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Enemy mine - geliebter Feind

von

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Kapitel 17

Saber hatte von Eagle die Unterlagen bekommen, die er brauchte.

Danach hatten Beth und er die Kursverzeichnisse einiger Universitäten geholt die sie am Abend durchlesen würde. Dann waren sie einkaufen gegangen, ein paar Sachen und Lebensmittel, da sein Kühlschrank aufgefüllt werden musste.

Sabers Wohnung lag in einem Hochhaus nahe eines großen Parks.

Der schmale Flur führte direkt in eine quadratische geräumige Küche mit einem Esstisch für zwei Personen an einer Seite. Davor führte eine Tür ins Badezimmer und eine andere zu den Wohnräumen. Das Wohnzimmer war groß und hell, hatte breite Fenster und einer schlanken Tür, die auf einen kleinen Balkon führte. Von hier aus konnte man auf die Grünanlage sehen. Unter dem Fenster stand ein dunkler Esstisch mit sechs Stühlen. Im Zimmer selbst stand ein cremefarbenes Sofa, das einzige helle Möbelstück. Beth fuhr mit der Hand über das weiche Leder. Die Schrankwand war aus einem dunklen Holz, voll gestopft mit Büchern und einigen Fotos. Ein altertümlicher Sekretär befand sich dem Fenster gegenüber. Hier standen noch ein paar Bücher und Sabers Computer. Zwischen Schrankwand und Sekretär hingen zwei sich kreuzende Degen an der Wand, darunter ein Wappen auf einem grün-karierten Stoff. Die dunklen Hölzer, das helle Sofa, das Fenster – alles wirkte schlicht, elegant und behaglich, hatte wenig mit der praktischen Einrichtung ihres eigenen Zuhause gemeinsam.

Während sie sich noch umschaute, machte Saber im Schrank im Schlafzimmer ein paar Fächer für sie frei. Als sie eintrat, sah sie ihn neben dem Bett darin hantieren. An der anderen Wand neben dem Bett war ein Bild von einer Berglandschaft mit dichten grünen Wäldern angebracht.

Beth strich behutsam über dessen Rahmen.

„Ich macht dir im Bad noch etwas Platz, dann kannst du deine Sachen einräumen“, hörte sie ihn sagen und nickte langsam.

Er ließ sie zurück, räumte die Einkäufe in den Kühlschrank. Er hörte, wie sie sich einzurichten begann und setzte sich an seinen Computer. Schnell vertiefte er sich in seine Arbeit, konzentrierte sich auf die Suche nach Wohnungen, die den Sicherheitsansprüchen entsprachen.

Er hörte, wie sie sich aufs Sofa setzte und die Unterlagen der Universitäten durchging. Hin und wieder raschelte Papier.

Wie lange sie so saßen, jeder in sein Tun versunken, konnte Saber später nicht mehr sagen. Irgendwann meinte er aus sehr weiter Ferne eine Stimme anklagen zu hören: „Bist du immer noch nicht fertig?“

Er wandte sich um, doch Beth saß auf dem Sofa, las die Unterlagen und schien ihn nicht zu bemerken. Er schüttelte leicht den Kopf. Das Gespenst einer früheren Beziehung verschwand. Er drehte sich zu seinem Computer zurück und lächelte leicht.

Dann setzte er seine Recherchen fort, glich weiter die Universitäten mit den Sicherheitsangaben ab. Die Universitäten, die sie heute besucht hatten, erfüllten alle die Sicherheitsbedingungen. Einige waren in diesem Rahmen besser geeignet, andere erfüllten ihn nur knapp.

Er schrieb eine Nachricht an das Oberkommando und erbat einige Leute, die das Team unterstützen würden, wenn die Ramrod-Crew selbst verhindert sein würde.

Von Fireball hatte er eine Nachricht erhalten. Colt und April waren voraus gegangen, nach Yuma-City und bereiteten ihre Wohnungen auf die Gäste vor. Der Cowboy würde Snow bei sich aufnehmen, April und er deren Bruder. Die Geschwister hatten überwiegend Kleidung aus ihrem Heim mitgenommen, nur einige wenige Möbel für die neue Unterkunft. Das alles lagerte gegenwärtig auf Ramrod. Sie hatten alle Zelte in Bay Back abgebrochen und würden morgen mit dem Rennfahrer und dem Friedenswächter in die Stadt folgen.

Soweit lief alles wie es sollte.

