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In Zeiten des Krieges

Draco x Ginny
von

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Teil 1 – Kapitel 13

November 1997

 

Früher hatte es sie immer tierisch genervt, dass sich in der Großen Halle der Slytherintisch direkt neben dem Gryffindortisch befand, doch momentan empfand sie es als äußerst praktisch. Das Mittagessen lag halb aufgegessen auf ihrem Teller, während sie mit ihrer Gabel gedankenverloren darin herumstocherte. Die Große Halle war proppenvoll mit Schülern, doch sie hatte nur Augen für eine bestimmte Person. Von ihrem Platz aus saß sie Draco genau gegenüber. Sie versuchte ihn nicht allzu auffällig anzustarren, doch es fiel ihr schwer, den Blick von ihm zu lösen, nach allem, was sich am Vortag ereignet hatte. Zum Glück nahm niemand der Gryffindors groß Notiz von ihr.

 

Wie um alles in der Welt war es dazu gekommen? Es kam ihr unwirklich vor, wie ein Traum. Doch als er an seinem Platz aufsah, und sich kurz ihre Blicke kreuzten, wusste sie, dass es alles andere gewesen war, als ein simpler Traum. Seine grauen Augen begegneten ihren braunen nur kurz, doch sie sah das leichte, wissende Lächeln, das für den Bruchteil einer Sekunde seine Lippen umspielte.

 

Ginny biss sich auf die Unterlippe. Diese Aktion hatte alles verändert. Sie wusste nicht mehr wo ihr der Kopf stand. Kurz zuvor hatte sie ihn noch nie wieder sehen wollen und sich geschworen ihm nie wieder zu nahe zu kommen und ihre Gefühle zu verbannen, in die hinterste Ecke ihres Herzens. Aber er hatte ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht und ihr Körper war letztendlich stärker gewesen als ihr Wille. Statt über die möglichen Konsequenzen nachzudenken gestattete sie sich einfach, ein wenig zu schwärmen und in den süßen Erinnerungen der letzten Nacht zu schwelgen. Merlin sei Dank war Ginny noch im Besitz einiger Verhütungstränke, ansonsten hätte ihr Zusammenfinden eine unschöne Nebenbegleitung gehabt. Das war das Letzte, was sie jetzt noch gebrauchen konnte.

 

Die Stimmen um sie herum vermischten sich zu einem einheitlichen Gemurmel. Sie beobachtete ihn weiter, wie er sich unterhielt; neben ihm seine Freunde Zabini und Parkinson, mit denen sie ihn so oft zusammen sah; gekleidet in die gewohnte Slytherinuniform, Hemd gebügelt und die grüne Krawatte ordentlich geknotet; ein kurzer Imbiss zwischendurch, bevor der Unterricht wieder begann. Natürlich konnte sie kein Wort, von dem was er sagte verstehen, dafür saß er viel zu weit weg. Ginny begnügte sich nur damit ihn heimlich anzustarren, wie schon so oft in diesem Schuljahr. Angefangen hatte es mit Neugierde, inzwischen hatte es sich entwickelt zu einem brennenden Verlangen.

 

Mit der Gabel piekste sie ein paar Erbsen auf. Wie in Trance führte sie sie zu ihrem Mund, als plötzlich etwas ihre Aufmerksamkeit erregte. Ihr Blick fiel auf Zabini, der sie unvermittelt anstarrte, und ihr wäre beinahe vor Schreck die Gabel aus der Hand gefallen. Bei seinem eisigen Blick lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter. Schnell schaute sie weg, äußerst verwirrt, und stopfte sich schnell ein paar Erbsen in den Mund. Erst nach einigen Augenblicken traute sie sich wieder vorsichtig aufzuschauen, doch der schwarzhaarige Slytherin schaute sie zum Glück nicht mehr an. Erleichtert atmete Ginny aus. Jetzt hatte Zabini sie auch noch beim Starren erwischt. Fehlte noch, dass er irgendetwas bemerkte. Sein Blick war so durchdringend gewesen, als könnte er Gedanken lesen. Blaise Zabini war zwar ein junger hübscher Mann, doch hatte er meist so einen bösen Blick aufgesetzt, dass man sich lieber von ihm fernhielt. Ginny fragte sich unweigerlich, ob es möglich sein konnte, dass er ein Legilimentor war und ob man es spürte, wenn jemand im eigenen Kopf herumschnüffelte.

