Eine scharlachrote Offenbarung von Genya ================================================================================ Kapitel 5: Schritt für Schritt ------------------------------ Shuichi stand gerade im Bad, vor dem Spiegel und prüfte ob seine Verkleidung als Subaru Okiya richtig saß. Seiner Schwester durfte nicht auffallen, dass es sich bei dem Studenten eigentlich um ihren Bruder handelte. Er wusste, die Entscheidung sich um Masumi zu kümmern war auf keinen Fall risikofrei. Aber Shuichi konnte sie nicht sich selbst überlassen, vorallem weil er vermutete, dass ihr Fieber nicht nur durch den langen Kontakt mit dem Regen so hoch war. Ihr seelischer Zustand war mit Sicherheit auch dafür verantwortlich. "Wenn ich es schaffe mir als Subaru so sehr das Vertrauen von Masumi zu beschaffen, dann schaffe ich es vielleicht, dass sie ihren Schmerz aus sich herraus lässt. Und sie kann dann meinen Tod akzeptieren. Sie darf es einfach nicht wissen, dass ich noch lebe. Masumi würde sich sonst Hals über Kopf in Gefahr begeben, um mir zu helfen. Und dies kann und werde ich nicht zulassen." Mit diesen Gedanken verließ der Agent das Bad und stieg gerade die Treppen runter. Da ertönte ein Schrei aus dem Wohnzimmer. Shuichi beschleunigte seine Schritte, die ihn ins Wohnzimmer brachten. Masumi befand sich in einem äußerst schlechten Zustand. Sie schien von einem schlimmen Albtraum geplagt zu werden, denn immer wieder war das gleich von ihr zu hören, was lauter und lauter wurde: "Hör auf! Hör auf damit!" Er legte vorsichtig eine Hand auf ihre Stirn, zu seinem Entsetzen glühte Masumi förmlich. Das Fieber war also weiter angestiegen. Seine Annahme war, dass der Albtraum seiner Schwester Schuld daran war. Immerhin konnte Fieber auch durch die Psyche ansteigen, beziehungsweise entstehen. Shuichi beschloss, dass es besser wäre Masumi von ihrem schrecklichen Traum zu erlösen. "Masumi...Masumi...wach auf!" Die Worte zeigten Wirkung, denn wenige Sekunden später schreckte die Jüngere aus ihrem Albtraum und saß kerzengerade auf dem Sofa. Shuichi entging natürlich nicht die Tränen, auf Masumis geröteten Wangen. Er wusste jetzt auch, dass er quasi der Hauptprotagonist vom Albtraum seiner Schwester war. Er wollte gerade beruhigend auf sie einreden, als sie aus heiteren Himmel sprach: "Shu..Shu-Nii..." "Masumi scheint durch das hohe Fieber zu halluzinieren" Er musste dafür sorgen, dass sich dieser Zustand änderte. Seine Hände legten sich vorsichtig auf ihre Schulter und mit bestimmter und gleichzeitig einfühlsamer Stimme sprach er: "Masumi, hier ist kein Shu-Nii. Hier bin nur ich. Masumi hör mir zu. Ich bin es Subaru." "Wa...was redest du da Shu-Nii? Wa..warum? Wieso...hat man dich für tot erklärt?" Sie sah anstelle von Subaru, noch immer ihren großen Bruder. Masumi sprang auf, allerdings eindeutig zu schnell und überschwänglich. Ihr war direkt schwindlig und sie fiel quasi in die Arme von dem Älteren. Er fing sie direkt auf und platzierte sie wieder aufs Sofa. Sie erlang nach knapp einer Minute wieder das Bewusstsein. "Su...Subaru? Wa...was ist los?" Masumi blickte Subaru an und dieser meinte: "Du hattest einen Albtraum Masumi. Außerdem würde ich gerne deine Temperatur messen." Er hielt ihr das Thermometer hin und sie messte ihre Temperatur. "Es ist gestiegen und liegt jetzt bei 40,3 Grad...", murmelte er und wurde von Masumi ungläubisch angeblickt. "Da...das kann nicht sein. Ich...mir ist kalt. Mir ist furchtbar kalt Subaru..." Die Jüngere zitterte, vorallem wegen dem Traum. Sie spürte erst jetzt, dass