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Desaster

von

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„Sir, Colonel Rhodes ist hier um Sie zu sehen.“, machte sich Jarvis bemerkbar. Tony wusste, dass seine KI das nur sagte, weil er wieder aussah, als wäre er demnächst ein Fall für die Psychiatrie. Vielleicht war er das auch. Denn Jarvis wusste ganz genau, dass Rhodey jederzeit Zugang zu allen Bereichen hatte, sofern er das vorher nicht ausdrücklich untersagt hatte.

Zum Zeichen, dass er gehört hatte, macht Tony eine Geste in die Luft und fuhr sich dann mit der Hand über das Gesicht. Er war jetzt seit drei Tagen wach und arbeitete sich noch immer durch die Videos und Berichte über Loki, die er kopiert hatte. Er wusste, das tat ihm nicht gut, aber er konnte es einfach nicht lassen. Er musste wissen, was sie mit ihm getan hatten und er musste wissen, ob irgendwo etwas Brauchbares zu finden war, das er an Bruce weiterleiten konnte um eine Art Behandlung für den Asgardier zu entwickeln. Seit zwei Wochen lag der nämlich bewusstlos auf der Krankenstation. Immerhin hatten die offenen Stellen angefangen zu heilen. Das hatte sie etwas positiver gestimmt, nachdem sie alle befürchtet hatten, dass sie Thor nur noch die Leiche seines kleinen Bruders hätten anbieten können, wenn er das nächste Mal zu Besuch war. Tony wollte gar nicht daran denken, was das ausgelöst hätte.

Mit einer wischenden Handbewegung schloss der Milliardär das Programm. Sein Freund musste das nicht sehen. Dann ging er hinüber zu der Kaffeemaschine, die er hier unten in seinem Workshop angeschlossen hatte und befüllte sie neu. Ab welcher Dosis wurde Koffein eigentlich gefährlich? Das hatte er sich doch schon öfters gefragt. Wahrscheinlich schaute er es nicht nach, weil er irgendwie wusste, dass er die Grenze deutlich zu oft überschritt.

Hinter sich hörte er die Tür aufgehen. Er zwang sich ein breites Grinsen auf die Lippen und drehte sich um.

„Honey Bear!“, begrüßte er ihn und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Tisch auf dem die Kaffeemaschine stand. Es war offensichtlich, dass sein Besuch schlecht gelaunt war, doch offenbar sah Tony bereits so armselig aus, dass diese miese Laune direkt durch Sorge ersetzt wurde.

„Du siehst echt armselig aus.“, kam als Antwort und Colonel James Rhodes, in Jeans und T-Shirt gekleidet, betrat den Raum.

„Charmant wie immer.“, kommentierte Tony und drehte sich zu seinem Kaffee um, als die Maschine mit einem leisen Ping bekanntgab, dass sie fertig war. Er nahm seine nun wieder befüllte Tasse und ging zurück zu dem Tisch, an dem er gerade noch durch einige der Dokumente durchgesehen hatte. „Was verschafft mir die Ehre?“, fragte er und nahm einen großen Schluck von der schwarzen Flüssigkeit.

„Zwei Gründe.“, begann sein Gegenüber und musterte Tony ganz offensichtlich. Ja, ihm war bewusst, dass er sicher seit einer Woche nicht mehr geduscht hatte, seine Kleidung voller Dreck war und er vermutlich langsam solche Augenringe hatte wie Loki. Na ja, vielleicht noch nicht ganz so schlimm. Ohne etwas zu sagen, hob er seine Augenbrauen an, als Aufforderung weiter zu sprechen.

„Pepper hat mich angerufen. Außerdem sollst du Colonel Hawthorne einen wichtigen Kriegsgefangenen geklaut haben.“, antwortete Rhodes knapp und sah ihn voller Erwartung an.

