Ein Austausch mit Folgen von SuperCraig ================================================================================ Kapitel 21: Eine Einladung -------------------------- Als mein Handywecker um sieben Uhr klingelte, stöhnte ich genervt. Ich war um zwei Uhr durch den Fernseher geweckt worden, und war erst um vier Uhr wieder eingeschlafen. Zumal ich heute nicht zu spät sein durfte – Kaiba konnte man es zutrauen, dass er einen Stehen ließ. Schlaftrunken schälte ich mich aus dem Bett und sprang unter die Dusche. Nach dem Haarstyling und der Mundhygiene schlüpfte ich in meine Sachen, packte die anderen Klamotten in meinen Rucksack und ging mit diesem ins Esszimmer. Dort saß bereits Kaiba, welcher die Beine überschlagen hatte. Sein Gesicht war hinter einer Zeitung versteckt. Sollte ich ihm einen Guten Morgen wünschen? „Setz dich endlich, wir haben nicht ewig Zeit. Außerdem hat Mokuba gemeint, du müsstest dich noch mit dieser Mei unterhalten.“ Ich schrägte ein wenig den Kopf und setzte mich auf den Stuhl neben Kaiba. Wie, mit Mei sprechen? Warum musste Mokuba das seinem Bruder überhaupt auf die Nase binden? Mir war unwohl bei dem Gedanken, dass Kaiba auch glaubte, ich hätte ein Date mit Mei. Schweigend bestrich ich einen Vollkorntoast mit Butter und Honig, und goss mir eine Tasse Kakao ein. „Sie scheint ja ziemlich Gefallen an dir gefunden zu haben. Taylor hat es verzweifelt versucht und ist abgeblitzt. Devlin meinte auch einmal, sie zu einem Kaffee eingeladen zu haben, was ich zwar stark bezweifle, aber lassen wir es einmal so im Raum stehen.“ Kaibas Ton war beiläufig und desinteressiert. Er blätterte seine Zeitung um und nippte aus einer Tasse seinen Kaffee. „Damit wirst du zum Gesprächsthema der Klasse werden – Mei Nakamura hat sich noch nie einen Jungen ausgesucht.“ Ich schluckte meinen Bissen hinunter und stöhnte genervt. „Ich stehe aber nicht auf Mei, in keinster Weise. Mein Interesse besteht primär darin, ein Auge auf Mokuba zu haben, mehr nicht. Nach der Geburtstagsfeier fahren wir am nächsten Tag umgehend heim.“ So hatte ich es mir zumindest vorgestellt. „Es gäbe nun mehrere Optionen, die deine etwaige Entscheidung, nicht mit Mei zu verkehren, untermauern könnten. Beispielsweise ein anderes Mädchen, ein heimlicher Schwarm, du bist a- oder homosexuell.“ Kaiba zählte seelenruhig verschiedenste Möglichkeiten auf, warum ich nicht auf Mei stehen würde, während ich mir missmutig meine Tasse Kakao in den Rachen stürzte. Was ging es ihn eigentlich an, mit wem ich „verkehrte“? „Nun, mir ist es eigentlich einerlei. Solange du es nicht mit Mokuba vergeigst, ist alles in bester Ordnung. Nakamuras Spielchen sind sowieso ermüdend – du wirst schon sehen.“ Damit legte der CEO seine Zeitung beiseite und kippte sich den letzten Rest Kaffee hinein. „Übrigens – wir haben am Schwarzen Magier einige Veränderungen vorgenommen. Du solltest dir das Setup in nächster Zeit einmal ansehen.“ Ich spülte meinen Toast mit Kakao nach und schluckte lautstark: „Wie, Veränderungen? Warum?“ Kaibas Lippen kräuselten sich ein wenig: „Mokuba war der Ansicht, dass der Schwarze Magier und der Flammenschwertkämpfer gemeinsam fusionieren könnten, weil du und Wheeler anscheinend so ein ausgezeichnetes Team seid.