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Die Wölfe 2 ~Die Killer des Paten~

Teil II
von

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~Der weiße und der schwarze Wolf~

Jetzt mache ich das schon drei Monate lang in Aarons Auftrag, aber an diese Schießereien habe ich mich noch immer nicht gewöhnt. Mir dröhnen die Ohren von dem Lärm, jede Faser meines Körpers ist angespannt.

Die Trommel meines Revolvers ist leer. Mit zitternden Händen greife ich in die Taschen meiner Jacke und suche nach weiteren Patronen.

„Das gibt es doch nicht, dass ihr euch von zwei Kindern fertig machen lasst! Legt sie endlich um!“, schreit einer der Kerle, die es auf uns abgesehen haben.

Schüsse hämmern in den Beton des Pfeilers, hinter dem ich Schutz gesucht habe. Bei jedem Einzelnen zucke ich zusammen. Wenn ich nur meine Hände unter Kontrolle bringen könnte, ich bekomme die Munition einfach nicht in die Trommel.

Wieder kracht eine Kugel in den Pfeiler, sie schlägt ein Stück Beton aus.

Ein Blitz des Entsetzens durchfährt mich. Bin ich getroffen worden? Nein, nichts, kein Blut, kein Schmerz.

„Daneben!”, schreie ich meine Gegner an. Das macht mir neuen Mut. Ich zwinge mich zur Ruhe, fülle die Trommel mit Patronen und drehe sie ein.

Was treibt Toni eigentlich die ganze Zeit? Mein Leibwächter ist für die Drecksarbeit zuständig. Warum hat er diese Kerle nicht längst erschossen?

„Bandel! Tu endlich was!”, schreie ich seinen Nachnamen so laut, dass meine Stimme als Echo von den Wänden der Lagerhalle zurückgeworfen wird.

„Tu gefälligst selbst mal was! Ich kann nicht alles alleine machen”, ruft Toni vom anderen Ende der Halle.

Es tut unendlich gut seine Stimme zu hören. Er ist am Leben, das erleichtert mich. „Ich hasse es zu töten!”, rufe ich ihm zu. Kann Toni diese Typen nicht einfach über den Haufen schießen, so wie sonst auch immer?

„Herrgott, tu’s einfach Enrico! Ich muss vielleicht auch mal nachladen.”

„Verdammt, legt zuerst den schwarzen Wolf um!“, schreit einer unserer Feinde.

Ein lauter Knall und dann folgt ein Schrei, der langgezogen durch die Halle schallt und schließlich erstirbt. Sicher hat Toni wieder einen erwischt, denn seine Stimme war das nicht. Sehr gut, bleiben nur noch zwei.

Wieder schlägt eine Kugel in den Pfeiler ein. Ich zucke zusammen. Können die Kerle nicht mal wo anders hin schießen? Wie soll ich sie ausschalten, wenn ich nicht mal aus der Deckung komme? Ich lege den Finger um den Abzug meiner Waffe. Wenn ich richtig mitgezählt habe, sind die Trommeln meiner Gegner gleich leer. Ob ich es wagen kann nachzusehen?

Einen flüchtigen Blick werfe ich um den Pfeiler herum. Wo sind die zwei Männer, die noch übrig sind? Ich suche die Halle nach ihnen ab.

Irgendwo blitzt eine Waffe auf, es donnert laut.

Gerade noch rechtzeitig kann ich den Kopf einziehen. „Scheiße!”, fluche ich und drücke mich mit dem Rücken an den Pfeiler. Mit geschlossenen Augen warte ich ab. Wie ich das hier hasse!

„Enrico, rechts von dir!”, ruft Toni.

Ich reiße die Augen auf und sehe nach rechts.

Da ist eine Waffe und ihr Lauf zielt auf mich.

Ich reiße meinen Revolver hoch und schieße. Immer wieder ziehe ich den Hahn und drücke ab, so lange, bis keine Kugel mehr in der Waffe ist.

Der Mann vor mir bricht zusammen, er sackt auf die Knie. Sein Gesicht ist eine einzige zerfetzte Wunde, in seiner Brust klaffen zwei Löcher.

Mir wird schlecht, ich wende den Blick ab. Jetzt habe ich schon wieder die Kontrolle verloren und was noch viel schlimmer ist, meine Trommel ist leer. Mit einem tiefen Seufzer klappe ich sie auf. Wenn ich so weiter mache, habe ich bald keine Munition mehr. Mit zitternder Hand durchsuche ich meine Jackentasche, ich kann noch zwei Patronen erfühlen, als sich der Lauf einer Waffe gegen meine Schläfe drückt.