„Oh!“, machte Tony nur. Er hatte sich wirklich schon gewundert, was los war. Nach ihrer Rettungsaktion hatte sich nichts gerührt. Weder das Militär noch SHIELD hatten sich gemeldet. Steve, Natascha und Clint waren wohl auch verschont geblieben, zumindest behaupteten sie das.

Eigentlich hatte er gedacht Fury würde ihm spätestens am Tag darauf einen Besuch abstatten, aber es war gar nichts passiert. Er nahm erneut einen Schluck aus der Tasse und stellte fest, dass er dringend den Koffeingehalt pro Tasse erhöhen musste. „Thornie ist jetzt also an dich herangetreten?“

Er ignorierte Pepper in diesem Moment. Er wusste, dass er sie wahnsinnig machte. Er hatte ihr erzählt, was vorgefallen war, aber er wollte sie nirgendwo in Lokis Nähe haben. Dazu war er einfach zu unberechenbar. Selbst in diesem Zustand in dem er war, wollte er seine Pepper von ihm fernhalten. Außerdem hatte er sich geweigert ihr die Dateien zu zeigen oder sonst irgendetwas näheres über Lokis Zustand zu erzählen. Auch wenn sie wusste, was los war, zu bildlich wollte er das alles nicht gestalten. Natürlich blieb ihr nicht verborgen wie sehr er sich selbst in dieser Sache verbiss und dass die anderen auf dieses Thema mit ähnlicher Begeisterung reagierten war auch nicht zu verbergen.

„Die sind kurz davor den Tower zu stürmen, weil sie denken, dass dieser Kriegsgefangene hier ist.“, sprach Rhodey weiter. Die Schärfe war jedoch aus seiner Stimme verschwunden. Es war offensichtlich, dass etwas an Tony nagte.

„Das ist er auch.“, bestätigte dieser nun lässig. „Und das will ich sehen.“, fügte er noch hinzu.

„Tony. Was ist hier los?“

Seufzend stellte Angesprochener die Tasse ab und fuhr sich erneut mit der Hand über das Gesicht. Wenn er die Augen schloss, konnte er einige der Bilder aus den Videos sehen. Einige hatten sich geradezu in seine Netzhaut eingebrannt. „Was weißt du von dem Vorfall in New York? Vor 16 Monaten.“

Überrascht weiteten sich die Augen des Colonels und sein Mund klappte etwas auf. „Du hast den Verantwortlichen dafür aus dem Militärgefängnis befreit? Ist das dein Ernst?!“

„Was weißt du darüber?“, wiederholte Tony seine Frage und stellte Blickkontakt her, damit sein Freund wusste, dass es ihm ernst war.

„Terroranschläge, Halluzinogene. Nur was durch die Presse ging. Du weißt ich war zu diesem Zeitpunkt auf der anderen Seite der Erde und meine Sicherheitsstufe reicht nicht um auf die Unterlagen zugreifen zu können. Außerdem hast du nichts gesagt. Hat mich ehrlich gesagt gewundert, dass du nicht damit geprahlt hast Manhattan gerettet zu haben.“, antwortete er.

„Ja. Das hat SHIELD fabriziert. In Wahrheit war es eine Alieninvasion. Thors Bruder hat das angezettelt.“

Irritiert überlegte der Colonel erst einmal, bevor er erneut sprach. „Loki?“, fragte er. „Thor sagte doch, er wüsste nicht wo er ist.“

Tony wartete kurz ab. Er wusste aus Erfahrung, dass ihn das Thema dazu neigte selbst die Beherrschung zu verlieren. Auch wenn er es immer einfach abtat, er hatte seine Panikattacken nach der ganzen Sache gehabt, was auch der Grund dafür war, warum er Rhodey nichts davon erzählt hatte, obwohl er eigentlich damit gerechnet hatte, dass Pepper es getan hatte. Er hatte das alles einfach totschweigen wollen.

