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Desaster

von

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Schmatzend zog Tony den warmen Körper neben sich näher heran. Haare drückten sich ihm ins Gesicht und kitzelten ihn an der Nase. Ein Grinsen stahl sich auf seine Lippen und er drückte sich noch näher heran, sog die Luft tief ein.

Moment! Das war nicht der Geruch von Peppers Shampoo. Etwas verwirrt riss Tony die Augen auf und sah schwarz. Ja. Schwarz! Peppers Haare waren nicht schwarz. Und war Pepper nicht gestern nach L.A. geflogen?

Es dauerte einige Sekunden, bis er begriff, dass er sich da an Loki heranschmiegte. Es dauerte nur wenige Millisekunden länger, bis er sich daran erinnerte, dass er nach Lokis zweitem Albtraum nicht mehr zurück in sein Zimmer gegangen, sondern einfach auf dem Bett neben dem Asgardier sitzengeblieben war. Der Mann hatte noch ein weiteres Mal einen Albtraum gehabt aus dem Tony ihn direkt aufgeweckt hatte. Offenbar war Tony irgendwann eingeschlafen und hatte den Außerirdischen an sich herangezogen. Sein rechter Arm war um Loki gelegt. Er konnte die einzelnen Knochen des anderen Mannes spüren. Es schürte nur den Beschützerinstinkt, den der Milliardär dem Asgardier gegenüber entwickelt hatte.

„Bist du wach?“, fragte er leise gegen Lokis Nacken, ohne sich zu rühren.

„Ja.“, bekam er als Antwort ebenso leise zurück.

„Hast du nochmal geschlafen?“

„Nein.“

Frustriert schloss Tony die Augen und drückte seine Stirn gegen den Hinterkopf des anderen Mannes. Nachdem Loki im Gemeinschaftsraum eingeschlafen und etwa zwei Stunden geschlafen hatte, war er zehn Minuten nachdem Tony, Steve und Bruce in ihre Zimmer verschwunden waren wieder in einem seiner Albträume gefangen gewesen. Tony war zurückgekommen und hatte ihn aufgeweckt. Doch kaum, dass Loki danach in seinem Zimmer eingeschlafen war, hatte Jarvis den Milliardär erneut hochgescheucht. Letztendlich war er dageblieben, da es keinen Sinn zu machen schien und hatte sich direkt neben seinem Gast ins Bett gelegt. Er hatte Recht behalten. Kaum hatte Loki für zehn Minuten die Augen geschlossen, waren seine Albträume auch schon wiedergekommen, um ihn zu quälen.

Tony fühlte sich nach dieser Nacht wie gerädert. Er musste zugeben, dass er es nicht einfach fand Loki so panisch zu sehen, je öfters es passierte. Eher war es immer schlimmer geworden. Nun ja, er musste auch zugeben, dass er Loki mochte. Etwas anderes würde ihm ohnehin niemand mehr glauben. So sehr er sich am Anfang geschworen hatte nicht aus den Augen zu verlieren, wer Loki war und was er getan hatte, so war das inzwischen völlig nebensächlich. Er wollte einfach nur, dass es Loki gut ging. Er wollte, dass er schlafen konnte, ohne sich zu quälen. Er wollte diese Panik und Verzweiflung, den Wahnsinn nicht mehr sehen.

Vorsichtig löste er sich von Loki und drehte sich auf den Rücken. Müde rieb er sich die Augen. So richtig gut hatte er unter diesen Umständen auch nicht geschlafen. „Ich brauche jetzt Kaffee.“, informierte er seine Umgebung. „Lass uns nach oben frühstücken gehen.“ Mit diesen Worten richtete er sich auf und schlug die Bettdecke zurück. „Kommst du?“, forderte er den anderen Mann auf, als dieser sich keinen Zentimeter bewegt hatte. „Loki?“ Er umrundete das Bett, um ihn sehen zu können. Es war erstaunlich wie diese schlechte Nacht sich auf dem blassen Gesicht wiederspiegelte. Unfokussiert starrte Loki einfach vor sich. Die eingefallenen rot unterlaufenen Augen waren von dunklen Ringen unterstrichen und er schien noch einen Ton blasser zu sein, auch wenn das eigentlich kaum zu glauben war. Konnte man irgendwann in einen negativen Wert fallen bei der Farbe?

Der Asgardier hatte noch nie wirklich gesund ausgesehen. Vielleicht war es auch nur Tonys Einbildung, aber nachdem er gestern unter Steves Aufsicht länger geschlafen hatte, hatte er etwas gesunder gewirkt. Seine Augen waren nicht rot gewesen und er hätte schwören können, dass die dunklen Augenringe weniger dramatisch ausgesehen hatten.

„Du solltest das lassen.“, ergriff Loki schließlich das Wort und richtete seinen Blick auf den Milliardär. Langsam drückte er sich in die Höhe und in eine sitzende Position.

„Was? Dich anzusehen? Sorry, aber das werde ich mir nicht verkneifen können.“

„Mich aufzuwecken.“

Überrascht zog Tony die Augenbrauen hoch. Was sollte das denn wieder bedeuten. Als er zusah, wie Loki die Beine anzog, seine Ellbogen auf die Knie stützte und sich mit den Händen über das Gesicht fuhr, versuchte er aus den Worten schlau zu werden. Doch als die grünen Augen sich schließlich wieder auf ihn richteten, hatte er immer noch keine zufriedenstellende Antwort. Es muss ihm ins Gesicht gestanden haben.

