Desaster von Adrija ================================================================================ Kapitel 30: ------------ HA! HA! Ihr dachtet wohl, ihr hört nie wieder etwas von mit! Tut mir leid, euch enttäuschen zu müssen :D Heftig atmend schreckte Steve aus einem Traum auf. Mit aufgerissenen Augen starrte er vor sich, nicht in der Lage seinen Verstand von den Bildern zu befreien, die ihn geweckt hatten. Nach undefinierbarer Zeit war er erst fähig seine Umgebung wahrzunehmen, fähig zu verstehen, dass er geschlafen hatte, dass es nicht echt gewesen war. In dem Versuch seine Hände am Zittern zu hindern, legte er sie ineinander und zog sie an seinen Körper, während er die Bettdecke mit den Füßen von sich kickte, um der kühlen Luft um ihn herum so viel Angriffsfläche wie möglich zu geben. Tief und gezwungen ruhig atmete er ein und aus, bis sein Körper wieder zur Ruhe kam. Er konnte schon fast spüren wie Jarvis sich nur schwer davon abhalten konnte nach seinem Befinden zu fragen. Ob er Hilfe brauchte, oder ob er jemanden schicken sollte, oder ob er darüber reden wollte, oder was auch immer noch alles die KI für sinnvoll hielt zu diskutieren. Dabei wollte Steve eigentlich einfach nur gar nicht darüber sprechen. Er wollte nicht daran denken, nicht daran erinnert werden. Es ignorieren, bis es sich auf magische Weise von selbst auflöste. Natürlich würde das nicht passieren. Zumindest eine lange Zeit nicht. Es gab nur einen Weg das schneller zu lösen und jede wache Minute seines Lebens hoffte Steve, dass dieser eine Weg sich eröffnen würde. Und jede einzelne Minute war eine Enttäuschung nach der anderen. Als er schließlich der Meinung war seine Hände wieder unter Kontrolle zu haben, fuhr er sich über das Gesicht, wischte die Schweißperlen an seiner Stirn weg und stand dann auf. Mit einem Blick auf sein Handy, stellte er fest, dass es bereits vier Uhr morgens war. Draußen war die Sonne noch nicht aufgegangen und die Lichter New Yorks waren die einzige Lichtquelle, die er durch die unverhüllten Fenster sehen konnte. Er hatte sich inzwischen daran gewöhnt die Vorhänge nicht zuzuziehen. Seine Pepper-Schicht fing um 8 Uhr an. Tony hatte ihm klar verständlich mitgeteilt, dass er ihn keine Sekunde früher sehen wollte. Wenn es nach Steve ginge, würde er seine Freundin 24 Stunden am Tag betreuen, doch die anderen – und Pepper ebenso – hatten das strickt abgewehrt. Er entschied sich, die übrige Zeit im Fitnessraum zu verbringen. Ohne sich die Mühe zu machen sich umzuziehen, verließ er sein Schlafzimmer. Seine Schlafklamotten waren geeignet genug, um darin den Sandsack zu verprügeln. Er nahm sich lediglich Wechselkleidung für danach mit. So gut es ging, versuchte er die Dekoration des Flurs zu ignorieren, die ihn zu erschlagen drohte, als er aus seinem Appartement hinaustrat und nahm dann die Treppe hinunter. Die Türen glitten wie immer für ihn auf und ließen den Blick auf die große Halle frei, die Tony im Laufe der Zeit mit immer mehr Schnickschnack gefüllt hatte, von dem er der Meinung war, dass sie beim Trainieren nützlich wären. Das meiste Zeug davon kannte Steve nicht einmal. Und er sah auch nicht häufig, dass jemand sie nutzte. Tony und Pepper gelegentlich. In einer Ecke standen spezielle Geräte für Peppers Physiotherapie. Zielsicher steuerte Steve den Sandsack an. Früher hatte er seine Hände noch mit Handschuhen oder Verband geschützt, doch inzwischen wusste er, dass das in den allermeisten Fällen völlig sinnlos war. Seine Haut schürfte nicht auf. Egal wie lange und wie stark er dagegen schlug. Dazu müsste der Sack schon mit Beton gefüllt werden. Also schlug Steve einfach drauf los und versuchte auf diese Art und Weise seine Gedanken zu verjagen. Er versuchte nicht an den Vorfall vor fünf Tagen zu denken. Der Vorfall, als Pepper eine Notoperation gebraucht, weil Loki ihr das Gesicht zertrümmert hatte. Er versuchte auch nicht daran zu denken, was mit Loki jetzt war. Wo er war? Wie es ihm ging. Was er tat. Warum er nicht zurückkam! Vielleicht traute er sich nicht? Steve hatte den schockierten Ausdruck in dem Gesicht des Asgardiers für einen Moment gesehen, bevor ihm Pepper in die Arme gestürzt war. Vielleicht dachte er, er sei hier nicht mehr willkommen? Würde er so etwas denken? Selbst Clint war der Meinung, dass das ein Unfall gewesen ist. Mit Sicherheit ging der Asgardier nicht davon aus, dass sie ihn deshalb verstoßen würden. Oder? Aber was, wenn er gar nicht wiederkommen konnte? Was wenn SHIELD oder Hawthorne es irgendwie geschafft hatten ihn einzufangen? Was wenn Coulson nur nichts davon wusste? Was wenn das Militär diesmal nicht Hawthorne nutzte, sondern jemand anderen, der sich darum kümmerte? Fury hatte das erste Mal auch ein Jahr gebraucht, um überhaupt herauszufinden, dass Loki noch auf der Erde war. Wie lange würde er jetzt brauchen, wenn es jemand anderes