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A Cat's Love

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Weil ich schon immer eine Kaito Cat-Story schreiben wollte.

Warnings: Humor, Drama, noch etwas mehr Humor und noch mehr Drama. Sehr wahrscheinlich unzutreffend beschriebener Katzencharakter (Vorschläge und Verbesserungen nehme ich gern entgegen). Shinichi ist ein Sadist. Und kann nicht kochen. Eine tödliche Mischung. Oh, und falls es nicht klar sein sollte - es handelt sich hierbei um Shounen Ai.

Disclaimer: Preiset Gosho Aoyama.

Crosspost. Weil, oh mein Gott, man kann auf Animexx Coverbilder direkt hochladen und nicht nur verlinken- warum hat mir das niemand früher gesagt?! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Damit sich der werte Leser nicht wundert: Kaito bedient sich in seiner verbalen Artikulation sämtlich und ausschließlich englischer Onomatopoesie.
...Und wem nach diesem Hinweis nicht die Augen aus dem Kopf gefallen sind, dem bescheinige ich freudigst genügend Hirntüchtigkeit, um sich nicht komplett von der Geschichte überfordert zu fühlen. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich weiß, eigentlich vertragen Katzen nach neuesten Erkenntnissen gar keine Milch. (Das hat mich wirklich geschockt - jahrelang einem derben Irrtum erlegen zu sein!) Shinichi ist noch weniger Experte - verzeiht ihm also diesen unwissentlichen Versuch, Kaito zu vergiften. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
A/N: Shinichi ist ein barbarisches Weichei. Ja, das geht. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
A/N: Die hübschen Beine haben nichts zu bedeuten, wirklich. Shinichis Wahrnehmung funktioniert eben auf einer anderen Ebene. Das ist...äh, ein sehr spezieller Ausdruck von Faszination. In Form von...hübschen Beinen. Shinichi weiß "hübsch" eben zu schätzen, okay? Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
…meine Kapiteltitel sind bescheuert, ich weiß. Komplett anzeigen

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It's rainin'...cats.

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Es war kurz nach dem Abführen des reuigen Verbrechers und dem Abfahren der Polizeiautos, dass die Luft über ihm zusammenzuckte und unwillig knurrte. Shinichi sah in den sich rapide verdunkelnden Himmel hinauf - die mit Wasser vollgesogenen grauen Wolken waren nicht gerade ein Aushängeschild für einen wunderschönen, sonnigen und vor allem trockenen späten Nachmittag.
 

Ein sehnsüchtiger Blick wanderte in Richtung der blinkenden Polizeilichter der sich immer schneller vom Detektiv fortbewegenden Mitfahrgelegenheit. Der Himmel grollte etwas lauter. Shinichi spielte ein paar Sekunden mit dem Gedanken, Megure anzurufen und ihn zu bitten, doch mal einen Wagen vorbeizuschicken - der Oberschüler war überzeugt, dass der Inspektor das auch wirklich machen würde (natürlich unter der Annahme, Shinichi würde sich liebenswürdigerweise für weitere Fallaufklärungen zur Verfügung stellen). Am Ende entschied er sich nach logischer Bewertung der Sachlage gegen diese lukrativ-regenfreie Alternative, schon weil das Präsidium, in dem er zweifellos abgeladen werden würde, viel weiter von seinem Haus entfernt war als sein derzeitiger Aufenthaltsort.
 

Vor dem Hintergrund dieser erdrückenden Beweislast blieb dem Jungdetektiv nichts anderes übrig, als seine Gehwerkzeuge in Anspruch zu nehmen. Gedacht, getan und kaum hatte er einen Schritt in Richtung trautes Heim gemacht, schon kamen die dreisten Wolken über ihm zum Schluss, dass es doch ganz lustig wäre, Shinichi eimerweise mit Regewasser zu begießen.
 

Ein Todesblick Richtung Himmel und schon lief der Oberschüler los, obwohl sein ausgeprägter Sinn ihm ironisch zuflüsterte, dass er auch gleich in den nächsten Fluss springen könnte. In wenigen Sekunden klebte die Kleidung auf diese typische unangenehm-squischige Art und Weise an seinem Körper, der Detektiv verzog sein Gesicht und beschleunigte sein Tempo, sich mit Gedanken an eine schöne warme Dusche und einer Tasse heißen Kaffee tröstend.
 

Er zögerte deshalb auch nicht lange, bevor er in diese dunkle, stinkende Nebengasse einbog - einer Abkürzung schaute man bei solch detektiv-unfreundlichen Wetterverhältnissen einfach nicht in den Terminkalender. Oder in die umgeworfene Mülltonne, von denen es hier anscheinend ganze Kolonien gab. Nase zu und durch, wie es schön hei- AU! Etwas Langes und eindeutig nicht zu der normalen Gasseneinrichtung Gehörendes ließ Shinichi stolpern. Der Oberschüler schlitterte etwas unbeholfen, bevor er jedoch mittels seiner ausgeprägten sportlichen Reflexe (lies: unbeholfenes Rudern mit den Armen) wieder seine Balance zurückgewann und sich umdrehte, um den Störenfried mit unfreundlichen Blicken zu traktieren. Dies brachte jedoch keine nennenswerten Ergebnisse, sodass der Detektiv durch fortschreitende Ganzkörperunterkühlung daran erinnert wurde, dass sinnlos in der Gegend Herumstehen - und das bei Platzregen - nicht gerade die glücklich-angenehmste Art der Freizeitgestaltung war. Gerade dabei, wieder seinen Weg fortzusetzen, vernahm Shinichi etwas, das sich verdächtig nach einem Stöhnen anhörte.
 

In dem kurzen Kampf zwischen Logik (Kümmer dich nicht drum, ist doch sicher sowieso ein Besoffener, der seinen Rausch ausschläft!), Vernunft (Beweg endlich deinen Arsch, Junge, mir ist KALT!) und Hilfsbereitschaft (Mann, ich hab doch gesagt, es ist ein Besoffener und das einzige, was der will, ist noch eine Flasche Sake, die du nicht hast, also, warum stehst du hier noch blöde herum?), siegte schließlich die Neugier (Ob du dann wohl wegen unterlassener Hilfeleistung verknackt wirst, wenn der an Nasenhaarverätzung stirbt ob des schrecklichen Gestanks?).
 

Shinichi lief ein paar Schritte zurück und entdeckte tatsächlich den Übeltäter, der ihn ein paar Sekunden zuvor beinah zum Fallen gebracht hätte (Den Geruch hätte er nie und nimmer aus seinen Klamotten gekriegt!) - oder besser: DIE Übeltäter. Nämlich zwei Beine. Ihr Besitzer gab ein weiteres, leises Stöhnen von sich, schien jedoch zu dem Zeitpunkt außerstande, seine Extremitäten (das hinterhältige Hindernis) aus dem Weg zu räumen. Shinichi beugte sich zu ihm herunter. Er schien jung zu sein, wahrscheinlich sogar im gleichen Alter wie der Oberschüler selbst. Betrunken? Verletzt? Viel konnte der Detektiv ob der Dämmerung und des undurchsichtigen Regenvorhangs nicht erkennen. Argh, was solls, es könnte ja nicht schaden, einen Krankenwagen zu rufen - auch wenn er ein berühmter Jungdetektiv war und als Menschenhelfer Numero Uno galt (solange besagte Menschen spannende Rätsel und Mysterien für ihn hatten, natürlich. Leichen waren aber auch okay), hieß das noch lange nicht, dass er sich eine Lungenentzündung wegen eines Ausreißers oder eines Schulschwänzers, der in irgendwelchen Gassen im Müll herumlag, einhandeln musste.
 

Dafür gab es nun einmal Sanitäter.
 

Shinichi konnte schließlich nicht für alle die Arbeit machen - hiesige Polizei war schon mehr als genug. Beschwingt durch diesen überaus logischen Gedankengang (und dem Wissen, dass er sich nicht um das bewusstlos herumliegende Problem kümmern musste), zog der Detektiv sein Handy aus der Tasche, das mit einem Vibrationsalarm eine Nachricht einblendete. "Achtung, Ihr Ak-", weiter kam Shinichi nicht, als das verräterische Ding einfach den Geist aufgab. Fassungslos starrte er auf die handkleine, plastikgewordene Frechheit, das konnte doch einfach nicht wahr sein! Shinichi schaute sich um - oh, welch Überraschung, kein Schwein zu sehen (kein Wunder, bei dem Hundewetter), das er um Hilfe bitten könnte. Dann wanderte sein Blick zu dem (nach wie vor ungelösten) Problem und ein resignierter Seufzer entwich ihm, als bei kurzer Überlegung klar wurde, dass die nächste Notaufnahme gefühlte Lichtjahre entfernt war.
 

Okay, okay! Verdammter Mist aber auch, warum hatten geniale Oberschülerdetektive auch nie Glück?! Shinichi kniete sich zu dem jungen Bewusstlosen hin und hievte ihn sich auf die Arme, schwankte ein paar Schritte unter dem Nicht-Gerade-Federgewicht, fand sich jedoch in der Lage, seinen Weg fortzusetzen. (Die kalte Regenflut war eine sehr große Motivation.)
 

Völlig aus der Puste fiel der Detektiv in seine Eingangstür, um endlich den Bewusstlosen auf seinem Flurboden abzulagern und seine schmerzenden Arme zu entlasten. Mit einem befreiten Seufzen ließ er die vollgesogenen Schuhe am Eingangsbereich stehen (die Fußbekleidung seines Besuchers musste ebenfalls dem gesellschaftlich fest verankerten Brauch weichen) und steuerte geradewegs auf das langvermisste Bad zu. Ein Blick nach hinten verriet ihm, dass der an die Wand Angelehnte nach wie vor in seiner unterbodenharten, aber dennoch recht entspannt wirkenden Lage verweil-
 

Shinichi blieb abrupt stehen.
 

Tastete fahrig nach dem Lichtschalter, um seinen Augen zu beweisen, dass sie ihm gerade ziemlich dreist eine falsche Information ob des in spärliches Straßenlaternenlicht getauchten Hauses geliefert haben.
 

Das aufflackernde Flurlicht ließ ihn jedoch etwas verstört aufblinzeln, seine treuen Augen um Verzeihung bitten und ungläubig den Kopf schütteln.
 

"Na toll. Ein Katzenliebhaber mit Kostümierbereitschaft. Hat mir gerade noch gefehlt." Ein resignierter Blick wanderte gen deckenversteckten Himmel. "Warum bin ich eigentlich immer derjenige, der die ganzen Freaks abkriegt?" Seinen Weg zum Bad wieder aufnehmend merkte Shinichi nicht, wie der dunkelbraune Schweif, knielang neben dem Körper, und die ebenso dunklen Katzenohren zwischen einem Chaos von einer Frisur, die der Bezeichnung "vom Winde verweht" eine gänzlich neue Bedeutung verlieh, kurz aufzuckten, um gleich darauf eine vollständige Leblosigkeit zu demonstrieren.
 

TBD

Badefreuden oder Was Höflichkeit alles anrichten kann

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Das Badewasser dampfte in einladender Wärme als Shinichi mit seinem Cosplay-Fan in das große Badezimmer eintrat und entlockte ihm einen sehnsüchtigen Blick, doch die höflichkeitsverankerte Ansicht, dass es doch von besseren Manieren zeugte, Bewusstlosen in diesem (ausnahmegewichtigen, natürlich) Fall den Vortritt zu lassen, war etwas stärker. (Gut, Höflichkeit beiseite - wer wusste schon, was dieser Pseudo-Kater alles anstellen konnte, während der Oberschülerdetektiv gerade dabei war, sich den Rücken zu schrubben?)
 

Er setzte den körperlich Unkooperativen vorsichtig auf den Boden ab und ließ ihn an den Wannenrand lehnen, um ihm die Kleidung auszuziehen. Keine leichte Aufgabe, wenn besagte stoffliche Körperbedeckung sämtliche Mitarbeit verweigerte und stur an bestimmten Katzenliebevertretern kleben blieb. Aber so ein Detektiv-Genie-Dasein hatte unweigerlich seine sonnigen Seiten, vor allem, wenn es ums Ausziehen von jungen, nicht allzu schlecht gebauten Männern ging- was zur Hölle kochte sich da sein Hirn wieder zusammen?! - nun, auf jeden Fall meisterte der Oberschüler auch diese schwierige Aufgabe mit Bravour.
 

Die dreckigen und regenmüffigen Pullover und Shirt landeten unbeachtet auf den weißen Fliesen, darum würde sich Shinichi später kümmern. Auch die Hose wurde zeremonielos von den langen Beinen gezogen, der Detektiv konnte sich jedoch einen leichten Peinlichkeitsanflug in Form von geröteten Wangen nicht verkneifen, als es an die Unterwäsche ging.

Erst als er den Entkleideten an den Wannenrand hochhob und etwas Felliges seinen Arm streifte, merkte Shinichi, dass er den Höhepunkt der Merkwürdigkeiten, die seinen Wannenbesetzer umschwirrten, vergessen hatte.

Aber... Ein Blick auf die unschuldig-schweiflose Hose, dann ein weiterer auf den unübersehbar-nackten Bauch und schließlich ein kurzes Linsen auf die dunkelbraune, steißbein-angesiedelte Extremität.
 

"Oh, Himmel. Verschone mich", wurde als Ergebnis der Untersuchung resigniert gestöhnt. Hatte der Kerl sich das Ding etwa an den Rücken GEKLEBT? Damit es authentischer aussah, oder was? Hätte er eine Hand frei, hätte sich Shinichi wohl eine an die Stirn geknallt. Also, manche Leute waren wirklich hirngestört. Oder hatten zu viel Zeit. Und dann stellten sie untereinander Schwanzvergleiche der etwas anderen Art an... Der Oberschüler schüttelte den Kopf, um diese absurden Gedanken zu vertreiben. (Anscheinend war Schwachsinn entgegen jeder wissenschaftlichen Annahme doch ansteckend.)
 

Es gab im Grunde nur eine Frage, die sich Shinichi in dieser Situation stellen konnte - mit oder ohne? Der Gedanke, dass der Schweif unweigerlich Spuren in seinem Abfluss hinterlassen würde, ließ nur einen Schluss zu. Weg mit dem Ding.
 

Nichts ahnend zog der Oberschüler mit einem kräftigen Ruck am felligen Cosplay-Bestandteil-
 

"Mrooow!"
 

-als der vermeintlich Ohnmächtige mit einem Schmerzensschrei einen Satz nach hinten, von der hinterhältigen Hand machte, dabei jedoch nicht bedachte, dass der schmale Wannenrand für solche ausladenden sportlichen Betätigungen nicht ausgerichtet war, sodass der in die Realität Gerissene das Gleichgewicht verlor und mangels Haltestange sich an dem zutiefst erschrockenen Detektiv klammerte.

Da aber auch Detektive - so schlau sie sein mögen - in ihrer Funktion als Katzenstütze sehr zu wünschen übrig ließen, verlor Shinichi seinerseits das Gleichgewicht und beide klatschten ins Wasser.
 

Dies hatte nur weiteres panisches Gezerre an seiner Person, begleitet von wildem Geplansche und wasserverschluckten "Miauu!" und "Nyaaaah!", zur Folge, bis sich der undankbare Besucher ohne Rücksicht auf Verluste nach oben gekämpft hatte, um dem Höllenkessel (Es war doch nur Wasser, verdammt!) zu entkommen.
 

Ein geistesgegenwärtiges "Warte!" seitens Shinichi und eine vorschnellende Hand, die sich in die erstbeste Extremität festkrallte, die sie erwischte (so ein Schweif hatte unweigerlich seine Nachteile), brachte den gerade aus der Wanne Gestolperten zum Ausrutschen-
 

BONK.
 

Ausgeknockt.
 

Eine, zugegeben, etwas rabiate Variante der Ruhigstellung, jedoch nicht minder wirksam.
 

Hustend und prustend nach dem unfreiwilligen Halb-Bad starrte Shinichi mit wild klopfendem Herzen auf seinen in einer kleinen Pfütze auf dem Boden liegenden, abermals bewusstlosen Besucher und konnte nur an eins denken.
 

..."Mrooow"?!
 

Ging das nicht ETWAS zu weit in der Katzenimitation? Gut, Ohren und Schweif konnte er ja noch verstehen- nein, konnte er nicht. Absolut lächerlich. Wie kam ein Mensch bloß auf solche schwachsinnigen Ideen? Aber gut, zunächst einmal sollte er wohl seine Aufmerksamkeit wieder dem feige der Realität entflohenen Problem auf seinem Badezimmerfußboden widmen.
 

Gedacht, getan und schon wurde der Gossenkater zurück ins die Wanne gehievt. Diesmal ohne jegliche Proteste oder Panikausbrüche. Ein paar intensive Schrubbeinheiten später fand sich der Hardcore-Cosplayer in einem Gästezimmerbett, mit einem kleinen Eisbeutel gegen die Beule an seiner Stirn.
 

Nachdenklich betrachtete Shinichi den Schlafenden. Erst jetzt fiel ihm die verboten-große Ähnlichkeit zwischen ihnen auf. Der Oberschüler konnte nur hoffen, dass Lady Schicksal ihm nicht auch noch einen verschollenen Bruder unterjubelte, der einen Katzenfetisch hatte.

Bei diesem Gedanken rutschte der Blick des Detektivs zu den nach wie vor fest sitzenden Ohren. Es juckte ihm in den Fingern, ebenfalls daran zu ziehen, doch auf eine ähnliche Reaktion wie im Bad konnte er getrost verzichten - dafür war ihm sein Nervenkostüm viel zu schade. Aber es interessierte ihn brennend, was es nun mit diesen Verschönerungen auf sich hatte... Shinichi beugte sich näher zu dem Pseudo-Kater.
 