 

Da sie nun eh keinen Bissen mehr hinunter bekommen würde, stand die rothaarige Gryffindor auf und kämpfte sich durch die engen Gänge zwischen den Haustischen. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Draco am Slytherintisch ebenfalls aufstand. Ihr Herz machte einen Hüpfer. Sie beschleunigte aufgeregt ihren Schritt und trat durch die Eingangstür. Es dauerte nicht lange, bis sie Schritte hinter sich hörte.

 

Einige Schüler in den Hausfarben von Ravenclaw kamen ihr entgegen, auf dem Weg in die Große Halle. Kaum als Ginny an ihnen vorbei war, rempelte sie jemand an der Schulter an. Die Gryffindor rieb sich die schmerzende Stelle. Ohne stehen zu bleiben schaute sie zur Seite und sie konnte es nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf ihre Lippen stahl.

 

„Was gibt’s da so blöd zu grinsen, Weasley?“, schnarrte seine Stimme im wohlbekannten Ton.

 

„Ich freu mich einfach nur“, meinte Ginny schlicht. Als die Ravenclaws in der Großen Halle verschwanden und sich das große Portal hinter ihnen schloss, zog er sie am Handgelenk in einen verborgenen Geheimgang. Zuerst war sie verwirrt. Diesen Geheimgang kannte sie noch gar nicht, dabei hatte sie sich wer weiß wie oft die Karte des Rumtreibers von Fred und George ausgeliehen. Der schmale Geheimgang war dunkel und bot nicht viel Platz. Er drückte sie gegen die Wand und lehnte sich gegen ihren Körper. In der Dunkelheit konnte sie kaum etwas anderes erkennen als seine Umrisse.

 

„Und worüber freust du dich?“, hauchte seine Stimme nah an ihrem Ohr. Sein warmer Atem streifte ihren Hals und sie bekam eine wohlige Gänsehaut. Er legte seine Hand an ihre Wange und drehte ihr Gesicht sanft zu sich.

 

„Du weißt worüber“, flüsterte sie.

 

Seine Lippen berührten flüchtig ihre Lippen. Die Andeutung eines Kusses. „Hast du Lust auf eine Wiederholung?“

 

Zur Antwort küsste sie ihn. Sie schlang ihre Arme um ihn und zog ihn so nah wie sie nur konnte an sich. Über diese Frage brauchte sie nicht lange nachzudenken. Schon vorher hatte sie sich gewünscht ihn zu küssen, seinen Körper zu berühren und ihm zu gehören, doch seitdem sie einmal in den Genuss davon gekommen war, sich ihm hinzugeben, konnte sie an nichts anderes mehr denken.

 

Wie konnte etwas falsch sein, was sich so gut anfühlte?

 

Sie wusste, dass es falsch war, und dass sie es eines Tages sicher bereuen würde. Doch sie ignorierte die innere Stimme und schaltete den Verstand aus und ließ das Herz entscheiden.

 

Und so wiederholten sie es.

 

Von diesem Moment an trafen sie sich jeden Tag heimlich im Bad der Vertrauensschüler.

 
 

***

 

Es regnete. Der Regen prasselte unnachgiebig auf die Straße vor dem Grimmauldplatz und bildete zahlreiche Pfützen. Remus stand am Fenster, hielt den Vorhang etwas beiseite und starrte hinaus in die Finsternis der Nacht. Im Zimmer war es ebenfalls dunkel. Nur das Feuer im Kamin schenkte ein wenig Licht, doch niemals Wärme. In diesem verfluchten Haus war es niemals warm.

 

So sehr sie sich auch bemühten den ehemaligen Herrensitz der Familie Black zu einem halbwegs gemütlichen Unterschlupf umzufunktionieren, es mochte ihnen nicht ganz gelingen. Dieses Haus war so wie Walburga Black, als Remus sie noch zu ihren Lebzeiten kennengelernt hatte: kalt und lieblos. Nicht nur das Gemälde der Mutter seines besten Freundes, das hin und wieder ihren Hass über Schlammblüter hinausschrie, wenn mal wieder die Decke vom Porträt gefallen war, oder Kreacher, der hasserfüllte Hauself, der sie stets daran erinnerte, was sie für Abschaum waren, nein, es war die Kälte in den Wänden, die Remus hier frösteln ließ. Als wäre die Kälte der Blacks in dieses Haus übergegangen.

