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Blut_Linie

von

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Frieden wünschen

Daniel sauste pfeilschnell dahin. Die Nacht war warm, und es war angenehm zu fliegen. Er genoss die laue Luft, aber auch die Geräusche der Nacht. Eulenrufe. Erste frühe Vogelstimmen. Das ferne Bellen eines Hundes in irgendeinem Dorf.

Als er den Stadtrand von Berlin erreichte, war die Nacht bereits zu Ende und es war schon heller Morgen. Er landete auf dem Dach eines Hochhauses, verwandelte sich und lief dann über den Notausstieg hinunter ins Treppenhaus und von da auf die Straße.

Er sah auf seine Handyuhr. Es war noch früh, und da heute Sonntag war, würden wohl alle noch schlafen. Er beschloss, erst einmal etwas zu frühstücken.
 

In einem kleinen Café setzte er sich an einen der Tische auf dem Trottoir. Dann bestellte er sich ein Croissant und einen Cappuccino.

Als das Getränk kam und er genüsslich von dem köstlichen Milchschaum trank, drifteten seine Gedanken ab zu Marti. Er musste immer, wenn er Cappuccino trank, an Marti denken, denn von ihm hatte er ein solches Getränk zum ersten Male bekommen. Er hatte daheim im Schloss den Küchenbediensteten beigebracht, wie man Cappuccino zubereitete, und immer wenn die Sehnsucht allzu groß wurde, ließ er sich dieses Heißgetränk servieren.
 

Marti.

Zwar war er gekommen, um Steve zu holen, aber ... sicher würde er auch Marti wiedersehen. Er freute sich darauf, und zugleich auch wieder nicht, denn das Wiedersehen wäre äußerst kurz und der Abschied schon so bald. Wie sehr wünschte er sich, Marti mit sich nehmen zu können.

Aber das ging nicht. Ein Mensch unter so vielen Vampiren ... nein, spätestens zum nächsten Neumond wäre das keine so gute Idee mehr, denn nicht jeder Vampir hatte seine Triebe ausreichend unter Kontrolle.
 

Verdammt noch mal, es müsste doch Wege geben!

Irgendetwas, das es möglich machte, dass Vampire nicht mehr auf frisches Menschenblut angewiesen wären!

Natürlich hatte die Forschungsabteilung im Schloss es als allererstes mit dem naheliegendsten versucht: Blutkonserven. Aber das funktionierte nicht. Das Blut musste frisch sein, konserviertes Blut hatte einen ähnlichen Effekt wie Tierblut: Es hielt einen Vampir einigen Zeit lang mehr schlecht als recht am Leben, aber schließlich siechte er dahin. Auch Blutplasma funktionierte nicht.
 

Sobald es tatsächlich eine Lösung gab, die es den Vampiren ermöglichte, ohne Gefahr für das eigene Leben auf menschliches Blut zu verzichten, würde der König, sein Vater, ein entsprechendes Gesetz erlassen. Mit Widerstand dagegen war kaum zu rechnen. Fast alle Vampire im Reich trugen die Politik ihres Herrschers mit. Immerhin breitete sich die Menschheit immer mehr aus, und so gefährlich ein Vampir für den einzelnen Menschen nun mal war, so gefährlich waren die Konflikte zwischen den beiden Rassen auch für die Vampire, denn immer mehr wehrten sich die Menschen dagegen, und gingen, in den Ländern wo man um die Vampire wusste, immer geschlossener gegen diese vor. Es war also, wenn man von der reinen Gutherzigkeit einmal absah, schlicht auch Selbstschutz und Vernunft, das Blutsaugen aufzugeben.
 

Die wenigen unbelehrbaren, die an den „geheiligten Traditionen", wie sie es nannten, festhalten wollten, würden sich dem Gesetzt beugen müssen oder eben Strafe riskieren. Aber mit der Zerschlagung der Gruppe um Friedrich vom Schlossberge gab es derer nicht mehr viele, und das war gut so, denn das Reich der Vampire war durch jahrtausendelangen Stillstand, fehlende Weiterentwicklung und das rasante Fortschreiten der Ausbreitung der Menschheit geschwächt, auch wenn man das nicht gerne zugab, und konnte innere Konflikte nicht auch noch gebrauchen.

