Enemy mine - geliebter Feind von collie ================================================================================ Kapitel 8: Kapitel 8 -------------------- April jubelte bereits im Ziel und auch der Rennfahrer brachte sein Pferd etwas weiter hinter der Zielgeraden zum Stillstand. Colt wandte sich um, um zu sehen, wie weit Saber und Beth schon aufgeholt hatten. Tatsächlich zog der Schotte gerade mit ihm gleich. Der Blick auf die junge Frau allerdings ließ den Scout stutzen. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis er begriff, dass sie in sehr absehbarer Zeit vom Pferd gleiten würde. Bei dem Tempo würde das übel ausgehen. Das schoss ihm durch den Kopf und im nächsten Augenblick wendete er seine Stute. Er preschte auf Beth zu und ignorierte das verwunderte „Colt, was ist los?“ des Schotten. Dafür hatte er schlichtweg keine Zeit. Die Hufen seines Pferdes wirbelten Sand auf, als sie hart auf den Boden traten. Sie trugen ihn rasch zu der Dame in Not. Er streckte die Arme nach ihr aus und griff entschlossen nach ihr. Mit einem Ruck verhinderte er ihren Fall und zerrte sie vor sich auf den Sattel. Dann ließ er seine Stute austraben und kam mit ihr schließlich zum Stand. Beth atmete tief ein und aus. Ihr Körper entspannte sich. Langsam sortierten sich ihre Gedanken. „Danke", sagte sie und sah zu ihm auf. „Puh, bist du schräg“, murmelte der Cowboy und schaute sie prüfend an. Das war gerade noch mal gut gegangen. Als der Scharfschütze ohne Vorwarnung abrupt gewendet hatte, hatte Saber bemerkt, dass Gefahr in Verzug war. Sofort hatte er sein Pferd ebenfalls gewendet und war ihm gefolgt. Er erreichte die beiden gleich darauf, mehr als nur erleichtert, dass der Lockenkopf das Schlimmste verhindert hatte. „Alles okay bei euch?“, erkundigte er sich und warf einen prüfenden Blick auf die beiden. Beth wirkte etwas benommen, aber unversehrt. „Sie ist nicht ganz so sattelfest, hm?“ Saber nickte leicht und rutschte aus seinem Sattel. Dann griff er nach Beth' Hand und half ihr vom Pferd des Cowboys. Behutsam führte er sie zu seinem. „Gut. Das wird schon“, murmelte er ihr zu, während sie etwas zittrig einen Fuß vor den anderen setzt. Sie war die Bewegungen nicht gewohnt, das sah man nun. „Es war keine gute Idee, gleich in den Galopp zu wechseln.“ Mit dieser Erkenntnis hob er sie in seinen Sattel und stieg selbst wieder auf. „Tja, darauf darfst du April hinweisen,“ bemerkte der Cowboy und wies in die Richtung, aus der die Blondine und der Wuschelkopf auf sie zu geritten kamen. „Ich weiß, Colt. Danke für die Rettung.“ Saber hob leicht das Kinn, als Beth sich an ihn lehnte, damit sie es etwas bequemer hatte. „Ja ja, schon gut. Hätte sie einen Kratzer, hättest du mir den Kopf runter gerissen, da kann ich sie ja nicht einfach fallen lassen“, wiegelte der ab. Dann erreichten die anderen beiden sie. „Hey, ist alles ok?“ April brachte den Schimmel zum Halten. Sie musterte die junge Frau besorgt. „Gibt's Verletzte?“, erkundigte sich auch der Rennfahrer. Die Betroffene versicherte gleich: „Nein, es geht mir gut, dank Colt.“ „Sie wollte ˋnen Abflug machen“, erklärte ihr Retter lapidar. „Betonung liegt auf ‚wollte‘, nehm ich an. Also, alles heil, bis auf den Schreck“, versicherte sich der Rennfahrer. „Warum sollte ich absichtlich fallen wollen?“ „Nicht mit Absicht, Beth. Fireball meinte, dass Colt dich vor der tatsächlichen Ausführung noch fangen konnte“, meinte April. Sie war wirklich weltfremd, dachte sich die Navigatorin. Es schien viele Dinge zu geben, die man ihr erklären musste. „Hauptsache, es ist nichts passiert“, schaltete sich Saber ein, nachdem sein Schreck und seine Sorge um Beth sich wieder in ihm beruhigt hatten. Dass sie sich so an ihn lehnte, half dabei sehr. „Ich schlage vor, wir beenden Runde gemütlich und gehen dann etwas trinken.“ Der Vorschlag fand die Zustimmung aller. So schlugen sie den Rückweg ein. Colt kehrte kurz um, um Beth Hengst zu holen und führte ihn mit sich zur Reitanlage zurück. „Ich freu mich auf einen Eiscafe. Ihr auch?“, meinte April, während sie so den Pfad entlang ritten, den sie gekommene waren. Sie beobachtete, wie Beth sich an Saber fest hielt. Deren Blick schweifte aufmerksam umher und sie beobachtete die vier interessiert. „Ja, ich mich auch. Das war genug Abenteuer für heute, finde ich“, stimmte Saber ihr zu. „Scheint es aber wert gewesen zu sein“, neckte sie ihn amüsiert. „Ja, war es.