Mein zweites Leben von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 7: Sie ist wieder in meinem Leben ----------------------------------------- Ich stieg in den Wagen und startete den Motor. Kurz blickte ich zu Mimi herüber. Sie wirkt so zerbrechlich und unsicher. Gleichzeitig aber unglaublich stark und selbstbewusst. Als ich sie das erste Mal nach so vielen Jahren wiedergesehen habe lief sie volle Kanne in mich rein. Ihr Blick war verstört, leidend, fassungslos und mutlos. Ich hatte das Gefühl, dass ihr an diesem Tag bewusstwurde, was alles in ihrem Leben schieflief. Es tat mir in der Seele weh, in ihr verweintes Gesicht zu blicken. Ich spürte einen Stich in meinen Herzen, als ich bemerkte, dass sie mich nicht erkannt hatte. Gut, es waren sechs Jahre vergangen, als wir uns das letzte Mal gesehen hatten. Trotzdem habe ich sie sofort erkannt. Ihre haselnussbraunen Augen hätte ich überall wiedererkannt. Mimi war schon immer eine schöne Frau gewesen, aber ich hätte nie damit gerechnet, dass sie noch schöner werden konnte. Wie ich mich doch getäuscht hatte. Ich konnte es nicht verstehen, wie sie sich diesem Scheißkerl zu wenden, sich in ihn verlieben und auch noch heiraten konnte. Jetzt mussten wir alle das Beste aus der Situation machen. Als ihr Vater auf mich zu kam und mich gefragt hat, ob ich auf sein geliebtes Töchterchen aufpassen könnte dachte ich im ersten Moment, er will mich verarschen. Immerhin waren wir in unserer Teenagerzeit wie Hund und Katze. Trotzdem gab es eine Zeit, in der ich mehr von ihr wollte. Dies wurde mir erst klar, als es zu spät war. Ihr Vater redete so lange auf mich ein, dass ich mich bereit erklärte mir seine Bewegründe anzuhören. Je mehr er mir erzählte desto sicher wurde ich, dass ich ihm und vor allem Mimi helfen werde. Mir stellten sich die Haare zu Berge, als ich die Akte von ihrem ach so tollen Ehemann in den Händen hielt. Steuerhinterziehung und Veruntreuung von Firmengeldern war die eine Sache. Das er Geschäfte mir zwielichtigen Gestalten machte eine andere. Wir konnten ermitteln, dass er sich auf einen Drogenboss und Bordellbetreiber eingelassen hatte. Da seine Firma kurz vor dem Ruin steht haben ihr Vater und ich die Befürchtung, dass Mimi ihm helfen sollte seine Schulden in diesem Milieu abzuarbeiten. Als wir das heraus gefunden hatten war uns beiden sofort klar, dass Mimi so weit weg wie möglich von diesem Wichser muss. Unser Verdacht verhärtete sich, als ich Mimi grün und blau geschlagen, blutend und in zerrissenen Sachen vor dem Supermarkt gefunden hatte. Mir stockte der Atem, als ich sie auf mich zulaufen sah. Dabei bemerkte ich, wie sie immer mehr Schlangenlinien lief. Sah die Panik in ihren Augen. Ich rannte auf sie zu. Kaum hatte ich sie erreicht, brach sie zusammen. Ich zog sie in meine Arme und legte meinen Mantel schützend und wärmend auf ihren lädierten Körper. Als ich sie so sah, bin ich vom Schlimmsten ausgegangen. Ich dachte echt das ich zu spät kam. Naja, in gewisser Weise bin ich zu spät gekommen. Ich weiß nicht, ob ich mir das jemals verzeihen kann. Am liebsten hätte ich den Saftsack sofort zur Verantwortung gezogen, ihn windelweich geprügelt. Wie kann man einer Frau so etwas antun? Ich entschied mich dagegen, weil sie meine Hilfe dringender brauchte. Ich hob sie in meine Arme und brachte sie zu meinem Auto, damit ich sie ins Krankenhaus fahren konnte. Während der Fahrt rief ich Joey und ihren Vater an. Das ich ihren ganzen Frust im Krankenhaus abbekommen habe prahlte an mir ab. Immerhin kannte ich die Wutausbrüche noch von früher. Ich hatte diese, nenne wir es Unterhaltungen, immer genossen. Ihr Rumgezicke war das Highlight des Tages für mich. Ihre Augen funkelten immer so bezaubernd auf, wenn sie wütend war. Ich muss zugeben, dass ich sie damals absichtlich geärgert hatte, nur um diesen Blick von ihr zu bekommen. Als ich bemerkte, dass