Enemy mine - geliebter Feind von collie ================================================================================ Kapitel 16: Kapitel 16 ---------------------- Jean-Claude wartete, bis April zu ihm in die Limousine gestiegen war. Der Chauffeur schloss die Tür und verstaute das Gepäck im Kofferraum. Der Outrider schaute die Navigatorin an und fragte schließlich ruhig. „Ihr umarmt Vorgesetzte?“ Es war schwer zu sagen, ob es ihn einfach nur wunderte oder ob ein Bruder sich Sorgen darum machte, dass man seiner Schwester das Herz brach. „Vorgesetzte nicht, aber Freunde. Zum Abschied.“ „Aha. Wir umarmen nur Familienmitglieder, also Eltern, Geschwister, eigenen Kinder, den Symbiosepartner. Die Angehörigen dieses Partners umarmen wir nicht.“ „Verstehe. Wir umarmen Menschen, mit denen uns viel verbindet, Familie und Freunde, die wie Familie sind. Es ist ganz ähnlich zu euch.“ Jean-Claude schüttelte den Kopf. „Nein, denke ich nicht. Das eine ist Blutsbande. Das andere sind Fremde oder Personen, mit denen man arbeitet. Man kennt sie zwar, aber mehr nicht.“ Sie strich eine Strähne hinters Ohr und sah ihn an. Das musste sie wohl differenzieren. „Ich würde niemand umarmen, den ich nicht kenne. Aber Saber zum Beispiel ist ein guter Freund, fast wie ein Bruder. Wir arbeiten und wohnen zusammen auf Ramrod, deshalb kennen wir uns sehr gut. Es entsteht etwas wie ein Familienverband.“ Er nickte verstehend. „Von deinem Standpunkt aus ist das wohl ganz natürlich. Wenn du die Maslow-Pyramide und unser Effektivitätsprinzip – soweit ich weiß, hat Bio dir davon erzählt – berücksichtigst, ist dir sicher verständlich, warum wir uns so verhalten, wie wir es tun. Für uns wirkt eurer Verhalten so befremdlich, wie unseres für euch. Das ist klar.“ „Ja, mittlerweile kann ich mir vorstellen, dass es für euch ineffektiv wirken muss. Vielleicht wirkt es auch, als würden wir viele … Symbiosepartner suchen.“ Sie hob die Schultern und sah ihn an. „Wie ist das bei euch? Werdet ihr einander versprochen oder so etwas?“ „Nein. Wir suchen uns unsere Partner selbst. Falls es dich interessiert … Es funktioniert in zwei Phasen ... wenn man so will. In der ersten trifft man sich und redet. So findet man raus, wer zu einem passt. Hat man sich da für“ Er hob die Schultern. „ich weiß nicht drei bis fünf mögliche Partner entschieden, beginnt die zweite Phase. Das bedeutet, die physische Komponente kommt hinzu. Am Ende entscheidet man sich dann für den, der in beiden Phasen am besten passt.“ „Das klingt sehr technisch, obwohl es vom Prinzip her nicht anders ist als bei uns. Ihr geht das nur wieder effizienter an“, lächelte sie. „Wenn man die erste Phase ernst nimmt, bleiben einem mehr Fehlgriffe erspart.“ „Ich weiß nicht, wie lange diese Phase bei euch dauert, bei uns vergeht mindestens ein halbes Jahr. Als ideal gilt eins.“ „Das ist von Mensch zu Mensch verschieden, aber körperlich wird es bei uns in der Regel schneller. Das hat wohl bei uns wieder etwas mit den Hormonen zu tun. Wir wünschen uns sehr schnell körperliche Nähe, wenn wir das Gefühl haben, die Chemie stimmt.“ „Wie kommt ihr darauf das die Chemie stimmt? Woran macht ihr das fest? Es klingt für mich, eher als wäre es eine sehr hormonelle Sache und damit ist es so unzuverlässig wie euer Hormonhaushalt selbst.