war? Wie lange, wenn es tatsächlich wieder Hawthorne war? Was würde er Loki nur in der Zeit antun? Ihm tatsächlich ein Auge entfernen? Vielleicht mehr und schneller, wenn er wusste, dass noch andere Leute nach ihm suchten. Was wenn er tot wäre, wenn sie ihn letztendlich fanden!? Was wenn sie ihn nie fanden? Was wenn Loki sich auf einen anderen Planeten teleportiert hatte? Würde er eine Möglichkeit finden zu schlafen ohne Steve? Was wenn nicht? Was wenn er sich nicht mehr wachhalten konnte und niemand ihn aus seinen Albträumen wecken würde? Wenn er hilflos am Boden lag und sich schreiend und um sich schlagend hin und her wälzte für wer wusste wie lange? Mit einem Knacken und Klirren brach die Kette und der Sandsack flog gegen die Wand vor der er angebracht war, wo er gegenklatschte und schließlich zu Boden fiel. Überrascht starrte Steve ihn an. „Tony verspricht immer, dass das nicht mehr passieren würde.“, erklang eine Stimme neben dem Soldaten und ließ ihn herumfahren. Kaum zwei Meter neben ihm war Natascha aufgetaucht. Ihre Haare standen etwas ab und sie trug Trainingskleidung. Lächelnd erwiderte sie seinen Blick. „Guten Morgen.“, sagte sie dann sich ein Gähnen verkneifend, als er weiterhin nicht reagierte. Etwas verwirrt warf Steve einen Blick auf die große Uhr, die von überall in der Halle sichtbar, an der Wand hing. Es war halb sechs. Dann warf er einen Blick hinter sie. „Clint fängt gleich an das Essen vorzubereiten. Für eine halbe Stunde wollte er nicht mit herunterkommen.“, antwortete die Agentin ihm auf seine ungestellte Frage. „Lust mit mir zu trainieren?“, fragte sie dann. Er nickte lediglich und deutete mit dem Kopf in Richtung des Ringes. Kritisch zog sie ihre Augenbrauen zusammen, doch Steve bekam einfach kein Wort heraus und sie war gnädig genug es nicht anzusprechen. Sie kletterten in den Ring und Natascha wischte mit ihm den Boden auf. Normalerweise waren sie deutlich ebenbürtiger, aber der Soldat war kaum konzentriert und gab einen äußerst schlechten Trainingspartner ab. Es wurde nach ein paar Minuten besser. Doch das war nicht, weil Steve es endlich schaffte seine Gedanken zum Schweigen zu bringen, sondern weil die Agentin offenbar keine Lust hatte ihn am laufenden Band zu verprügeln. Es war eine jämmerliche Vorstellung. „Ich denke, das reicht.“, beendete Nat letztlich diese schäbige Entschuldigung von einem Training und hielt ihm die Hand hin, um ihm aufzuhelfen, nachdem sie ihm soeben erst mit einem Tritt gegen die Beine zu Boden befördert hatte. „Ja.“ Steve würde auch nicht mit sich trainieren wollen. Wenigstens war er wieder fähig zu sprechen. Er ergriff ihre Hand und ließ sich hochziehen. Doch als er stand, ließ sie ihn nicht wieder los. Stattdessen trat sie ganz nahe an ihn heran und starrte ihm direkt in die Augen. „Das war nicht deine Schuld.“, sagte sie mit ernster Stimme. Sie drückte seine Hand leicht, als wollte sie ihren Worten Nachdruck verleihen. Er wusste, dass ihm sämtliche Gesichtszüge entglitten. Als hätte sie ihm einen elektrischen Schlag verpasst, zog er ihr ruckartig seine Hand weg. Er wollte das nicht hören. Nicht schon wieder. Er wollte nicht darüber reden. Nicht schon wieder darüber debattieren, wessen Schuld es war und wessen Schuld es nicht war. Ehrlich gesagt hatten sie bisher offiziell noch niemand schuldigen an dieser Misere gefunden. Egal wie viel sie darüber gesprochen haben. Niemand sah Steve in der Schuld. Aber Fakt war, dass er es so leicht hätte verhindern können, wenn er nur Pepper nicht außer Acht gelassen hätte. Er war direkt da gewesen, er hätte sie wegziehen, oder gar nicht erst sich zwischen ihn und Loki drängen lassen können. Dass Loki in einem miesen Zustand gewesen ist, war ja mehr als offensichtlich gewesen. Pepper war in seiner Reichweite gewesen, aber er hatte ja nur Augen für seinen Freund gehabt und gar nicht weiter auf sie geachtet. Er hatte sich darauf verlassen, dass Loki ihr niemals auch nur ein Haar krümmen würde. Dass sie aus Versehen dazwischengeraten könnte, hatte er nicht einmal in Betracht gezogen. Es war verantwortungslos gewesen. Aber selbstverständlich würde niemand ihm ins Gesicht sagen, dass er derjenige war, der das alles hätte verhindern können. Derjenige, der diese dumme Situation nach der seltsamen Szene im Aufenthaltsraum hätte entschärfen können. Denn was wäre passiert, wenn Pepper nicht verletzt worden wäre? Loki hätte eingesehen, dass sein Verdacht falsch gewesen ist und wäre bei ihnen geblieben. Sie wären alle noch immer hier. Unverletzt. „Wessen ist es dann?“, wollte er missgelaunt wissen. „Wir reden nur immer darüber. Aber wenn es nicht meine Schuld war, wessen Schuld war es dann!?