Es sah so...natürlich aus. Irgendwie.
 

So natürlich es eben auf einem eindeutig menschlichen Kopf aussehen konnte.
 

Unsichere Finger schwebten nah bei den nicht allzu großen, jedoch gut sichtbar vom Frisur-Wirrwarr abstehenden Katzenohren. Einer leichten Berührung folgte ein kurzes Aufzucken selbiger, was Shinichi den Atem anhalten ließ, doch sein Gast wachte nicht auf. Von der ausbleibenden bewussten Reaktion ermutigt, traute sich der Oberschüler über das weiche Fell zu streicheln, seine Hand senkte sich fast schon automatisch in das ebenso weiche (entgegen aller Annahmen) Haar und rieb katzenfreundlich den Ohrenansatz. Ein seltsamer gedämpfter Knurr-Laut war daraufhin zu vernehmen. Shinichi runzelte verwirrt die Stirn, doch ein prüfender Blick in Richtung des Schlafenden ergab nach wie vor dessen Urlaub von der Außenwelt. Doch als der Laut nicht aufhörte und mit fortschreitender, fast schon abwesender Katzenohrenbelästigung (Shinichi hatte seine Freude an Streicheleinheiten entdeckt) noch etwas lauter wurde, drängte sich dem Detektiv nur eine Erkenntnis auf, so unglaubwürdig sie auch erschien.
 

Er... er schnurrt doch nicht etwa...?!
 

Die entgeistert-augenweiternde Feststellung zog frecherweise eine weitere Schnapsidee an der Leine hinter sich her: Waren die Ohren etwa... echt?
 

Das würde die recht heftige Reaktion auf die nicht gerade sanfte Behandlung, die Shinichi dem Schweif hatte angedeihen lassen, erklären, aber... Es war doch vollkommen unmöglich. Welcher normale Mensch hatte denn heutzutage ECHTE Katzenohren und Katzenschwanz?!
 

Ein Mysterium.
 

Der Oberschülerdetektiv konnte sich ein freudiges Grinsen nicht verkneifen. Vor ihm lag ein spannendes Rätsel und er würde einen Teufel tun, es einfach ungelöst von dannen ziehen zu lassen.

Er zog seine Hand vorsichtig weg, was ihm ein unwillig-protestierendes Murren und Stirnrunzeln seitens des Katzenohrbesitzers einbrachte.
 

Das Ganze versprach entgegen aller Vermutungen doch ziemlich interessant zu werden.
 

TBD

Don't feed the tro- err, cat.

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Das aufregende Rätsel erwies sich vorerst jedoch als ziemlich langschläfrig.
 

Nyan - wie ihn Shinichi kurzerhand getauft hatte - verpennte zwei Tage, in denen der Oberschüler immer unruhiger wurde und sich immer öfter fragte, ob es nicht klüger wäre, einen Arzt aufzusuchen. Ein Blick auf den friedlich Dahinratzenden - vor allem auf seine netten kleinen Katzenöhrchen - überzeugte den Jungdetektiv jedoch immer wieder vom Gegenteil. Es war nicht ausgeschlossen, dass einige Quacksalber die Chance ergriffen, der Wissenschaft auf die Sprünge zu helfen - sei es auch mit tiermenschlichen Versuchen. Nyan wäre ein gefundenes Fressen für die Medien, Forscher, Psychotherapeuten, Zahnärzte, Friseure, Merchandise-Hersteller und anderes Gesocks, die nur auf eine Möglichkeit lauerten, sich an einem ungewöhnlichen Wesen dumm und dämlich zu verdienen. (Besonders Zahnärzte - diese waren ganz hinterhältig und gemein! Shinichis eigene Erfahrung.)
 

Die leise Vermutung, dass Nyan wahrscheinlich bereits Opfer von Versuchen geworden ist, hinterließ bei Shinichi einen bitteren Beigeschmack. Dass der Körper des Pseudo-Katers keine offensichtlichen Merkmale von Misshandlung oder (jedenfalls ihm) sichtbare Einstichstellen von Nadeln aufwies, beruhigte ihn nur bedingt. Nämlich gar nicht.
 

Wer überhaupt ein Interesse daran haben könnte, einen Menschen mit Katzenohren und Schweif zu erschaff- der Oberschüler verzog angewidert das Gesicht bei dem Gedanken. Nein, es war nicht genug, wenn sich Menschen zu Richtern über Leben und Tod anderer machten, es mussten sich natürlich ein paar Wahnsinnige einfinden, die unbedingt mal Gott spielen wollten.
 

Er schüttelte den Kopf, um diesen wieder einigermaßen freizubekommen und seine grauen Zellen wieder zu ordnen. Es ging doch nichts über Chaosbeseitigung im eigenen Oberstübchen: Ein junger Mann unbekannter Herkunft, etwa gleich alt wie Shinichi selbst. Bewusstlos in einer Gosse (irgendwie schien es ein bevorzugtes Hobby von Bewusstseinsurlaubern zu sein, an solchen wohlduftenden und warmen Aufenthaltsorten zu nächtigen) vom Oberschüler aufgelesen, seine Kleidung gab keinerlei Ruckschlüsse auf seine Lebensumstände - außer etwas alt und schäbig zu sein. Keine sichtbaren körperlichen Merkmale oder Besonderheiten - von den Stubentigerattributen mal abgesehen. Hat Angst vor Wasser. Schnurrt. Hm.
 

Nicht gerade die größte Ausbeute an Hinweisen, aber er hatte auch schon weniger zur Verfügung. Zumal der größte Hinweis nebenan selig pennte. Nun, der Detektiv war geduldig (auch wenn der Gedanke an einen Eimer kalten Wassers, der sich frech grinsend über dem katzenohrigen Strubbelkopf ergoss, immer verlockender wurde). Dennoch kam Shinichi nicht umhin, das ausgesprochen katzig-induzierte Verhalten, das sein neuer Mitbewohner für die paar Sekunden, in denen er bei Bewusstsein war, an den Tag legte, zu bemerken. Miau. Katzenlaute.
 

Na, toll. Da hatte seine Gossenbekanntschaft sicher viel erzählen!
 

Hoffentlich fing er sich keine Ratten zum Frühstück und war stubenrein.
 

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Als Shinichi am frühen Morgen des dritten Tages sein ununterbrochen in Anspruch genommenes Gästezimmer betrat, wurde er von einem misstrauischen Blick zweier indigoblauen Augen, skeptisch zuckenden Ohren (Bildete sich das Shinichi nur ein oder zucken die menschlichen Ohren auch gleich mit?) und einer entspannten Körperhaltung eines sich auf Kampf um Leben und Tod Vorbereitenden in Empfang genommen.
 

Nicht, dass Shinichi ein breites Grinsen, freudestrahlende Umarmung und einen Katzenschmatzer auf die Backe erwarten würde, aber ein angedeutetes Danke wäre durchaus nett gewesen. Immerhin hatte er den stubentigerisch Aufgemotzten aus reiner Herzensgüte (Scheiß Handy!) aus dem Müllgässchen geholt und ihm sogar erlaubt, sein Badezimmer einzusauen - freundlicher ging's doch gar nicht mehr.
 

Dennoch blieb der Detektiv angesichts dieser puren Willkommenswärme in der Tür stehen - Vorsicht war schließlich die Mutter der Porzellankiste. (Zumal er es unglaublich schade finden würde, sollte die beste Stütze der hiesigen Polizei ihr vorzeitiges Ende finden...) Wer wusste schon, wozu ein in die Ecke gedrängter Katzenfan imstande war.
 

"Ähm... Hallo." Nicht gerade Nietzsche, aber immerhin ein Anfang. Diese zwei kleinen Bestandteile der normalen zwischenmenschlichen (inwiefern dieser Tatbestand auf sein Gegenüber zutraf, vermochte Shinichi nicht wirklich zu sagen) Konversation, brachten Nyan dazu, erschrocken zusammenzuzucken und sich mit aufgerissenen Augen der hintersten Zimmerecke zuzuschieben.
 

Uwah, das böse Monster in der Zimmertür da konnte sprechen! Der Oberschüler konnte sich diesen kleinen innerlichen Erguss an Sarkasmus einfach nicht verkneifen. Oh, Mann. Irgendwie fühlte sich Shinichi von der Wirklichkeit verarscht - so etwas gab es doch einfach nicht. (Ein Menschkater? Haben wir bald die Invasion der intelligenten Stubentiger am Hals?! Planet der Katzen! Miau, verdammt noch mal! Warum musste ausgerechnet er immer an so etwas geraten?!)
 

Und überfordert.
 

Er verstand sich blendend mit Leichen, Forensikern und sich Polizeigewahrsam widersetzenden Schwerverbrechern (Shinichi, die geballte Gesellschaftsgranate) - Pseudo-Kater (oder doch besser "Pseudo-Menschen"?), die anscheinend von Japanisch keine Ahnung hatten, waren gänzlich anderes Kaliber.
 

...Eindeutig überfordert.
 

Und was jetzt? "Ich tu dir nichts, hab keine Angst", erschien dem Jungdetektiv noch sinnloser als die Begrüßung noch mal auf Chinesisch zu wiederholen. Aber vielleicht war es ja eine besondere tibetanische Katzenart - sollte er es mal auf Persisch versuchen?
 

"Hast du Hunger?" Oh, ja. Da war mal wieder sein Mund schneller als sein Hirn. Zumal Nyan ihm absolut nicht wie ein Dalai-Lama-Kater vorkam. Wobei, bei solchen konnte man eigentlich sowieso nie wissen. Die Frage veranlasste seinen Besucher auf noch größeren Sicherheitsabstand zu gehen - wie das möglich war (Shinichis Gästezimmer gehörte zwar nicht zu den Winzlingen dieser Rassenvertreter - Scheiße noch mal, jetzt ist schon Züchterjargon hinzugekommen, wie weit kann so etwas eigentlich gehen? - aber so groß war es nun auch wieder nicht), blieb dem Oberschuldetektiv ein Rätsel. Das lange Schweigen, das daraufhin folgte, deutete Shinichi einfach mal als ein "ja". (War im Übrigen auch nicht gerade schwer zu erraten, wenn der Betreffende mindestens drei Tage lang nichts in den Magen bekommen hatte.)
 

Ohne eine weitere Reaktion von seinem Mitbewohner abzuwarten - nicht, dass es ein großes Repertoire an diesen zu geben schien - drehte sich Shinichi um und verließ das Zimmer Richtung Küche. Nach näherer Inspektion des Kühlschranks und nach etwas längerem Kramen nach dem Gedächtniskrümel, der für die Mammalia-Kategorisierung verantwortlich war, wurde die Wahl der Mahlzeit auch schnell getroffen - Fisch und Milch.
 

Eine Reisschüssel mit weißer Flüssigkeit in der einen und einen Teller mit frischem Lachs (Sushi-Abend ade) in der anderen Hand balancierend stieg der Oberschüler langsam die Treppen zum fremdbewohnten Raum hoch. Entgegen seiner Erwartung war die Tür nicht mehr sperrlangweit offen, wie er sie zurückgelassen hatte, sondern befand sich in einem angelehnt-unverschlossenen Zustand und verdeckte zu einem guten Stück die Sicht in das Zimmer. Und stellte ein hölzernes Hindernis für einen essensbepackten Shinichi dar, der mit seinen analytischen Talenten den Spalt zwischen Tür und Rahmen für unpassierbar befand- kurzum, er versetzte der Tür einen herzhaften Tritt, damit das dumme Teil (Welcher Blödmann hat sie auch angerührt?!) endlich den Weg freimachte - Shinichi war hier nicht das Hausmädchen und hatte auch noch andere Dinge zu tun, klar?!
 

Dass diese unfaire Behandlung seitens des Hausherrn der besagten Tür ganz und gar nicht behagte, machte sie durch ein erschrocken-empörtes "Nyarh!" deutlich und schwang sogleich zum Gegenangriff über. Diese - von einem Raumbestandteil höchst unerwartete - Reaktion traf Shinichi unvorbereitet und ziemlich schmerzhaft am Kopf, sodass er in einem leichten Anflug planetarischer Naherfahrung (lies: Er sah kurzzeitig nur Sterne) ein paar unbeholfene Schritte ins Zimmerinnere stolperte, mit etwas Weichem zusammenprallte und seine Mitbringsel unter musikalischer Begleitung von klirrendem Porzellan über ebendieses Etwas verteilte.
 

"GYAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHR!" Der Urschrei geballter Panik zerrte den Detektiv sehr effektiv in das Hier und Jetzt zurück - eine flüchtende Gestalt Richtung Fenster-
 

"Nein, HALT!" Ein gehechteter Sprung nach vorn, doch die ausgestreckte Hand verfehlte diesmal den wehenden Schweif (nicht, dass Shinichi mit Absicht danach greifen wollte - auch wenn es ihm bisher gute Dienste erwiesen hat)-
 

DRSCH!
 

Shinichi blieb das Herz stehen, als der zutiefst verängstigte und panische Pseudo-Kater sich geradewegs aus dem Fenster warf.
 

Um Himmels Willen, sie befanden sich hier im zweiten Stock! Ein paar Schritte nur bis zum scherbenbesetzen Verzweiflungsnotausgang, die doch viel zu lange Zeit in Anspruch nahmen, wie Shinichi vorkam - Himmel, bitte nicht, warum hat er das nur getan, warum hat er-
 

Niemand da.
 

Mit wild klopfendem Herzen suchte Shinichi mit hin und her zuckendem Blick die nähere Umgebung ab. Keine blutende Gestalt unter seinem Fenster, nirgendwo jemand zu sehen, war das gerade eine Einbildung gewesen?
 

Nein, die rote Flüssigkeit an den im Fensterrahmen stecken gebliebenen Glassplittern war eindeutig Blut.
 

"Scheiße!", fluchte Shinichi und lief so schnell er konnte aus dem Haus. Das durfte doch alles nicht wahr sein!
 

TBC

Die...äh, total verzweifelte Suche. Bestimmt. Tief im Inneren.

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Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte sich Shinichi zurück ins traute Heim geschleppt - nyanlos. Auch nach mehrmaligem Ablaufen der gesamten Nachbarschaft war von Katzenohren keine Spur. (Und auch wenn solche Katerutensilien ein recht auffälliges Merkmal darstellten und garantiert nicht zu übersehen waren - eine Vermisstenanzeige kam nicht infrage, denn nach einem gestammelten "Ähm, also ja, ich habe da ein kleines Problem, wissen Sie, Herr Wachtmeister, mir ist da des Tags so ein Katzenohr und -schweiftragender zugelaufen... und hat ganz spontan beschlossen, aus einem Fenster im zweiten Stock zu springen und ist seitdem unauffindbar. Ja, Katzenohren. Ja, Schweif. Auch. Nein, ich fühle mich nicht gestresst! Und essen und schlafen tu ich auch genug - hey, wen rufen Sie da eigentlich an?!" wäre er wohl schneller in der nächsten Klapse als er "Miau" sagen konnte.)

 

Müde und abgekämpft (Der Typ hatte ja wohl einen an der Waffel, so einen Zirkus zu veranstalten! Hat sich vom Sushi bedroht gefühlt, oder was?), verunsichert (Das war ja wohl nicht meine Schuld! Welcher vernünftige Mensch konnte schon ahnen, dass der dumme Kater plötzlich in einem Anfall suizidaler Versuchsfreude seine sieben Leben um eins verringern wollte?! Oder Sehnsucht nach Real-Live-Bungee-Jumping hatte. Was auch immer) und besorgt (Ist mir doch egal. Ich habe ihm mein letztes Hemd gegeben! Und mein Warmwasser. Sogar mein einziges Abendessen wollte ich mit ihm teilen! Aber nein, es war ja wohl zu viel verlangt, einfach mal ein höfliches "Darf ich zur Tür raus?" zu miauen, was? Nein, es musste natürlich mein Fenster sein! Also, manche Kater haben heutzutage überhaupt keine Manieren! Tse) beschloss Shinichi sich ins Bett zu packen und am nächsten Tag seine Suche fortzusetzen.

 

Oder am übernächsten.

 

Oder vielleicht konnte das bis nächste Woche warten?

 

Der Kater würde ihm schon nicht weglaufen.

 

Eh. Moment- ach, war ja auch egal, auf jeden Fall nahm sich sein ohnehin shinichiunfreundliches Schicksal, Karma oder wie auch immer man diese fiesen kleinen Dinger nannte, die einen ständig und unbegründet in den Hintern bissen, fest vor, auch den letzten Rest seiner Aufmerksamkeit auf sich verdächtigerweise häufende Fälle zu zerren. Es schien, als würde wirklich jeder dahergelaufene Verbrecher versuchen, auf Teufel komm raus eine Straftat genau vor Shinichis Nase zu begeh-

 

"EIN DIEB! EIN DIEB! Haltet den Dieb! Er hat meine Handtasche! DIIEEB!"  

 

Na, wenn das mal nicht überraschend kam. Kaum den Fuß außerhalb des Hauses ins nächste Einkaufszentrum gesetzt, weil an einem Abend feststellen müssen, dass sein Kühlschrank eine gähnende Leere aufwies, schon musste der Oberschüler wieder in ein Verbrechen stolpern - irgendwann musste es doch mal reichen hier! Doch seine Jagdinstinkte nahmen schnell Oberhand über sein (in letzten Tagen Ozonloch-Ausmaße angenommenes) Selbstmitleid, sodass Shinichi ohne weitere Verzögerung die Verfolgung aufnahm - Scheiße, war der Kerl flink und schnell! Zum Glück des Oberschülers (Glück? Pah! Also, echt! Welches Glück, zum Teufel? Hier war pures Talent am Werk!) kam der Handtaschendieb bei der Menge der abendlich ausgehungerten Bevölkerung auf der Suche nach etwas Essbarem im nächsten Kaufhaus nur schwer voran.

