Die Farben Schneewittchens von DieLadi ================================================================================ Kapitel 7: Forschende --------------------- Felix und Frodo legten direkt nach dem Frühstück wieder los. Sie stöberten nun beide im Netz nach weiteren Variationen des Märchens. Felix schickte eine Emailanfrage an die Bibliotheca Bodmeriana mit der Anfrage, ob es in dieser alten handschriftlichen Fassung auch das Schneewittchenmärchen gäbe, und falls ja, ob man ihm eine digitalisierte Version davon per Email zukommen lassen könne. Keine zwei Stunden später hatte er Antwort. Mann schickte ihm die ganze Handschriftliche Fassung als digitales Faksimile, in eine Zip- Datei gepackt. Allerdings bedauerte man, dass ausgerechnet „Schneewittchen“ nicht dabei sei. Felix war ziemlich enttäuscht über diesen Rückschlag. Im Internet hatte Frodo allerdings auf einem kleinen, privaten Literatur- Blog eine mundartliche, regional geprägte und offensichtlich alte Fassung des Märchens gefunden. „Hör mal, Felix“, sagte er. „Die haben hier zum besseren Verständnis eine Übersetzung in modernes Hochdeutsch danebengesetzt. Und der entnehme ich folgendes: Schneewittchen liegt also in diesem Sarg und vergeht nicht. Bleibt so schön. Ihre Getreuen (in der Version sind es noch keine Zwerge) passen auf sie auf. Und eines Tages kommt ein junger Bauernbursche daher. Sieht sie, findet sie toll und bittet, sie küssen zu dürfen. Und jetzt hör die das mal an: Als er das schöne Mädchen sah, verfiel er in Liebe zu ihr. Und er bat die Getreuen ... bla bla bla ... also küsste er sie. Und da schlug sie die Augen auf und lächelte ihn an. Und als sie aus ihrem Schlafe erwacht war, da liebte er sie. Und sie waren glücklich bin an ihr Lebensende. Der König aber verstieß sie, denn da sie nun eines Bauern Weib war, konnte sie nicht mehr Prinzessin sein. Doch in seinem Herzen blieb er ihr gut, und sandte ihr Geschenke, und wenn sie nicht gestorben sind ...“ Er schaute erwartungsvoll zu Felix. „Wie es aussieht“, sagte er dann, „scheint das mit dem Straucheln, dem moralischen Fehltritt hinzukommen. Immerhin ist das in den Augen des Königs, und wir müssen hier davon ausgehen, dass es sich um den Vampirkönig handelt, wohl einer, wenn sie nun eines Menschen, noch dazu eines Bauern Weib ist.“ „Das mag ja sein, Frodo, aber wie hilft uns das nun bei Jakobs Problem weiter?“ „Keine Ahnung. Ich glaube, gar nicht. Aber ... schau mal, sie ist erwacht als er sie geküsst hat. Vielleicht ist es das, was Jakob retten kann. Ein Kuss.“ „Ein Kuss? Meinst du wirklich?“ „Keine Ahnung, aber ... ich sag mal so, wenn er wieder da ist, und ich hoffe, dass er und André gesund und heile zurückkommen, dann ... wäre das doch einen Versuch wert?“ Felix kaute auf seiner Unterlippe. „Na ja, aber ... wer sollte ihn küssen? Er hat keine Freundin, und ich glaube, es muss ein Kuss aus Liebe sein. Jedenfalls scheint es in der Märchenvariante so zu sein.“ Frodo schaute etwas irritiert. „Eh, also Felix, ich glaube ... eine Freundin wäre dann ohnehin nicht das richtige..“ Felix sah ihn verblüfft an. „Was meinst du damit?“ Frodo schluckte. „Ich hatte gedacht, du wüsstest darüber Bescheid. Ich weiß gar nicht, ob ich das einfach so erzählen sollte, aber Jakob hat mir anvertraut, dass er … nicht auf Mädchen steht.“ Felix schaute ihn mit großen Augen an. Nein, das hatte er nicht gewusst. Jakob hatte es ihm nicht erzählt. Und ein kleines bisschen tat ihm das weh. Er war schließlich Jakobs bester Freund, und er verstand nicht, warum er es ausgerechnet ihm nicht anvertraut hatte. Schließlich war Felix absolut keine Klatschtante, und homophob war er auch in keinster Weise. Um genau zu sein, war er ganz genau das Gegenteil von homophob ... und dann fiel ihm ein, dass er selber das Jakob ja auch nicht anvertraut hatte. Wenn also sein bester Freund nicht von ihm wusste, dass er schwul war, konnte er sich nicht darüber aufregen, dass Jakob seinerseits ihm nichts davon gesagt hatte. Allerdings hatte er, Felix, einen guten Grund dafür gehabt, Jakob diese Sache zu verschweigen ... nun ja. „Jedenfalls sollten wir es versuchen. Vielleicht müssen wir einen Mann auftreiben, der in Jakob verliebt ist. Ich hab keine Ahnung, ab Jakob jemanden hat ... oder ob es jemanden gibt ... aber wenn er wieder hier ist, fragen wir ihn einfach. Und wer weiß, vielleicht erfahren die beiden dort unten in Transsylvanien ja eine ganz andere Sache, die die Lösung ist ...“ Felix schluckte. Dann nickte er. „Trotzdem“, sagte Felix, „lass uns noch ein bisschen weitermachen und alles lesen, was wir im Netz finden und das nur irgendwie mit Schneewittchen zu tun hat.“ Also machten sie weiter. Frodo las sich als erstes noch mal die eben angesprochene alte Fassung durch. „Felix, eine Sache verstehe ich hierbei nicht. Hör noch mal zu. 'Als er das schöne Mädchen sah, verfiel er in Liebe zu ihr. ... blablabla ... Und als sie aus ihrem Schlafe erwacht war, da liebte er sie.' Also erst liebt er sie, dann erwachte sie nach seinem Kuss, und dann liebte er sie? Das ist seltsam formuliert, finde ich. Das mit dem zwei mal lieben.“ „Na ja, ist halt ne uralte Version. Damals haben sie Leute eben komisch geredet. Ich glaube nicht, dass das was zu bedeuten hat“; sagte Felix: Frodo zuckte mit den Schulter. Er war nicht überzeugt. Aber er hatte im Moment auch keine Idee, was das bedeuten könne, also legte er es gedanklich erst einmal zu den Akten. Wer weiß, vielleicht würde ihm später noch etwas dazu einfallen. Sie stürzten sich wieder an die Arbeit. Lasen kreuz und quer durchs Internet, alles, was auch nur im entferntesten mit dem Schneewittchenthema zu tun hat. Doktorarbeiten über die Entstehung der Märchen. Vergleiche von Märchen aus aller Welt. Die verschiedensten Varianten des Scnheewittchenthemas. Aber irgendwie fanden sie nichts neues mehr heraus. Zumal sie ja auch nicht so genau wussten, wonach sie eigentlich suchten. Irgendwann hob Frodo den Kopf. „Was die beiden jetzt wohl gerade machen?“, fragte er. „Keine Ahnung“, sagte Felix, „habs vorhin auf dem Handy versucht, aber ich hab keine Verbindung bekommen.“ „Na ja, Rumänien ist ja auch nicht gleich um die Ecke“, meinte Frodo in dem Versuch, sich selbst und Felix zu beruhigen. Aber wenn man ehrlich war, gelang es ihm nur mäßig. Hosted by Animexx e.V. 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