sie überhaupt kein Selbstvertrauen mehr hatte und alles und jeden in Frage stellte stieg die blanke Wut in mir auf. Dieser Penner sollte aufpassen, dass er mir nicht alleine begegnet, denn dann konnte ich für nichts mehr garantieren. Es wäre mir eine Genugtuung, meinen Fuß mit einem gezielten Tritt in seinen Bauch, oder noch ein Stück weiter unten, zu rammen. Nicht nur einmal versteht sich. Ich habe mich für ein Stück weiter unten entschieden. So, dass er seine Eier und seinen Schwanz nicht mehr benutzen kann. Das wäre bei meiner Ausbildung ein leichtes für mich. Bloß nicht daran denken, was mein Lehrer dazu sagt, wenn er diese Gedankengänge kennen würde. Ich glaube, ich wäre meinen Gürtel schneller los als ich denken kann. Und dass kann ich ihr nicht antun, dass hätte sie nicht gewollte. Sie hätte mir gehörig die Leviten gelesen, dass ich mir wie ein kleiner Junge vorkommen wäre. Verdammt, ich vermisse sie. An was anderes denken und zwar ganz schnell! Im Krankenhaus merkte ich, dass Mimi sich unwohl fühlte. Ständig zupfte sich an ihrer Bettdecke herum und versuchte so ihren Körper zu verstecken. Ich ging davon aus, dass es daran lag, dass sie mit Joey und mir alleine im Zimmer war. Natürlich fühlte ich mich gekränkt, aber verdenken konnte ich es ihr nicht, bei dem was sie durchmachen musste. Ich wäre fast ausgerastet, als Joey Mimis Verletzungen aufgezählt hatte. Heiliger Buddha, was musste sie alles einstecken. Trotzdem hatte sie es geschafft sich gegen ihn zu wehren. Joey meinte, dass dies bei den ganzen Verletzungen gar nicht möglich gewesen wäre, so weit zu laufen. Ich gehe stark davon aus, dass sie die Treppen genommen und nicht den Fahrstuhl genutzt hat. Mit geprellten Rippen! Zwar war es da Beste, was sie in der Situation machen konnte, aber gleichzeitig auch das Dämlichste. Die Rippen hätten bei der starken und ruckartigen Bewegung schnell brechen können. Auf jeden Fall bewundere ich sie, was für ein Mut sie aufgebracht hat. Also ist doch noch irgendwo ganz tief in ihr die alte Mimi. Sie weiß es nur noch nicht. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als sie mich nach einer Frau in meinem Leben gefragt hatte. Hätte sie mir vor eineinhalb Jahren diese Frage gestellt hätte ich ihr mit Freuden erzählt, dass Kyoko, Yuna und ich eine Familie sind. Heute besteht meine Familie aus meiner Tochter und mir. Yunas Tante ist praktisch ihre Mutter. Denke endlich an etwas anderes! Wäre ich nur eine halbe Stunde früher bei Mimi gewesen, hätte ich ihr diese Misshandlung wahrscheinlich ersparen können. Leider konnte ich nicht eher bei ihr sein, weil ich erst auf meine Schwester warten musste, damit sie auf Yuna aufpassen konnte. Da alles so kurzfristig kam, sonst hätte ich das besser planen können. Ich bin nun mal auf die Hilfe anderer angewiesen, wenn es um die Betreuung meiner Tochter geht. Ich kann es auch nicht ändern, dass ich alleinerziehen bin. Das Schicksal wollte es so. Meine Kleine ist alles was mir von Kyoko geblieben ist. Sie hat mir die Hoffnung gegeben weiter zu machen, als Kyoko nicht mehr da war. Sie hat mir den Halt geben, als ich diesen dringend brauchte. Sie hat mir geholfen, wieder in mein Leben zurück zu finden. Was am meisten schmerzt, mich gleichzeitig auch mit Stolz erfüllt, ist die Tatsache, dass Yuna eine Miniausgabe ihrer Mutter ist. Immer wenn ich ihr in die Augen sehe, sehe ich die Augen von Kyoko. Yuna kann genauso eine süße Schnute ziehen, wie ihre Mutter. Nur die Sturmfrisur und auch ihr Temperament hat sie von mir geerbt. Ich musste mich schnell ablenken. Sonst würde ich wieder in meinem Schmerz vergehen. Wieder blickte ich zu Mimi. Ich hatte es geschafft, ein zweites Leben zu beginnen, daher bin ich überzeugt, dass sie das auch schaffen kann. Weit ab von den Scheißkerl, der sie um so viele Jahre ihres Lebens betrogen hat. Jedenfalls habe ich mir vorgenommen, sie