“ Er legte sich bereits die Worte zurecht, die er erwidern würden, wenn sie Loki die Schuld gab. Denn Pepper würde sie sicher nicht in irgendeiner Form von Schuld daran sehen. Was sie auch nicht war. Aber sie war einfach die einzige weitere Person in der direkten Umgebung gewesen. „Es muss nicht immer jemand die Schuld für das Geschehen tragen, Steve. Manchmal passiert Mist einfach.“, antwortete sie ruhig. Sie betrachtete ihn mit einem mitfühlenden Blick und Steve hörte sich selbst genervt schnauben. „Doch in diesem Fall war es Tonys.“, fügte sie dann hinzu. „Was?“ Halb verdattert, halb wütend war das das einzige, das er hervorbrachte. Unsicher, was er darauf sagen sollte, musterte er sie lediglich. Tony war nicht einmal in Reichweite gewesen, um Pepper wegziehen zu können. „Es ist nicht so lange her, dass ich und Tony mit Loki gesprochen haben. Er sagte deutlich, dass wir jeden von ihm fernhalten sollten, wenn er in einer psychisch instabilen Situation ist. Jeden außer dir. Weil niemand von uns unbeschadet davonkommen würde, sollte er die Kontrolle verlieren. Es wäre Tonys Aufgabe gewesen Pepper überhaupt erst davon abzuhalten in seine Nähe zu geraten. Aber er hat stattdessen einfach nur beleidigt über den Vorwurf dagestanden und geschmollt, anstatt zu reagieren, als Pepper auf Loki zugegangen ist. Es war sein Versäumnis. Sein Fehler. Seine Schuld. Zumindest daran, dass Pepper verletzt worden ist.“ Ohne auch nur zu blinzeln, hatte die Agentin ihrem Teamleader das erklärt. Als wären es Tatsachen. „Es war völlig offensichtlich, dass du zu sehr mit Loki beschäftigt warst, um allzu viel von deiner Umgebung wahrzunehmen. Ich bin ehrlich gesagt erstaunt, dass du es so mühelos geschafft hast sie aufzufangen ohne sie noch weiter zu schädigen.“ Steve starrte Natascha an. Loki hatte ihm nie von einem solchen Gespräch erzählt. Und jemand anderes erst recht nicht. „Hast du ihm das etwa gesagt?“, war das erste was über Steves Lippen kam. Beleidigt verschränkte die Frau ihre Arme vor der Brust und sah ihn entsprechend an. „Er macht sich ohnehin genug Vorwürfe darüber. Es ist unnötig ihn daran zu erinnern, dass er es vermasselt hat. Und ich bin sicher, er wird es nie wieder ignorieren.“ Nein. Das würde Tony sicher nicht. Pepper war alles für ihn. Er wusste, dass der Milliardär nichts ungeschehen ließ, was seiner Freundin auch nur die kleinste Erleichterung bringen könnte, dass er sich in Arbeit stürzte und auf Hochtouren lief, um seine Aufgaben innerhalb von Stark Industries und als Mitglied der Avengers zu bewältigen ohne Pepper länger als nötig alleine zu lassen. Er würde das eine Weile lang durchhalten, aber dann würde es einen Punkt geben, an dem ihn jemand davon abhalten müssen würde sich selbst in Grund und Boden zu richten. Es war bereits vorgekommen und Steve hielt immer Ausschau nach den Signalen. Gestern erst hatte er mitbekommen wie Tony mit Rhodey im Workshop telefoniert hatte. Und es hatte Tony sichtlich mitgenommen ihn anzulügen und sich Entschuldigungen für Pepper auszudenken, warum Rhodey momentan nicht in der Lage war sie zu kontaktieren. Offenbar wollte er ihm nicht erzählen was passiert war. Und Pepper ebenso wenig, wenn sie nicht auf seine Anrufe reagierte. „Wir sollten duschen, wenn wir etwas vom Frühstück abhaben wollen.“, durchbrach Nat seinen Gedankengang wieder. Nickend stimmte Steve zu und sie bewegten sich in Richtung der Umkleiden, wo sich ihre Wege trennten. Zwanzig Minuten später lief er die Treppen hoch in den Gemeinschaftsbereich. Natascha saß bereits am Tresen und unterhielt sich mit Bruce und Happy, während Clint in der Küche herumhantierte. Das Gespräch verstummte als er herantrat. „Guten Morgen, Steve.“, sprach der Wissenschaftler ihn als erstes an und lächelte etwas unbeholfen. „Morgen.“, grüßte auch Happy. Natascha drehte sich zu ihm um und warf ihm einen herausfordernden Blick zu. Offenbar knabberte sie noch an ihrem Gespräch in der Trainingshalle. Und hatte kein Bedürfnis das zu verstecken. „Hey, Steve!“, rief ihm Clint zu ohne sich vom Herd umzudrehen. Der Soldat grüßte jeweils zurück und setzte sich dann hin. Zwei Plätze zwischen sich und Nat freilassend. Das wurde mit einem fragenden Blick von Bruce und Happy quittiert, doch weder er noch Nat kommentierten das. „Ich habe Peppers Mittagessen in den Kühlschrank gestellt. Musst es später nur aufwärmen.