„Du solltest in Ruhe schlafen.“, erklärte Loki.

„Das…“, Tony nahm auf der Bettkante Platz ohne den Blickkontakt zwischen ihnen zu unterbrechen. „…kannst du echt vergessen. Jarvis hat es bisher nicht geschafft dich zu wecken und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass er äußerst penetrant sein kann.“

„Ich werde von alleine aufwachen.“, argumentierte der Asgardier.

„Fragt sich nur wann. Das erste Mal hat Jarvis eine halbe Stunde versucht dich aufzuwecken bevor er mich überhaupt informiert hat und selbst dann bist du erst aufgewacht, nachdem ich dich ordentlich durchgeschüttelt habe.“

„Dann dauert es eben etwas länger bis ich…“

„Ich werde auf keinen Fall zulassen, dass du länger als nötig in diesen Albträumen gefangen bist!“, stellte der Milliardär direkt klar. Seine Stimme war strikt und er hoffte, dass die Tonlage klar machte, dass es da absolut keine Diskussion gab. Das konnte doch gar nicht wahr sein. Jedes Mal, wenn er Loki da herausrüttelte war dieser vor Angst völlig von Sinnen! Erst letzte Nacht hatte er das Vergnügen gehabt das drei Mal beobachten zu können. Er würde den Teufel tun das zu ignorieren! „Warum solltest du das überhaupt wollen?“

Ohne jegliche Regung erwiderte der Asgardier Tonys Blick. „Ich verstehe.“, sagte er schließlich und senkte den Blick.

„Tust du das?“, hackte Tony nach und legte vorsichtig eine Hand auf die Schulter des anderen Mannes. Er spürte wie sich die Stelle verspannte, aber Loki ließ es zu. Er hatte sich an ihn und Pepper genug gewöhnt, dass er Körperkontakt mit ihnen ertrug solange es nicht unvorhergesehen kam. Wenn sie im Workshop zusammen bastelten, hatten sie ständig Kontakt gehabt, standen nahe zusammen oder werkelten an ein und derselben Sache. Der Asgardier schien verstanden zu haben, dass Tony ihm nicht weh tun würde. Und Pepper war ohnehin von Anfang an etwas anderes gewesen. Sie beide genossen ein gewisses Level an Vertrauen und der Milliardär würde das soweit ausreizen wie nur irgend möglich. Er musste zugeben, dass die Tatsache, das Loki gestern einfach an seiner Schulter eingeschlafen war, ihm eine diebische Freude bereitet hatte. Immerhin verriet ihm das ja, dass der Asgardier ihm deutlich mehr vertraute, als er bisher angenommen hatte. Selbst in Anwesenheit anderer Personen. Denn auch wenn Pepper kein Problem war, so wusste Tony doch recht genau, dass Loki Bruce und Steve noch als deutliche Gefahrenquellen wahrnahm. Trotzdem hatte er offenbar genug Vertrauen zu Tony, dass dieser nicht zulassen würde, dass ihm etwas passierte.

Die grünen Augen richteten sich wieder auf ihn. Einige Sekunden sahen sie sich gegenseitig an und Tony ließ seine Hand langsam über die Schulter und den Arm herunterstreichen. Er hoffte, dass diese Geste beruhigend wirkte. Zumindest war das seine Absicht.

Doch Loki sagte nichts mehr, auch wenn Tony ihm ansah, dass ihm einiges auf der Zunge lag. Dann rollte er mit den Augen. „Lass uns gehen.“, forderte er schließlich auf und schob die Bettdecke von sich. Tony zog seine Hand zurück und ließ den Asgardier aufstehen.

Seufzend erhob der Milliardär sich wieder und folgte Loki. Zusammen fuhren sie zum Gemeinschaftsraum hoch.

Als sie zum Küchenbereich einbogen, saß Bruce am Tresen, ein Tablet vor sich liegend und eine dampfende Tasse neben sich stehen. Ein leerer Teller lag etwas weiter neben ihm. Der Wissenschaftler sah hoch, als sie eintraten. Ein unsicheres Lächeln breitete sich auf den Lippen aus. „Guten Morgen?“, begrüßte er die Neuankömmlinge.

Loki blieb wie angewurzelt stehen, als er den anderen Mann erblickte. Es war nicht schwer zu erkennen, dass die Situation für ihn gerade schwierig händelbar war.

„Hey.“, grüßte Tony zurück, grinste, blieb aber neben seinem Gast stehen.

„Ich bin eigentlich fertig. Ich kann wieder gehen.“, bot Bruce an. Er musterte Loki, bewegte sich aber nicht. Als wollte er ihn nicht verscheuchen.