Doch anscheinend war sein Freund ahnungslos. Offenbar hatte Pepper es für besser gehalten es Tony zu überlassen. Wenn er soweit war darüber zu reden. Und momentan hatte er ohnehin keine andere Wahl als sich damit zu beschäftigen und zu seiner Verwunderung und Freude funktionierte es ziemlich gut. Panik war in ihm bisher noch nicht hochgekrochen. Wovon er allerdings im Übermaß besaß war Wut. Warum hatte Fury ihn noch nicht kontaktiert? Oder zumindest Coulson? Irgendeiner, dem er ins Gesicht schmettern konnte, was für abartige Sadisten sie waren.

Nein. Stattdessen schickten sie seinen besten Freund. Ganz schön feige.

„Das tut er auch nicht. Das Militär hat ihn eingesammelt und behauptet sie hätten ihn nicht gesehen. In Wahrheit war er die ganze Zeit in ihrem Gewahrsam. Als Laborratte.“ Mit dem letzten Satz öffnete er das Video, das er auch den anderen gezeigt hatte und ließ es auf dem Bildschirm an seinem Arbeitstisch abspielen, wo Rhodey es sehen konnte. Es konnte beobachten wie das Gesicht seines Freundes sich verhärtete. Mit aufeinandergepressten Lippen starrte er noch auf den Bildschirm, als Tony das Video längst wieder geschlossen hatte.

„Wenn Thor wieder hier ist, kann er ihn mitnehmen.“, kommentierte der Milliardär.

Stille breitete sich zwischen ihnen aus.

„Ich nehme an, davon gibt es noch mehr.“

„Sie haben ihn förmlich auseinandergenommen.“, bestätigte Tony nur und nahm den letzten Schluck aus seiner Tasse. Er hatte dringend das Bedürfnis sie mit etwas Hochprozentigem aufzufüllen, aber er wusste, dass Steve seinen Alkoholvorrat hier unten ausgeräumt hatte, nicht zuletzt, weil Jarvis ihm all seine Verstecke verraten hatte. Manchmal zweifelte er daran, ob es eine so gute Idee war Steve all diese Rechte einzuräumen. Doch er musste auch jedes Mal wenn er darüber nachdachte zugeben, dass er wohl nirgends einen vertrauenswürdigeren Menschen auf diesem Planeten finden würde. Vermutlich auch nicht außerhalb, musste er dann in Gedanken hinzufügen, da sich diese Möglichkeit ja nun ergab.

„Ich verstehe.“, gab Colonel Rhodes schließlich zu. „Ich will ihn sehen.“

Für einige Sekunden starrten sie sich gegenseitig an. Tony wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Am liebsten hätte er die Loki-Angelegenheit innerhalb der Avengers belassen, doch er fühlte sich auch nicht im Recht seinem Freund diese Bitte abzuschlagen.

„Okay.“, stimmte er schließlich zu. Dann sah er nach oben an die Decke, wie er es oft tat, wenn er seine KI ansprach, auch wenn er wusste, dass das kompletter Blödsinn war. „Jarvis? Wie sieht es bei Loki aus? Irgendetwas, das wir Rhodey nicht zeigen sollten?“

„Dr. Banner und Agent Romanov sind gerade mit den neuen Bandagen fertig.“, informierte ihn seine KI.

„Na dann.“ Damit ging er zur Tür und Colonel Rhodes folgte ihm hinaus auf den Flur und zum Fahrstuhl mit dem sie ins Stockwerk fuhren, in dem Tony die Krankenstation eingerichtet hatte. Sicher, meistens wäre es besser sich bei SHIELD oder in einem öffentlichen Krankenhaus behandeln zu lassen, aber wie gerade eben erst sich erneut herausgestellt hatte, so wirklich konnten sie keinem trauen. Und ehrlich gesagt würde ihm eher schlecht werden, wenn er Bruce bei SHIELD lassen müssen würde. Er erwartete eigentlich nichts anderes, als dass sie ihn gleich aus Eigeninteresse auf den Kopf stellen würden, anstatt nur seine Wunden zu behandeln. Nicht dass Bruce anfällig für Wunden oder so war.