“ „Sieht ja fast so aus, als wär der missglückte Galopp Absicht von ihr gewesen“, stichelte Colt. „Welche Absicht sollte das sein?“, fragte Beth neugierig. „Oh, die Absicht. Na, sich an jemand bekannten zu kuscheln.“ Beth hob die Brauen. Kurz grübelte sie, dann öffnete sie den Mund. „Wer sollte das sein?“, fragte sie. Ein hauchfeines Grinsen umspielte ihre Lippen. „Na, an wem hältst du dich denn gerade fest?“, gab der Lockenkopf zurück. Die Navigatorin sah zu der jungen Frau zurück, erst verwundert über ihre Frage, dann aber sah sie deren zartes Grinsen und den verstohlenen Blick auf Saber und verstand. Schallend begann sie zu lachen. „Colt, sie hat einen Witz gemacht, haha.“ „Echt?“, horchte Fireball auf, währen der Scharfschütze schmollte: „Oh menno... Immer auf mich.“ „Nein, der ging auf Saber.“ April schüttelte den Kopf und klärte sie auf. „ Sie lehnt an ihm und fragt, von wem du redest, Colt. Als käme mehr als einer infrage und ganz bestimmt nicht Saber. Er hätte nur ‚He‘ sagen oder vom Pferd fallen müssen, der Gute. So hat er ihr die Pointe vermasselt.“ April lachte immer noch. Sie waren nicht auf den Gedanken gekommen, sie könne scherzen. Saber schmunzelte vor sich hin. Beth schien sich wohl zu fühlen, auch in Gegenwart von Colt, Fireball und April. Das war vielversprechend. „Ich falle nicht so graziös“, erwiderte er nur. „Sie auch nicht, aber sie sieht femininer aus“, meinte Colt. „Wenn ich feminin aussehen würde, wär auch irgendwas nicht richtig.“ Fireball hob die Brauen. „Sagt, der Mann mit dem Kilt...“ Lachend ritten sie weiter und Saber erklärte Beth, was es mit einem Kilt auf sich hatte. Beide vertieften sich bald in ein Gespräch über seine Heimat und versanken in ihrer eigenen kleinen Welt. Entspannt war der Nachmittag, ruhig und friedlich, wie Urlaubstage von vielen Menschen bevorzugt wurden. Wie selbstverständlich kehrten sie zu Ramrod zurück. Etwas langsam wurden die Schritte Colts, Aprils und Fireballs. Ob sie wollten oder nicht, sie zögerten Beth an Bord zu lassen. Es war immerhin das bestausgerüstete Kampfschiff des Neuen Grenzlandes und bot das ein oder andere sehr fortschrittliche Detail, das man gegen sie verwenden konnte. Diese Gedanken unterstellten Beth eine Agentin zu sein. Fireball und April tauschten einen betroffenen Blick. Dabei hatten wenigstens sie unvoreingenommen bleiben wollen. Saber ahnte ihre Gedanken und entschloss sich, den berühmten Stier bei den berühmten Hörnern zu packen. Wollte er als Star Sheriff seinen Job gewissenhaft ausführen, musste er sie aufmerksam beobachten. Genau das tat er, als er sie an Bord führte und ihr zunächst die Brücke zeigte. Doch sie war daran nicht interessiert. Sie schaute zum Panoramafenster hinaus, kaum das er sie hinein führte und schenkte April keine Beachtung, die ihr erklären wollte, wem welche Satteleinheit gehörte. Stattdessen schaute sie zu Saber und fragte ihn: „Ist dir schon mal aufgefallen, dass so ein Sonnenuntergang auch grüne Farbtöne aufweist?“ Er presste die Lippen zusammen und schmunzelte dann. „Komm, lass uns in die Küche gehen“, meinte er an und legte den Arm um sie. Die andern folgten erleichtert. Sie knobelten Colt für das Kochen des Abendessens aus und machten es sich in der Küche gemütlich. April und Fireball lehnten sich aneinander und sie ließ sich von ihm etwas über einen Rennfahrer berichten, der laut der Zeitschrift, in welcher er gerade schmökerte, Talent genug besaß, ihm mal den Titel streitig zu machen. Saber und Beth diskutierten über einen Abschnitt aus einem Buch über die Geschichte seiner Heimat. Colt warf den beiden Pärchen einen Blick über die Schulter zu und war froh, dass er sich mit etwas beschäftigen konnte, und wenn’s nur kochen war, sonst wäre er wohl vor Langeweile eingeschlafen. Er würde seinen Hut setzen, wäre er ihm nicht hochheilig, und darauf wetten, dass Snow etwas abwechslungsreicheres zum Zeitvertreib einfallen, oder dass sie sich für sowas sofort interessieren würde. Die Nacht war herein gebrochen, wärmer als die Nächte zuvor. Die Häuser hatten die Hitze des Tages gespeichert und gaben sie nun nicht mehr frei. Mit jedem Sommertag stieg die Temperatur ein bisschen mehr. Ohne einen kühlenden Regen würde es so bleiben. Als er durch die Straßen rannte, trieb diese