„Das wird nicht nötig sein, Dr. Banner.“, antwortete der Asgardier ihn nicht aus den Augen lassend. Seine Stimme klang deutlich angespannt. „Aber ich weiß das Angebot zu schätzen.“

„Okay…“ Der Zweifel in der Stimme des Wissenschaftlers machte das Unbehagen deutlich. Er drehte sich wieder seinem Tablet zu, doch seine Hände spielten nun nervös mit der Tasse vor ihm. Tony konnte ihm das nicht verübeln. Wenn Loki ihn so intensiv anstarren würde, wäre er wahrscheinlich auch beunruhigt.

In der Hoffnung ihm etwas Sicherheit zu bieten, legte Tony einen Arm um Lokis Taille. Kurz war er versucht ihm zu versichern, dass Bruce ihn sicher nicht fressen würde, doch dann wurde ihm noch rechtzeitig klar, dass der Hulk damit vielleicht nicht so viele Probleme hätte. Einige Sekunden passierte nichts, dann machte Loki einen zögerlichen Schritt nach vorne und aus der Umarmung heraus. Tony sah wie Bruce sich davon abhielt wieder aufzusehen, aber aus den Augenwinkeln dennoch in ihre Richtung schielte.

Langsam aber stetig überwand sein Gast die Distanz und setzte sich auf einen der Barhocker, nur einen Sitz zwischen sich und Bruce freilassend. Er war offensichtlich angespannt und fühlte sich unwohl, aber er hatte sich hingesetzt. Schon fast stolz, grinste Tony breit, bis ihm der skeptische Blick auffiel, den er von beiden Männern auffing.

„Kaffee?“, fragte er also und überwand die kurze Distanz, um die entsprechende Maschine einzuschalten.

„Dieses bittere dunkle Gebräu?“, hackte Loki nach. Seiner bloßen Stimmlage war deutlich anzumerken, dass er wenig begeistert war. Es überraschte den Milliardär nicht wirklich. Er hatte gestern etwas davon im Workshop gekostet und den Mund verzogen, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Wäre ein Waschbecken in der Nähe gewesen, hätte er die Flüssigkeit wahrscheinlich wieder ausgespuckt. Die bloße Erinnerung brachte den Milliardär zum Grinsen.

„Also Wasser?“, bot Tony ihm als nächstes an und versorgte ihn anschließend mit einem Glas und einer Flasche Wasser. Er schmiss Toastbrot in den Toaster und kramte sich Erdnussbutter und Marmelade aus dem Küchenschrank.

„Wie hast du geschlafen?“, hörte er Bruce hinter sich das Wort ergreifen. Als er sich wieder umdrehte, hatte der Wissenschaftler sich erneut zu ihrem Gast umgedreht. Loki schien damit jetzt kein Problem mehr zu haben. Er erwiderte den besorgten Blick mit einem neutralen.

„Dürftig.“, antwortete er. Tony sah den Seitenblick, den er ihm zuwarf. Es schien fast etwas unsicher.

„Albträume?“

Diesmal bekam Bruce nur ein Nicken. Der Wissenschaftler schien zu verstehen, dass es in diese Richtung keine Möglichkeit gab ein Gespräch zu entfachen. Er seufzte, warf Tony einen frustrierten Blick zu, woraufhin dieser lediglich mit den Schultern zuckte. Mit ihm sprach der Asgardier auch nicht darüber und er war so frei sich für denjenigen zu halten, dem Loki sich noch am ehesten anvertrauen würde. Es wunderte ihn also nicht, dass Bruce an der Stelle nicht weiterkam. Doch dann lenkte ihn der Toaster ab, der im hohen Bogen die Toastscheiben herausfeuerte, die direkt auf die entsprechend platzierten Teller fielen. Er musste unbedingt demnächst den Mechanismus wieder verändern. Seine Mitbewohner hatten inzwischen ebenfalls verstanden wo sie ihre Teller hinstellen mussten. Vielleicht versuchte er sich demnächst an einem Algorithmus, der die Toastscheiben mit jedem Mal etwas anders weit warf. Niemand würde dahinterkommen, wie das funktionierte!

Er steckte zwei weitere Scheiben in das Gerät und begann damit die beiden fertigen zu bestreichen. Ohne großen Aufhebens schob er einen der Teller mit einem fertigen Erdnussbutter-Marmelade-Toast Loki zu und schmierte sich einen zweiten. Er sah zu wie sein Gast das Essen beäugte. Der Gesichtsausdruck war zweifelnd, aber nicht misstrauisch und Tony musste sich davon abhalten zu lachen. Dieser Zweifel sah nach Ekel aus, nicht nach Angst vergiftet werden zu können. Ohne ein Wort, biss Tony in seinen eigenen Toast, der mit dem Gleichen bestrichen war. Loki hob skeptisch eine Augenbraue an, griff dann aber nach dem Brot, betrachtete es noch einen Moment, roch daran und kostete schließlich ein kleines Stückchen.

Die Überraschung war deutlich in dem blassen Gesicht zu sehen. Das nächste Mal biss der Asgardier richtig von seinem Essen ab. Tony spürte wie Freude in ihm aufkam. Er war sich gar nicht bewusst gewesen, wie sehr es ihn freuen könnte jemand anderem bei essen zusehen zu können. Er hatte sich gestern Abend genauso gefühlt, als er beobachtet hatte, wie Loki die Pizza gegessen hatte. Immerhin waren sie damit eines ihrer Probleme los. Ihr Gast schien sich dafür entschieden zu haben sich nicht weiter aushungern zu wollen.

