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looking for inner peace

von

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sleepless night

Kapitel 7 – sleepless night
 

– Keine Angst. Vertrau mir einfach. –
 

Ein Stöhnen erfüllte den Raum.

Das gab’s doch nicht! Seit wann war das Ticken der Uhr so ohrenbetäubend laut?

Frustriert wälzte sich Uruha im Bett herum und blieb schließlich auf dem Rücken liegen, den müden Blick an die Decke gerichtet. Für gewöhnlich war er Meister darin, dieses momentan echt nervige Geräusch aus dem Nachbarzimmer zu ignorieren. Aber jetzt schien es, als würde die Wanduhr direkt neben seinem Bett hängen und ihn mit ihrer Arbeit bewusst vom Schlafen abhalten wollen.

Uruha seufzte und rieb sich mit der Hand über die geschlossenen Augenlider. Er kannte das Gefühl von Schlaflosigkeit sonst überhaupt nicht. Eigentlich konnte er immer und überall schlafen. Und nun? Nun lag er unruhig und zerschlagen im Bett und verfluchte innerlich den alten Zeitanzeiger.

Grummelnd richtete sich der Brünette auf und blieb einen Moment auf der Bettkante sitzen, ehe er sich langsam auf den Weg ins Nachbarzimmer machte, um der Uhr ihren Saft abzudrehen, beziehungsweise um die Batterien entfernen.
 

Wenige Minuten später kuschelte Uruha sich wieder in sein weiches Kissen, zerrte die warme Decke über sich und kniff die Augen zusammen.

Endlich Stille. Vielleicht würde es ja jetzt etwas mit dem Schlaf werden.
 

‚Ich weiß einen Weg, der uns beiden Entspannung bringt.‘
 

Uruha riss die Augen auf. Was zur -?!

Sein Blick wanderte unstet durch das Halbdunkel seines Schlafzimmers. Okay, da war die Stille definitiv schlimmer als die Uhr. Denn jetzt hatte sein Hirn genug freie Spitzen, um sich mit anderen Dingen zu beschäftigen – Dinge, über die er auf keinen Fall nachdenken wollte und die er seit Tagen versuchte, in die hinterste Ecke seines Kopfes zu verdrängen.
 

‚Lass dich fallen…‘
 

Halt! Nicht weiterdenken!

Eine Gänsehaut überzog Uruhas Körper, die definitiv nicht nur der Raumtemperatur geschuldet war. Da half auch die Decke nichts, unter der sich Uruha so gut wie möglich vergrub. Die Gänsehaut blieb. Ebenso wie das Gefühl, diese dunkle, leicht raue Stimme direkt an seinem Ohr zu spüren. Er begann zu zittern.

Oh Mann! Er wollte das Ticken zurück. Dann hätte sein Hirn wenigstens etwas, auf das es sich konzentrieren könnte und es käme nicht mehr auf die glorreiche Idee, jetzt zur nachtschlafenden Zeit mit der Verarbeitung unerwünschter Erinnerungen zu beginnen.

Uruha war zum Heulen zumute.

Aber noch einmal aufzustehen, um die Uhr zu reaktivieren, war auch nicht die Lösung des Problems. Und wieso musste gerade heute der blöde Mistköter von gegenüber friedlich vor sich hinschlummern, obwohl er sonst zu jeder erdenklichen Tages- und Nachtzeit sein Revier lauthals und wichtigtuerisch verteidigte – sogar gegen Fliegen?

Die Totenstille, die nun herrschte, schien ihn regelrecht auf die Matratze niederzudrücken und wirkte dröhnender, als ein anderes Geräusch es je könnte. Wobei – er wusste ja selbst, dass die Stille nicht der Auslöser für seine Ruhelosigkeit war.

Ach, das brachte doch alles nichts.

Seufzend setzte Uruha sich erneut auf und fuhr sich mit der Hand durch die Haare, bevor er den Blick zum geöffneten Fenster wandte. Die Vorhänge bewegten sich sanft in dem kühlen Lüftchen, das von draußen hereindrang. Der Himmel verfärbte sich langsam in ein helles Grau. Der Morgen nahte und er hatte bisher kein Auge zugemacht. Nur gut, dass sie heute freihatten. So könnte er wenigstens im Laufe des Tages noch einmal versuchen, Schlaf und Entspannung zu finden.
 

‚Entspannung‘ – das war eines der Wörter, an die er aktuell nicht denken wollte, denn es brachte ihm genau das Gegenteil und spornte sein Hirn wie jetzt zu Höchstleistungen an. Und diese Höchstleistungen führten in gedankliche Richtungen, in die er ebenso nicht wollte. Es war wie ein Teufelskreis.
 