Wärme ihm zusätzlich Schweiß auf die Stirn. Als ob er nicht auch ohne das schwitzte. Als ob sein Körper nicht auf Hochtouren lief. Sein Herz hämmerte ihm bis zum Hals. Seine Schläfen pulsierten. Seine Füße trugen ihn seinem Ziel entgegen. Seine Augen scannten die vorbeifliegende Umgebung, trainiert darauf innerhalb weniger Sekunden Gefahren aufzudecken. Er war geschult, sofort darauf zu reagieren, entweder ihnen zu entkommen oder sich ihnen zu stellen. So gehörte es sich für einen Soldaten. So gehörte es sich für ihn. Er bog auf die freie Parkfläche am Rande der Stadt ab. Er wusste, dort war sein Ziel. Er hatte es bereits am Tage ihrer Ankunft bemerkt. Er machte sich keine Gedanken darum, wie er sich bemerkbar machen sollte. Die Sensoren würden das für ihn übernehmen. Kein Zweifel. Als er den Parkplatz zur Hälfte überquert hatte, hätte er auflachen können. Sie waren nachlässig genug gewesen, die Rampe offenzulassen. Die trauten sich ja viel zu. Was glaubten sie, wie lange man brauchte, um, wenn man von den Abtastern erfasst wurde, zur Rampe zu sprinten? Er hatte ja schon die Hälfte jener Strecke zurück gelegt. Jean-Claude stürmte jene Rampe hinauf und hielt an deren oberen Ende für einen Moment. Wenn Ramrod mit etwas Grips zusammen gebaut worden war, dann lag in der Richtung die Brücke und in der dort die Unterkünfte. Er lief diesen Gang hinunter. „Beth. Beth, wo bist du?“ Wie er es sich gedacht hatte, hatten die Sensoren eine Einzelperson angekündigt, die sich dem Friedenswächter schnell näherte. Sie vermuteten, dass es sich um Snow handelte. Sie hatte immerhin schon einmal nach ihrer Schwester gesucht. Wahrscheinlich schickte Jean-Claude sie vor, um zu vermeiden, dass er selbst entdeckt wurde. Fireball schaltete den Alarm in der Küche ab, während April aufstand. „Ich geh mich mal um den Besuch kümmern“, bot sie an und lief auf den Flur. Sie vernahm sofort die Schritte, die von der Rampe her in ihre Richtung liefen. Sie hallten deutlich durch den Friedenswächter. Snow schien vorauszusetzen, dass sie erwartet wurde, überlegte die Navigatorin und wappnete sich gedanklich für die Konfrontation. Sie wusste schließlich noch, wie aufbrausend Beth' Schwester sein konnte. April rannte ihrerseits los, kam aber nur wenige Schritte weit. Dann blieb sie abrupt stehen. „Beth!“ Jean-Claude kam zum Halten, als er die Navigatorin auf dem Gang erblickte, auf welchen er abgebogen war. Er musterte sie kurz und kam dann mit nun ruhigen Schritten auf sie zu. Das leichte Zucken der Blondine verriet ihm, dass sie ihn nicht erwartet hatte. „Wo ist Beth?“, verlangte er zu wissen. Seine Stimme klang fordernd. „Wie wäre es mit einem ‚Hallo‘?“, fragte sie ruhig zurück, ehe sie klar stellte: „Beth isst mit uns zu Abend.“ Jean-Claude hob die Brauen. Schneid hatte sie ja, das gab er durchaus zu, aber die Art wie sie von seiner Schwester sprach, missfiel ihm. „Ach tatsächlich? Wer hat das entschieden?“, wollte er wissen. „Es war Beths eigener Wille, niemand hat sie gezwungen.“ Die Art zu antworten kannte er gut. Menschen sprachen oft so, wenn sie deutlich machen wollten, dass jemand durch den Sprecher besser behandelt wurde, als durch die Person mit der Gesprochen wurde. „Möchtest du auch was?“, bot die Navigatorin etwas weniger energisch an. Er unterdrückte ein spöttisches Lachen. „Ich möchte mit meiner Schwester sprechen. Würde es dir etwas aus machen, mich zu ihr zu bringen?“, erklärte er stattdessen ruhig. Sie nickte knapp: „Komm mit.“ Damit ging sie die wenigen Schritte zur Küche zurück. „Hey, Leute. Ich hab Jean Claude gefunden“, sagte sie, als die Tür aufging und sie eintrat. Alle schauten auf, umso perplexer als der Genannte auch noch wie selbstverständlich eintrat und sich kurz umschaute. Colt ließ den Kochlöffel fallen. Mit den gleichen aufmerksamen Augen wie seine Freunde beobachtete er den Outrider. Der trat zwei rasche Schritte auf Beth zu, die ihrerseits aus der Bank schob und zu ihm eilte. „Jean, was machst du hier?“, wollte sie wissen. Sie wirkte bestürzt bei der Frage. Wachsam erhoben sich Fireball und Saber. „Hallo, Jean-Claude“, grüßte der Schotte ruhig. Der Angesprochene ignorierte ihn, ignorierte sie alle. Sein Fokus war auf seine Schwester gerichtet, die vor ihm stand. Er umfasste ihr Kinn und hob ihr Gesicht an. Prüfend schaute er sie an und strich mit leichtem Druck mit dem Daumen über ihre Wange. „Geht es dir gut?