Der Toaster spuckte die nächste Runde Brot aus und der Milliardär drehte sich um, um auch diese zubereiten zu können. Diesmal entschied er sich für Käse und Tomate. Er stellte Loki die zweite Toastscheibe vor die Nase, holte danach Weintrauben aus dem Kühlschrank und stellte die Schale zwischen sich und die beiden anderen Anwesenden.

Er sah wie unbehaglich Bruce sich fühlte, auch wenn Loki anscheinend entschieden hatte sich nicht weiter um seine Anwesenheit scheren zu müssen. Also fing der Milliardär schließlich eine Unterhaltung an über ein Projekt bei dem er viel mit Bruce zusammengearbeitet und das er gestern auch bereits Loki vorgestellt hatte. Es war erstaunlich leicht darüber zu reden und beide mit einzubeziehen. Sobald es um wissenschaftliche Hürden ging, waren sie zu dritt sofort Feuer und Flamme. Loki fügte sich nahtlos ein auch wenn er manchmal deutlich andere Vorstellungen von den ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten hatte. Tony rechnete ihm hoch an, dass er Kommentare über Midgards Unzulänglichkeiten auf ein Minimum reduzierte.

„Das klingt so leicht, wenn du davon redest.“, kommentierte Bruce, nachdem sie beschlossen hatten dieses gemeinsame Brainstorming im Workshop fortzuführen, wo sie eventuell direkt ein paar Simulationen nebenher ablaufen lassen können würden.

„Das wäre es, wenn euch die gleichen Ressourcen zur Verfügung stehen würden.“, antwortete der Asgardier. Er beobachtete wie seine beiden Gesprächspartner schnell die Küche aufräumten.

„Oh, tut uns leid dich mit den Unzulänglichkeiten unserer Heimat belästigen zu müssen.“, spielte Tony die theatralisch beleidigte Leberwurst. „Wie können wir es nur wagen!“ Nicht minder theatralisch gestikulierte er mit den Armen herum.

„Nun ja. Unter diesen archaischen Zuständen arbeiten zu müssen, ist zumindest eine interessante Herausforderung.“, antwortete er mit deutlicher Abneigung in der Stimme und einem abwertenden Blick auf den Milliardär. „Es sei euch also zumindest vorerst verziehen.“, fügte er noch hochnäsig hinzu, bevor seine Lippen sich zu einem breiten Lächeln auseinanderzogen. Der deutlich amüsierte Blick, der Tony traf, entlockte diesem ein Lachen. Er hörte Bruce neben sich mit einstimmen.

„Oh! Hey Steve.“, begrüßte Tony noch immer lachend den Soldaten, der gerade um die Ecke gebogen und anscheinend wieder die Treppen genommen hatte. Den Fahrstuhl hätte er deutlich früher gehört. Bruce begrüßte den Neuankömmling ebenfalls, während Lokis Gesicht praktisch gefror. Es war leicht zu erkennen, dass der Asgardier sich erneut anspannte. Tony fragte sich, ob es an Steve persönlich lag, oder einfach daran, dass er neu hinzugekommen war. Immerhin hatte ihn Bruces Anwesenheit vorhin auch am Boden festwurzeln lassen. Und nun war es schwer zu glauben, dass es ein Problem gegeben hatte, wenn man die beiden zusammen sah.

Deutlich perplex betrachtete Steve die Szene vor sich. Es brachte Tony nur noch mehr zum Lachen. Dennoch bewegte er sich um den Tresen herum und auf seinen Gast zu. Egal woran es lag, dass Loki wieder so unruhig wurde, er bildete sich ein, dass seine Nähe ihm eine gewisse Sicherheit vermittelte. Lässig legte er erneut einen Arm um die schlanke Taille und zog den Asgadier etwas an sich heran. „Wir wollten gerade in den Workshop. Du hast die Küche also ganz für dich.“, informierte er den Soldaten.

Es war seltsam zu sehen wie stocksteif Steve dastand und zwischen Tony und Loki hin und her sah. Der Blick mit dem er sie bedachte, war dem von gestern nicht unähnlich. Etwas nagte an seinem Freund. Und es hatte mit Loki zu tun. Sie würden sich unbedingt später darüber unterhalten müssen. Er musste wissen was genau los war, denn Steve war zu Beginn deutlich mehr auf seiner Seite gewesen. Inzwischen machte es eher den Eindruck, dass Lokis Anwesenheit ihn störte.

Anstatt etwas zu sagen, nickte Steve schließlich nur zur Begrüßung. Er schien deutliche Mühe zu haben seine Augen von ihnen loszureißen. Als er es endlich schaffte, ging er weiterhin wortlos zum Kühlschrank, aus dem er sich eine Flasche Wasser holte.

„Geht schon mal vor. Ich muss ohnehin mit ihm noch etwas besprechen.“, informierte Bruce sie.

„Okay.“, stimmte Tony zu und zog Loki mit sich zum Fahrstuhl. Ohne eine Pause einzulegen sprach der Milliardär einfach weiter über sein Projekt. Er sah immer wieder zu Loki, doch der schien ihm zwar zuzuhören, aber nichts sagen zu wollen.