“, wandte Clint sich dann an ihn und fing an Gläser auf den Tresen zu stellen. An jeden Platz, der besetzt werden würde eins. Steve versuchte nicht darüber nachzudenken, dass es eins mehr sein müsste. Stattdessen nickte er als sich ihre Blicke trafen dem Scharfschützen zu und quälte sich ein kurzes Lächeln auf die Lippen. Es war anscheinend nicht überzeugend, denn Clints Augen verweilten deutlich länger bei ihm, als nötig gewesen wäre. Schließlich sah Steve herunter und unterbrach den Augenkontakt. Er schwieg die restliche Zeit. Als sie den Fahrstuhl hörten, wandte jeder seine Aufmerksamkeit auf den Neuzugang. Es dauerte einen Moment, aber dann bogen Tony und Pepper um die Ecke. Der Milliardär ging rückwärts, seine Arme vor sich ausgestreckt und Pepper an den Händen haltend, die ihm langsam und mit unsicheren Schritten folgte. Sie trug bequeme Trainingskleidung. Ihre Haare waren nach hinten gekämmt und in einem losen Zopf zusammengebunden. Da Pepper es noch nicht schaffte ihre Arme höher als zu den Schultern zu heben, musste das wohl Tony gemacht haben. Außer dem riesigen Hämatom, zierte ein Pflaster ihre rechte Wange und deckte die Wundnähte ab. Übermorgen würden sie gezogen werden. Genauso wie die Nähte in ihrem Nacken, der von einer Halskrause komplett verdeckt war und ihren Hals davor bewahrte sich ungünstig zu verdrehen und ihre malträtierte Halswirbelsäule dadurch weiter zu schädigen. So schlimm sie immer noch aussah, so war ihr Zustand in den fünf Tagen deutlich besser geworden. Die ersten beiden hatte sie sich nicht aus dem Bett bewegen können. Danach war sie zumindest in einem Rollstuhl mobil gewesen und gestern Abend hatte sie es letztendlich geschafft ein paar Schritte zu laufen, auch wenn sie jemanden brauchte, der sie dabei stütze. Ihr Gesicht erhellte sich, als sie ihre Freunde erblickte. „Guten Morgen!“, rief sie ihnen breit lächelnd entgegen. „Wooho!“, machte Natascha. „Sieht gut aus!“, kommentierte sie breit grinsend und lenkte so die Aufmerksamkeit auf sich. „Ja!“, stimmte Pepper zu und ließ sich von Tony zu dem Hocker direkt neben der Agentin führen. „Wenn dieser Schwindel nicht wäre, würde ich alleine klarkommen. Aber mir wurde versprochen, dass ich nach einer Woche zumindest eine dieser furchtbaren Tabletten weglassen kann und sich das dann wieder bessert.“, erklärte sie. Steve presste die Lippen aufeinander als er zusah wie es ihr nicht von alleine gelang auf ihren Sitz zu kommen und sie schließlich Hilfe von Tony annahm. Natascha zeigte keinerlei Regung im Gesicht, die verraten hätte, dass sie der Anblick mitnahm, auch wenn Steve sich sicher war, dass es so war. Währenddessen wandte Bruce sich für diesen Moment ab und Happy machte keine Anstalten zu verstecken, dass er kurz davor war in Tränen auszubrechen. „Das heißt, ich kann eine Girls-Night-out für nächste Woche planen?“ Wie nebenbei schob Natascha ihr das Glas am Platz näher heran und lehnte sich an den Tresen. „Eher eine Girls-Night-in.“ Pepper lachte amüsiert und drehte sich in Richtung des Tresens als Clint ihr das Frühstück vorsetzte. Tony belegte den Platz zwischen ihr und Steve. Mit einem Schulterklopfen begrüßte er ihn, war aber zu sehr auf seine Freundin fixiert, um ihn auch nur eine Sekunde anzusehen. Clint reiche jedem sein Essen und Pepper kontrollierte wie immer die Gesprächsthemen um sie herum. Keiner versuchte irgendetwas anzusprechen, das sie nicht zuerst initiierte, sodass sie alle bei fröhlichen und unverfänglichen Themen blieben. Keiner wies sie darauf hin, dass sie anfing sich zu wiederholen oder einiges von dem, was sie sagte, einfach keinen Sinn ergab, dass sie in ihren Sätzen plötzlich abbrach und mit einem völlig anderen Thema weitermachte. Während Tonys Gesicht immer angespannter wurde, versuchten Natascha und Clint Peppers Aufmerksamkeit auf sich zu halten. Hinter ihr starrte Bruce inzwischen stumm auf seinen eigenen Teller und Happy hatte anscheinend den Appetit komplett verloren. Das Frühstück endete als Happy darauf hinwies, dass Tony langsam losmusste. „Oh, schon so spät?“, fragte Pepper etwas überrascht und blickte auf ihre Armbanduhr. Sie starrte einen Moment verwirrt auf das Ziffernblatt, bevor Tony sie ablenkte und ihr vom Hocker herunterhalf. „Martinéz kommt um 10.“, wandte der Milliardär sich an Steve. „Ich bin wahrscheinlich erst abends zurück.“ Dann drehte er sich wieder zu Pepper. „Und du überanstrengst dich nicht, verstanden?“ „Als ob das eine Möglichkeit wäre, wenn ihr dauernd auf mich aufpasst.“, antwortete sie grinsend, lehnte sich nach vorne und Tony entgegen, um einen Kuss miteinander zu teilen. „Mach keine Dummheiten.“ „Ich liebe dich.“, flüsterte Tony seiner Freundin zu und fuhr ihren Arm nach unten herunter, wo er ihre Hand ergriff. „Ich weiß.“, gab sie lächelnd zurück. „Tony.“, wurde das von Happy etwas ungeduldig unterbrochen. Der Milliardär sah Pepper noch einen Moment in die Augen, dann drückte er einen Kuss auf ihren Handrücken und überreichte diese Hand Steve. „Wenn etwas sein sollte, will ich sofort davon wissen.“ „Es wird nichts sein, Tony. Bis nachher.“ Steve ergriff Peppers Hand und sie griff auch mit ihrer zweiten nach ihm, als diese kleine Drehung ihren Gleichgewichtssinn anscheinend überforderte. Schnell packte er zu, um sie zu stabilisieren. Pepper lächelte als sie wieder aufsah und Steve hoffte, dass er seine Mimik einigermaßen ruhighalten konnte. Besorgt betrachtete Tony das, doch dann drückte er noch einen Kuss gegen Peppers Schläfe und verließ mit Happy den Raum ohne ein weiteres Wort zu sagen. „Lass uns schon mal in die Trainingshalle gehen.