 

Das Dumme an der ganzen Sache: Shinichi ebenfalls.  

 

Nach - wie dem Detektiv vorkam - stundenlangem Drängeln und Quetschen, auch hier hatte Shinichi Glück (Talent! Talent, wie oft denn noch!), denn die Leute tendierten in all ihrer (wie stark auch immer ausgeprägten) Sensationsgeilheit, ihm den Weg freizumachen, nachdem sie erkannt hatten, wer ihnen da wahlweise den Rücken, die Füße einlief oder sie gleich gnadenlos überrannte.  

 

War schließlich zu einem guten Zweck. (Handtaschen waren auch wichtig!)

 

Ouh, verdammt! Das war ja wie ein Treibsandwettrennen - man war aus der Puste, schwitzte wie der letzte Niagara und kam trotzdem kaum von der Stelle und wo war der Mistkerl jetzt schon wieder?! Scheiße, schon fast am Ausgang- oh nein, du entkommst mir nicht! (Das tagelange Training im Katernachlaufen hatte sich scheinbar gelohnt - Shinichi holte auf.)

 

Nur noch ein kleines- weg mit dem Arm, du Arsch, ich versuch hier grade einen Verbrecher zu fangen! Stück... ein paar- aus dem Weg, hab ich gesagt! Schritte, ja! Ein kleiner Ausfallsprung nach vorn, als der Dieb einer besonders umfangreich tütenbeladenen Großfamilie ausweichen musste und schon schloss sich Shinichis Hand fest um den rechten Oberarm des hinterhältigen Handtaschenentwenders und brachte ihn damit effektiv zum Stehen.  

Kurz vor dem Ausgang ins Freie erwischt.  

 

Der Oberschüler wunderte sich etwas, dass der Dieb keinerlei Ausbruchsversuche startete, als er das überlebensnotwendige Damenutensil aus dessen Hand rupfte und ihn zurück zur Bestohlenen zog (oder jedenfalls dahin, wo er sie vermutete). Na, vielleicht kam das ja noch und der Schurke wartete nur auf eine passende Gelegenheit - erst jetzt maß Shinichi den Dieb mit einem prüfenden Blick. Wer wusste schon, was dieser im Stillen plante, Verzweiflung konnte Menschen zu allem möglichen Unsinn treiben.

 

Unwillkürlich drückte der Oberschüler noch fester zu, der Taschenkidnapper zuckte zusammen - durch die Bewegung rutschte die ohnehin nach dem Spießrutenlauf etwas wacklig sitzende Mütze etwas tiefer, drückte den wirren Pony glatt auf die verschwitzte Stirn, verdeckte die - vor...Schmerz? - zusammengekniffenen tief-blauen, beinah-violetten Augen. Tief-blau, indigo... Tief...  

 

Also, das...konnte ja wohl einfach nicht wahr sein. Shinichi starrte seinen Gefangenen sprachlos an. Und das Einzige, was in seinem Kopf herumschwamm - neben sich häufenden Beweisen beim näheren Hinsehen, die leichte Bewegung unter der Mütze, die seltsame Ausbuchtung beim Hosenbund - war: Gefunden.

 

Gefunden.

 

Und unglaubliche Erleichterung. Der dumme suizidale Kater lebte noch. Er war noch am Leben und hatte natürlich nichts Besseres mit sich anzufangen, als auf Beutezug zu gehen und sich dabei auch noch erwischen zu lassen! Wie blöd konnte ein Mensch- äh, Kater sein?!

 

"Du bist echt ein Blödkopf, wusstest du das?" Als hätte Nyan ihn tatsächlich verstanden, senkte er leicht das besagte Nicht-Gerade-Mit-Intelligenz-Gefüllte-Körperteil und - bildete sich Shinichi das nur ein? - legte leicht die Ohren zurück (gänzlich in Geprügelter-Hund-Manier, Shinichi musste bei diesem Vergleich unwillkürlich grinsen).

 

"Da ist er ja! Der hundsgemeine Verbrecher! Einsperren sollte man ihn! Wie kann er es nur wagen, ehrliche und für ihr Geld hart arbeitende Bürger zu bestehlen?!" Die handtaschenvermissende Dame ließ sich nicht lange suchen. Mit ihrem eng anliegenden Kleid und Winzelchen von einem Mäntelchen mit Pelzbesatz, die in keiner Weise ihren Speckwellen (diesen massiven Bauchumfang als "Speckröllchen" zu bezeichnen, wäre eine Beleidigung für alle braven Speckröllchen dieser Welt) schmeichelten, sah sie nicht gerade wie eine hart arbeitende Bürgerin aus. (Der perlenbehängte Übergang zwischen Doppelkinn und Oberkörper - der "Hals" hatte seine Koffer gepackt und sich gefrustet aus dem Körperbau verabschiedet - deutete eher auf einen reichen Ehemann hin.)  

 

Doch Shinichi - ein kluges Kerlchen, wie er nun mal war - behielt all diese Beobachtungen für sich, denn für das Nicht-Vorhandensein ihres Rachens hatte die Dame erstaunlich gut trainierte Stimmbänder vorzuweisen und sie zögerte nicht, diese ohrvernichtend einzusetzen.

 

"...es kann doch einfach nicht angehen, dass solches Gesindel so mir nichts, dir nichts in solchen Kaufhäusern herumlaufen darf! Das ist ja wohl..." Ein kurzer Blick zu Nyan und dessen schmerzverzerrtem Gesicht bestätigte dem Jungdetektiv, dass er ein ausgesprochen katerfeines Gehör hatte, das in diesem Moment einer intensiven Tortur unterzogen wurde.

 

"Hier ist Ihre Tasche, Madam." Shinichi hielt die 80-Dezibel-Tirade nicht länger aus. Das entsprechende Accessoire durfte wieder zu Frauchen zurück. "Machen Sie sich keine Sorgen", ein Ladykiller-Lächeln an dieser Stelle, um etwaige ohrtumorerregende Laute sogleich im Keim zu ersticken (akuter Nasenblutentod aufgrund extensiver Shinichiverzücktheit hatte schließlich auch was), "ich kümmere mich um alles - unser Freund hier", ein kurzes Nicken zum vollkommen erstarrten Nyan (wahrscheinlich taub geworden, der Arme), "wird Sie nicht mehr belästigen, das kann ich Ihnen versichern." Und wie nicht anders erwartet, schmolz der modische Fehltritt auf zwei Beinen dahin.  

 

Die von Sternchenaugen begleitete Frage nach Namen und Tätigkeit bot eine Möglichkeit zum bühnenreifen Abgang:  

 

"Shinichi Kudou, Privatdetektiv." Zwei Finger an die Schläfe zum Salut und ein weiteres Lächeln (zur Sicherheit) später - bildete sich Shinichi das nur ein oder hatte die Mops-Beerbte- warum wunderte er sich überhaupt über so etwas Triviales wie Katzenohren? "Zurück zu deinen Wurzeln"? "Entdecke das Tier in dir"? War anscheinend der neueste Pieps unter den "social trends", wer wusste das schon. Manchen Leuten war heutzutage wirklich nichts zu peinlich- gerade wirklich Fotos von ihm geschossen? - konnte der Oberschüler mit seinem Abermals-Und-Wieder-Ziemlich-Unfreiwillig-Gast von dannen ziehen.

 

Egal, was man in der Welt über innere Werte blubberte - gutes Aussehen und Charme machten sich eben bezahlt.

 

TBC

Mitgefangen, mitgearztet

Der Nachhauseweg verlief schweigend - ja, welch eine Überraschung, aber da Nyan der menschlichen Sprache (zumindest des Japanischen oder Englischen) nicht mächtig war (Doch Dalai Lama? Vielleicht sollte es Shinichi ja mal auf Tibetisch versuchen? Gab es Tibetisch überhaupt?) und Shinichi keine Lust auf Selbstgespräche hatte, beschränkte sich die gesamte Kommunikation auf gelegentliches Nyan-Aus-Dem-Weg-Ziehen, damit die abendlich nach Hause Hastenden nicht über ihn stolperten.
 

Der Pseudo-Kater lief auf steifen Beinen mit gesenktem Kopf neben ihm her und versuchte scheinbar gar nicht erst zu atmen - solch eine Begossener-Pudel-Attitüde (Himmel, was sollten denn diese ganzen Hundevergleiche hier? Miau!) und vor allem diese ausgesprochene Gefügigkeit, wo Nyan doch lieber einen auf Flap-Flap-Vögelchen machte, anstatt mit dem Detektiv in einem Zimmer zu bleiben, bereiteten Shinichi ein ungutes Gefühl.
 

###
 

Es war ein paar Straßen vor dem Domizil Kudou, dass Shinichi unangenehme Feuchte in seiner Hand verspürte - genau dort, wo er nach wie vor mit einem festen Griff Nyans Oberarm festhielt - schwitzte er etwa so stark? Dabei hatte er sich doch nicht einmal besonders angestrengt... Wie vom Blitz getroffen, blieb der Detektiv stehen. Das...nein, er...konnte doch nicht... Langsam löste der Oberschüler seinen Griff, drehte ebenso langsam seine Hand um, selbst in der spärlich erleuchteten Dämmerung brauchte es nicht viel, um zu erkennen, dass seine gesamte Handfläche dunkel vor Blut war.

Fakten rasten durch seinen leer gefegten Verstand - viel Blut ist ausgetreten, hat nicht lange gebraucht, um durch den dicken Pullover durchzusickern, die Wunde war also tief, an Glasscherben geschnitten, vielleicht waren sogar noch Splitter drin- Der schmerzverzerrte Gesichtsausdruck, die zusammengepressten Lippen, die schmalen Augen - nicht von artillerieähnlichem Wortgeballer homo sapienaler Fehltritte, sondern Shinichi selbst...
 

Es war natürlich nicht das erste Mal, dass der junge Detektiv Blut sah, diese "Unschuld" hatte er bereits vor vielen Jahren verloren, aber es war das erste Mal, dass er selbst einem anderen - Unschuldigen (die flüchtenden Mörder und Räuber haben es nicht anders verdient, dass man ihnen eine leere Konservendose mit Karacho an die Birne knallte) - Schmerz zufügte, Himmel, Shinichi hatte doch eigenhändig Massenmörder aus der Schusslinie geschleppt!
 

Sogleich rammte sich eine weitere Erkenntnis in seinen Magen.
 

Nyan war Schmerzen gewöhnt.
 

Wenn er sich widersetzte, dann tat es weh, also musste er sich fügen, er durfte sich nicht wehren- Shinichi wurde schlecht bei dem Gedanken. Mit Horror im Blick starrte er den regungslosen Kater an. Was haben sie nur mit ihm gemacht? Die aufkommenden Antwortmöglichkeiten, mit denen ihn sein fleißiges und überschlaues Gehirn versorge - Laborratte, Experimente mit Mensch und Tier, kalte Stahltische, Fesseln, Spritzen - drückte Shinichi in den entferntesten Bewusstseinswinkel. Das...war für später. Sehr viel später. Zunächst einmal sollte er sich um-
 

Oh, verflucht noch mal!
 

Nyan hatte anscheinend realisiert, dass das Monster auf zwei Beinen (diesmal konnte Shinichi nicht darüber lachen) ihn nicht länger festhielt und auch keine Anstalten machte, ihm weiter wehzutun und tat das, was er schon ziemlich gut beherrschte: Die Kurve kratzen.
 

Auch auf die Gefahr hin, Nyan noch mehr Angst einzujagen, konnte Shinichi die Sache nicht auf sich beruhen lassen - der dumme Kerl war schließlich verletzt! Abermals wurde die Verfolgung aufgenommen (gut, dass er ein kleiner Fußballjunkie war, ein normal denkender und handelnder Mensch hätte bei diesem Dauermarathon wahrscheinlich schon längst das Handtuch geworfen) und die Tatsache, dass Nyan genau den Weg zu Shinichis Haus einschlug, machte die Sache für den Oberschülerdetektiv ungemein leichter.
 

Den Flüchtenden diesmal einzuholen bereitete Shinichi weitaus weniger Mühe (dass es unter Umständen daran lag, dass der Kater Schmerzen hatte und seine Arme nicht richtig benutzen konnte, verdrängte er - erst Rennen, dann sich in den Arsch treten, war die Devise). Nyan am Handgelenk zu packen, die einzige erreichbare Stelle, bei sich der Detektiv relativ sicher sein konnte, dass sie den Kudou'er Fenstersturz (Whoah, jetzt wird's historisch!) soweit unbeschadet überstanden hatte, war dagegen etwas schwieriger, doch Shinichi (Ich werde dich versorgen, auch wenn es das Letzte ist, was ich tue!) meisterte auch diese motorische Herausforderung mit Bravour. Den Wie-Oft-Denn-Noch-Gefangenen überholend, zog der Oberschüler ihn einfach mit sich - je schneller sie am Ziel waren, desto schneller konnte Nyan medizinische Hilfe bekommen. (Okay, insgeheim hoffte Shinichi, dass dieser nach dem Lauf zu erschöpft sein würde, um sich großartig - und vor allem erfolgreich - zur Wehr zu setzen.)
 

Eindeutig falsch gedacht.
 

Es war eine Meisterleistung, die ihresgleichen suchte, dem sich - im wahrsten Sinne des Wortes - sträubenden Kater die Schuhe auszuziehen, doch Shinichi kämpfte verbissen im Namen der gesellschaftlichen Wohlerzogenheit und konnte (mithilfe von ein paar Karate-Manövern, danke an Ran) schließlich einen Sieg für sich verbuchen, als er nach gefühlten Stunden des Sneaker-Sumoringens den protestierend Fauchenden mit sich ins Bad (Halleluja!) zog.
 

Nicht gerade abwechslungsreich, was die Örtlichkeiten anging, aber er konnte schließlich nichts dafür, dass sich der Erste-Hilfe-Kasten genau dort befand.

Nyan schien sich an dieses Horrorzimmer nur zu gut zu erinnern, denn seine Gegenwehr wurde stärker als er die Wanne des Kater-Untergangs erblickte. Shinichi versuchte erfolglos, den wütend miauenden und um sich schlagenden Stubentiger auf zwei Beinen auf den Wannenrand zu drücken - Scheiße noch mal, die dumme Wanne war doch leer! - bis ihm schließlich der Kragen platzte:
 

"Jetzt halt doch endlich still, Teufel noch eins!"
 

Und wider Erwarten wurde es still.
 

Stocksteif saß der Kater da und nur seine weit aufgerissenen Augen verrieten seine Panik, den tiefliegenden Horror, die Gewissheit, dass jetzt, jetzt gleich Schmerz kommt... Shinichi ließ ihn los und trat unwillkürlich einen Schritt zurück, als sein Gewissen mit einem Baseballschläger gnadenlos auf seinen Verstand eindrosch.
 

Was zur Hölle veranstaltete er hier eigentlich?! Seit wann galt die Digitation vom Detektiv zum Tierquäler als eine erstrebenswerte Berufsoption? Gabs etwa eine Medaille für den "schnellsten Aufstieg zum Arschloch des Jahres" zu gewinnen oder was?! Vor ihm saß ein zutiefst verängstigtes Wesen, das anscheinend nur die schlechteste Seite des Lebens kennengelernt hatte und vielleicht etwas anderes - Besseres - von der neu gewonnenen Freiheit (zumindest hoffte er, dass es tatsächlich Freiheit war) erwartete, und Shinichi hatte nichts Besseres zu tun, als dem Menschen unweigerlich innewohnende und höchst infektiös per Tröpfchen übertragene Dreckskerlnitis in all ihrer Glorie unter Beweis zu stellen, anstatt einfach nur die Klappe zu halten und zu helfen! (Shinichis Gewissen lief zu Höchstformen auf.)
 

Aber genau das war Shinichis Problem. Er erwartete schlicht und einfach zu viel. Genauso wie die Welt zu viel von ihm selbst erwartete. Menschen, die nicht minder so intelligent waren wie er, die nicht auf Anhieb verstanden, worauf er hinaus wollte, bei denen dieses Lämpchen, das beim Detektiv bei Geistesblitz mit 200 Watt aufleuchtete, nur zu der Strom sparenden Sorte gehörte, wurden von dem Oberschüler nicht selten mit als zuvorkommender Höflichkeit maskierten Herablassung behandelt. Genie schafft Distanz. Shinichi bildete da keine Ausnahme, selbst seine Sandkastenfreundin Ran hielt es zuweilen nicht mit ihm aus, andere, die ihn bei Weitem weniger gut kannten als sie, hatten gar nicht erst eine Chance. Viele bewunderten und respektierten ihn für seinen Verstand und seine Arbeit, doch sein Freund sein wollte niemand. Zu anstrengend. Lediglich ein Heiji Hattori hatte sich zu diesem Status hoch genörgelt - wie, das ist Shinichi bis heute ein Rätsel geblieben. Irgendwann war Hattori einfach da und weigerte sich partout, wieder wegzugehen. (Dass der Oberschüler sich insgeheim darüber freute - nun, es müsste einiges passieren, bevor er das freiwillig zugab, wie Apokalypse, sich selbst flickende Socken oder das versehentliche Verschlucken der Erdkugel durch eine Schildkröte, die auf sechs Elefanten durch das Universum reitet.)
 