Als sie letztendlich den Workshop betraten, hatte Jarvis bereits die entsprechenden Dateien an ihren Plätzen aufgerufen. Einige Hologramme schwebten an den entsprechenden Stationen in der Luft.

Zielsicher steuerte Tony den riesigen, durchsichtigen Bildschirm mit den mathematischen Gleichungen an, der an einem Tisch angebracht war, auf dem bereits Notizen verteilt waren. Der Bildschirm selbst war so groß wie eine Tafel und bot daher Platz vieles auf einmal sehen zu können. Hinter sich hörte er Loki und auch das mechanische Klackern und Brummen seiner beiden Roboter, die wahrscheinlich sofort angetrottet gekommen waren, um sich neue Streicheleinheiten abzuholen.

In Gedanken versunken, aber dennoch weiter plappernd und seine Aktionen kommentierend, lehnte Tony sich über den Tisch und fing an ein paar Korrekturen in seine Berechnungen einzugeben, die er soeben noch in der Küche mit seinen beiden Kollegen besprochen hatte.

Erst nach einigen Minuten trat Loki neben ihn. Ohne ihn weiter zu beachten fuhr er mit seiner Arbeit fort, kommentierte seine Arbeitsschritte. Er war zuversichtlich, dass der Außerirdische sich zu Wort melden würden, wenn er etwas anzumerken hätte.

Minuten vergingen und es blieb still. Außer, dass Dum-E bereits wieder angefangen hatte Snacks vor dem Asgardier auf dem Tisch auszubreiten, war bisher nichts weiter passiert. Prüfend wandte er seine Aufmerksamkeit dann doch dem anderen Mann zu, während er eine Grafik auf der Tafel verschob.

Loki erwiderte direkt seinen Blick. Er sah gar nicht die Zahlen und Grafiken oder Formeln auf dem Bildschirm an. Nein. Er starrte direkt Tony an. Der Inhalt des Bildschirmes schien ihn nicht im Geringsten zu interessieren.

„Okay… sieh mal, ich kann ja verstehen, dass es verlockend ist mich anzusehen, aber hast du überhaupt darauf geachtet, was ich da gerade von mir gegeben habe?“, hackte er nach und hob fragend eine Augenbraue.

Zunächst kam keine Reaktion. Loki sah ihn nur mit diesem nichtssagenden, neutralen Gesichtsausdruck an ohne auch nur kenntlich zu machen, dass er ihn überhaupt gehört hatte.

Gerade als Tony sich erneut zu Wort melden wollte, hob sein Gegenüber die rechte Hand, gerade so hoch, dass sie einige Zentimeter mit der Handfläche nach unten über dem Tisch schwebte, schwaches grünes Licht flakerte für kaum eine Sekunde auf und plötzlich schlossen sich die gerade noch über Nichts schwebenden Finger des Asgardiers um einen festen silbrigen Gegenstand.

Völlig irritiert starrte Tony darauf.

„Sir, sollte ich die anderen verständigen?“, meldete Jarvis sich sofort zu Wort.

„Was?“, schreckte Tony hoch und richtete seinen Blick nach oben, dann wieder zu Loki, der seinen Gesichtsausdruck leicht geändert hatte. Jetzt schien es so, als warte er eine Reaktion ab, als würde er ihn eingehend studieren und prüfen und je nachdem wie Tony reagierte, würde er weiter vorgehen. „Nein. Kein Grund zur Aufregung.“, antwortete er dann mit einem erneuten Blick nach oben.

„Mit Verlaub, Sir…“, kam auch schon sofort der Wiederspruch.

„Ach komm schon, Jarvis. Er hatte die ganze Nacht um mich umzubringen.“, brachte Tony seine KI zum Schweigen und richtete seine unverhohlene Neugier wieder auf seinen Gast.

Mit dem grünen Licht war wie aus dem Nichts etwas in Lokis Hand aufgetaucht. Der Milliardär verstand, dass Jarvis nervös reagiert hatte. Zugegeben, vor zwei Tagen hätte er ähnlich reagiert. Die Tatsache, dass es sich bei diesem magisch erschienen Gegenstand um einen etwa dreißig Zentimeter langen Dolch handelte, machte die Sache nicht besser. Dennoch fühlte Tony sich nicht bedroht. Nicht eine Sekunde lang. Vielleicht würde er sich später über diesen Mangel an Beunruhigung beim Anblick von Loki mit offensichtlichem Zugriff auf seine Magie und eindeutiger Bewaffnung Gedanken machen, aber momentan war das nebensächlich.

„Wie hast du das gemacht?“ Wo hatte er den auf einmal her? Tony wusste, dass es keines seiner Spielzeuge war. Hatte Loki den Dolch einfach so hergestellt? Hatte er ihn von irgendwoher hergeholt? Durch Raum und Zeit hergezaubert? War er überhaupt real? War er eine Illusion? Eine Illusion die seine KI auszutricksen vermochte? Obwohl… sah Jarvis überhaupt das Gleiche wie er? Vielleicht hatten die Sensoren nur grünes Licht wahrgenommen und Tony ging fälschlicherweise davon aus, dass sie Jarvis das gleiche mitteilten wie seine Augen ihm. So viele Fragen explodierten in seinem Kopf, dass ihm schwindlig wurde.

