Persona: Shadows of Mirror von ShioChan (Kagami no Kage) ================================================================================ Kapitel 44: XLIV - Unausgesprochene Probleme -------------------------------------------- Samstag, 01.August 2015 Gähnend und sich genüsslich den Bauch kratzend betrat Hiroshi die geräumige Küche. Geradewegs steuerte auf die Arbeitsplatte ihm gegenüber zu, auf welcher sich die Kaffeemaschine befand, von der ein angenehmer Geruch von frisch aufgebrühten Kaffee ausging. Viel zu müde, um auch nur ansatzweise auf seine Umgebung zu achten, bemerkte er dabei nicht einmal die Person, welche rechts von ihm am Tisch saß. Diese von ihrer Zeitung auf, nur um kurz zu schmunzeln, als der junge Mann mit seinen völlig zerzausten blonden Haaren den Raum betrat. Auch bemerkte er nicht, wie ihn diese Person bei seinem weiteren Tun beobachtete, während er sich eine Tasse aus dem Schrank über der Arbeitsplatte heraus nahm und sich daraufhin etwas der braunen Flüssigkeit, die er in diesem Moment so dringen brauchte, eingoss. Dabei verschwendete er anscheinend nicht einmal einen Gedanken daran, wer die Kanne mit Kaffee angesetzt haben könnte. Wie auch? Immerhin funktionierte sein Gehirn noch nicht richtig, wenn er nicht ganz wach war. Die Person am Küchentisch beobachtete den jungen Mann noch eine ganze Weile und verkniff sich dabei jegliches Lachen. Auch versuchte sie keinen Mucks zu machen, war der Anblick der sich ihr bot doch nur allzu lustig. Bei der Person handelte es sich um einen Mann mittleren Alters mit hellbraunem, grau meliertem und akkurat zurückgekämmten Haaren. Sein teuer wirkender Anzug saß ordentlich und seine dunkelblauen Augen fixierten den Blonden jungen Mann, welcher immer noch an der Arbeitsplatte lehnte und einen Schluck der lebensweckenden Flüssigkeit trank. Noch kurz beobachtete er den jungen Mann vor sich, ehe er endlich sein Schweigen brach: "War ein langer Abend. Was?" Erschrocken fuhr Hiroshi herum und ließ dabei fast die Tasse in seiner Hand fallen. Gerade noch so konnte er das Porzellangefäß mitsamt seinem Inhalt festhalten, ehe er total perplex zu seinem Vater blickte, dessen blaue Augen ihn amüsiert fixierten. Nachdem er den ersten Schock überwunden hatte, schnaubte der Blonde kurz und wandte seinen Blick ab, bevor er sich wieder Richtung Arbeitsplatte drehte und erneut in den Schrank darüber griff, um sich eine Schüssel heraus zu nehmen. Eine Antwort blieb er seinem Vater jedoch schuldig. Er hatte kein Bedürfnis gerade mit ihm zu sprechen. Es verwunderte ihn sowieso, dass er ihn antraf. Als Hiroshi aufgestanden war, hatte er eh nicht damit gerechnet überhaupt einen seiner Eltern anzutreffen, doch am wenigsten seinen Vater. Immerhin war dieser gefühlt mit seiner Arbeit verheiratet und ohnehin selten Zuhause. Sein Vater bemerkte, dass Hiroshi nicht mit ihm sprechen wollte, doch belächelte dies nur. Kurz spiegelte sich allerdings in seinen Augen leichte Traurigkeit, welche aber innerhalb eines Wimpernschlages wieder verschwunden war. Hiroshi hatte dies nicht einmal mitbekommen und wanderte stattdessen weiter durch die Küche zu einem Vorratsschrank, aus welchem er sich eine Packung Müsli fischte und dieses in die von ihm herausgenommene Schüssel füllte. Sein Vater seufzte kurz kaum hörbar und wandte