sich Tränen auf ihren Wangen befanden und wischte sich rasch die Rückstände von ihnen weg. Masumi wollte nicht weinen. Sie erlaubte es sich nicht. "Das ist normal Masumi. Ich hole dir einen Pulli und etwas zum Fieber senken." Kurz darauf war Subaru auch schon nicht mehr da. Masumi zog die Decke noch mehr an sich, versuchte so sich ein wenig besser zu wärmen. Obwohl sie versuchte nicht weiter an den Albtraum zu denken, verschwanden die Bilder davon nicht aus seinem Kopf. Sie ließ immer noch nicht aufsteigende Tränen aufkommen und schluckte sie einfach runter. Nach ein paar Minuten war der Student wieder da und reichte ihr einen Pulli. "Hier, den kannst du dir anziehen. Und dann nimm bitte eine von denen.", bat er und gab auch noch eine Tablette, die wohl gegen das Fieber war. "Danke...", murmelte Masumi und zog sich das Kleidungsstück an. Sie nahm dann die Tablette mit einem Schluck Wasser ein. "Ich kann dir einen Tee machen, wenn du magst", bot Subaru ihr an und Masumi nickte nur. Der Student ging also in die Küche, wo er erst Kaffee kochte. Während dieser durch die Maschine lief, kümmerte sich Shuichi um den Tee für Masumi. Ihm entgang es natürlich nicht, dass seine Schwester mit den Tränen kämpfte. Shuichi kam dann mit den fertigen Getränken zurück in das Wohnzimmer. Er stellte den Tee auf den Tisch ab und setzte sich auf das andere Sofa. "Sag mal Masumi. Was war das für ein Albtraum, den du hattest?", wollte Subaru wissen. Masumi biss sich auf die Lippen und sprach dann zögerlich: " Ich...ich kann mich nicht mehr daran erinnern." "Masumi, ich glaube dir das nicht. Ich merke, dass dir der Schock darüber noch tief in den Knochen steckt. Sprich darüber, auch wenn es dir schwer fällt. Es ist aber besser, als wenn du es in dich hinein frisst. Ich bin da und hör dir zu." Seine Stimme klang außergewöhnlich sanft. "Warum...warum machst du das Subaru? Wieso kümmerst du dich so gut um mich? Du hättest mich doch einfach ins Krankenhaus bringen.", murmelte Masumi und trank was von ihrem Tee. "Weil ich es versprochen habe. Ich habe versprochen, mich um dich zu kümmern Masumi." "Du hast es versprochen? Wem hast du es denn versprochen?" Sie blickte ihn verwirrt an und war gespannt, was Subaru ihr antworten würde. Masumi bekam auch direkt die Antwort von Subaru: "Ich habe es deinem Bruder versprochen, Masumi." Masumi blickte den Studenten überrascht an und wollte wissen: "Vo...von welchem Bruder sprichst du Subaru?" Handelte es sich dabei um Shukichi, oder kannte Subaru Shuichi und konnte ihr im besten Falle was über dessen Tod sagen. "Ich habe es Shukichi versprochen. Sicherlich fragst du dich jetzt, woher ich ihn kennen. Ich erzähl dir ganze Geschichte dazu ein anderes Mal. Ich kenne ihn schon etwas länger. Und als du gestern geschlafen hast, da hab ich deinen Bruder angerufen und ihm Bescheid gegeben, dass du bei mir bist. Shukichi hat gebeten, dass ich mich um dich kümmere, bis es dir wieder besser geht Masumi. Er hat mir auch gesagt, dass er eurer Mutter eine Nachricht schreibt um ihr Bescheid zu geben." Was er ihr gerade erzählte, stimmte sogar alles und war demnach nicht gelogen. Masumi hörte ihm, aber zum Ende hin gar nicht mehr richtig zu und war in ihren Gedanken versunken. "Verdammt Masumi! Reiß dich gefälligst zusammen, als ob Shu-Nii sich dir gegenüber jemals so verhalten würde. Das war alles nur ein verdammt schlimmer Albtraum." Sie wurde dann überraschend vom Studenten aus ihren Gedanken gerissen: "Erzähl mir jetzt bitte von dem Albtraum. Es muss irgendwas