Es verschlug ihm kurzzeitig die Sprache. Nicht, weil er nicht fassen konnte, was er da sah – denn wenn er zugeben musste, war das riesige Loch über Manhattan aus dem lauter Aliens gekommen waren noch immer klarer Sieger seiner persönlichen Kuriositätenliste – sondern weil er nicht wusste, in welcher Reihenfolge er seine Fragen stellen sollte. Alles wollte auf einmal raus!

Dann schob Loki ohne ein Wort langsam den Dolch über den Tisch auf Tony zu. Als er direkt vor Tony lag, zog dieser seine Hand zurück.

Den Dolch ließ er dabei liegen. Tony entging nicht, dass Lokis Hand dabei zitterte.

Wie gebannt starrte der Milliardär die Waffe an. Ganz so, als erwarte er, dass sie plötzlich selbst anfing zu sprechen. Wenn er ehrlich war, selbst das würde ihn momentan nicht mehr wundern.

Mit einem prüfenden Blick zu Loki, streckte er seine Hand danach aus. Der Asgardier beobachtete ihn, weiterhin mit diesem neutral abwartenden Gesichtsausdruck. Das nahm Tony einfach mal als Zuspruch und richtete seinen Blick wieder auf die Stichwaffe.

Vorsichtig berührte er mit den Fingerspritzen den Griff. Ja! Er berührte sie! Definitiv keine Illusion!

Er spürte ein seltsames Kribbeln bei Hautkontakt, nicht unangenehm. Es war sofort wieder verschwunden und er fragte sich, ob das nicht einfach nur seine übersteigerte Erwartung gewesen war.

Langsam glitten seine Finger weiter über das glatte Metall. Schließlich umschlossen sie das Heft und hob den Dolch an. Er vernahm leichte Vibrationen. Waren sie tatsächlich da? Wenn er versuchte sich auf dieses Gefühl zu konzentrieren, war es verschwunden und wenn er seine Aufmerksamkeit wieder etwas anderem zuwandte, schienen sie wiederzukehren.

Hoch konzentriert betrachtete er die Waffe, fuhr mit der anderen Hand über die zweischneidige Klinge, die aus dem gleichen Material zu sein schien, wie das Heft. Er konnte sich nicht entscheiden, ob sich das Material aus dem der Dolch bestand warm oder kalt anfühlte.

An keiner Stelle schien diese Waffe eine Kerbe zu besitzen. Es gab nirgendwo Unebenheiten, als wäre sie aus einem Guss und als er sie so drehte, dass das Licht sich auf ihr reflektierte, schien sie im Glanz eines Regenbogens zu erstrahlen.

Tony hielt inne. Vorsichtig drehte er die Klinge erneut im Licht. Derselbe Effekt. Doch diesmal fiel ihm noch mehr auf. Die Farben schienen nicht direkt von dem Metall zurückgeworfen zu werden. Es schien eher, als würde die Reflektion darüber stattfinden.

Der Milliardär drehte und wendete den Dolch. Irgendwas schien mit der Reflektion nicht zu stimmen. Mal abgesehen davon, dass sie über dem Material erzeugt wurde, schien das Licht nebelartig darüber hinweg zu wabern. Wenn er ganz genau hinsah, war er sogar der Meinung irgendwelche Muster in diesem farbenfrohen Nebel wiederzuerkennen.

„Er besteht aus Uru.“, durchbrach Lokis Stimme seine Konzentration. Völlig aus den Gedanken gerissen, zuckte Tony zusammen. Erschrocken ließ er den Dolch sinken und sah hoch. Einen Augenblick sahen sie sich gegenseitig an.

„Wie bitte?“, fragte Tony schließlich.

„Das Material. Uru.“, wiederholte der Asgardier ohne eine Miene zu verziehen.

„Uru.“, wiederholte Tony. Er nickte, als würde er verstehen, was sein Gast damit implizieren wollte, denn er hatte definitiv den Eindruck, dass der Name des Materials irgendwie gleichzeitig eine Erklärung hatte sein sollen. „Ich weiß nicht, was du mir damit sagen willst.“, gab er zu. Er hatte noch nie davon gehört.

„Es ist fähig mächtige Zauber zu beherbergen. Sleipnir-“ Loki deutete dabei auf den Dolch in Tonys Hand. „- ist von Odin selbst verzaubert worden.“, erklärte der Außerirdische ohne jegliche Wertung in der Stimme. Als würde er den Wetterbericht vorlesen.

„Sleipnir?“, hackte Tony nach und warf erneut einen Blick auf die Waffe in seiner Hand. Wenn sie einen Namen hatte, war sie was Besonderes, oder? Nun, wenn Odin persönlich einen Zauber daraufgelegt hatte, war sie wahrscheinlich ziemlich mächtig. Zumindest wenn man Thors ausschweifenden Beschreibungen über die Kraft und Macht seines Vaters ernst nahm. Was einem zugegeben manchmal etwas schwer fiel. Andererseits auch wieder nicht, wenn man erlebt hatte, was Thor selbst draufhatte.