“, schlug Pepper vor und so verabschiedeten sie sich von den anderen und Steve führte sie genauso wieder zum Fahrstuhl, wie Tony sie zum Essen gebracht hatte. Sie fingen schon mal mit den Therapieübungen an, die Dr. Martinéz ihr bisher gezeigt hatte und als der Arzt eine Stunde später auftauchte, war sie aufgewärmt genug, dass sie sofort anfangen konnten. Während er mit ihr arbeitete, saß Steve im Ring und beobachtete es. Sie machte deutliche Fortschritte, was zumindest die Stimmung etwas aufhellte, sie aber wieder trübte, als er beobachtete wie sie eine halbe Minute brauchte, um es irgendwie koordiniert zu bekommen ihre eine Hand an ihre eigene Schulter zu legen und ihre eigene Unfähigkeit dann mit Humor nahm und über sich selbst lachte. Steve biss die Zähne aufeinander. Was in Ordnung war, denn er wusste, dass Peppers Aufmerksamkeitsspanne mit den Medikamenten, die durch ihr Blut flossen, nicht groß genug war, um neben den Übungen auch noch zu bemerken wie ihn der Anblick mitnahm. Also sah er ihr mit Grabesmiene weiter zu, bis die Physiotherapie beendet war und der Arzt wieder ging, bevor er sich wieder ein Lächeln auf die Lippen zwang. Nach dem Mittagessen zogen sie sich zurück in Peppers und Tonys Appartement, wo sie die nächsten Stunden damit verbrachten einen Katalog durchzusehen, den Glenn ihr letztens geschickt hatte. Steve las die Kommentare zu den einzelnen Gemälden vor, da die kleine Schrift vor Peppers Augen tanzte und sie nicht fähig war sie in eine feste Ordnung zu bringen. Irgendwann nach der nächsten Dosis an Medikamenten schlief sie ein und Steve legte sie in ihrem Bett ab. Es dauerte nur eine Stunde bis sie hochschreckte und sich eine Hand vor den Mund hielt. Mit großen Augen sah sie Steve an und dieser griff sofort nach der Vase auf dem Nachttisch, schmiss die Blumen heraus und schob das Gefäß direkt vor sie. Sie umklammerte es und übergab sich geräuschvoll hinein. Heftig atmend legte sie ihre Stirn am Rand des bunten Behälters ab, während ihr Körper sich immer wieder zusammenkrampfte und eine neue Welle Erbrochenes nach oben förderte, welches ins Wasser plätscherte. Steve blieb bei ihr sitzen, einen Arm um sie geschlungen und die Vase mit festhaltend. Glücklicherweise hatte sie ihre Haare noch immer im Zopf zusammengebunden. Bis es sich wieder beruhigte, vergingen einige Minuten und dann blieb Pepper nach vorne über die Vase gebeugt und schluchzte vor sich hin. „Es tut mir so leid.“, murmelte Steve gegen ihren Kopf als er sie näher an sich zog. „Das hätte nie passieren dürfen. Es tut mir so leid.“ Dann spürte er ihre Hand nach seiner greifen und leicht zudrücken. Es trieb ihm lediglich selbst die Tränen in die Augen. Doch er erlaubte sich nicht hier emotional zusammenzubrechen. Das war nicht der Zeitpunkt dafür. Er verstummte lediglich und wartete ab, bis seine Freundin ihren Kopf wieder anhob und mit zitternder Hand über ihre Augen fuhr. Erst dann ließ sie es zu, dass er ihr die Vase wegnahm und sie ins Bad brachte, damit sie die Reste loswurde. Sie konnte kaum alleine stehen, sodass der Soldat sie festhielt, während sie sich mit seiner Hilfe sauberwischte. Kaum, dass sie wieder im Bett lag, war sie auch schon erneut eingeschlafen. „Hey.“, grüßte Tony als er einige Zeit später eintrat. Er zog sich die Krawatte über den Kopf und warf sie achtlos aufs Bett, als er neben Steve trat und auf seine schlafende Freundin heruntersah. „Sie hat sich wieder übergeben nach der Mittagsdosis.“, informierte Steve ihn. Tony gab nur ein Brummen von sich, bevor er sich an den Bettrand setzte und Pepper einen Kuss an die Schläfe drückte. „Du siehst scheiße aus.“, sagte der Milliardär, als er sich Steve wieder zuwandte. „Ich schlafe nicht so gut.“, gestand dieser und fuhr sich über das Gesicht. Er richtete seinen Blick nach unten und starrte an Tony vorbei auf das ruhige Gesicht Peppers. „Ist das ansteckend?“, hakte Tony mit einem neckischen Tonfall nach und stieß mit einem Fuß gegen Steves Schienbein. „In dem Fall, hättest du es wohl auch bereits.“, gab der Soldat zurück und grinste leicht. „Kann mich über meinen Schlaf nicht beschweren.“, antwortete Tony schulterzuckend. „Ich würde dir ja was von meinen Drogen anbieten, aber du würdest wohl das ganze Döschen nehmen müssen, damit es irgendeine Wirkung zeigt.“ Sie schwiegen eine Weile, bevor Tony erneut das Wort ergriff. „Ich habe mit Coulson gesprochen.“ Ruckartig zuckte Steves Kopf in die Höhe. „Nein. Sie haben nichts entdeckt.“, folgte gleich die Enttäuschung. „Aber sie können mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestätigen, dass Hawthorne ihn auch nicht hat. Er weiß, dass Loki abgehauen ist und ist wohl ziemlich missgelaunt, dass keiner es schafft ihn zu finden.“ „Solange Loki nicht bemerkt werden will, wird er das auch nicht.