“ Erst als sie ihm versicherte, dass ihr nichts fehlte, erwiderte er den Gruß des Recken ohne dabei den Blick von seiner Schwester zu lösen. Fireball schob sich zu April vor und legte ihr demonstrativ den Arm um die Schulter. „Lange nicht gesehen“, meinte er langsam. „Keine Sorge, es in nicht für lange.“ Der Outrider hielt seine Augen noch immer auf das blass lila Haar Beth‘ gerichtet, als er sagte: „Wir müssen los. Snow ist nicht zu finden.“ Alle wurden hellhörig. „Wie, nicht zu finden?“, echote Colt perplex. „Das ist nicht deine Sache, Viehtreiber“, gab Jean-Claud zurück. Er legte seine Hand auf den Rücken zwischen die Schulterblätter seiner Schwester und schob sie sacht in Richtung der Tür. Sie ging mit ihm. „Kann sein, aber...“ Colt wollte ihn zurück halten, aber ihm fiel nicht ein wie. Nein, eigentlich hatte er schon eine Idee, aber die brachte er nicht über die Lippen. Wie würde wohl der Erzfeind darauf reagieren, dass sich ein Star Sheriff in seine Schwester verguckt hatte, sie wenigstens interessant genug fand, um sie näher kennenlernen zu wollen? Jean-Claude hatte zunächst ein Wiedersehen verboten. Jetzt schien er jede Verbindung zwischen Saber und Beth zu ignorieren. „Lass uns helfen, sie zu suchen. Je mehr wir sind, desto schneller finden wir sie.“ Saber sah den grünhaarigen ernst an. In einem hatte der Recht gehabt. Es war auch an ihnen sich zu beweisen. Sie hatten Hilfe versprochen. Nun war eine Chance da, zu zeigen, dass es nicht nur leere Worte waren. Die Anwort Jean-Claudes bestätigte den Schotten. „Natürlich. Die großen Helden. Hört auf, euch aufzuspielen“, wies er den Vorschlag ab. Seine Vorurteile ihnen gegenüber wogen ebenso schwer. Er wäre wohl mit Beth fort gegangen, wäre diese nicht stehen geblieben und hätte ihren Bruder ernst angeschaut. „Hältst du das für klug?“, fragte sie ihn schlicht. Jean-Claude blickte sie musternd an und seufzte. „Gut, ein Waffenstillstand“, gab er nach, „bis wir Snow zurück haben.“ Der Schotte nickte. „Also, dann. Lasst uns Teams bilden. Zweierteams?“ „Wie sollen die aussehen?“ „Du und Beth kennt Snow am besten, ihr beide solltet jeweils mit einem von uns losziehen. Colt ist ein guter Scout.“ „Auf keinen Fall. ich vertraue sie keinem von euch an. Sie ist nicht erfahren genug, um in einer eventuellen Konfrontation reagieren zu können.“ Beth nickte. Jean-Claude hatte Recht. Sie war keine Agentin. „Wenn April und ich auf Ramrod bleiben und die Gegend mit den ...“ Sie suchte nach den richtigen Worten. „Bio, der Ausdruck, den du suchst ist: mit den Abtastern absuchen.“ Der grünhaarige sah sie flüchtig an. „Von mir aus“, stimmte April zu. „Wir können uns mit Ramrod verteidigen.“ „Du und ich? Und Fire und Colt?“ Saber plante seine Optionen. „Und du meinst, die beiden schaffen das?“ Skepsis schwang in der Stimme des Outriders. Sofort schalte es von denen zurück. „Die beiden haben dir in den Hintern getreten!“ „Aber klar doch!“, versicherte der Schotte. Colt legte noch einen drauf. „So ne kleine Suchaktion machen wir im Vorbeigehen.“ „Weder das eine noch das andere dürfte zum Erfolg führen und auf so was wie Glück würde ich mich nicht verlassen.“ Er konnte nur sein grünes Haar schütteln, verkniff es aber. „Sag mal, Jean-Claude, gibt es da vielleicht noch etwas, über das wir Bescheid wissen sollten? Ich hab das Gefühl, wir starten hier keine Suchaktion für ein Mädchen, das einfach nur zu spät heimkommt. Gib uns mal eine Information über eure Verfolger. Ich lasse mich diesbezüglich nur ungerne überraschen“, äußerte der Recke sachlich eine Überlegung. „Mehr als du schon erhalten hast? Ich bitte dich. Wenn ich die hätte, wäre ich nicht hier und würde mich auf das hier einlassen.