch einen letzten, herablassenden Blick zu, ehe sie sich wieder an Geralt wandte. “Ich verlange, dass du diese Vampire aufspürst und diese Sache klärst. Bring mir den Kopf des Biests, Hexer!” Aus dem Rest der Unterhaltung klinkte ich mich gedanklich aus. Wie es weiterging, wusste ich sowieso. Geralt sollte Dettlaff töten und keiner seiner Einwände, einen höheren Vampir aufzuspüren, sei schier unmöglich, würde die Herzogin gelten lassen. Ich knirschte mit den Zähnen. Wie konnte sie nur so ignorant sein? Würde sie auch Regis’ Tod verlangen, wenn sie wüsste, dass er ein Vampir war? Diese Engstirnigkeit trieb mich an den Rand meiner Selbstbeherrschung Wie gerne hätte ich sie einfach angeschrien, sie gepackt und geschüttelt. Doch das würde alles nur dazu führen, dass man mich einsperrte. Vermutlich konnte ich von Glück sagen, überhaupt noch auf freiem Fuß zu sein, nachdem ich tagelang die “Gefangene” des Biests von Beauclair gewesen war, aber offensichtlich gesund und wohlauf. Vielleicht sollte ich dankbar sein, dass Annarietta mich nicht danach fragte, was in diesen Tagen passiert war. Vor allem jetzt, da ich klar gemacht hatte, Monster Menschen vorzuziehen. “Geht jetzt”, beendete die Herzogin schließlich das Gespräch, warf noch einen letzten, mahnenden Blick in unsere Richtung, von dem ich nicht sicher sagen konnte, ob er mir oder Geralt galt, und wandte sich dann ab. Die gleichen Wachleute, die uns hierher begleitet hatten, führten uns auch wieder vor die Tore des Palasts. Beinahe hätte ich erwartete, dass sie uns durch einen Hinterausgang des Gartens lotsen würden, doch das hätte wohl wenig Sinn, weil wir bei unserer Ankunft sowieso gesehen worden waren. Müsste ich wetten, dann machte die Geschichte nebst dutzender falscher Gerüchte längst die Runde durch die gesamte Stadt. Kaum, dass die Wachen sich abwandten, griff Geralt mich grob am Arm und zog mich mit sich in Richtung Plötze. Jammernd versuchte ich mich, aus seinem Griff zu befreien, doch der Hexer griff mich einfach und hob mich unter protestierendem Gekrächze der Winchesters auf Plötzes Rücken. “Du hast einiges zu erklären”, grollte er mir entgegen. “Kein Grund, mir den Arm auszukugeln”, knurrte ich zurück, da mischte sich auch schon Regis ein. “Beruhige dich, Geralt. Ich bin sicher, wir können alles in Ruhe besprechen und dann herausfinden, wie wir am besten weiter vorgehen.” So weit war es also schon. Regis glaubte, mich beschützen zu müssen. Der Hexer schnaubte jedoch nur leise und schwang sich hinter mir auf den Pferderücken. “Wir kommen morgen früh”, begann Geralt, doch ich unterbrach ihn. “Wir sollten jetzt reden.” Mein Blick wanderte hilfesuchend zu Regis, der kaum merklich nickte. Vor allem wollte ich jetzt nicht allein mit Geralt sein, denn der würde mich sicher nicht in Ruhe lassen, ehe er einige Antworten hätte und ein paar davon konnte ich ihm einfach nicht geben. Ehe der Hexer Einspruch erheben konnte, ergriff Regis das Wort. “Sehr gut. Ich werde Tee aufsetzen und erwarte Euch gleich bei mir?” Hinter mir hörte ich Geralt brummen, doch offenbar genügte das für den Vampir als Zustimmung, denn Regis deutete eine kleine Verbeugung an, dann wandte er sich ab, um in einer schmalen Gasse zu verschwinden, zweifellos um sich dort in Nebel aufzulösen und in sein Versteck zu reisen. Ich hatte eigentlich