sich wieder seiner Zeitung zu, welche vor ihm lag, doch auf den Artikel konzentrieren konnte er sich nicht. Stattdessen versuchte er noch einmal ein Gespräch mit dem jungen Mann zu starten, ohne jedoch wieder aufzuschauen: "Du warst gestern ziemlich spät zu Hause. Ging das Konzert so lange? Du weißt, dass du dich so spät abends nicht mehr herumtreiben sollst." Der junge Mann, welcher gerade dabei war die Milch aus dem Kühlschrank zu holen, blickte wieder kurz zu seinem Vater, wandte sich dann aber wieder seinem Tun zu und ging mit der Milchpackung zurück zur Arbeitsplatte. Ihm war klar, dass sein Vater mitbekommen hatte, dass er erst spät nach Hause gekommen war. Immerhin hatte der junge Mann das dämmrige Licht aus dem Wohnzimmer gesehen, welches aus dem Arbeitszimmer seines Vaters kam, dass an den Wohnraum angrenzte. Er hatte versucht so leise wie möglich zu sein, als ihm das aufgefallen war, aber anscheinend hatte ihn sein Vater doch bemerkt. "Hab noch meine Begleitung heimgebracht.", murmelte der Blonde genervt, während er die Milch wieder zurück in den Kühlschrank stellte. Erstaunt hob sein Vater den Kopf und sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an: "Ein Mädchen?" "Eine gute Freundin...", nuschelte Hiroshi. Noch kurz spürte der Blonde den Blick seines Gegenübers auf sich ruhen, bevor sein Vater sich wieder auf den Artikel vor sich konzentrierte. Dann kehrte Stille ein. Der junge Mann lehnte sich mit seiner Müslischüssel in der Hand gegen die Arbeitsplatte, sodass er in den Raum hineinschauen konnte, und aß langsam sein Frühstück. Er hatte nicht das Bedürfnis sich zu seinem Vater an den Tisch zu setzen und das zeigte er diesem auch offen. Dieser jedoch schien sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen und las weiter konzentriert die Zeitung. Eigentlich wollte Hiroshi das Gespräch damit beenden, immerhin hatte er ja keine wirkliche Lust mit seinem Vater zu sprechen, aber eine Frage brannte ihm seit dem Abend auf der Zunge und in diesem Moment war der Mann vor ihm die einzige Person, die ihm dazu Auskunft geben konnte. Doch noch haderte der junge Mann mit sich, die Frage auszusprechen, aber eine weitere Chance würde er wohl so schnell nicht wieder bekommen. Seine Mutter konnte und wollte er erst recht nicht dazu befragen. "Du sag mal...", begann der Blonde vorsichtig. "Hm?", kam es von seinem Vater zurück, welcher aber den Blick nicht von der Zeitung nahm. "Das Gebäude, was früher mal auf dem Gelände vom Einkaufszentrum stand... erinnerst du dich noch daran, was das war?", stellte der junge Mann nun endlich die Frage. Nun blickte sein Vater auf und sah ihn fragend an. Er stützte sein Kinn auf seinem Arm ab und grinste kurz: "Hey, du bist ja heute richtig gesprächig." Erschrocken verschluckte sich der Blonde an seinem Müsli und musste erst einmal einen Schluck Kaffee trinken und wieder zu Atem kommen, ehe er wohl etwas zu aggressiv kontern konnte: "Lass den Mist und bleib ernst!" Sein Vater konnte sich nun ein Lachen nicht verkneifen. Doch kaum hatte sich der junge Mann wieder beruhigt, überlegte der Braunhaarige. Er musste sogar eine ganze Weile nachdenken, denn auf Anhieb wollte ihm dazu nichts einfallen, bis er jedoch kurz ein Bild vor Augen hatte und ihm wieder einfiel, was an der Stelle des Einkaufszentrums