“ So kühl wie die Antwort klang, bestand kein Zweifel an deren Wahrheitsgehalt. Damit war alles geklärt. Eiligst brachen sie auf, auf alles eingestellt. Saber nahm sich noch Zeit sich mit einem liebevollen Kuss von seiner Herzdame zu verabschieden und ihr zu versprechen, ihre Schwester zu finden. Mit Steed, dem Fury Racer und dem Bronco Buster brachen sie auf. Jean-Claude lieh sich eines ihrer Jetpacks. April führte Beth auf die Brücke. Diesmal sah sich die junge Frau mit dem blass lila Haar genauer um. Sie beobachtete, wie April in ihre Satteleinheit glitt und ihren Computer hochfuhr. Sie tippte souverän auf den Knöpfen herum, schien genau zu wissen, was sie tat. Dabei strahlte sie eine Erfahrung aus, welche die Outriderin nur von ihrem Bruder kannte. Wie er erkundigte sich nun auch April sachlich nach Anhaltspunkten für die Suche und gab alles, was sie von Beth erfuhr und der Suche dienlich sein könnte an die vier Männer weiter. Sie sprach knapp und sachlich, beinahe so distanziert wie Jean-Claude in solchen Momenten. Während die Navigatorin die Informationen koordinierte, die zwischen ihr und den Suchenden hin und her flossen, schlenderte Beth zur Satteleinheit des Recken. Sie fuhr mit der Hand die obere Kontur des Metallrahmens entlang. Saber oder ihr Bruder, beide konnten ihr sicher erklären, was für ein Metall es war und warum es hier zu diesem Zweck verwendet wurde. Der Gedanke an den Schotten ließ sie nachdenklich lächeln, dann glitt sie in seinen Sitz. Sie schaute aus dem Panoramafenster und fragte sich, wo Snow wohl sein konnte. Ob sie ihre Schwester fanden? Was würde dann passieren? Würden sie weiter ziehen? Oder bedeutete Snows Verschwinden mehr, als Beth gerade annahm? Es war ungewöhnlich, dass Snow ihrem Haus fernblieb. Was steckte dahinter? Stille war auf der Brücke eingekehrt, die sie nicht bemerkte. April allerdings tat es und überlegte, wie sie die Stille brechen konnte. Beth fühlte sich sicher nicht wohl und es würde eine Weile dauern, bis die vier etwas fanden, mit dem sie weiter arbeiten konnten. „Dir gefällt unser Boss“, sagte sie schließlich. „Das beruht auf Gegenseitigkeit, wie ich dir versichern kann.“ Beth zuckte leicht zusammen, als sie angesprochen und aus ihren Gedanken gerissen wurde. „Er ist sehr ... faszinierend“, erwiderte sie sehr langsam. „Was fasziniert dich an ihm?“, wollte April aufrichtig wissen. „Was er sagt, was er denkt ... Er ist sehr klug. Jedes Gespräch ist interessant. Er hat so ... so goldene Haare. Bei uns hat niemand solche Haare ... Oder Augen ... seine sind so ... blau.“ Es sprudelte aus Beth heraus, während sie an ihn dachte. Ihr Blick hing noch immer am Panoramafenster. „Du klingst überwältigt, wenn du von ihm sprichst. Das ist schön.“ „Hm, wie gesagt, er ist sehr faszinierend. Es ist gut, dass Jean das Verbot aufgehoben hat, nachdem Saber und Colt bei uns waren. Es wäre sonst ... na ja, weniger faszinierend.“ „Ach, sag das nicht. Verbotenes hat auch seinen Reiz. Was war es, das Jean-Claude dazu bewogen hat, das Verbot aufzuheben?“ Jetzt richtete sich Beth im Sitz auf und schaute zur Navigatorin hinüber, die sich zu ihr umgedreht hatte. Sie schwang ihre Beine aus der Satteleinheit und setzte sie auf den Boden. April hatte etwas seltsames gefragt, weshalb sie nun nachhakte: „Was soll an Verbotenem reizvoll sein?“ „Hm... Wir Menschen neigen zu Trotzreaktionen. Es gibt Menschen, die, wenn etwas verboten ist, es erst recht haben wollen.“ „Das scheint mir dumm zu sein. Ausgesprochen dumm sogar, denn ein Verbot zu missachten kann schlichtweg tödlich sein. Was ist der Sinn dahinter, so etwas zu riskieren, statt das Überleben zu gewährleisten?“ Überrascht weiteten sich Aprils Augen. Was für eine Frage? Sie suchte nach den richtigen Worten. „Es gibt unterschiedliche Kategorien von Verboten. "Du darfst die Schokolade nicht haben", ist kein tödliches Verbot. "Du darfst nicht ohne Schutzanzug im All durch die Gegend fliegen" ist ein Verbot, das tödlich ist, wenn man es bricht.“ „Das kann man nicht vergleichen. Zu sagen, dass man nicht ohne Schutzanzug durchs Weltall fliegen darf, ist ein Verbot, das einen sinnvollen Zweck erfüllt - nämlich die Gewährleistung des Überlebens. Zu sagen, man darf keine Schokolade haben, ist nicht unbedingt sinnvoll, sondern vielmehr eine Demonstration von Macht und damit eher Willkür.“ „Das waren zwei Extrembeispiele, Beth. Das soll dir verdeutlichen, dass Verbote nicht alle gleich schwerwiegend oder tödlich sein können. Wir Menschen passen unsere Reaktionen an die gegebenen Umstände an. Wir überdenken auch die Gründe des anderen, weshalb es das Verbot gibt und hinterfragen es. Manche Dinge sind es sehr wohl wert, dass man sich über Verbote hinwegsetzt. Frieden oder Liebe zum Beispiel. Wenn man sich wirklich liebt, wäre man doch für immer unglücklich, wenn man sich den Vorstellungen eines Dritten beugt.