Traum, Albtraum oder Realität? von Vegetasan ================================================================================ Kapitel 9: ----------- Geralt war schon seit geraumer Zeit unten in der Ruine. Daher hatte ich es mir in dem Boot so bequem gemacht, wie es ging. Ich hatte mich am Boden ein wenig ausgestreckt und genoss die Warme Sonne mit geschlossenen Augen. Glücklicherweise gab es keine Strömung und auch der Wind war so minimal, dass sich das Boot zwar leicht auf dem Wasser bewegte, aber nicht abtrieb. Oder wenn es das tat, war es so gering, dass es mir selber nicht auffiel. Hin und wieder plätscherte eine kleine Welle gegen das Boot und langsam döste ich weg. „Sieh mal, ein abgetriebenes Boot!“ hörte ich eine männliche Stimme leise. „Wir sollten mal nachsehen.“ Hörte ich eine andere Stimme. „Ich weiß nicht Louis, da treiben überall Monster im Wasser.“ Warf der erste ein. Langsam öffnete ich meine Augen, als das Geräusch von eintauchenden Ruder immer näher kam. „Gerade deshalb, was ist, wenn etwas passiert ist?“ konnte ich den anderen wieder hören. Mir wurde bewusst, dass ich nicht mehr alleine mitten auf dem See war und kurz darauf, spürte ich, wie etwas gegen das Boot stieß. „Da liegt jemand drin!“ konnte ich einen der Männer rufen hören, als ich mich langsam aufrichtete. So verwirrt wie ich die beiden anschaute, sahen sie mich geschockt an. Es waren sicherlich einige Momente, die so vergingen und wir uns nur anschauten. „Seid Ihr verloren, Fräulein?“ brach dann doch einer der Männer die Stille. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich warte auf Jemanden. Er ist gerade am Tauchen.“ Erklärte ich ihnen. „Bei den ganzen Monstern im Wasser?“ wollte einer von ihnen wissen. Ich nickte wieder, „Äh ja. Er ist ein Hexer. Monster töten ist sein Beruf.“ Zuckte ich mit den Schultern. Ich konnte sehen, wie die Erkenntnis in den Augen der beiden Männer aufblitzte, skeptisch blickte einer zum Wasser. „Dann verfolgt er gerade eine Spur zu dem Biest? Versteckt es sich unter Wasser?“ wollte er ängstlich wissen. „Nein, keine Sorge. Geralt kümmert sich nur gerade um die Ertrunkenen. Das hat nichts mit dem Biest zu tun.“ Erklärte ich schnell. Erleichtert atmete der Mann auf. „Aber was macht Ihr hier alleine in dem Boot?“ wollte der andere dann noch wissen. „Ich warte auf Geralt, wenn ihr beide nicht gekommen wärt, wäre ich wohl eingeschlafen und hätte später vermutlich einen Sonnenbrand.“ Grinste ich schief. Die Männer verzogen mitleidig das Gesicht. „Warum kommst du nicht mit uns? Du könntest bei unserer Hütte auf ihn warten.“ Schlug einer von ihnen vor und der andere nickte schnell. Auch wenn die beiden Männer nicht so aussahen, als hätten sie Hintergedanken, die Situation von heute Morgen war noch frisch in meinem Gedächtnis. „Ähm nein danke. Geralt sagte, ich solle hier auf ihn warten. Außerdem wüsste ich ja gar nicht, wenn er fertig wäre, wenn ich mit euch komme. Er wäre sicherlich nicht begeistert, wenn er mich erst noch suchen müsste, wenn er durch den halben See geschwommen ist.“ Lehnte ich ab. „Aber vielleicht hättet ihr eine Angel und ein paar Köder für mich? Um mir die Zeit ein wenig zu vertreiben?“ fragte ich sie und blickte auf die Angelruten, die sie im Boot liegen hatten. „Angeln sind nicht gerade leicht herzustellen. Könnt Ihr überhaupt angeln Fräulein?“ entgegnete einer der Männer. „Nun, es ist lange her, dass ich das letzte Mal was gefangen habe, aber ja, ich habe schon mal einen Fisch geangelt.“ Erwiderte ich. Damals war ich in der 5. Klasse und wir auf Klassenfahrt. Wir hatten uns Angeln aus Stöcken, Wollschnur und Büroklammern gebastelt. Und zu aller Erstaunen hatten wir tatsächlich ein paar fische gefangen. Dabei hatte der Betreiber unserer Unterkunft gesagt, es gäbe keine Fische in dem Teich. Aber sie hatten geschmeckt, wir hatten sie abends über dem Lagerfeuer gegrillt. Das war jetzt aber auch bestimmt schon 20 Jahre oder länger her. „Aber dann bleibt das Problem immer noch, dass eine Angel nicht leicht herzustellen ist. Es muss das richtige Holz gefunden werden, der Ast muss richtig gewachsen sein und von der Bearbeitung gar nicht erst zu reden.“ Warf der Mann ein. Ich seufzte, hätte mir klar sein müssen, dass sie mir nicht einfach so eine Rute überlassen würden. „Leider habe ich keine Münzen bei mir.“ Gab ich murmelnd zu. Der Mann schnaufte, „Verschenken können wir nichts.“ Ich nickte niedergeschlagen, dann musste ich die Zeit wohl irgendwie anders totschlagen. Mein Blick fiel auf die Kadaver im Wasser. „Aber ich könnte euch was anderes anbieten.“ Ich blickte sie lächelnd an. „Ich bin mir sicher, dass die Köpfe der Ertrunkenen hier, viel bessere Aalköder sind als Schafs- oder Pferdeköpfe.“ Versicherte ich ihnen. Doch die Männer schauten mich nur skeptisch an. „Aalköder?“ fragten sie. Ich nickte. „Aal fischt man höchstens mit Wurm. Aber wer will denn Aal angeln? Der wird nur in Notzeiten gekauft, wer isst denn auch einen Fisch, der noch aus der Pfanne springt?“ Wollten sie mich zurecht weisen. Jetzt blickte ich sie verwirrt an. „Ihr esst keinen Aal? Dabei sind die geräuchert total lecker.“ Ich war verwundert. „Klar, es ist ziemlich gewöhnungsbedürftig, wenn ein geköpftes Tier auf einmal anfängt zu zucken. Aber das sind nur die Reaktionen auf das Salz und die Hitze. Kann bei Schlangen auch passieren.“ Gestand ich dann doch ein. Aber geräucherter Aal war wirklich lecker. Ich hatte mich immer gefreut, wenn unser Stabsarzt damals welche für uns in der Mittagspause geräuchert hatte, wenn er am Wochenende angeln war. Die Männer schüttelten nur mit dem Kopf. „Unwissendes Weib.“ Konnte ich einen der beiden murmeln hören. Doch ich wollte nicht aufgeben. „Gibt es hier Krebse? Die fängt man doch mit etwas Aas in einer Reuse, dafür eignen sich die Ertrunkenen bestimmt!“ Jetzt lachten sie, schmollend verzog ich das Gesicht. „Die ziehen doch nur noch mehr Monster an. Aber weil der Hexer diese hier schon getötet hat, will ich mal nicht so sein. Hier diese alte Angel können wir eh nicht mehr gebrauchen.“ Ich blickte auf und konnte gerade noch so die Angel fangen, die er mir entgegen warf. „Danke schön!“ strahlte ich ihn an. Er warf mir noch ein paar stinkende Köderfische ins Boot, ehe er nach seinen Rudern griff. „Lass dich aber nicht fressen!“ lachte er noch, ehe sie davon ruderten. Ich zuckte mit den Schultern und besah mir die Rute. Ich hatte zwar keine Ahnung davon, aber selbst für mich sah sie ziemlich alt und abgenutzt aus. Es gab sogar schon ein paar kleine Risse im Holz. Aber es war mir egal, schließlich wollte ich keine großen Fische angeln, nur mir die Zeit vertreiben, bis Geralt endlich wieder auftauchte. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Sehne sah meiner Meinung noch gut aus und ein Haken war ebenfalls noch dran. Also schnappte ich mir einen der kleinen Fische und machte ihn am Haken fest. Es war nicht gerade angenehm, denn der Fisch war schon leicht schleimig, da hätte ich auch nen Finger eines Ertrunkenen nehmen können. Ich warf den Haken mit dem Köder aus und lehnte mich bequem zurück. Ich rechnete nicht damit, aber vielleicht würde ich doch etwas fangen. Dann hätten wir vielleicht frischen Fisch zum Abendessen. Ich ließ die Angel eine ganze Zeitlang auf und ab wippen, um einen lebenden Köder zu simulieren. Aber zunächst schien sich nichts für ihn zu interessieren. Gelangweilt ließ ich meinen Kopf in den Nacken fallen und blickte hinauf in den Himmel. Kleine Schäfchenwolken zogen über das blau. Doch dann spürte ich auf einmal einen leichten widerstand an der Angel. Irritiert setzte ich mich auf und zog ein wenig an der Leine. Ja tatsächlich, es hatte scheinbar tatsächlich etwas angebissen. Ich zog die Angel mit einem Ruck hoch, so wie ich es bei anderen Anglern gesehen hatte, damit der Haken nicht wegrutschen konnte. Dann fing ich an, die Leine einzuholen. Ohne eine moderne Rolle mit Kurbel war das gar nicht so einfach. Ich verhedderte mich sogar beinahe in der Leine. Aber irgendwann hatte ich es geschafft und den Haken an die Wasseroberfläche gezogen. Gespannt schaute ich darauf, was ich wohl gefangen hatte. Die Ernüchterung kam sofort, es war Seegras oder irgendeine andere Wasserpflanze, in der sich der Haken verfangen hatte. Der Köder war natürlich auch weg. Grummelnd sortierte ich die Leine und spießte einen weiteren Fisch auf den Haken. Ich versuchte dann die Leine in eine andere Richtung auszuwerfen, damit sich nicht gleich wieder irgendwelche Pflanzen darin verfingen. Also ging das ganze Spiel wieder von Vorne los. Ich saß eine gefühlte Ewigkeit da und ließ die Angel auf und ab wippen, bis sie auf einmal nach unten gezogen wurde. Sofort war ich wieder hellwach und ruckte die Angel nach oben. Dieses Mal war der Widerstand beim Einholen stärker. Diesmal schien es wirklich ein Fisch zu sein, der an der Angel hin. Hoffte ich zumindest. Aber egal was es gewesen war, als ich es fast an der Oberfläche hatte, schien es sich vom Haken gelöst zu haben. Denn