 

Ihnen blieb nichts anderes übrig. Einen besseren Unterschlupf und Versammlungsort für den Orden des Phönix gab es nicht. Remus würde einfach das Beste draus machen. Vor allem, wenn Tonks in seiner Nähe war, war alles sehr viel leichter. Süße, tapfere, Nymphadora. Wie überaus glücklich er sich schätzen konnte, dass sie sich mit einem wie ihm abgab, und jeden Monat mit ihm die Schmerzen und Schrecken der Lykanthropie durchmachte.

 

Wenn sie diesen Krieg überstehen würden dann würde er sie heiraten.

 

Eine Bewegung riss ihn aus seinen Gedanken. Ein Hund streunerte über die Straße. Das Fell nass vom Regen trottete er direkt auf das Haus Nummer zwölf zu. Remus atmete erleichtert aus. Na endlich.

 

Er lockerte den Griff um seinen Zauberstab, den er unbewusst fest umklammert gehalten hatte.

 

Eine Minute später trat Sirius durch die Tür. Er schüttelte den Kopf und sein nasses, langes, schwarzes Haar verteilte dicke Wassertropfen im Raum. „Was für ein Hundewetter!“, schimpfte er. Er stellte sich an den Kamin und hob die Hände vor die Flammen, um sich aufzuwärmen.

 

„Und?“, fragte Remus angespannt. Er wollte unbedingt wissen, ob die Mission ein Erfolg gewesen war. Der Blick den Sirius ihm zuwarf verhieß nichts Gutes. Er schüttelte den Kopf. Remus ließ sich in dem Sessel vor dem Kamin sinken.

 

„Dann war das also auch umsonst“, sagte er erschöpft und rieb sich die Augen.

 

„Naja, jetzt wissen wir jedenfalls, dass Schutzzauber nicht nur Menschen abhalten, sondern auch Animagi. Einen Versuch war es wert.“

 

Remus seufzte. „Haben sie etwas gemerkt?“

 

Sirius‘ Lachen klang wie das Bellen eines Hundes. „Gemerkt? Diese eingebildeten Snobs sehen nur was sie sehen wollen. Und das Einzige, was sie sahen, war ein streunender Köter. Meine liebe Cousine hat nichts von allem bemerkt. Das versichere ich dir.“

 

Er wünschte er hätte den gleichen Optimismus wie sein ehemaliger Schulkamerad. Die Malfoys waren nicht dumm. Sie wussten nicht, dass Sirius ein Animagus war, aber sie waren gewiss vorsichtig.

 

„Und dir ist niemand gefolgt?“

 

„Nein, Remus, mir ist niemand gefolgt.“

 

Es war eine spontane Idee gewesen. Schon lange hatten sie sich den Kopf darüber zerbrochen, wie sie an Informationen herankommen könnten und schließlich Lucius Malfoy als Ziel auserkoren. Dieser galt als treuester und loyalster Anhänger Voldemorts, sozusagen seine rechte Hand. Wenn jemand Informationen hatte, dann er. Sirius wusste noch von früher, wo sich das Anwesen der Malfoys befand und eines Abends, beim Herumscherzen hatte er den spontanen Vorschlag gemacht, einfach dorthin zu gehen und ein wenig ‚herumzuschnüffeln‘.
 

Das Anwesen war sicherlich mit den besten der besten Schutzzauber ausgestattet. Wahrscheinlich gab es dort mehr als nur Informationen zu verstecken. Nicht nur einmal hatte das Ministerium das Anwesen in der Vergangenheit durchsuchen lassen, nach nichtautorisierten schwarzmagischen Artefakten – immer ohne Erfolg – aber bestimmt hatten sie nur nicht richtig gesucht. Sie mussten sich die Frage stellen, ob die Schutzzauber nur Hexen und Zauberer – und selbstverständlich Muggel – abhielten, oder auch Tiere. Konnte ein Vogel über dem Anwesen hinwegfliegen oder prallte er an den unsichtbaren Schutzzaubern ab? Galten für Tiere wie für Animagi die gleichen Regeln? Nachdem sie mehrere Male darüber diskutiert hatten wollten sie es auf einen Versuch drauf ankommen lassen. Alles andere war besser, als hier herumzusitzen und zu warten.