dabei zu unterstützen wo ich nur kann. Den Job in der Kampfsportschule, die nicht nur die Kampfsportarten, sondern auch die Kampfkunst trainiert, hat sie so oder so sicher. Mimi weiß es nicht, aber ich bin stiller Teilhaber dieser Einrichtung. Eigentlich gehörte sie Kyoko, aber sie hat mir diese hinterlassen. Ihr Bruder betreibt die Kampfsportschule heute. Ich habe ihm freie Hand gelassen, da ich in dieser Sache überhaupt keine Ahnung habe, außer dass ich dort regelmäßig trainieren gehe. Das Studium würde sie auch schaffen, wenn sie es wirklich möchte. Sie braucht halt nur Unterstützung. Sie muss zu ihrer alten Stärke zurückfinden und dann wird sie alles in den Schatten stellen. Davon bin ich überzeugt. Das einzige was mir ein bisschen Magenschmerzen bereitet ist Yuna. Wie würde mein Mädchen auf Mimi reagieren? Wie würde Mimi auf Yuna reagieren? „Bringst du deine Tochter nicht in Gefahr, wenn ich bei euch lebe? Immerhin sagst du, wie auch mein Vater, dass ich vor dem Arsch nicht in Sicherheit bin. Er weiß, wie du heißt und wir uns kennen.“ Mimis leise Stimme hatte meine Gedanken unterbrochen. Woher wusste sie, dass ich gerade an meinen kleinen Schatz dachte? Kurz schaute ich zu ihr rüber, bevor ich mich wieder auf den Straßenverkehr konzentrierte. Sie sah nachdenklich aus dem Fenster. Meine Hand legte ich kurz auf ihr Knie, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Erschrocken zuckte sie zusammen. Schnell zog ich meine Hand zurück. Innerlich stöhnte ich auf. Ich war so ein Idiot, wie recht Mimi mit dieser Aussage hatte wurde mir nach dieser Aktion klar. „Entschuldigung!“ „Schon gut. Ich hatte nur nicht damit gerechnet. Was ist jetzt mit deiner Tochter?“ „Da musst du dir keine Sorgen machen. Er kann zwar eine Verbindung zwischen uns herstellen, aber nicht zwischen meiner Tochter und mir. Selbst wenn er es könnte, würde er es sicher nicht wagen meiner Tochter nahezukommen.“ „Wie meinst du das?“ „Ich habe einen sehr guten Ruf in der Kampfkunstszene. Ich bin mir sicher, dass er schmierige Typen aus der Szene kennt und die werden mich kennen und sich nicht an meine Tochter oder mich wagen. Ich bin Träger des schwarzen Gürtels. Genau gesagt, zweiter Dan.“ Ein Lachen musste ich mir verkneifen, da ich in ihrem Gesicht sah, dass sie keine Ahnung hatte, von welcher Sportart ich rede. Nicht nur Fußball war in meiner Jugend meine sportliche Leidenschaft. Na gut, wollen wir sie mal erlösen: „Aikido, Mimi. Ich betreibe aktiv Aikido Ich bin Träger des schwarzen Gürtels. Dieser entspricht dem zweiten Meistergrad und ich bereite mich auf den Dritten vor. Außerdem glaube ich nicht, dass der Schwachmat sich mit der Familie Miyasaki anlegt. Sagt dir der Name etwas?“ Ein kurzer Seitenblick auf Mimi zeigte mir, dass es in ihr arbeitet, sie aber keine Verbindung zu diesem Namen aufbauen konnte. „Yunas Mutter war Kyoko Miyasaki. Ihr gehörte die Kampfsportschule, von der ich dir erzählt habe. Sie betrieb auch Aikido und war ebenfalls Trägerin des schwarzen Gürtels. Ihre Kampfsportschule stellt die Karate Meister der letzten vier Jahre. Ich bin mit allen Karate-Meistern sehr gut befreundet, man könnte sagen, dass wir wie eine Familie sind. Außerdem war Kyoko die Tochter von dem Polizeipräsidenten von Tokio. Ich glaube nicht, dass der Mistkerl so blöd ist sich mit mir, der Familie Miyasaki und der gesamten Tokioer Polizei anzulegen. Außerdem trägt Yuna nicht meinen früheren Nachnamen.“ Verdammt tat es immer noch weh in der Vergangenheitsform zu sprechen. Ich sah ihren nachdenklichen Blick. Daher entschloss ich mich auf einen Parkplatz zu fahren. Schließlich wollte ich keinen Unfall bauen. Als ich den Motor abstellte schnallte ich mich ab und drehte mich Mimi zu. Ich suchte ihren Blick und fand diesen auch. Neugierig schauten mich ihre haselnussbraunen Augen an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)