“ Er hatte die Stirn gerunzelt und gab sich sichtlich Mühe, ihre Worte nachzuvollziehen. „Das ist es auch. Wir suchen unbewusst nach jemandem, dessen Immunsystem anders ist als das eigene. Es ist für das Überleben unserer Nachkommen besser, weil sie gesünder werden. Aber ja, diese Suche über das Unbewusste ist bei uns sehr unzuverlässig.“ Sie zögerte einen Moment. Ob es wohl gut war, dieses Gesprächsthema weiter zu verfolgen? Doch er sprach so sachlich darüber, dass sie den Gedanken strich, er könnte sich davon irgendwie angemacht fühlen. Er hätte ebenso gut über das Wetter sprechen können oder die Funktionsweise ihrer Renegades. Das schien keinen Unterschied zu machen. Für sie offenbarte ihr gegenwärtiges Gespräch eine Fülle an Gemeinsamkeiten und Unterschieden, die es ihr leichter machten, das Wesen ihres Gegenüber zu verstehen. Deshalb fuhr sie fort zu fragen. „Ab wann beginnt ihr Symbiosepartner zu suchen?“ „Wenn wir volljährig sind. Das ist nach der Allgemeinbildung und vor der spezifischen Ausbildung im Alter von siebzehn Jahren.“ „Dann, darf ich dich was fragen? Hast du dann schon deine Symbiosepartnerin gefunden? Die eine, die passt?“ Bei aller Neugier, dass konnte er doch als zu persönlich auffassen. Er sah sie kurz an und schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe mich auf die Ausbildung konzentriert. Außerdem wurden zu dem Zeitpunkt unsere Eltern abgeholt. Ich habe mich daher um meine Schwestern gekümmert. Annabell hatte mehr Glück. Sie hatte einen Partner gefunden, als sie zu ihrer Mission aufbrach.“ Er hielt inne und legte einen Finger an seine Lippen. Das bedeutete, seine Schwester war in einer Beziehung, während es ihre Mission war den Ramrod-Scharfschützen abzulenken und zu verführen. Genug wusste er von Menschen um zu wissen, dass sie auf solche Dinge auf unterschiedliche Weise emotional getroffen reagierten. „Entschuldigung. Das war nach eurem Ermessen wohl eher unangebracht.“ Abwehrend hob April die Hände. „Nein, es ist in Ordnung, Jean-Claude. Es war sehr aufdringlich von mir, dich das zu fragen“, entschuldigte sie sich ihrerseits. „Hm. Seltsam ist es schon.“ Den Finger noch an seinem Mund, den Arm auf die dünne Kante am Autofenster gestützt, schaute er auf die vorbeifliegenden Landschaft aus Sand und Felsen. „So spreche ich sonst nur mit meinen Schwestern.“ Er beobachtete, wie erste dünne Bäume in der Landschaft auftauchten, vereinzelt noch, aber die Ankündigung, dass sie sich Bay Back näherten. „Es mag für dich nach einer reinen Zweckgemeinschaft klingen, wenn wir von Symbiose sprechen“, begann er nach einer Weile. „Das ist nicht so. Es hängt sehr von den Partnern ab, aber sie sind durchaus liebevoll und von Zuneigung geprägt, in unterschiedlichem Ausmaß, aber so ist es“, sagte er dann und wandte sich wieder zu ihr. „Nur so zur Info, falls du dir diesbezüglich Sorgen um Saber machen solltest.“ „Ja, es hört sich für mich in der Tat eher zweckmäßig an. Aber ich habe mir bisher nicht viele Gedanken darum gemacht, dass es anders sein könnte“, gestand sie und musterte ihn. Je näher sie ihn kennen lernte, desto einfühlsamer und damit ähnlicher schien er den Menschen zu sein. „Jetzt scheint mir, ihr würdet sehr genau prüfen, mit wem ihr eine Symbiose eingeht. Die Chancen scheinen dadurch höher, für immer zusammen zu bleiben. Ich glaube nach allem, was ich in vergangenen Tagen von dir und deinen Schwestern gesehen haben, muss ich mir um Saber keine Sorgen machen. Aber irgendwie tut es mir für dich leid, dass du niemanden hast. Hast du das Gefühl, etwas aufgegeben zu haben?