“ Seine Stimme hatte einen beißenden Unterton angenommen. Ich hielt meinen Mund, und machte mich nach dem Frühstück fertig für die Schule. Die Fahrt zur Domino High gestaltete sich als still. Kaiba telefonierte mit irgendjemandem aus der Firma, während ich noch einmal die Vokabeln für Englisch durchging. Entgegen meiner Hoffnung war Mokuba nicht mit uns gekommen. Auf meine Frage hin, wo dieser denn geblieben sei, erklärte mir Kaiba knapp, dass die Schule seines Bruders in der entgegengesetzten Richtung lag. Als der Wagen hielt, nickte der CEO dem Fahrer kurz zu, welcher die Trennscheibe heruntergelassen hatte. Ich bedankte mich und stieg dann ebenfalls aus. Auf dem Schulhof herrschte schon wieder reges Treiben. Kaiba schulterte seine Tasche und ließ mich einfach stehen. Es war wohl wirklich nicht mehr als eine reine Fahrgemeinschaft (auf seine Kosten) gewesen. Irgendwie bedauerte ich es ein wenig, dass er und ich nicht miteinander warm wurden. Schon Mokuba zuliebe sollten wir uns zusammenraufen. Meine Freunde konnte ich nirgendswo erspähen, dafür jemand anderen. Mir wurde bei dem Gekicher der Mädchengruppe rund um Mei schlecht. Stimmt, das stand auch noch aus. „Guten Morgen, David!“ trällerte mir der Chor aus Mädchen einstimmig entgegen. Ich hob die Hand und wollte wortlos weitergehen, als mich jemand am Arm festhielt. Ein Blick nach unten entblößte feine, zierliche Finger. Mei lächelte schüchtern, während uns die gesamte Gruppe angaffte. Von mir aus eröffnete ich kein Gespräch, so nutzte ich die Zeit um das Mädchen eingehend zu mustern. Sie war 16 Jahre alt (das wusste ich, beim Weihnachtsball würde sie 17 werden), hatte langes, dunkelbraunes, seidiges Haar, mandelgrüne Augen, einen hellen Teint und eine niedliche Stubsnase. Ihre Figur war mit schlank zu beschreiben. Über den Kleidungsstil konnte ich nicht viel sagen, trug sie doch in meiner Gegenwart immer die Schuluniform. Insgesamt war Mei sicherlich ein hübsches Mädchen. Mein Interesse lag aber woanders. „Ähm, David? Meine kleine Schwester meinte, du würdest am Samstag mit Mokuba Kaiba zu ihrer Geburtstagsfeier kommen, ist das richtig?“ Ein lautes „Ooooh“ war aus dem Hintergrund zu hören. Irgendwie nervten mich unsere Zuschauer im Hintergrund massiv. Was ging es eigentlich diese Schnattergänse an, wo ich hinging? „Ja, Mei, es ist so geplant. Mokuba hat mich darum gebeten. Warum?“ Die Story mit dem „vermeintlichen“ Date, von der ich bereits wusste, band ich ihnen nicht auf die Nase. Wahrscheinlich wusste der Mei-Fanclub bereits davon. „Okay, denn es wird spät werden, und meine Eltern sind beide auf Geschäftsreise. Ihr könnt ruhig bei uns übernachten. Der Weg zurück ist nämlich weit, und es ist sicher dunkel, bis die Rasselbande ins Bett gehuscht ist.“ Ich verengte die Augen ein wenig auf Meis subtile Andeutungen. Was sollte das werden, wenn es fertig war? „Ähm, soweit ich weiß, schlafe ich bei Mokuba. Wir fahren nach der Feier nach Hause. Sorry Mei, aber danke für das Angebot.“ Ich lächelte entschuldigend und schob bemüht sanft ihre Hand von meinem Arm. „Na gut, aber, deswegen wollte ich eigentlich nicht mit dir sprechen.“ Blitzschnell wurde mein Unterarm umklammert und ich mit einem zuckersüßen Blick bedacht. Was kam jetzt? Ich schrägte den Kopf und sah Mei fragend an. „Es ist bald Weihnachtsball, und wir brauchen normalerweise männliche Begleitung. Tristan Taylor meinte, du wärst in keiner Beziehung, und deshalb wollte ich dich fragen, ob du nicht vielleicht mit mir gehen möchtest?