befürchtet, dass Geralt mich ausfragen würde, kaum, dass wir unterwegs waren, doch der Hexer schwieg beharrlich, sodass ich mich mit jeder Minute unwohler fühlte. Vielleicht war sogar genau das sein Ziel. Falls ja, hatte er es erreicht. Als er Plötze schließlich am Rand des Friedhofs Mère-Lachaiselongue halten ließ, war ich für meinen Teil durchgefroren und heilfroh. Sam und Dean waren einfach über uns hergeflattert und hatten damit blöderweise so viel Aufmerksamkeit auf uns gezogen, dass nun so ziemlich jeder in ganz Beauclair wissen musste, dass der Hexer unterwegs war. Ob sie ihn auch während der vergangenen Tage begleitet hatten? Irgendwie eine niedliche Vorstellung. Geralt schwang sich wortlos aus dem Sattel. Etwas ungeschickt folgte ich seinem Beispiel und wäre dabei fast auf der Nase gelandet. Selbst jetzt sagte Geralt kein Wort, sondern stapfte raschen Schrittes voran in die Dunkelheit, während ich ihm hinterher stolperte. Anders als der Hexer konnte ich nämlich in der Dunkelheit nicht besonders gut sehen und inzwischen waren die Sterne am Firmament die einzige Lichtquelle. Nicht gerade optimal, um über die unebene Erde eines Friedhofs zu kraxeln. Mehr als einmal blieb ich an irgendwelchen Gestrüpp hängen und als Geralt schließlich in eine Gruft hinabstieg, hätte ich am liebsten geächzt. Hoffentlich waren diese Spinnenkrabbelviecher da unten schon erledigt, sonst wäre ich da schneller wieder raus, als er meinen Namen sagen konnte. Dennoch folgte ich dem Hexer ohne zu zögern. Immerhin war ich diejenige, die darauf bestanden hatte, noch heute mit Regis zu reden und die Karten offen - soweit es eben ging - auf den Tisch zu legen. Zum Glück war es nicht weit und offenbar erwartete uns Regis wirklich schon, denn als Geralt mich durch einen Durchbruch schob, konnte ich schon durch eine Tür das flackernde Licht von Kerzen sehen. Phew! Heilfroh wollte ich schon auf die Tür zusteuern, hielt dann aber nochmal inne, um mich zu dem Hexer umzudrehen, aus dessen Miene ich überhaupt nicht schlau wurde. Wenn ich so guckte, hatte ich die Nacht durchgemacht oder hatte Lust auf Schokolade. Oder beides. “Danke, dass du auf Sam und Dean aufgepasst hast”, murmelte ich etwas unsicher in seine Richtung. Wir waren zwar oft nicht einer Meinung, aber ich wusste zu schätzen, dass er die beiden beschützt hatte. Jeder fremde Hexer hätte sie sicher einfach getötet, ehe sie zu Problemen wurden. Geralt brummte nur etwas Unverständliches, dann schob er sich an mir vorbei, auf die angelehnte Tür zu, durch die er ohne zu klopfen trat. Mit einem stummen Seufzer folgte ich ihm. Dank Regis hatte ich die Chance, erst einmal zu erzählen, ehe Geralt direkt auf mich losging und so ließ ich fast nichts aus. Ich begann mit dem Vorfall im Stall, ehe wir nach Beauclair aufbrachen und auch, wie ich Theodor später getroffen und erfahren hatte, dass er es gewesen war, der mir dort aufgelauert hatte. Sogar von dem Buch erzählte ich, das ich stets bei mir trug. Nach kurzem Zögern zog ich es sogar aus meinem Beutel und zeigte es Regis und Geralt, doch schlauer wurden sie auch nicht daraus. Sie waren eben auch keine Magier. Dennoch sahen mich beide bedeutungsschwer an. Geralt runzelte die Stirn. “Als du sagtest, du seist nicht aus dieser Ecke, hat das wohl eher geheißen, du kommst nicht aus dieser Zeit.” Es