Die letzte Chance von BuchTraumFaenger ================================================================================ Kapitel 16: 16. Hoher Besuch ---------------------------- Nur zwei Straßen weiter, nahe des Hinterhofes von Pos Haus, hielt der Wagen an. Po und die Ziege stiegen als erster aus. Shen hingegen zögerte. „Komm schon“, sagte Po und winkte ihm aufmunternd zu. Der Pfau sah sich um. Er schien jetzt doch etwas verunsichert zu sein. „Kein Sorge“, redete Po auf ihn ein. „Es ist hier völlig ungefährlich.“ Der Lord zischte. Er wollte nicht als Feigling gelten. Langsam und vorsichtig, er wollte sich nicht noch mehr was brechen, rutschte er an die Kante des Wagens. Po hielt ihm seine Tatzen entgegen, um ihn aufzufangen, doch Shen schlug ihm auf die Finger. „Fass mich nicht an!“, fauchte er beinahe aggressiv. „Fass mich nie an, oder ich werde…“ „Ja, ja, ja. Dann würdest du mich töten, wirklich nett. Doch du hast wohl keine andere Wahl.“ Wieder streckte der Panda die Tatze aus, doch Shen schob sie erneut weg. „Panda! Bist du taub? Es war nie mein Wunsch hierher zu kommen in dieses…“ Angewidert ließ er den Blick schweifen. „… in dieses Kaff von Häuser-Ansammlungen.“ „Ooookay“, meinte Po gedehnt. „Mein Name ist Po.“ Noch bevor Shen weiterreden konnte, trug Po ihn schnell vom Karren runter. „Lass mich runter! Verdammt! Lass mich runter!“, schrie Shen. „Shen! Bitte sei ruhig!“, mahnte ihn die Wahrsagerin. „Denk dran, du bist hier nicht unbekannt für einige Leute. Willst du riskierten, dass sie dich hier entdecken?“ Shen kniff die Augen gefährlich zusammen. Po schluckte schwer, als diese gefährlichen Augen auf ihn trafen. „Lass dir nur nicht einfallen mich zu verraten!“, mahnte der Pfau. „Das hatte ich gar nicht vor!“, beteuerte Po. Shen schnaubte. „Wer’s glaubt.“ „Jungs!“ Beide sahen die Wahrsagerin an. „Bitte, nehmt die Chance wahr und vermeidet es erst mal, dass man euch sieht.“ „Ja, sie hat recht“, stimmte Po zu. „Ich bringe ihn zu mir auf mein Zimmer.“ Er unterbrach sich selber. „Ist das okay für dich?“ Shen sagte nichts und schmollte. Die Ziege nickte. „In Ordnung. Ich bleibe solange in der Nähe.“ „Willst du nicht mit uns kommen?“, fragte Po verwundert, aber auch etwas ängstlich. „Wir sollten kein Risiko eingehen“, meinte die ältere Frau. „Ich denke, es ist so das Beste.“ Damit drehte sie sich um. „Mm… äh…“, stotterte Po. „Aber was ist wenn…“ Die Ziege schenkte ihm ein warmes Lächeln. „Ich denke nicht, dass er etwas anstellen wird. Stimmst?“ Sie warf Shen einen warnenden Blick zu. Shen schnaubte und wich ihrem Blick aus. Und die Ziege interpretierte es als eine Art „Ja“. Auf Zehenspitzen schlich Po mit Shen auf den Armen an der Hauswand des Restaurants entlang, wo er durch die Hintertür schlüpfte. Er schaute um die Ecke. „Okay, nur keinen Lärm machen.“ „Deinen lächerlichen Monolog kannst du dir sparen“, murmelte Shen genervt. „Na gut“, zischte Po leise und fuhr mit seinem Schleichgang fort. Nicht mehr weit und sie würden sein altes Zimmer erreichen. „Po?“ Po erstarrte. „Oh… hi, Dad.“ Vor lauter Überraschung öffnete Shen weit die Augen. „Dad?“ „Po!“ Mit offenen Flügeln rannte Mr. Ping auf ihn zu. Schnell setzte Po Shen auf den Fußboden ab noch bevor Mr. Ping ihn erreichte und er Shen bei dieser stürmischen Umarmung noch wegen den Verletzungen hätte weh tun können. „Po! Po! Warum hast du mir nicht gesagt, dass du nach Hause kommst?! Ich hörte, dass du einige Probleme gehabt hattest. Ich war so in Sorge. Wieso hast du keine Nachricht geschickt? Ich war kurz davor…“ „PSsssshhh!