‚… denk nicht darüber nach.‘
 

Sein Kopf war da wohl völlig anderer Meinung und zerrte Bilder und Gefühle hervor, die er am liebsten vergessen hätte. Doch ewig ignorieren konnte er das Geschehene ohnehin nicht, das gerade sehr anschaulich vor seinem geistigen Auge emporstieg. Er biss sich auf die Unterlippe. Sein Körper fing an stärker zu kribbeln, während die Erinnerungen an diese eine Nacht vor mittlerweile drei Tagen regelrecht körperlich spürbar wurden. Oh Mann…

Uruha gab auf. Was hatte Aoi nur mit ihm gemacht?
 

‚Vertraust du mir?‘
 

Natürlich vertraute er ihm. Mehr als das. Er war schließlich einer seiner besten Freunde und das schon seit vielen Jahren. Und dennoch – Aoi war ein Lügner. Von wegen, es würde sie beide entspannen.

Frustriert stieß Uruha die Luft durch die Nase aus.

Gut, er konnte nicht abstreiten, im Dunkel der Nacht hatte sich das, was Aoi mit ihm gemacht hatte, irgendwie richtig angefühlt. Sie waren einander auf eine besondere Art nah gewesen – auf eine Art, die man auch nicht unbedingt mit Freunden teilte, dennoch war es in Ordnung gewesen. Endlich hatte sich sein Kopf einmal ausgeschaltet, er hatte nicht mehr denken wollen, hatte all die Zweifel eine Nacht lang vergessen. Es war schön gewesen und beinahe zu viel. Aois angenehme und so vertraute Nähe hatte ihn eingehüllt und aufatmen lassen. Verschwunden waren die von ihm selbstauferlegte Distanz, die zwischen ihnen herrschte; die Unruhe und das Wirrwarr in seinen Gedanken – einfach alles, was seit Wochen in Uruhas Innerem festsaß. Wichtig in diesem Moment war nur die Wärme und das wohlige Prickeln, das seinen Körper vereinnahmte, als sie einander nah waren.

Doch am nächsten Morgen war alles zurück gewesen, verschwunden war die Ausgeglichenheit, und jetzt im Nachhinein fühlte er sich verwirrter und unentspannter als je zuvor.
 

Warum hatte er das überhaupt zugelassen?

Er hätte es auf den Alkohol in seinen Adern schieben können, auf die partielle Unzurechnungsfähigkeit, die mit seinem geliebten Wein einherging und sein Gehirn in diesen wichtigen Entscheidungsmoment vernebelt hatte.

Aber nein, er konnte es nicht leugnen, er hatte es so gewollt – in diesem Moment, als er sich nach Aois Berührungen, seiner Nähe gesehnt hatte. Er hatte diese Distanz, für die er selbst verantwortlich gewesen war, nicht mehr ertragen können. Die letzten Wochen waren zermürbend gewesen, ständig hatte er sich den Kopf darüber zerbrochen, ob es richtig war, was er tat und wenn ja, warum er sich dann nicht besser fühlte. Egal, was er getan hatte, die Unruhe war niemals verschwunden und schlussendlich tat es ihm einfach nur weh, Aoi mit seinem Verhalten, das sowieso nichts brachte, zu verletzen. Doch das alles war vor drei Tagen plötzlich unwichtig geworden. Es gab nichts mehr, worüber er hätte nachdenken müssen.

Und dann hatte sich sein Kopf im Morgengrauen wieder an die Arbeit gemacht und alles war zunichte.

War es wirklich richtig gewesen?

Schließlich war Aoi ein Mann und noch dazu sein bester Freund. Es konnte nicht richtig sein! Das Gefühl nicht atmen zu können, war schlagartig zurück gewesen, seine Unsicherheit hatte ihn regelrecht überrollt.

Und Aois Anwesenheit hatte es nicht besser gemacht. Wie er entspannt neben ihm gelegen hatte und ihn dabei mit diesem typischen Lächeln auf den Lippen betrachtete. Uruha hatte sich kurzzeitig wie eines ihrer Fangirlies gefühlt, die regelmäßig einen Ohnmachtsanfall bekamen, wenn der Schwarzhaarige dieses verführerische Schmunzeln auf der Bühne aufsetzte.

Doch die Ohnmacht kam nicht, vielmehr ergriff ihn die Panik, die stets auftrat, wenn er das Gefühl hatte, nicht mehr Herr der Lage zu sein. Prinzipiell war es nichts Schlimmes oder gar Neues neben Aoi aufzuwachen – unzählige Male hatten sie sich ein Hotelzimmer geteilt oder sich bei einem von ihnen die Nächte um die Ohren geschlagen.