klang nicht wie eine Frage, auch wenn es sich so anfühlte. Also zuckte ich mit den Schultern. “Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht sicher. Aber scheinbar nimmt Theodor an, dass es eine Art Zeitreise war”, versuchte ich vage zu bleiben. Erklären, woher ich wusste, wie die Geschehnisse hier weitergingen, konnte ich damit zwar bedingt, doch nie ob all der Details, die ich kannte. Ich konnte sehen, wie Geralt schon die nächste Frage stellen wollte, doch Regis hob eine Hand. “Bitte berichte weiter.” Dankbar nickte ich dem Vampir zu und fuhr fort. Was bei unserer Ankunft hier passiert war, ließ ich aus, das war schließlich bekannt. Dafür erklärte ich, dass ich geahnt hatte, wo Dettlaff sein nächstes Opfer suchen würde und direkt dorthin gegangen war, um den Mord zu verhindern. Das war mir ja immerhin auch gelungen. Etwas kleinlaut gestand ich sogar, dass ich direkt gewusst hatte, wer und was das Biest von Beauclair war, als die beiden Ritter Geralt mit der Jagd beauftragten. Hier allerdings wich ich auf eine Lüge aus. Statt zu verraten, dass ich die die Zukunft kannte, erklärte ich den beiden Männern, dass diese Intrige Syannas mir bekannt war, weil sie zu meiner Zeit schon passiert war und dass ich darum geschaltet hatte, als wir in Beauclair ankamen und mir die Geschehnisse bekannt vorkamen. Also hätte ich entschieden, etwas ändern zu wollen und darum versucht, einen Draht zu Dettlaff zu knüpfen. Noch etwas, das mir ganz gut gelungen war. Die Tage, die ich in Dettlaffs Werkstatt verbracht hatte, fasste ich nur kurz zusammen. Aufregendes war da ja schließlich nicht passiert. “Als ich in der Stadt dann Gerüchte über die Burg Tynne hörte, habe ich nur noch eins und eins zusammengezählt”, beendete ich meine Erklärung mit einer weiteren Lüge. Doch die hatte ich ja schon Dettlaff aufgetischt, also wäre es besser, davon nicht zu weit abzuweichen. “Dass Theodor auch da auflaufen würde, konnte ich ja nicht ahnen. Dieser Kerl scheint mich irgendwie zu stalken, aber so richtig rückt er nicht mit der Sprache raus”, seufzte ich leise und traf dabei Regis’ nachdenklichen Blick. “Höchst ungewöhnlich”, hörte ich den Vampir murmeln. “Leider ist mir dieser Theodor nicht bekannt”, fuhr er ob der fragenden Blicke fort, die ihm Geralt und ich gleichermaßen zuwarfen. Der Hexer wirkte nun schon etwas entspannter, doch irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass da noch ein dickes Ende auf mich wartete. “Also kommen wir da nicht weiter”, stellte ich fest. “Ich glaube auch nicht, dass er etwas mit der Intrige Syannas zu tun hat.” Geralt nickte mit zustimmend zu. “Sehe ich auch so. Aber wenn dieser Kerl hinter dir her ist, solltest du vorsichtig sein. Du ziehst Monster wirklich an”, scherzte er bissig, was mich veranlasste ihm die Zunge rauszustrecken. Regis hingegen hob nur eine Augenbraue, überging das Thema dann aber. “Sagt, hat Euch dieser Theodor während der Tage, die Ihr an Dettlaffs Seite weiltet, aufgesucht?” Verwundert starrte ich Regis an. “Nein. Zumindest nicht, dass ich wüsste. Er versuchte bisher immer, mich alleine abzupassen”, erwiderte ich und verstand im gleichen Moment, worauf Regis hinauswollte. Ich sollte nicht mehr alleine herumlaufen. Theodor war womöglich ein Katakan oder ein ähnlich mächtiger Vampir, sodass er eine Begegnung mit