Ein Austausch mit Folgen von SuperCraig ================================================================================ Kapitel 68: Zwei alte Freunde ----------------------------- Ich rieb mir die Augen und versuchte die verschwommene Umgebung einigermaßen klar wahrzunehmen. Wer auch immer auf die Idee gekommen war, nichts gegen diesen seltsamen Sickereffekt zu unternehmen, der auftrat, wenn man unvorbereitet aus der VR gerissen wurde, gehörte in meinen Augen verprügelt. Nach einigem Blinzeln konnte ich Mokuba und einen mir unbekannten Mann, höchstwahrscheinlich ein Techniker, erkennen. Der kleine Kaiba wirkte besorgt. „Alles in Ordnung mit dir?“, fragte er nach. Ich nickte nur und rieb mir mit Daumen und Zeigfinger die Augen. Was war das eben gewesen? Hatte Kaiba doch neue Funktionen einprogrammiert? Das war aber sogar für die VR noch ein Stück weit zu real gewesen. Kaibas Hologramme, genauso wie seine Spielwelten, mochten zwar täuschend echt wirken, doch, es war unmöglich, dass er einen so eigenständigen Datensatz erstellen konnte, oder etwa nicht? „David?“, hakte Mokuba erneut nach, energischer als zuvor. Mir war noch immer ein wenig schummrig. „Ja, alles okay, keine Angst“, antwortete ich und zwang mich zu einem schiefen Grinsen. „Du machst dir zu viele Sorgen, genau wie Joey“, versuchte ich die angespannte Stimmung ein wenig aufzulockern. Der stechende Blick, mit dem mich der Kleine bedachte, beunruhigte mich ein wenig. In manchen Punkten konnte man die Verwandtschaft der Kaibabrüder einfach nicht leugnen. „Scheint wohl einfach nur ein wenig heiß gelaufen zu sein, euer System.“ Mokuba schüttelte zweifelnd den Kopf. Er dachte wohl genauso wie ich: Fehler bei seinem Bruder? Unmöglich. „Das System ist soweit stabil. Ich werde mich gleich an eine Fehleranalyse machen“, erlöste mich der Fremde vom durchbohrenden Blick des kleinen Kaibas. Nach einer kurzen Verneigung war er auch schon verschwunden, und Mokuba und ich waren alleine. „Yugi möchte mit dir sprechen“, war alles, bevor er sich ans Gehen machte. Was war denn jetzt schiefgelaufen? Hastig sprang ich auf und griff nach der Schulter des Schwarzhaarigen. „Mokuba? Was ist?“ Der Kleine mied meinen Blick. War er enttäuscht? Traurig? Eifersüchtig? „Ich brauche nachher deine Hilfe“, murmelte er kleinlaut. Hilfe? Ich verkniff mir ein Seufzen, ging um ihn herum und hockte mich hin, sodass wir einigermaßen auf Augenhöhe waren. „Mokuba, du kannst mit mir über alles sprechen. Seien es Probleme in der Schule, mit deinen Freunden, mit deinem Bruder, mit Mädchen.“ Beim letzten Wort zuckte er für einen kurzen Moment zusammen. Mittlerweile kannte ich den kleinen Kaiba gut genug, um diese unscheinbare Geste richtig deuten zu können. „Ich glaube, sie mag dich auch“, war alles was ich sagen musste, um sein Gesicht schlagartig zum Strahlen zu bringen. „Wirklich?“, fragte er euphorisch nach. Ich nickte schmunzelnd. Es gab eben doch Dinge, die man nicht mit Geld und Einfluss regeln konnte, zumindest auf gefühlsmäßiger Ebene. „Aber warum möchte mich Yugi sprechen?“ Der Schwarzhaarige hob die Schultern: „Joey ist übrigens auch da, wir werden später ins Kino gehen, falls du und Yugi Lust habt, könnt ihr gerne mitkommen.“ Wir schloss wahrscheinlich auch Serenity mit ein. Ich nickte nur, drückte den Frechdachs kurz, und machte mich dann auf den Weg in mein Zimmer. Warum hatte ich ein mulmiges Gefühl? Yugi war normalerweise nicht der Typ, der irgendetwas unter vier Augen besprechen musste. Tatsächlich: Als ich das Zimmer betrat, saß Yugi schon auf meinem Bett. Er lächelte, was mir ein wenig von der Anspannung nahm. „Hey Yugi, was gibt es?