Die Tür zum Krankenzimmer glitt auf und gab den Blick auf ein weiß eingerichtetes typisches Krankenzimmer frei. Es war ausgestattet mit all dem Schnickschnack den Tony und Bruce für wichtig gehalten hatten. EKG-Monitoring, Defibrillator, Beatmung und alles andere.

Loki lag bewusstlos auf dem Bauch im Bett, bekleidet von einem der üblichen Krankenhaushemdchen, die hinten am Rücken zu öffnen waren. Gerade bei seinen Wunden war das äußerst praktisch. Die Verbände um seine Arme waren inzwischen verschwunden und die roten Striemen waren deutlich zu sehen, aber immerhin waren die Wunden dort soweit verschlossen, dass sie sie offenlassen konnten. Der Rücken war weiterhin eine Katastrophe, doch immerhin war die Vereiterung deutlich zurückgegangen, sodass sie wenigstens sahen, dass es Fortschritte gab. Leider hatten sie kein Glück mit Blutdruckmessungen oder EKGs gehabt. Egal wie sein Körper funktionierte, er brachte die Geräte zum austicken. Sie hatten also keinerlei Möglichkeit seinen körperlichen Zustand irgendwie zu beurteilen. Das Einzige, was sie taten, war ihm Flüssigkeiten und Nahrung als Infusion zuzuführen. Zumindest schien ihm das nicht zu schaden und sie wussten, dass Thor auf der Erde normal essen und trinken konnte. Anscheinend waren sie da kompatibel.

Bruce sah auf, als die Tür sich öffnete. Ein Lächeln auf seinen Lippen erlosch, als er die beiden Neuankömmlinge bemerkte. „James.“, begrüßte er Colonel Rhodes und lächelte wieder, trat hinter dem Bett hervor und überwand die kurze Distanz zwischen ihnen, um ihm die Hand zu reichen.

„Bruce. Wie ich sehe haben sie dich wieder zur Krankenschwester gemacht.“, entgegnete der Colonel.

„Nun ja, ich fürchte in diesem Fall bin ich nicht von großer Hilfe.“, er lachte in einer üblichen etwas verschämten Manier und kratzte sich seitlich am Kopf. „Wenigstens sind wir uns inzwischen sicher, dass er nicht einfach sterben wird.“

Nickend trat Rhodes an das Krankenbett heran und sah sich den darin liegenden Mann näher an, gefolgt von Bruce und Tony.

„Er was bisher die ganze Zeit bewusstlos.“, erzählte Bruce. „Wir haben ehrlich gesagt keine Ahnung was wir hier tun.“

Erneut ging die Tür auf und Natascha trat zwei dampfende Tassen tragend in den Raum. Tony entging nicht wie sich das Gesicht seines Freundes sofort erhellte und gleich darauf wieder verdüsterte als die Frau mit einem strahlenden Lächeln beide Tassen auf dem Nachttisch am Bett abstellte um sich dem Besuch zuzuwenden. „James.“, begrüßte sie den Mann freundlich und zog ihn in eine feste Umarmung. „Hey, Nat. Schön dich zu sehen.“

„Ich wusste es ist nur eine Frage der Zeit bis sie dich herschicken.“, sagte sie und löste sich wieder aus der Umarmung. „Entweder das oder sie versuchen eine dumme Aktion um Loki wiederzuholen.“

„Glaub mir, sie sind nicht weit von einer Aktion entfernt.“ Damit drehte Rhodey sich wieder zu Tony. „Sie haben mich geschickt, um die Herausgabe des Kriegsgefangenen zu fordern. Ich sehe, dass das nicht passieren wird.“

Schulterzuckend, aber immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen griff die Frau wieder nach den beiden Tassen und bot Rhodey eine davon an, die er mit einem Nicken dankend entgegennahm. Mit der anderen umrundete sie das Bett um Bruce die Tasse Tee zu geben, die sie für ihn mitgebracht hatte.