Dann bemerkte er es. Das Aroma, das aus der Küche durch seine Wohnung zog. Jetzt drang auch Geklapper von Geschirr und Besteck an sein Ohr. Sein Magen meldete, den Wunsch nach Nahrung.

Er sah sich nach Beth um, doch ihr Platz auf dem Sofa war leer. Ihre Unterlagen waren fein säuberlich auf den Tisch davor gelegt.

„Beth? Was machst du?“

„Ich koche.“

Er speicherte seine Daten und fuhr den Computer runter. Mit wenigen Schritten war er in der Küche, sah gerade noch, wie ein Auflauf in dem Ofen verschwand.

„Was gibt es denn?“

„Du wolltest, das ich was koche. Ich dachte, ich mache Thcula.“

„Cula? Was ist das?“ Er inspizierte die Arbeitsplatte, die sie eben aufzuräumen begann. Sie verstaute die Packungen von Erbsen, Mais und Linsen im Vorrat und Milch und Käse im Kühlschrank. Verschiedene Gewürze standen noch auf der Anrichte. Saber konnte nicht von den Zutaten auf die Mahlzeit im Ofen schließen.

„Thcula. Das ist ein Auflauf aus Erbsen, Mais und roten Linsen.“

Er löste sich aus der Tür und begann den kleine Tisch zu decken.

„Aha. Ich bin gespannt wie es schmeckt.“ Darauf war er wirklich gespannt. Er hoffte, er verstimmte sich bei outriderischer Kost nicht den Magen. Kaum war ihm dieser Gedanke durch den Kopf gegangen, konnte er Colts Stimme darin hören. ‚Hehe, du solltest nicht so tun, du isst auch Haggis.‘

„Bist du fertig geworden, mit dem was du gemacht hast?“ erkundigte sich Beth.

„Ja, für heute. Ich hab das Essen gerochen und gehört, dass du kochst. Das brachte mich auf den Gedanken, dass es Zeit wäre aufzuhören und was zu essen.“ Er beobachtete, wie sie sich durch die Küche bewegte, bewunderte einmal mehr ihre geschmeidige, anmutige Art.

„Ja, das ist durchaus erforderlich“, lächelte sie und stellte das letzte Gewürzglas auf das Regal, von dem sie es genommen hatte.

„Ich habe ein paar Kurse gefunden, die jetzt angeboten werden. Das Semester läuft ja gerade, aber es gibt Vorbereitungskurse für das kommende.“

„Welche Kurse sind das? Ist was für dich dabei?“

Sie wiegte den Kopf. „An der städtischen Universität gibt es Grundkurse für Anatomie und Zoologie. Die Royal Edu bietet Anatomie und Psychologie an. Es gibt da auch einen Kurs über Anthropologie. Der klang inhaltlich sehr interessant. Wenn nichts dagegen spricht, möchte ich dahin gehen. Snow kann dort auch Kurse belegen, Agrarwissenschaft und botanische Grundlagen.“

Er nickte. Die Royal Edu war eine kleinere Universität neben einer botanischen Anlage und arbeitete für Praktika eng mit einem der Krankenhäuser zusammen. Sie lag nahe dem Zentrum. Der Campus war leicht zu überschauen und die klare Architektur bot wenige Winkel in denen jemand lauern konnte.

„Sie liegt günstig und ist übersichtlich. Im Notfall können wir schnell vor Ort sein. Wenn du also möchtest, kannst du dir diese Kurse ansehen“, erwiderte er.

Ihre Augen leuchteten auf. Dann öffnete sie den Ofen und holte die Auflaufform heraus. Sie stellte sie auf den Tisch.

Saber sah zu, wie sie das Essen auf die Teller portionierte und setzte sich. Zumindest roch es gut.

„Wenn Jean und Snow in Yuma ankommen, besprecht es am besten gleich. Ich bin sicher, ihr einigt euch.“

„Ja, ich werde mit Snow reden. Jean hat nichts dagegen, solange wir sicher studieren können.“

Sie setzte sich zu ihm und begann zu essen. Die Erbsen schmeckten mild. Der Mais war süßlich und die Linsen pikant. Die Soße war von cremiger Konsistenz und die Gewürze unterstützten die geschmacklichen Nuancen. So kannte sie das Gericht. Es war ihr gelungen.

Saber hob eine Portion der Mahlzeit auf die Gabel und beäugte es neugierig. Interessant sah es aus. Unauffällig roch er daran.