einmal stand: "Dort stand früher ein alter Tempel. Er war aber verlassen und deshalb sehr zerfallen. Ich weiß noch, dass dieser Ort jahrelang ein Dorn im Auge der Stadt war. Es sah ja auch nicht schön aus und gefährlich war es auch. Obwohl es abgesperrt war, haben dort immer wieder Kinder gespielt und sich verletzt. Aber das Grundstück war privat, deshalb durfte der Tempel nicht abgerissen werden." Interessiert hörte Hiroshi seinem Vater zu und so langsam schien auch er sich wieder an das alte Gebäude zu erinnern, welches ihm als Kind immer tierische Angst eingejagt hatte. Auch ihm fiel ein, dass damals einige Kinder aus seiner Grundschule oft dort gespielt hatten. Er hatte sich von dem Gelände aber immer fern gehalten. Um es zu betreten hatte er viel zu viel Angst. Warum war ihm das nur entfallen? "Vor sieben Jahren war dann aber irgendwas passiert, sodass die Stadt das Grundstück enteignen konnte.", erklärte sein Vater abschließend, "Aber frag mich bitte nicht, was damals passiert ist." "Ich verstehe.", nuschelte Hiroshi. "Gibt es einen Grund warum du ausgerechnet danach fragst?", kam eine weitere Frage, woraufhin der Blonde jedoch nur meinte, dass er und seine Begleitung am Abend auf das Thema zu sprechen kamen, "Ach so. Na dann... jetzt weißt du ja Bescheid." Der Braunhaarige faltete die Zeitung sorgfältig zusammen und erhob sich von seinem Stuhl, ehe er sein Geschirr vom Tisch nahm und dieses in die Spülmaschine packte. Dann richtete er noch einmal seinen Anzug und seine Haare und verließ die Küche. "Ich muss dann los. War schön mal wieder ein normales Gespräch zu führen. Heute Abend wird es wahrscheinlich wieder später, falls deine Mutter fragt. Mach dir einen schönen Tag.", hörte Hiroshi noch, bevor die Wohnungstür ins Schloss fiel. Missmutig starrte Hiroshi noch eine Weile auf die offene Tür, welche in den Flur führte. Er hatte den leichten Seitenhieb seitens seines Vaters bemerkt, wusste dieser doch, dass der Blonde es aktiv vermied mit ihm zu sprechen. Seufzend stieß sich Hiroshi vorsichtig von der Arbeitsplatte ab und setzte sich mit seinem mittlerweile durchgeweichten Müsli und seiner Tasse Kaffee an den Tisch. "Er ist ja selber schuld.", murmelte der Blonde, da ihn diese Anmerkung seines Vaters doch tierisch nervte. Sein Vater war ja wirklich selber schuld, zumindest redete sich der Blonde das ein, immerhin war er nie zu Hause. Hiroshi war sich nicht sicher, ob sein Vater wirklich so viel zu tun hatte oder einfach von seiner Familie und den damit aktuell verbunden Problemen Abstand nahm, jedoch tippte der junge Mann eher auf das Zweite. Jedenfalls hatte er das Gefühl. Wer sonst würde lieber an einem Samstag arbeiten gehen, wenn er kein Schichter war, anstatt seinen verletzten Sohn im Krankenhaus zu besuchen. Seit Rin im Krankenhaus lag, war die Lage noch angespannter, als sie vorher eh schon war und Hiroshi war sich sicher, dass sein Vater davor floh. Immerhin vertiefte er sich seit dem Unfall noch mehr in Arbeit. Doch eigentlich war Hiroshi ja nicht anders. Das wusste er selbst und noch während ihm der Gedanke kam, verging ihm jeglicher Hunger auf sein eh schon matschiges Frühstück. Im Grunde floh er selber auch vor den Problemen. Seinen Eltern ging er systematisch aus dem Weg, denn wenn er sie nicht sehen musste war ihm das nur