„Das war mein kleiner Bruder, du Missgeburt! Ihr verdammten Wölfe!”, schreit mich eine raue Männerstimme an.

Ich sehe eine Hand, den Zeigefinger um den Abzug. Mir stockt der Atem. Verdammt! Ich will noch nicht sterben!

Die Zeit scheint stehen zu bleiben. Ich sehe mein Leben noch einmal an mir vorbeiziehen: Meine Kindheit mit meinem Bruder, bei der wir unsere Eltern viel zu früh verloren. Die Zeit als ich meinen Leibwächter Antonio kennen lernte. Der erste Kuss mit ihm und der zweite, unsere erste, gemeinsame Nacht.

Ein lauter Knall dröhnt mir in den Ohren. Ich schließe die Augen.

Bin ich tot? Fühlt sich so sterben an? Seltsam, es tut nicht einmal weh.

„Du bist noch immer ein Anfänger!”, sagt Toni.

Ich kann seine warme Hand auf meiner Schulter spüren. Vorsichtig öffne ich erst eines, dann das andere Auge.

Kopfschüttelnd steht Toni neben mir. Seine schwarzen Haare fallen ihm locker ins Gesicht und rollen sich an ihren Spitzen zu kleinen Locken zusammen. Seine linke Augenbraue durchzieht eine rote Narbe. Die smaragdgrünen Augen schauen spöttisch.

Ich sehe an ihm vorbei.

Der Kerl, der mich bedroht hat, liegt mit einer Schusswunde im Kopf am Boden, wie immer mittig zwischen die Augen. Sein Blut verteilt sich auf dem Boden.

„Musst du die immer regelrecht hinrichten? Geh mal ein bisschen sparsamer mit unserer Munition um! Die ist teuer”, sagt Toni. Er nimmt seine Hand von meiner Schulter und geht vor dem Toten in die Hocke. Ungeniert sucht er die Leichen nach Wertsachen und Munition ab.

Ich nehme seine Worte nur gedämpft wahr. In meinem Kopf dröhnen noch immer die viel zu lauten Schüsse. Als ich mich erhebe, zittern meine Knie. Ein Gefühl von Schwerelosigkeit breitet sich in mir aus. Wir haben überlebt, mal wieder.

„Komm schon! Sehen wir nach, wo sie Aarons Kohle gebunkert haben. Ich will hier raus, bevor die Bullen aufkreuzen.” Toni geht voraus.

Ich folge ihm und fühle mich, als wenn ich auf Wolken schwebe. Noch immer rast mein Herz, ich spüre es bis an den Hals schlagen. 'Die Typen sind tot, wir leben noch, alles ist gut' – rede ich mir selbst ein.
 

Über eine Treppe folge ich Toni in den ersten Stock. Ganz allmählich lässt das Kribbeln in meinen Adern nach, meine Gedanken werden wieder klar.

Toni öffnet eine Tür.

In dem Raum dahinter gibt es nur einen Tisch und ein großes leeres Regal. Auf der Tischplatte liegt ein schwarzer Aktenkoffer.

Wir gehen auf ihn zu. Toni öffnet den Verschluss und klappt den Deckel auf. Etliche gebündelte Geldscheine kommen zum Vorschein.

Mein Leibwächter verschafft sich einen groben Überblick. „Sieht so aus, als wäre noch alles da. Also dann, Abflug!”, sagt er.

„Den nehme ich!”, sage ich und reiße den Koffer an mich.

Toni wirft mir einen misstrauischen Blick zu. „Was geht schon wieder in deinem kranken Kopf vor sich?”, fragt er. Die Arme stemmt er in die Seite.

Ein breites Grinsen schleicht sich mir ins Gesicht. „Nichts?”, lüge ich. Mit dem Koffer unter dem Arm verlasse ich das Büro.

Tonis Schritte eilen mir nach. „River!“, ruft er wütend meinen Nachnamen, „Treib mich nicht in den Wahnsinn! Wir bringen die Kohle zu Aaron und dann geht’s nach Hause. Ich hab die Schnauze voll für heute!”

„Ja ja!” Mit schnellen Schritten laufe ich die Treppe nach unten und durch das offene Rolltor ins Freie.

Toni ist mir dicht auf den Fersen. Seine Hand packt meinen Arm, er dreht mich zu sich. „Ich verstehe da keinen Spaß Enrico! Der Koffer kommt zurück zum Chef und wir gehen nach Hause!”