“, zischte Po laut. „Dad, sei ruhig. Niemand soll wissen, dass ich zurück bin.“ Mr. Ping war so irritiert, dass ihm der Schnabel offenstehenblieb. In dieser Stellung wanderten seine Augen zu Shen. „Und wer ist das?“ „Äh, das ist…äh… er ist…“ „Wie kannst du sein Vater sein?“, fragte Shen mit Skepsis in der Stimme. Mr. Ping lächelte. „Nun, vielleicht nicht biologisch, aber für mich ist er wie ein Sohn.“ Shen schaute von einem zum anderem. Dann begann er zu lachen. „Ha, ha, ha, ha, das ist ein totaler Witz! Ich kann mir nicht helfen wie du mir leidtust, Panda.“ Mr. Ping schnappte nach Luft. „Das ist schon okay, Dad“, versuchte Po die Situation zu retten. „Er ist… er kennt sowas nicht… Er kommt aus gutem Hause. Er kann ungewöhnliche Dinge nicht so verstehen.“ „Aus gutem Hause?“, fragte Mr. Ping neugierig. „Ja, er ist ein Herrscher, und ein… ein Prinz, glaube ich.“ „OH, königlicher Besuch!?“ „Shhhh! Dad, erzähl das bloß nicht den anderen. Das ist ein Geheimnis. Top-Secret.“ „Oh, ich verstehe. Nun…“ Der Gänserich breitete seine Flügel aus mit einer herzlichen Willkommens Geste. „Mein Haus steht Ihnen zur Verfügung. Inklusive Frühstück, Mittagessen und Abendessen!“ Shen musterte ihn von oben bis unten und stand ihm eher teilnahmslos gegenüber, als würde ihm gar nicht interessieren was er sagte. Nur eine mürrische Spur überzog leicht sein Gesicht. Po legte seine Tatze auf Mr. Pings Schulter. „Danke Dad, er wird bei mir im Zimmer schlafen. Er braucht eine Menge Erholung. Er wurde überfallen von… äh… von Räubern.“ „Aha, ich verstehe! Während du auf den Weg nach Hause warst, hast du ihn unterwegs gerettet. Das ist mein tapferer Sohn!“ Damit entfernte sich Mr. Ping und eilte durch eine Tür. Doch bevor er dahinter verschwand, drehte er sich nochmal in der Türschwelle um. „Fühlen Sie sich wie Zuhause. Pos Freunde sind auch meine Freunde.“ Shen zuckte bei diesen Worten verblüfft zusammen. Shens Gesicht wurde noch verwirrter, als er das Zimmer sah. Leere alte Suppenschüsseln stapelten sich in den Regalen, Poster von Kung-Fu-Kriegern hingen an den Wänden, inclusive gemalte Bilder von hässlichen Tieren, durchlöchert von geworfenen Wurfsternen. Shen rümpfe den Schnabel. Für seinen Geschmack war es natürlich alles eine ganze Spur zu primitiv. Argwöhnisch starrte er auf den Panda, der seine Arme einladend ausbreitete. „Ta-da! Das ist mein Zimmer!“ Schweigen war alles, was er als Antwort erhielt. Po sah sich um und hob etwas vom Boden auf. „Äh… tut mir leid für die Unordnung.“ Hastig schob er ein paar Wurfsterne beiseite. Dann winkte er auf sein Bett. „Und hier kannst du schlafen.“ Noch immer hüllte sich der Pfau in Schweigen, dann löste er sich von seiner Erstarrung und schaute sich argwöhnisch um, was Po wieder unsicher werden ließ. „Stimmt etwas nicht? Ist etwas nicht in Ordnung?“ Shen kniff die Augen zusammen. Anschließend wanderten diese auf den Gastgeber. Po erschrak sichtlich, als er erneut eine starke Anfeindung zwischen ihnen spüren konnte. „Freunde?“ Po rieb nervös die Finger aneinander. „Äh, na ja, ich konnte schlecht nein sagen. Es war nur für…“ Shen machte einen schnellen Schritt nach vorn. Seine Haltung zeigte deutlichen Ärger. „Wir werden niemals Freunde sein! Verstanden?!“ „Okay, verstanden.“ Er beobachtete den Pfau, der seinen Blick wieder auf Wanderschaft gehen ließ. „Wie kann er dein Vater sein?“, fragte Shen mit belangloser Stimme. „Ist das nicht etwas demütigend für dich?