“ Entgegen seiner Befürchtungen, Albträume und schauriger Tagträume, war Steve ziemlich zuversichtlich, dass sein Freund sich gut genug verstecken konnte, dass niemandem etwas auffiel. Es würde vielleicht nach ein bis zwei Wochen schwieriger werden, wenn der Schlafmangel seine Wirkung zeigte. Möglichweise würden sie dann etwas bemerken. „Noch nicht.“, fügte er also hinzu. Würde Loki es wirklich so weit kommen lassen? Er wusste, dass er nicht ewig ohne Schlaf auskommen würde. Würde er sich lediglich einen Ort suchen, an dem ihn niemand schreien hören würde? Steve wusste nicht, wie oft er sich das in den letzten Tagen bereits gefragt hatte. Zustimmend nickte Tony. „Du solltest versuchen etwas zu schlafen. Hast du nicht eine Frühschicht morgen im Krankenhaus?“ „Ja.“ Langsam stand er auf. Er betrachtete erneut die schlafende Frau. Morgen würde Bruce den Tag mit ihr verbringen. „Triffst du dich immer noch mit Fury am Abend?“ „SHIELD hat Pepper das Leben gerettet. Ohne zu zögern. Sie helfen dabei nach Loki zu suchen. Bisher gab es noch keine Forderungen, die an diese Hilfe geknüpft wären und Jarvis hat noch nichts entdeckt, was darauf hindeuten würde, dass wir verarscht werden. Also ja, ich denke ich werde zumindest versuchen ihm zuzuhören, bevor ich ihn einen sadistischen Perversling nenne, ihm drohe und dann wütend davonstürme.“ „Ich verstehe.“ Es war keine schlechte Idee mit Fury zu sprechen. Natascha und Clint waren vollkommen überzeugt davon, dass er nichts mit dem gesamten Desaster zu tun hatte und Steve war ohnehin dazu geneigt Coulson zu glauben. Lokis Behandlung würde definitiv nicht in die Moralvorstellungen des Agenten passen. Fury war da ein anderes Kaliber. Es gab wenig, das er ihm nicht zutrauen würde, wenn er es nur mit Gründen rechtfertigen könnte, die seiner Meinung nach stark genug waren. „Ich werde mitkommen.“ „Hältst du das für eine gute Idee?“ Skeptisch betrachtete Tony ihn. „Nicht, dass ich den Wunsch nicht verstehe ihm seine dämliche Augenklappe vom Kopf reißen zu wollen, aber momentan ist das eine schlechte Idee.“ „Normalerweise halte ich dich von solchen Aktionen ab.“, wies Steve ihn auf ihre eigentliche Rollenverteilung in hitzigen Diskussionen hin. „Ja. Normalerweise ist das Thema aber auch nicht der kleine Bruder unseres hauseigenen Donnergottes und dein Subjekt der Begierde, das dich emotional völlig ausflippen lässt.“, gab Tony zu bedenken. „Außerdem laufe ich nicht Gefahr außer der Augenklappe auch noch den Kopf ungewollt mit abzureißen.“ „Tony, ich werde wahnsinnig, wenn du mich da weiter ausschließt.“ Er hasste es einfach herumzusitzen. Doch es fiel ihm nichts ein, dass er tatsächlich tun könnte, um die Situation zu verbessern. Er stopfte sich seinen Tag mit Training und ehrenamtlichen Arbeiten voll, um etwas zu tun zu haben. Ein Gespräch mit Fury oder Coulson würde ihm zumindest das Gefühl geben etwas zu unternehmen. „Okay.“, lenkte der Milliardär seufzend ein. „18 Uhr.“ „Danke.“ Steve spürte wie der Knoten in seiner Brust sich ein wenig löste. Sicher hätte er auch alleine Kontakt zu Fury oder Coulson aufnehmen können, doch er traute sich selbst nur bedingt. Ihm war klar, dass er es schaffte ohne etwas zu verraten einfach dazusitzen, doch wenn er direkt log, würde das jemanden wie den Director garantiert nicht täuschen. Natascha hatte schon einige Male versucht ihn dazu zu bringen sich etwas darin beibringen zu lassen. Vielleicht wäre es sinnvoll dieses Angebot tatsächlich mal anzunehmen. „Sieh zu, dass du schlafen gehst.“, fügte Tony dann hinzu. „Wenn du morgen aus versehen ausplapperst, dass Loki und du weit jenseits der Freundschaft Plus Marke seid, werden wir uns den Weg wahrscheinlich raussprengen müssen.“ „Gute Nacht, Tony.“, stimmte Steve ihm zu und verzichtete darauf zu fragen, was eine Freundschaft Plus war. „Mr. Davis!“ Seinen Schritt verschnellernd holte Steve zu dem alten Mann mit dem Rollator auf. Der reagierte nicht und schien der festen Absicht zu sein durch die Tür vor sich zu gehen. „Mr. Davis.“, sprach Steve ihn erneut an und legte ihm eine Hand an die Schulter. Verwirrt drehte der Alte sich ihm zu. „Kann man hier nicht einmal seine Ruhe haben!?“, schnauzte dieser sofort los. Wütend sah er Steve an und trat einen Schritt von ihm weg. „Ihr Jungs habt keinen Respekt mehr! Glaub ja nicht, dass deine Eltern davon nicht hören werden!“, wetterte er weiter. „Tut mir leid Sie zu stören, Mr. Davis.“ Steve lächelte den Senioren an. „Sie wollten mir vorhin aber noch von Donna erzählen und ich hatte gehofft ein paar Tipps von ihnen zu bekommen, bevor sie Heimgehen.“ Irritiert und verdattert sah der alte Mann ihn an. Dann legte sich langsam ein Lächeln auf seine Lippen. „Donna.“, wiederholte er. „Donna ist meine wunderschöne Frau. Ich habe dir von ihr erzählt?“, wollte er wissen. Mindestens hundert Mal. „Nein, noch nicht. Aber Sie hatten es mir versprochen.