Sie beobachtete ihn irritiert, als er nicht wie sie zu essen begann und den Auflauf zunächst genau prüfte.

„Ich hätte wohl besser etwas anderes gekocht. Ich dachte, es würde dich interessieren, was wir so essen“, sagte sie leise.

„Ich bin interessiert“, versicherte er und schob die Gabel in den Mund. Er ließ das Essen wortwörtlich auf der Zunge zergehen, nahm sich Zeit, diesen neuen Geschmack aufzunehmen, ehe er es schluckte. „Ja. Schmeckt anders, aber gut. Jedenfalls besser als manches, was auf Ramrod so verzehrt wird.“

„Ich bin mir nicht sicher, ob das bedeutet, dass es dir schmeckt.“

Er konnte ihr ansehen, dass sie nicht wusste, wie sie seine Worte beurteilen sollte.

„Ja, es schmeckt mir“, lächelte er. „Der Vergleich bedeutet lediglich, dass niemand von uns wirklich kochen kann.“

Sie stieß verhalten Luft aus und schaute auf ihren Teller, nahm noch einen Happen. „Gut.“

„Was?“ Amüsiert hob er die Brauen. „Gut, dass es schmeckt oder gut, dass auf Ramrod niemand kochen kann und der Vergleich daher zu deinen Gunsten ausgeht?“

„Gut, dass es schmeckt. Dass auf Ramrod niemand kochen kann, scheint mir eher besorgniserregend. Ob der Vergleich zu meinen Gunsten aus gegangen ist, weiß ich nicht so recht. Der Maßstab kommt mir in dem Kontext nicht allzu hoch vor. Abgesehen davon sagen Menschen oft etwas, dass sie nicht meinen, damit der andere zufrieden ist.“

Er griff nach ihrer Hand. Sie schaute ihn an.

„Ich meine es so. Du hast gut gekocht“, sagte er ernst.

Jetzt lächelte sie.

„Ich könnte morgen Thcula Dea kochen. Es ist so ähnlich. Man verwendet nur statt des Mais Hackfleisch und der Geschmack ist würziger“, schlug sie vor.

„Gern.“ Er strich ihr über die Hand, ehe er weiter aß. „Morgen helfe ich dir.“

„Wenn du nicht anderweitig beschäftigt bist“, lächelte sie zurück.

„Dann erinnere mich bitte daran. Die Arbeit läuft nicht weg.“

„Erbsen auch nicht, die rollen“, scherzte sie leicht.

„Sie sind auch schwer auf die Gabel zu spießen“, gab er lachend zurück, als ihm eine davon immer wieder wegrutschte. Sie lachte mit ihm.

„Musst du noch arbeiten?“, fragte sie dann und legte ihr Besteck beiseite .

Er schüttelte den Kopf. „Möchtest du noch einen Nachtisch?“

„Nein, danke. Ich habe keinen Hunger mehr.“

„Möchtest du noch etwas machen?“

„Mich mit dir unterhalten.“

„Das klingt fantastisch.“

Er lächelte. Wann waren diese Worte je die Antwort auf diese Frage gewesen? Damit zog sie ihn noch mehr an, als sie es ohnehin schon tat. Sie hatten all die Pflichten, die es heute zu erledigen gegolten hatte, gemeinsam erfüllt. Sie hatte ihn beinahe überall hin mitbegleitet, dabei nicht einen Moment geklagt, wie viel es war. Vielmehr hatte sie, wie auch er, getan was eben getan werden musste, ganz gleich wie nüchtern und staubtrocken es war.

Jetzt räumten sie gemeinsam die Küche auf und kehrten ins Wohnzimmer zurück. Er wollte sie schon zum Sofa führen, als sie stehen blieb.

Ihr interessierter Blick war an den Degen an der Wand hängen geblieben.

Saber betrachtete sie.

„Sind das Floretts? Die mit denen man ficht, wie du gesagt hast?“, fragte sie.

Sein Herz machte einen erfreuten Satz. Obwohl er bei diesem Gespräch, als er sie am ersten Abend nach Hause begleitet hatte, den Eindruck bekommen hatte, sie lehne das Fechten als Kampfsport ab, hatte sie doch aufmerksam zu gehört. Jetzt griff sie auf, was ihn interessierte.

„Das sind Degen. Mit ihnen kann man auch fechten. Ein Florett ist meist stumpf und eher für Anfänger. Es bewahrt sie vor Verletzungen.“

„Deshalb hat es für dich nichts mit Kämpfen zu tun, weil niemand dabei verletzt wird?“, versuchte sie zu verstehen.