Loki nickte nur, als Tony den Namen wiederholte. Der Milliardär sah zwischen dem Asgardier und seiner Waffe hin und her. Er musste gewaltig auf dem Schlauch stehen. Er verstand immer noch nicht, warum Loki ihm die Waffe zeigte.

Unsicher legte er sie vor sich auf dem Tisch ab. Er würde so gerne alles Mögliche an Tests damit durchführen. Es kribbelte ihn in den Fingern ein paar Laserstrahlen darauf zu richten. Beunruhigender Weise war der Gedanke, dass das möglichweise zu heftigen Explosionen führen könnte, nicht einmal abschreckend. „Das ist wirklich faszinierend.“, gab er zu. Da lag direkt vor ihm mächtige Magie. Etwas, das er vielleicht studieren konnte. Vielleicht könnte er mit genügend Untersuchungen verstehen, was genau das war? Wie es funktionierte? Oder zumindest eine grobe Idee davon erhalten was für ein Konstrukt sich dahinter befand.

„Kann man das hierfür verwenden?“, riet er schließlich ins Blaue hinein und zeigte auf die Berechnungen vor sich auf dem Bildschirm. Warum sonst sollte Loki ihm den Dolch gerade jetzt präsentieren?

„Nein.“, antwortete der Asgardier. „Ich würde zu etwas Vorsicht raten.“, fügte er dann noch hinzu.

„Okay… ich gebe auf.“, seufzte der Milliardär und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Dolch. „Weshalb zeigst du ihn mir dann? Und versteh das nicht falsch, das ist echt interessant und ich werde dich mit Fragen löchern, aber wolltest du mir einfach nur einen coolen Trick zeigen, oder willst du mir hiermit irgendetwas sagen?“ Seine Augen wanderten erneut über das glatte Metall.

„Ihr könnt mich damit töten.“

Ein eiskalter Schauer lief Tony bei diesen Worten über den Rücken. Vorsichtig schaute er wieder auf. Die teilnahmslosen Worte des Asgardiers passten zu seinem nichtssagenden Gesichtsausdruck. Als würde ihn das überhaupt nicht betreffen. Als wäre er völlig unbeteiligt. Und es beantwortete seine Frage immer noch nicht.

„Kopf, Hals, Herz, Magen, Lunge. Meine Haut ist dicker und härter als die von Menschen, du wirst also deutlich mehr Kraft brauchen um sie zu durchstoßen. Der Dolch wird mein Seidr davon abhalten die Schäden schnell genug zu beheben.“, sprach Loki weiter. Erklärte er ihm da gerade wirklich, wie er ihn am besten umbringen konnte? Es klang wie eine Anleitung. Und wieso schien es ihm derart egal zu sein? Das war doch zum verrückt werden! Es war als würde er mit einem Roboter reden! Schlimmer! Dum-E und U zeigten mehr Emotionen bei jeder Interaktion als sein Gegenüber momentan. Und die hatten noch nicht einmal ein Gesicht!

„Wieso erzählst du mir das? Planst du eine Invasion 2.0?“, fragte Tony schließlich als er es schaffte seine rasenden Gedanken zu sammeln. Er versuchte nicht so ernst zu klingen wie er sich fühlte und griff nach seinem immer bereit liegenden Sarkasmus um seine wahre Gemütslage zu verbergen. Automatisch nahm seine Stimme eine leicht spöttisch-amüsierte Tonlage an.

„Damit du entsprechend handeln kannst, wenn ich… `ausraste´.“ Loki stockte und betonte das letzte Wort. „Oder wenn die Machtverhältnisse sich ändern und ich wieder der Schuh bin.“, fügte er dann noch trocken hinzu.

Innerlich seufzte der Milliardär. Er hatte gestern ihre Unterhaltung mitbekommen. Er hatte gar nicht geschlafen. Oder zumindest zu dem Zeitpunkt nicht mehr. „Ich halte es prinzipiell für möglich, dass du die Beherrschung verlierst und etwas tust, was du nicht willst.“, fing er an und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Sein Blick fiel wieder auf den Dolch, der direkt vor ihm lag. Auf einmal wollte er ihn gar nicht mehr so unbedingt haben. Loki hatte ihn ihm als Mordinstrument gegeben. Die Neugier, die ihn gepackt hatte, bekam plötzlich einen üblen Nachgeschmack. Als er wieder aufsah und sein Gegenüber ansah, fühlte er sich nur bestätigt. Die Panikattacken nach den Albträumen waren nicht kontrolliert. Panikattacken waren generell nicht kontrolliert, wenn er so darüber nachdachte. Er wusste, wovon er sprach. Tony brauchte Caps mahnenden Blick nicht, um zu wissen, dass der Asgardier ihn währenddessen unabsichtlich verletzen könnte. Zumindest wenn er sich erholt hatte. Er würde ihn trotzdem sicher nicht versuchen in so einer Situation umzubringen. „Es wäre dennoch eher unangebracht dir gleich das Licht ausknipsen zu wollen. Und wenn du wieder ein Schuh bist, glaube ich nicht, dass du versuchen wirst uns zu zertreten.“