„Nope.“, bestätigte Tony ohne jeden Zweifel. „Sag ihnen einfach wir hätten uns furchtbar gestritten und ich hätte dich am Ende rausgeworfen.“, bot er seinem Freund an. Er wusste, dass Rhodes ernsthafte Schwierigkeiten bekommen könnte, wenn er sich auf ihre Seite schlagen würde. Das musste nicht unbedingt sein.

„Ich werde mir schon etwas einfallen lassen.“, entgegnete der Colonel lediglich mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck.

„Sicher wirst du das, Platypus.“, stimmte Tony grinsend zu.

„Okay. Ist Steve hier? Mit ihm muss ich auch noch reden.“, fragte er dann weiter. Die Loki Sache war für ihn anscheinend erledigt. Kein Wunder. Der Asgardier sah wirklich mitleiderregend und völlig harmlos in seinem jetzigen Zustand aus. Sie alle wussten, dass das nicht stimmte. Keiner von ihnen hatte auch nur die geringste Ahnung wozu er fähig war, wenn er erst einmal aufwachte. Thor hatte ihnen erzählt, dass er sich der Magie bedienen konnte, was irgendwie immer noch schwer greifbar für Tony war. Konnte er Löffel mit der Kraft seiner Gedanken verbiegen oder ihre Stadt in eine andere Realität schleudern? Es könnte alles sein. Andererseits hatte er seinen Stab nicht. Konnte er dann immer noch zaubern? Nannte man das zaubern? Es klang jedenfalls ziemlich albern. Und warum hatte sich keiner von ihnen näheres darüber erzählen lassen?

„Captain Rogers befindet sich im Trainingsraum.“, antwortete die KI auf die Frage hin.

„Danke, Jarvis.“

„Es ist mir ein Vergnügen, Colonel Rhodes.“

„Okay. Seht zu, dass er schlafen geht.“, wandte Rhodey sich noch einmal an Natascha und Bruce.

„Ich kümmere mich darum.“, antwortete die Frau sofort und legte Tony eine Hand auf die Schulter, lächelnd. Er wusste, dass er jetzt keine Wahl mehr hatte als genau das zu tun.

„Ich bin aber noch nicht müde.“, jammerte er dennoch, woraufhin sie ihn in den Arm kniff. „Autsch!“

„Ich meine es ernst, Tony. Würde denen nur Recht kommen, wenn du jetzt tot umfällst.“, warnte Rhodey noch und drehte sich dann um. „Ich lasse dich wissen, wenn es etwas Neues gibt.“, verabschiedete er sich und verließ dann das Zimmer.

Natürlich war Tony nun gezwungen sich zurückzuziehen.
 

Brüllende Musik riss ihn aus dem Schlaf. Black Sabbath´s Paranoid dröhnte durch sein Zimmer und er drückte sich die Hände an die Ohren. „Jarvis!“, rief er. Die Musik verstummte wieder. „Was?“, nuschelte er in sein Kissen. Hatte er einen Termin vergessen?

„Die Störung tut mir leid, Sir, doch Sie hatten ausdrücklich danach verlangt benachrichtigt zu werden, sobald Mr. Odinsons Zustand sich ändert.“

Es dauerte eine Sekunde bis der Sinn des Satzes in seine verschlafenen Gedanken vorgedrungen war. Dann saß er kerzengerade im Bett.

„Was ist passiert?“, fragte er und war schon dabei aus dem Bett aufzuspringen.

„Er ist aufgewacht und ist wohl dabei in Panik zu geraten.“, erklärte die KI die Situation und Tony erinnerte sich nicht daran wann er sich das letzte Mal so schnell angezogen und aus der Tür gestürzt war.

„Sollte ich vielleicht jemand anderen noch benachrichtigen? Vielleicht Captain Rogers? “, fragte Jarvis. Offenbar war der KI der Gedanke nicht geheuer ihren Erschaffer alleine zu jemandem zu schicken, von dem keiner einschätzen konnte wozu derjenige überhaupt fähig war.