“, antwortete Steve. „Ja, ja. Das tue ich gerne. Es ist gar nicht so leicht eine so unglaubliche Frau für sich zu gewinnen. Da kannst du noch was lernen, Junge.“, brüstete er sich. „Das wäre toll.“, stimmte der Soldat zu. „Wollen wir uns vielleicht dort an einen Tisch setzen?“, schlug er dann vor und deutete in Richtung des Speisesaals aus dem der Rentner soeben ohne jegliche Vorwarnung entflohen war. Begeistert fing er an von seiner, wie Steve wusste, bereits verstorbenen Ehefrau zu erzählen, während sie langsam wieder zurückliefen. Mit einem seligen Lächeln auf den Lippen setzte der Alte sich an den Tisch zurück, an dem noch sein angefangenes Mittagessen stand. Zwei weitere Senioren saßen dran. „Ach, jetzt kau uns doch nicht wieder das Ohr ab mit deiner Donna!“, zeterte einer davon. „Ich helfe nur dem jungen Mann hier ein wenig. Er kann sich ruhig etwas davon als Beispiel nehmen!“, verteidigte Mr. Davis sich. „Steve braucht deine Hilfe nicht.“, schaltete sich der Dritte im Bunde ein. „Er hat doch schon… wie heißt sie doch gleich?“, wandte er sich dann an Steve. „Ich habe letztens erst ein Foto im Bugle gesehen. Unglaublich hübsches Ding. Lange blonde Haare, strahlend blaue Augen!“ „Ja. Ihr seid ein wirklich perfektes Paar.“, stimmte der andere zu. „Emma.“, antwortete Steve einsilbig und versuchte das Lächeln auf seinem Gesicht möglichst echt wirken zu lassen. „Emma! Genau, das war es!“ rief der Rentner wieder aus. „Du solltest eher uns Tipps geben.“ „Also bei Donna damals…“, fing Mr. Davis wieder an. „Ach, halt doch den Mund du alte Klapperkiste.“, wetterte der andere wieder. Steve trat einen Schritt zurück. Er versuchte seine Gesichtszüge unter Kontrolle zu behalten. Die Rentner bemerkten das gar nicht, sondern waren schnell wieder in ihr eigenes Gespräch vertieft, sodass er sich ganz zurückziehen konnte. Er hatte verhindert, dass Mr. Davis wegrannte und nun war er wieder überflüssig. Außerdem war er nicht in der Stimmung sich über seine Fake-Freundin ausfragen zu lassen. Und er sollte zurück zum Zwischenlager. Die ganzen Kisten stapelten sich noch immer davor, weil er alles stehen und liegen lassen hatte als Mr. Davis an ihm vorbei fröhlich pfeifend schnurstracks auf den Ausgang zugeeilt war. Erstaunlich wie schnell er mit dem Rollator vorankam. Schnell zog er sich aus dem Speisesaal zurück und zum Lagerraum. Tief durchatmend verscheuchte er die Gedanken an Emma und fing erneut an die Vorräte zu verstauen. Es war nicht so, dass er jedes Mal ausflippte, wenn jemand ihn auf Emma ansprach. Aber die Tatsache, dass die alten Herren ihr Aussehen so hervorgehoben und sie allein aufgrund dieser Beobachtung als perfektes Paar abgestempelt hatten, war viel zu nahe an der Thematik dran, die ihn mitnahm. Als ob Aussehen das Merkmal war, dass ausmachte, wie gut man mit einer anderen Person zusammenpasste! Vor dem ganzen Desaster hatten ihn solche Bemerkungen nicht aus der Ruhe gebracht. Es war komplett egal gewesen. Emma war nun einmal ziemlich gutaussehend. So stellte Loki sie immerhin dar. Doch das hatte nicht wirklich was mit ihm zu tun und schon mal überhaupt nicht mit der Wahrheit. Es gab keine Emma. Und wenn die Leute um ihn herum meinten sie würden zueinander passen, umso besser. Dann gab es weniger Leute die das hinterfragten. Jetzt, da Natascha ihre Gedanken zum Geschehen geäußert hatte, hatte sich Steves Einstellung dazu geändert. Auf einmal waren Emma und ihr Aussehen wichtig. Und Lokis Worte machten Sinn. Auch wenn es komplett schwachsinnig war. Und idiotisch. Und seltsam. Und unpassend. Und so vieles mehr für das ihm die Worte fehlten um es zu beschreiben. Emma nahm ohnehin einen viel zu großen Teil von Lokis Leben ein. Er war psychisch instabil. Unter solchen Umständen dann auch noch ein Doppelleben zu führen, war da sicher nicht besonders hilfreich. „Ist alles in Ordnung, Steve?“, riss ihn eine Stimme aus seinen Gedanken. Er fuhr herum. Überrascht und erschrocken sah Kate ihn an. „Ich wollte dich nicht erschrecken. Tut mir leid.“ Mit einem besorgten Blick musterte sie ihn. „Mir geht es gut. Ich… es ist nichts.“, log er und lächelte. Offenbar reichte das nicht, denn der besorgte Ausdruck in Kates Gesicht nahm nur zu. „Was hat dir das NaCl dann angetan?“, wollte sie wissen und nickte in Richtung der Kiste, die er soeben mit mehr Schwung als nötig gewesen wäre auf das Regal gehievt und geräuschvoll dort fallen lassen hatte. „Du hast dich vorgestern auch schon so seltsam benommen.“, fing sie an. „Bist du sicher, dass du nicht darüber reden willst?