Doch an diesem einen Morgen hatte es sich komplett anders angefühlt. Als hätten das Dunkel der Nacht und die Nähe, die sie geteilt hatten, die restlichen Gefühle, die bisher noch nicht in Uruhas verwirrtem Geist durcheinander gewirbelt waren, hervorgezerrt.

Sein Körper war so in Aufruhr gewesen, dass er sich wenig erwachsen verhalten hatte und dafür wie ein verschreckter Teenager aus der Wohnung seines Freundes geflüchtet war.

Was Aoi wohl von ihm in diesem Moment gedacht hatte?
 

Verschämt zog Uruha die Knie an seinen Körper und bettete das Gesicht darauf.

Mit Ruhm hatte er sich bei der Aktion wohl nicht bekleckert. Wieso hatte er nicht etwas cooler reagieren können? Wie musste das auf Aoi gewirkt haben, als er, einem scheuen Reh gleich, aufgesprungen war und sich stammelnd verabschiedet hatte? Das war einfach nur peinlich. Es war ja nicht mal so, dass sie irgendetwas Verwerfliches getan hatten. Sie hatten einander gehalten, waren sich nah gewesen, auf eine für ihn komplett neue und elektrisierende Art, die in ihm augenblicklich wieder die Hitze aufsteigen ließ, als er daran zurückdachte. Er wusste selbst nicht, warum er so darauf reagierte, aber diese Nacht hatte ihn verwirrt. Er hätte nicht einmal den Finger darauf legen können, was ihn so irritierte und aus dem Konzept brachte, aber das Gefühl war nun einmal da und wollte partout nicht verschwinden.

Ob er Aoi je wieder in die Augen schauen könnte, ohne zu erröten? Er hasste sich gerade selbst dafür, wie pubertär er sich verhielt, doch Aoi schien gerade Verhaltensweisen an ihm hervorzuzerren, die Uruha an sich gar nicht kannte und die eigentlich komplett untypisch für ihn waren. Und das nicht erst seit dieser Woche, sondern schon deutlich länger. Eigentlich seit Aoi begonnen hatte, vermehrt seine Nähe zu suchen oder wie er es nannte, Uruha als seine Entspannungstherapie anzusehen. Warum auch immer, aber sein Körper hatte auf Aois Annäherung mit einer solchen Nervosität reagiert, dass es ihn ganz durcheinanderbrachte und er mit der Zeit etwas auf Abstand gehen musste, um wenigstens etwas klarer denken zu können.
 

Oh Mann… Er wollte endlich seine Ruhe zurück. Das ging doch nicht, dass sein Puls ständig eine Achterbahnfahrt hinlegte, wenn er an seinen Freund dachte und sein Magen im schlimmsten Fall gleich mitmachte!

Ein lautes Seufzen entfloh ihm. Er musste etwas ändern. Die Frage war nur ‚wie‘. Ein distanzierter Umgang miteinander hatte nicht funktioniert, denn dieser hatte ihn mehr gequält, als die verwirrende Nähe zu Aoi ihn je hätte ängstigen können.

Am einfachsten wäre es, wenn er diese Nacht einfach vergessen könnte. Dann würde sich die Ausgangslage wenigstens anders anfühlen und er könnte sich einen neuen Plan zurechtlegen, wie er mit Aoi umgehen könnte. Aber nein – die Vergessensfunktion war scheinbar in seinem Hirn nicht vorprogrammiert und mit Alkohol ließ sich das Ganze ebenfalls nicht wegspülen. Im Buch oder Film war das doch immer so einfach: Man betrank sich und hatte einen Blackout oder sah alles lockerer und fertig. Aber nicht bei ihm. Die letzten zwei prozentreichen Abende hier in seiner Wohnung hatten nichts in diese Richtung bewirkt, nicht mal ansatzweise – weder das Vergessen noch Lockerheit. Er erinnerte sich weiterhin an jedes verfluchte Detail dieser Nacht und konnte dies auch nicht mit einem Schulterzucken und Lächeln abtun. Nein, diese Details schienen auch immer greifbarer zu werden, je mehr er gegen sie ankämpfte.

Uruha zog fröstelnd die Schultern hoch, obwohl ihm innerlich heiß wurde. Er hatte das Gefühl diese schönen, eleganten Hände auf seiner Haut zu spüren, wie sie zärtlich über seinen Oberkörper glitten und ein warmer Atem ihnen folgte. Na toll! So etwas half definitiv nicht dabei, dass die Gänsehaut, die seinen Körper überzog, verschwand. Er glaubte sogar, immer noch Aois Parfüm an sich wahrzunehmen. Dieses Parfüm – es konnte einem aber auch wirklich die Sinne vernebeln.
 

Schluss jetzt!