„Ist er noch wach?“, fragte Tony und sprang in den Fahrstuhl, der ihn nach unten fuhr. Mehr aus Gewohnheit strich er sich durch seine Haare, die vom Schlafen plattgedrückt waren. Sie waren noch etwas restfeucht von der Dusche, die auch Natascha ihm aufgezwungen hatte. Sie hatte ihm angedroht, dass sie ihn persönlich in die Duschkabine zerren und säubern würde und auch wenn das bei wahrscheinlich jeder anderen Frau für ihn wie eine Einladung geklungen hätte, war ihm bei Natascha ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen und er hatte sich ohne Widerstand ihren Forderungen gebeugt. Er zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass sie ihre Drohung wahr gemacht hätte. Und ja, es war definitiv eine Drohung gewesen.

„Nein. Captain Rogers hat sich vor zwei Stunden hingelegt.“

„Dann lass ihn erst mal schlafen.“ Er wusste selbst nicht, ob das eine besonders kluge Entscheidung war. Aber er wollte Steve nicht wegen etwas wecken, das vielleicht gar nicht nötig war.

Mit eiligen Schritten überwand er die Distanz zum Krankenzimmer nachdem die Türen des Fahrstuhls sich geöffnet hatten.

„Vielleicht sollten sie ihren Anzug anziehen, Sir.“, schlug Jarvis vor und Tony musste zugeben, dass die Option vielleicht gar nicht so schlecht war.

„Mach einen bereit, falls etwas schiefläuft.“, entschied er sich dann und trat ohne zu zögern in das Krankenzimmer, welches mit dämmrigem Licht beleuchtet war. Er wusste, dass es normalerweise dunkel war. Jarvis musste das Licht angeschaltet haben als Loki aufgewacht war.

„Loki?“, fragte er in den Raum hinein. Hauptsächlich um sich bemerkbar zu machen. Hinter ihm glitt die Tür wieder zu. Das Bett war leer. Es blieben nicht viele Möglichkeiten. Also umrundete Tony vorsichtig das Bett, sich mit jedem Schritt fragend, ob das wirklich eine kluge Idee war das zu tun.

Schließlich erblickte er den Asgardier auf der anderen Seite sich mit dem Rücken gegen das Bett drückend auf dem Boden kauernd. Seine Augen waren weit aufgerissen auf den Boden vor sich gerichtet, die Hände seitlich am Kopf in die Haare gekrallt, die Beine an den Oberkörper gezogen. Er zitterte. Noch schien er ihn nicht bemerkt zu haben.

„Loki?“, versuchte Tony es also erneut. Angesprochener zuckte einmal mit dem Kopf in seine Richtung und ihre Blicke trafen sich. Tony konnte die Panik sehen, den Wahnsinn der sich eingenistet hatte. Er schluckte. Er machte einen weiteren Schritt auf den anderen Mann zu und erreichte eine panische Reaktion. Loki riss die Arme herunter und schob sich mit Händen und Füßen weiter weg von ihm, in die Ecke zwischen Wand und Bett. Sein Blick weiterhin auf Tony gerichtet. Die Bewegungen wirkten unkoordiniert und das Zittern ließ zu keinem Zeitpunkt nach.

Beschwichtigend hob der Milliardär beide Hände an und zeigte Loki seine Handflächen. Er hatte nichts in der Hand, nichts womit er ihm weh tun könnte. Dann setzte er sich dort wo er stand auf den Boden, um die Größendifferenz zu verringern. Die grünen Augen des Asgardiers folgten jeder seiner Bewegungen.