“ Ihr Unterton verriet, dass das keine Frage, sondern eine Aufforderung war. Mei war es wohl gewohnt, dass man nach ihrer Pfeife tanzte. Die Mädchenrunde hinter ihr tuschelte inzwischen angestrengt. „Ich weiß noch nicht einmal Mei, ob ich da überhaupt hingehe. Aber danke für das Angebot.“ Ich bemühte mich um ein sanftes und entschuldigendes Lächeln. Nein, ich hatte keinen Bock, mit Mei hinzugehen. „Oh, dann gehst du wohl lieber mit Joey Wheeler hin, oder?“ Mein aufgesetztes Lächeln gefror augenblicklich. Wie hatte sie das gemeint? Mit Joey hingehen? Ihr zuckersüßes Lächeln wurde noch ein wenig breiter. Wusste sie etwas? Das konnte Ärger bedeuten, und außerdem Joey ziemlich tief in die Misere bringen. „Warum sollte ich lieber mit Joey hingehen, Mei?“ Meine Augenbrauen wanderten nach unten und ich musste mich zusammenreißen, sie nicht ordentlich anzufahren. Vielleicht überreagierte ich auch nur? Das Geschnatter der Mädchen hatte augenblicklich aufgehört. „Na weil er dein bester Freund ist? So ganz unverbindlich. Außerdem hat ihn Makiko schon gefragt, ob er mit ihr zum Ball geht. Es wäre cool, wenn wir zu viert auftauchen.“ Warum hatte Joey sowas getan? War das ein Bluff? Mir gingen tausend Gedanken durch den Kopf. Vor allem: Was war mit Mei los? Ich wusste noch immer nicht, ob sie von Joey und mir wusste, oder ob das nur ein Zufallstreffer gewesen war. Die Betonung „bester Freund“ bescherte mir nämlich ein flaues Gefühl im Magen. „Hm, ich frage Joey ob er wirklich geht, Mei, einverstanden? Wenn dem so ist, dann können wir uns ja bei der Feier absprechen.“ Damit löste ich sie von mir und stapfte bemüht ruhig in die Schule. Hinter mir konnte ich Gekreische und Gelächter hören. Wem würde ich zuerst den Kopf waschen: Tristan? Joey? Oder beiden zeitgleich? In der Klasse ließ ich mich genervt auf meinen Stuhl fallen. Kaiba schenkte mir ein süffisantes, wissendes Lächeln, während Tristan mich erwartungsvoll ansah. „Wenn du noch einmal versuchst, Mei und mich zu verkuppeln, Tristan, dann springe ich schreiend aus dem Fenster.“ Schnaubend klatschte ich meine Schulunterlagen für Geographie auf den Tisch. Dieser sah mich komplett verständnislos an: „Wie, mit Mei verkuppeln? Hat es geklappt?“ Er strahlte förmlich. „Ja hat es. Ich gehe mit Mei Nakamura auf den Weihnachtsball? Zufrieden, oder möchtest du noch ein Protokoll über das Gespräch?“ Tristan boxte mir gegen die Schulter: „Du alter Hund! Wahnsinn!“ Ich biss mir auf die Lippen und verkniff mir einige, mehr als nur unpassende Kommentare. Mein Blick wanderte zu Joey, welcher seltsamerweise ein großes Interesse am Umschlag seines Heftes besaß. Eigentlich wollte ich ihn nach allen Regeln der Kunst zusammenfalten. Vor zwei Tagen hatte er mir noch eine Szene gemacht, wegen der Sache mit Mei, und dann ging er einfach hinter meinem Rücken mit irgendeinem Mädchen zum Ball. Ich war nicht eifersüchtig, sondern einfach nur enttäuscht, dass er es mir nicht gesagt hatte. „Ah lasst mich einfach alle für heute in Ruhe.“ Damit starrte ich missmutig auf mein Heft, bis Tristan endlich abgezogen war. Joey vermied es weiterhin, mich anzusehen. Inzwischen war Mei im Klassenzimmer aufgetaucht und hatte sich dezent geräuspert: „Alle mal herhören!“ Schlagartig hatte sie die Aufmerksamkeit der Klasse eingeheimst. Welcher Wahnsinn kam jetzt noch? „An die Jungs der Klasse – ich habe mittlerweile jemanden, der mich zum Weihnachtsball begleitet. Ihr könnt euch also eure Anfragen sparen!