“ Es war erste freundschaftliche Anteilnahme, die aus ihr sprach. Es verwunderte ihn ein wenig, als er ihre Worte in diese Kategorie sortierte. „Du meinst abgesehen von meiner Heimat und allem was ich kannte?“, fragte er zurück und hob eine Braue. Er bedauerte nicht, geflohen zu sein, weshalb er einen halb lachenden Laut von sich gab, und so seine Frage in Ironie tauchte. „Nein, nicht wirklich.“ „Ja, abgesehen von allem, was du kanntest und deiner Heimat“, nickte sie. „Irgendwann wirst du auch deine Schwestern loslassen müssen“, fügte sie dann hinzu. So distanziert ihr diese Beziehung bisher erschienen war, sie war als innig und fürsorglich enttarnt worden. So sachlich er auch sprach, es regten sich Zweifel in ihr, ob es ihm leicht fallen würde sowohl Snow als auch Beth ziehen zu lassen, wenn es mal so weit war. Er hobt nur gleichgültig die Schultern. „Wahrscheinlich wird da jemand nachhelfen und es wird eher ihr Problem als meins“, gab er zurück. „Das sagst du jetzt bloß so.“ Sie lächelte freundlich, glaubte, er würde sich nur nicht eingestehen, wie schwer ihn das dann mal träfe. „Nein, es ist tatsächlich realistisch. Ich bin ein Verräter. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass unsere Leute mich finden und zurück bringen. Oder mich töten, wenn es ihnen nicht gelingt. Selbst wenn nicht, wenn euer Zeugenschutzprogramm funktioniert, wird sich hier irgendwann die Frage stellen, ob ich für das was ich getan habe, nicht doch zur Verantwortung gezogen werde. Dann sitz ich ein. Ich kenn euer Strafmaß nicht. Vielleicht für den Rest meines Lebens.“ Die Art wie er abermals die Schultern hob, machte deutlich, dass er sich diesbezüglich keine Illusionen machte. Es schockierte April ein wenig und sie hatte das Gefühl, ihn aufmuntern zu müssen. „Keine dieser Varianten ist eine wünschenswerte. Du bist, was das angeht, sehr realistisch. Aber ich denke, einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es, auch für dich. Unser Commander hält sich für gewöhnlich an Vereinbarungen, die er trifft. Du solltest auch für dein eigenes Leben etwas Hoffnung haben. Ich finde, das hast du dir verdient.“ Jetzt wandte er sich direkt zu ihr und sah sie prüfend an. „Du? Findest das?“ „Ja“, antwortete sie schlicht. „Du hast, was ich bisher gehört und mitbekommen habe, alles für deine Familie aufgegeben. Du hast es verdient, dass etwas von dieser Hingabe eines Tages zurück kommt. In welcher Form auch immer. Du magst in der Vergangenheit einige schlimme Dinge getan haben, aber du hast das auch für deine Familie getan. Das muss auch etwas wert sein.“ Er sah sie lange an, sagte aber nichts mehr. Die Limousine trug sie über den Parkplatz auf Ramrod zu und kam zum Halt. Der Fahrer stieg aus und auch der Outrider öffnete seine Tür. Er ließ die Navigatorin aussteigen und bot ihr seinen Arm an. Dankend hakte sie sich bei ihm ein. Unterdessen packte der Chauffeur ihr Gepäck aus. Er stellte Aprils kleinen Trolli auf den Boden und zog den Griff in eine Höhe, in der die meisten den Koffer griffen und hinter sich herzogen. Dann legte er die Tasche des Grünhaarigen darauf und hängte einen Tragegurt so ein, dass sie nicht vom Koffer fiel. Jean-Claude nahm mit der freien Hand diese Konstruktion und führte April auf die Rampe des Friedenswächters zu. Die Sonne strahlte vom Himmel, wärmte die Luft und den Asphalt. Es war ein schöner Tag, ein guter Urlaubstag. „Sind deine Kollegen an Bord?