allzu Recht. Und Rin besuchte er auch nur dann, wenn er damit seinen Eltern aus dem Weg gehen konnte. Er hasste die aktuelle Situation, aber er wusste selbst, dass sich daran nichts ändern würde. Und noch mehr hasste er es zu wissen, wie ähnlich er seinem Vater doch war. Genervt schob er seinen Stuhl zurück, trank noch seinen Rest Kaffee und begab sich dann mit seiner Schüssel zum Mülleimer, um die sich darin befindende Matschepampe zu entsorgen. Nachdem er sein Geschirr fein säuberlich in die Spülmaschine gepackt hatte, streckte er sich und entschied, noch etwas an die frische Luft zu gehen, um auf andere Gedanken zu kommen. Vielleicht hatte Shuya Zeit und sie konnten noch etwas Kicken oder etwas anderes unternehmen. Vorher wollte er aber Mirâ eine Nachricht schreiben und sie fragen, ob alles in Ordnung war. Er hatte sich schon so einige Gedanken gemacht, nachdem es der jungen Frau am gestrigen Tag zwei Mal plötzlich so schlecht ging. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass es etwas mit dem alten Tempel zu tun hatte, nach dem er seinen Vater gefragt hatte. Doch im Prinzip war dies gar nicht möglich. Woher sollte Mirâ auch diesen alten Tempel kennen? Sie war erst vor einigen Monaten in diese Stadt gezogen und konnte so gar nicht von dem Gebäude wissen. Es war merkwürdig und das beschäftigte ihn. Aber wahrscheinlich machte er sich viel zu viele Gedanken darüber. Jedenfalls hoffte er das, denn er hatte das Gefühl, dass am Ende dieser Gedanken etwas Gefährliches lauerte. Sich kurz auf die Wangen klatschend, um wieder in die Realität zu kommen, schüttelte der Blonde den Kopf, ehe er die Küche verließ, um in sein Zimmer zu gehen und endlich die Nachrichten an Mirâ und Shuya zu senden. Ein Summen holte die Violetthaarige aus ihren Träumen und ließ sie verschlafen nach ihrem Smartphone tasten, welches neben ihr auf dem Boden lag und mit jeder eingehenden Nachricht vibrierend über den Belag rutschte. Bereits vor einiger Zeit kamen die ersten Nachrichten an, welche sie versucht hatte zu ignorieren, doch das Vibrieren hörte nicht auf und die junge Frau verfluchte sich dafür ihr Handy nicht komplett auf stumm geschaltet zu haben. Murrend bekam sie das nervige Etwas zu fassen und entsperrte den Display, nur um festzustellen, dass es bereits kurz nach 12 Uhr war. Sie hatte wirklich lange geschlafen und trotzdem war sie noch müde. Gekonnt schob sie ihren Finger über den Touchscreen und öffnete ihr Chatprogramm. Mehrere der Chats zeigten ihr an, dass sie dort Nachrichten erhalten hatte. Zum Einen hatte sie eine Nachricht von Shuichi bekommen, welcher sie fragte, ob sie am Abend eine Schicht übernehmen könnte. Zum Anderen waren auch zwei von Hiroshi eingegangen. Der Blonde hatte sie zuerst gefragt, ob alles in Ordnung sei und geschrieben, dass er sich Sorgen machte, weil es ihr am Abend schlecht ging. Danach folgte jedoch eine weitere Nachricht, in welcher er sich beschwerte, das Akane mal wieder übertrieb und ihm zuvor gekommen sei. Etwas irritiert las Mirâ die Nachricht noch einmal und versuchte zu verstehen, was ihr Kumpel damit meinte. Erst nachdem sie den Chat ihrer Gruppe geöffnet hatte, welcher die meisten Nachrichten enthielt, wusste sie, was der Blonde gemeint hatte. Auch Akane hatte sie nach ihrem Wohlbefinden gefragt, woraufhin Kuraiko