Geralt vermeiden wollte, weil dieser ihm gewachsen wäre. Gleiches galt dann auch für Dettlaff. Für mich allein hingegen wäre ein Katakan ein unüberwindbarer Gegner. Wenn Theodor also nur mit mir sprach, wenn ich allein war, dann vermutlich, weil er einen Kampf mit meinen deutlich wehrfähigeren Bekannten fürchtete. Regis und Geralt tauschten einen ernsten Blick. Schon klar, keiner wollte Kindermädchen spielen, aber das war meiner Meinung nach auch gar nicht nötig. Hätte Theodor mir schaden wollen, hätte er das längst gekonnt. Mehr als einmal. War ja nicht so, als hätten die Kleinen mich gegen ihn schützen können. Wenn ich ehrlich war, war ich nicht einmal sicher, ob ein ausgewachsener Greif gegen einen Katakan sicher gewänne. Und selbst wenn: ich würde ganz sicher nicht das Wohlergehen der Winchesters riskieren. Allerdings glaubte ich auch nicht, dass Theodor mich einfach töten wollte. Warum auch? Ich hatte ihm ja nichts getan. Tatsächlich dachte ich sogar eher darüber nach, gezielt allein zu sein, damit er mich aufsuchte anstatt ihn auf Abstand zu halten. Es gab schlicht zu viele offene Fragen, auf die er mir Antworten geben könnte. “Ich denke, es wäre am besten, du tauchst erstmal unter”, begann Geralt, doch darauf hatte ich nur gewartet. “Träum weiter. Ich werde nicht zusehen, wie diese ganze Scheiße ihren Lauf nimmt! Außerdem hat mich Theodor bisher auch immer gefunden. Wieso sollte er es auf einmal nicht mehr?” “Sie hat Recht”, sprang mir Regis bei. “Die Sinne eines Vampir sind sehr viel schärfer als die eines Menschen. Er wird ihre Spur sicher hierher verfolgen.” Dankbar lächelte ich den ergrauten Vampir an, bis dieser fortfuhr: “Einer von uns sollte stets an Eurer Seite bleiben, denke ich.” Ah und mich fragte dann wohl niemand, was ich davon hielt? Empört sah ich von Regis zu Geralt und zurück. “Kann nicht. Muss Dettlaff jagen”, fiel Geralts Reaktion knapp aus. Schwer zu sagen, ob Regis oder ich weniger erfreut ob dieser Aussage dreinsah, aber wenigstens waren wir uns einig. “Lass Dettlaff gefälligst in Ruhe”, brummte ich, während Regis zeitgleich deutlich sachlicher argumentierte. “Du wirst ihn nicht finden, wenn er nicht gefunden werden will.” Missmutig ächzte der Hexer. “Muss es wenigstens versuchen. Ich glaub nicht, dass Ihre Hoheit erfreut wäre, wenn ich auf der faulen Haut liege.” Geralt verschränkte die Arme und ich tat es ihm gleich. “Ich brauche keinen Aufpasser”, entschied ich kurzerhand. “Und ich werde dir nicht helfen, Dettlaff zu finden, geschweige denn, ihn zu töten. Und du auch nicht!” Streng funkelte ich Regis an, der verwundert blinzelte, dann aber tatsächlich ein wenig lächelte. “Ich schlage vor, Lady Daelis und ich verweilen hier und überlegen uns, wie wir Dettlaff am besten konfrontieren. Derweil kannst du deinen eigenen Untersuchungen nachgehen und vielleicht eine Spur entdecken oder zumindest die Herzogin beschwichtigen”, bemerkte Regis. “Komme morgen wieder her”, verabschiedete sich der Weiße Wolf an dem Durchbruch, durch den wir auch in die Gruft gekommen waren. “Pass auf, dass die Kleine dir nicht auch den letzten Nerv raubt. Sie und ihre Viecher.” Abfällig starrte er dabei zu Dean und Sam, welche es sich auf einem der Särge bequem gemacht hatten und schlummerte. “Bis morgen, Geralt. Sollten wir etwas Interessantes entdecken, lasse