Die Farben Schneewittchens von DieLadi ================================================================================ Kapitel 8: Männer ----------------- Jakob und André gingen durch das Dorf. Sie fanden den kleinen Bäckerladen. Jakob war als Kind einige Male hier gewesen und kannte sich daher noch ein bisschen aus. Versehen mit Gebäck und Kaffee setzen sie sich an einen der kleinen Tische und begannen zu frühstücken. „Sag mal“, sagte André, „du hast ja gerade fließend rumänisch geredet. Ist ja auch klar, schließlich bist du von hier. Aber warum kannst du auch fließend deutsch? Als wäre das deine Muttersprache?“ Jakob wurde schlagartig knallrot. „Erzähl ich dir nachher“, sagte er. André sah ihn fragend an, nickte dann aber und biss wieder in sein Gebäck. Die junge Frau hinter dem Tresen beäugte sie relativ misstrauisch. Ihr war die Sache nicht geheuer. Die beiden Männer schienen freundlich, aber jetzt redeten sie in einer fremden Sprache, und sie sahen nicht wie Touristen aus. Und wenn man hier, in einem Dorf im Herzen der Gegend, aus der Vampirlegenden stammen, eines wusste, dann, dass man Fremden gegenüber besser erst mal sehr, sehr misstrauisch war. Als sie also einen weiteren Kunden bedient hatte, ging sie ins Hinterzimmer und nahm den Telefonhörer zur Hand. Sie rief ihren Vater an, der hier im Dorf so eine Art Bürgermeister war. „Ich kümmere mich darum“, sagte der. Sie war sich nicht sicher, ob sie das richtige getan hatte, denn eigentlich waren die beiden jungen Männer recht sympathisch. Na ja, nun lag es in den Händen des Vaters. Jakob hatte genau wie André nichts davon mitbekommen. Er trank gerade einen letzten Schluck Kaffee, als sein Blick aus dem Fenster fiel. Dort sah er einen Trupp von ca. 20 Männern über die Dorfstraße in Richtung des Bäckerladens kommen. Sie hielten sich dicht beieinander und trugen finstere Mienen zur Schau. „Oh nein“, stöhnte Jakob, „nicht schon wieder die Fackeln - und - Heugabeln - Nummer!“ André schaute fragend. Jakob wies nach draußen. „Wir sollten besser abhauen.“ Er sah sich um. Mist. Alle Fenster verschlossen, und vor der Tür war inzwischen der Haufen zorniger Dorfbewohner angekommen. „Scheiße. Kein Schlupfloch, durch das wir fliegen können.“ Die Junge Bäckerin hatte sich durch eine Tür zur Backstube verkrümelt und diese Tür verschlossen. Also auch dahin keine Möglichkeit, zu flüchten. „Was machen wir jetzt?“, fragte André leise. „Keine Ahnung. Lass uns mal hören, was die zu sagen haben.“ André war dankbar, dass Jakob ihm keine Vorwürfe machte, immerhin saßen sie hier in der Patsche, weil er unbedingt was hatte frühstücken wollen. „Kommt raus!“, rief jemand von draußen. „Wir kriegen euch sowieso! Wir wollen euch hier nicht!“ „Tut mir leid“, sagte André niedergeschlagen. „Mach dir keinen Kopf“, sagte Jakob. „Wir kommen schon irgendwie raus aus dem Schlamassel. Ich verwandle uns, und sobald irgendjemand die Tür öffnet, fliegen wir an ihnen vorbei, okay?“ „Ich glaube, das wird nichts“, sagte André. Er zeigte aus dem Fenster. Die Leute hatten eine Art Netz vor die Tür gespannt. „Oh Scheiße. Jetzt wird es eng.“ Plötzlich entstand unter den Leuten Bewegung. Sie schienen zurückzuweichen. Machten die Tür frei. „Was ist den jetzt los?“, fragte André verblüfft. Von der anderen Seite des Dorfplatzes kam ein Mann geschritten. Er war altmodisch elegant gekleidet und trug einen ebensolchen Mantel wie Jakob ihn hatte. Er ging auf die Männer zu und diese zogen sich vor ihm zurück, sie schienen dazu gezwungen zu sein, denn man merkte wie sie dagegen ankämpften. Der Mann begann zu reden, und Jakob übersetzte für André flüsternd, was da gesprochen wurde. „Ich weiß nicht, was hier los ist, ihr Männer des Dorfes, doch ihr werdet hier niemanden mit einem Fledermausnetz einfangen, der euch nichts getan hat!“ Die Stimme des Mannes hatte etwas sehr eindringliches. Einer der Männer, offenbar eine Art Anführer, schrie wütend: „Damit wieder Leute gebissen werden? Junge männliche Vampire – die haben es doch wieder auf unsere Jungfrauen abgesehen!“ „Wer ist der elegant gekleidete Typ?“, fragte André leise. „Das ist der Graf. ER.“ „Der zu dem wir wollen?“ “Ja, genau der.“ „Oh.“ Der Graf setzte seine Rede fort: „Hört, ihr Männer. Überlegt genau. Wann ist hier in eurer Gegend zum letzten Mal tatsächlich ein Mensch gebissen worden?“ Die Männer sahen sich fragend an. Einzelne schütteln mit den Köpfen. „Na ja“, sagte einer. „Er hat recht. In unserer Generation gar nicht.“ „Ja, und wir wollen, dass das so bleibt!“, rief der Anführer. Vereinzelte Stimmen stimmten ihm zu. „Hey“, rief jetzt Jakob durch die Tür nach draußen. „Wir wollen hier niemanden beißen, wir wollen einfach nur, ähm, die tolle Gegend ansehen, okay?“ Der Graf verdrehte die Augen und kam gemessenen Schrittes auf die Tür zu. Von den Dorfbewohnern kam keiner gegen seine Macht an. Er öffnete die Tür und wollte gerade etwas sagen, als sein Blick an André hängenblieb. „Ein Mensch?!“, sagte er verblüfft. „Na egal. Los, verwandelt euch, und lasst uns auf mein Schloss fliegen, bevor das hier eskaliert.“ Seine Präsenz war beeindruckend. André lief ein Schauer über den Rücken, und na ja, so ganz wohl war ihm nicht in Gegenwart eines so mächtigen Vampirs. Aber hier bei den nicht ganz so entspannten Dorfleuten zurückzubleiben war schlichtweg keine Option. Also ergab er sich in sein Schicksal und ließ sich von Jakob in eine Fledermaus verwandeln. Sie flogen davon, während man von unten drohend Knüppel und ähnliches schwang und ihnen hinterher rief: „Lasst euch hier nicht mehr blicken!“ Kein Problem, dachte André, wenn es nach mir geht, nie wieder. Mein Bedarf ist gedeckt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)