Die letzte Chance von BuchTraumFaenger ================================================================================ Kapitel 18: 18. Der verführerische Duft einer Suppe --------------------------------------------------- Mit Kopfschmerzen wachte Shen auf. Stöhnend erhob er sich. In seinem Kopf drehte sich alles und er musste sich wieder hinlegen. Er seufzte tief. Dösend versuchte er seine Gedanken zu sortieren. Es war so viel auf einmal passiert. Er verspürte eine gewisse Hilflosigkeit und genau dieses Gefühl hasste er. Der Panda hatte ihn in seiner Gewalt. Wie konnte er nur so dumm sein? Schon das erste Mal, als er ihn gesehen hatte, kam er für ihn wie ein Idiot rüber. Das sollte der sein, der ihn besiegen sollte? Das war wie ein schlechter Witz. Plötzlich hob er den Kopf. Da waren Schritte auf den Holzstufen. Er spannte seine Muskeln an und setzte sich etwas mehr im improvisierten Bett auf. Wer war es? Wie lange hatte er eigentlich geschlafen? Kam der Panda zurück? Er fuhr hoch, als ein kleiner Kopf auftauchte. „Oh, Sie sind wach“, sagte Mr. Ping und erklomm die letzten paar Stufen. In seinen Flügeln hielt er eine kleine Schüssel. „Sie haben so tief geschlafen, dass ich Sie nicht aufwecken wollte, aber jetzt… Sie werden sicher Hunger haben.“ Er stellte die Schüssel auf einen kleinen Stuhl ab. Shen betrachtete sie mit prüfendem Blick. Die Schüssel war gefüllt mit dampfender Suppe und einem Löffel. „Genießen Sie Ihr Mahl“, sagte Mr. Ping freundlich und ging weg. „Wenn Sie irgendetwas brauchen, können Sie mich jederzeit rufen.“ Damit stieg er wieder die Treppe runter. Shen saß im Bett und wusste nicht, was er sagen oder tun sollte. Er starrte nur auf die Suppe. Der Ex-Herrscher schnupperte misstrauisch. Er musste zugeben, dass es nicht schlecht roch, doch vielleicht war es vergiftet. Hat Po dem Gänserich vielleicht erzählt, dass er dessen Eltern ermordet hatte? Shen verzog das Gesicht. Sein Magen knurrte wegen dem Duft. Er schob die Schüssel beiseite und legte sich wieder hin. Doch der Duft, der jetzt den ganzen Raum erfüllte, trieb ihn immer mehr in Versuchung. Er wanderte durch seine Nase, durch seinen Kopf und ließ in ihm Bilder von delikatem Essen hervorspringen. Seine Flügel krampften sich zusammen. Er konnte es nicht mehr länger aushalten. Was sollte er machen? Vielleicht wegschütten. Mit Mühe stand er auf. Er wickelte die Decke um seinen entfederten Körper, nahm die Schüssel vorsichtig mit seinem heilen Flügel, damit er sie nicht auf den Boden verschüttete und humpelte damit zum Fenster. Vorsichtig lugte er raus. Niemand befand sich im Hof. Er hob die Schüssel an und wollte sie gerade auskippen, als plötzlich… Er fuhr zusammen. Ein Schwein stand am Fenster des Nachbarhauses und war gerade dabei seine Blumen im Fensterkasten zu gießen. Verwundert sah es den Pfau mit großen Augen an. Erschrocken warf sich Shen die Decke über den Kopf und stolperte zurück. Hatte der Nachbar ihn erkannt? Unmöglich. Keiner hat ihn vorher jemals gesehen. Allerdings gab es nicht viele weiße Pfaue auf der Welt. Manchmal fragte er sich, ob er nicht der Einzige war. Er schlang sich die braune Decke enger um seinen Körper, immer noch ratlos was er jetzt mit der Suppe in seinem Flügel machen sollte. Sein Blick wanderte zurück in die mit Suppe gefüllte Schüssel. Wieso hatte er heute Morgen nichts gegessen? Er legte die Schüssel zurück auf den kleinen Stuhl ab, setzte sich auf die Matten und betrachte die dampfende Suppe mit grimmigem Blick und grübelte angestrengt, fast schon philosophisch. War sie vergiftet oder nicht? Wieso sollte dieser Gänserich das tun? Aus Rache oder doch nicht? Es wäre nur zu logisch doch andererseits, offengesagt, konnte er sich das nicht vorstellen. Auf einmal kam ihm eine Idee. „Hey! Komm mal her!“ Er brauchte nicht lange zu warten. „Sie haben mich gerufen, Sir?“, fragte Mr. Ping, der kurz darauf auf dem Treppenabsatz auftauchte. Shen ging nicht auf die Frage ein, sondern deutete auf die Suppe. „Könnte es sein, dass da noch Pfeffer fehlt? Oder Salz?“ Mr. Ping wurde kreidebleich. „Oh, tut mir leid, ich wusste nicht, dass… Verzeihung, ich wollte Sie nicht kränken. Ich werde das sofort korrigieren.“ Mit diesen Worten nahm er die Schüssel und rannte damit die Treppen runter. „Nein! Ich…“ Doch Mr. Ping war schon verschwunden. Shen knurrte verärgert. Eigentlich hatte er erwartet, dass der Gänserich die Suppe vor seinen Augen kostet. Jetzt konnte er nicht kontrollieren, ob er vorhatte sie zu probieren ohne anschließend tot umzufallen. Es dauerte nicht lange und Mr. Ping kam zurück. „So, Sir. Ich hoffe, dass nun alles Ihrer Zufriedenheit entspricht.“ Shen zischte. Jetzt wollte er es wissen. „Probieren“, befahl er. Mr. Ping sah ihn überrascht an. „Was soll ich, Sir?“ Jetzt war Shens Misstrauen noch größer als vorher. „Probier es, jetzt sofort!“ „Ich soll das Essen für Sie vorkosten? Warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Oh, natürlich, ich denke, dass es so Sitte in Ihrer Familie ist, nicht wahr? Sie müssen ja immerhin sehr vorsichtig sein. Nun, Sir, es wird mir eine Ehre sein Ihnen zu dienen.“ Er nahm einen anderen Löffel aus seiner Tasche, füllte ihn mit etwas Suppe und ließ es unter Shens Augen im Schnabel verschwinden. „Schmeckt deliziös“, sagte Mr. Ping glücklich über seine Kreation. Shen verengte die Augen. „Nun, dann, du kannst verschwinden.“ „Oh, sicher. Genießen Sie Ihr Mahl.“ Damit verschwand Mr. Ping hastig. Doch Shen war immer noch unsicher. Warum hatte Mr. Ping nicht denselben Löffel genommen? Oder hatte er ein Gegengift eingenommen? Er seufzte, als sich sein knurrender Magen lauter als vorher meldete. Vielleicht sollte er nur einen kleinen Tropfen probieren. Er nahm den Löffel, tunkte ihn ein, schöpfte etwas davon raus und schnupperte nochmal an der Suppe im Löffel. Doch so sehr er sich auch bemühte, er konnte kein für ihn bekanntes Gift riechen. Er nahm einen tiefen Atemzug. „Na dann…“ Er öffnete den Schnabel und ließ einen sehr, sehr kleinen Tropen auf seiner Zunge träufeln. Der Pfau schloss die Augen und schmeckte den Suppentropfen sehr genau durch. Dann schluckte er es runter. Er wartete auf eine Wirkung. Nichts passierte. Eigentlich wollte er noch etwas länger warten, doch der Nachgeschmack im Mund betörte seinen Verstand. Es wanderte durch seinen Kopf und seine Augen weiteten sich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)