schlimmes gewesen sein, vielleicht kam jemand drin vor, der dir sehr viel bedeutet. Wenn du dich nicht daran erinnern könntest, würden dir jetzt keine Tränen in den Augen stehen." "Was? Ich...ich...ha...habe nur was im Au...Auge...", murmelte Masumi und wischte sich hastig übers Auge. "Masumi, rede dich bitte nicht heraus. Es ist nicht schlimm, wenn du weinen musst. Ich werde dich ganz bestimmt nicht für deine Tränen verurteilen. Ich weiß du bist stark, aber du kannst nicht immer die Starke spielen.", sprach er mit ruhiger Stimme. Er wollte langsam, aber sicher dafür sorgen, dass Masumi endlich ihren Gefühlen freien Lauf lässt. Subaru wusste allerdings auch, dass er dennoch sehr behutsam vorgehen musste. Am besten war, es Schritt zu Schritt voranzugehen. Was hieße, dass die Jüngere ihm erst einmal von dem Albtraum erzählen sollte. "Ich spiele überhaupt nichts. Okay...ja...ich kann mich an den Traum erinnern und schön war er nicht. Aber deswegen heule ich doch hier nicht rum. Ich bin doch nicht schwach..." Masumi war leicht aufgebracht. Sie versuchte nicht mehr an den Traum zu denken und da kam Subaru an und wollte partou wissen, was sie geträumt hatte. Subaru fixierte Masumi weiterhin mit seinen Blicken und sprach: "Glaubst du wirklich, du wärst schwach wenn du weinen würdest? Wenn du deinen Gefühlen freien Lauf lässt? Masumi, da irrst du dich gewaltig. Tränen gehören zum Leben dazu. Es gibt Menschen die vergießen weniger als andere, aber sie gehören zu uns." Sie versuchte seinen Blicken auszuweichen, was ihr aber nicht wirklich gelang. "Ich...dann gehöre ich eben zu denen, die weniger weinen...außerdem...außerdem...es war nur ein Traum...mehr nicht..." Ihre Stimme wurde zum Ende hin immer leiser, jedoch verstand Subaru trotzdem alles ganz genau. "Das glaube ich nicht Masumi. Auch wenn du gerade einen auf unnahbar machst. Ich glaube, dass du viel sensibler bist, als du es im Moment zugeben möchtest. Ja es war nur ein Traum, aber dennoch belastet es dich scheinbar schwer. Ich bin da und hör dir zu." Er hoffte, dass sein Vorhaben funktionieren würde. Masumi haderte immer stärker mit sich, ob sie dem Studenten von dem Traum erzählen sollte, oder nicht. Er strahlte irgendwie etwas beruhigendes auf die Oberschülern aus, dass deren Fassade langsam zu bröckeln begann. "Es...es fällt mir, aber so verdammt schwer darüber zu reden. Weil es wehtut, wenn ich nur daran denke.", fing Masumi an zu erzählen. Sie sprach dann doch über ihren Albtraum: "I...ich war auf einen Friedhof...am Grab meines Bruders...plötzlich...stand er...Shu-Nii, er stand plötzlich da...Er hat mich für seinen Tod verantwortlich gemacht und gab mir die Schuld daran. Nur weil er wegen mir in diesen Flieger gestiegen war. Weißt du Subaru, über die wirkliche Todesursache meines Bruders ist nichts bekannt. Im Traum war es eben so, dass er bei einem Flugzeugabsturz gestorben ist. Auch ein Grab gibt es in Wahrheit nicht. U...und dann waren wir an einem Ort, wo ein Wrack eines abgestürzten Flugzeugs sich befand, unzählige Trümmerteile und Feuer. Plötzlich da...da war Blut an mei...an meinen Händen. Shu-Nii er meinte, es sei sein Blut...welches...nun an meinen Händen klebt. Danach bin ich aufgewacht..." Masumi versuchte weiterhin die Tränen zu unterdrücken, dennoch fanden ein paar unbemerkt von ihr den Weg über ihre Wangen. "Kein Wunder, dass Masumi so aufgewühlt ist nach diesem Albtraum. ", waren die Gedanken von Shuichi, nachdem seine Schwester von dem Albtraum berichtete. Er verstand es jetzt, warum Masumi erst nicht