Ein Chef zum Verlieben von Mitternachtsblick (Mann mit Kind sucht Mann mit Saldenlisten) ================================================================================ Kapitel 12: Plan D für die Liebe -------------------------------- Yuriy ahnte, dass er sich vielleicht auf ein Parkett begeben hatte, dessen Tänze ihm nicht gefallen würde, als der Anzug geliefert wurde. Der Bote starrte ihn so konsterniert an, als ob er es mit einem Ökofaschisten zu tun hatte, dessen bloßer Blick ihn in Flammen aufgehen lassen konnte. Er händigte Yuriy den Anzug aus, in einer schwarzen Hülle verpackt, und dazu eine kleine, dezente Schachtel, die Teures versprach. „Lieferung von Mr. Hiwatari“, sagte er dabei höflich. Yuriy blinzelte. „Äh- danke?“ Er trat zurück in die Wohnung, abwechselnd den Anzug und die Schachtel anstarrend. Boris kam aus der Küche und wischte sich die Hände an der pinkgerüschten Schürze ab, die Yuriy ihm als Scherz geschenkt hatte und nun fast täglich visuell ertragen musste. „Jetzt hast du es geschafft“, sagte Boris schließlich, nachdem sie eine Weile schweigend Kais Lieferung angestarrt hatten, „du lebst den Traum von Kim Kardashian.“ Yuriy überlegte, ihn und seine dämliche Schürze kopfüber im Biomüll zu versenken. „Du bist wirklich unfassbar witzig.“ „Finde schon“, bestätigte Boris. „Was ist in der Schachtel und warum ist das Zeug hier?“ Yuriy stellte sich die gleiche Frage, also schickte er Kai eine SMS. Mir wurden gerade ein paar Klamotten gebracht. Äh??? Er hatte nur um ein Haar nicht WTF?? geschrieben, auch wenn es ihn in den Fingern gejuckt hatte. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Ist maßgeschneidert. Für die Charitygala. Damit du wie verdient nur im positiven Sinn auffällst. ;) Yuriy fluchte und war versucht, den Anzug zur Feuerleiter hinauszuwerfen. Boris, der ein gewisses Funkeln in seinen Augen erkennen musste, nahm ihm die Last prompt ab. „Wenn du das Zeug loswerden willst, nur zu, aber dann verticken wir es auf eBay und kaufen einen neuen Toaster davon“, sagte er. „Da geht sich mehr als ein Toaster aus“, murmelte Yuriy und fuhr sich durch die Haare, ehe er die Schachtel öffnete. Darin erwarteten ihn drei kleinere Schachteln: eine, in der eine schwarze Fliege lag, von der Yuriy ohne das Etikett zu lesen sagen konnte, dass sie aus reiner Seide bestand. Eine, in der eine Uhr lag, die wahrscheinlich mehr kostete, als Yuriy in einem halben Jahr verdiente. Und schließlich, in der kleinsten Schachtel, ein Paar silbrige Manschetten. Boris summte den Hochzeitsmarsch. „Ich brauche eine Zigarette“, sagte Yuriy und stapfte auf die Feuerleiter, ehe er Kai anrufen und zur Sau machen konnte. Er gönnte sich ein paar tiefe Atemzüge, dann holte er seine Zigarettenpackung hervor und steckte sich einen Glimmstängel an. Als Boris zu ihm kam und die Arme um ihn schlang, war er schon wieder etwas ruhiger, auch wenn die Anspannung immer noch in seinen Schultern steckte. „Ich weiß, wo sein Bett schläft“, sagte Boris und drückte einen Kuss auf seine Wange, ehe er beruhigend an Yuriys Armen auf und ab strich. „Sag nur ein Wort und ich schlitz‘ ihn auf wie eine Mastsau.“ „Ich will ihn nicht aufschlitzen, ich will nur einfach nicht mit sündteuren Sachen zugekleistert werden wie die Lieblingsfrau des Sultans“, murmelte Yuriy und nahm noch einen tiefen Zug. Er atmete den Rauch aus und lehnte sich etwas mehr zurück an Boris‘ Brust. „Ich hätte nie zusagen sollen, mit ihm auf diese Gala zu gehen. Keine Ahnung, was ich mir dabei gedacht habe.