“, fragte ich nach und schloss die Tür hinter mir. Der sonst so kleine, unauffällige Yugi, er wirkte so anders, größer, impulsiver, erhabener. Entweder hatte ich nicht mehr alle Latten am Zaun, oder -. Den Gedanken konnte ich nicht mehr zu Ende führen, denn der Milleniumsring an meiner Brust glühte hell auf. Auch wenn Mahad mich nicht dazu zwang, so konnte ich doch das Drängen spüren, dass er unbedingt mit mir tauschen wollte. Zögernd gab ich seinem Wunsch nach und wechselte in die Beobachterperspektive. „Du bist es wirklich, oder?“, fragte Yugi. Ich, oder besser gesagt Mahad, nickte. Meine Züge zierte ein Lächeln, wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte. „Es ist schön Euch wiederzusehen, mein Pharao.“ Wir beide wirkten glücklich, als wir uns in die Arme fielen. Das war also eine Freundschaft, die Jahrtausende überdauert haben musste. Ich konnte Mahads Erleichterung, genauso wie seine Freude und sein Glück spüren. Yugi schien es ähnlich zu ergehen. „Du hast es also geschafft, nach all den Jahrhunderten?“ Der Blick meines Freundes wanderte zu meiner Brust. Ich legte die Hand auf das Schmuckstück und nickte. Es war seltsam: Ich wusste, ich konnte die Kontrolle über meinen Körper jederzeit wiederhaben, aber ich wollte meinem früheren Ich diesen einen Moment nicht zerstören. Beide schienen eine halbe Ewigkeit auf diese Wiedervereinigung gewartet zu haben. „Weißt du, wie leer und düster es ohne dich gewesen ist?“ Yugi klang nicht vorwurfsvoll, sondern eher traurig. Ich verzog ein wenig das Gesicht: „Natürlich weiß ich das, mein Pharao. Dennoch waren weder Zeit noch Ort reif für eine Wiedervereinigung. Es scheint, das Schicksal hat mein Flehen nun doch erhört.“ Auch wenn mir dutzende Fragen unter den Nägeln brannten, so hielt ich mich zurück. Was mir Mahad erzählen wollte, würde er auch eines Tages tun. „Es scheint so, alter Freund“, lächelte mein Gegenüber. Mir drängte sich immer mehr der Gedanke auf, dass nichts aus Zufall passiert war. Weder meine Affinität zu Japan, noch meine Wahl, die auf die Domino High gefallen war. „Wie ich sehe hast du deinen Schützling gut ausgebildet.“ Wir setzten uns aufs Bett. „Das Gleiche kann ich auch von Euch sagen. Euer Ruf eilt Euch voraus, mein Pharao.“ Yugi lachte und machte eine wegwerfende Handbewegung: „Dir der deine genauso.“ Ich als Beobachter schüttelte den Kopf. Da war noch ein Yugi, durchsichtig, so wie ich ihn kannte: Klein, freundlich, mit einem netten Lächeln auf den Lippen. War das der echte Yugi? „Ja, bin ich. Hey David“, lächelte er und hob die Hand. Ich machte zögerlich einen Schritt nach vorne, was auch funktionierte. „Wir können uns nicht berühren, falls du das versuchen möchtest, aber ansonsten sind wir nicht sonderlich eingeschränkt.“ Dem Gespräch unserer anderen Ichs schenkten wir keine Beachtung mehr. „Dann hat es mich also echt nicht getäuscht; bei meinem ersten Duell gegen Kaiba, da hast du getauscht, oder?“ Mein Freund nickte. „Ja, wir sind eins, genauso wie du und Mahad.“ Yugi wusste sogar wie mein zweites Leben hieß; ich war beeindruckt. „Ich komme bei dem Gespräch der Beiden irgendwie nicht mit“, murrte ich und beobachtete den Pharao und Mahad, wie sie sich angeregt unterhielten. Yugi kicherte nur: „Ich auch nicht, keine Angst.“ „Gehe ich richtig in der Annahme, dass beide ein gutes Team abgeben?“ Der König der Spiele schrägte den Kopf ein wenig und besah sich das Duo. „Ja, ich glaube schon. Was mir der Pharao so erzählt hat, waren er und Mahad beste Freunde.“ Das konnte gut passen, so vertraut wie beide miteinander umgingen. „Ihr nehmt also auch am Battle City Turnier teil?