“, erkundigte sich Jean-Claude beiläufig. „Sie sollten da sein, ja.“ Sie ließ sich von ihm begleiten und trat mit ihm auf die bereits geöffnete Rampe. An deren oberen Ende tauchte Fireball auf. Er hatte die Limousine gesehen, nachdem die Sensoren sie angekündigt hatten, und die Rampe geöffnet in der Erwartung, nun Saber und April begrüßen zu können. Er war mehr als nur verblüfft, als er feststellte, dass der Schotte nicht zurückgekehrt war, seine Freundin dafür aber am Arm des Outriders die Rampe hinauf kam. Außerdem trug der noch ihr Gepäck. Er presste die Kiefer zusammen. Das musste ihm nicht gefallen. Das gefiel ihm nicht. „Hi“, presste er hervor, als die beiden sich dem oberen Ende der Rampe näherten. „Hast du Saber eingetauscht? Wie ist es gelaufen?“ „Es lief gut“, erwiderte sie, schob seine knappe, rüde Begrüßung darauf, dass sie sich gestern nicht mehr bei ihnen gemeldet hatten. Das konnte sie verstehen und überging es daher. „Ist Colt da? Dann kann ich euch beide gleich auf den selben Stand bringen.“ Sie betraten den Hangar. „Colt ist noch nicht da“, erwiderte der Rennfahrer knapp und wandte sich an den Outrider. „Kann ich dir etwas abnehmen?“, erkundigte er sich halbherzig. Er fand durchaus, dass der seine Freundin wieder abtreten könnte. Stattdessen trennte der die beiden Gepäckstücke und reichte ihm Aprils Koffer. „Danke“, sagte er schlicht. Fireball zog ihm gedanklich den Koffer über. Mit einem unterdrückten Brummen wandte er sich um und trug den Koffer in Aprils Zimmer. Als sie ihm folgten und ebenfalls den Gang betraten, lösten Jean-Claude und April ihre Arme von einander. „Wo ist Colt?“ erkundigte sich April, während sie Fireball folgten. „Wohl noch mit Snow unterwegs. Hab ihn seit gestern morgen nicht mehr gesehen.“ Missmutig stellte er den Koffer in Aprils Zimmer und folgte den beiden in die Küche. Irgendwie wollte er sie nicht länger als nötig allein lassen, wer wusste schon, was ihm als nächstes entging. Über den gestrigen Abend war er schon nicht informiert worden und das, obwohl da offensichtlich etwas passiert war, dass einige Dinge scheinbar grundlegend verändert hatte. Warum sonst klebte April an dem Arm eines Typen, der mal versucht hatte sie von einem Eiszapfen erschlagen zu lassen? Da stimmte doch irgendwas nicht. „Habt ihr Durst?“, fragte er, als er die Küche betrat. April hatte sich auf die Bank gesetzt. Jean-Claude stand neben ihr. Jetzt lehnten beide ab. „Wer macht bei euch eigentlich frühstück?“, wollte der Outrider dann wissen. Der Rennfahrer konnte mit der Frage nichts anfangen. Wie kam der dann darauf? Er goss sich einen Saft ein und brummte zurück. „Der, der zuerst aufsteht.“ April warf einen irritierten Blick auf den Rücken ihres Freundes. „Meistens trifft das Saber oder mich. Wir sind am zeitigsten auf“, fügte sie dann hinzu. „Macht ihr auch jeden Tag Hühnerembryo?“, fuhr Jean-Claude mit seinen Fragen fort. Fireball fuhr perplex herum. „Was?“ April lachte auf. „Nein, meistens Toast und Aufstrich oder Müsli.“ „Sehr effektiv“, nickte der Outrider. Ein kleines Grinsen umspielte seinen Mund. „Ja, in der Tat“, gluckste die Blondine. Wenig begeistert schaute der Wuschelkopf zwischen den beiden Scherzkeksen hin und her. Sie hatten also schon Insiderwitze? „Will mich jemand aufklären oder muss ich mir ein Wörterbuch holen?“ Fest umschloss er sein Saftglas, die Miene eindeutig nicht amüsiert. „Ein Wörterbuch würde dir auch nicht mehr helfen.