Lokis stoischer Gesichtsausdruck änderte sich endlich. Tony spürte seine Rückenmuskulatur entspannen, von der er gar nicht gemerkt hatte, dass er sie angespannt hatte. Lokis Augenbrauen zogen sich leicht zusammen und er legte den Kopf etwas seitlich, während er den Milliardär mit einem prüfenden Blick betrachtete. Tony wusste nicht, was der Asgardier da suchte, aber offenbar glaubte er es in seinem Gesicht zu finden. Sie starrten sich einige Minuten gegenseitig in die Augen, bevor Loki erneut das Wort ergriff. „Du solltest dir nicht anmaßen mich durchschaut zu haben.“

Überrascht hob der Milliardär die Augenbrauen. „Ich bin momentan auf euren Schutz angewiesen. Sobald sich das ändert, verliert ihr alle euren Wert für mich. Dr. Banner hat mit seiner Beobachtung ziemlich recht.“

„Das würde ich so nicht sagen.“, sprach Tony seine Bedenken aus. Es machte keinen Sinn. Er wirkte einigermaßen zufrieden hier. Und wenn er das nicht war und das alles nur eine riesige Lüge, warum sollte er ihm dann eine Möglichkeit geben ihn zu töten? Und warum sollte er sie in erster Linie überhaupt angreifen? Das war doch alles Blödsinn. „Du magst uns. Oder zumindest mich und Pepper. Und ich denke je länger du hier sein wirst, desto mehr von uns wirst du kennen und mögen lernen. Du hast gerade erst einen guten Anfang mit Bruce gemacht.“

„Natürlich.“ Loki klang erschöpft, als würde er einfach keine Kraft mehr haben ein Gespräch mit einem trotzigen Kind zu führen. Er ließ seinen Blick sinken und schien die Twinkies Packung, die ihm von Dum-E direkt vor die Nase gelegt worden ist, anzustarren. Der kleine Roboter hatte sich direkt neben dem Außerirdischen positioniert und jetzt, wo Tony genauer hinsah, konnte er sehen, dass Lokis linke Hand auf dem Metallarm des kleinen Roboters ruhte, die schlanken Finger strichen leicht hin und her. Die Bewegung war kaum wahrnehmbar. Innerlich musste der Milliardär erneut grinsen. Schien fast so als hätte der kleine Kerl es auch bereits auf die Freundesliste geschafft.

„Lokes?“, sprach er seinen Gast wieder an. „Wie geht es dir?“

Als der Asgardier wieder hochsah, war Tony überzeugt einen Augenblick Unsicherheit sehen zu können, doch der Eindruck war so schnell wieder verschwunden, dass er am Ende die Möglichkeit nicht ausschließen konnte es sich lediglich eingebildet zu haben. „Du kannst nichts ändern.“, antwortete Loki nur und winkte mit der rechten Hand ab.

„Das ist nicht ganz richtig.“, entgegnete der Milliardär. Er verkniff sich die Bemerkung, dass diese Aussage in keinem Fall einer Antwort auf seine Frage entsprach. „Der Verband ist jetzt den zweiten Tag drauf. Er sollte wirklich gewechselt werden. Und wir wissen, dass die Wundversorgung hilft.“, erinnerte er den anderen Mann. Diesmal war die Unsicherheit deutlich zu erkennen. Und gleich den Augenblick darauf war Tony erstaunt, dass er nicht sofort Ablehnung gesehen hatte. Zog er einen Verbandswechsel etwas tatsächlich in Erwägung? Sein Rücken musste sich furchtbar anfühlen, wenn er wirklich mit dem Gedanken spielte das machen zu lassen.

„Wenn du willst, mache ich das. Bruce muss gar nicht dabei sein.“, bot er sofort an. Er wusste, was er zu tun hätte, immerhin hatte er gesehen, was Bruce getan hatte. Und sicher würde der Wissenschaftler ihm auch helfen. Zumindest verbal. Dazu musste er noch nicht einmal im gleichen Raum sein.

„Nein.“, lehnte der Asgardier schließlich erneut ab. Die Tonlage machte klar, dass eine Diskussion keinen Sinn machte.

Offensichtlich unzufrieden rollte Tony mit den Augen. „Okay. Wie du willst.“ Es war frustrierend und er spielte nicht zum ersten Mal mit dem Gedanken ihm die Behandlung einfach aufzuzwingen, aber gleichzeitig würde er sich dafür wohl selbst verabscheuen. Blieb nur die Frage, ob er sich mehr verabscheuen würde, wenn er zuließ, dass sein Gast an einer Sepsis starb. Falls er fähig war so etwas zu bekommen.

„Lass uns das hier beenden.“, lenkte Loki das Thema wieder zurück auf Tonys Projekt und wischte über den Bildschirm um ein Diagramm zu verschieben. Das Thema Gesundheit war eindeutig wieder beendet. So wie immer. Kaum hatte Tony es angesprochen, hatte Loki es wieder beendet. Es war frustrierend. Und es war jedes Mal so.

Das Thema Dolch war anscheinend ebenfalls abgehackt. Doch wenn er tatsächlich glaubte, Tony würde das auf sich beruhen lassen, dann würde das eine herbe Enttäuschung werden. Er griff nach dem Dolch vor sich und strich über das glatte Material, sah aber Loki zu, wie er Gleichungen auf dem Bildschirm veränderte und Grafiken verschob. Das war noch lange nicht beendet.



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