“ Dabei fuchtelte sie übertrieben mit den Armen und kicherte amüsiert. Unter dem Tisch ballte ich meine Hände zu Fäusten. Ich starrte weiterhin auf meine Sachen, und betete, dass die Stunde bald beginnen möge. Ich hatte mich, mit eifriger Hilfe von Tristan, in einen Schlamassel manövriert, dessen Ende nicht in Sicht war. Was sollte ich also tun? Ich musste zumindest Mei bis zum Samstag ertragen, um zu erfahren, was sie wirklich wusste. Endlich – unser Lehrer betrat den Klassenraum. Damit huschten alle auf ihre Plätze und ich war fürs Erste erlöst. Ich bog die nächsten Stunden irgendwie herunter, neben einem schweigenden Joey und einem Tristan, welcher mir alle fünf Minuten ausführlich zu dieser Meisterleistung gratulierte. Ah, wäre ich doch nie auf Mokubas Flehen eingegangen. Nach Schulende ging ich ins Jungsklo und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht. Mei war die letzten Stunden belagert worden, wer denn ihre Begleitung sei. Tristan war zumindest klug genug gewesen, dass er den Mund hielt. Yugi, Bakura und Tea hatten sich dieser Vorgangsweise angeschlossen, während Joey dauernd schuldig auf seine Sachen gestarrt hatte. Ich stemmte mich mit den Händen am Waschbeckenrand ab und beobachtete, wie die Wassertropfen von meinem Kinn herabtropften. Wie sollte das weitergehen? Was wusste Mei? Was würde sie mit diesem Wissen anstellen? Sollte ich es Joey sagen? „David?“ Eine leise, zögerliche Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Ich konnte im Spiegel meinen blonden Freund erkennen, welcher die Hände in die Taschen seiner Uniform geschoben hatte. Sein Gesichtsausdruck war am besten mit leidend zu beschreiben. So hatte ich ihn noch nie gesehen. Er zitterte am ganzen Körper, und ich hätte schwören können, dass er feuchte Augen besaß. „Alles in Ordnung?“ „Was denkst du?“ Ich atmete tief durch und drückte mich vom Waschbecken ab. Verloren fuhr ich mir durch die Haare und lehnte mich gegen die weißen Fliesen des Toilettenraumes. „Du hättest es mir zumindest sagen können, Joey.“ Ein verwunderter Blick seitens meines Freundes folgte. „Oder was hast du geglaubt? Dass ich nicht so reagiere wie du bei mir und Mei?“ „Nein, das nicht, aber...verstehst du es denn nicht? Ich meine, wenn ich ohne Mädchen auftauche, bzw. Makiko abgelehnt hätte, dann wäre das auch komisch rübergekommen, oder?“ Wäre es nicht. Es gab genügend Leute, die alleine auf den Ball gingen. Das war eine mehr als nur fadenscheinige Ausrede. „Doch, ich verstehe dich, Joey. Sehr gut sogar. Du hast ein Image, oder? Das musst du bewahren?“ Meine Stimme war äußerst ruhig. Auf meine Frage hin nickte Joey erleichtert aus. „Es ist in Ordnung, solange du mir vertraust und umgekehrt, ja? Schließlich muss ich zwangsläufig auch dein Image aufrechterhalten.“ Damit löste ich mich von der Mauer und stellte mich auf die Zehenspitzen, um Joey zu küssen. Meine Hände schlang ich um seinen Nacken, während ich ihn gegen die Wand neben der Eingangstür drückte. Mein Kuss wurde innig erwidert. Joeys Hände legten sich um meinen Rücken und pressten mich fest gegen ihn. Warum ich so reagierte, obwohl ich eigentlich sauer war? Sein Image war ihm wichtig, sein Ruf – und er wusste noch nichts von meiner Vermutung, ob Mei und ihrem Wissen. Das war auch besser so, fürs Erste. Wir lösten unsere Lippen voneinander, nur um uns gegenseitig ein „Ich liebe dich“ entgegenzuhauchen. Unwillkürlich erschien ein Lächeln in Joeys Zügen. Ich war gespannt, wie lange es wohl so bleiben würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)