Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 112: Einen Schritt, um den Nächsten vorzubereiten --------------------------------------------------------- Ich bin so ein Trottel. Wieso hab ich der Illusion, dass Seto so schnell eingeschlafen ist nur geglaubt. Ich weiß doch, was für eine Geschichte ihn mit Keizo verbindet und ich hätte wissen müssen, dass dieses Treffen nicht spurlos an meinem Drachen vorüber geht. Schon als ich das erste Mal in dieser Nacht wach wurde und Seto nicht neben mir lag, hätte mir das eine Warnung sein müssen. Doch weil er sofort entspannte, als ich hinter ihm stand und er sich so widerstandslos mit ins Bett ziehen ließ, hab ich mich in Sicherheit gewogen. Doch jetzt stell ich fest, dass es eine falsche Sicherheit war. Denn das zweite Mal in dieser Nacht erwache ich durch das Zucken meines Drachens. Er wimmert im Schlaf. Tränen laufen ihm über das Gesicht. Immer wieder versucht er sich so klein wie möglich zu machen. Drückt mit seinen Händen gegen meine Brust. Murmelt, dass er nicht will und irgendwer nicht näher kommen soll. Als er erneut zusammen zuckt hör ich ihn Keizos Namen rufen. Er klingt verzweifelt. Ruft immer wieder, dass der andere ihm helfen soll. Das er das alles nicht will. Fragt, warum Keizo ihn alleine gelassen hat. Schluchzt im Traum. Will wissen, warum sie ihn umgebracht haben. Umgebracht? Aber... Keizo geht es doch gut...! Ich habe keine Zeit mich meiner Verwirrung hinzugeben, denn auf einmal schreckt mein Drachen mit einem gellenden Schrei auf. Greift sich an die eigene Brust. Japst hektisch nach Luft, während ihm die Tränen weiter über das Gesicht laufen. Auf die Bettdecke tropfen. Wie in Zeitlupe lässt er sich nach vorne fallen, so dass seine Stirn auf der Decke aufliegt. So hab ich ihn schon länger nicht mehr gesehen. Vorsichtig rück ich neben ihm. Flüstere seinen Namen. Doch er presst sein Gesicht weiter auf das Bett, um sein Schluchzen zu dämpfen. Ich will ihn in den Arm nehmen, aber er muss mich zuerst anschauen. Wenn er mich nicht vorher sieht, wird er panisch reagieren und eine Attacke bekommen, die Stunden brauchen wird, bis sie abflaut. Sanft bitte ich ihn, mich anzuschauen. Er braucht einen langen Moment, bevor er meiner Bitte nachkommt. Sein Gesicht zu mir dreht, ohne es von der Decke zu nehmen. Immer noch laufen Tränen über die Wangen. Langsam führ ich meine Hand an seine Wange, streiche die Feuchte weg. Als er darauf nicht ängstlich reagiert, lege ich meine Hände an seine Schulter und stemm ihn ein wenig hoch, um ihn dann an meine Brust zu ziehen und meine Arme um ihn zu legen. Wir sitzen erst Mal nur so da, bis ich mir sicher bin, dass ich es wagen kann ihn nach dem Albtraum zu fragen. Seto hebt seinen Kopf und blickt mich an. Schön, dass er das mittlerweile ganz ohne mein Zutun macht. Es war ein anstrengender Weg ihn davon zu überzeugen, dass er sich vor nichts schämen braucht und mich beim Sprechen anschauen soll. Nur zögerlich meint er, dass er von der Zeit nach Keizos Verschwinden geträumt hätte. Der Aufsichtsrat hätte sich so richtig an ihm ausgetobt und ihm kaum Verschnaufzeiten zugestanden. Es wäre mit unter die schlimmste Zeit in den fünf Jahren gewesen, die mein Drache seine persönliche Hölle nennt. Oft habe er gar nicht mehr gewusst, wie er nach Hause gekommen war oder was man überhaupt alles mit ihm gemacht habe, denn ab einem gewissen Zeitpunkt kann man einfach nicht mehr. Man blendet alles nur noch aus. Hofft, dass es bald zu Ende sein mag. Man nimmt nicht mehr wahr, was mit einem getan wird, was einem gesagt wird oder wie man behandelt wird. Da ist einfach - nichts. Ich habe so einen Zustand nie selbst erlebt, kann es also nur bedingt nachvollziehen, wie dieser Schutzmechanismus funktioniert. Ob man wirklich nichts mehr weiß, was man 