„Aaron wird sein Geld schon noch bekommen“, sage ich so ernst es mir möglich ist, doch ich kann nichts gegen das Grinsen tun, dass sich mir ins Gesicht zwingt.

„Wenn du wieder irgendwelche Scheiße baust, hau ich dir ein paar aufs Maul, ich schwör's dir!“ Toni gibt mich frei.

Wir laufen zu unseren Motorrädern und steigen auf. Während wir die Maschinen starten, sage ich: „Wir bringen den Koffer zurück, aber nicht sofort.” Wir haben unser Leben doch nicht dafür riskiert ihn einfach nur abzuliefern.

Tonis finsterer Blick ist mir sicher.

Ich gebe Gas und fahre mit quietschenden Reifen los.

Er fällt hinter mir zurück, doch nicht für lange. Kaum einen Moment später taucht seine Maschine neben meiner auf. „Du Irrer! Was hast du jetzt wieder vor?”, schreit er gegen den Fahrtwind an.

„Ich bin mit Erik beim Pokern verabredet. Dort werde ich die Kohle verdoppeln und wir können endlich unsere Fabrik kaufen.”

„Dir ist wohl die Schießerei eben nicht bekommen, was?”

„Was denn? Traust du meinen Falschspielerkünsten nicht?“, frage ich und lache.

Tonis Miene verfinstert sich weiter. „Du Wahnsinniger! Gib mir den Koffer!”, fordert er.

Ich weiche ihm aus, Toni greift ins Leere.

„Sieh lieber nach vorn!”, rate ich.

Toni schafft es gerade noch so einem entgegenkommenden LKW auszuweichen.

Während er nun gezwungen ist, der Straße geradeaus zu folgen, biege ich ab. „Wir treffen uns im Midnightsclub!”, rufe ich ihm zu. Um den gewonnenen Abstand auszubauen, schalte ich einen Gang höher und gebe ordentlich Gas.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  shirokoneko
2018-03-12T21:13:49+00:00 12.03.2018 22:13
Hey Enrico,

dein Namensgeber ist gerade dabei den Verstand zu verlieren. Ich Stimme Antonio zu, er ist ein Wahnsinniger. Ist ihm nicht bewusst das Pokern ein Glücksspiel ist? Mal gewinnt man oft verliert man? Zugegeben jemand der das hobbymäßig Spiel, auch um Geld, meinte mal zu mir man sucht sich immer nur welche von den man weiß sie sind schlechter als man selbst. Ich glaube aber nicht das Enrico alle kennst und weiß ob er besser ist oder nicht. Was seine Falschspielkünste angeht kann er immer noch erwischt werden. Wie war das gleich noch mit unserer Diskussion mit Enrico und Vernunft beziehnungsweise absehen der Konsequenzen seines Handelns?
Was hat sich Antonio mit ihm nur angetan. Ich will dem Blondschopf einen über den Kopfziehen. Wenn ich die Überschrift des zweiten Kapitels lese habe ich Bilder vor Augen wo er wegen zu schnellem fahrens angehalten wird und die das Geld beschlagnahmen. Kann ja nicht sein das ein Kind, welches noch gar kein Motorad fahren darf wahrscheinlich, mit einer halben Million durch die Gegend fährt. Ich sehe Enrico in Panik und Aaron kochen.
Wie war der einzige Punkt wo sich Raphael und Antonio mal einig waren?
"Macht er dich nicht Manchmal Wahnsinnig?" - "Manchmal? Jeden Tag."
Irgendwie so war da doch mal was. Da stellt sich mir doch die Frage ob Blondie auch nur einen Funken Respekt oder Furcht für Aaron empfindet. Oder auch nur über einen Funken gesunden Menschenverstandens verfügt.
Während der Schießerei war er ja ein wandelnder Panikanfall. Nicht das es nicht verständlich wäre. Er macht das erst einen Monat da kann man nicht erwarten schon so abgebrüht zu sein wie sein Leibwächter. Dieser maht sowas ja schon länger.
Interessant war aber das er Bandel geschrien hat statt Toni. Es klang im ersten Moment distanziert war aber scheinbar der Anspannung geschuldet und der Ungewissheit wie es enden wird. Es freute mich aber zu lesen das Antonio ihn so leicht Beruigen konnte einfach in dem er Antwortete und bestätigte noch inordnung zu sein. Es zeigt aber auch wie Stark er noch auf ihn angewiesen ist. Seine Schwelle zum töten ist nicht nicht sonderlich niedrig. Unpraktisch für ihn aber sehr beruhigend für mich. Man kann dieses ganze Intermezzo fast als Abhärtung für den weißen Wolf sehen.
Zudem weiß ich gar nicht was Toni hat. Enrico kann doch schießen. Jetzt muss er nur noch lernen rechtzeitig wieder aufzuhören. Nicht zu vergessen, dass er seine komplette Munition vom Revolver in seinen Gegner entleert hat, aber sich bei Toni beschwert er würde seine Gegner hinrichten. Was tut er dann?