auf einmal gab es einen Ruck und wenn ich nicht gesessen hätte, wäre ich wohl rückwärts vom Boot gefallen. Frustriert zog ich den Haken an Bord. Der Köderfisch war ziemlich angenagt, aber jetzt wusste ich zumindest, dass sich Fische dafür interessierten, also warf ich ihn gleich wieder aus. Doch dieses Mal passierte nichts. Kein zucken an der Leine, kein gar nichts. Erst als mein Kopf zur Seite fiel, weil ich beinahe einschlief gab ich es auf und holte die Angel ein. Ich grummelte, kein Wunder, das nichts angebissen hatte, der Köder war weg und an dessen Stelle hing ein alter löchriger Stiefel daran. Wie war der dahin gekommen? Erlaubte sich jemand einen Spaß mit mir? Ich warf den Stiefel in einem hohen Bogen zurück ins Wasser und schwor mir, falls Geralt das gewesen sein sollte, er meinen ganzen Frust abkriegen würde. Ich nahm die Ruder in die Hand und paddelte einige Meter weiter, vielleicht würde ich dort mehr Glück haben. Ich bereitete die Angel an meinem neuen Standort erneut vor und warf den Köder aus. Ich hoffte das ich vielleicht ein bisschen Glück haben würde, das war der Vorletzte Köderfisch. Seufzend machte ich es mir wieder bequem und ließ den Köder im Wasser tanzen. Es verging eine ganze Weile, bis wirklich etwas an der Leine ruckte. Ich zog die Angel an, in der Hoffnung, der Haken würde sich dieses Mal nicht lösen. Egal was an dem Haken hing, es lebte und war ziemlich schwer, ich musste meine Füße gegen die Planken des Bootes drücken, damit ich genug Hebelkraft hatte, um auch nur ein bisschen Schnur aufzuwickeln. Ich fragte mich, was ich da am Haken hatte, ich hatte schon fast das Gefühl, es würde mich mit dem Boot gleich über das Wasser ziehen. Ich kämpfte mich erst auf die Knie und dann auf die Füße, um so mehr Kraft zu haben. Mit einem Fuß stützte ich mich auf den Bootsrand und lehnte mich mit meinem Gewicht nach hinten. Der Kampf um die Schnur, dauerte schon länger und meine Arme wurden immer müder. Die Rute bog sich immer weiter und ich betete das sie halten würde. Doch meine Gebete wurden nicht erhört, ich hörte das Ächzen und Knacken der Rute, ehe ich reagieren konnte. Das Holz brach und splitterte. Da ich meinen Schwerpunkt deutlich nach hinter verlagert hatte, half auch das beste Rudern mit dem Armen nichts und mit einem erschrockenen Schrei, ging ich rückwärts über Bord. Ich schnappte noch einmal schnell nach Luft, ehe das Wasser über mir zusammen brach. Ich tauchte auf und klammerte mich an dem Boot fest. Ich versuchte mich von meinem Schock zu erholen und schnappte nach Luft. So eine verdammte scheiße, natürlich würde so etwas mir passieren. Ich war gerade dabei ins Boot zurück zu klettern, als mich etwas am Knöchel packte und zurück ins Wasser zog. Ich versuchte mich frei zu strampeln und zurück zur Wasseroberfläche zu kommen, doch ich wurde immer tiefer gezogen. Als ich spürte, wie meine Luft immer weniger wurde, strampelte ich umso mehr und schaffte es tatsächlich mich zu befreien. So schnell ich konnte, schwamm ich nach Oben und suchte Halt am Boot. Ich hustete und spuckte Wasser aus. Doch ich hatte nicht lange Ruhe, kaum protestierte meine Lunge nicht mehr, wurde ich schon wieder gepackt und unter Wasser gezogen. Ich hielt mich am Boot fest so gut ich konnte, doch wirklich stabil lag es natürlich nicht auf dem Wasser. So kam es wie es kommen musste und es kippte. Mir gelang es noch gerade rechtzeitig, einmal tief Luft zu holen, ehe ich vollkommen unter Wasser war. Diesmal erhaschte ich einen Blick auf meinen Angreifer. Ein Ertrunkener. Scheiße. Ich dachte Geralt hätte bereits bei seinem ersten Tauchgang alle beseitigt. Geralt, das ist es. Vielleicht konnte ich ihn telepathisch erreichen. Vielleicht reichten seine Mutationen dafür aus. Warum war ich nicht schon eher auf die Idee gekommen, dies auszuprobieren. Ich schrie gedanklich um Hilfe, während ich verzweifelt versuchte an mein Messer im Stiefel zu kommen, um mich dann hoffentlich aus dem Griff des Monsters zu befreien. Aber der Ertrunkene grinste mich nur zahnig an. Er schien über meine Bemühungen ziemlich amüsiert zu sein. Er machte sich sogar einen spaß daraus, mich für einige Momente loszulassen, nur um mich dann weiter in die Tiefe zu ziehen. Meine Lunge brannte mittlerweile und schrie nach Sauerstoff. Plötzlich packte mich etwas am Kragen und zog mich samt dem Ertrunken in Richtung Oberfläche. Als ich endlich wieder Luft holen konnte, hatte meine Sicht bereits angefangen sich an den Rändern leicht zu verdunkeln. Ich weiß nicht mehr, wann das Monster mich losgelassen hatte, aber wer auch immer mich nach oben gezogen, hievte mich nun auf das verkehrt herum treibende Boot. Ich hustete und spuckte noch mehr Wasser aus. Erschöpft ließ ich meinen Kopf auf dem Holz liegen. „Bleib hier.“ Hörte ich jemanden am Rande murmeln, ehe das Boot schwankte und ich wieder alleine war. Müde schloss ich die Augen. Im Augenblick würde ich nirgendwohin verschwinden. Selbst wenn ich wollte. „Eve? Eve hörst du mich?“ wurde ich nach einiger Zeit geweckt. Ich blinzelte und sah auf. Ich lag noch immer auf dem Rumpf des Bootes und blickte in das Gesicht von Geralt. „Geralt, war nie froher dich zu sehen.“ Grinste ich erschöpft und ließ meinen Kopf wieder auf das Holz sinken. „Hey nicht schlafen, sag mir lieber was passiert ist.“ Er stupste mich an. „Wollte nur ein bisschen angeln, weil du so lange gebraucht hast.“ Murmelte ich. „Also wenn du Ertrunkene angeln wolltest, hättest du ne stabilere Angel gebraucht.“ Scherzte er leicht. „Nein, wollte Fische fangen.“ Murrte ich und schloss die Augen. Nur ein bisschen ausruhen, dachte ich. „Eve, nicht einschlafen.“ Forderte er. „Schaffst du es bis zum Ufer zurück?“ wollte der Hexer dann wissen. Ich schüttelte den Kopf, „Ich glaub nicht.“ Gab ich zu. „In Ordnung, halt dich fest und rutsch nicht wieder ins Wasser, ok?“ ich war nicht mehr wirklich in der Lage zu antworten. Als ich das nächste Mal die Augen öffnete, lag ich in der Näher eines Lagerfeuers. Ich lag auf meinem Bettzeug, Shady dicht an mich gekuschelt. Ich wickelte die Decke fester um mich, als ich mich aufsetzte. Ich wurde rot, als ich bemerkte das mich jemand, Geralt, ausgezogen haben musste. Ich entdeckte meine Sachen etwas entfernt an einem Ast hängen, die Sonne schien sie zum Glück bereits wieder getrocknet zu haben. „Wieder besser? Du hast ziemlich festgeschlafen.“ Riss mich Geralt aus meinen Gedanken. Das rot in meinem Gesicht vertiefte sich noch mehr. „Ja, danke für die Rettung.“ Murmelte ich und rieb mir durch das Gesicht. „Die Narbe, ist das die Verletzung gewesen, die du in Velen hattest?“ fragte er mich plötzlich. Ich musste kurz überlegen, um zu verstehen was er meinte, dann nickte ich. „Hm, von einem Ghul.“ Bestätigte ich. „Ein Ghul? Dann hast du aber verdammt Glück gehabt.“ War er erstaunt. „Ja, ich konnte ihn davon überzeugen, dass ich kein fressen bin.“ Grinste ich schief. „Wie genau ist das passiert?“ hakte er dann nach. „Eine lange Geschichte, für ein anderes Mal.“ Wich ich aus. Wir schwiegen einige Momente. „Ich frage mich, …“ murmelte er dann. „Was?“ wollte ich wissen. „Ich frage mich, warum bist du ins Wasser gesprungen? Ich sagte doch, ich werde dich holen, wenn ich was gefunden habe.“ Warf mir Geralt auf einmal vor. „Ich war sicherlich nicht freiwillig im Wasser!“ schnappte ich beleidigt zurück. „Ich wollte ein paar Fische angeln, aber irgendwas Schweres zog an dem Haken, dann brach die Rute und ich fiel nach hinten aus dem Boot.“ Murmelte ich dann. Der Hexer runzelte die Stirn, „Woher hattest du die Angel?“ wollte er wissen. „Es kamen zwei Fischer vorbei, von ihnen hab ich sie bekommen.“ Maulte ich. Er seufzte, „Eve, man angelt nicht in dem Gebiet von Monstern.“ Er klang, als würde ein kleines Kind belehren wollen. „Woher hätte ich denn ahnen sollen, dass du welche übersehen hast?“ erwiderte ich und stand auf. Ich ging zu meiner Kleidung hinüber. Glücklicherweise war sie wirklich trocken. Schnell zog ich mich an. „Verdammter Mist!“ fluchte ich, als ich das letzte Kleidungsstück angezogen hatte. „Was ist los?“ fragte Geralt über seine Schulter. „Ich muss eines meiner Messer im Wasser verloren haben.“ Grummelte ich. „Vielleicht sehe ich es beim nächsten Mal, ansonsten gibt es hier gute Schmiede, wo du dir ein neues kaufen kannst.“ Zuckte er mit den Schultern. „Beim nächsten Mal?“ fragte ich ihn verwirrt und ging zum Feuer zurück. „Hm, hab da unten interessante Dinge gefunden. Ich möchte sie mir nochmal genauer ansehen.“ Summte er. Ich besah ihn mir genauer, ich atmete ein wenig erleichtert auf. Seine Augen sahen so normal aus, so normal wie es bei einem Hexer ging und sonst schien nichts anders an ihm zu sein. Er hatte die Apparatur wohl noch nicht benutzt. Gut. Fragend sah er mich nach meiner Musterung an, doch ich schüttelte nur den Kopf. Abwesend streichelte ich über den Rücken von Shady. „Hier iss ein bisschen und dann wollen wir weiter.“ Geralt reichte mir ein paar Streifen Trockenfleisch. „Weiter?