„Hey.“, sagte Tony schließlich. „Du warst zwei Wochen bewusstlos.“, fing er an. Er war sich nicht sicher, ob Lokis Verstand gerade in der Lage war seine Worte zu verarbeiten, aber er redete trotzdem weiter. „Du bist in meinem Tower. Du weißt schon, der über dem du das riesen Dimensionsloch geöffnet hast.“

Es folgte keine Reaktion. „Jarvis hat dich vor zwei Wochen entdeckt. Wir haben dich aus der Militärbasis geholt und seitdem haben wir darauf gewartet, dass du aufwachst.“, erklärte er weiter. Es war nicht ganz die Wahrheit. Eigentlich hatten sie darauf gewartet, dass Thor auftauchte, damit er ihn mitnahm, aber das war im Moment nicht wichtig.

„Okay, ich weiß nicht, ob du mich verstehst. Also, wenn du irgendwas sagen kannst, dann nur zu.“, forderte er Loki auf. Doch es kam keine Antwort, weder in verbaler noch in non-verbaler Form.

„Dann werde ich mir jetzt das Pad von der Kommode dort holen und mich dann wieder hinsetzen und du bringst dich einfach ein, sobald du kannst. Gut?“ Damit richtete Tony sich langsam auf und ging die zwei Schritte zu besagter Kommode auf der das Pad lag, von dem Tony wusste, dass Bruce darauf seine Aufzeichnungen über Lokis Gesundheitszustand machte. Er schnappte es sich und setzte sich dann mit dem Rücken gegen das Möbelstück gelehnt wieder hin.

„Jarvis, halte die anderen davon ab hier reinzuplatzen und lade meine Daten hier drauf.“

„Natürlich, Sir.“

Tony sah wie Loki zusammenzuckte und nach oben starrte, dort wo die Stimme der KI hergekommen war. „Das ist Jarvis, meine KI. Du kennst sie schon.“, erklärte er und die grünen Augen richteten sich wieder auf ihn. Kurz sahen sie sich gegenseitig an, dann unterbrach Tony den Blickkontakt und sah auf das Pad in seinen Händen hinab, wo er sich wieder an die Arbeit machte und die Berichte wieder anfing durchzusehen. Er spürte den Blick des anderen Mannes auf ihm ruhen und versuchte das zu ignorieren. Nach einer Weile gelang es ihm sich wieder in seiner Arbeit zu vertiefen.

„Captain Rogers ist soeben aufgestanden.“, informierte Jarvis ihn irgendwann. Anscheinend hatte er mehrere Stunden mit seinem Pad verbracht. Als er auf die Zeitanzeige sah, wurde ihm das bestätigt. Vier Stunden waren vergangen.

Vorsichtig schaute er nach oben und in Lokis Richtung. Das Zittern hatte aufgehört und anstatt ihn anzusehen, oder den Boden vor sich, war sein Blick aus dem Fenster gerichtet.

„Loki?“, versuchte Tony es erneut. Diesmal reagierte Angesprochener deutlich gefasster. Er drehte den Kopf in seine Richtung und ihre Augen trafen sich. Angst spiegelte sich in ihnen wieder, aber die unkontrollierbare Panik war verschwunden. Offenbar hatten ein paar Denkprozesse wieder eingesetzt.

„Verstehst du mich?“, fragt er weiter. Es dauerte einen Moment, doch dann bekam er ein Nicken als Antwort. Das war doch schon was. Damit konnte man doch arbeiten. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. „Okay. Hör zu. Jarvis hat dich vor zwei Wochen gefunden. Wir haben dich rausgeholt und bis vor 4 Stunden warst du bewusstlos.“, fasste er noch einmal zusammen. Er konnte sehen wie es hinter Lokis Stirn arbeitete. Doch dann nickte er wieder und Tony wurde etwas breiter, glücklich darüber, dass die Kommunikation anscheinend tatsächlich funktionierte. Die Angst in Lokis Augen ließ ihn noch etwas hinzufügen, woran er vorher noch gar nicht gedacht hatte. Der Gedanke war völlig absurd, doch aus Lokis Perspektive vielleicht gar nicht so abwegig. „Du bist hier sicher. Keiner wird dir hier weh tun.“ An dieser Stelle bekam er kein Nicken. Nur die Augenbrauen wurden leicht zusammengezogen und machten deutlich, dass diese Aussage eher mit Skepsis aufgenommen worden war. „Versprochen.“, fügte er noch hinzu. „Das heißt, solange du dich benimmst.“, fühlte er sich dann noch gezwungen dazuzusagen. Einige Sekunden sahen sie sich gegenseitig an.