ich es dich wissen”, verabschiedete Regis seinen alten Freund höflich, während ich nur winkte. Dass Geralt mich hier ließ, fand ich überhaupt nicht schlimm. Ganz im Gegenteil. Regis’ kleine Bibliothek wollte ich nur zu gerne mal durchforsten. Wenn es irgendwo nützliche Infos über Vampire gab, die auch stimmten, dann hier - oder halt von Regis selbst. Außerdem war der eh viel interessanter als Muffelpott Geralt, der mich eh nur wieder irgendwo parkte, während er irgendwelche Viecher jagte. “Nun, für heute sollten wir es jedoch gut sein lassen. Es ist schon fast früher Morgen und zweifellos seid Ihr erschöpft und müde”, wandte sich der Vampir mir zu, kaum, dass Geralt meinem Blick entschwunden war. “Mh? Ja, schon aber…”, wollte ich widersprechen, musste dann aber wie auf ein Stichwort gähnen und ersparte mir jede weitere Bemerkung und nickte nur. So müde, wie ich war, störte es mich nicht einmal länger als einige Sekunden, dass ich tatsächlich ein Sarg als improvisiertes Bett diente. Als mich eine Mischung aus Krächzen und Zwitschern weckte, fühlte ich mich keinen Deut besser. Gefühlt tat mir alles weh, mein Kopf war mit Brei gefüllt und es dauerte geschlagene drei Sekunden, bis ich mich daran erinnerte, wo ich überhaupt war. Vor allem, weil das erste, was ich sah, als ich die Augen aufschlug, Sam war, der mich mit großen Kulleraugen anstarrte. Und wo Sam war, war sein Bruder nicht weit. Im nächsten Augenblick spürte ich schon das Gewicht Deans auf meinem Rücken. “Ugh… Dean…”, brummte ich, zu müde, um mich wirklich wehren zu können. Erst ein leises, amüsiertes Glucksen lenkte meinen Blick an Sam vorbei. Nur einen Steinwurf entfernt saß Regis über eine gläserne Apparatur gebeugt, sah nun aber zu den Winchesters und mir herüber. “Die beiden sind wirklich sehr anhänglich. Es ist das erste Mal, dass ich davon höre, dass jemand Greifenjunge aufzieht”, meinte Regis nachdenklich. In seiner Stimme klang eine stille Warnung mit, dass meine Süßen eben nicht immer klein bleiben würden. Sie waren Greifen. Als wüsste ich das nicht. Eines Tages würden unsere Wege sich trennen müssen. Dann konnte ich nur dafür sorgen, dass sie irgendwo weit weg von Menschen ein gutes Leben führen konnten. “Gibt halt immer ein erstes Mal und ich konnte sie ja schlecht sterben lassen.” Regis’ Miene wurde weicher. “So wie Dettlaff?” Ah, darum ging es hier also! “Er ist ein Opfer dieser ganzen Angelegenheit”, verteidigte ich den Abwesenden sofort und Regis nickte abwägend. “Und doch würden die meisten Menschen vor allem den mordenden Vampir in ihm sehen. Ihr seid wirklich eine außergewöhnliche Person.” Regis lächelte, dann wandte er sich wieder seinen Utensilien zu. Ungeschickt kletterte ich aus dem Steinsarg und stieß mir dabei das Knie unsanft an der Kante. “Fuck!”, entfuhr es mir leise. Das gäbe sicher einen dicken blauen Fleck. “Kann ich mir deine Bücher ein wenig ansehen? Und… äh… mir Frühstück suchen gehen?”, wandte ich mich erneut an Regis, als ich mich mehr oder wenig entknautscht hatte und sowohl Dean als auch Sam kräftig durchgekuschelt hatte, bis die Zwei genug davon hatten. Regis sah nicht von seiner Glasapparatur auf, in der er irgendwelche Flüssigkeiten… mischte? Ich hatte keine Ahnung. Er tat Dinge. “Bitte, fühlt Euch frei. Auch wenn ich befürchte, Weniges wird Eure Aufmerksamkeit