“ fragte ich ihn kauend. Er nickte, „Ja es fängt bald an zu dämmern, bei Dunkelheit könnten wir zurück auf dem Friedhof sein und danach wollten wir noch bei Regis vorbeischauen. Aber jetzt ist es noch zu früh, er schläft vermutlich noch. Daher erst der Friedhof in der Stadt. Ich bin mir sicher, es wird nicht lange dauern.“ Erklärte er mir. Ich verzog das Gesicht. „Ich weiß etwas Besseres. Ich warte solange hier und ruh mich noch ein bisschen aus, bis du wieder kommst.“ Schlug ich vor. Er zog eine Augenbraue hoch. „Reicht dir ein Monsterangriff heute nicht?“ „Was meinst du?“ wollte ich wissen. „Ich mag vielleicht einige Ertrunkene getötet haben, aber sicherlich nicht alle. Sie scheinen dort irgendwo ihr Nest zu haben und dann sind meist auch Wasserweiber nicht fern. Daher werde ich dich sicherlich nicht alleine hier lassen. Nein, keine Widerworte!“ schnitt er mich gleich ab, ehe ich protestieren konnte. „Iss auf und dann pack deine Sachen zusammen.“ Forderte er noch mal. Grummelnd verspeiste ich das Fleisch. Ich wollte nicht mit, ich wollte mich nicht mit den Grabräubern und schon gar nicht mit den Geistern beschäftigen. „Was ist los?“ hakte der Hexer nach. „Nix.“ Wich ich aus und machte mich daran, meine Schlafmatte zusammen zu rollen und auf Lalin zu verschnallen. Shady war mittlerweile auch wieder wach und schnüffelte nun durch die Gegend, nachdem ich ihm mehrfach versichert hatte, dass es mir gut ginge. Völlig lustlos folgte ich Geralt zurück in die Stadt, er versuchte unterwegs noch mehrfach aus mir herauszuholen, was auf einmal los sei, aber ich ließ ihm einfach in den Glauben das ich einfach noch erschöpft von meinem unfreiwilligen Tauchgang war. Die Straßen waren noch immer voller Menschen, mittlerweile so gut wie alle betrunken, was meine Laune natürlich auch nicht hob. Aber endlich kamen wir an dem Friedhof an. Zweifelnd blickte ich zu dem Tor und zog die Nase kraus. „Hör mal Eve, ich kann verstehen, wenn du Angst hast, nachts auf einen Friedhof zu gehen. Du kannst ruhig hier warten.“ Wandte sich Geralt auf einmal an mich. Irritiert blickte ich ihn an, wie kam er darauf? „Ich habe keine Angst.“ Erwiderte ich. „Schon in Ordnung, du musst es nicht verstecken, nicht vor mir. Bleib einfach bei den dreien hier.“ Er nickte zu den Pferden und Shady. Ich verschränkte die Arme vor der Brust, „Ich habe wirklich keine Angst. Aber ich werde trotzdem hier bleiben. Nicht das noch jemand an unsere Sachen geht.“ Meinte ich. Geralt schüttelte leicht den Kopf, „Ist schon gut, bleib einfach hier. Zu lange sollte es nicht dauern.“ Beschwichtigte er nur und wandte sich ab. Ich setzte mich an die Friedhofsmauer und nahm Shady auf den Schoß. Ein Schauer lief über meinen Rücken, als mit beginn der Dunkelheit, der Streit der Geister los ging. Es klang wirklich ziemlich schaurig, obwohl es eigentlich nur ein Ehekrach war. Um uns davon abzulenken, erzählte ich den dreien, was auf dem See passiert war. Natürlich waren ihnen meine Hilferufe nicht entgangen und hatten gesehen, wie Geralt sich dann um mich gekümmert hatte. „Hm, stimmt Plötze. Du hast wirklich Glück mit ihm. Er ist ein guter Mann.“ Stimmte ich der braunen Stute zu. „Sprecht ihr über mich?“ hörte ich Geralt plötzlich aus der Dunkelheit fragen. Erschrocken fuhr ich rum, „Musst du dich so anschleichen?“ fauchte ich ihn an. Er hob nur entschuldigend die Hände. „Können wir, oder wollt ihr euren Kaffeeklatsch noch beenden?“ grinste er dann. Schnaubend stand ich auf und Plötze stieß ihn mit der Schnauze unsanft gegen die Brust. „Schon gut, Mädchen. War nicht so gemeint.“ Beruhigte er seine Stute gleich und kraulte sie an der Stirn. Ich schüttelte darüber den Kopf und schwang mich in den Sattel, „Von mir aus können wir, alter Mann.“ Grinste ich auf Geralt runter. „Von wegen alter Mann!“ drohte er spielerisch. Lachend folgte ich ihm durch die Gassen aus der Stadt heraus. Als wir die Menschmassen hinter uns gelassen hatten, erzählte mir Geralt, was unten in der Gruft passiert war. Ich tat so, als wäre ich interessiert und stellte hier und da ein paar Fragen, damit nicht auffiel, dass ich die Geschichte ja eigentlich schon kannte. Allerdings erzählte er mir nicht, für wen er sich entschieden hatte und welche Belohnung er sich die nächsten Tage abholen würde. Aber ich vermutete, dass er sich für die Karten entschieden hatte, weil er nix sagen wollte. Mir war es eigentlich egal, sollte er doch die Karten holen, wenn er später an dem Turnier teilnehmen würde, könnte er sie vielleicht noch gebrauchen und das Schwert was er sonst hätte bekommen können, wäre sicherlich auch nicht so gut, wie das, was er von der Dame im See bekommen hat. Wir hatten den Caroberta-Wald mittlerweile erreicht, als Geralt plötzlich anhielt und aus dem Sattel sprang. „Du wartest hier!“ forderte er streng und verschwand im Dickicht des Waldes. Irritiert sah ich ihm nach. Nach einiger Zeit, die ich gespannt in die Stille lauschte, konnte ich in der Ferne zwischen den Bäumen erkennen, das es plötzlich hell wurde. Geralt schien Igni benutzt zu haben. Die Pferde schnaubten unruhig und ich versuchte sie zu beruhigen. Man konnte noch einige Male die Helligkeit des Feuers sehen, bevor Geralt zurück kehrte. Ich zog eine Augenbraue hoch, als ich erkannte, dass er ein wenig zerrupft aussah. „Eine Archespore.“ Grummelte er nur und schwang sich wieder in den Sattel. Ich schüttelte den Kopf, soweit im Unterholz wäre die doch vorerst kein Problem gewesen, er hätte sich doch auch später noch damit beschäftigen können. Die nächste Unterbrechung konnten wir jedoch nicht verschieben oder ausweichen. Plötze warnte uns gerade noch rechtzeitig vor einem Rudel Wölfe, das einem Hirsch nachjagte. So konnten wir gerade noch rechtzeitig unsere Schwerter ziehen und aus den Sätteln springen. Die Pferde und Shady wichen zurück, so dass sie nicht in Gefahr gerieten. Leider waren die Wölfe so ausgehungert, dass sie nicht auf meine Worte hören wollten. Sie sahen uns einfach als leichtere Beute. Auch wenn ich mich nach dem Kampf schlecht fühlte, versicherte Shady mir, dass er es versteht. Er hatte ja gesehen, dass wir uns verteidigen mussten. Für mich war der Kampf nicht leicht gewesen, zu einen wegen dem Gedanken an Shady und zum anderen, weil ich bisher, dank meiner Fähigkeit, nicht allzu oft gegen Monster oder anderes kämpfen musste. Geralt hingegen hatte nicht mal einen Schweißtropfen auf der Stirn. „Bei Gelegenheit sollten wir uns vielleicht doch mal um deine Kampffertigkeiten kümmern.“ Eröffnete er mir, als wir die Wolfskadaver vom Weg räumten. „Hm.“ Gab ich nur zurück. Bisher hatte es ja gereicht, aber ich konnte ihn verstehen. Nicht immer konnte man einem Gegner einen Kampf ausreden, oder ihm rechtzeitig aus dem Weg gehen. Schweigend legten wir den letzten Rest des Weges zurück. Wir ließen die Pferde grasen, als wir das Versteck von Regis erreicht. Geralt rief nach Regis, nachdem er festgestellt hatte, dass die Tür verschlossen war. „Soll ich es man versuchen?“ schlug ich vor. Geralt brauchte einen Moment, ehe er scheinbar verstand, was ich meinte. „Nein besser nicht.“ Erwiderte er und wollte sich auf den Weg machen, einen anderen Eingang zu finden. „Warum nicht?“ wollte ich wissen. Geralt drehte sich zu mir um und seufzte, „1. Weil wir nicht wissen, ob es funktionieren wird, 2. Falls es das tut, weiß ich nicht wie Regis darauf reagiert, so aus dem Schlaf gerissen zu werden und 3. Wissen wir nicht, wer dich sonst vielleicht noch hören könnte.“ Zählte er auf. Ich verdrehte die Augen, weil einfach einbrechen ja auch so viel sinnvoller ist. Doch ich behielt diese Aussage lieber für mich. Ich blieb vor der Tür stehen und wartete bis Geralt den anderen Eingang gefunden hatte. Er brauchte tatsächlich länger, als ich ihm zugetraut hatte. „Komm schon, ich spring zuerst runter. Ich fang dich dann auf.“ Meinte er noch, ehe er hinab sprang. „Na komm Eve!“ rief er von unten, doch ich blieb oben stehen. Schließlich wusste ich, was da unten lauerte. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und wartete einen Moment. „Eve!“ seufzte er genervt, ehe er anfing zu fluche. „Verdammt, bleib da oben!“ änderte er auf einmal seine Meinung. Ich hörte ihn noch mehr fluchen und das Kreischen von verletzten und dann sterbenden Kikimoren. Vorsichtshalber wartete ich etwas länger, ehe ich Geralt dann doch in die Dunkelheit folgte. Ich grinste nur, als Geralt zu mir herum wirbelte. „Wusstest du von ihnen?“ fragte er mich skeptisch. Ich zuckte mit den Schultern, „Du wolltest doch unbedingt hier runter. Also geh vor, ich kann im Dunkeln nichts sehen.“ Forderte ich ihn auf. Ich folgte ihm durch den dunklen Tunnel, bis er auf einmal an einem Vorsprung stehen blieb. „Du bleibst hinter mir, verstanden?