„Jarvis, sag Steve doch bitte was hier vor sich geht und er soll etwas zu trinken und essen mitbringen.“

Es dauerte auch nur eine Minute bis der Soldat in seiner Sportkleidung durch die Tür stürzte, eine Flasche Wasser in der einen ein Glas in der anderen Hand. Anscheinend hatte er Joggen gehen wollen, als Jarvis ihn angesprochen hatte.

„Wow, Cap, immer mit der Ruhe. Du verschreckst ihn nur.“, warnte Tony sofort. Er hatte den hektischen Blick von Loki durchaus wahrgenommen, als der andere Mann durch die Tür gepoltert war.

„Tut mir leid.“, entschuldigte Angesprochener sich und musste sich offensichtlich zu Ruhe zwingen, bevor er um das Bett herumtrat und auf Loki hinabsah. Tony sah, dass Lokis Anblick Steve zu schaffen machte. Und er musste zugeben, es war ein jämmerlicher Anblick. Steve machte den gleichen Fehler wie er. Er trat auf den Asgardier zu, der sich sofort nach hinten in die Ecke zwischen Bett und Wand drückte, die Angst in seinen Augen deutlich in Richtung Panik verschiebend.

„Ich tue dir nichts.“, versprach Steve. Doch Tony verstand das Problem. Er stand auf, was im Beisein von Steve nicht eines Blickes würdig war. Entschlossen nahm er die Flasche und das Glas aus den Händen seines Freundes. „Geh lieber ein paar Schritte zurück, Goliath.“, sagte er, bevor er sich wieder Loki zuwandte. Seine Erscheinung war nicht halb so einschüchternd, wie die von Captain America. Ohne seinen Anzug war er kaum eine Bedrohung. Im direkten Vergleich neben Steve, sogar noch weniger. Also machte er einen vorsichtigen Schritt nach vorne, hörte gleichzeitig wie Steve zurückwich. Doch erst nach zwei weiteren Schritten richtete Loki seine Augen auf Tony. Die Angst darin war klar zu erkennen, doch nichts im Vergleich zu dem, wie er gerade noch den anderen Mann angesehen hatte. Als er nahe genug dran war, hockte er sich wieder hin und stellte Glas und Flasche bei dem Asgardier ab, sodass beides in seiner Reichweite stand, aber er selbst noch so weit entfernt war, dass er ihn nicht hätte berühren können. Offenbar wurde das geduldet, also setzte Tony sich komplett hin und lehnte sich mit dem Rücken nun gegen das Bett. Ein skeptischer Blick traf ihn und er grinste. Anscheinend schien Loki genau zu begreifen, was er da gerade getan hatte.

„Willst du was essen?“, fragte er ihn. „Oder kannst du überhaupt gerade was essen?“, korrigierte er dann seine Frage, bekam aber ziemlich direkt ein langsames Kopfschütteln als Antwort.

„Okay. Steve, schieb mir doch das Pad da auf dem Boden zu.“

Ohne Kommentar griff Angesprochener nach dem Tablet. Sofort waren Lokis Augen wieder bei ihm. Mit etwas Schwung ließ er das Pad über den Boden zu Tony gleiten, der es direkt aufhob und sich wieder damit beschäftigte. „Warum machst du nicht dein Fitnessprogramm und wenn du fertig bist, können wir noch mal schauen wie weit wir sind.“

Tony konnte nicht sehen was die Reaktion darauf war, aber er hörte die Tür öffnen und schließen. Damit war er mit Loki wieder alleine.



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