“ „Du musst mich nicht über Sinn und Unsinn von Verboten belehren. Auch solltest du nicht davon ausgehen, dass ich in meinem Leben noch nie einen einzelnen Gedanken gefasst hätte. Eure Ansichten über uns sind so derart vorurteilsbeladen, dass ihr euch zu tiefst schämen solltet. Ihr baut so etwas hier“ Sie wies mit der Hand auf die Brücke ehe sie sachlich fortfuhr. „und dann sagt ihr solche Sachen. Das ist paradox und sollte euch mehr als nur unangenehm sein.“ Damit erhob sie sich aus dem Sattelmodul und schickte sich an zu gehen. Sie hatte angenommen ein Gespräch mit April wäre ein ebensolcher Austausch über den anderen wie es die Gespräche mit Saber für sie waren. Nun kam es ihr einmal mehr so vor, als sähe sich die Navigatorin dazu verpflichtet ihr die Welt zu erklären wie einem Kind. Das hielt Beth nicht für einen produktiven Austausch, weshalb sie das Interesse daran verlor. Mit der gleichen ruhigen Miene mit der sie die Blondine während des Gespräches angeschaut hatte, ging sie nun auf die Tür zu. Betroffen verfolgte April deren Bewegungen. Sie war also nicht nur in einen Fettnapf getreten, sie hatte sich in eine Fritteuse geworfen. Das war nicht ihre Absicht gewesen. Rasch rief sie Beth nach ehe sie ganz aus der Tür war. „Warte, Beth! Es tut mir leid. Wir haben bisher wenig private Erfahrung mit Outridern gemacht. Sie haben uns bislang den Eindruck einer Horde Lemminge vermittelt, die keinen eigenen Willen hat. Das ist neues Terrain für uns, es ist schwierig, solche Vorurteile über Nacht abzubauen“, erklärte sie sich ehrlich. Beth wandte sich um. Noch immer war ihr Gesicht ruhig und auch ihre Stimme war unverändert sachlich. „Die Wrangler, mit denen ihr zu tun hattet, spiegeln nicht unsere Art wieder. Sie sind nicht repräsentativ und stehen nicht für die Gesamtheit unseres Volkes. Vielleicht solltet ihr eure Beobachtungsfähigkeiten verbessern. Nehmen wir meinen Bruder als Beispiel. Ja, er hat getan, was er getan hat. Aber jetzt, da ihr Gelegenheit habt, fragt ihr ihn auch nicht nach seinen Motiven - zumindest hat Colt das bei seinem Besuch nicht getan. Ja, Jean hat Befehle befolgt. Weil er ein gefühlloser, blinder Befehlsempfänger ist, wie ihr ganz klar glaubt? Oder besteht die Möglichkeit, dass er das nicht ist? Würde er, so ohne Gefühl, eine Schwester rächen wollen, eine andere suchen und die dritte beschützen wollen? Hätte jemand ohne Gefühl sich als erstes danach erkundigt, ob es ihr gut geht? Du sagst, ihr hinterfragt Verbote und doch kommt es dir wohl nicht einen Moment lang in den Sinn das Verbot meines Bruders zu hinterfragen. Was bringt dich zu der Annahme, er wolle mir mein Glück verwehren, wie du es nanntest? Hat er nicht nur versucht mich und auch Snow vor einem Feind zu schützen? Lag darin womöglich der Grund für sein Verbot? Was meinst du?“ April blieb eine ganze Weile still und ließ sich die Fragen durch den Kopf gehen. Ihre Erfahrung beruhte auf kriegerischen Auseinandersetzungen. Länger als nötig hatte niemand von ihnen sich mit ihnen befasst, sie waren darauf aus gewesen, sie in die Phantomzone zurück zu schicken um den Frieden im Neuen Grenzland zu erhalten. Ein philosophische Debatte hatten sie nicht einmal mit Jesse Blue geführt, obwohl mit ihm an einem Tisch gesessen hatten, während der Friedensverhandlungen. Wenn Beth nun sagte, dass sie Gelegenheiten ungenutzt gelassen hatten, musste die Navigatorin ihr Recht geben. Es schien zumindest ein großer Teil dessen, was sie über ihren Gegner zu wissen glaubten, war falsch. Immerhin, so hatte Beth in ihr die Erkenntnis geweckt, ein wirklich gefühlloser blinder Befehlsempfänger würde nicht fliehen oder sich auf einen Waffenstillstand einlassen um jemand zu suchen. „Natürlich nicht“, antwortete sie schließlich. „Das, was Jean-Claude getan hat und tut, das würde auch ein jeder Mensch, der etwas für einen anderen empfindet, so machen.“ Sie strich eine Strähne zurück und beschloss, ihr Wissen zu erweitern. Beth hatte von ihrem Bruder gesprochen. Dann fing sie doch bei dem an. „Was für ein Bruder ist Jean-Claude?“ Beth lehnte sich an den Türrahmen und antwortete, sachlich und ruhig. „Ihm geht die Familie über alles. Von unserer Führung hält er allerdings nicht sehr viel. Er handelt sehr gut getarnt und wenn man ihn nicht kennt, ist es wohl nicht einfach ihn zu verstehen. Alles, was er tut, tut er für uns. Er ist, wie Menschen es wohl nennen würde, sehr liebevoll und all seine Taten sind davon motiviert, dass es uns gut geht und wir beschützt sind.