“ „Wahrscheinlich ‚Galasex‘“, sagte Boris. Seine reine Präsenz, solide wie eine Ziegelsteinwand in Yuriys Rücken, beruhigte schon. „Wieso hast du ihn bisher nicht mitgebracht?“ Yuriy sagte nichts. Boris wartete eine ganze Weile mit uncharakteristischer Geduld, dann strich er wieder über Yuriys Arme. „Pass auf, ganz wilde Idee: vielleicht solltest du ihm einfach sagen, dass er nicht mit Geld um sich werfen soll? Oder du überlegst dir, wieso du einen Typen nicht mit hierher bringst, mit dem du in den letzten Wochen ganz schön viel Zeit verbracht hast. Und du kannst mir echt nicht sagen, dass du dabei so unglücklich warst.“ „Nein. Das nicht.” „Aber?” „Scheiße, Mann”, sagte Yuriy und fuhr sich durch die Haare, „ich bin kein verdammtes Aschenputtel.” „Naja…” „Fresse.” Yuriy zog die Schultern nach vorne, ohne sich aus Boris’ Griff zu lösen. „Was soll ich jetzt machen? Ich hasse das, ich hasse es, dass er das gemacht hat, weil ich jetzt damit dealen muss. Mit was für Leuten umgibt er sich, wenn er das Gefühl hat, dass er so agieren muss? Ich wette mit dir, dass er nicht mal checkt, was mein Problem ist, wenn ich mit ihm darüber rede.” „Dann erklär’ es ihm eben. Du kannst ihm die Saldenlisten erklären, du kannst ihm auch das erklären.” „Saldenlisten sind was anderes, Zahlen sind einfach. Wieso zum Fick hab ich was mit meinem Chef angefangen und wieso hast du mich nicht abgehalten?” Boris schnaubte ein Lachen in seinen Nacken. „Als könnte ich dich von irgendwas abhalten, das du dir in den Kopf gesetzt hast. Konnte ja keiner voraussehen, dass du dich in den Kerl tatsächlich auch verknallst.” Er streichelte Yuriys Nacken auf eine Art und Weise, die wie nichts anderes die Spannung in dessen Rücken lockerte. „Erlaubnis, einen Vorschlag einzubringen, Sir?” „Stattgegeben.” „Du gehst auf die Gala und siehst dir an, wie er sich dort benimmt. Dann versuchst du mit ihm zu reden - ruhig! - und dann entscheidest du, wie es weitergeht. Denn, Yura - was soll passieren? Herzschmerz ist immer beschissen, aber selbst wenn es in die Brüche gehen sollte, bist du nicht allein. Und wenn er dann beruflich ein Wichser werden sollte, reichst du die Kündigung ein. Es gibt Kündigungsfrist und so, da findest du schon was Neues. Leute wie du und ich, wir landen immer auf unseren Füßen.” Yuriy hasste es, wenn Boris vernünftige Vorschläge machte, aber leider hatte er auch diesmal nicht Unrecht. Das war der Grund, warum er zwei Abende später vor dem Spiegel stand und grummelnd versuchte, sich die gottverdammte Fliege zu binden. In diesem Zeitalter gab es zwar für jeden Scheiß ein Youtube-Tutorial und so auch für diesen, aber das machte die Angelegenheit nicht unbedingt würdevoller. „Glaubst du, ich kann schon im Voraus dem Wodka zusprechen und einfach fett wie eine Haubitze dort auftauchen?”, rief er in den Nebenraum. „Partycrasher, gefällt mir. So richtig fett rein und kopfüber in die Bowle”, sagte Boris und kam mit zwei geöffneten Flaschen, eine davon Bier und eine Cider, in das Schlafzimmer. Er reichte Yuriy den Cider, dann setzte er sich im Schneidersitz auf das gemeinsame Bett und rührte keinen Finger, während er zusah, wie Yuriy fluchend mit der Fliege kämpfte. „Die wirkt ein bisschen schief.” „Dein Genick wirkt gleich ein bisschen schief”, grollte Yuriy, beschloss, die Fliege Fliege sein zu lassen und plumpste stattdessen neben Boris. „Bitte mach’ meine Haare, sonst zucke ich durch und zerstöre die Kommode.” „Ich wollte sowieso schon länger eine neue.” Boris nahm einen kräftigen Zug