Der Detektiv holte tief Luft und rief sich zur Ordnung. Genug Flashbacks, er hatte einen weltfremden Stubentiger zu versorgen. Nyan hatte sich immer noch nicht gerührt.
 

"Es tut mir leid", versuchte Shinichi einen leichten Konversationsaufbau mit leiser Stimme. "Ich will dir nur helfen." Keine sichtbare Reaktion, außer dem beständigen Ohrenzucken.
 

Mist, was sollte er nur machen, um ihn zu beruhigen? Vielleicht... Mann, war das peinlich. Aber es könnte klappen...

Langsam hob der Detektiv seine Hand, sogleich schreckte sein Gegenüber zurück, der bange, auf alles gefasste Blick aus violetten Augen heftete sich darauf, doch Shinichi streckte weiterhin seine Finger aus, folgte dem sich aus seiner Reichweite entfernenden Kopf. Langsam, immer näher, bis seine Fingerkuppen die wirren Haarspitzen berührten und weiter zu dieser einen Stelle weiterkrochen - schön weich... Der Oberschüler rieb leicht den Ohransatz, er konnte spüren, wie nur nach kurzer Zeit die Anspannung aus Nyans Körper wich - nicht, dass dieser nicht versuchen würde, gegen das offensichtliche Wohlgefühl, das ihn vielleicht überraschte und verwirrte, anzukämpfen, doch schon bald schlich sich ein beinah-schläfriger Ausdruck in dessen Augen, der Strubbelkopf fiel leicht nach vorn, was Shinichi noch mehr "Angriffsfläche" bot und er nicht zögerte, auch seine andere Hand zu Hilfe zu nehmen.
 

"So ist es gut, hab keine Angst." Nun ja, jedenfalls nicht zu viel. (Etwas beruhigendes Brainwashing nebenbei konnte nie schaden.)
 

Und? Und? Aah, da war es wieder. Nicht so laut wie letztes Mal, aber es war eindeutig ein Schnurren zu hören. Shinichi konnte sich an dieser Stelle ein Grinsen nicht verkneifen. Doch ein paar Sekunden später wurde es durch ein ungefragt aufgetauchtes Problem zur Seite gewischt - und wie sollte er Nyan jetzt bitteschön beibringen, dass er seinen Pullover ausziehen möge, damit Shinichi seine Schnitte mit einem böse beißenden Antiseptikum bearbeiten konnte und dass ein Bad auch sehr wünschenswert wäre?
 

Oh, Freude.
 

TBC

Shin's Anatomy

###
 

Er ließ sich mit der harten Realität jedoch noch etwas Zeit. In diesem Moment war der Kater so schön gefügig und ruhig und strich mit seinem Schweif selbstvergessen Shinichis Oberschenkel entlang- äh. Häh? Kurzes Blinzeln. Unsicherer Blick nach unten, zu dem fellumwobenen Körperteil, nein, er hat sich das nicht eingebildet. Vielleicht wäre das der richtige Zeitpunkt, um mit dem Verarzten zu beginnen.
 

Ein stilles Märtyrerseufzen angesichts der kommenden Katastrophe. Aber was tat ein genialer Schülerdetektiv nicht für die Erhaltung der Tokyoter Fauna.
 

Verdammt, er wollte nicht. Er wusste, er war gescheit und würde Pythagoras wahrscheinlich noch um Dreiecklängen schlagen, aber... konnte das nicht einfach ein Arzt machen? Rhetorische Frage, selbstverständlich. Denn das Doktorlein würde sicher noch viel mehr "verarzten", eine kleine Gratisoperation inklusive, um die Milz etwas zu kitzeln. Alles zum Wohle der Wissenschaft und der Menschheit.
 

Und des eigenen Geldbeutels. Aus Erfahrung konnte der Detektiv sagen, dass Menschen schon für weitaus weniger umgebracht worden sind, da brauchte es nicht mal so einen Exoten mit Katzenohren und dazugehörigem Schweif.
 

Nyan hatte sich in diesen einsichtgeplagten Minuten der intensiven Kopf-Ohr-Massage kaum bewegt, die Augen genießerisch geschlossen- oh. Ooh. Hey! Wo hat der denn seinen Schwanz?! Äh, Schweif. Gott. Zu viele peinliche Gedanken. Und da sage einer, dass Katzenkraulen gut für die Seele wäre! Da würde einem doch eher das Hirn explodieren. Na ja, vielleicht lag es auch an dem falschen Kater, wer wusste das schon so genau, Letzteres war nicht unbedingt Shinichis Fachgebiet. (Natürlich war es sein Fachgebiet! Alles war sein Fachgebiet! Nur eben nicht so stark ausgeprägt. Noch hat sich niemand einen ausgeklügelten Mordplan, der einen Kater involvierte, ausgedacht. Oh, Mist. Hätte er das mal lieber nicht gedacht.) Was im Übrigen nicht hieß, dass der Oberschüler mit dem Streicheln aufhören wollte. Natürlich nur aus dem einzigen Grund, dass es den Pseudo-Kater effektiv ruhig stellte. Und nicht etwa, weil es sich nett anfühlte. So katerisch-gemütlich eben. Als würde der Detektiv das jeden Tag machen - okay, okay! Zeit für Arbeit.
 

Langsam zog Shinichi seine Finger aus dem wirren braunen Haar, beäugte misstrauisch den im Streichelrausch versunkenen Nyan, nicht bewegen, so ist's gut, tu einfach so, als wären die Hände nach wie vor in deinem Haar und nicht gerade im Begriff nach einem potentiell todbringenden Gegenstand zu greifen - uuuh, Schere! Doch an dieser Stelle dürfte dieser Gedankengang einen Shinichi-Kenner (falls es überhaupt so jemanden gibt) weniger überraschen, hatte der Oberschüler schon miterleben dürfen, wie sogar Zahnbürsten erfolgreich als Mordinstrumente eingesetzt wurden. (Und jetzt konnte er sich nicht einmal in Ruhe die Beißerchen polieren, ohne ein verdammtes halbes Trauma zu erleiden! Für ein volles reichte das noch nicht, dafür war er mittlerweile schon viel zu abgehärtet.)
 

Egal. Der Pullover musste weg, so verdreckt und zerrissen wie das Ding war, ausziehen kam für Shinichi nach dem Desaster mit den Schuhen gar nicht erst infrage, zumal der Stoff sich dann womöglich noch an den Schnittwunden reiben und dort unerwünschte Fasern hinterlassen könnte. Und ja, er wollte dem Blödmann mit Katercosplay nicht unnötig wehtun! Warum hat der Idiot auch aus dem Fenster springen müssen?! Einige Stubentiger waren echt unbelehrbar.
 

Vorsichtig, stets drauf bedacht, keine plötzlichen Bewegungen zu machen und den Kater aus seinem Nya-Ya-Land vorzeitig in die harsche, bittere, shinichi- und scherenvolle und pulloverversemmelnde Wirklichkeit der Badewannentortur zurückzuholen, griff der minderjährige Krankenpfleger zu dem entspannt auf der Keramik abgelegten Handgelenk - keine Proteste soweit - zupfte ein Stück Stoff von der Arm-Innenseite und begann zu schneiden. Keine leichte Aufgabe, denn das vermaledeite Kleidungsstück verweigerte jede Mitarbeit und pochte stur auf seinen Fadenrechten, zur Hölle mit der Demokratie! Dabei hatte Shinichi schon genug damit zu tun, mit dem kalten Metall der Schere die Haut - oder noch schlimmer, die Schnitte - des Katers nicht zu berühren, argh, Drecksding! Er war erst beim Ellenbogen angelangt, als der Detektiv nach einem prüfenden Blick zum Patienten verstärkte Ohrenaktivität verzeichnete, die leicht gerunzelte Stirn ließ keinen Zweifel daran, dass der Stubentiger der anderen Art von seinem Trip zurückkehrte. Ganz toll. Genau zur rechten Zeit.
 

Trotzdem, so konnten sie hier ja nicht ewig sitzenbleiben, außerdem konnte Shinichi in dem Moment keine große Rücksicht auf das zarte Seelchen nehmen, das sich mal kurz eben aus fremden Fenstern warf. (Wenn’s wenigstens die eigenen gewesen wären, aber nein, es mussten unbedingt die Shinichis her!) Ein Kater musste eben auch seinen Mann stehen! Bis zur Achsel und weiter zur Schulter und schließlich Hals - Himmel, das war ja die reinste Knochenarb- Jeder weitere innere Kommentar erstarb gleich bei den Synapsen als der Oberschüler den fast vollständig entblößten Arm sah.
 

Unzählige Schnitte, kreuz und quer auf der Haut verteilt, tiefer auf dem Außenarm, getrocknetes Blut- natürlich hatte Shinichi schon weitaus schlimmere Dinge gesehen, aber der Gedanke, dass er daran nicht unschuldig war, dass er nicht gerade zimperlich mit Nyan umgegangen ist, war genauso angenehm wie das Geräusch der quietschenden Kreide auf der Tafel.
 

Aber es sah vermutlich schlimmer aus, als es in Wirklichkeit war, immerhin hatte der Dummkopf mit diesen Verletzungen auf Beutezug gehen können und das auch noch ziemlich erfolgreich. Dennoch war es kein appetitlicher Anblick und dabei hatte Shinichi gar nicht richtig den Oberarm und die Schulter gesehen. Ein unbedachtes Zupfen am Stoff, um diesen endgültig zu entfernen, wurde mit einem Zusammenzucken und einem leisen "Nyahr!" von seinem unfreiwilligen Besuch kommentiert. Der Jungdetektiv verzog mitfühlend das Gesicht - der Pullover klebte an der Wunde fest. Natürlich, warum wunderte er sich überhaupt, es war schließlich der rechte Oberarm, der das zweifelhafte Vergnügen hatte, Shinichis Quetschanwandlungen anheimzufallen.
 

Und was jetzt?
 

Den Fetzen mit Gewalt abzureißen fiel schon mal ins Wasser, so ein kaltherziges Monster war der Oberschüler nun doch wieder nicht. Moment Mal. "Wasser" klang gut, halt nein, gar nicht gut!

Kater + H2O = (Chaos ∙ Shinichi-Kopfschmerz)².
 

Gah, dass bei diesem Schwachkopf aber auch gar nichts richtig klappen konnte! Okay, nachdenken. Vielleicht würde ein einfaches warm-nasses Handtuch ja keine allzu große Panik auslösen. Einen Versuch war es auf jeden Fall wert.
 

Das Ablegen der Schere am Beckenrand, Greifen nach dem Handtuch, Justieren der richtigen Wassertemperatur wurde von einem mittlerweile vollständig erwachten Kater - inklusive warnendem Ohrendrehen - genauestens mitverfolgt. Es ging doch nichts über ein aufmerksames Publikum bei deinen anfänglichen Erste-Hilfe-Gehversuchen! Shinichi war drauf und dran den Kater zu bitten, doch mal in wen anders Brandlöcher zu starren. In Yamamura, diese Flasche, beispielsweise. Den konnte Shinichi sowieso noch nie leiden. (Gut, dass er nicht so oft mit dem Weichei zu tun hatte.) Wahrscheinlich hätte der Pseudo-Kommissar aus Gunma bei Nyans Blick die Hosen voll - "Oh nein! D-d-da i-ist e-e-ein...ein...ein...G-GEIST! Mi-mit...OHREN! AAAAAHHHHH!", zusammen mit Arme die Luft Strecken und die Winzbeine in die Hand Nehmen.
 

Unwillkürlich musste der Oberschüler bei der Vorstellung grinsen. Und auf einmal schien es ihm, als wäre ein Teil der Spannung, die er bis dato gar nicht bemerkt hatte (was Blödsinn war, natürlich hat er das bemerkt! Shinichi merkte eben alles), aufgelöst. Aber vielleicht bildete er sich das auch nur ein.
 

Den Blick, mit dem Nyan ihn bedachte und der ganz eindeutig aussagte, dass Shinichi mit einem Fuß in der Zwangsjacke stand - so eine Gesichtsmuskelkarambolage war eben gruselig! - den bildete sich der Oberschüler bestimmt nur ein! Sein Grinsen war von Natur aus umwerfend, kapiert? Erst in diesem Moment fiel dem übercleveren Oberschülerdetektiv die Wasserabundanz in seinem Waschbecken auf, die gefährlich nah an einer Überschwappung grenzte, dank Abflussverstopfung durch ein Handtuch und vollständiger Gedankenabwesenheit seines Besitzers. Shinichi atmete tief ein, drehte sich um und wandte sich mit dem überreichlich triefenden Handtuch in den Händen wieder dem höchst alarmbereiten Kater zu.
 

"Okay, ganz ruhig jetzt, ja? Keine Panikattacken, in Ordnung? Das ist nur ein harmloses Handtuch und es wird dich nicht beißen, ich hab vorher nachgefragt." Versuchsweise Lächeln. Wenn Nyan ihn für einen Gestörten hielt, vielleicht hatte er ja dann weniger Angst vor ihm.
 

Total logischer Gedanke.
 

Der jedoch ganz gut zu funktionieren schien, denn abgesehen von einem Zusammenzucken und einem anklagenden "Mrrow!" wurde das nasse Tuch ohne weitere Vulkanausbrüche angenommen. Shinichi presste es leicht an die Stelle, wo der widerspenstige Stoff sich partout nicht von Nyans Oberarm trennen wollte, ignorierte, wie sich das Tuch rot verfärbte, als das geronnene Blut aufweichte und den Pulloverfetzen schließlich freigab. Puh.
 

Endlich konnte der Oberschüler die Wunde mit seinem erfahrenen Blick unter die Lupe nehmen.
 

Das gerade war Ironie.
 

Dennoch konnte Shinichi nichts Verdächtiges, außer einem ziemlich hässlichen tiefen Schnitt auf dem Oberarm, erkennen - hoffentlich war das ein gutes Zeichen. Mit einem leicht unsicheren Blick zu dem bis dahin stumm verbliebenen Kater und dessen ununterbrochen rotierendem Ohrenpaar (Taten ihm nicht irgendwann mal die Kopfmuskeln weh, oder so?) widmete sich der Detektiv-turned-Doktor dem Inhalt des Erste-Hilfe-Kastens und fischte aus dessen wenig benutzten Tiefen (Wenn sich Shinichi verletzte, dann aber richtig, und musste meistens in ein Krankenhaus gebracht werden. Oder aber er begnügte sich mit einem Pflaster, wo eine Wunde genäht werden müsste. Er war eben ein Mann, na und?) nach einer Pinzette, einem Wattebausch und einem Antiseptikum. Und hoffte dabei inständig, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum noch nicht abgelaufen war.
 

"So, mein Bester", wandte sich Doc Shin mit der Kampfrede an den Unglücksrab- äh, Kater, "jetzt werde ich deine Schnitte desinfizieren und du wirst dabei schön ruhig bleiben wie gerade eben und wir haben absolut kein Problem, verstanden?" Das einzige, was Nyan allerdings verstanden hatte, war, dass der verdächtige Wattebausch da in der komischen Zange ganz und gar nicht vertrauenserweckend aussah! Und mit einem Ausdruck, der von "schön ruhig" nicht weiter entfernt hätte sein können, so unauffällig wie möglich am Wannenrand entlang von dem psychotischen Quacksalber wegrutschte. Shinichi packte ihn am Handgelenk, bevor er am anderen Ende womöglich noch herunterfiel.
 

Die Gegenwehr wurde größer, Nyan versuchte, seinen Arm zu befreien, zog und zerrte - und machte damit seinen Schnitten nicht gerade einen Gefallen, als einige, tiefere, von ihnen erneut zu bluten begannen. Aber Shinichi konnte ihn jetzt auch nicht loslassen, sonst würde der Dummkopf schon wieder ausbüchsen! Herrgottnochmal, was sollte er jetzt machen?!
 

"Ist okay, ist doch schon gut, ich mache doch gar nichts, siehst du?" Aber der Patient sah gar nichts und machte das auch ziemlich deutlich. Hilflos und absolut überfordert machte Shinichi das, was seine Mutter immer machte, wenn er tapfer die Tränen zurückhaltend mit einer großen Schürfwunde nach Hause gestolpert kam: Er beugte sich vor und pustete leicht auf den Unterarm.
 

Nyan vergaß seine Solonummer gegen den Rest der Welt und sah ihn an, als wäre der gute Detektiv gerade vom Himmel gepurzelt. Legte den Kopf schief, um diese höchstseltene Spezies eingehend zu studieren. Shinichi bemerkte das nur aus dem Augenwinkeln hörte jedoch nicht auf, zu pusten und tupfte probeweise die Schnitte ab. Und wunderte sich, dass nichts Großartiges passierte. Sah schnell hoch, um zu prüfen, ob der Kater überhaupt noch lebte oder vor lauter Schockerlebnissen nicht doch frühzeitig aus dem Leben verschieden ist. Nein, der geneigte Kopf, der verwirrte Blick - alles noch an Ort und Stelle. Und kein Aufmucken.
 

Shinichi wagte zu atmen. Traute sich sogar an das nasse Tuch, um das Blut abzutupfen, desinfizierte sich weiter nach oben, bearbeitete erfolgreich den Schnitt am Oberarm - und konnte gar nicht glauben, dass er das lebend überstanden hat. Eine Kompresse und gefühlte 100 Kilometer Mullbinde später war der erste Arm versorgt.
 

"Siehst du? War gar nicht so schlimm." Der Detektiv musste sich über sich selbst wundern, woher er überhaupt noch die Kraftreserven hernahm, um den Blödmann anzulächeln. Dabei hatte der Kratzpfosten einen Aufriss um gar nichts gemacht! Tse! Versteh einer die Kater.
 