“ forderte er auf einmal, ehe er hinauf kletterte und geduckt weiterschlich. Ich grübelte, weitere Monster gab es hier unten doch nicht, oder? Und warum sollte ich versuchen an ihm vorbeizukommen, wenn ich im Dunkeln sowieso nichts sah. Trotzdem folgte ich ihm vorsichtig, immer bereit die Flucht nach hinten anzutreten. Ich konnte gerade noch so erkennen, wie der Hexer vor mir, an einer Mauer anhielt und sie zu untersuchen schien. Er murmelte etwas vor sich hin und zog dann etwas aus seiner Tasche. Er hielt etwas hoch und die Wand verschwand. Ich blinzelte, doch die Mauer blieb verschwunden. Das Auge, das Artefakt, das er von Keira bekam, fiel es mir ein. Geralt trat einige Schritte vor und schien etwas genauer zu betrachten. Allerdings folgte ich ihm nicht in die Nische, sie sah doch recht beengt und noch dunkler als der Tunnel aus. Er schien dort etwas gefunden zu haben, das er einsteckte. Außerdem griff er nach einem länglichen Gegenstand. Erst als er wieder zu mir zurück kam, konnte ich erkennen, dass es sich um ein Schwert handeln musste. Neugierig sah ich ihn an. „Später.“ Brummte er und ging ein Stück den Tunnel zurück. Ich folgte Geralt durch eine Öffnung im Fels und dahinter wurde es allmählich heller. Wir waren jetzt in der Gruft von Regis. „Wie klischeehaft, sich mit einem Vampir auf einem Friedhof zu treffen.“ Lachte Geralt leise, als er seinen alten Freund begrüßte. „Da hast du wohl recht, mein lieber Freund.“ Erwiderte Regis. „Ah und Eve, du bist auch mitgekommen, wie schön.“ Lächelte er mich dann an. „Hallo Regis.“ Grüßte ich zurück und blieb unsicher stehen. Durfte ich mir hier frei bewegen? Mich umsehen? Ich war mir nicht sicher und wollte Regis nicht verärgern. „Ich hätte es doch versuchen können, Geralt. Regis schien bereits aufgestanden zu sein.“ Grummelte ich stattdessen den Hexer an. Dieser zuckte nur mit den Schultern und Regis blickte mich neugierig an. „Oh, ich hatte tatsächlich geschlafen, aber das Geschrei meiner jetzt ehemaligen Nachbarn, … nun es ist schwer dabei nicht aufzuwachen.“ Warf er ein. Ich wurde rot, ich hatte tatsächlich für einen kurzen Moment vergessen, wie gut das Gehör von Vampiren sein konnte. „Regis, ich bin wegen deinem Freund hier.“ Wechselte Geralt aprubt das Thema. „Ich muss ihn finden.“ Fügte er noch an. Der Vampir nickte, „Aber es liegt nicht an dir, mir oder ihr.“ Er nickte kurz zu mir rüber, „Ob er gefunden wird. Es ist seine Entscheidung. Wenn er nicht gefunden werden will, wird er nicht gefunden.“ Erwiderte er dann. Ich drehte mich unauffällig zu Regis Büchersammlung. Ich wollte mir nicht ansehen lassen, dass ich einen möglichen Aufenthaltsort von Dettlaff kannte. Das würde vermutlich Fragen aufwerfen, die ich weder beantworten wollte noch konnte. Ich war mir jedoch noch nicht sicher, was ich mit dem Wissen anfangen sollte, einen der beiden irgendwie dorthin locken, alleine hingehen oder warten bis sie selbst in den Spielzeugladen fanden? Alleine dorthin gehen klang im ersten Moment jedoch ziemlich gefährlich. Dettlaff wusste nun, dass ich mit dem Hexer unterwegs war und konnte sich dann schnell in die Ecke gedrängt fühlen. Andererseits wirkte ich meiner Meinung nach, nicht bedrohlich und dort alleine hinzugehen könnte mir ganz andere Möglichkeiten eröffnen. Ich musste später noch mal genauer darüber nachdenken, beschloss ich. „Eve!“ wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, erschrocken drehte ich mich zu Geralt um. „Entschuldigung, ich war in Gedanken.“ Murmelte ich schnell. „Ich wollte nur wissen, wie es dir geht. Ich hatte heute Nachmittag einen Schrei vom See gehört. Als ich dort ankam, konnte ich sehen, das Geralt die Lage schon unter Kontrolle gebracht hatte. Aber geht es dir wirklich gut, du wärst beinahe ertrunken?“ Fragte Regis mich nun. Ups, konnte ich telepathisch so laut schreien, dass selbst Regis mich hier gehört hatte? Doch dann sickerte bei mir ein, was er noch gesagt hatte. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich bin nicht beinahe ertrunken, ich wurde beinahe ertränkt! Das ist ein Unterschied!“ schmollte ich. „Ja, es geht ihr gut.“ Lachte Geralt darauf hin. Auch Regis schmunzelte darauf hin. „Dann ist ja alles wunderbar.“ Doch Geralts Gesicht wurde wieder ernst, als sich seinem Freund zuwandte, „Nicht ganz, gibt es eine Möglichkeit Dettlaff zu finden oder zu rufen. Schließlich seid ihr beide höhere Vampire.“ Warf Geralt ein. „Hm, es gibt ein Wesen das die Macht und die Autorität in jeder Zeit zu finden und zu rufen, aber wir sollten es nicht kontaktieren.“ Stimmte Regis zu, aber natürlich wollte Geralt es genauer wissen. Also erzählte Regis den Vergleich, sich mit einem morschen Seil über einen offenen Vulkan zu hangeln, sei sicherer als das Wesen zu kontaktieren. Still stimmte ich ihm zu. Um den Ältesten sollten wir einen riesigen Bogen machen. „Gibt es eine andere Möglichkeit ihn zu finden?“ mischte ich mich ein. Regis nickte, „Theoretisch schon, allerdings fehlen uns dafür bestimmte Dinge.“ Seufzte der Vampir. Geralt zog etwas aus einem Stoffbeutel, den er am Gürtel trug. „Könnte das helfen?“ er warf die abgetrennte Hand auf den Tisch vor Regis. Mich schauderte es, als die Hand immer noch zuckte und die Finger leicht krümmte. Natürlich wollte Regis sofort wissen, woher er sie hatte. Ich verzog das Gesicht, als Geralt die Geschichte erzählte, wie man die Hand gefunden hatte. „Eine Bruxa hatte sich für sie interessiert.“ Beendete er seine Erzählung. „Die du einfach umgebracht hast, man hätte, ich hätte mit ihr reden können!“ rügte ich ihn. Regis sah mich erstaunt an und Geralt kniff sich in die Nasenwurzel, „Dafür war es bereits zu spät, das weißt du!“ entgegnete er. „Na und, bei Dettlaff hatte es auch geklappt. Dabei hatte er schon zum Schlag ausgeholt!“ schnappte ich. Geralt holte tief Luft, so als ob er sich selbst zur Ordnung rief. „Dettlaff hätte dir beinahe die Kehle rausgerissen, wenn ich nicht dazu gekommen wäre.“ Entgegnete der Hexer. Ich schüttelte den Kopf, „Nein, ich glaube er hat nur an mir geschnüffelt.“ Ich drehte beleidigt den Kopf weg, als Geralt antwortete, „Als ob dies so viel besser ist.“ Der Vampir schüttelte bei unserem Austausch nur milde den Kopf. „Seine Hand kann uns tatsächlich helfen ihn zu finden. Hast du jemals von Covinarius Theorie zum Gewebegedächtnis gehört?“ wollte Regis wissen. „Hm, habe in einem alten Exemplar von Alchemia Oblittera davon in Kaer Morhen gelesen. Aber er konnte es doch nie nachweisen, wenn ich mich recht erinnere.“ Entgegnete der Hexer. „Oh ganz im Gegenteil, er wurde mein Freund nachdem wir uns kennengelernt hatten. Er hatte seine Studien und Experimente beendet, er kam nur leider vor seinem Tod nie dazu, seine Ergebnisse zu veröffentlichen.“ Widersprach Regis. „Gewebegedächtnis? Ist das sowas wie das Muskelgedächtnis?“ warf ich dazwischen. „Muskelgedächtnis?“ Geralt sah mich fragend an. Ich nickte, „Ja, wenn zum Beispiel eine erwachsene Person das Gedächtnis verliert, muss sie ja auch nicht das Laufen oder Sprechen neu lernen. Oder der Umgang mit einem Schwert, wenn diese Person es vorher von klein auf, tagtäglich benutzt hatte.“ Versuchte ich zu erklären. Geralt blickte mich skeptisch an. Ahnte er vielleicht, dass ich auf seine Situation damals anspielte? „Nun, es ist ähnlich, aber auch völlig anders. Anhand einer beliebigen Gewebeprobe kann man herausfinden, was dem ganzen Körper zugestoßen ist.“ Erklärte Regis. Geralt wandte den Blick von mir zu Regis, „Wie funktioniert das?“ wollte er wissen. „Wir müssen dafür einen Absud brauen, Covinarius nannte ihn Resonanz, er versetzt den Trinkenden in eine Trance. Er löst Visionen und Ereignisse aus, die mit starken Emotionen verbunden sind, von dem das Gewebe stammt. Man träumt quasi einen Lebensausschnitt eines anderen.“ Erläuterte er weiter. „Könnten wir sehen, was Dettlaff tat, bevor er seine Hand verlor?“ hakte der Hexer nach. Regis nickte, „Ich hoffe aber auch, dass Resonanz uns verrät, wo er sich verborgen hält.“ Bestätigte er. „Covinarius hat sein halbes Leben damit verbracht, seine Theorie zu beweisen. Es wird wohl nicht leicht sein, diesen Resonanz-absud herzustellen.“ Deutete der Hexer an. „Ganz recht, wir brauchen nicht nur Gewebe von Dettlaff, sondern auch ein potentes Okzipitallappen-Stimulans. Also ein Gift, das empfänglich für Visionen macht.“ Belehrte Regis. „Wir hätten da eine gewisse Auswahl, aber leider alles recht selten.“ Stimmte Geralt zu. Während die beiden diskutierten, hatte ich mir die Büchersammlung von Regis weiter angesehen. Er hatte einige interessante Exemplare darin, vielleicht sollte ich ihn später einmal fragen, ob ich darin blättern durfte. „Gibt es nicht auch Pflanzen oder Pilze, die eine ähnliche Wirkung haben?“ warf ich ein, als Regis gerade eine Flasche aus dem Regal zog. Er stockte in seiner Bewegung, so als hätte er vergessen das ich ebenfalls da war. „Hm, das wäre auch ein möglicher Ansatz, Geralt was meinst du?“ überlegte er. Ich verdrehte die Augen, warum einfach, wenn es auch kompliziert geht. Ich ging zu dem Tisch und hockte mich davor, so dass die Hand jetzt auf Augenhöhe war. „Ja, es gibt solche Pflanzen, aber wenn wir sie so konzentrieren würde, damit sie Potent genug dafür sind, wären ihre anderen Eigenschaften dies auch. Das würde selbst den stärksten Hexer umhauen.