Aber so wie es aussah, würde das ganze friedlich funktionieren, wenn, ja, wenn man nur endlich eine Lösung finden würde!
 

Daniel seufzte und kramte nach seiner Geldbörse. Das Geld der Menschen war noch immer ungewohnt für ihn, aber seit es durch die jüngsten Ereignisse um seinen Bruder regelmäßige Kontakte in die Welt der Menschen, speziell nach Berlin, gab, hatte er immer einen Vorrat davon im Schloss, um gegebenenfalls schnell darauf zurückgreifen zu können. So auch diesmal.
 

Er bezahlte und machte sich nun endlich auf den Weg zu Steve.

Als er vor dem Haus ankam, stellte er fest, dass die Fenster der Küche der WG, in der Marti, Rick und Dominik lebten, schon hell erleuchtet waren. In Steves Wohnung eine Etage tiefer sah man noch kein Licht. Er klingelte dennoch zuerst bei Steve, müsste er ihn eben wecken.

Aber nichts rührte sich, auch nicht, nachdem er dreimal geklingelt hatte.

Er zuckte mit den Schultern und betätigte die Klingel der WG.

„Ja?“, ertönte Martis Stimme aus der Gegensprechanlage.

„Marti? Hier ist Daniel!“, sagte er.

„Daniel!“ Selbst so, verzerrt durch das Schnarren des kleinen Lautsprechers, hörte er die Zärtlichkeit in Martis Stimme.

Aber nicht nur das, die Stimme klang auch aufgeregt, als er weitersprach:

„Komm rauf! Schnell!“
 

Daniel eilte de Treppe nach oben. An der Wohnungstür kam ihm Marti schon entgegen und flog ihm regelrecht in die Arme. Als Daniel ihn fest in seine Umarmung schloss, spürte er, wie der kleinere zu Schluchzen begann.

„Alles gut“, flüsterte Daniel leise und streichelte Marti sanft übers Haar. „Was auch immer los ist, es wird alles gut... ich bin für dich da.“

Langsam beruhigte sich Marti und sah Daniel mit verweinten Augen an.

„Komm...“, stotterte er und schniefte, „komm erst einmal mit rein, dann erkläre ich dir alles.“
 

Er zog Daniel an der Hand hinter sich her in die Küche. Dort standen Rick und Dom mit völlig übernächtigten Gesichtern und hielten jeder eine Tasse Kaffee in den Händen.

„Daniel ist hier“, sagte Marti, und Rick und Dominik begrüßten den Neuankömmling.

„Guten Morgen, allerseits“, sagte Daniel und begann zu erklären:

„Ich wollte eigentlich zu Steve, ich habe etwas wichtiges mit ihm zu besprechen, aber er hat nicht aufgemacht...“

Martis entsetzter Blick brachte ihn dazu, zu schweigen.
 

Rick war es, der schließlich redete.

„Steve ist ... er kam heute Nacht mit Blinddarmentzündung ins Krankenhaus. Er hat bei uns geklingelt, weil er so starke Bauchschmerzen hatte ... wir haben sofort einen Krankenwagen gerufen. Er wurde noch heute Nacht operiert. Ich ... bin mit ihm gefahren.“

„Und wie geht es ihm inzwischen?“, fragte Daniel erschrocken.

Sie zögerten.

Schließlich antwortete Dominik:

„Nicht gut. Es gab Komplikationen bei der Operation. Unvorhergesehenen Blutverlust. Er ...“

Er schluckte.

„... er liegt im Koma, und die Ärzte wissen nicht genau, wie es weitergeht.“
 

„Scheiße!“, fluchte Daniel. „Verdammte Scheiße!“

Und während Marti ihm einen Cappuccino machte, erklärte er den Freunden, warum das nicht nur für Steve so schlimm. Sondern auch für Larissa.

Da hatte das Schicksal mal wieder so richtig gemein ins Klo gegriffen.

Aber es half nichts. Sie konnten daran nichts ändern, aber vielleicht konnten sie sich ja gemeinsam etwas einfallen lassen.



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