So, nun zu der anderen in Mitleidenschaft gezogenen Extremität. Nyan ließ die Behandlung protest- und kommentarlos über sich ergehen. Nicht, dass er eine andere Wahl hätte, Doc Shin gefiel sich nämlich in der neuen Position. Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, an dem er den anderen Oberarm freigeschnipselt hatte.
 

In der ebenfalls ziemlich tief aussehenden Schnittwunde steckte eine kleine Scherbe.
 

Dem Oberschüler wurde ganz anders bei dem Gedanken, dass der Kater tagelang mit dem Ding in seinem Arm herumgelaufen sein musste. Dass es sich wahrscheinlich sogar schon entzündet hatte, Himmelverdammt. Und jetzt durfte er entweder selbst in der Wunde stochern oder einen echten Arzt rufen und damit Nyans "coming out" riskieren - mit allen daraus resultierenden Folgen. Natürlich hatte Shinichi schon daran gedacht, dass Doktorlein den katzig Aufgemotzten eher für den ganz besonderen Mauzi-Cosplayer halten würde, doch der Detektiv ging nicht davon aus, dass seine Gossenbekanntschaft sich auch wie ein normaler Otaku verhalten und brav auf dem Stuhl sitzen bleiben würde, während Quacksalberchen an ihm herumpiekste und hantierte.
 

Wahrscheinlich würde Nyan in seiner Panik die Praxis zerlegen und wieder durch ein Fenster nach draußen springen würde - damit wäre die ganze Notarzt-Aktion komplett für den Arsch. Zudem hätte der gute Kater auch noch eine polizeiliche Untersuchung am Hals. Und der Oberschüler vermutlich ebenfalls.
 

Wie es aussah, kehrte Fräulein Schicksal ihre bitchigste Seite nach außen und pisste Shinichi lüstern grinsend ans Bein.
 

Hooray.
 

Na ja, jedenfalls ließ sich der dumme Pullover widerstandslos entfernen, wenigstens etwas. Scheiß drauf! Mickriger Trost! Die Scherbe schien nicht so tief zu sitzen... Aber Kacke noch mal, war Shinichi denn Arzt?! Woher sollte er das auch wissen, zur Hölle?! Es machte dem Oberschüler absolut nichts aus, an Wunden von Mitgliedern seines üblichen Bekanntenkreises herumzustochern, aber da waren die armen Teufel ja auch schon tot und zuckten nicht zusammen oder knurrten oder miauten oder verzogen ihr Gesicht und schworen Shinichi ewige Rache, sollte er dem lavendelfarbenen Cocktailkleid von Armani auch nur zu nahe kommen! Mit den Fingern! Die Blutflecken würde man nämlich nie rauskriegen!
 

Der Kater hatte mit wachsendem Unwillen Shinichis Aktion mitverfolgt, anscheinend hatte er hier besonders große Schmerzen (Wow, Sherlock! Du überraschst immer wieder!) und wollte den Pseudo-Doc nicht näher als unbedingt nötig (und am besten noch mit 893 Kilometer Sicherheitsabstand) an sich heranlassen. Aber abrupt bewegen, so wie den anderen Arm, schien er vermeiden zu wollen (kluges Tierchen).
 

Der Oberschüler unterdrückte ein in Selbstmitleid gebadetes Aufseufzen - die Scherbe musste raus, da gab’s keinen Weg dran vorbei. Deshalb griff er nach dem Allzweck-Nasstuch, wusch es aus - sehr gründlich - ließ es sich mit Wasser vollsaugen - ebenfalls sehr lange und ausgiebig - betupfte die anderen zahllosen Schnitte, die sich über die helle Haut zogen - das mit dem Splitter konnte doch noch etwas warten, oder?
 

Scheiße, er wollte das nicht machen. Er konnte das nicht machen, er würde Nyan wehtun! Er hatte - zumindest seinem photographischen Gedächtnis zufolge - bis dato noch nie physischen Schaden zugefügt (Hallo? Die Dosen-Kopf-Aktion bei flüchtenden Mördern hinterließ nicht mal Platzwunden klar?!), na ja, jedenfalls keine Splitter-Blutfontäne-Todesschreie-Wunden und schon gar nicht bei solchen Wesen wie...Nyan. Was auch immer Nyan für ein Wesen war.
 

Aber die Fensterhinterlassenschaft und Shinichis Unsicherheit taten ihm wahrscheinlich noch viel mehr weh. Die Pinzette fest in der Hand versuchte der Oberschüler seinen Pseudo-Patienten auf das kommende Horrorszenario mental vorzubereiten (oder doch eher sich selbst?):
 

"Okay, mein Kleiner, ich werde jetzt den Splitter da aus deiner Schulter ziehen und es wird dir wahrscheinlich nicht gefallen... Halt trotzdem die Ohren steif, ja?" War doch eine super Erklärung.
 

Einmal tief Luft holen und schon packte Shinichi Nyans Oberarm fest, spürte die angespannten Muskeln, die wachsende Panik- er durfte dem Kater keine Zeit lassen, seine Kräfte für einen Fluchtversuch zu mobilisieren, damit würde er sich nur noch mehr verletzen- nicht zu schnell, Vorsicht walten lassen- die stählernen Fingerchen fassten nach dem Eindringling-
 

Und der Kater schrie.
 

Es war ein hoher Laut, eine Mischung aus dem Schrei eines Menschen und einem Aufjaulen - und es ging Shinichi durch Mark und Bein.
 

Die Pinzette mit der blutigen Scherbe landete im Waschbecken, der Oberschüler nahm Nyans Gesicht in seine leicht zitternden Hände.
 

"Ist schon gut, schon okay, es ist vorbei, es ist vorbei, die Scherbe ist weg, keine Angst..." Wahllos geflüsterte Nebensächlichkeiten. Daumen strichen die Tränen von den Augenwinkeln.
 

Shinichi musste seine frühere Schlussfolgerung revidieren - ein Lebewesen mochte wissen, was Schmerz war, und erkennen, wer ihm diesen Schmerz zufügte, nur gewöhnen würde es sich daran niemals können.
 

Der Kater schien sich wieder halbwegs beruhigt zu haben, was dem Detektiv erlaubte, sich dem blutüberfluteten Oberarm zu widmen. Erst nachdem Nyan wie eine halbe Mumie auf seinem Wannenrand saß, genehmigte sich der Oberschüler ein erleichtertes Aufseufzen.
 

"So. Das hätten wir. Wie wäre es jetzt mit einem schönen Bad?"
 

TBC

Badefreuden, Klappe die zweite. Oder: Irgendwann fällt mir bestimmt ein vernünftiger Titel ein

Nyan zeigte sich auf diesen Vorschlag hin von seiner enthusiastischsten Seite:
 

Er nieste.
 

Und vielleicht lag es an dem unglaublich langen Tag, der einfach kein Ende finden wollte, an der Mops-Tante mit ihrer trommelfellvernichtenden Stimme, vielleicht auch an der überteuerten Tasche, oder aber an der Jagd nach dem Dieb, oder an der nervenaufreibenden Zwangsbehandlung danach, oder doch an der Achterbahn der Gefühle, wo absolut jede Sicherheitsvorkehrung missachtet worden war, sodass Genervtsein, Erleichterung, Schock, Wut, Angst, Unsicherheit in ihren Mini-Wägelchen ohne Gurt herumpurzelten - vielleicht war es von allen ein bisschen, vielleicht auch gar nichts davon und der Detektiv drehte nur am Rad, aber Shinichi konnte sich in dem Moment einfach nicht zurückhalten und fing laut an zu lachen.
 

Nyan schaute ihm perplex bei dieser höchst dubiosen Tätigkeit zu. Der Oberschüler konnte sich nach ein paar Minuten soweit sammeln, um ein "Gesundheit!" aus sich herauszupressen, nur um sogleich wieder einem Heiterkeitsausbruch zu erliegen.
 

Shinichi wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln und fragte sich, wann er das letzte Mal so herzlich lachen musste - gehörte er jetzt zu den sozialen Einsiedlern, weil ihm nichts einfiel? Vermutlich.
 

Aber das scheue Lächeln auf Nyans Gesicht machte alles...wieder...wett... Oh. Das...war nun doch etwas unerwartet. Und...irgendwie...schön. Der Detektiv konnte gar nicht anders als verschmitzt zurückzugrinsen.
 

"Na, komm", trat der ermutigte Detektiv näher an den Wannenrandsitzenden heran, nahm dessen Handgelenke, zog die mumifizierten Extremitäten nach oben und befreite den Kater von den lustlos rumhängenden Pulloverresten.
 

"Also gut, ich werte die Tröpfchenverteilung mal als eine höfliche Ablehnung. Aber vielleicht wäre dem Herrn ja stattdessen eine unschuldige Dusche ganz genehm?" Bei dieser blumigen Einleitung musste auch Nyans Shirt den Ausziehbemühungen Shinichis weichen. Dann die Hose - ein flüchtiger und Schnitte suchender Blick auf die wohlproportionierten und leichtmuskulösen Beine- ah. Äh. Er war eben gründlich, kapiert?! Woher konnte man denn genau wissen, ob sich der Kater nicht auch noch an den Beinen verletzt hat, wenn man nicht nachgeschaut hat, häh? Doc Shin war eben ein verantwortungsvoller Arzt!
 

(Hübsche, schlanke- nein, verdammt!)
 

Shinichi schüttelte diese aufdringlichen und absolut unpassenden Gedanken aus seinem Kopf. So etwas hat ihm echt noch gefehlt. Vor ihm lungerte die schwierigste Herausforderung seiner bisherigen Laufbahn, die alles in den Schatten stellte!
 

Socken wurden von den Füßen gezogen.
 

Der Detektiv musste alle seine beachtlichen Fähigkeiten aufbringen, um diese Aufgabe erfolgreich meistern zu können!
 

Nyan ließ sich widerstandslos zu einem kleinen Hocker führen, studierte währenddessen ohreneingehend die neuen Perspektiven seiner Umgebung.
 

Es erforderte die höchste Konzentration, alle Eventualitäten zu berechnen, um alle Fehltritte im Vorfeld beseitigen zu können. Atemberaubende Geschicklichkeit in allen Bewegungen!
 

Drehen am Wasserhahn für die richtige Temperatur.
 

Tiefes Luftholen.
 

Es ging los, die wichtige Mission hat begonnen! Und Wasser Marsch-
 

"AAAAAHHHH!" Mit einem Schrei sprang Shinichi von dem viel zu heißen Strahl weg, rutschte aus und knallte mit dem Hintern auf den viel zu harten Fliesenboden - Ooouuuuh. Leichtes Winseln, umrauscht vom shinichifeindlichem Duschwasser (Was hab ich dir bloß getan?!), begleitet von schwachem Gekicher, das mit jedem Augenblick lauter wurde, bis Nyan sich den, allem Anschein nach lachschmerzenden, Bauch hielt.
 

Entrüstet starrte der Oberschüler den Verräter an. Das durfte doch wohl nicht wahr sein! Nach allem, was Shinichi für ihn getan hatte! Und der Kater hörte nicht auf zu lachen.
 

Also, das...! Der Detektiv pflückte sich vom Boden - Na, warte! - schnappte nach dem Duschkopf, friemelte die Temperatur in die kühleren Gefilde und beschoss damit rücksichtslos den heiterkeitsdurchschütteten Kater.
 

"GYARH!", wurde der Geduschte aus seinem Lachausbruch gerissen. Der Versuch, sich mittels Rückwärtssprung (eine neue Disziplin ward erfunden) vor dem H2O-Angreifer in Sicherheit zu bringen, endete mit unbeholfenem Stolpern nach hinten und verzweifeltem Ringen um Balance unter intensivem Rudereinsatz der Arme - aufgrund eines vergessenen Hockers, der diese Fahrlässigkeit gegenüber seiner vierstummelbeinigen Persönlichkeit mit radikaler Beinbewegungsbeschränkung bestrafte - und schon schloss Nyans Rücken ebenfalls plättend-platonische Bekanntschaft mit dem Badezimmerfußboden.
 

"Meooowwww!", wurde sogleich eine Beschwerde ob dieser gänzlich ungastkaterfreundlichen Behandlung eingereicht. Ein siegessicherer Shinichi trat an den Fliesenrückwärtsknutschenden heran, Hände in die Hüften gestemmt:
 

"Man macht sich nicht über Missgeschicke anderer lustig! Lass es dir eine Lehre sein." Das vollendete Bild des Nahrungskettenüberlegenen, der sich dazu erbarmt, einer niederen Lebensart ein Krümelchen seiner Weisheit auf den Weg zu geben, erlitt einen Schlaganfall und verkrüppelte kläglich, als Shinichi Nyan frech angrinste und ihm die Zunge rausstreckte.
 

Und der Kater hatte nichts Besseres zu tun als ihn mit großen Augen anzublinzeln, um sogleich diese seltsame Technik seines ganz offensichtlich aller Tassen im Schrank verlustig gegangenen Gegenübers für sich zu beanspruchen:
 

"Bwwwllll! Prrrt!"
 

"Heutzutage sagt man eher "Ätschi-bätsch" dazu. Aber deine Variante der verbalen Artikulation ist auch nicht schlecht", übersetzte Shinichi fachmännisch, beugte sich etwas herunter und streckte Nyan die Hand entgegen. "Na los, wir sind hier noch nicht fertig, aber wenn du brav bist und kooperierst, wird es nicht lange dauern, ich verspreche es dir."
 

Nyan brauchte ein paar Momente, um das gar zu merkwürdige Körperteil zu begutachten, es für relativ harmlos einzustufen (Na, wenn er sich da mal nicht irrte! So eine Hand konnte nämlich ganz gefährlich sein! Vor allem, wenn sie so einer hinterhältigen Shinichi-Spezies gehörte - diese war besonders blutrünstig und ging ständig auf Ohrenjagd. Benutzung auf eigene Gefahr) und schließlich etwas zögerlich zu ergreifen.
 

Um Nyans Wunden zu schonen (Na, woher kam denn die plötzliche Sorge? Mit Duschen bespritzen - kein Problem, aber jetzt plötzlich einen auf Glucke machen, ja? Heuchler), zog Shinichi ihn etwas vom Boden hoch, um sogleich einen Arm um seinen Rücken zu legen und den Kater somit zu stützen, und verfrachtete ihn schließlich auf den Rachebadehocker zurück.
 

(Irgendwo in den Tiefen von Shinichis Bewusstsein wunderte sich ein kleines Fiepsstimmchen, warum die ganze Aktion gerade nicht in einem mittleren Desaster geendet hat, woraufhin das ausgeprägte Egalitätszentrum des Detektivs ihm einen saftigen Tritt in den Hintern verpasste. Wen kümmerte das schon? Welchen Sinn machte es, sich über einen guten Ausgang Sorgen zu machen? Idiotisch.)
 

Mit Waschtuch und Duschkopf bewaffnet, trat der Oberschüler - gänzlich in seiner Rolle als Katermama brillierend - vorsichtig an den Stubentiger heran. Den Strahl auf regensanft gestellt, nahm Shinichi Nyans Hand in seine und hielt die widerstrebend zuckende Extremität unter das Wasser.
 

"Hier, siehst du, alles kein Problem", duschenbegleitendes Beruhigungsmurmeln nebenbei. (Shinichi war mittlerweile ziemlich gut darin.)
 

"Mmnnpf", war der einzige Kommentar. Nicht gerade aussagekräftig, aber der Oberschüler war schon froh, dass der Kater nicht sein Badezimmer in alle Einzelteile zerlegte.
 

Und dann die andere Hand. Der frischgebackene Bade- und Duschmeister machte das Tuch nass und fing an, damit den sehnigen Oberkörper abzureiben - die Muskeln erzitterten leicht ob der ungewohnten Berührung, Gänsehaut dort, wo Wasser hautkühlend verdunstete, Shinichi kniete zwischen Nyans angewinkelten Beinen und merkte nicht, wie er unwillkürlich etwas näher-
 

Äh. Hallo? Neuauflage von Baywatch? Geheimnisvolle Katernixe (Wie sähe denn so etwas aus?) verdreht dem mutigen und frisch aus dem Fitness-Studio ausgebrochenem Rettungsschwimmer den Kopf? Sicherlich ein Plot, um den sich die Drehbuchautoren reißen würden, dennoch holte Shinichi die Vorstellung, in einem schwulen Mini-Badehöschen mit einem roten Brett melonenbusigen Ersaufenden in einen See nachzusteigen, auf den Fliesenboden der Badezimmertatsachen zurück. Und zu den schlanken Beinen, zu denen er sich mittlerweile vorgearbeitet hatte.
 

Es waren aber wirklich sehr hübsch- HERRGOTTNOCHMAL. (Und nein, die Unterhose hatte er Nyan nicht ausgezogen! Und nein, er wollte es auch gar nicht! Was sollten denn diese perversen Gedanken jetzt auf einmal?!)
 

Ein unsicherer Blick hoch zu Nyan ob der absurden Befürchtung, dieser könnte ihm die unschicklichen Dinge, die gerade durch sein überreiztes (Nur daran konnte es liegen!) Hirn schossen, von der Stirn ablesen, brachte noch mehr Verwirrung. Was machte der Kater da? Angespannt da sitzen, den Rücken leicht nach außen durchgedrückt, den Schweif hin und her schwingen, die Ohren zurückgelegt, der Blick unablässig seiner Beute folgend- Moooment Mal, was hatte das Ganze bitte schon wieder zu bedeut-
 

PAMM!
 