“ Grunzte Geralt. Ich stupste die Hand an, die daraufhin anfing, wieder zu zucken. „Was ist mit Dettlaffs Hand? Wenn ich das richtig verstanden habe, regeneriert ihr euch sehr schnell. Kann das mit der Hand auch passieren? So dass es dann auf einmal zwei Dettlaffs gibt? Schließlich scheint noch Leben in der Hand zu sein. Oder würde sie sich wieder mit seinem Körper verbinden, wenn seine Hand nicht bereits nachgewachsen wäre? Vielleicht könnte sie uns zu ihm führen?“ überlegte ich laut. Ich griff nach der Hand und drehte sie um, so dass sie nun mit der Handfläche nach unten lag. Es passierte nichts weiter, daher stupste ich sie wieder an. „Sei nicht albern Eve.“ Schallt mich Geralt. Ich blickte zu Regis hinauf. „Geralt, du solltest niemals einen neugierigen Geist unterdrücken. Solche Fragen haben ebenfalls ihre Berechtigung.“ Entgegnete der Vampir. Ich wollte schon beleidigt eine Schnute ziehen, weil selbst Regis es klingen ließ, als wären meine Fragen dumm, nur dass er es netter formuliert hatte, doch eine Bewegung ließ mich zurückschrecken. Die Hand bewegte sich auf einmal, sie sprang auf meinen Kopf, was mich vorschreck auf den Boden plumpsen ließ. Dann krabbelte sie schnell ich Richtung Ausgang. Mit geweiteten Augen starrte ich der Hand hinterher. „Verdammt!“ fluchte der Hexer und war schon vom Stuhl aufgesprungen und der Hand hinterher. „Wir sollten ihm vielleicht helfen.“ Riss mich Regis aus der Starre. Ich nickte und ließ mir von ihm aufhelfen. Als ich zu Geralt blickte, musste ich ein Lachen unterdrücken, die Hand war ihm gerade entwischt, in dem sie zwischen seinen Beinen zurück in unsere Richtung lief. Aber schnell merkte ich selbst, dass es gar nicht so einfach war, die Hand wieder in den Griff zu kriegen. Immer wieder entwischte uns die Hand. Sie krabbelte unter das Bücherregal, die Wände hoch und immer wieder zwischen unsere Beine durch, Richtung Ausgang. Zum glück hatte sie es nicht bis in den Tunnel geschafft. Bis Geralt es scheinbar reichte und er einen Dolch nach ihr warf und sie somit auf dem Boden festnagelte. Die Hand blieb schlaff liegen und Geralt konnte sie jetzt ohne Probleme einsammeln und verstaute sie wieder in dem Stoffbeutel. Er band ihn sich an den Gürtel und sah mich streng an, als ich auch nur das leiseste Anzeichen von mir gab, zu protestieren. „Wehe du kommst noch einmal auf so eine dumme Idee.“ Geknickt sah auf meine Füße. „Das nächste Mal binde ich sie vorher fest, versprochen.“ Murmelte ich. „Eve! Ich mein es ernst!“ fuhr er mich jetzt an. „Ein Scherz Geralt, ein Scherz!“ versicherte ich ihm schnell und grinste ihn schief an. Resigniert schüttelte er den Kopf über meine Mätzchen. „Ah, da dies nun geklärt ist. Eigentlich wollte ich einen meiner Freunde bitten, nach einer der Kreaturen zu suchen, die du erwähntest.“ Wechselte Regis das Thema. Ich seufzte leise, stimmt, das war ja der eigentliche Grund, warum wir hier waren und nicht nur ein Freundschaftsbesuch. Wir folgten ihm nach draußen vor die Krypta und beobachteten ihn, wie er sich einen Anstarrwettbewerb mit einem Vogel lieferte. „Was war das?“ fragte Geralt anschließend. Ich verdrehte die Augen und verkniff mir einen Kommentar, dass es doch eindeutig ein Rabe gewesen war. Regis übernahm die Erklärung gerne, dass er ihn gebeten hatte, die Gegend abzusuchen. „Sie werden eine Weile brauchen, wie wäre es bis dahin mit einem Alraunenschnäpschen?“ schlug er vor und hielt eine Flasche hoch. Geralt sah ihn anerkennend an, „Zu einem Schnaps sag ich nicht nein.“ Grinste er. „Leider ist es eher Wein als Schnaps.“ Gestand der Vampir noch. „Ist vielleicht nicht verkehrt.“ Grinste der Hexer in meine Richtung. „Du hast recht, vielleicht brauchen die Raben nicht allzu lang und dann brauchst du einen klaren Kopf.“ Stimmte Regis zu. „Außerdem kenne ich deinen Alraunenschnaps, er lässt einen Dinge sagen, die man besser für sich behalten hätte.“ Fügte Geralt noch an. „Was in aller Welt, könnte Geralt von Riva, für sich behalten wollen?“ scherzte der Vampir. Wir wollten uns gerade auf die alten Gräber setzen, als es in den Büschen hinter uns raschelte. „Geralt, Eve Vorsicht. Nicht bewegen.“ Sprach Regis sanft und leise. Zuerst tat ich was er sagte, aber schnell bemerkte ich, was ihn so reagieren ließ. Er musste Shady entdeckt haben. Langsam drehte ich mich zu ihm um und hockte mich zu ihm runter. „Eve nicht. Er ist sicher nicht alleine unterwegs. Das restliche Rudel könnte jederzeit auftauchen!“ wollte er mich aufhalten. Ich kicherte leise und nahm Shady auf den Arm. „Keine Sorge Regis, sein Rudel wird uns bestimmt nicht angreifen.“ Zwinkerte ich und auch Geralt grinste leicht. „Das kannst du nicht wissen Eve.“ Versuchte er es noch einmal. „Setz den Wolf lieber wieder ab.“ Beschwor er mich, als Shady in seine Richtung knurrte. ~er riecht wie der, der dich angegriffen hatte. ~ ich streichelte ihn beruhigend über den Kopf. ~Keine Sorge Shady, sie sind zwar sowas wie Rudelmitglieder, aber Regis wird mir nichts tun. Versprochen. ~ versicherte ich meinem kleinen Freund. Ich setzte Shady wieder auf den Boden. „Regis, sein Rudel wird uns wirklich nicht angreifen. Ich bin sein Rudel.“ Eröffnete ich dann dem Vampir. „Und Geralt gehört mittlerweile auch irgendwie dazu.“ Wandte ich mich an den Hexer. Beide sahen mich verblüfft an. Geralt, weil ich sagte das er dazu gehörte und Regis vermutlich, weil ich den kleinen Wolf adoptiert hatte. Regis blinzelte mich an, „Nun, das würde auch den Geruch nach Wolf erklären, ich hatte erst angenommen, das käme vielleicht von einem Kampf mit einem Rudel. Aber verzeih mir, wenn ich das jetzt einfach so sage, du trägst nicht den typischen Geruch nach nassen Hund, wie ein, …“ „Werwolf?“ unterbrach Geralt ihn. Regis nickte. Jetzt war ich dran, verblüfft auszusehen. „In die Falle bin ich auch getapt, als ich Shady das erste Mal traf. Aber sie ist kein Werwolf Regis. Meine erste Reaktion war es, dies zu überprüfen.“ Grinste Geralt. Ich schüttelte den Kopf, um über diese Überraschung hinweg zu kommen. „Entschuldige bitte, deine Haltung zu nicht Menschen, der Welpe und deine Wortwahl eben, haben mich zu dieser Annahme verleitet.“ Wandte sich Regis an mich. „Ist schon in Ordnung, ist ja kein Schaden entstanden. Ich habe Shady vor ein paar Wilderern gerettet, als noch ganz klein war. Sie hatten ihn in einer Hütte angekettet.“ Erzählte ich, wie es dazu kam, dass ich den Kleinen adoptiert hatte. „Das ist sehr nobel von dir gewesen.“ Nickte Regis mir zu. Im Gegensatz zu den anderen beiden setzte ich mich nicht auf den kalten Stein der Gräber, sondern setzte mich auf den Boden und lehnte einfach nur meinen Rücken dagegen. „Geralt, wolltest du nicht gerade erzählen, was du lieber für dich behalten wollen würdest?“ lenkte ich dann das Thema um. Er blickte mit hochgezogener Augenbraue zu mir runter. „Das würdet ihr wohl gerne wissen.“ Grinste er dann. „Da müsst ihr euch aber mehr Mühe geben.“ Sprach er dann zu Regis, der ihm die Flasche entgegen hielt. „Eine Herausforderung? Ich bin ganz Ohr, was muss ich tun?“ fragte Regis ihn ganz gespannt, während Geralt ein wenig aus der Flasche trank. „Hm, fang du doch an. Was für Geheimnisse hast du? Vampire, interessante Kreaturen, führen doch sicherlich ein faszinierendes Leben.“ Schlug der Hexer vor und reichte dann die Flasche zurück. „Interessiert dich etwas bestimmtes? Frag einfach.“ Gab der Vampir zurück. Ich hörte nur mit halben Ohr zu, während ich mit Shady schmuste. Die beiden alten Männer unterhielten sich noch eine ganze Weile, bis mich eine Frage aufhorchen ließ. „Was geschieht nach dem Tod?“ wollte der Hexer wissen. Ich runzelte die Stirn und schaute zu ihm auf. „Müsstest du die Frage nicht selbst beantworten können?“ warf ich ein. Sofort ruckte sein Blick zu mir. „Was meinst du?“ wollte er wissen. Ich schluckte, „Nun ja, fast jeder in Rivien weiß was vor knapp 10 Jahren in Riva passiert ist, der Pogrom und das der weitbekannte Hexer Geralt von Riva dabei starb. Erstochen mit einer Heugabel. Die Zauberin Yennefer von Vengerberg starb ebenfalls, als sie versuchte ihn zu retten. Ihre Körper wurden von einem unbekannten Mädchen mit aschfahlen Haar weg gebracht. Niemand weiß wohin.“ Erzählte ich und wich seinem Blick aus, in dem ich mein Gesicht in dem Fell von Shady vergrub. „Ist das wahr Geralt?“ fragte Regis entsetzt. Geralts Gesicht verzog sich schmerzlich, bei der Erinnerung und ich bereute es, diese Erinnerung hervorgerufen zu haben. Bevor er antwortete nahm er noch einige Schlucke aus der Flasche. „Ich weiß nicht, ob wir wirklich starben. Als ich erwachte war Yen bei mir, wir waren auf einer Insel, auf der immer die Kirschbäume blühten. Aber irgendwann fand uns die Wilde Jagd. Sie entführten Yen. Ich machte mich auf die Jagd nach ihnen. Unterwegs traf ich auf drei andere Hexer.