“ Überrascht schaute April sie an. „Das, was du erzählst, klingt nach einer heilen und tollen Familie.“ Beth hob die Schulter. „Unter diesen Umständen … kann sein.“ „Es hört sich zumindest für mich so an. Den Idealfall einer Familie wie im Bilderbuch, den gibt es nur sehr selten. Aber es ist an uns, aus dem was uns bleibt, das beste daraus zu machen.“ Die Art bitter aufzulachen hatte sie mit ihrem Bruder gemeinsam. „Was du nicht sagst?“, entfuhr es ihr, dann presste sie die Lippen aufeinander. „Das Beste daraus machen. Du hast keine Vorstellung davon, wie oft Jean den Kopf für uns hingehalten hat, wie oft er ... für uns eingetreten ist, wie viele Strafen er für uns in Kauf genommen und ertragen hat.“ Beth schüttelte den Kopf bei der Erinnerung daran. Sie seufzte schwer. Ehe sie aber etwas sagen konnte, meldete sich April erneut zu Wort. „Du hast Recht, das weiß ich nicht. Woher auch? Dafür kenne ich euch nicht gut genug. Aber auch du weißt nichts über die Entbehrungen, die auch wir hatten.“ Seufzend fuhr sie sich durchs Haar. „Ich hab's nicht so gemeint, Beth. Entschuldige. Aber ich möchte verstehen. Vielleicht erzählst du uns ja mal etwas über euer Leben, wenn du das möchtest.“ Beth wog ab. ‚Du weißt nichts über die Entbehrungen, die wir hatten‘. Wie oft hatte sie Menschen in Gesprächen beobachtet, die geradezu darum zu wetteifern schienen, wer es von ihnen am schwersten hatte, wem das Leben die härtesten Prüfungen auferlegte. ‚Hör auf, du weißt ja nicht wie schwer das. Du weißt ja nicht wie das ist wenn…Du hast keine Ahnung, was ich gerade durch mache…‘ Solche und ähnliche Sätze hatte sie schon oft gehört. Doch als sie April so ansah, hatte sie nicht den Eindruck in einen solchen Wettstreit geraten zu sein. Vielmehr war es eine Feststellung ihrerseits, ehe sie ihr Gespräch fortsetzte. Beth ging darauf ein. „Frag mich was. Was möchtest du wissen?“ „Wo fang ich an? Es gibt so vieles, das ich fragen möchte. Wie habt ihr in der Phantomzone gelebt? Was ist mit euren Eltern? Warum seid ihr genau geflohen?“ Die Gefragte trat endlich von der Tür weg und schlenderte, in ihrer ruhigen Art, zurück zum Sattelmodul des Schotten. Sie setzte sich hinein, ließ ihre Füße wieder auf dem Boden daneben stehen. „Unsere Eltern hatten eine gelungene Symbiose. Sie waren Forscher und als solche beteiligt an der Optimierung des Transdimensonsbeamen - das, was ihr als Phantomisieren bezeichnet. Als dies erfolgreich war, holte man sie ab. Annabell war damals gerade in die Ausbildung gekommen, also 16 Jahre alt. Jean war schon ein Jahr dabei. Snow war 14 und ich war 13. An dem Tag hab ich sie zum letzten Mal gesehen. Das zu meinen Eltern. Warum wir geflohen sind? Man hatte Annabell verhaftet, nachdem ihre Mission hier gescheitert war. Jean zog los, um sie zu rächen und sie so aus der Haft zu holen. Er hatte seine Aufgabe damals auf Pecos zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten erfüllt, deshalb ließen sie ihn ziehen. Nun, du weißt selbst, wie es für ihn ausging. Er wurde bei seiner Rückkehr ebenfalls inhaftiert. Vor nicht ganz einem Jahr gelang ihm und Annabell die Flucht. Wer bei uns flieht, der flieht so weit er kann. Also gingen wir nach Pecos. Alle. Das war sinnvoller. Die andere Frage kann ich nicht beantworten. Die ist nicht sehr präzise“, erwiderte sie sachlich, als zähle sie Fakten auf. Es schien, als distanziere sie sich davon. „Das war sehr informativ.“ April runzelte die Stirn. Das klang nach einem sehr harten Los, welches Beth und ihre Familie da teilten. „Ich versteh den Teil mit Jean Claude, mehr oder weniger. Was ich aber gar nicht verstehe ist, wohin hat man deine Eltern abgeholt? Sie haben offenbar das Transdimensionsbeamen optimiert. Was hat man mit ihnen gemacht? Sie haben doch viel für die Outrider getan, oder?“ „Ja, das haben sie. Deshalb hat man sie weggebracht. Das machen sie immer so. Niemand weiß, was mit ihnen passiert oder wo sie hinkommen. Man sieht sie nie mehr. An dem Tag habe ich Jean zum ersten Mal kritisch über unsere Führung sprechen hören.“ „Jean spricht kritisch über eure Führung? Ich meine, ich kann es verstehen, durch das, was mit euren Eltern und eurer Schwester passiert ist. Aber ich kenne Jean-Claude so gar nicht, das ist schwer für mich gerade zu begreifen. Wie denkst du über eure Führung?