„Ja, das auch. Beim Sport grundsätzlich, also auch beim Fechten, gelten Regeln. In einem Kampf ist oft alles erlaubt. Es geht um das eigne Überleben. Das ist ein entscheidender Unterschied.“

Sie nickte aufmerksam.

„Woran erkennt man, ob es sich um einen Degen oder ein Florett handelt?“

Er trat an ihr vorbei und löste einen der Degen aus der Halterung. Er hielt ihr den Griff entgegen. Behutsam nahm sie ihn an, fühlte sein Gewicht und die Form, die sich in ihren Handteller schmiegte.

„Ein Florett ist leichter und hat eine eher rechteckige Klinge. Sie federt, anders als diese.“ Er wies mit dem Zeigefinger über scharf-glänzende Schneide entlang, wobei er zu ihr trat. Dicht stellte er sich hinter sie und korrigierte ein wenig ihren Finger um den Griff. Mit der gleichen Hand umfasste er ihr schmales Handgelenk und führte ihren Arm in die korrekte Ausgangsposition. Mit der anderen strich er über ihre Schultern, die Hüfte, berührte sacht ihre Oberschenkel und änderte ihre Körperhaltung behutsam in die Pose zu Duellbeginn.

Sie ließ sich gehorsam anleiten.

„Beim Duell mit einem Degen zählt jeder Treffer auf den Körper des Gegners, anders als beim Florett. Da zählen nur Treffer auf dem Oberkörper“, führte er weiter aus, rau und leise, und legte ihren freien Arm auf ihren Rücken.

Sacht strich er mit den Fingern darüber. Einmal mehr sog er ihren Duft ein und genoss ihre Nähe.

„Man trägt eine Maske, zum Schutz des Gesichtes“, raunte er ihr zu. „Das verändert die Sicht und man muss sich mehr konzentrieren.“

Seine Finger lösten sich von ihrem Handgelenk und strichen sanft ihren Unterarm entlang.

Er sollte ihr keine Lektion in irgendeinem Sport geben. Er kam ihr jedes Mal so nah. Es drohte seinen Verstand lahm zu legen. So wie jetzt.

Er schaute auf ihre Halsbeuge und die sanft schimmernde Haut, auf ihr weiches Haar, das dahinter über ihren Rücken fiel und mittlerweile vertraut nach Mandelblüte roch. Er wollte von ihrem Rücken um ihre Taille streichen, die Hand von ihrem Arm lösen und an ihr Kinn legen. Er wollte ihr Gesicht zu sich drehen und einmal mehr ihre Lippen berühren. Die Versuchung war groß, so groß. Er ahnte, wohin es führen würde, wenn er ihr nachgab.

Er spürte seinen Herzschlag bis zum Hals hinauf, sehnsüchtig und heftig.

Sie wandte ihm den Kopf zu und sah ihn mit ihren großen Augen an.

In dem Moment wurde ihm bewusst, dass er sich nicht mehr gerührt hatte. Eine Hand ruhte auf ihrem Rücken kurz über der Stelle, an der sich ihr hübscher Hintern zu wölben begann. Der Daumen seiner anderen Hand lag auf der zarten Haut ihrer Armbeuge und sein Oberkörper berührte ihre Schultern.

Ihr fragender Blick ließ seine Lippen trocken werden und beschleunigte seinen Puls noch mehr. Ein Stück nur, zwei, drei Zentimeter dann würde sein Mund auf ihren fallen. Mehr brauchte es nicht sie zu berühren und dem Rausch zu verfallen, den ihr Körper an seinem auslöste, der ihn dazu zu bringen würde ihr Nein auf Bestand zu prüfen.

Ihr Blick fragte ihn noch immer, lud ihn nicht ein.

„Du solltest dich ausruhen. Es war ein langer Tag“, brachte er hervor. Dann trat er zurück und nahm den Degen aus ihrer Hand.

Sie blieb noch einen Moment lang stehen, beobachtete ihn, wie er die Waffe wieder in der Halterung befestigte. Dann schlich sie ins Badezimmer.

Er hörte Wasser rauschen und seufzte. Dann holte er aus dem Schlafzimmer ein Kissen und eine Decke und bereitete die Couch für die Nacht vor.

Beth schlich an ihm vorbei, wünschte ihm eine gut Nacht, dann hörte er die Schlafzimmertür leise ins Schloss fallen.