von seinem Bier, dann stellte er es auf besagter Kommode ab und griff stattdessen zur Bürste, um mit sanften Strichen durch Yuriys Haar zu gleiten. „Soll ich schauen, dass ich den Undercut ein bisschen verdecke?” „Schätze mal. Wenn’s irgendwie geht. Wenn nicht, dann müssen sie eben damit dealen.” „Notfalls sagst du, dass du die Haare an die armen Waisenkinder in Afrika gespendet hast, dann werden sie sicher ganz rührselig.” Yuriy erlaubte sich ein amüsiertes Schnauben und trank, während Boris seine Haare in eine elaborierte Flechtfrisur bändigte, mit der tatsächlich kaum etwas von den kürzer rasierten Stellen sichtbar blieb. Nachdem Yuriy ihn davon abgehalten hatte, zu seiner eigenen Belustigung Glitzersteinchen hineinzuweben - „Wie Sissi, Yura, und deine Boss Bitch ist Franz!” -, blickte er auf die Uhr, die in Kais Lieferung enthalten gewesen war. „Ich sollte wohl los.“ „Wo trefft ihr euch?“ „Unten. Kai meinte, dass er mich abholt.“ „Mit einem Strauß Rosen, passend zur Rolex?“ Boris duckte sich gackernd unter einem Schlag hinweg und schlang dann die Arme um ihn. „Wird schon, Yura, und wenn nicht - so‘n Auge ist schnell draußen. Da heble ich einmal rein und die Sache hat sich.“ „Nein.“ „Ein abgeschnittener Finger? Nur ein kleiner.“ „Nein.“ „Nichts gönnst du mir.“ Yuriy musste lächeln und drückte einen Kuss auf seine Schläfe. „Danke.“ „Nicht dafür.“ Boris verpasste nicht die Chance, ihm bei Erheben vom Bett einen kräftigen Schlag auf den Hintern zu geben, als ob Yuriy ein müder Gaul war, der Motivation brauchte. „Verbreite die kommunistische Agenda unter den Kapitalistenschweinen, Genosse!“ „Ich werde mein Bestes geben“, schwor Yuriy, packte alles, was er sonst noch brauchen konnte in die Innentaschen seines Smokingjacketts und verließ dann die Wohnung, ehe er es sich doch noch einmal anders überlegen konnte. Er war froh, dass es nicht unerträglich heiß war; ein Smoking war definitiv kein T-Shirt, was die Luftigkeit betraf. Ein Wagen mit dunklen Scheiben bog um die Ecke, als er am Gehsteig stand und überlegte, ob er noch eine rauchen wollte. Mit einem Seufzer verabschiedete er sich von dem Gedanken, als der Wagen rollend neben ihm zum Stehen kam. Die hintere Scheibe fuhr herunter; Kai, perfekt geschniegelt und geputzt, starrte ihn wortlos an wie eine Offenbarung. Oder wie ein Diabetiker den vor Zucker triefenden Schokoladekuchen mit Vanilleeiskern. Yuriy fühlte sich augenblicklich wesentlich besser als zuvor und grinste ihn an. „Du … du siehst sehr gut aus“, sagte Kai nach einer langen Pause. Yuriy sah, wie er sichtbar schluckte und breitete das Grinsen. „Danke. Du auch.“ „Kommst du jetzt? Rein, meine ich“, sagte Kai rasch, als Yuriy lachte, dann öffnete er ihm die Tür und rutschte zur Seite, um ihm Platz zu machen. Yuriy schlug die Tür hinter sich zu und stellte fest, dass er in einem Wagen mit waschechter Trennscheibe zwischen dem Rückraum und dem Vorderraum gelandet war. Er starrte Kai an, dessen Blick wiederum mit glühendem Hunger über seine ganze Gestalt glitt. Es machte etwas mit ihm, so von Kai angesehen zu werden, hatte es von Anfang an, und auch jetzt vertrieb es den Ärger und machte stattdessen Platz frei für heißes, hungriges Kribbeln. „Schicker Wagen“, sagte er rau, als sie sich schon wieder in Bewegung gesetzt hatten. „Schicker Smoking“, sagte Kai. Dann warf er sich auf Yuriy. Yuriy hatte gerade noch Zeit, die Hände in Kais Jackett zu graben, da waren seine Lippen auch schon krachend auf Yuriys gelandet. Kai stöhnte, als Yuriy eine