Und ein blitzschneller Todesstoß! In der freien Natur sicherlich um einiges anmutiger, aber so ein Wasserstrahl gab ja auch nicht so viel her, um sich als kompetenter Beutefänger zu profilieren. Nyan betrachtete höchst verwirrt seine nasse und leere Hand.
 

Würde Shinichi aktiv Englisch in seinem Alltag verwenden, würde er wahrscheinlich so etwas wie "Give me a break!" stöhnen, so jedoch blieb ihm nichts anderes als ein resigniertes Aufseufzen.
 

"Hör mal. Ich weiß, das Konzept klingt wahrscheinlich sehr fremd in deinen Ohren, aber diese ganze Dusch-Aktion hat im Grunde nur zwei Aufgaben: Dich sauber zu kriegen und deine Arme nicht nass zu machen - somit ist deine Wasserjagd nicht nur ziemlich unnatürlich, sondern auch nicht besonders hilfreich-"
 

PAMM!
 

"Ja. Schön, dass wir uns verstehen."
 

Um weitere Anschläge auf das unschuldige H2O zu verhindern (Ob das wohl auf ein besonders tief sitzendes Trauma zurückzuführen war?), trat Shinichi hinter den jagdenthusiastischen Kater, um sich dessen Kopf und Rücken zuzuwenden.
 

"Ffffrrrr!", als Wasser sich seinen Weg durch Nyans Haare bahnte - erstaunlicherweise blieb es fast genauso verstrubbelt wie im trockenen Zustand. (Die ausbleibende plättende Wirkung sollte wohl ein Hinweis darauf sein, wie wenig beeindruckt der Kater davon war. Oder es war einfach eine genetische Nebenwirkung, wer wusste das schon so genau.) Der Detektiv massierte mit gleichmäßigen Bewegungen das Haar, ließ auch das Fell der Ohren nicht aus, achtete aber darauf, dass kein Wasser eindrang - einige seiner grauen Zellen hatten irgendwo eine verschüttete Information entdeckt, dass es Katern nicht sonderlich gut bekommt, die Ohren geflutet zu bekommen. (Aber sie nicht anfassen, konnte er natürlich auch nicht. Das war doch irgendwie nicht mehr normal.) Die Rückenreinigung gestaltete sich etwas schneller, denn Shinichi wurde gar nicht von der weich aussehenden Haut oder den Muskelbewegungen darunter abgelenkt, nein, absolut nicht. Wirklich!
 

Nach einer halben Ewigkeit des Waschlappenabreibens wurde Nyan schließlich für sauber genug befunden - der Detektiv stellte das Wasser ab, zog ein großes Handtuch von dem Halter und wickelte den leicht zitternden Kater darin ein - ein Expertengriff unter das Frottee und schon verabschiedete sich die nasse Unterhose von ihrem Besitzer. (Also, falls es mit der Detektivarbeit doch nichts werden würde - eine glanzreiche Karriere als Glucke könnte der Oberschüler bestimmt ohne große Probleme hinlegen.)
 

Raus aus dem Badezimmer (ENDLICH. Noch länger dort drin und der Oberschüler hätte wahrscheinlich das Gefühl bekommen, dort den Rest seines Lebens verbringen zu müssen. Kein erheiternder Gedanke) und die Treppen rauf zu Shinichis Zimmer (auch als Kater-Klamotten-Leihe bekannt) auf der Suche nach passender Dekoration für den lebensgroßen Stubentiger. Wenigstens schien Nyan etwas vom Anziehen zu verstehen, sodass Shinichi nicht das auch noch übernehmen musste.
 

So. Verarztet, gewaschen, angezogen - Shinichis Gastgeberpflichten schienen damit alle erfüllt worden zu sein. Oder? Ratlos schaute der Oberschüler seine Cosplay-Bekanntschaft an.
 

Und...was sollte er jetzt machen...?
 

TBC

Ruf der Wildnis. Oder: Kekse, bringt euch in Sicherheit

GRoooOOOUUuuuurrRRRR.

BLOOOUUUuuuuUUURRRGH.
 

Tja, nun. Kein effektiverer Vorschlag für das Aktivitätsrepertoire der kommenden Stunden als ein gesund-forderndes Magenknurren.
 

Im Duett.
 

Verwirrt blinzelnd, wenngleich mächtig beeindruckt, betrachtete Nyan seinen plötzlich mit Artikulationsgewandtheit glänzenden Bauch.
 

(Dass Shinichis Bauch ebenfalls "reden" konnte, schien ihn überhaupt nicht stören - bei der fast vollständig ausgestorbenen homo sapiens shinillipsodea-Art waren Unterhaltungen von Körperteilen total normal. Vor allem das Hirn dieser Spezies neigte dazu, vollkommen unangemessenen Schwachmatismus daherzubrabbeln. Gut, dass sich wenigstens sein Magen nur auf das Notdürftigste bei der Nachrichtenweitergabe beschränkte.)
 

"Zur Küche hier lang", wandte sich der amüsiert grinsende detektivisch veranlagte Hausherr zur Tür, in der festen Annahme, seinen katerigen Zwangsgast nicht an die Leine- äh, der Hand nehmen zu müssen. Ein hungriger Magen fand immer den richtigen Weg.
 

Erst beim Kühlschrank fiel Shinichi ein hauptverdauungsorganvernichtender Umstand auf: Er hatte nicht eingekauft. Hurra. Die besten Voraussetzungen für eine haltlose Fressparty.
 

Abgesehen von mageren Innereien: Ein einsamer Joghurt (Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen), drei Packungen Kaffee, zwei Eier (Shinichi wusste nicht, wie viele Kudou-Generationen sie schon überlebt haben, er wagte es nicht einmal, sie anzufassen - die Vorstellung, die Zombieküken zu wecken, war nicht gerade einladend), ein verschrumpelter Apfel, etwas Braunes, was wohl vor Ewigkeiten eine Banane gewesen ist und eine halbvolle Tube Handcreme (Überbleibsel von seiner Mam), war der Kühlschrank vollkommen leer (gefressen). Nebst der Tiefkühltruhe. Sogar die Tiefkühlbohnen hatte der kochfaulste Detektiv unter der Sonne weggefuttert. Von seiner geliebten Pizza keine Spur und Lasagne, Hähnchen cordon bleu oder Tiefkühlmiso - was denn? Der Oberschüler knabberte eben gerne ab und zu daran herum - verblieben noch unerlaubterweise im nächsten Supermarkt. (Und ja! Er hatte eben einen gesunden Hand zu Westfood, was dagegen?!)
 

Mit einem Seufzen ging Shinichi dazu über, die übrigen Schränke nach etwas Essbarem durchzuforsten - seine Bemühungen forderten eine halbleere Chipstüte, Reiscracker und eine Kekspackung zutage. Das fest verschlossene Marmeladenglas ignorierte er. Seine Mutter hatte es mal in einem Obstkonservierungsanfall gemacht - vor fünf Jahren. Wahrscheinlich lebte es schon. Vielleicht sollte er das mal an Nyan verfüttern. Als Mutprobe.
 

Apropos, sein stubentigerisch Aufgemotzter...
 

Äh.
 

...spielte mit der Kühlschrankluft. Anders konnte der Oberschüler das Betasten von Sauerstoff im Inneren des Lebensmittelkühlapparates nicht nennen. Es drängte sich impertinent die Frage auf, wie lange sich der Kater an einem weltabgeschnittenen Ort aufgehalten hatte - oder gefangen gehalten wurde. Die beinahe kindliche Begeisterung, die sich auf seinem Gesicht spiegelte, ließ nur einen Schluss zu und der jagte Shinichi einen Kälteschauer über den Rücken. Diese unappetitlichen Überlegungen musste er allerdings vorerst auf einen späteren Zeitpunkt verschieben - die Grundbedürfnisse forderten ungeteilte Aufmerksamkeit.
 

Damit schüttete er die Chips in eine Schüssel, riss die Kekspackung auf und auch die Cracker wanderten in ein augenerfreuliches Habitat - sah irgendwie schon fast nach einem gut gedeckten Tisch aus. Vielleicht sollte er noch Salz und Pfeffer dazustellen? Dann würde das Ganze einen "volleren" Eindruck machen...
 

Nah, lieber nicht. Am Ende würde Nyan noch die Kekse salzen oder ähnlich Absurdes tun. Wenigstens war genug Kaffee da. Mit diesem erleichternden Gedanken machte sich der Jungdetektiv an der herrliche Schwarzbrühe spendenden Maschine zu schaffen.
 

Erst als er sich an den Tisch gesetzt hatte, um die von einem fröhlichen Gurgeln begleitete Wartezeit zu überbrücken, fiel Shinichi auf, dass etwas fehlte- ein schneller Blick - der Platz vor dem Kühlschrank wies beunruhigend gähnende Nyanleere auf. Die Blickwinkelverlagerung weiter nördlich erwies sich als aussagekräftiger: Nyan inspizierte das Innenleben von Shinichis Hängeschränken. Nun war so eine Tätigkeit natürlich nichts Ungewöhnliches (wenngleich auch etwas unhöflich, immerhin geht man als ein wohlerzogener Gast nicht an fremde Schränke, Kommoden, Unterwäsche und Zahnbürste - merkt euch das, Kinder!), bis auf den Umstand, dass Shinichis neuer Hauskater meinte, dabei eine bessere Perspektive zu bekommen, wenn er auf besagten oberen Schränken lag und kopfüber hängend ebenjene eingehend studierte.
 

Das leichte KRRrrraaack, das im Moment als unfreiwilliger Kratz- und Kletterbaum für kleine Forscherstubentiger fungierende Küchenmobiliar machte, behagte Shinichi ganz und gar nicht. Er konnte sich nämlich gut ausrechnen, worauf das Ganze hinauslief:
 

Dreifache Wurzel aus unter Nyans Gewicht zusammenkrachendem Schrank multipliziert mit 10 hoch 20 an Adrenalin-Ausstoß aufgrund des Schreckens dividiert durch das unsanfte Aufkommen auf dem Küchenboden (Gesichtsklatscher mit dem "Willkommen im Kudou-Haus! Freunde von Mister Badezimmerfliesenboden sind auch meine Freunde!"-Schild) addiert mit einer kopflosen Flucht = x hoch 8,9. Wobei x die Menge der Einzelteile von Shinichis Küche ist, potenziert mit der geschätzten Anzahl der Jahre, die es dauern würde, das Ganze wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Die Lösungsmenge des Katers K läuft dabei gegen null.
 

…Es war eindeutig Zeit für den Jungdetektiv, schlafen zu gehen.
 

Nyans Neugier zeigte sich von der Untergangsmathematik vollkommen unbeeindruckt, als der unter die Affen gegangene Kater weiterhin seine Erforschung der Kellogg's-Packung fortsetzte.
 

"Ah. Ähm", schüttete Shinichis rechenfreudiges Hirn aus verstaubten Windungen dieses vorzügliche Exemplar an sprachlicher Gewandtheit aus, "ich weiß, so eine Cornflakes-Packung ist unglaublich faszinierend - diese Farben und dieses...Huhn - aber vielleicht willst du wieder herunterkommen und etwas essen?" Als ein kleiner Anreiz auf das magenlich-zufriedenstellende Kommende griff Shinichi einen Keks und schickte ihn krümelhaft in den Kekshimmel.
 

"Meow? Mroooow!" In einem winzigen Anfall von subtil angehauchtem Futterneid wurde die an den Ecken nasse Packung sogleich zurück in den Küchenschrank gestopft - hat der Kerl sie etwa angenagt? Na klasse - die Beine eingesammelt und schon machte sich Nyan zu einem expertenhaft-katzigen und lautlosen Sprung nach unten bereit-

"NYAAAAAAARH!" Panisches Krallen in die offene Schranktür. Abrupt in alle Richtungen ruckender Kopf, als würde dem dummen Kater jetzt erst auffallen, dass er sich die ganze Zeit auf Shinichis Hängeschränken herumgelungert hat. Na, prima. Wie ein verängstigtes Katzenbaby, das von dem bösen hohen Baum nicht mehr runterkommen kann!
 

"Mit dir wird es aber auch nie langweilig, was?" Shinichi war sich nicht so ganz sicher, ob er sich darüber freuen sollte oder nicht. Schlussendlich entschied er sich für ein resigniertes Seufzen.
 

"Nyaoorooow..." Mit einem Klagelaut rutschte der Kater soweit von dem Abgrund weg wie nur möglich, griff mit den Fingern fest in die Kante, presste sein Gesicht in das Holz und wagte vorsichtig in die todbringende Tiefe (...ein Meter...) hinabzuschauen.
 

Ein höfliches Räuspern seitens des katerbelegten Küchenschranks (so jedenfalls interpretierte Shinichi das ausdrucksvolle "Kraack, krack") deutete dezent daraufhin, dass es sowohl im Interesse des nyanbeanspruchten Mobiliars als auch in dem des Besitzers wäre, so schnell wie möglich etwas zu unternehmen. Shinichi seufzte zur Sicherheit noch einmal. (Wer wusste schon, wann er das nächste Mal Gelegenheit dazu bekommen würde.)
 

Der Oberschüler schob ein Stuhl zum besagten Schrank, stellte sich darauf und streckte die Arme nach Nyan aus.
 

"Komm her."
 

Weiteres Wegrutschen. Kopfschütteln.
 

"Dir ist schon klar, dass du nicht ewig-"
 

Kopfschütteln.
 

"Hör mal, wenn der-"
 

Kopfschütteln!
 

"Gut, wenn du mir deine Arme nicht geben willst, dann gib mir deine Beine!"
 

Kopfsch-
 

"Versuchs gar nicht erst!" Ohne auf weitere Proteste non-verbaler Art einzugehen, griff der Detektiv nach Nyans langen (hü- NEIN!) Beinen und zog sie kurzerhand runter auf die Anrichte, sodass der Kater nun mit dem Rücken zu ihm stand - die Arme fest um dessen Bauch geschlungen, um ein Abrutschen zu verhindern.
 

"...meow?", wurde die plötzliche senkrechte Lage seines Körpers vom Kater kommentiert (was ihn jedoch nicht genug überzeugte, um auch die obere Schrankkante loszulassen).
 

"Ich denke, jetzt solltest du in der Lage sein, allein den Boden zu erreichen." Damit ließ der Oberschüler den (warmen, festen- ARGH!) Körper vor ihm los und sprang vom Stuhl. Kaum wieder am Tisch sitzend -
 

"Nyaaooorooow..." Der Kater hockte am Rand der Anrichte und flutete Shinichis Gehirn mit einem dermaßen erweichenden Bettelblick, dass sogar "Jackass"-Moderatoren in Tränen ausbrechen würden. Der Oberschüler war schon halbwegs dabei, das arme Kätzchen von der böse beißenden Anrichte Huckepack zu nehmen, als eine Erkenntnis fies grinsend einen Baseballschläger zur Hand nahm und gnadenlos auf das Unschuldsbild eindrosch.
 

Machte...machte der das etwa MIT ABSICHT?!
 

Shinichi starrte fassungslos den grenzfrechen Kater an, woraufhin dieser noch einen drauflegte - den Kopf leicht zur Seite geneigt, die Ohren hängend und ein leises "Meoow...?" gratis dazu. (Diese Aktion sprengte beinahe Shinichis Schädeldecke weg. HimmellHERRGOTT noch mal!)
 

Der Oberschüler riss sich (mit großer Mühe) von dem Bild eines harmlosen zuckrig-unschuldigen Katzenbabys auf seiner Anrichte weg und schüttelte den Kopf.
 

"Vergiss es."
 

"Nyaoow...?"
 

"Vergiss es!"
 

"Nyaoooow..."
 

"Keks!"
 

Äh, was?
 

"Genau! Ich ess jetzt einen Keks und du kannst zusehen, wo du bleibst!" Puh. Shinichi versuchte, sein pochendes Herz und seine schwere Atmung unter Kontrolle zu kriegen - im Kampf gegen Niedlichkeit war er seit jeher ein ewiger Verlierer, sei es ein Welpe, Katzenbaby oder Küken - aber das durfte keiner erfahren! Das wäre ein gefundenes Fressen für die Presse: "Shinichi Kudou, der eisgekühlte geniale Detektiv mit dem größten Fanclub Japans - wird bei Welpenaugen und Katzenohren zur GLUCKE!" Oder "Oberschüler im Zuckerkoma! Regierung will gegen unautorisierte Tierbabys vorgehen!" Ouh. Mit solchen Schlagzeilen konnte er seiner Karriere Arrivederci sagen. (Und dieses Wort konnte er nicht einmal aussprechen!)
 

Die Zähne krampfhaft gegen diesen Schwall an ohrenzuckendhängender Zuckrigkeit zusammengebissen, fischte Shinichi blind nach einem Keks und mampfte ihn gnadenlos ins Nirwana. Nur nicht ablenken lassen- ein kurzer Blick zur Anrichte- verschwunden. Der Oberschüler blinzelte. Wie jetzt? Wo ist der dumme Kater jetzt schon-
 

CRUNCH. MAMPF. CRUNCHcrunchchrunchCRUNCH. NYAM.
 

Das...ging ja schnell. Von shinichivernichtender Niedlichkeit keine Spur klebte Nyan an seinem Stuhl fest und schaufelte sich alles, was sich in seiner Reichweite befand, in den Mund. Kauen schien ihm eher ein Fremdbegriff zu sein. Binnen weniger Augenblicke war alles verschwunden. (Der Oberschüler konnte Nyan gerade noch so davon abhalten, auch die Kekspackung zu verschlingen.)
 

