Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 253: Einen Schritt von einer Überraschung zur anderen ------------------------------------------------------------- Eigentlich möchte ich nur noch in unser Bett. Die letzten drei Schultage haben mich doch mehr Kraft und Energie gekostet, als ich mir eingestehen möchte. Wegen dem Medienrummel wollt ich mich erst am letzten Schultag bei der Polizei einfinden und eine Anzeige mit detaillierter Aussage erstatten. Denn von Anfang an hab ich damit gerechnet, dass es jemand geben wird, der mich an die Presse verraten würde. Doch das Thema Victim blaming hab ich erst durch Kai auf den Schirm bekommen und wie es aussieht hat er Recht. Die Presse und die Öffentlichkeit scheinen das wie die Big Five zu sehen und mir die Schuld an allem, was geschehen ist, zu geben. Als ob ich das alles gewollt habe. Das macht mich wütend und gleichzeitig so betroffen. Wie oft hab ich in den letzten drei Tagen den Leuten ins Gesicht schreien wollen, dass ein Kind sich so etwas nicht wünscht. Aber was hätte das schon gebracht? Das führt meine Gedanken zur Mittagspause zurück. Das Tanaka, der mich am Morgen versucht hat zu provozieren, plötzlich mit Freunden aufgetaucht ist, hat mich nicht überrascht. Ich hab damit gerechnet. Er ist nicht der Typ, der so eine Demütigung, von einem Nerd auf die Matte geschickt zu werden, hinnimmt. Aber die Reaktion unserer Klasse... damit hab ich nicht gerechnet. Das auch nur einer aufsteht und sich den Baseballern in den Weg stellt... und dann die ganze Klasse geschlossen...? Aber jetzt, wo ich darüber nachdenke fällt mir auf, dass die anderen Klassenmitglieder schon am Mittwoch und gestern nicht wie gewohnt in die Pause sind. Plötzlich schiebt sich Yugi in mein Sichtfeld und ich blinzel ein paar Mal, als ich aus meinen Gedanken wieder in die Gegenwart wechsle. Er lächelt mich auf seine ganz eigene Art an, die mich früher so gestört hat. Voller Optimismus und Unschuld. Aber mittlerweile hab ich diese Art akzeptiert. Hab mittlerweile gelernt, dass Yugi einfach so ist. Und irgendwie beneide ich ihn ein wenig darum. Er fragt mich, ob alles in Ordnung ist und ich nicke. Sag ihm nur, dass ich etwas müde bin. Noch etwas, was ich früher vor ihnen nie zugegeben hätte. Aber mittlerweile fühle ich mich in diesem Kreis sicher und wohl. Sonst hätte ich ihnen nie von mir erzählt. Und keiner von ihnen - nicht einer - hat sich mir gegenüber verändert oder begonnen sich anders zu verhalten auf Grund meiner Offenbarung. Der Wagen hält und wir steigen aus. Als wir ins Haus kommen schlägt uns ein unglaublich guter Geruch entgegen. Wir schlüpfen aus unseren Schuhen und beschließen, uns erst einmal umzuziehen, damit wir nicht weiter in der Schuluniform rumrennen. Also gehen wir hoch und verteilen uns auf die Zimmer. Katsuya und ich in unser Schlafzimmer, Yugi, Ryou, Honda und Otogi auf die Gästezimmer. Dabei fällt mir auf, dass nicht nur Honda und Otogi in einem Zimmer verschwinden, sondern auch Yugi und Ryou. Nach zehn Minuten treffen wir uns wieder an der Treppe. Am liebsten wär ich in unser Bett gefallen, aber mein Streuner besteht darauf, dass ich erst etwas esse. Und er hat Recht. Ich hab - dadurch, dass ich in der Mittagspause nichts runter bekommen habe - durchaus Hunger. Aber für mich war essen nie etwas, was ich priorisiert habe. Schlafen dagegen schon. Noch so eine Sache, die sich geändert hat. Als wir in der Küche ankommen seh ich Katsuyas Vater, der uns herzlich begrüßt. Katsuya geht zu ihm und die beiden umarmen sich. Auch darauf bin ich ein wenig neidisch. Ich mein, Akito war immer für uns da und kommt einem