Hand in seine Haare grub, ein bisschen zu fest, als dass es nur angenehm sein konnte, aber er küsste ihn, als ob es kein Morgen mehr gab. Da waren Lippen und Zungen und der leiseste Anflug von Zähnen; das Herz hämmerte Yuriy in der Brust, als Kai sich an ihn presste und die Hüften gegen seine rollte, dann waren Kais Finger am Reißverschluss seiner Hose. „Fuck, ich will dich“, raunte er, die Wangen glühend wie seine Augen, und Yuriy wusste, dass er verliebt war in den Mann, er war ehrlich verliebt, aber er war auch gottverdammt scharf auf ihn. Ihn hier ficken würde schwierig werden, aber Yuriys Gehirn konnte an nichts anderes denken als genau das. Gott, er wollte mit ihm eine Sauerei auf diesem Rücksitz veranstalten, wie sie die Welt noch nie gesehen hatte. Er wollte ihn in diesem Anzug kommen lassen und dann den ganzen Abend über anstarren mit dem Wissen, dass er ihn in diesem Anzug um den Verstand gevögelt hatte, nur er. Stattdessen drückte er einen Kuss auf Kais Lippen, hart genug, dass es sie nachhaltig röten würde. „Blas‘ mir jetzt einen und ich ficke dich nachher auf der Party hinter jeder Yuccapalme, die uns unterkommt, ich schwöre auf die epische Bromance von Marx und Engels.“ Kai presste ein ersticktes Lachen gegen Yuriys Schulter, dann positionierte er sich um. „Bescheuert“, murmelte er und öffnete Yuriys Hose dabei weit genug, dass er arbeiten konnte. „Wer ist hier - oh, f-“ Yuriy unterdrückte einen Fluch, als Kai ohne viel zu fackeln um seine Spitze schloss und daran saugte. Mittlerweile hatte Kai schon absolut herausgefunden, was er tun musste, um Yuriy so richtig auf Touren zu bekommen, und er hielt mit diesem Wissen nicht hinter dem Berg. Yuriy grub die Finger in die Rückenlehne und schloss die Augen, als Kai die Hand um seinen Ansatz schlang und mithalf, bis Mund und Finger einen Rhythmus aufgebaut hatten, der Yuriy laut stöhnend die Beine breiten ließ. Nur gerade so hielt er sich davon ab, mit den Hüften zu zucken und direkt Kais Gesicht zu vögeln; es gab eine Zeit und einen Ort für alles und hier in einem holpernden Auto riskierte er das besser nicht. „Kai“, murmelte er rau und grub die Finger in Kais Haar, hielt ihn gleichzeitig fest, damit sich Kai bei der nächsten Biegung nicht wehtat. Er beugte sich unwillkürlich über ihn, haltlos, fast hilflos, mehr und mehr zerfasernd. Gott, der Mann war sein Ende und Yuriy hatte vielleicht noch nicht einmal etwas dagegen. Kai schluckte ohne mit der Wimper zu zucken, als Yuriy mit einem erstickten Laut explodierte. Dann setzte er sich auf und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, um Yuriy mit glühender Zufriedenheit zu mustern. Was für ein Bild er abgab: geschwollene Lippen, gerötete Wangen, glänzende Augen. Yuriy starrte ihn an wie eine Offenbarung, dann zog er ihn an sich und grub die Finger in seinen Rücken, um tief seinen Geruch einzuatmen. Ein Geständnis lag ihm auf der Zunge, gelockert durch Adrenalin und Endorphine. Er schluckte es herunter und atmete stattdessen noch einmal tief durch. Kai schmiegte die Wange gegen seine. Ein atemloses Lachen lag in seiner Stimme, als er sagte: „Da sind so einige Yuccapalmen auf diesem Anwesen. Ich hoffe, du musst am Ende dieses Abends nicht komatös von der Rettung abgeholt werden.“ „Dann war es die Sache wert“, sagte Yuriy und meinte es vollkommen ernst, auch wenn die Bedenken über den Abend nicht verschwunden waren, sondern nur leise in seinem Hinterkopf auf ihren Moment warteten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)