Ob sie es wusste? Wusste sie, was sie in ihm auslöste? Wusste sie von der Sehnsucht, die sie regelrecht entflammte, dass er sie kaum zu zügeln wusste? Es gelang ihm sonst gut, besser als den meisten. Aber so nah bei ihr war er beinahe chancenlos.

Noch als er sich unter die Decke schob, beschäftigte ihn sein Verlangen. Er schloss die Augen und dämmerte in tiefen Schlaf. Doch auch dahin folgte es ihm, formte seine Phantasie seine Wünsche aus. Wie ein Film zogen sie sich durch seine Träume, sah er in ihre großen Augen, sah er ihren wundervollen Körper sich im Einklang mit seinem bewegen und sah er sie ihren Kopf genussvoll in den Nacken legen.

Er hörte sie seufzen, spürte die Hitze ihres Körpers an seinem, ihren Atem auf seiner Haut.

Sein Herz hämmerte.

Es war so echt, so real.

Er schlug die Augen auf.

Blinzelnd blickte er in das nächtliche Zimmer, realisierte nur langsam die Zimmerdecke über sich.

Nicht ungewöhnliches daran, so wie es sein sollte, dämmerte es ihm.

Doch etwas war nicht, wie es sein sollte. Noch traumumnebelt spürte er es.

Ein leises Seufzen drang in sein Ohr.

Er spähte in die Richtung aus der es kam.

Der Traum verflog. Saber begriff.

Neben ihm, den Kopf auf seine Brust gebettet, lag Beth.

Sein Herz hämmerte noch immer.

Er wurde sich ihres warmen Körpers, auf der Couch an seinen gepresst, bewusst. Er fühlte ihren ruhigen, stetigen Atem über seine Brust streichen. Er verriet ihm, ihren festen Schlaf.

Wieder seufzte sie.

Er atmete tief aus und richtete sich auf, so gut es möglich war ohne sie zu wecken oder sie dabei vom Sofa zu schieben.

Es war ein Traum gewesen.

Er schaute auf die Schläferin, auf den dunklen Ärmel ihres Schlafshirts und den Kontrast, den er mit ihrer hellen Haut bildete.

Kein Wunder hatte sich der Traum so real angefühlt, hatte sich der Auslöser dafür irgendwann in der Nacht zu ihm gelegt.

Was machte sie hier? Warum war sie gekommen? W…?

Er schob sich vorsichtig über sie und von seiner Schlafstatt. So wurde das nichts. Er konnte kaum einen vernünftigen Gedanken fassen, so lange der Traum noch spürbar war.

Er verschwand im Bad. Er griff nach dem Duschkopf, beugte sich zum Wasserhahn und dreht ihn voll auf. Eiskaltes Wasser ergoss sich über seinen Kopf und half, seine Körpertemperatur abzukühlen.

Dann dreht er das Wasser ab und griff nach einem Handtuch.

Was sollte er jetzt tun?

Den Rest der Nacht so zu verbringen würde nicht funktionieren. So bald er sich etwas weniger vorsichtig bewegte, warf er sie schlichtweg von der Couch. Er konnte sie nur ins Bett zurück tragen. Danach gab es nur zwei Möglichkeiten. Entweder er behielt sein Lager im Wohnzimmer oder er brach dort die Zelte ab und legte sich zu ihr. Falls er das tat, war fraglich, wie viel Schlaf er noch bekam. Aber war sie nicht zu ihm gekommen, weil sie bei ihm sein wollte?

Er grübelte noch hin und her, als er sie auf das Bett zurück trug und vorsichtig zu deckte.

Er richtete sich auf und betrachtete sie.

Sie wandte sich auf die Seite und tastete schlummernd mit der Hand über das Laken.

Saber holte Kissen und Decke aus dem Wohnzimmer.

Sie tastete immer noch.

Er legte sich zu ihr und nahm ihre Hand. Sie antwortete mit einer ungelenken Bewegung, die im Wachzustand wohl ein Streicheln war. Er lächelte leicht.

Noch immer hämmerte sein Herz, raste nicht mehr, hatte aber noch ein erhöhtes Tempo. Sehnsucht zog in seinem Bauch, erinnerte ihn daran, wie sehr er sie begehrte und doch, der Schlaf kam, friedvoll und beruhigend.

Endlich.
 

Er spürte sie neben sich, als er am nächsten Morgen erwachte. Verschlafen blinzelte er sie an.