fesseln können. Wenn ich mich richtig entsinne, stehen nebenan noch etwas Brot und Käse. Bitte bedient Euch.” “Danke und… duz mich doch, ja? Ich fühle mich unwohl bei diesem ganzen höflichen Getue”, bat ich den Vampir schmunzelnd, der nun doch aufsah, mein Lächeln erwiderte und nickte. Den kompletten Nachmittag verbrachte ich damit, mich mit Regis’ kleiner Privatbibliothek anzufreunden. Einiges war für mich tatsächlich böhmische Dörfer, weil es um Tinkturen und Tränke ging und ein paar der Bücher beschäftigten sich tatsächlich mit Geschichte. Die Sphärenkonjunktion war da allerdings das einzige Ereignis, das mich wirklich interessierte. Bücher über Vampire fand ich jedoch zu meiner Enttäuschung nur drei Stück. Das erste, nach dem ich griff, kannte ich aus dem Spiel. Es gab einen Verweis darauf, dass Regis den Autor gekannt und diesem das Leben gerettet hatte, wobei aufgeflogen war, dass Regis kein Mensch war. Den Schwur, dieses Geheimnis für sich zu behalten, hatte der Autor auf jeden Fall nicht gehalten, obwohl ihm vermutlich kaum jemand seine Geschichte glaubte. Viel weiter half mir das Buch jedoch nicht. Die wenigen Informationen, die ich darin fand, waren mir nicht neu und so wandte ich mir dem zweiten Buch zu, welches ich nach nicht einmal einer halben Stunde mit dem Urteil “Totaler Bullshit” wieder aus der Hand legte. Warum hatte Regis hier Fantasyliteratur stehen? Wobei ich mir vorstellen konnte, dass das für ihn als echten Vampir sogar Unterhaltungswert hatte. Was Regis wohl zu Titel wie Twilight sagen würde? Himmel, wollte ich das überhaupt wissen und gab es in The Witcher nicht auch eine Anspielung darauf oder war das 50 Shades of Grey? Verdammt, ich wusste es einfach nicht mehr sicher. Das dritte Buch hingegen wirkte auf mich tatsächlich fast fachlich. Aber halt auch nur fast. Man musste eben nehmen, was man kriegen konnte, also verschlang ich die Seiten nur so und bekam dabei nicht mehr mit, was Regis überhaupt trieb. Erst, als der Vampir mich antippte, sah ich auf. “Mh?” “Ah, entschuldigung. Du warst so vertieft, dass du mich wohl nicht gehört hast”, schmunzelte Regis unverhohlen, ehe er in Richtung einer Tür nickte, von der ich keine Ahnung hatte, was eigentlich dahinter lag. “Was hältst du davon, dem hiesigen Badehaus einen Besuch abzustatten? Nach der ganzen Aufregung wird ein wenig Entspannung dir sicher gut tun”, bot er an. Skeptisch verengte ich die Augen. Badehaus? Das hatte im Spiel jedenfalls keine Erwähnung gefunden. Offenbar missverstand Regis meinen Blick, denn er klang fast rechtfertigend, als er hinzufügte: “Etwas Kontakt zu den jungen Damen Beauclairs kann sicherlich nicht schaden.” Leise lachte er auf. “Es wäre schade, würdest du deine Zeit mit uns alten Männern gänzlich verschwenden, auch wenn ich deine Bemühungen zu schätzen weiß, Dettlaff zu helfen.” In seinem Blick lag eine Wärme, dass ich ihn am liebsten direkt umarmt hätte. Stattdessen nickte ich nur, ehe ich einen Blick zu den schlafenden Greifen warf. “Klingt nach einer guten Idee. Ich war noch nie in so einem Badehaus.” Erstaunen huschte über Regis’ Züge, sodass ich mich beeilte, hinzuzufügen: “Dort, wo ich herkomme, hat jeder Haushalt fließend heißes Wasser und eine eigene Dusche. Badehäuser haben sich einfach nicht durchgesetzt.” Ich war heilfroh, dass Regis mir einen