“ Letho, Egan und Serrit, fiel es mir ein. „Zusammen spürten wir die wilde Jagd unter dem Galgenbaum auf. Die einzige Möglichkeit Yennefer zu befreien war, dass ich selbst mit der Jagd mit ging. Als Austausch. Letho und seine Brüder kümmerten sich um Yen, während die roten Reiter mich mitnahmen. Was danach geschah weiß ich nicht. Die Erinnerung an diese Zeit habe ich nie wieder bekommen. Aber irgendwie entkam ich nach Jahren und irrte im Tal bei Kaer Morhen umher, ohne Erinnerung. Eskel und Lambert fanden mich dort. Kurz darauf wurde Kaer Morhen von den Salamandras überfallen.“ Geralt stoppte seine Erzählung und eine bedrückende Stille breitete sich zwischen uns aus. „Tut mir leid.“ Entschuldigte ich mich, ich hatte nicht gewusst, dass diese Erinnerung so schmerzlich für ihn sein würden. Er nahm noch einen tiefen Schluck aus der Flasche und reichte sie an Regis zurück. Er ließ seine Hand schwer auf meine Schulter fallen. „Ist schon gut. Ich hätte mit so einer Frage von dir rechnen sollen. Auf der Jagd nach den Salamdras habe ich viele getroffen, die mich für Tod hielten. Und du kommst aus Rivien, da kennst du die Geschichte natürlich. Ich hatte bloß nicht mehr damit gerechnet, als du nach dem Vorfall in der Bank nicht danach gefragt hattest.“ Murmelte er. „Du kommst aus Rivien?“ fragte Regis mich. Ich summte unverbindlich, Geralt hatte meine Lüge bisher nicht durchschaut und ich musste es nicht drauf anlegen, dass Regis darüber stolperte. „Bin in einem Waisenhaus groß geworden und bin dann zum Militär gegangen.“ Fügte ich dann noch an. „Eine Frau im der Armee von Rivien?“ fragte er skeptisch. Ich nickte nur, „Ich war im Sanitäts-Chorp.“ Erwiderte ich. „Oh, tatsächlich? Wie faszinierend. Dann hast du bestimmt so einiges gesehen und erlebt?“ wollte der Vampir wissen. Ich zuckte mit den Schultern. So wirklich viel Interessantes hatte ich während meiner Dienstzeit nicht erlebt, war halt ein ganz normaler Praxisalltag, wie in jeder Arztpraxis auch, aber das konnte ich den beiden ja schlecht erzählen, dann würde ich sofort auffliegen. „Ich durfte selber nicht viel an Patienten arbeiten, meist habe ich andere Soldaten darin unterrichtet, wie man Verbände richtig anlegt und lebensgefährliche Verletzungen erkennt.“ Umschrieb ich meine Dienstzeit. Regis lächelte, „Da hast du aber Glück Geralt, nicht jeder kann mit einem persönlichen Sanitäter durch die Welt reisen.“ Lenkte der Vampir uns von der trüben Stimmung weg. Doch der Hexer zog nur eine Augenbraue hoch, sein grinsen war so minimal, dass man es in der Dunkelheit schnell übersehen konnte. „Regis? Darf ich dich was fragen?“ wandte ich mich an den Vampir. Er nickte, „Frag ruhig.“ Aber auch Geralt sah mich nun neugierig an, schließlich hatte ich die meiste Zeit über, während sie sprachen geschwiegen. „Du sagtest, du hättest den Raben gebeten, nach einer der Kreaturen Ausschau zu halten. Kennst du vielleicht noch mehr Personen, die eine solche Fähigkeit haben?“ erkundigte ich mich. In Geralts Augen spiegelte sich Erkenntnis wider. Regis schien einen Moment zu überlegen, „Nun, vampirische Fähigkeiten sind eher einzigartig. Ich habe bisher noch keinen weiteren getroffen. Selbst die Fähigkeit von Dettlaff, sich mit Kreaturen zu verbinden und zu beruhigen ist anders.“ Ich nickte, soviel wusste ich auch schon. „Hast du je von jemanden gehört, der kein Vampir ist, der so etwas kann?“ hakte ich genauer nach. Regis schüttelte den Kopf, „Es gibt vielleicht Magier oder Zauberinnen, die so etwas können. Ob diese Fähigkeit bei anderen Kreaturen zu finden ist, könnte Geralt dir vielleicht besser beantworten. Aber deine Fragen sind ziemlich zielgerichtet, möchtest du damit auf etwas bestimmtes hinaus?“ wollte er nun im Gegenzug wissen. Fragend blickte ich zu Geralt hoch, sollte ich es Regis erzählen, doch der Hexer zuckte nur mit den Schultern. Ich grübelte einen Moment, ehe ich einen Entschluss fasste. Ich schaute Regis an. ~Kannst du mich hören Regis?~ fragte ich ihn gedanklich. „Natürlich, kann ich dich hören, du sitzt direkt, …“ er schien zu bemerken, dass sich mein Mund bei dieser Frage nicht bewegt hatte. „Das ist erstaunlich!“ meinte er, als es bei ihm eingedrungen war, wie das möglich war. „Aber wie ist das möglich?“ hakte er nach. „Das weiß ich leider nicht. Ich habe die Fähigkeit erst bemerkt, als ich auf Shady traf.“ Ich blickte auf den Wolf auf meinem Schoß, doch er schien mittlerweile eingeschlafen zu sein. „Ich verstehe, daher deine Frage. Ich werde mich bei Gelegenheit mal umhören. Vielleicht finde ich etwas heraus. Ich nehme an, deswegen konnte ich deine Hilferufe am Nachmittag hören?“ bot er an. Ich nickte, „Danke, und ja vermutlich hast du mich deswegen gehört.“ Bestätigte ich und schaute kurz zu Geralt, aber nichts deutete darauf hin, dass er mich auch gehört hatte. „Das war dumm von dir, du hättest sonst noch was damit anlocken können!“ rügte mich der Hexer leicht und schnipste gegen meinen Hinterkopf. Schmollend rieb ich mir die Stelle. „Geralt! Sie war in Panik, natürlich ruft man in so einer Situation um Hilfe.“ Verteidigte mich der Vampir. Ich nickte, „Außerdem konnte ich nichts hören, es war vermutlich nichts in der Nähe, dass meine Hilferufe verstanden hätte.“ Murmelte ich. Fragend wurde ich angeblickt. „Wasserweiber zum Beispiel haben scheinbar die Angewohnheit, mental mit sich selbst zu sprechen. Kikimoren sind auch nicht gerade leise, es ist ziemlich irritierend wie sie im kollektiv sprechen.“ Klärte ich sie auf. „Ich hatte dir doch von dem Magier erzählt Geralt, der, der mich zuerst in einer Illusion gefangen hielt. Als ich mich daraus befreien konnte, sagte er zu seinen Männern sie dürften mit mir machen was sie wollen. Ich schickte Shady los, um Hilfe zu finden. Er lockte Kikimoren und ein Wasserweib zu uns und ich ließ es so aussehen, als könnte ich sie befehligen.“ Fügte ich an. Regis zog die Augenbraue hoch, während Geralt genervt aufstöhnte. „Manchmal denke ich, du hast deinen Kopf auch nur, damit es nicht rein regnet.“ Grummelte er. „Gar nicht wahr. Ich wusste das es gefährlich war, deswegen bin ich dort so schnell es mir möglich war verschwunden, falls einer der Männer vor den Monstern fliehen konnte.“ Entgegnete ich. „Wenigstens etwas.“ Seufzte er. „Ich hoffe für dich, dass keiner der Männer überlebt hat. Die Gerüchte, die sonst kursieren, ich glaube ich will sie gar nicht erst hören.“ Murmelte er. „Und ich will nicht in den Buckelsumpf zurück. Daher sind mir Gerüchte egal. Jetzt kann sie ja keiner mehr mit mir in Verbindung bringen.“ Zuckte ich mit den Schultern. Ich unterdrückte ein Gähnen und lehnte mein Kopf an Geralts Knie, der Tag war doch ganz schön anstrengend gewesen und trotz meines Nickerchens vorhin, wurde ich langsam wirklich müde. Geralt sagte nichts, also ließ ich meinen Kopf gegen ihn gelehnt und schloss die Augen halb. Ich hörte noch ein wenig zu, wie Regis und er ihre Unterhaltung wieder aufnahmen. „Eve, wach auf.“ Jemand rüttelte an meiner Schulter. Verwirrt blinzelte ich. Geralt saß direkt neben mir und mein Kopf lag auf seinem Oberschenkel, außerdem hatte jemand einen Mantel wie eine Decke über mich gelegt. „Hmm?“ fragte ich verschlafen. „Regis Freund ist zurück, sie haben etwas gefunden.“ Sprach Geralt und stand langsam auf, als ich mich aufrichtete. Müde rieb ich mir die Augen, selbst die Sonne war noch nicht aufgegangen. Es musste noch sehr früh sein. Als mir endgültig klar wurde, dass ich Geralt als Kopfkissen missbraucht hatte, konnte ich nur hoffen, dass ich im Schlaf nicht gesabbert hatte. Allein bei dem Gedanken wurde ich ein wenig rot und versuchte nicht auf seine Oberschenkel zu starren, um nach einem nassen Fleck zu suchen, nicht dass er es noch falsch verstand. Ich ließ ihn mit Regis sprechen und sammelte die Pferde ein, die über Nacht ein wenig abseits gewandert waren. Ich richtete die Sattel und zog die Gurte nach und führte sie dann vor die Krypta von Regis. „Hälst du es für eine gute Idee, wenn du sie mitnimmst?“ fragte Regis, als er sah das ich beide Pferde fertig gemacht hatte. „Warum sollte ich nicht mit?“ warf ich dazwischen. Auch Geralt zuckte mit den Schultern, „Fleckenwichte sind nur dann aggressiv, wenn sie sich bedroht fühlen. Zur Not kann Eve es bitten, in ein Gefäß für uns zu spucken.“ „Nun gut, seid aber vorsichtig ihr zwei. Ich werde einen Raben bitten euch zu begleiten, für den Fall, dass etwas schief gehen sollte.“ Seufzte der Vampir. Damit waren wir einverstanden, auch wenn ich sah, wie Geralt kurz die Augen verdrehte. Der Ritt bis zu dem Anwesen verlief ruhig, nur die Vögel sangen ihre Lieder. Aber kaum kam das Anwesen in Sicht, tauchten auch die Geisterhunde auf. „Eve, verschwinde. Ich kümmere mich um sie!“ rief Geralt mir zu. Ich ritt soweit den Weg wieder zurück, bis ich nicht mehr von den Hunden verfolgt wurde. Plötze kam nach einiger Zeit ebenfalls dazu. Angespannt warteten wir auf ein Zeichen von Geralt. Als es längere Zeit ruhig blieb, ließ ich die Pferde langsam den Weg wieder entlang laufen. Wir waren noch nicht sehr weit gekommen, da erzählte Plötze, dass Geralt gepfiffen hätte. Trotzdem ließ ich die Pferde in einer ruhigen Gangart. Geralt erwartete uns am Eingang des Anwesens und ich erklärte den Pferden noch, dass sie sich besser verstecken sollten, falls der Fleckenwicht auftaucht. Vorsichtig folgte ich Geralt auf den Vorplatz des Hauses. Die Löffel, die überall wie Windspiele hingen, klapperten im Wind. „Hm, fast so als wollten die Löffel eine Nachricht trommeln.