Vater am Nächsten. Nein, nicht am Nächsten. Er ist unser Vater. Aber so etwas, wie Umarmungen, gibt es zumindest zwischen mir und ihm nicht. Unser Verhältnis war immer eher reserviert und ich weiß, dass es meine Schuld ist. Ich konnte seine väterliche Nähe bislang nicht zulassen. Da kommt Katsuyas Vater auf mich zu und zieht mich in eine Umarmung. Überrascht schau ich zu meinen Streuner, der nur sanft lächelt und mir zunickt. Unsicher erwidere ich die Umarmung schließlich und genieße den Augenblick. So fühlt sich also väterlichem Schutz und Geborgenheit an? Wieder spüre ich in mir, dass ich das gerne mit Akito erleben würde. Doch ich weiß nicht, wie ich das zwischen uns in diese Richtung lenken soll. Als Jonouchi-san und ich uns voneinander lösen seh ich, wie die anderen um uns stehen und staunen. Sie haben wohl nicht damit gerechnet, dass ich die Umarmung dulden würde. Sie können ja nicht wissen, dass ich schon heulend bei dem Mann Schutz gesucht habe. Das werden sie auch nie erfahren. Jonouchi-san fragt schließlich, wie es in der Schule war und ich möchte schon abwinken, als Yugi aufgeregt beginnt zu erzählen. Noch bei Yugis erstem Satz kommen Mokuba und Akito in die Küche. Mokuba kommt sofort zu mir und umarmt mich fest. An der Art, wie er mich umarmt, merk ich sofort, dass etwas nicht mit ihm in Ordnung ist. Doch dann lauscht er aufmerksam Yugis Erzählung, der auch Akito folgt, der langsam zu uns aufschließt und eine Hand auf meine Schulter legte. Das ist wohl - gerade nach unserem Zerwürfnis vor fast zwei Wochen - das Höchstmaß an körperlicher Zuwendung. Als Yugi zur Mittagspause kommt ist Akito erstaunt von dem, was er hört. Er kommentiert, dass er so viel Taktgefühl und Solidarität in der heutigen Zeit gar nicht von unseren Mitschülern erwartet hätte. Honda meint ruhig, dass am Dienstag, als Jonouchi und ich nicht in der Schule waren, die ersten Unterrichtsstunden nicht nach Plan gelaufen seien. Unser Klassenlehrer habe die ersten vier Stunden für sich beansprucht und mit der Klasse ausführlich über das Thema sexueller Missbrauch und Vergewaltigung gesprochen. Er sei dabei vor allem auf die Opfer eingegangen. Er habe davon gesprochen, wie viele Opfer sich fühlen, was sie möglicherweise empfinden und womit sie noch Jahre später zu kämpfen haben. Habe auch klar gestellt, dass das nichts mit Perversionen zu tun hat und kein Opfer es jemals gewollt oder provoziert habe, so etwas aufgebürdet zu bekommen. Der Abschluss dieser vier Stunde sei eine Gesprächsrunde gewesen, in der es um Belästigung ginge. Dabei habe es sich gezeigt, dass fast jeder in der Klasse, nicht nur von den Mädels, sondern auch bei den Jungs, Erfahrungen damit hat. Das meiste seien aber 'nur' Rufe oder unerwünschte Berührungen gewesen, was schon schlimm genug ist. Doch dann sei der Klassensprecher aufgestanden und hat erzählt, dass sein Onkel mal mehr mit ihm gemacht habe. Das überrascht mich jetzt ehrlich. Ich hätte nie gedacht, dass es in der Klasse noch jemand geben würde, der durch eine ähnliche Hölle gegangen ist. Dann hab ich zuerst von Katsuyas Vergangenheit erfahren und jetzt vom Klassensprecher. Aber so eine Erfahrung sieht man nun mal niemanden an. Aber das der Klassensprecher seinen Mut zusammengenommen hat, dass vor der Klasse offen zu erzählen... ich würde das nicht können. Es hat mich Monate an Überwindung gekostet, bevor ich es dem Kindergarten erzählen konnte. Ich bin vor dem Gespräch mit ihnen in der Onsen immer wieder durchgegangen, was ich sagen soll. Und der Klassensprecher... macht es einfach mal so... spontan... . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)