und Masaru sofort reagiert hatten und nachfragten, was los sei. Daraufhin hatte Akane schon fast übertrieben erklärt, dass es der Violetthaarigen am Nachmittag nicht gut ging und sie sich deshalb noch mal darüber informieren wollte. Außerdem wollte sie wissen, wie das Konzert war und ob es ihr dabei wieder besser ging. Mirâ seufzte daraufhin und setzte sich auf. Ihre Freundin hatte mal wieder übertrieben, trotzdem freute sie sich darüber, dass sie an sie dachte. Schnell schrieb sie eine Antwort in den Gruppenchat, dass alles in Ordnung sei und sie sich keine Sorgen machen brauchten. Dabei verschwieg sie bewusst, dass es ihr nach dem Konzert noch einmal schlecht ging. Auch den merkwürdigen Traum in der Nacht verschwieg sie bewusst. Sie wollte ihren Freunden nicht noch mehr Sorgen bereiten. Anschließend antwortete sie auch auf Hiroshis Nachricht, in welcher sie sich noch einmal für seine Fürsorge bedankte, sich aber auch gleichzeitig noch einmal dafür entschuldigte, dass der Abend so zu Ende gegangen war. Ganz zum Schluss wandte sie sich der Nachricht von Shuichi zu und fragte nach, wann sie anfangen sollte. Sie hatte an diesem Tag sowieso nichts Wichtiges vor und durch ihre Schwester hatte sie in den letzten Tagen ziemlich viel Geld ausgegeben, weshalb ihr der Nebenjob sogar richtig gelegen kam. Außerdem lenkte es sie davon ab, über diese Vision vom Vortag und den Alptraum nachzudenken, denn immer wenn sie sich daran erinnerte überkam sie erneute Übelkeit. Irgendwie machte ihr das Sorgen. Doch was konnte das sein? Schnell schüttelte die Violetthaarige jedoch den Kopf und erhob sich aus ihrem Futon, um sich daraufhin etwas Bequemes anzuziehen und anschließend hinunter ins Erdgeschoss zu gehen, wo ihre kleine Schwester bereits vor dem Fernseher hockte und ihre Lieblingsserie schaute. Kopfschüttelnd betrat Mirâ die kleine Küche, um sich ein paar Toast und einen Milchkaffee zu machen und erst mal in Ruhe zu frühstücken, bevor sie sich für den Tag fertig machen würde. Später Nachmittag Eilig betrat die Violetthaarige die Karaokebar und klappte ihren roten Regenschirm zusammen, welcher sie auf dem Weg hierher davor bewahrt hatte noch nasser zu werden. "Willkommen. Oh, Mirâ-Chan. Schön das du es einrichten konntest.", begrüßte sie Shuichi freundlich, welcher wie immer am Tresen lehnte. "Hallo Shuichi-San. Kein Problem, das kommt mir sogar gelegen. Außerdem kann man bei dem Regen eh nichts unternehmen.", freundlich lächelnd ging Mirâ an ihrem Kollegen vorbei in Richtung der Umkleiden. Der Braunhaarige lachte: "Anscheinend doch. Immerhin ist hier die Hölle los." Auch Mirâ entlockte dies ebenfalls ein Lachen, bevor sie im hinteren Teil der Karaokebar verschwand, um sich umzuziehen. Während sie sich ihrer Sachen entledigte und in ihre Uniform schlüpfte, kamen einige ihrer Kolleginnen auf sie zu und erklärten ihr, wie froh sie waren, dass sie aushalf. So erfuhr die junge Frau, dass heute so viel los war, dass die Räume im Stundentakt verbucht waren. Sobald ein Raum frei und gereinigt wurde, war er auch schon wieder belegt. Das musste sie selbst auch am eigenen Leib erfahren, als sie ihren Dienst antrat. Es ging alles Schlag auf Schlag und kaum dachte sie mal eine ruhige Minute zu haben, ging es bereits weiter. Auch Shuichi half dieses Mal beim bedienen der