Stille.
 

Umrahmt von hoffnungsvollen Blicken Richtung des halben Kekses, den Shinichi vor dem Angriff retten konnte und der sich als letzter Überlebender des hinterhältigen Massakers nun in der Hand des Oberschülers befand und sein Ende in-
 

Ohrenzucken.
 

Leichtes Wedeln mit dem Schweif.
 

Indigo-blaue Augen wanderten von Shinichi zu dessen Keks und wieder zurück.
 

Noch mehr Ohrenzucken.
 

Shinichi schloss die Augen. Seufzte. Und hielt den halben Keks Nyan hin, der ihn sogleich mit einem begeisterten "Meow!" verschlang. (Beinah mit Shinichis Fingern zusammen, der Oberschüler schaffte es knapp, seine Hand in Sicherheit zu bringen.)
 

BURP.
 

"Freut mich sehr, dass es Ihnen gemundet hat, werter Herr. Beehren Sie uns bald wieder. Und vergessen Sie nicht, das nächste Mal Manieren mitzubringen." Doch auch der sarkastische Ton vermochte nichts gegen das belustigte Grinsen, das sich auf Shinichis Gesicht ausgebreitet hatte, auszurichten.
 

Die Bemerkung brachte ein tiefes und langes Gähnen zutage.
 

"Ja, damit wäre wohl alles klar." Der Oberschüler stand zum gefühlten 100sten Mal vom Tisch auf und winkte Nyan, ihm zu folgen. Gut, dass das Kudou-Anwesen mit mehreren Gästezimmern ausgestattet war - die Fenster im katerdemolierten Raum hatte Shinichi vorerst notdürftig mit Papier zugeklebt und die Rollläden heruntergelassen - den Anruf beim Reparaturdienst wurde brav vor sich her geschoben. Als sie jedoch an dem besagten Raum vorbeikamen, kroch dem Oberschüler ein sorgenvoller Gedanke in den Kopf - was, wenn nun der Kater wieder solche Stunts machen und sich erneut verletzen würde? Irgendwie musste Shinichi ihm klar machen, dass fremde Fenster auf ihre Sprungfestigkeit mit solchen radikalen Mitteln zu prüfen, nicht gerade ein gesunder Umgangston war. Vielleicht...
 

Der Detektiv hielt den gehorsam hinter ihm her schlurfenden Kater zurück und betrat den unheilvoll-kalten Raum des Schicksals... okay, okay, das arme, in fenstermitleidenschaft gezogene und reparaturbedürftige Zimmer.
 

"Da, siehst du?" Damit zeigte er auf die papierverklebten Löcher, wo früher Glas gewesen ist und berührte dann Nyan, der neben ihn getreten war und ihn etwas verwirrt anblinzelte, an den verletzten Oberarmen. Kurzes Zusammenzucken.
 

"Wenn du durch Fenster springst, tust du dir weh." Der Kater runzelte leicht die Stirn.
 

"Aber es geht doch viel einfacher und schmerzloser", fuhr Shinichi fort, in der Hoffnung, dass Nyan ihn irgendwie verstand, "du kannst doch einfach die Tür benutzen. Du bist doch kein Gefangener, du kannst jederzeit gehen, wenn du willst." Zur Verdeutlichung schritt der Oberschüler zur Haustür und öffnete sie, den Schwall nachtkalter Luft in das warme Innere ignorierend.
 

"Sie ist nicht verschlossen. Du kannst rausgehen, wann immer du möchtest. Du musst keine waghalsigen Sprünge durch die Fenster machen, wenn du nur frische Luft schnappen willst." Mit einem dumpfen Geräusch schloss sich die schwere Holztür wieder. Der Jungdetektiv lächelte seinen Gast aufmunternd an. Nyan trat näher und versuchte sich nun selbst an der schwierigen Konstruktion - diese gehorchte ohne Proteste. Erstauntes Blinzeln in die freie Wildbahn.
 

"Umhauende Erfindung, nicht?", grinste der Detektiv. "Du solltest jedoch nicht vergessen, deine Schuhe anzuziehen, wenn du rausgehst. Bei diesem Wetter sind Hauslatschen nicht gerade empfehlenswert." Mit diesem weisen Rat drehte sich Shinichi um und schritt den Flur zur Treppe, die sie zu ihrem ursprünglichen Ziel bringen würde, dem Gästezimmer, entlang.
 

Die Tür war wieder ins Schloss gefallen.
 

"Kommst du?", drehte sich Shinichi zu seinem Stubentiger um, "Es ist ziemlich sp-" Keiner da. Der Eingangsbereich war leer.
 

"Na, toll. Hat sich der Idiot jetzt ausgesperrt, oder was?" Der Oberschüler rollte die Augen und legte die kurze Distanz zur Eingangstür mit schnellen Schritten zurück, riss diese auf und war gerade dabei, den vor Kälte zitternden Kater mit ironischen Bemerkungen wieder ins Warme zu ziehen- Keiner da.
 

"Nyan?" Besorgt lief Shinichi ein paar Meter von der Tür weg, die Augen in die Dunkelheit gerichtet, in der Hoffnung eine mit Katzenohren und Schweif ausgestattete Silhouette zu erkennen. Vielleicht spielte der Kater ja auch nur irgendwo im Schnee, zuzutrauen wäre es ihm, er war sicher irgendwo in der Nähe-
 

"Nyan!" Bestimmt. Gleich wird er kommen und den Kopf schief legen und sich wundern, warum Shinichi so einen Aufstand machte-
 

"Nyaaan!" Oder er würde mal ganz spontan vom Dach fallen, weil er damit dem guten Detektiv einen halben Herzinfarkt bereiten würde und das wäre unglaublich witzig-
 

Niemand da.
 

Auch nach zehn Minuten des Wartens und Absuchens in der Kälte - niemand da.
 

Als Shinichi wieder sein Haus betrat, beschlich ihn die surreale Erkenntnis, wie groß dieses war, groß und irgendwie...leer. Als hätte jemand seinen Finger zum Schalter ausgestreckt und ein Stückchen Leben ausgeknipst. Er saß in seiner Küche, dem gleichen Raum wie er es immer gewesen ist und doch auf einmal so trostlos wirkte, vor seiner Tasse lauwarmen Kaffee und wunderte sich.
 

Dass er gar nicht daran gedacht hatte, nicht einmal einen Moment lang, dass es Nyan bei ihm möglicherweise nicht gefallen würde. Dass der Kater nicht hier sein wollte, dass er sich vielleicht an den Schrecken, den der Oberschüler ihm eingejagt hatte und die Schmerzen erinnert fühlte, dass er nur auf eine Gelegenheit gewartet hatte, um endlich weglaufen zu können. Dass er Shinichis Samariter-Anfall gehorsam erduldet hatte, weil er keine andere Möglichkeit gesehen hatte, um seine Freiheit wiederzuerlangen. Dass er Shinichi...Shinichi nicht mochte und Angst vor ihm hatte.
 

Abwesender Blick auf die Küchenuhr an der gegenüberliegenden Wand - kurz nach Mitternacht. Ein Schluck von der braunen Koffeinbrühe - verzogene Mundwinkel. Und Shinichi wunderte sich immer noch, als er aufstand, seinen Kaffee wegkippte, und nach einem kurzen Umweg ins Bad in sein Bett kroch, warum er automatisch angenommen hatte, dass Nyan bei ihm bleiben würde. Warum ihm das nichts ausgemacht hätte.
 

Und warum er sich jetzt so einsam fühlte.
 

TBC

Ein Tag aus dem Leben eines Nyanverschmähten

Als Shinichi am nächsten Morgen unausgeschlafen und absolut lebensunmotiviert in die Küche schlurfte, begrüßte ihn eine tote Ratte.
 

Kunstvoll in der Mitte seines Tisches platziert.
 

Er blinzelte die bewegungslose Fellspezies, mit in alle Himmelsrichtungen ausgestreckten Pfoten und atmosphärisch heraushängender Zunge, verständnislos an. Legte den Kopf schief. Dachte kurz nach. Setzte schließlich den langen und beschwerlichen Weg zur Kaffeemaschine fort.
 

Beschloss jedoch ganz spontan, sein Frühstück in der Bibliothek einzunehmen. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es mal wieder viel zu spät war. Nicht, dass es eine große Rolle spielte, immerhin war Wochenende - keine Schule, keine nervigen Mitschüler, keine dummen Aufgaben, seine beste Freundin Ran mit ihrem Superdetektiv von Vater (wobei Shinichi hier "super" als "Specially Unuseful Pet Embarassing Rescuer" definierte, das jedoch im Stillen und nur für sich, selbstverständlich, denn Ran reagierte oftmals recht allergisch auf die leiseste Kritik an der Arbeit ihres Paps - also, wandbröckelnd und knochenpulverisierend allergisch - was manchmal zu kleinen Reibereien zwischen dem Oberschüler und dem Mori-Nachwuchs führte, vor allem dann, wenn Ran versuchte, mit Lebens- und Detektivweisheiten ihres Paps Shinichis Karrierechancen aufzubessern) in einer unglaublich wichtigen Mission unterwegs. Der Oberschüler hatte keinen Zweifel daran, dass Kogoro sich ein Bierchen nach dem anderen hinter die Binde kippte, während die schamrot angelaufene Ran ihn am Ellenbogen zog, damit die spürsinnverstopfte Nase sich endlich auf die Suche nach dem 10.000-Dollar-Pudel machte - zweifellos der eigentliche Grund dieser Reise.
 

Das Fazit dieser Überlegung erfreute jedoch wenig - sofern ihm beim Einkauf nicht erneut eine Leiche, ein Geiselnehmer oder Dieb vor die Füße fiel oder lief (ja, es hat schon Mal Diebe geregnet...), hatte der Oberschüler überhaupt keine Möglichkeit, sich vom eigentlichen Gedankenmonster abzulenken: Nyan und seine seitgestrige Nichtanwesenheit. Und mögliche Lösungskonzepte, um dem Nichtproblem beizukommen.
 

Denn eigentlich, im Grunde, sollte Shinichi doch ganz froh darüber sein, dass der katzenohrige (100%ig zukünftige) Klotz am Bein weg war - weniger Scherereien für den ohnehin schon alltags- und leichengebeutelten Detektiv. Oder? Blöd war an dieser Situation nur eins - Shinichi verspürte leichtes (wirklich, kaum merklich!) Unwohlsein bei dem Gedanken an Nyans plötzliche Neigung zum Obdachlosendasein, immerhin war der Kater nach wie vor lebensbedrohlich verletzt und brauchte rührendste Pflege!
 

...PUH.
 

Was für eine Erleichterung. Shinichis Misstrauen erregend starker Wunsch, Nyan möge wieder zurückkommen und das möglichst bald - in der nächsten Viertelstunde würde es Shinichi wunderbar passen - basierte also nicht auf irgendwelchen abstrusen, plötzlich und absolut ungefragt aufgetauchten Gefühlen dem dummen Kater gegenüber, sondern auf ganz normalem Mitgefühl für verletzte und an der Autobahn ausgesetzte Welpen. Katermenschen. War doch eh kein Unterschied.
 

Der Oberschüler seufzte. So eine Zeitverschwendung. Dabei gab es noch so viele Dinge zu tun! Nyans Verbände wechseln, Nyan das Sprechen beibringen, mit Nyan Ball spielen, Nyan die Welt zeigen, Nyan Kaffee zu trinken geben und sehen, was passiert- okay, Letzteres vielleicht besser doch nicht, die Vorstellung von einem koffeinüberdrehten Kater, der wie eine Kanonenkugel im ganzen Haus herumschoss, schreckte leicht ab.
 

Und das einzige, was ihm in diesem Moment melancholischer Einsamkeit Gesellschaft leistete, war eine tote Ratte.
 

Hooray.
 

Natürlich könnte Shinichi sein Meisterhirn auf das rätselhafte Auftauchen eben dieser dubiosen "Gesellschaft" lenken, doch die Gefahr einer aufkeimenden Hoffnung, die durch unerbittliche Logik und Fakten allzu schnell zerstört werden könnte - vielleicht war es ja ein Serieneinbrecher, der als Abschiedsgruß tote Nager auf fremden Küchentischen hinterließ, die Abgründe der menschlichen Seele waren bekanntermaßen tief, da könnte Shinichi persönlich ein Liedchen von zwitschern - war einfach viel zu groß. Um sich irgendwie abzulenken und sich einer Aufgabe zuzuwenden, die ohne Frage großflächigen Einsatz seiner vor Genialität strotzenden grauen Zellen erforderte, beschloss Shinichi, dass es an der Zeit wäre, sich seiner Küchentischdeko zu entledigen - er wollte sich gar nicht vorstellen, was sich dort an Armeen von Bakterien tummelten und dabei hat er erst gestern mit Nyan an eben diesem Teil des Küchenmobiliars gegessen- nein, lieber nicht daran denken.
 

Nyan war vielleicht viel besser ohne Shinichi dran... Hallo! Großhirn an Nyanvermissensmilz: Ich hab dir befohlen, sofort mit diesem Schwachmatismus aufzuhören, kapiert?! Ich habe zu entscheiden, wer hier wen vermisst, und wenn du nicht sofort deine Großmaulzellen hältst, dann hetze ich höchstpersönlich Leukozyten auf dich! ...Und außerdem dürfen wilde Tiere und unerforschte Spezies sowieso nicht einfach im Haus gehalten werden - was würde die PETA dazu sagen, also wirklich!
 

...Kam es dem Oberschüler nur so vor oder ging er gerade tatsächlich langsam aber sicher all seiner restlichen Müslischalen im Schrank verlustig? Nah! Lag sicher nur an den erhöhten Keramikpreisen. Schon tragisch, was tote Ratten alles mit einem anrichten konnten. Am besten wirklich schnell beseitigen, bevor noch ein Unglück geschah.
 

Oder ein Shinichi Kudou anfing, Vermisstenplakate à la "Kater entlaufen! Erkennungsmerkmale: kann klauen, läuft auf zwei Beinen, sieht aus wie ein Mensch. Alle Hinweise richten Sie bitte an die Psychiatrie in Ihrer Nähe! MfG, Patient Nr. 35SK984" in der Nachbarschaft aufzukleben. Jaja, so ein ratteninduziertes Nachdenken war eine ziemlich gefährliche Sache, vor allem wenn man Shinichi Kudou hieß und einem ganz spontan das Hirn implodierte. (Oder ein Kater entlief.) Genies blieb aber auch gar nichts erspart. Mit Latexhandschuhen (man wusste schließlich nie, wann im Haus mal ein Mord geschah und man Beweise sicherstellen musste), Feger und Müllsack ausgerüstet, machte sich der Detektiv-turned-Putzfrau an die hochsensible Aufgabe der Nagerbeseitigung. Etwa zwei Liter Desinfektionsmittel später wurde der Esstisch wieder für funktional befunden.
 

Der Oberschüler war gerade im Begriff, diesen Gottseidank-keine-Schule-aber-trotzdem-nicht-richtig-erholsamen Tag als komplett miserabel abzustempeln, als ein penetrantes Klingeln die staubige Stille des Hauses zerriss. Etwas aufgescheuchtes Suchen förderte Shinichis Handy zutage - der Anruf von Megure hätte passender nicht sein können.
 

Natürlich würde einem aufmerksamen Leser das Verhalten des Protagonisten als etwas schwer nachvollziehbar erscheinen, denn, seien wir mal ehrlich - welcher normale Mensch freute sich schon über eine Leiche?
 

Nun, ein Shinichi Kudou ließ sich natürlich nicht in gewöhnliche Denkweisen einspannen, er pflegte die Kunst der Abstraktion. Denn wenn man ein verbranntes Stückchen Hirn oder den Blähbauch einer zwei Wochen alten Wasserleiche als ein Puzzlestück betrachtete, das seinem aufmerksamen Blick das Bild des Verbrechens offenbarte - oder wenn ein Rattenschwanz oder ein Zahnbürstenkopf den Schlüssel zum Mysterium darstellten und dem Ganzen dadurch ausschließlich den Charakter eines Rätsels verliehen, dann war gewisse Vorfreude doch ganz normal, oder?
 

Nein. Eigentlich nicht.
 

Aber er war Shinichi Kudou, er durfte sich solche Detektivallüren leisten. (Wenn auch im Stillen und nur für sich.)
 

Nichtsdestotrotz wollte sich ein reibungsloser Ablauf von Schrei, Leichenfund, Suche nach Beweisen, Befragen von Zeugen, ratlos herumüberlegender Megure, Shinichis Blick, der auf ein bedeutungsschäumendes Stückchen Dreck fällt, Shinichis Geistesblitz, Shinichis selbstsicheres Grinsen, Shinichis Auftritt, Shinichis Darstellung der Faktenlage, Shinichis Aufklärung des Falls, Shinichis endgültig den Mörder entlarvender Zeigefinger, das unweigerlich darauffolgende "Aaah!" und "Oooh!", der Kniefall des Verbrechers und seine tragische Lebensgeschichte, Shinichis Moralpredigt, eine schwerwiegende kurze Stille, in der der Reuige abgeführt wird sowie der freudige Rückenklopfer von Megure - partout nicht einstellen.
 

Ständig wechselten Beweise ihren Aufenthaltsort, wie die Zeugen ihre Alibis und Aussagen - an jedem anderen Tag hätte sich der Detektiv über die zusätzliche Herausforderung gefreut (in letzter Zeit waren die Mörder einfach nicht mehr clever und einfallsreich genug... ein Jammer), aber diesmal war er viel zu abgelenkt, konnte sich kaum richtig auf den Fall konzentrieren und... er fühlte sich beobachtet.
 