 

Das Warten machte sie krank. Warten auf das Unvermeidbare. Dem waren sie hilflos ausgeliefert.

 

Die Tür ging erneut auf und Tonks kam hinein. Ihr Haar war heute feuerrot und reichte ihr bis zu den Schultern. Sie hatte von dem Plan nichts gewusst und nun machte es auch keinen Sinn mehr ihr etwas davon zu erzählen, da die Mission gescheitert war.

 

„Gerade ist eine Eule von Kingsley eingetroffen“, sagte sie atemlos. In ihren Händen hielt sie ein Stück gefaltetes Pergament. Ihr hübsches Gesicht wirkte angespannt. Remus und Sirius sahen alarmiert auf. „Er schreibt, er muss dringend mit uns reden und er kommt so schnell er kann. Es gibt neue Informationen aus dem Ministerium.“

 

„Dann ist es wohl tatsächlich geschehen.“ Remus spürte, wie ein weiterer Funken Hoffnung erlosch.

 

Kingsley Shaklebolt war ihr Informant aus dem Ministerium. Schon bei ihrem letzten Treffen hatten viele dem gutmütigen Zauberer geraten nicht ins Ministerium zurückzukehren, bei allem, was sich dort abspielte. Die ganzen Verhaftungen der Muggelstämmigen sowie die Beförderungen von Lucius Malfoy und seinem Gefolge waren eindeutige Zeichen dafür, dass das Ministerium zur dunklen Seite überlief. Selbst Arthur Weasley ging nicht mehr zur Arbeit. Seine Frau hatte ihn angefleht sich dem Treiben fernzuhalten. Anfangs noch hatte er ihr noch versichert, dass er als Reinblütiger nichts zu befürchten hatte, doch nachdem es einen seiner Kollegen – ebenfalls Reinblut, aber Muggelfreund – erwischt hatte, hatte der Entschluss schnell festgestanden. Er und Kingsley waren in Gefahr, das stand fest. Nach allem, was mit Percy geschehen war, konnten sie nicht vorsichtig genug sein. Für Remus war die Geschichte mit dem plötzlichen Herzinfarkt etwas zu merkwürdig. Remus war bekannt für seinen Scharfsinn und er konnte gut kombinieren. Arthur und Molly verschlossen vielleicht ihre Augen davor, aber er nicht. Er vermutete, dass mehr hinter dieser Sache steckte.

 

Tonks reichte Sirius den Brief und ließ sich dann ebenfalls in einem Sessel nieder. Sie starrte ins Feuer. Eine Weile sagte niemand etwas. Als Sirius den Brief an Remus weiterreichte, las auch er die wenigen Sätze, die augenscheinlich in Eile niedergeschrieben wurden.

 

„Sobald Kingsley eintrifft“, begann Remus, „werden wir Dumbledore eine Nachricht schreiben und ein Treffen einberufen. Und vielleicht kann er es arrangieren, dass Harry ihn begleitet.“

 

Bei der Erwähnung seines Patenkindes sah Sirius auf und ein Funkeln trat in seine dunklen Augen. „Harry? Ja, gute Idee!“

 

„Ich weiß nicht, Remus“, äußerte Tonks ihre Bedenken. „Meinst du, das ist nötig?“ Sie und einige andere, wie Molly, wollten die Kinder nicht mit in die Pläne des Ordens einbeziehen, sie aus allem heraushalten und sie schonen. Die Kinder nun einmal Kinder sein lassen. Allerdings wusste Remus, dass der Krieg auch sie treffen würde. Er wusste, sie würden einen Fehler machen, wenn sie die jüngere Generation ausschlossen. Letztendlich brauchten sie jeden, den sie kriegen konnten. Harry, Ron und Hermine waren fähige Zauberer, das hatten sie mehr als nur einmal bewiesen. Dumbledore war der gleichen Meinung. Manchmal hatte er das Gefühl, als besäße der Schulleiter einen geheimen Plan und es wäre bloß noch nicht an der Zeit, um ihn den anderen zu verkünden.

 

„Ich halte es sogar für äußerst nötig“, antwortete Remus entschlossen und Sirius nickte beipflichtend. „Harry ist wichtig. Er ist der Schlüssel zu allem.“



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