Kunden, soweit seine Zeit am Tresen es zuließ. So merkte die junge Frau nicht einmal, wie schnell die Zeit eigentlich verging und dass es bereits Abend war, als sich der Betrieb endlich etwas beruhigte und sie zur Ruhe kam. "Bye.", verabschiedeten sich zwei ihrer Kolleginnen, welche bereits seit den Mittagsstunden hier waren und endlich Feierabend machen konnte. Mirâ winkte ihnen kurz hinterher und wünschte ihnen einen schönen Feierabend, ehe sie sich seufzend an den Tresen in der Lounge lehnte und erst einmal durchschnaufte. "War ein anstrengender Nachmittag. Was?", sagte Shuichi, welcher Mirâ eine kleine Flasche Wasser reichte, "Du warst heute wirklich eine große Hilfe. Vielen Dank dafür." "Wie gesagt, es war kein Problem für mich.", lächelte die junge Frau freundlich, was auch ihrem Gesprächspartner ein Lächeln auf das Gesicht zauberte. Die sich öffnende Eingangstür ließ die Beiden aufblicken und zu den ankommenden Gästen schauen. Sofort verzog sich Mirâs Gesicht, als sie Kyo erkannte, welcher lachend und zwischen zwei Mädchen gehend die Bar betrat. Leicht murrend schob sich die junge Frau vom Tresen ab und schickte einen Dank an den Himmel, als ihr Tablet signalisierte, dass sie eine neue Bestellung bekommen hatte und sie sich somit aus der Affäre ziehen konnte. Noch am Rande bekam sie mit, wie Shuichi seinem Kunden erklärte, dass sein Raum noch für einige Minuten reserviert war, sodass er noch etwas warten musste. Etwas missmutig nahm der Blauhaarige dies zur Kenntnis und setzte sich mit seiner Begleitung auf die Sitzecke, welche sich im Foyer befand. Weiter interessierte sich die junge Frau nicht für das Gespräch und wandte sich stattdessen ihrer Bestellung zu. Als sie einige Minuten später wieder in das Foyer kam, waren Shuichi und Kyo bereits wieder am Diskutieren. Anscheinend fand es der Blauhaarige gar nicht toll, so lange auf seinen Raum warten zu müssen, obwohl er bereits wieder frei war. In aller Seelenruhe erklärte ihm sein Gegenüber, dass er den Raum jede Minute nutzen könnte, dieser aber noch gereinigt werden musste. Zur Beschwichtigung bot er dem jungen Mann vor sich noch ein Getränk an und bat ihn, sich noch einige Minuten zu gedulden. Missmutig drehte sich Kyo somit um und ließ sich wie angeboten noch ein Getränk bringen. Mirâ beobachtete den Blauhaarigen, während sie sich wieder neben Shuichi an den Tresen lehnte. Dieser schien nicht beschwichtigt und murmelte immer wieder etwas von "unerhört" und "eines Stammgastes nicht würdig" und schien sich erst zu beruhigen, als endlich sein gewünschtes Getränk eintraf. Neben sich hörte sie ein erleichtertes Seufzen, welches sie zu ihrem Kollegen blicken ließ, der den jungen Mann lächelnd beobachtete. Auch Mirâ sah wieder zu dem Studenten vor sich, als ihr Blick auf den Bildschirm im Foyer fiel, welcher an der Wand dem Tresen gegenüber angebracht war und auf welchem gerade die aktuellen Nachrichten liefen. Die Sprecherin hatte gerade das nächste Blatt ihrer Stichpunkte in die Hand genommen, als auf dem Bildschirm hinter ihr ein Bild des Idols Akisu zu sehen war. Darunter stand groß und fett "Idol verschwunden". Hastig bat Mirâ sofort ihren Kollegen, den Fernseher etwas lauter zu schalten. Irritiert sah er die Violetthaarige an, doch tat wie geheißen, sodass alle Anwesenden die News