“ Steve erwiderte ihren Blick. Er wollte direkt wieder lügen, doch er brachte es nicht über seine Lippen. Er wollte niemanden belasten. Es gab ohnehin niemanden, der in irgendeiner Weise etwas an der gegebenen Situation ändern könnte. Seine Freunde hatten genug damit zu tun selbst mit dem Geschehenen klarzukommen. Es wäre unangebracht ihnen noch zusätzliche Sorgen zu bereiten. Doch bei Kate war das etwas anderes. Sie war nicht direkt betroffen. Eine Außenstehende. Seufzend ergriff er die nächste Kiste mit NaCl und stellte sie im Regal auf eine höhere Ebene, darauf achtend diesmal leiser zu sein. „Emma ist weg.“, gestand er dann. Er wusste, dass er mit Kate reden konnte und sie das für sich behalten würde. Sie waren befreundet. Wirklich befreunden. Sie war nicht nur an einer Freundschaft mit ihm interessiert, weil er Captain America war. Die ersten Wochen hatte sie nicht einmal gewusst, wer er war und aus allen Wolken gefallen, als sie hörte, wie einer der Patienten mit ihm über den Zweiten Weltkrieg gesprochen hatte. Er war sich ziemlich sicher, dass sie ihn danach zumindest für eine kurze Zeit für völlig verrückt gehalten, bevor ihr klar geworden war, dass das alles seine Richtigkeit hatte. Nun sah sie ihn mit großen Augen erschrocken an. „Oh nein! Wurde sie erneut entführt!?“, wollte sie wissen und schlug sich eine Hand vor den Mund. „Was ist passiert?“ Sie trat einen Schritt näher an ihn heran. Besorgt musterte sie ihn. „Nein, nein. Nicht so was. Wir hatten einen furchtbaren Streit. Ich verstehe noch immer nicht so richtig worum es da ging.“, erklärte er, während er weitere Sachen einsortierte. „Habt ihr euch getrennt?“, wollte sie ungläubig wissen. Die Kiste in seinen Händen rutschte ihm heraus und knallte scheppernd zu Boden. Kate gab einen überraschten Ton von sich und sprang einen Schritt zurück als der Inhalt bestehend aus metallenen Nierenschalen sich scheppernd über den Boden ergoss. „Nein!“, wehrte der Soldat vehement und lauter als nötig ab. Dann wurde er sich selbst unsicher. Hatten sie das? Dachte Loki, dass sie getrennt waren? „Ich weiß nicht.“, fügte er also hinzu und sah die junge Frau unsicher an. „Vielleicht solltet ihr darüber reden. Sich gegenseitig anzuschweigen macht es nicht unbedingt besser.“, schlug sie vor und trat wieder heran. Sie kniete sich hin und fing an die Schalen wieder einzusammeln. „Das würde ich ja, wenn ich wüsste, wo sie ist.“ Aber er hatte keine Ahnung! „Sie ist direkt danach verschwunden. Niemand kann sie finden. Sie will offenbar nicht mit mir reden.“ Auch er beugte sich herab, um seine Unordnung zu beseitigen. „Das tut mir leid.“ Sie machte eine Pause bevor sie weitersprach. „Sie wirkte auf mich wie eine ziemlich vernünftige Person. Möglicherweise braucht sie nur etwas Abstand um nachdenken zu können.“ Sie schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln als sie das Equipment wieder in den Karton sortierte. Wenig überzeugt von ihren Worten nickte Steve. Was sollte er dazu noch sagen, ohne sich selbst für eine Zivilistin verdächtig zu machen? Aber vielleicht war es ja wirklich so? Vielleicht musste Loki nur seine Gedanken richtig sortieren. „Und sie wird ohnehin irgendwann wieder zur Arbeit auftauchen müssen, oder?“, fragte sie. „Du sagtest doch, sie arbeite für Pepper Potts. Sie kann also maximal ihre Menge an Urlaubstagen wegbleiben. Sofern sie nicht kündigt.“, fügte sie dann noch etwas leiser hinzu. Offenbar hatte Steve erschrocken gewirkt, denn sie schien es augenblicklich für nötig zu halten ihn zu beruhigen. „Nein, nein! Niemand würde einen solchen Job wegen eines Beziehungsstreits aufgeben.“, versicherte sie ihm und legte ihm eine Hand an den Oberarm. „Ich weiß.“, bestätigte der Soldat, nahm die Kiste wieder auf und erhob sich um sie wegzupacken. „Tut mir leid. Ich wollte dich nicht beunruhigen. Ich mache mir zu viele Gedanken.“, versuchte er die Situation abzutun und sich selbst zu beruhigen. Denn die ganzen Sicherheiten, die Kate angesprochen hatte, existierten nicht. Loki hatte keinen Job bei Pepper. Er hatte keine Urlaubstage. Keine wirklichen Verpflichtungen, die ihn zwangsläufig irgendwann wieder zurück zu den Avengers führen würden. Nicht wirklich zumindest. „Du kannst immer mit mir reden.“, bot sie ihm an. „Das muss echt frustrierend sein.“ „Ja.“, gab Steve zu. Er beschäftigte sich weiter damit das Lager einzuräumen. Kate half ihm mit den leichteren Gegenständen und sie unterhielten sich noch eine Weile bis alles verstaut war. Er überzog seine Schicht und half weiter im Krankenhaus bis Tony ihn anrief um mitzuteilen, dass er am Eingang auf ihn wartete. Also verabschiedete der Soldat sich und verließ das Gebäude. Wortlos setzte er sich zu Tony ins Auto und der fuhr los. Es war bereits 18 Uhr. Also hatte Tony sich wohl dafür entschieden Fury direkt mit einer Verspätung auf die Nerven zu gehen. Ich verspreche, im nächsten Kapitel gibt es wieder Infos zu Loki. Nur um schon mal den Mails vorzubeugen, die mir der eine oder andere ja immer schickt. Ich unterhalte mich natürlich trotzdem gerne mit euch :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)