“ Brummte der Hexer und näherte sich der Tür. Ich lauschte dem Geräusch eine Weile, es könnte sein, aber ich könnte es mir auch nur einbilden, weil ich wusste wer hinter dem Fluch steckte. Aber es könnte die Melodie von dem Kinderlied über Gaunter sein. Allerdings war es wirklich schwer zu sagen, da Löffel nun mal keine Musikinstrumente waren. Als ich merkte das Geralt mittlerweile längst im Haus verschwunden war, eilte ich ihm hinterher. „Geralt, warte auf mich.“ Bat ich ihn, als ich ebenfalls das Haus betrat. Er kam um die Ecke zurück, um die er gerade gegangen war. „Pass auf wo du hintrittst. Das Gebäude ist schon sehr alt und nicht im besten Zustand.“ Erwiderte er. Ich nickte, außerdem lag überall Gerümpel rum. „Und falls du etwas siehst, dass Speichel sein könnte, fass es bloß nicht an.“ Fügte er noch hinzu. Natürlich, weil ich mich ja auch freiwillig irgendwelchen Substanzen aussetzen würde, die Visionen auslösen können oder potenziell tödlich sind. Ganz verblödet bin ich nun auch nicht. Ich ging in die Entgegengesetzte Richtung und sah mich dort um, auch wenn ich wusste, dass der Kessel eigentlich unten irgendwo stand, aber man musste ja den Schein wahren. Allerdings bereute ich meine Entscheidung schnell, als ich auf die Skelette stieß, da hätte ich doch lieber das alte Tagebuch gefunden. „Geralt!“ rief ich nachdem Hexer, schließlich brauchte er die Hinweise, um zu dem Entschluss zu kommen, dass es wirklich ein Fluch war und ihn zu lösen. Es dauerte nicht lange, da hörte ich seine eiligen Schritte. Ich ließ ihm den Raum, denn er brauchte, um alles zu untersuchen. Schließlich fand er auch den alten Brief und las ihn vor. *Hm, mit dem Spiegelhändler sollte man sich nicht anlegen.* kommentierte ich, oder wollte es, denn ich musste entsetzt feststellen, dass keines der Worte meine Lippen verlassen hatte. „Hast du was gesagt?“ fragte Geralt, ohne von dem Brief aufzuschauen. *Ich glaube ich weiß wer den Fluch ausgesprochen hat.* versuchte ich es erneut, doch wieder drang kein Ton hervor. Scheiße, was hatte das zu bedeuten? Hatte ich irgendwas angefasst oder eingeatmet, dass so etwas auslösen konnte? In meiner Panik bemerkte ich zunächst gar nicht, das Geralt auf einmal vor mir stand. „Eve? Eve! Was ist den los? Beruhig dich doch.“ Versuchte er mich aus meiner Panik zu reißen. Erst als er mich an den Schultern fasste und mich kurz schüttelte, wurde ich mir der Umgebung wieder bewusst. Mit Schreckgeweiteten Augen sah ich ihn an. „Was ist los?“ wollte der Hexer erneut wissen. „Geralt, … ich, … ich.“ Stotterte ich. „Ich bin hier, was ist?“ fragte er sanft. Beruhigt stellte ich fest, dass meine Stimme wieder da war. Erleichtert fiel ich ihm in die Arme. Darüber völlig irritiert, erwiderte er die Umarmung nur zögerlich. „Ich, … meine Stimme, … sie war eben weg. Ich konnte nicht mehr sprechen.“ Stammelte ich. Er seufzte, „Ich hätte dich vielleicht doch lieber bei Regis lassen sollen, wenn dich ein paar Knochen und Dunkelheit in eine Panikattacke versetzen.“ Murmelte er. „Daran liegt es nicht. Meine Stimme war wirklich plötzlich weg!“ prostierte ich. „Jetzt ist sie ja wieder da. Am besten bleibst du in meiner Nähe.“ Er tätschelte mir noch einmal unbeholfen den Rücken, ehe er sich von mir löste. „Komm, hier oben haben wir alles gesehen, wir sollten uns unten noch umschauen. Außer du möchtest vielleicht draußen bei den Tieren warten?“ fragte er mich, als er sich auf den Weg aus dem Raum machte. Schnell schüttelte ich den Kopf, ich wusste nicht, wie der Wicht reagieren würde, wenn sie mich draußen vor dem Haus vielleicht sah. Unten im Keller stießen wir schnell auf das Lager des Wichts und den Kessel, leider war er leer. „Wir müssen wohl warten, bis es zurück kommt.“ Murmelte Geralt, er schien nicht unbedingt begeistert davon zu sein. „Wir müssen uns ein Versteck suchen.“ Seufzte er dann noch. Ich stimmte ihm zu, auch wenn es im Schrank zu zweit wohl recht eng werden würde. Geralt kam wohl auch zu dem Schluss, da er das Möbelstück zweifelnd ansah. Ich grinste ihn an und hielt ihm die Tür auf, „Nach dir!“ Grummelnd stieg er in den Schrank und stellte sich so hin, dass er durch die losen Bretter in der anderen Schranktür hindurch sehen konnte. Ich konnte mich daher nur in die verbliebene Ecke quetschen, so dass wir die Tür auch zumachen konnten. Es war ziemlich unbequem und auch stickig in dem Schrank. Es war ein Wunder, das ich bei dem ganzen Staub nicht Niesen musste. Ich musste mich wirklich zusammenreißen, nicht anfangen zu quengeln, als die Wartezeit immer länger wurde. Ich konnte mich noch nicht mal ablenken, nur auf das morsche Holz vor mir starren und ab und zu mal zu Geralt blicken. Wir standen so dicht bei einander, dass sich unsere Oberarme berührten, daher wagte ich es auch nicht wirklich, mich zu bewegen, um nicht ausversehen ein Geräusch zu verursachen, das von seinem Kettengeflecht der Rüstung stammte. Ich war kurz davor, Vorzuschlagen, dass ich mir in einem anderen Raum ein versteck suchen könnte, als Geralt einen Zeigefinger an seine Lippen hielt. Sofort lauschte ich gespannt auf irgendwelche Geräusche, doch mit meinen normalen Sinnen dauerte es deutlich länger, bis ich den Fleckenwicht hören konnte. Sie kam schlurfend näher und gab merkwürdige Geräusche von sich. Ich wartete auf eine Reaktion von dem Hexer, ob er eine Entscheidung getroffen hatte, ob er den Fluch lösen würde. Langsam bewegte er seine Hand zu seinem Silberschwert. Ich stupste ihn an und schüttelte den Kopf und deutete dann auf mich. Seine Augen weiteten sich, als meine andere Hand in Richtung Schranktür glitt. Er sah mich finster an und schüttelte den Kopf. Er wollte mich aufhalten, doch als ich hörte wie sich Marlene wieder vom Schrank entfernte, duckte ich mich unter Geralts Arm hindurch und stieg aus dem Schrank. Von dem Geräusch alarmiert, wirbelte der Wicht zu mir rum und hatte einen Stuhl wie eine Abwehrwaffe in der Hand. Vorsichtig hob ich die Hände, um zu signalisieren, dass ich keine Gefahr darstellte. „Keine Angst, ich tu dir nichts.“ Sprach ich leise. ~Ich bin hier, um dir zu helfen. Ich weiß wie man den Fluch löst.~ wechselte ich ins telepathische. Vielleicht würde sie mich so eher verstehen. Fragend legte die Kreatur den Kopf schief, ~Du weißt wie?~ fragte sie zögerlich. Neben ihrer telepathischen Frage gab sie schnatternde Geräusche von sich. Ich nickte. ~Ich habe einen Freund mitgebracht. Er kann deinen Fluch lösen.~ versprach ich ihr. Suchend blickte sie sich um. ~Er versteckt sich noch, wir wollten dich nicht erschrecken.~ erklärte ich ihr rasch. Langsam stellte sie den Stuhl ab. ~Darf ich ihn rufen?~ wollte ich wissen. Eifrig nickte sie und gab erfreute Geräusche von sich. „Geralt, du kannst rauskommen. Aber langsam.“ Ich wagte es nicht, den Blick von dem Wicht zu nehmen, falls sie doch etwas tun würde. Aufgeregt blickte der Wicht erneut durch das Zimmer. Ich hörte wie Geralt langsam aus dem Schrank trat und auf uns zu kam. Vorsichtig wich Marlene zurück. „Keine Angst, das ist Geralt. Er ist ein Freund. Er wird helfen den Fluch zu lösen.“ Redete ich beruhigend auf sie ein. ~Freund? … Essen?~ fragte sie, wobei Geralt vermutlich die schnatternden Geräusche hörte. Ich nickte, „Ganz genau, wir werden deine Gäste sein, wir setzen uns freiwillig an deine Tafel.“ Ich nahm den Stuhl, der vor ihr auf dem Boden lag und stellte ihn an den Tisch, wobei ich ihr aber weder den Rücken zu wandte noch aus dem Blick ließ. Die Situation konnte jeder Zeit kippen. Aber bislang schien der Wicht freudig aufgeregt zu sein. Geralt ging langsam zum Kessel und nahm in jede Hand eine Schale, die er dann mit der Suppe füllte. Der Wicht blickte aufgeregt zu ihm und dann zum Kessel und zu mir. Geralt stellte die Schalen auf den Tisch und setzte sich. „Komm wir essen gemeinsam.“ Sprach er leise und auch ich zog mich zum Tisch zurück. Die Freude, die die Kreatur ausstrahlte, war schon beinahe ansteckend. Eilig huschte sie in eine Ecke, um sich einen Holzklotz zum Sitzen zu holen und Geralt nutzte die Chance, um Regis eine Probe abzufüllen. Womit ich jedoch nicht rechnete, war das sie auch noch eine dritte Schale holte und diese gefüllt vor mich stellte. ~Freund essen!~ bestimmte sie und setzte sich dann auch an den Tisch. Ich schluckte, scheiße so war das nicht gedacht. Zweifelnd sah ich zu Geralt, doch auch er schien nicht zu wissen, was ich nun machen sollte. Erwartungsvoll nahm der Wicht einen Löffel zur Hand und hielt ihn hoch. Doch Geralt schüttelte den Kopf, „Nein, keine Löffel.“ Erklärte er. ~Freund nicht essen?~ fragte die Kreatur verwirrt. ~Doch, doch. Aber wir dürfen nicht mit einem Löffel essen.