Uruha schüttelte energisch den Kopf.

Erst versuchen die Sache zu verdrängen und sich nun in Details zu verlieren – so sollte das nicht laufen.

Er brauchte erst einmal Klarheit und Ordnung in seinem Kopf. Solange er noch nicht wusste, was er wollte, brauchte er sich über weitere Schritte noch gar keine Gedanken zu machen. Eines war jedenfalls Fakt: Er hatte die Nacht genossen und war währenddessen derart entspannt gewesen, wie lange nicht mehr. Auch dass der Ältere ihn in Aufruhr versetzte, ließ sich nicht abstreiten und das war etwas, was Uruha an dieser Situation am meisten nervte. Früher war das nicht so gewesen. Ihre Freundschaft hatte sich einfacher und leicht angefühlt, ungezwungener. Und nun war alles kompliziert und er schob jeder Kleinigkeit eine größere Bedeutung zu, als es diese verdiente. Er dachte eindeutig zu viel nach und das war echt zum Verzweifeln. Er wollte diese Leichtigkeit zurück, die ihr Beisammensein einmal ausgemacht hatte.

Vermutlich wäre es am einfachsten, erneut mit Aoi darüber zu reden, aber irgendwie wollte sich Uruha nicht noch mehr die Blöße geben. Er wollte sich nicht derart verletzbar machen. An dem Abend war er in einem seiner schwächsten Momente erwischt worden und dieses eine Mal sollte vorerst reichen.
 

Dass er sich, abgesehen von ihrer engen Freundschaft, der Präsenz und dem Charisma des anderen Gitarristen nicht entziehen konnte, war Uruha seit Jahren bewusst. Wer konnte ihm schon widerstehen, wenn er seine Show auf der Bühne abzog? Aber auch das verschmitzte und dennoch liebe Lächeln, das Aoi ebenso privat häufig auf den Lippen trug, verfehlte seine Wirkung selten. Der Mann wusste um seine Ausstrahlung und nutzte das nur allzu gern schamlos aus, vielleicht teils sogar unbewusst.

Und genau das war der Punkt, der Uruha nie auf den Gedanken gebracht hatte, seine Beziehung zu Aoi in irgendeiner anderen Art und Weise weiter zu vertiefen. Außerdem hatte der Schwarzhaarige mehr als einmal in Interviews betont, ausschließlich an Frauen interessiert zu sein. Somit hatte es keinen Grund für Uruha gegeben, irgendwelche stärkeren Wünsche oder Gefühle gegenüber dem anderen zu entwickeln. Aber durch Aois Aktionen der letzten Zeit war seine gut strukturierte Gefühlswelt durcheinandergeraten. Er konnte einfach nicht einschätzen, wie ernst es dem Älteren war. Aoi war schon immer ein Spieler gewesen: Er testete gern seine Grenzen aus, wickelte andere mit Leichtigkeit um den kleinen Finger und beobachtete dann mit einem Grinsen auf den Lippen, welche Auswirkungen er damit bei anderen hatte. So wie er es in den letzten Wochen vermehrt bei Uruha selbst getan hatte.
 

Uruha ließ sich stöhnend zurück auf sein Kissen fallen. Ein Blick nach draußen verriet ihm, dass der Morgen deutlich nähergerückt war. Das Grau des Himmels hatte sich inzwischen zu einem leuchtenden Orange verfärbt. Also war es eine, an verwirrende Gedanken verschwendete Nacht gewesen, die weder erholsam war, noch ihm gefühlsmäßig Aufschluss gegeben hatte. Ein Seufzen kam über die vollen Lippen des Brünetten. Es war frustrierend.
 

Wenn Aoi nur wieder eine seiner Spielphasen hatten, dann sollte er diese bitte nicht an ihm ausleben. Das machte alles nur verzwickter. Uruha wollte einfach nur seinen Freund und die Unkompliziertheit ihres Verhältnisses zurück, damit wäre er schon glücklich. Alles andere würde sich schon finden – auch ein verwirrter Geist konnte wieder geordnet werden, daran glaubte er fest.

Bei der Probe übermorgen, die gleichzeitig die Abschlussprobe vor dem zweiten Teil der Tour darstellte, würde er es mit einem lockeren Umgang und etwas Normalität in Bezug auf Aoi versuchen, also Taktik Nummer Zwei.

Jawohl!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Janine3878
2020-01-21T13:59:39+00:00 21.01.2020 14:59
Ach ja, wer kann Aoi schon widerstehen... Ich kann Uruha da sooooo gut verstehen!!! ;-)
Antwort von:  QueenLuna
21.01.2020 21:23
hach ja... das ist richtig xD unwiderstehlich halt *lach*


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