'ausgeblendet' hat oder ob dieses Wissen irgendwo tief in einem vergraben ist. Aber allein, dass Setos Psyche damals diesen Mechanismus nutzen musste, lässt mich die Grausamkeit erahnen. Stille ist eingekehrt, denn Seto hat irgendwann aufgehört zu erzählen. Lehnte an meiner Brust, atmete ruhig ein und aus. Ist ruhig. Da wag ich eine Nachfrage. Frag ihn nach dem, was er im Traum gesagt hat. Wiederhole die Frage, warum sie Keizo umgebracht haben. Erkläre den Widerspruch, der sich mir stellt. Seto nickt nur. Er erzählt mir, wie Keizos Vater und Gozaburo sich gemeinsam mit ihm vergnügen wollten und er so töricht war nachzufragen, wo Keizo wäre. Sie meinten, dass sie diesen 'Junkie' wie Müll entsorgt hätten. Damals hätte mein Drache geglaubt, sie hätten den Mord an Keizo gestanden. In seiner damaligen, fast noch kindlichen Vorstellung gab es zu dieser Formulierung einfach keine Alternative. Wieder löst sich eine Träne. Mein Drache blickt wieder zu mir und meint, dass er froh sei, dass er sich in diesem Punkt geirrt habe. Er war so erleichtert, als er Keizo vor einigen Jahren in dieser Gasse erkannt habe. Das der, der ihn so lange vor der gesamten Perversion des Aufsichtsrates beschützt habe, doch nicht tot war und er Isono bitten konnte, ihn zu finden. Er sagt mir, wie sehr es ihn getroffen hatte, als Isono ihm sagte, dass er Keizo nicht finden konnte. Mein Drache versteht bis heute nicht, warum Isono ihm die Wahrheit verschwiegen und ihn sogar so direkt angelogen habe. Natürlich könnten wir jetzt über die Motive von Setos engstem Vertrauten spekulieren, doch ich schlage Seto vor, Isono direkt danach zu fragen. Mein Drache nickt müde und ich lass mich langsam nach hinten gleiten, so dass wir wieder liegen. Eines ist mir aufgefallen: Heute Nacht hat Seto mir gezeigt, wie wichtig Keizo für ihn ist. Das er Keizo die erzwungenen Vergewaltigungen gar nicht ankreidet. Zwar reagiert er auf seine Nähe schreckhaft. Aber das tut Seto auch bei anderen, auch wenn er es da meist durch seine kalte Arroganz zu verdecken sucht. Ich frage Seto, ob er nicht wieder etwas mehr Kontakt mit Keizo pflegen möchte. Mein Drache ist sich unsicher. Das merk ich daran, dass er mir nicht gleich antwortet, sondern stattdessen mit seinem Finger auf meiner Brust Kreise zieht. Doch dann schaut er mich wieder an und fragt mich, ob das nicht merkwürdig sei, nach allem, zu was Keizo gezwungen worden war. Seinetwegen. Das eigentlich er sich bei ihm entschuldigen müsste. Und gibt zu bedenken, dass vielleicht Keizo nur höfflich sein wollte und vielleicht glücklich darüber wäre, wenn er Seto nie wieder sehen würde, damit er nicht ständig an diese Zeit erinnert wird. Hm... das sind interessante Gedankenansätze und daran hab ich ehrlich gesagt nie gedacht. Zwar wusste ich, dass Keizo auch Opfer war, aber er war - wenn auch gezwungenermaßen - auch Täter... Ich würde ihn jetzt nicht ganz auf die Seite von Gozaburo und dessen Sadistenfreunde stellen, doch auf die Seite meines Drachens hätte ich ihn jetzt auch nicht getan. Er stand bis eben für mich ganz klar irgendwo dazwischen. Auf halben Wege. Doch, dass auch Keizo daran enorm zu knabbern gehabt haben muss... daran hab ich nicht gedacht. Beziehungsweise hab ich es scheinbar die ganze Zeit von mir weggeschoben. Daher sag ich meinem Drachen, dass das nur ein weiteres Gespräch klären kann. Zeig ihm auf, dass der nächste Schritt von ihm - oder uns - kommen muss. Seto nickt müde, bevor er langsam wieder wegdämmert. Sanft streiche ich ihm durch das Haar und kann nicht mehr schlafen. Das mit Keizo ist eine komplizierte Situation und mich verwirren diese widersprüchlichen Empfindungen, die ich selbst als Unbeteiligter, für ihn habe. Wie das bei Seto sein muss, kann ich höchstens erahnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)