Sie schaute ihn mit ihren großen Augen an und lächelte.

„Ich werde Frühstück machen,“ sagte sie schlicht.

Er nickte nur und streckte sich. Der Schlaf entwich seinem Körper, floh daraus, als er bemerkte, dass sie im Aufstehen innegehalten hatte und ihn an starrte.

Saber richtete sich auf. Er erkannte den Grund für ihr Starren und schob die Decke darüber, als wäre er nicht schon ertappt worden.

„Worauf regiert dein Körper?“, fragte sie leise.

„Auf dich, Beth“, brachte er hervor.

Sie nickte leicht.

Als sie das Zimmer verließ, hatte er die Antwort auf seine Fragen in der Nacht zuvor. Nein, sie wusste nicht.

Nach dem Frühstück, Beth räumte noch die Küche auf, prüfte Saber die Antworten auf seine Nachrichten.

Fireball war auf dem Rückflug mit Jean-Claude und Snow.

Senator Weyer empfahl ihm drei Star Sheriffs zur Unterstützung. Zu den Herren Garrett McLeod, Arasmus Soor und Ian Broik übersandte er deren Lebensläufe und Beurteilungen.

An der Tür meldeten sich April und Colt. Beth öffnete ihnen.

„He, guten Morgen Oberheld“, grüßte Colt fröhlich.

„Guten Morgen, Saber, guten Morgen Beth. Wie ist der Stand der Dinge?“

Der Schotte wandte sich den Neuankömmlingen zu. Er setzte sie von Fireballs Rückkehr in Kenntnis, auch von der Unterstützung, die ihnen empfohlen worden war und ihre Ergebnisse an den Universitäten. April setzte sich zu der jungen Frau mit dem blass lila Haar und ließ sich von ihr einweihen, was sie wegen des Studiums überlegt hatte. Colt beugte sich mit Saber über die Berichte über die Star Sheriffs McLeod, Soor und Broik.

Dass Senator Weyer sie ausgesucht hatte, ließ Saber vermuten, dass sie nicht gerade die aufgeschlossensten Kandidaten waren und etwas, dass der Senator für eine gesunde Skepsis gegen über Jean-Claude und seinen Schwestern erachtete, an den Tag legen würden. Sollten sie den Verdacht haben, etwas ginge nicht mit rechten Dingen zu, würden sie handeln und den Outrider sowie seine Schwestern festnehmen.

McLeod stammte, wie Saber selbst, aus den Highlands. Er war mit seinen Anfang Vierzigern der älteste und erfahrenste. Er hatte eine Frau und zwei Kinder. Ein Bruder von ihm war im Kampf gegen die Phantomwesen gefallen.

Broik zählte in die Mittzwanziger, hatte seine Freundin im Job kennengelernt. Während sie nun einen Konvoi in der Gegend von Pecos beaufsichtigte, war er hier im Einsatz. Er war Onkel zweier Neffen von schwesterlicher Seite und hatte erst kürzlich seiner Mutter eine neue Wohnung hier in der Stadt gekauft. Sein Vater, selbst einst Star Sheriff, war kurz vor der großen Schlacht gegen Nemesis und Jesse Blue gefallen, als er versucht hatte vor dem Überraschungsangriff zu warnen.

Soor entstammte einer ebenfalls patriotischen Familie von Soldaten. Seine Brüder dienten wie er selbst, sein Vater war Ausbilder im Dienste des KOK. Seine Verlobte hatte sich von ihm getrennt und war später beim Überraschungsangriff umgekommen, gemeinsam mit ihrem Bruder.

„Alle kampferfahren und … wie sagt man doch gleich?“

„Vorbelastet, Colt.“ Saber sah seine Vermutung bestätigt. Nun, gegen gesunde Skepsis konnte man keinen Einwand erheben, grundsätzlich war daran nichts verkehrt. Er erhob sich von seinem Stuhl.

„Es ist ein Termin mit ihnen angesetzt. Ich werde sie also treffen und instruieren. Nehmt ihr Fireball, Jean-Claude und Snow in Empfang. Hier sind die Papiere, die sie brachen werden.“ Damit händigte er ihnen einen großen Umschlag aus.

„Gut. Wir werden die Anmeldung an der Uni abwickeln, so bald die beiden hier sind.“ April nahm den Umschlag an. „Am besten fahren wir zu uns. Fireball wird bald da sein.“

Sie nickten und machten sich auf den Weg.



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