Wiederum würde ein aufmerksamer Leser die Augen verdrehen und eine überfreundliche Frage wie "BERÜHMTER Oberschülerdetektiv sagt dir was?" stellen, doch dieses waren nicht die bewunderungsübersprudelnden Sternchenaugen von Fans (darunter auch Polizisten), sondern eher in die Sparte "neugierig-sezierende Blicke" einzuordnen. Und gerade heute konnte der katerentlaufene Detektiv so etwas überhaupt nicht gebrauchen- Da!
 

Da war doch gerade eben ein Schatten hinter ihm!
 

Halswirbelbrechender Kopfdreher und ein leerer Gang.
 

Bah. Er musste schleunigst raus hier, vielleicht war die Ratte daran schuld. Nein, das war sie SICHER, lag wohl an der visuellen Bakterienübertragung. (Hui. Vielleicht hätte Shinichi doch eher berühmter Wissenschaftler werden- nah. Dann wäre Son-Gohan arbeitslos.)
 

Moment mal. Schatten? Aber ja! Das musste es sein, genauso hat der Mörder das gemacht! Einen qualitativ hochwertigen und alles und jeden, was bei drei nicht auf den Bäumen war, absolut und gnadenlos beeindruckenden Deduktionsauftritt später konnte Shinichi einen weiteren Sieg für die Gerechtigkeit verbuchen und nach einem wirbelsäulenerschütternden Dankesklopfer auf den Rücken wieder seiner Wege ziehen.
 

Yay.
 

Und schon wieder fühlte er sich beobachtet! Das konnte doch nicht wahr sein, litt Shinichi jetzt schon an Paranoia? Nun gut, aus der Luft gegriffen wäre das natürlich nicht, aber übertreiben musste man deswegen auch nicht so, zumal sich ein Kudou vor nichts und niemandem fürchtete! (Okay, vielleicht vor seinen Verlegern. Oder plötzlicher Gewichtszunahme, weil drei Stück Kuchen immer noch nicht genug gewesen sind.)
 

Und außerdem hatte er Besseres zu tun. Wie...egh. Einkaufen. Total vergessen. Na, wie gut, dass dort gleich um die Ecke ein Konbini war und er sich gar nicht die Mühe machen musste, nach Hause zu laufen, um erst sein Portemonnaie zu holen, weil er - als ein vorausschauender und lebenserfahrener junger Mann - es immer in der linken Jackentasche hatte-
 

Äh.
 

Häh?
 

Wo- wo war sein Portemonnaie?!
 

Abruptes Anhalten auf der abendverdunkelten Straße und panikbehaftetes Herumkramen und Abklopfen des besagten Kleidungsstücks brachte keine nennenswerten Erfolge. Auch das Ausziehen, von innen nach außen Kehren half wenig. Ebenso das aufmerksame Absuchen der näheren asphaltierten Umgebung.
 

Mit einem genervten Stöhnen schlug sich der Oberschüler die Hand vors Gesicht. Das durfte doch alles einfach nicht wahr sein. Er war sich vollkommen sicher, dass er seinen Geldbeutel in die Tasche gesteckt hatte - oder kam zu der neuentdeckten Paranoia auch Alzheimer und akute Halluzinationen hinzu?
 

Vermutlich.
 

Dennoch schützten Löcher im Hirn die Beine nicht davor, zuerst den langen Weg nach Hause zu laufen, und nach (hoffentlich, bitte, bitte!) erfolgreicher Suche nach alternativen Geldquellen den ebenfalls nicht ganz kurzen Gang zum nächsten Supermarkt. Und möglicher anschließender Jagd nach dem drecksfrechen Dieb, der es gewagt hatte, sich an Shinichis Privateigentum zu vergreifen. Sowie eine trittintensive Investition in eine Gesichtsumformung des besagten Diebes.
 

...Nah!
 

Wahrscheinlich lag sein Portemonnaie unschuldig und vom Besitzer vergessen auf der Schuhkommode. Immerhin gilt auch für erfolgreiche Oberschülerdetektive die Devise - zuerst nachschauen und sich erst danach aufregen.
 

Das Portemonnaie befand sich tatsächlich im Haus. Nur war es eindeutig von jemandem geklaut worden, um dann mit Klebeband an Shinichis Kühlschranktür befestigt zu werden. Der Oberschüler konnte dem leisen Hauch eines Verdachts nicht widerstehen, dass es bei dem Übeltäter um den Rattenfänger von Kudoumeln handelte.
 

Die oben flüchtig erwähnte Gesichtsumformung - am besten mit Shinichis stahlbesetzten Doc Martens-Stiefeln (die er zwar noch nicht besaß, aber einem Kaufwilligen waren bekannterweise alle Türen offen) - gewann immer mehr an Attraktivität...
 

Und als der Oberschüler (nach einer fünfminütigen Selbstmotivationsrede) genügend Mut zusammengekratzt hatte, um den kühlenden Teil seiner Kücheneinrichtung aufzumachen, war er zu seinem ersten Mord bereit.
 

Begraben unter Massen von Packungen (WIE in Fünfteufelsnamen hat der dumme Kerl das überhaupt erst da rein bekommen?!... Nein, besser nicht darüber nachdenken) erschien dem Oberschüler diese Art der ökonomischen Handhabung von ausgesprochen pestilenten Pestiziden auch gar nicht so abwegig.
 

Die Mordpläne konkretisierten sich, als Shinichi (soweit es ihm überhaupt physisch möglich- Natürlich war es ihm möglich! Selbst unter Kilogrammen an Lebensmitteln verschüttet liegend, war ihm alles möglich! Aber erst nachdem er sich die piekenden Packungsecken aus der Visage geräumt hatte) den "Einkauf" etwas genauer unter die Lupe nahm:
 

Süßigkeiten.
 

Schwarze Schokolade, weiße Schokolade, Vollmilchschokolade mit ganzen Nüssen, halben Nüssen, mit Rosinen und Nüssen, Vanillepudding, Schokoladenpudding, Vanillepudding mit Schokostückchen, Schokoladenkekse, Butterkekse, Butterkekse mit Schokostückchen, Biskuittörtchen, Biskuittörtchen mit Heidelbeercreme, Biskuittörtchen mit Schokolade und Milchcreme, Biskuittörtchen mit Tiramisufüllung (das alles in drei- bis vierfacher Ausgabe und in allen möglichen weiteren Geschmacksrichtungen). Nebst fünf Packungen Eis und zwei Schokoladentorten.
 

Der Rest befand sich noch im Kühlschrank.
 

"Nyan...", kam es stöhnend vom Süßigkeitenberg, "das nächste Mal, wenn ich dich sehe, schmeiße ich dich eigenhändig aus dem Fenster...!"
 

Trotz aller Drohungen blieb das Haus nach wie vor nyanleer. Wahrscheinlich ahnte der kleine Mistkäfer- äh, Mistkater, was auf ihn zukam, sollte er es wagen, auch nur einen verflohten kleinen Zeh in Shinichis Heim zu setzten!

Blödmann. Was sollten diese dummen kleinen Katz und Maus-Spielchen? Der superclevere Oberschülerdetektiv wusste mit all diesen stubentigerisch-pubertären Anwandlungen absolut nichts anzufangen. Na klar, er war ja auch Tierarzt! (Moment. Was sollte das eben heißen? Hat er sich gerade selbst beleidigt...?) Wobei... selbst Tierärzte würden bei dieser besonderen Spezies auf dem Schlauch stehen.
 

Ha. Idioten.
 

Die zahllosen Packungen erbebten leicht, als Shinichi seufzte.
 

Er hatte Hunger.
 

Und er mochte keine Süßigkeiten.
 

"...Doofbacke. Jetzt musst du doch erst recht wieder zurückkommen. Wer soll all den Kram denn jetzt essen?"
 

Ich will deine Ohren kraulen.
 

...Nein, das habe ich gerade nicht gedacht.
 

Ich will deine Bandagen wechseln.
 

Ja, das gerade war ein sozial akzeptabler und ehrenvoller Gedanke. Bleiben wir also dabei: Ich will deine Ohren kraulen.
 

...ARGH!
 

Verdammt, es reichte aber langsam! Jetzt...! Jetzt wird er einfach detektivisch-superclever... ins Bett gehen, jawohl! Und großzügig darauf pfeifen, dass es erst neun Uhr abends war, jawohl!
 

Resolut kämpfte sich der Oberschüler aus seiner zur meditativ-ausladenden Gedankenarbeit verführenden Umgebung heraus und verzog sich ins Schlafzimmer.
 

(Nein, er war KEINE beleidigte Leberwurst, nur weil Nyan IMMER noch nicht aufgetaucht ist!)
 

(Er...war NUR eine beleidigte Leberwurst, das klappte auch ohne diesen dummen Kater ganz gut- Moment. Hat er sich gerade schon wieder selbst beleidigt?)
 

(Und außerdem war er Vegetarier!)
 

(Nein, war er nicht.)
 

Also irgendwie war heute einfach nicht sein Tag. Und Morgen auch nicht so richtig. Und Abend sowieso.
 

Ach, zum Teufel mit den Nyans. Warum regte er sich überhaupt so sehr über dessen Verschwinden auf? Gut, abgesehen von der Tatsache, dass der Typ sich nicht einmal BEDANKT hat. Oder Shinichis Klamotten zurückgegeben. (War fast schon Diebstahl!)

Oder Shinichis Kekse ersetzt- okay. Der süßigkeitenzugestopfte Kühlschrank könnte durchaus als eine nette Geste interpretiert werden, wenn der Dreistling es nicht mit Shinichis Geld bezahlt hätte! Nun, dafür hat Nyan immerhin nicht geklaut, auch schon ein Fortschritt- Ach? Und das Hopsen der Brieftasche eines Shinichi Kudou war eine Ehrentat oder was? (Vorausgesetzt natürlich, es war tatsächlich Nyan, der das gemacht hatte...)
 

Shinichi fühlte seine Hirnzellen verdampfen.
 

Bäh, Dooftag! Und Doofkater! Und Doofleerhaus! (Wow, das gerade war ein Wort mit drei Diphthongen. Wie blöd, dass Shinichi von der deutschen Sprache keine Ahnung hatte.)
 

Mit diesem gedanklichen Ausbruch an Grumpigkeit verzog sich der genialste Detektiv seit Erfindung der Spürnasendusche ins Bett.
 

TBC



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Kommentare zu dieser Fanfic (15)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Yuna_musume_satan
2020-05-01T11:54:41+00:00 01.05.2020 13:54
*kicher* der arme shinichi der erleidet bald einen Nyan koller hach einfach genial
Antwort von:  Leiser_Tod
05.05.2020 17:20
Haha "Nyan-Koller" gefällt mir - wahrhaft passend. XD

Danke fürs Lesen und Kommentieren!
Von:  Yuna_musume_satan
2020-02-18T05:18:02+00:00 18.02.2020 06:18
Armer shinichi jetzt ist er in der großen Villa wieder alleine. Hach wie es wohl weiter geht
Antwort von:  Leiser_Tod
18.02.2020 15:32
Och, der wird nicht lang allein bleiben, dessen sei versichert. XD

Wie immer danke fürs Lesen und Kommentieren! :)
Von:  Yuna_musume_satan
2020-01-12T14:53:11+00:00 12.01.2020 15:53
Einfach klasse aber ich Frage mich wie nyans Vergangenheit aussieht. Was hat er erlebt und wurde er so geboren oder genetisch verändert, oder ganz witzig wäre wenn ein Zauber von Kaito schiefgelaufen wäre. Ich kann mir echt keinen rein darauf machen wie er entstand.
Antwort von:  Leiser_Tod
22.01.2020 13:58
Oh, das kommt alles noch, keine Sorge. Davor kommt aber noch eine gehörige Portion des alltäglichen Wahnsinns, dem Shinichi mit Nyans Hilfe ausgesetzt sein wird. :D
Vielen Dank für deinen Kommentar!
Von:  Neko20
2019-12-31T17:57:27+00:00 31.12.2019 18:57
Toll das es weitergeht.
Das Kapitel ist super. Es war teilweise sehr amüsant.
Mir gefällt dein Schreibstil.
Komm gut ins neue Jahr.
Freue mich nächstes Jahr wieder von dir zu lesen.
Bin sehr gespannt, wie es weitergeht und freue mich auf das nächste Kapitel.
LG Neko20
Antwort von:  Neko20
31.12.2019 18:59
Der Titel passt gut zum Kapitel
Antwort von:  Leiser_Tod
03.01.2020 12:21
Danke für deinen Kommentar auch dir alles Gute im neuen Jahr! :)
Freut mich sehr, dass auch dieses Kapitel zugesagt hat.

Als kleines Extra gibts auch eine kleine Sidestory zu ACL, falls du Interesse hast.
:)
Von:  Neko20
2019-10-03T10:16:17+00:00 03.10.2019 12:16
Wieder ein schönes Kapitel.
Letztendlich hat er das mit der Wundversorgung ganz gut hinbekommen.
Bin gespannt, wie das mit dem baden wird, war ja beim letzten Mal kein großer Erfolg. Wie er Nyan das schön reden will?
Bin sehr gespannt, wie es weitergeht und freue mich auf das nächste Kapitel.
LG Neko20
Antwort von:  Leiser_Tod
04.10.2019 18:38
Doc Shin ist bald der neue Star bei den "Scrubs" - unterschätze niemals sein Bestreben, an Katern herumzudoktern! ...gut, fragwürdiges Hobby, aber ein Detektiv muss eben für den Schaden, den sein Fenster am Kater verursacht hat, eben geradestehen. :D
Und seine Bade-Überzeugungskünste darf man auch nicht unterschätzen. Aber alles zu seiner Zeit.

Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren! Freut mich sehr, dass dir die Story gefällt. :)
Von:  fabel
2019-10-01T22:06:31+00:00 02.10.2019 00:06
Hey^^ ,
Schöne Geschichte.
Ich hab nur eine Frage. Shinichi ist grade fertig mit den Bandagen und möchte ihn schon Baden, muss er dan nicht alles nochmal machen?
Lg
Antwort von:  Leiser_Tod
02.10.2019 14:15
Hey, danke für deinen Kommentar!
Berechtigte Frage! Aber das wird sich alles im nächsten Kapitel klären.
Baden nach Shinichis Art sähe übrigens so aus: Wasser rein. Kater rein. Badezimmer absperren und schreiend weglaufen. XD (Natürlich gäbe es die Möglichkeit, einfach die bandagierten Arme auf dem Wannenrand abzulegen, damit sie nicht nass werden. :D)
Von:  Yuna_musume_satan
2019-10-01T14:42:53+00:00 01.10.2019 16:42
Ok hat shinichi beim letzten mal nicht gemerkt das Nyan baden nicht mag Hach wird woll Zeit für eine Nachhilfe Stunde in Sachen nyan mag Wasser nicht zu belegen. Hihi
Antwort von:  Leiser_Tod
01.10.2019 17:33
Muahahaha, unterschätze mal Shinichis Überredungskünste nicht! Da kann Nyan sich auf was gefasst machen - ein im wahrsten Sinne streunender Kater kommt Shinichi definitiv nicht in die Villa! Da ist Shinichi nun mal eigen. XD

Danke fürs (ultraschnelle) Lesen und Kommentieren!
Von:  Neko20
2019-09-15T10:25:54+00:00 15.09.2019 12:25
Eine sehr interessante FF.
Mir gefällt die Handlung. Ist mal was anderes.
Bin gespannt, wie es weitergeht.
LG Neko20
Antwort von:  Leiser_Tod
30.09.2019 15:35
Oh, wow, ein neuer Kommentar! Sorry für die späte Rückmeldung, der ganze Monat war ziemlich arbeitsintensiv. Freut mich sehr, dass dir der Plot gefällt, ich hoffe, auch weiterhin. :) Ich verspreche auch etwas Action, in gesundem Gemisch mit haushaltsüblichem Fluff.
Vielen Dank fürs Kommentieren!
Von:  Yuna_musume_satan
2019-09-02T17:59:24+00:00 02.09.2019 19:59
Hihi ich nach mich schlap die Szenen wo sich shinichi selbst maßregelt sind die besten oder wenn er merkt das er wie jetzt nyan baden müsste einfach zum brüllen. Aber was mich wiederum sehr traurig stimmt ist das nyan in der vergangenheit höchstwahrscheinlich misshandelt wurde.
Antwort von:  Leiser_Tod
05.09.2019 17:02
Hiho, vielen Dank für deinen Kommentar! (Wow, du bist der einzige Leser dieser FF und zu jedem Kapitel ein Review - sehr beeindruckende Leistung :D)
Na ja, Catboys entstehen vermutlich nicht einfach mal so, auch wenn in Fanfics alles möglich ist. XD Für Kaito habe ich einiges eingeplant, aber er wird vorerst Nyan bleiben, denn außer zu miauen kann er tatsächlich nicht sprechen oder sonst irgendwie seinen echten Namen kommunizieren.
Antwort von:  Yuna_musume_satan
05.09.2019 17:20
Ich bin halt eine fleißige Leserin und schreibe auch gerne meine Meinung zu Kapitel bei manchen FF werden die Kommis nicht beantwortet das find ich schade
Von:  Yuna_musume_satan
2019-08-08T14:45:56+00:00 08.08.2019 16:45
Hahaha ist nyan oder besser Kaito wieder bei shinichi ich freue mich schon aufs nächste Kapitel
Antwort von:  Leiser_Tod
13.08.2019 13:15
Ist er, aber damit fangen Shinichi's Probleme ja gerade erst an :D
Danke für den Kommentar!


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