Was mir bei Enricos Gedanken ob er angeeschossen wurde ein gefallen ist. Kennst du das "Walk-Talk-and-Die-Syndrom"? Es ist ja nicht so wie in den Filmen das man nach hinten fliegt wenn man getroffen wird und aufgrund des Adrenalins merkt man es vielleicht auch nicht mal. Dann Läuft mn noch rum, redet und fällt dann wegen Blutverlust oder weil doch was wichtiges getroffen wurde Tod um. Habe ich in einem Kriminalroman gelernt. Also immer jemandem nach sehen lassen wenn man denkt angeschossen worden zu sein. Wir willen ja nicht das jemand stirbt. Nunja du vielleicht schon wenn du eine Figur nicht mehr magst oder jemanden opfern musst damit die Geschichte funktioniert. In diesem Sinne bestehe ich darauf das Antonio unantastbar ist und für dessen wohl besser auch Enrico.


Soweit jetzt erstmal von mir.

Liebe Grüße
whitecat
Antwort von:  Enrico
14.03.2018 09:01
Guten Morgen whitecate,

heute komme ich auch endlich mal zum Antworten^^.
Ich fand deine Reaktion echt lustig zu lesen. Hab auch sehr damit gerechnet dass du dich über Enrico so aufregen würdest. Lustiger Weiße spielt das mit man sucht sich Gegner die schlechter sind, tatsächlich eine Rolle in Enricos Plan, wenn auch im umgekehrten Sinne. Denn auch wenn es hier absichtlich nicht so wirkt, weiß Enrico in dieser Sache tatsächlich was er tut^^. Ich hoffe ich bekomme heute endlich das dritte Kapitel fertig und bin dann natürlich wieder sehr auf deine Meinung gespannt.

Deine Idee für das zweite Kapitel war schon spannend, aber da geht es um etwas naheliegenderes. Immerhin haben beide ja einen Tatort hinterlassen^^.

Ja Enrico und Respekt^^ lach. Erstaunlicher Weiße wird Aaron mal der Einzige sein wo er zumindest einen Funken Respekt zeigen wird, ansonsten nö. Und im zweiten Teil dieser Romanreihe wird das mit ihn noch deutlich schlimmer werden. Das Zitat hast du da echt gut gewählt. Ja besonders Toni wird in diesem Teil darunter zu leiden haben und so mansches mal dem Wahnsinn nah sein^^.

Interessant das als Enrico Bandel anstatt Toni gerufen hat, so eine Wirkung hatte. Im Grunde wird Tonis Nachnahme so was wie ein Schimpfwort. Wenn Enrico sauer ist oder eben wie in der Situation angespannt, dann ruft er ihn beim Nachnamen.

Und ja eine gewisse Abhärtung sind die Aufträge die Toni und Enrico nun ausüben für Enrico. Und naja ob aus nächster nähe drauf zu halten und so oft ab zu drücken bis die Trommel leer ist man wirklich schießen können nennen kann. Klar er kann mitlerweile mit der Waffe umgehen, laden und abdrücke und so weiter aber das wars dann auch schon^^. Und im vergleich zu Toni ist er eben einfach nur schlecht darin. Selbst wenn er seine Panik besser im Griff hätte.

Das syndrom direkt kenne ich nicht, habe aber mal eine Doku gesehen, wo jemand mit einer Schussverletzung ins Krankenhaus gelaufen ist und den Arzt gefragt hat, ob er es schaffen wird und der Arzt meinte sie sehen ja noch gut aus das wird schon und wo sie ihn aufgeschnitten haben, wars zu spät. Also ich denke ich weiß was du meinst. Gerade im Adrenalinrausch merkt man ja keinen Schmerz. Hatte ich ja auch im letzten Kapitel des ersten Teils, da hat Enrico die Schusswunde im Arm auch nicht gespürt bis Susen sie verarzten wollte. Aber danke für den Hinweis, vielleicht ergibt sich dafür noch mal eine Gelegenheit das im Roman einzubauen.

Liebe Grüße
Enrico


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