“, fragte ich, was Yugi dazu bewog, mir wieder seine ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken. „Werden wir – ihr also auch?“ Nickend bejahte ich seine Frage. „Kaiba möchte aus irgendeinem Grund ein Partnerduell.“ Ratlos hob ich die Schultern. Yugi grinste breit. „Hm?“, wollte ich wissen, als sein Grinsen noch breiter wurde. „Kaiba glaubt, dass er den Pharao mit deiner Hilfe schlagen kann.“ Reflexartig tippte ich mir an die Stirn. „Du spinnst ja. Als ob ich Kaiba eine Hilfe wäre. Außerdem ist sein Ego dafür viel zu groß.“ Der König der Spiele schüttelte den Kopf: „Da kennst du Kaiba aber schlecht. Dich unterschätzt du übrigens auch gewaltig.“ Ersteres mochte vielleicht schlimmen, aber sicher nicht Letzteres. „Aber daraus wird wohl nichts werden.“ Lächelnd deutete er mit dem Daumen zu unseren beiden Freunden. „Sie haben gerade beschlossen, dass wir gemeinsam im Finale kämpfen.“ Ich blies die Wangen auf. „Hey ihr zwei!“, rief ich entrüstet. „Das geht so nicht. Ich habe Kaiba bereits zugesagt, dass wir mit ihm kämpfen werden.“ Beide schienen mich zu ignorieren. Fassungslos ließ ich meinen Blick wieder zu Yugi wandern, dessen Grinsen noch breiter geworden war. „Tja, du bist wohl überstimmt worden.“ Gespielt genervt schob ich die Unterlippe vor, um ein lautes Prusten zu unterdrücken. Aus irgendeinem Grund fühlte sich diese Paarung richtig an. Ich hatte kein schlechtes Gefühl wie bei Kaiba. Wenn er nicht gerade ein größerer Fuchs war als unsere beiden Freunde, dann hatte er das Duell bereits verloren. Yugi, genauso wie sein früheres Dasein, waren exzellente Duellanten, und bei mir war es zumindest Mahad, der wie ein routinierter Profi spielte. „Joey hat sich übrigens energisch bei mir vorbereitet. Ich befürchte, die nächsten Monate werde ich kaum zum Schlafen kommen.“ Ich musste bei Yugis Worten leise lachen. Das war so typisch mein Freund. Duel Monsters und Joey, das gehörte einfach zusammen. „Er feilt sicher an der perfekten Taktik, um Kaiba in den Arsch zu treten?“ Mein Freund lachte ebenfalls: „Genau mit diesen Worten.“ Da schien wer ziemlich auf mich abzufärben. „Er hat sich aber sehr über dein Geschenk gefreut. Serenity ist ihm das Wichtigste auf der Welt, gleich nach dir.“ Ich hoffte, als Geistwesen nicht im Gesicht erröten zu können. „Hat er das gesagt?“, nuschelte ich. „Er hat noch ganz andere Dinge gesagt“, lächelte Yugi und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich habe ihm aber versprochen, kein Wort darüber zu verlieren.“ Mehr als ein leises „Mh“ brachte ich nicht heraus. War irgendwo klar, Yugi war sein bester Freund, mit wem würde er sonst sprechen? Tristan vielleicht noch, Serenity war einfach ein wenig zu jung für manche Dinge. „Sie scheinen fertig zu sein“, meinte mein Gesprächspartner und nickte mit dem Kopf zu den Beiden hinüber. Tatsächlich, innerhalb von Sekunden war ich wieder Herr über meine Sinne. Yugi schien es gleich zu gehen. Gerade rechtzeitig, denn es klopfte an der Tür: „Macht mal hin, wir müssen bald los, wenn wir noch rechtzeitig ins Kino wollen.“ Wir mussten uns ein Lachen verkneifen – Joey. „Manchmal frage ich mich, was du an ihm findest“, neckte mich Yugi, was ich mit herausgestreckter Zunge konterte. „Ein Gentleman genießt und schweigt.“ Grinsend gingen wir nach unten und suchten die Truppe, welche schon ausgeflogen sein musste. „Tu mir einen Gefallen und sitz du heute neben mir“, gluckste ich, als wir vor die Kaibavilla traten. Mein Freund schrägte fragend den Kopf. „Er darf ruhig ein bisschen eifersüchtig sein, mich wegen Duel Monsters versetzen.“ Gespielt rollte ich mit den Augen und ging mit Yugi zur Limousine, die bereits auf uns wartete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)