“ April hatte eben fragen wollen, was mit dem Rennfahrer los sei und ob sie nicht Colt kontaktieren sollten, als dieser mit seinem fröhlichen Ausruf zeigte, dass sich seine und Snows Ankunft mit der von Jeana-Claudes und ihrer knapp überschnitten hatte. „Guten Morgen, ihr Lieben“, grinste der Scharfschütze in bester Stimmung. Ihm auf dem Fuße folgte Snow. Kaum entdeckten die Geschwister einander, eilten auch auf einander zu. Ein wenig Abstand hielten sie, als sie sich gegenseitig intensiv prüfend ansehen. Dass April die Neuankömmlinge begrüßte, entging den beiden daher ebenso wie der grimmige Gruß Fireballs. „Geht es dir gut?“ fragte der Outrider seine Schwester rau. „Ja. Wie geht es dir und Bio?“ Ein kurzes Nicken versicherte ihr, dass alles in Ordnung war. „Wo habt ihr Beth und Saber gelassen? Sind sie auf der Rückreise verloren gegangen?“, erkundigte sich der Scharfschütze unverändert munter, ließ sich von der schlechten Stimmung des Rennfahrers nicht die Laune verderben. „Das werden wir hoffentlich bald zu hören bekommen“, grummelte der Wuschelkopf ungeduldig. Ein paar Antworten wollte er endlich haben, auch wenn er befürchtete, dass die seine Laune nicht unbedingt verbessern würden. „Saber und Beth sind in Yuma-City und kümmern sich um eine Wohnung für uns und Studienplätze für euch“, erwiderte Jean-Claude. Snows Augen leuchteten auf. „Ja, so ist es. Die Bedingungen werden noch im Detail bearbeitet, aber die drei sind im Zeugenschutzprogramm aufgenommen“, ergänzte April erklärend. „Das sind gute Nachrichten. Das ging ziemlich schnell“, meinte Colt. Fireball gelang es mit Mühe nicht die Augen zu rollen. Er wähnte seine Laune endgültig im Keller, als er fragte: „Was bedeutet das jetzt für uns? Ich nehme nicht an, dass Saber alles allein organisiert.“ „Natürlich nicht. Jean und Snow werden ihre Sachen packen und sobald wie möglich folgen. Bis dahin und auf weiteres sind wir zu ihrem Schutz abkommandiert“, führte die Navigatorin sachlich aus und wünschte sich gedanklich, ihr Freund würde sich endlich wieder benehmen. Noch unfreundlicher konnte er kaum sein. Sie verstand ja, dass er wenig begeistert vom Abbruch des Urlaubes war, dennoch rechtfertigte es nicht diese Laune. „Yeah, ich dachte schon, der Urlaub würde langweilig werden“, kommentierte er prompt sarkastisch. „Sollen wir beim Packen behilflich sein?“ „Beth wird sicher vorübergehend bei Saber wohnen,“ überlegte April und schaute Jean-Claue nachdenklich an. „Für den Anfang wird ein Motel reichen“, meinte der und seine Schwester stimmte ihm zu. „Ja. Wie wollt ihr die Wohnfrage sonst lösen? Lose ziehen?“ Colt grinste breit, beinahe im Kreis. Er würde seine Münze werfen, wenn es sein musste, aber den Schutz von Snow übernahm er sofort. Es bedeutete schließlich bei ihr sein zu können und das war unter keinen Umständen eine üble Sache. Auch wenn der Rennfahrer wahrscheinlich vermutete, dass einem so grinsenden Scharfschützen nicht klar sei, worum es bei der ganzen Sache ging, der Lockenkopf würde den Teufel tun ehe er zu ließ, dass jemand noch mal versuchte ihr irgendetwas anzutun. „Das ist schnell geklärt“, meinte er darauf. „Ein Motel ist schlecht, wenn es um Personenschutz geht. Du weiß ja, wieso.“ Er sah den Outrider an, der leicht nickte. Er wog seine Optionen ab. „April, würdest du Snow aufnehmen?“ „Wir haben nur ein Gästezimmer, Jean. Du kannst das nutzen, wenn sie lieber bei Colt bleiben möchte.