~ beruhigte ich sie schnell und ließ genau wie Geralt den Löffel fallen, die Kreatur machte es uns nach. Geralt hob die Schale mit beiden Händen, der Wicht machte es nach und sah mich neugierig an. Mir blieb also nichts anderes übrig, ebenfalls danach zu greifen. Ich schluckte erneut und wurde ein wenig blass, vermutlich auch leicht grün im Gesicht, als sich der Gestank des Gebräus in meine Nase ätzte. „Eve!“ zischte der Hexer leise. Doch es gab kein zurück und ich konnte nur warten bis Geralt die ersten Schlucke der Suppe gegessen hatte. Leider wartete der Wicht bis auch ich die Schale endgültig an meine Lippen hob. Ich hoffte nur, dass jetzt nichts in meinen Mund lief, während ich so tat als würde ich ebenfalls essen. Hoffentlich war der minimale Kontakt an meinen Lippen nicht schädlich für mich. Sobald ich sah, dass der Wicht seine Portion gegessen hatte, ließ ich die Schale fallen und wischte mir die Lippen am Ärmel ab. Geralt keuchte und seine Adern waren im Gesicht deutlich zu sehen. „Du musst in die Schale schauen. Du musst dich selbst sehen.“ Japste der Hexer, während er mit den Auswirkungen des Giftes kämpfte. ~Sieh in die Schale, bitte. Dann ist der Fluch gelöst.~ bat ich den Wicht. Und tatsächlich betrachtete sich die Kreatur in der Spiegelung. Interessiert kippte sie die Schale ein wenig und schien sich wirklich zu betrachten. Dann entstand um sie ein bläuliches Leuchten und sie kippte von ihrem Hocker. Sobald sie sich aufgerappelt hatte, floh sie aus dem Raum. Geralt wollte ihr hinterher, doch ich war schneller. „Ich mach das!“ rief ich ihm zu und lief hinter der Kreatur her. Ich vertraute darauf, das Geralt bei unserer Ankunft keine Geisterhunde übrig gelassen hatte, die jetzt auf mich lauern konnte. Ich eilte die Treppen herunter und versuchte die alte Frau zu finden. Ich wusste sie musste hier irgendwo sein. Nach einigen Augenblicken der Suche fand ich sie hinter einem Baum zusammen gekauert. „Ist gut, du bist jetzt sicher.“ Doch sie kauerte sich nur noch mehr zusammen. ~Shady, komm mal bitte her.~ rief ich nach dem kleinen Wolf. Mir war eingefallen, dass Tiere ja bei ängstlichen Kindern helfen konnten, wieso dann nicht auch bei alten Damen, die gerade von einem schrecklichen Schicksal befreit wurden. Während ich auf meinen kleinen Freund wartete, sprach ich weiter beruhigend auf Marlene ein. Shady war wirklich eine kleine Hilfe. Sie war ihm deutlich zugetaner als mir, allerdings konnte ich ihr misstrauen gut nachvollziehen. Bald darauf kam auch Geralt dazu, er sah ein klein wenig besser aus, aber seine Adern waren immer noch deutlich unter der Haut zu sehen. Wenigstens sah er nicht mehr danach aus, als würde er jeden Moment umkippen. Er schaffte es endgültig Marlene zu beruhigen und nahm sie dann in seine Arme. Glücklicherweise hatte er die Pferde auch mit gebracht, so dass ich nicht noch einmal zum Haus hoch laufen musste. Ich half ihm, Marlene auf sein Pferd zu setzen und hielt sie fest, bis er ebenfalls im Sattel saß. Die alte Dame ertrug dies geduldig und lehnte sich wieder in die Arme von Geralt, sobald dieser aufgestiegen war. Er reichte ihr ein paar streifen Trockenfleisch, da sie wirklich ausgehungert war. Ich beobachtete die beiden und folgte ihnen dann. Unterwegs erzählte sie uns, wie es zu dem Fluch kam. Sie bereute ihr verhalten von damals aufrichtig. Nicht nur, weil sie daraufhin verflucht wurde, sondern weil sie nun verstand, was es hieß ausgegrenzt zu sein und zu hungern. Ich hatte wirklich Mitleid mit ihr. Jemanden eine Lektion zu erteilen, gut und schön, aber doch nicht auf unbegrenzte Zeit. Der Fluch hätte sich selbst lösen sollen, sobald sie ihre Taten wirklich von Herzen bereute. Aber so etwas würde Gaunter nie machen. Vermutlich sah er die Menschen einfach gerne leiden und erfreute sich daran. Geralt schaute mich fragend an, als ich über meine Gedanken knurrte, aber ich schüttelte beruhigend den Kopf. Langsam näherten wir uns dem Anwesen. Aktuell sah von weitem noch besser aus, als von nahem, aber ich hoffte, das Geralt zumindest den Innenausbau bald vorantreiben würde. Die Arbeiter auf dem Hof, die mittlerweile angestellt waren, sahen auf, als wir durch das Tor ritten. Vor der Scheune hielten wir an und stiegen von unseren Pferden. „Ich kümmere mich um die beiden, bring du ruhig schon einmal Marlene rein. Ich folge dir dann später.“ Bot ich Geralt an. Dieser nahm dankend an und verschwand mit Marlene in seinen Armen aus meinem Blickfeld. Shady nutzte die Gelegenheit, um sich auf dem Weingut umzusehen und alles zu beschnüffeln. Unter den neugierigen Blicken der Arbeiter nahm ich den Pferden die Sättel und legte diese über einen alten Sägebock. Aus der Satteltasche holte ich eine Bürste und fing an die Rücken der Pferde abzubürsten. Sie hatten es bitter nötig und auch definitiv verdient. Es kam jede Menge Staub und auch getrockneter Schweiß aus dem Fell. Ich war froh, dass sich keine Scheuerstellen gebildet hatten, aber Plötze und Lalin hätten da dann auch rechtzeitig bescheid gesagt. Auch die Beine und Hufe kontrollierte ich sorgfältig. Die Pferde entspannten sichtlich bei der Behandlung und ließen ihre Köpfe sinken. Daher beschloss ich, dass sie sich die Ruhe verdient hatten und holte ihnen Wasser mit Eimern. Der Bach war ja zum Glück nicht sehr weit, auch wenn ich einige Male hin und her lief. Als die Pferde sich satt getrunken hatten, nutzte ich das restliche Wasser im Eimer und wusch mir damit das Gesicht und die Hände. Anschließend nahm ich unser Gepäck und trug es in Richtung Haus. Die Stufen wäre ich beinahe hoch gestolpert, da ich sie zu spät sah. Ich konnte mich aber noch rechtzeitig fangen, Geralt wäre sicherlich nicht sehr erfreut über zerbrochene Gläser in den er seine Alchemiesachen und Tränke aufbewahrte. „Geralt? Wo soll ich das Zeug hin packen?“ fragte ich, als ich das Haus betrat. Geralt kicherte leise, als er mich so schwer beladen sah. „Die Tür dort, da kannst du es erst einmal deponieren.“ Wies er mich an und öffnete die Tür sogar, als er bemerkte, dass ich damit Schwierigkeiten hatte. Nachdem alles abgeladen war und ich zu den anderen zurück kam, musterte mich Barnabas eindringlich und mit gerümpfter Nase. „Barnabas-Basilius, das ist Eve. Sie hat sich eben noch um die Pferde gekümmert und ist meine Assistentin. Eve, das ist Barnabas-Basilius, er ist der Haushofmeister hier.“ Stellte Geralt uns vor. Ich nickte ihm freundlich zu. „Deine Assistentin Herr? Ich nehme an, sie wird dann auch auf dem Gelände bleiben?“ wollte der Brillenträger wissen. „Gewiss Barnabas-Basilius, sie hilft mir bei den Ermittlungen, warum sollte sie woanders bleiben?“ stellte der Hexer die Gegenfrage. „In Ordnung, dann werde ich bei Zeiten dafür sorgen, dass ihr ein Quartier zugewiesen wird. Möchtest du, dass ich dir das Gelände zeige?“ fragte der Haushofmeister dann. Geralt nickte, „Ja gerne. Eve du kannst bei Marlene bleiben und ebenfalls etwas essen.“ Der Hexer stemmte sich von der Wand ab, an der er gelehnt hatte und folgte Barnabas. Ehrlich gesagt, war ich froh über das Angebot von Geralt. Ich hatte schon das Gefühl, mir würde mein Magen in den Kniekehlen hängen. Seit dem gestrigen Frühstück hatte ich keine Gelegenheit mehr, etwas zu essen. Ich setzte mich zu dem ehemaligen Wicht an den Tisch und nahm mir ebenfalls etwas zu essen. Wobei mich die Frau ganz genau beobachtete, als hätte sie Angst, ich würde ihr etwas weg nehmen. Ich konnte es ihr nicht übel nehmen. In gemütlicher stille verspeiste ich mein Mahl und nutzte dann die Gelegenheit, mich auch noch ein wenig auszuruhen. Marlene war immer noch mit essen beschäftigt und daher nicht sehr gesprächig. Aber auch das konnte ich ihr nicht übel nehmen. Da Geralt und Barnabas aber dann noch ein wenig länger zu brauchen schienen, setzte ich mich nach draußen auf die Terrasse und wartete bis die beiden zurück kamen. Es wurde bereits Nachmittag, als ich die Stimmen von Geralt und Barnabas näher kommen hörte, sie schienen bereits über die ersten Renovierungsarbeiten zu sprechen. „Eve, hol die Satteltaschen, wir müssen zu Regis zurück.“ Rief er mir zu, als er mich entdeckte. Ich hob die Hand, um zu signalisieren das ich ihn gehört hatte und stapfte ins Haus zurück. Ich hängte mir die Taschen über die Schultern und brachte sie zu den Pferden. Glücklicherweise musste ich nicht wieder alles zurück schleppen. Ich ging einfach davon aus, dass wir unsere Schlafmatten nicht brauchen würden. Und wenn doch, in Toussaint war es wenigstens warm genug, um auch mal ohne schlafen zu können. Geralt hatte die Pferde schon gesattelt und auch Shady war wieder aufgetaucht. Wie ein Hund saß er zu Geralts Füßen und wartete brav, bis wir in den Sätteln saßen. Also zurück zu Regis. Mal sehen, wie weit er bereits mit dem Absud war, oder ob er überhaupt schon angefangen hatte. Im gemütlichen Schritt ritten wir aus dem Tor und dann die Wege entlang, Richtung Friedhof. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)