anderen Ausgang aus der Gruft wies, sodass ich nicht durch die dunkle Höhle klettern musste, sondern von ihm begleitet durch die von Kerzen erhellten Gänge und Treppen der Gruft hinauf. Mein Zeitgefühl war längst hoffnungslos im Eimer, doch jetzt konnte ich am Abendhimmel immerhin grob erahnen, wie viel Zeit ich damit verbracht hatte, Regis Büchersammlung zu durchstöbern. Nicht, dass ich das bereute. Ganz und gar nicht. Mit einem Haufen so interessanter Bücher konnte man mich ziemlich gut und lange beschäftigen. Allerdings, rief ich mir in Erinnerung, war ich nicht zum Lesen hier. Das Ziel war Dettlaffs Rettung und noch hatte ich den Knackpunkt nicht abwenden können. Alles könnte noch laufen, wie im Spiel. “Ich wusste gar nicht, dass es hier ein Badehaus gibt”, meinte ich, als Regis mich die Hauptstraße entlang führte und schließlich am Marktplatz vorbei. “Nun, solche Örtlichkeiten sind in größeren Städten besonders im Kaiserreich Nilfgaards sehr verbreitet”, erklärte mir der Vampir freundlich und nickt in Richtung einer Flügeltür. Wir hatten unser Ziel wohl erreicht. Eine kleine Halle öffnete sich vor uns, in der man bereits die Wärme und Feuchtigkeit bemerkte, die in den anderen Räumen herrschen musste. “Herzlich Willkommen in Beauclairs bestem Badehaus”, begrüßte uns eine Frau mit strahlendem Lächeln. Regis meldete uns beide mit knappen Worten an, winkte aber ab, als sie ihre Hilfe anbot. Er kenne sich hier aus. So nahm die Frau nur die Münzen und nickte, während ich etwas verloren im Raum stehen blieb. Der Vampir wandte sich in Richtung einer Tür, doch als ich Regis folgen wollte, hielt mich die Frau dann allerdings auf. “Bitte folgt mir, Milady. Die Umkleiden der Damen sind auf der anderen Seite.” Offenbar sah ich ziemlich planlos aus, denn die Frau lächelte und erklärte ohne Nachfrage weiter. “Wir haben einige gemeinsame Baderäume, die derzeit offen sind, doch die Umkleiden sind getrennt. Natürlich gibt es auch getrennte Baderäume und Séparées für private Treffen. Ich zeige Euch gerne alles.” Dankbar nickte ich ihr zu. “Das ist nett, danke. Muss ich etwas Bestimmtes beachten?” Ihr schwarzes Haar, welches sie zu einem kurzen Pferdeschwanz trug, wippte, als sie lachen musste. “Es ist Euer erster Besuch in einem Badehaus, oder?”, wollte sie wissen und wieder schien meine Mimik ihr bereits die Antwort zu geben. “Ihr solltet Euer Handtuch in jedem Fall nicht lüften. Solche Dienste werden in diesem Badehaus nicht geboten und nicht geduldet.” Sie blickte mich vielsagend an und auch wenn es einen Wimpernschlag dauerte, dämmerte dann auch mir, was sie meinte und ich nickte eilig. Hier blank zu ziehen, hatte ich sowieso nicht vorgehabt. Regis sah ich erst im Becken wieder. Er schien schon einige Minuten hier zu sitzen und wirkte überaus entspannt. Als ich in das Wasser stieg, begrüßte er mich mit einem Lächeln. “Ich hoffe, es macht dir nichts aus, dass wir hier unter uns sind”, meinte er etwas zögerlich und ich winkte ab. Wenn er sich Sorgen machte, ich hätte da irgendwie Sorgen ihn betreffend, lag er völlig falsch. “Gar nicht. Ich denke sogar, das passt ganz gut, denn ich habe einige Fragen, die besser nicht jeder mithören sollte”, gab ich zurück. Regis’ Miene wurde ernst und er nickte. “Das hatte ich erwartet.” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)