“ „Demütigend? Oh, nein, nein, nein. Er hat mich aufgenommen und sich um mich gekümmert, als ich ein Waisenkind war. Obwohl ich zugeben muss, dass ich erst vor kurzem erfahren habe, dass er nicht mein richtiger Vater ist.“ Shen schmunzelte. „Du bist wirklich zu bedauern. Was soll denn das für eine Gesellschaft sein? Ein Vogel und ein Panda? Das ist doch total dumm-verrückt.“ Po seufzte und wandte sich wieder zur Treppe. „Ich gehe jetzt.“ „Und wohin hast du vor zu gehen?“, forschte Shen. „Nun, zurück in den Jade-Palast. Sie müssen doch wissen, dass es mir gut geht.“ „Und weiter?“ „Was weiter…? Oh, ja, keine Sorge. Ich werde nichts von dir erzählen.“ „Das würde ich dir auch geraten haben.“ Po lächelte verschmitzt. „Nun… ruh dich aus. Ich komme gleich wieder. Bin gleich wieder zurück. Und, fühl dich wie zuhause… und keine Sorge. Es wird alles wieder gut.“ Damit verschwand er. Shen wartete bis er auf der Straße zu hören war. Anschließend schaute er nach draußen durchs Fenster, wo Po gerade die Straße runterrannte. Er schnaubte. „So voller fehlgeleitetem Optimismus.“ Sein Blick fiel auf das Bett. Dort sollte er schlafen? Dort wo der dreckige Panda Nacht für Nacht zu schlafen pflegte? Igitt! Angeekelt trat Shen dagegen. Er zuckte zusammen. Da waren Schritte auf der Treppe, die zu ihm nach oben stiegen. Der Lord schaute sich hastig um. Seinen gebrochenen Flügel konnte er nicht benutzen. Er suchte nach einem Wurfstern. Er hob einen auf mit seinem rechten Flügel und war bereit zu… „Hallo, Sir!“ Mr. Pings Kopf schaute in den Raum. Schnell versteckte Shen den Wurfstern hinter seinem Rücken, reichlich verärgert für das unerwartete Erscheinen des Inhabers. „Hi“, antwortete er kurz. „Was willst du?“ „Oh, tut mir leid, ich wollte Sie nicht stören, aber ich dachte, eine so wichtige Persönlichkeit braucht mehr Komfort.“ Damit zog Mr. Ping ein paar Matratzen hinter sich her. „Die sind weich, sehr rückenschonend und hautschonend. Darauf schlafen Sie wie ein König.“ „Nett, aber ich…“ „Oh, bitte, Sir. Es wäre eine Ehre für mich alles zu Ihrer Zufriedenheit zu tun.“ Shen wusste darauf nichts zu antworten, doch dann nickte er, allerdings immer noch mit einem verärgerten Gesichtsausdruck. Dieser Gänserich war genauso naiv wie sein verlogener „Sohn“. Mr. Ping legte die Matten aus und legte frische Decken und Kissen drauf. „So, hier können Sie sich getrost niederlasen.“ Der Lord zögerte einen Moment, dann bewegte er sich auf das improvisierte Nachtlager zu. Mit Mühe setzte er sich hin. Er musste zugeben, dass es wirklich viel besser war als sein letztes Bett. Mr. Ping lächelte, als sein Gast sich zufrieden zeigte. „Ich bringe Ihnen noch etwas zu essen.“ Mit diesen Worten drehte sich Mr. Ping um und stieg die Stufen runter. Doch bevor er verschwand, schaute er noch einmal zurück. „Und lassen Sie mich Sie herzlich willkommen heißen in meinem Haus. Empfehlen Sie uns gerne weiter. Wir haben hier das beste Restaurant im ganzen Dorf.“ Dann war er weg. Shen saß auf den Matratzen und wusste nicht, was er jetzt tun sollte. Noch nie hatte ihn jemand so behandelt. Normalerweise war er derjenige, der Befehle erteilte, was andere niemals freiwillig für ihn tun würden. Darunter fiel auch das Bringen von Essen und einen Platz zum schlafen. Er gähnte und ließ sich müde auf die Kissen sinken. Vielleicht sollte er versuchen sich einem Moment zu entspannen. Nur einen kurzen Moment… Nach einer Weile war er eingeschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)