“ Jean-Claude schaute seine Schwester an, die nickend zustimmte. Fireball leerte sein Glas und stellte es in die Spüle. Der Tag war gelaufen, die kommenden auch. Hoffentlich war das Problem mit der Wohnung bald erledigt. April wartete auf Nachricht von ihrem Vater. Sie hatte ihm ihre Rückkehr gemeldet und ihn wissen lassen, dass sie sich aufgeteilt hatten. Sie war sicher, ihr Boss hatte ihm das bereits gemeldet, aber der Vollständigkeit halber fügte sie dies hinzu. Außerdem ließ sie ihm die nächsten Schritte ausrichten. Nun wartete sie auf seine Rückantwort. Das Verhalten ihres Freundes wundert sie. Er war zunächst so offen gegenüber Snow und Beth gewesen, selbst dann noch, als sie erfahren hatten, wessen Schwestern sie waren. Jetzt allerdings war er missgelaunt und beinahe unausstehlich. Zwar hatte er Jean-Claude und Snow begleitet, wie auch Colt, um ihnen beim Packen zu helfen, doch er hatte es widerstrebend getan. Sie wunderte sich darüber. Der vermasselte Urlaub allein konnte es nicht sein. Welche Laus war ihm wohl noch über die Leber gelaufen? Misstraute er Jean-Claude? Warum hatte er es dann nicht von Anfang an getan? Warum kam es erst jetzt auf? War er sauer, weil sie sich gestern nicht mehr gemeldet hatte? Das war sicher ihrerseits nicht sehr rücksichtsvoll ihm gegenüber gewesen, aber nachdem Essen war sie dann doch sehr müde gewesen und hatte auch ihn nicht aus dem Schlaf reißen wollen. Sie konnte ja nicht wissen, dass Colt die Nacht über mit Snow unterwegs gewesen war und der Rennfahrer sich schlichtweg zu Tode gelangweilt hatte. Nun, dafür würde sie sich später noch bei ihm entschuldigen. Trotzdem ließ sie das Gefühl nicht los, dass es noch einen Grund für sein Verhalten gab. Eifersucht schloss sie aus. Das war ganz einfach lächerlich. Wenn er tatsächlich sauer war, weil Jean-Claude sie hoch begleitet und ihr Gepäck getragen hatte, wenn er sauer war, weil sie sich bei ihm eingehakt hatte … nein, das war albern. Wenn er deshalb eifersüchtig wäre, müsste sie sich ernsthaft um ihre Beziehung Sorgen machen. Das wäre ein sehr großer Mangel an Vertrauen. Sie schloss es endgültig aus. Das war einfach nicht möglich. Vertrauen, schoss es ihr dann durch den Sinn, war zwischen ihnen vier gestern entstanden. Jean-Claude hatte sich, wenn auch etwas widerwillig, geöffnet und das ein oder andere familiäre Detail preis gegeben. Er hatte sich sogar so weit hinreißen lassen seine Zuneigung zu seiner Schwester zu zeigen und sie vor Sabers und ihren Augen umarmt. Er hätte es mit Snow wohl auch getan, aber es war deutlich geworden, dass er, und wahrscheinlich auch Snow, sehr genau unterschieden und überlegten, wann sie wie viel von sich preis gaben. Colt und Fireball waren noch Fremde vor denen die Geschwister nicht zeigen würden, wie sehr sie an einander hingen. Das bedurfte noch etwas mehr Zeit und Austausch. Im Falle von Colt war sicher auch noch etwas Arbeit nötig um mit ihrer gemeinsamen Vergangenheit abzuschließen. Bis dahin würde Jean-Claude wohl seine kühle und distanzierte Fassade aufrecht erhalten, ihnen im Zweifel mit Überheblichkeit begegnen. Sie seufzte leicht. Das würde sich bald geben. Es war sicher nur eine Frage der Zeit. Ihr Com blinkte und ließ ein hellen Piepen vernehmen. Commander Eagle meldete sich, wie sie gehofft hatte. Sie nahm das Gespräch an. „Hallo Daddy.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)