hören konnten. "Das Idol Akisu wird vermisst. Wie es von offizieller Seite heißt, verschwand sie in den späten Nachtstunden zwischen 0 und 2 Uhr, nachdem sie ihr Konzert auf dem Tsukinoyo abgeschlossen hatte. Zu aktueller Stunde ist eine Spezialeinheit der Polizei auf der Suche nach der jungen Sängerin. Obwohl noch kein Erpresserschreiben vorliegt, schließt die Polizei eine Entführung nicht aus.", erklärte die Sprecherin in einem doch recht monotonen Ton, "Akisu zählt dieser Tage zu den bekanntesten Idolen Japans. In den letzten zwei Jahren hat sie einen rasanten Aufstieg hingelegt und viele Anhänger gesammelt. Ihr aktuelles Album stieg auf Anhieb auf Platz 1 der Charts ein. Und nun zum aktuellen Wetter..." Der Ton auf dem Fernseher wurde wieder leiser, als der Bericht endete, während sich Stille über die Anwesenden im Raum legte. Ein ungutes Gefühl breitete sich in Mirâs Magen aus und sie hoffte, dass ihre Vermutung nicht stimmte und das Verschwinden des Idols nichts mit der Spiegelwelt zu tun hatte. Ihr Gefühl sagte ihr etwas anderes, immerhin war am vergangenen Tag Vollmond gewesen. Doch sie hatte noch Hoffnungen. Ein Glas fiel zu Boden und ließ alle Anwesenden auf Kyo schauen, welcher wie angewurzelt immer noch auf den Fernseher starrte, wo bereits Werbung lief. Seufzend ging Mirâ auf den jungen Mann zu und wollte sich um das heruntergefallene und zersplitterte Glas und die verursachte Sauerei kümmern, als sie bemerkte wie blass Kyo eigentlich war. "Ya-Yashiru-San ist alles in Ordnung?", fragte sie vorsichtig, doch der Blauhaarige reagierte nicht, sondern starrte weiter mit weit aufgerissenen Augen auf das TV Gerät. "Was ist los?", vorsichtig tippte Shuichi seinen Kommilitonen vorsichtig an, "Hey Kyo! Alles in Ordnung? Kannst du mich hören, Süßer?" Sich verwirrt am Hinterkopf kratzend, sah der Ältere fragend zu Mirâ, welche auch nur mit den Schultern zuckte. Dass der Blauhaarige nicht auf das "Süßer" reagierte war schon merkwürdig und irgendwie machte es die junge Frau nervös. Leichte Sorge machte sich nun in ihr breit, obwohl sie dachte, dass sie so etwas für den jungen Mann niemals empfinden könnte. Doch nach einer gefühlten Ewigkeit schien der Student seine Bewegungen wiedergefunden zu haben, denn er zuckte kurz, ehe er sich umdrehte und mit einem Schlag die Bar verließ. Völlig irritiert sah Shuichi ihm kurz nach, ehe er ihm ein Stück folgte und hinterherrief, dass er nicht einfach verschwinden solle ohne seine Zeche zu zahlen. Auch Kyos Begleiterinnen schienen über sein plötzliches Verschwinden verwirrt und sprangen erschrocken auf, als der Blauhaarige davonrannte. Meckernd, wie er sich einbildete sie hier einfach sitzen zu lassen, obwohl er sie einladen wollte, zahlten sie ihre eigene Zeche und verschwanden ebenfalls. Mirâ währenddessen stand immer noch an der Stelle, wo bis vor einigen Minuten auch noch Kyo gestanden hatte und sah besorgt zur Eingangstür hinüber. Die junge Frau war sich sicher gehört zu haben, wie Kyo ganz leise "Akki" gesagt hatte, bevor er die Bar fluchtartig verlassen hatte. Es klang wie ein Spitzname für das verschwundene Idol, welchen sie jedoch noch nie gehört hatte. Wieder machte sich das ungute Gefühl in ihr breit und erneut hoffte sie, dass sie sich täuschte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)