darüber sprechen wollte. Dennoch war es verdammt wichtig gewesen, dies zu tun. Subaru wusste zuerst nicht was er sagen sollte und blickte einfach nur zu der Jüngeren. Sie saß dort auf dem Sofa, krallte ihre Hände in die Decke und wirkte ziemlich fertig mit dem Nerven. Er fing dann an, mit Bedacht zu reden: "Masumi, ich kenne deinen Bruder eigentlich nicht. Ich weiß nur ein paar Sachen über ihn, von Shukichi. Aber ich glaube, er würde nie so zu dir sprechen Masumi." "I...ich weiß, a...aber...es war so verdammt echt...", kam es leise von ihren Lippen. Sie hob ihren Kopf und sah zu Subaru. Masumi zögerte kurz, dann aber gestand sie: "Su...Subaru...i...ich habe Angst...Angst davor einzuschlafen...u...und jedes mal den selben Traum zu haben. Jede Nacht träume ich von...von dem Anruf...dem Anruf, wo man mir mitteilte, dass Shu...Shu-Nii tot sei. Verdammt peinlich wegen sowas Angst zu haben, oder?" Sie konnte es sich selbst nicht erklären, aber es sprudelte einfach aus ihr heraus. Subaru schüttelte den Kopf und ein leichtes Lächeln war bei ihm zu sehen. "Das braucht dir nicht peinlich zu sein Masumi. Dein Bruder muss dir wohl viel bedeutet haben. Vielleicht gibt es ja einen Grund, weswegen du jedes Mal diesen Traum hast. Sag mal Masumi...hast du überhaupt um ihn getrauert?", wollte er wissen. "Ich...", begann Masumi blickte dann, aber zur Seite. Ihm reichte dieses Verhalten als Antwort. Er sprach einfach weiter: "Du hast also nicht getrauert. Aber Masumi, das ist nicht richtig. Willst du deine ganze Trauer einfach runterschlucken und so tun als wäre nichts, als würde es dich nicht kümmern? Das ist nicht gut für dich." "Was hat es denn überhaupt für einen Nutzen zu trauern? Macht es Shu-Nii wieder lebendig wenn ich weine? Nein, macht es nicht. Also kann ich es auch sein lassen.", behauptete Masumi und blickte wieder zum Studenten. Dieser verdrehte gedanklich die Augen, wegen der Sturheit der Schülerin. "Natürlich macht es deinen Bruder nicht wieder lebendig Masumi. Du willst wissen, welchen Nutzen es hat zu trauern. Es hat unter anderen den Nutzen, dass du deine Gefühle nicht unterdrückst und du daran womöglich noch daran zerbrichst. Ich will dir doch nur helfen Masumi. Sei bitte nicht so törricht und tu so als würde es dir gut gehen seelisch. Denn das stimmt absolut nicht." Er merkte nicht, wie seine Stimme am Ende hin lauter wurde. Masumi entging dies, aber nicht und aus heiteren Himmel sprang sie erneut vom Sofa auf. "Hör auf damit! Es ist immer noch meine Entscheidung, ob ich um ihn trauere oder nicht! Also hör auf, mich damit zu nerven!", meinte sie aufgebracht und rannte aus dem Zimmer. Sie wusste allerdings selbst nicht wieso sie dies sagte. Masumi wusste innerlich, dass Subaru es nur gut meinte, aber sie ließ ihre Trauer einfach nicht zu. Er war zuerst zu überrascht von diesem Ausbruch seiner kleinen Schwester. Schnell fing Shuichi sich aber und lief ihr hinterher. Er sah, dass die Villentür aufstand. "Ich habe Masumi wohl zu sehr damit bedrängt.", ging es ihm durch den Kopf. Er wurde dann aus heiteren Himmel aus seinen Gedanken gerissen, als von draußen ein Schrei zu hören war. Er hörte gleichzeitig einen Aufprall und rannte aus der Villa. Er sah noch wie ein Auto davon fuhr, aber konnte er das Kennzeichen nicht erkennen. Der Agent hatte das Gefühl sein Herz rutsche ihm in die Hose, als er die regungslose Person auf dem Boden liegen sah. Seine Stimme klang, für ihn eher untypisch, panisch als er rief: "Ma...Masumi!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)