Mosaik von Alaiya (Urban Fantasy Thriller) ================================================================================ [24.08.2011 – X13 – Reue] ------------------------- Es war später Nachmittag. Pakhet war in der Wohnung über dem Krankenhaus, nachdem Heidenstein darauf bestanden hatte, dass sie sich noch ein wenig ausruhte, bevor sie sich mit Jack traf. Sie hasste es. Sie hasste es so untätig herum zu liegen. Sie verstand, dass Heidenstein sich um sie sorgte. Sie verstand es wirklich. Dennoch. Sie wollte etwas tun, sie wollte eine Möglichkeit ihre Gedanken auf irgendetwas zu fokussieren. Sie wollte sich von den Gedanken, die sonst ziellos durch ihr Bewusstsein wanderten, ablenken. Fuck. Sie hasste diese ganze Sache so sehr. Sie war keine Heldin. Sie war niemand, der sich um diese Dinge kümmern sollte, und musste es dennoch tun. Wieso hielt sie niemand auf? Heidenstein. Smith. Niemand hielt sie auf, obwohl ihr Entschluss sie sehr gut mit ins Verderben würde ziehen können. Niemand stellte sie auch nur in Frage. Sie konnte die Sachen, die sie dort im „Casino“, wie es der Scout genannt hatte, gesehen hatte, nicht vergessen. Jahre als Söldnerin hatten sie abgestumpft, aber verdammt, dass waren teilweise noch halbe Kinder gewesen. Wer würde so etwas tun? Doch die Wahrheit war, dass sie immer gewusst hatte, dass Kinder auf dem Schwarzmarkt gehandelt wurden. Im besten Fall an Ehepaare, die selbst keine Kinder bekommen konnten, im schlimmsten Fall  … Viele magische Rituale, so glaubten jedenfalls diverse Leute, brauchten das Blut von Unschuldigen. Wobei sie sich nicht sicher war, ob das wirklich das schlimmste war. Denn sie hatte auch jene anderen Videos gesehen. Und sie wusste von verschiedenen Orten, hier im Land, aber auch in anderen Ländern, die sich selbst für weit entwickelt und zivilisiert hielten, wo man Sex mit Kindern oder Jugendlichen kaufen konnte. Sie stand vor dem Spiegel, sah sich an. Sie war blass. Krankhaft blass. Kein Wunder, dass Heidenstein sich solche Sorgen um sie machte. Noch immer kämpfte sie gegen die Übelkeit. Doch für den Moment war es erträglich. Sie würde damit klarkommen. Verdammt, es würde ihrem Körper kaum etwas bringen, wenn sie sich ausruhte. Das änderte nichts an der Geschwindigkeit, mit der die Reste des Giftes abgebaut wurde. Sie hatte neue, kleinere Pflaster, nur noch so groß, wie die Innenfläche ihrer Hand mitgenommen. Sie wollte nicht unbedingt auf die Wunden, die die Zähne der Schlange hinterlassen hatten, aufmerksam machen. Sie spürte sie weiterhin deutlich, schmerzhaft, aber es war über den Tag hinweg etwas besser geworden. Magischer Heilung sei dank. Die Lippen geschürzt, die Zähne vorsichtig zusammengepresst, zog sie das breite Pflaster, das die rechte Seite ihres Brustkorbs bedeckte, ab. Die beiden Einstichstellen, die die Zähne der Schlangen hinterlassen hatten, zeigten sich deutlich. Heidenstein hatte sie genäht, dann mit Heilmagie nachgeholfen. Die Wunden waren geschlossen, bluteten nicht mehr. Dennoch waren sie noch immer deutlich rosa und sie war sich sicher, dass eine zu starke Belastung sie wieder aufreißen lassen würde. Sie seufzte, öffnete ein Glas, das vor ihr auf dem Waschbecken stand. Heidenstein hatte es ihr mitgegeben. Heillehm, hatte er gesagt. Sie kannte das Prinzip. Die Massai in Ostafrika nutzten es, wie auch diverse andere Stämme, doch schien der Effekt deutlich genug zu sein, als dass sie auch ausgebildete Ärzte und vor allem Tierärzte in der Savanne gesehen hatte, die es teilweise anstelle von Stichen nutzten. Vorsichtig steckte sie die Finger in das Glas, in dem eine zähflüssige, weiße Masse mit leichtem Grünstich schwamm. Das Zeug roch lehmig, aber auch ein wenig nach Pflanze. Kräutern. Irgendetwas. Sie konnte nicht genau sagen was. Unsicher trug sie eine dünne Schicht auf den beiden Wunden auf. Überrascht stellte sie fest, dass der Schmerz direkt nachließ. Sie hatte nur Glück gehabt, dass die Zähne der Schlange ihre Rippen nicht durchdrungen hatten – dabei hätte sie während des Kampfes schwören können, dass genau das passiert war. Sie seufzte, legte dann das kleinere Pflaster an. Verdammt, sie hasste den Gedanken daran, dass es noch drei Stunden waren, bis sie sich mit Jack traf. Drei Stunden, in denen Smith zurück an der Zentrale war, in denen Heidenstein erst einmal im Krankenhaus arbeitete, nachdem sie ihn davon überzeugt hatte, und Siobhan zusammen mit dem seltsamen Möwengeist die beiden neuen Locations überwachen würde. Drei Stunden, in denen es wenig für sie zu tun gab. Nun, sie würde auch das Pflaster auf ihrem Rücken austauschen. Etwas, das mit nur einem Arm schwerer war, als mit zwei. Und sie erinnerte sich noch zu gut, dass es auch mit zwei Armen nicht leicht gewesen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)