“ „Natürlich kennst du ihn so nicht. Wie gesagt, er tarnt sich sehr gut. Es ist so, als würde er sich verkleiden, wenn er auf eine Mission geht oder jemand abseits unserer Familie zu tun hat.“ Sie presste die Lippen zusammen und überlegte, inwieweit es sinnvoll war April in all ihre Gedanken einzuweihen, als ehemalige Gegenspielerin ihres Bruders. „Wir sind uns einig über unsere Führung. Wir verabscheuen sie. Einzig Annabell hat vor ihrer Mission und ihrem Scheitern versucht, die Führung für sich zu gewinnen, um so eine Vorzugsbehandlung für unsere Familie zu erwirken. Nach ihrer Haft hatte sie eine andere Meinung. Ich kennen sie und Jean aus der Zeit vor der Haft, ich kenne sie danach. Ich sehe Jeans Körper und sehe jedes Mal all die Gründe, diese Führung zu ...sprengen ... zu stürzen ... zu vernichten und ihnen die gleiche Strafe aufzuerlegen, die sie für Jean und Annabell hatten.“ Nun war ihr doch die Sachlichkeit abhanden gekommen, jetzt, da sie davon berichtete. Sie räusperte sich und konnte wieder nüchtern das Gespräch fortsetzen. „Das glaube ich dir“, erwiderte die Navigatorin mitfühlend. „Gibt es mehr in der Phantomzone, die so denken, wie ihr? Ich meine, wenn eure Führung solche Dinge tut, bleibt das doch nicht verborgen.“ „Natürlich bleibt es nicht verborgen. Es ist nicht gerade so, als würden sie sich darum bemühen, es zu verbergen. Die meisten akzeptieren es, wie es eben ist - unsere Art zu leben.“ „Ich kann mir vorstellen, es hat bestimmt auch etwas mit Angst zu tun, das Schicksal derjenigen zu teilen, die es gewagt haben, sich dagegen zu wehren“, überlegte die Blondine. Beth sah sie erstaunt an, dann verstand sie. Ihre Ausdrucksweise hatte ihrer Gesprächspartnerin wohl vermittelt, sie würde einer Diktatur entstammen, wie sie die Menschen kannten. „Nein, mit Angst hat das nichts zu tun, eher mit Einsicht in Notwendigkeiten. Es ist ein sehr klares System. Man weiß von Anfang an was passiert wenn bestimmte Dinge eintraten. Wir haben mit unseren knappen Resourcen auf diese Weise auch nie das Problem, dass wir mehr versorgen müssen, als wir Reserven zur Verfügung haben. Es ist also eher effizient und zielorientiert. Auf unserem Planeten ist das die Natur der Dinge“, versuchte sie das Missverständnis aufzuklären. „Es ist logisch, aber ich fühle mich bei dem Gedanken nicht wohl“, gab April offen zu. Sie erschauderte regelrecht und schüttelte sich. „Es fehlt irgendwie an Wärme und den sozialen Aspekten, die Schwächeren der Gesellschaft zu beschützen. Ja, euer System ist klar strukturiert und geradlinig, aber ich würde mich in so einem System nicht wohl fühlen.“ „Nun, es gibt bei uns keine ‚Schwachen der Gesellschaft‘, jeder ist effizient“, begann Beth auszuführen, dann musterte sie ihre Gesprächspartnerin. Sie musste wohl erstmal das gehörte verarbeiten, so sparte sie sich weitere Auskünfte, und versuchte etwas geben, das sie beim Verstehen unterstützte, so wie es auch Beth immer wieder brauchte. Das konnte die junge Outriderin nachvollziehen. „Du bist ein Mensch und lebst in einer anderen Umwelt. Du bist an das hier angepasst. Wir sind an unser Umfeld angepasst. Wir haben eine ähnliche Physis, aber wir unterscheiden uns auch. Wir brauchen keinen Sauerstoff, dafür aber Wasser. Ihr müsst mit einer Überdosis an Hormonen zu Recht kommen. Das ist etwas, was ich mir wahnsinnig schwer vorstelle, für dich aber ziemlich sicher kein Problem ist.“ April lachte verstehend auf. Das hatte Beth gut verglichen. „Die Sache mit den Hormonen ist schwer. Zwar nicht für alle gleich, aber für uns Frauen doch schwieriger als für Männer.“ So langsam näherten sie sich einander an, stellte sie erleichtert fest, als sie fortfuhr. „Ihr seid sehr beherrscht und aus deinen Worte schließe ich, dass euer Hormonhaushalt ausgeglichen ist. Vielleicht ist das mit ein Grund für eure Reserviertheit?“ „Vielleicht ist euer wenig ausgeglichener Hormonhaushalt der Grund für eure Aufdringlichkeit?“, fragte Beth zurück. Ein hauchfeines Grinsen überzog ihre Lippen. Schon wollte April zu Protest ansetzen, dann bemerkte sie es und begann erneut zu lachen. „Oh, jetzt versteh ich. Du hast einen ziemlich trockenen Humor. Das gefällt mir.“ Beth lächelte zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)