A Cat's Love von Leiser_Tod ================================================================================ Kapitel 4: Die...äh, total verzweifelte Suche. Bestimmt. Tief im Inneren. ------------------------------------------------------------------------- ###   Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte sich Shinichi zurück ins traute Heim geschleppt - nyanlos. Auch nach mehrmaligem Ablaufen der gesamten Nachbarschaft war von Katzenohren keine Spur. (Und auch wenn solche Katerutensilien ein recht auffälliges Merkmal darstellten und garantiert nicht zu übersehen waren - eine Vermisstenanzeige kam nicht infrage, denn nach einem gestammelten "Ähm, also ja, ich habe da ein kleines Problem, wissen Sie, Herr Wachtmeister, mir ist da des Tags so ein Katzenohr und -schweiftragender zugelaufen... und hat ganz spontan beschlossen, aus einem Fenster im zweiten Stock zu springen und ist seitdem unauffindbar. Ja, Katzenohren. Ja, Schweif. Auch. Nein, ich fühle mich nicht gestresst! Und essen und schlafen tu ich auch genug - hey, wen rufen Sie da eigentlich an?!" wäre er wohl schneller in der nächsten Klapse als er "Miau" sagen konnte.)   Müde und abgekämpft (Der Typ hatte ja wohl einen an der Waffel, so einen Zirkus zu veranstalten! Hat sich vom Sushi bedroht gefühlt, oder was?), verunsichert (Das war ja wohl nicht meine Schuld! Welcher vernünftige Mensch konnte schon ahnen, dass der dumme Kater plötzlich in einem Anfall suizidaler Versuchsfreude seine sieben Leben um eins verringern wollte?! Oder Sehnsucht nach Real-Live-Bungee-Jumping hatte. Was auch immer) und besorgt (Ist mir doch egal. Ich habe ihm mein letztes Hemd gegeben! Und mein Warmwasser. Sogar mein einziges Abendessen wollte ich mit ihm teilen! Aber nein, es war ja wohl zu viel verlangt, einfach mal ein höfliches "Darf ich zur Tür raus?" zu miauen, was? Nein, es musste natürlich mein Fenster sein! Also, manche Kater haben heutzutage überhaupt keine Manieren! Tse) beschloss Shinichi sich ins Bett zu packen und am nächsten Tag seine Suche fortzusetzen.   Oder am übernächsten.   Oder vielleicht konnte das bis nächste Woche warten?   Der Kater würde ihm schon nicht weglaufen.   Eh. Moment- ach, war ja auch egal, auf jeden Fall nahm sich sein ohnehin shinichiunfreundliches Schicksal, Karma oder wie auch immer man diese fiesen kleinen Dinger nannte, die einen ständig und unbegründet in den Hintern bissen, fest vor, auch den letzten Rest seiner Aufmerksamkeit auf sich verdächtigerweise häufende Fälle zu zerren. Es schien, als würde wirklich jeder dahergelaufene Verbrecher versuchen, auf Teufel komm raus eine Straftat genau vor Shinichis Nase zu begeh-   "EIN DIEB! EIN DIEB! Haltet den Dieb! Er hat meine Handtasche! DIIEEB!"     Na, wenn das mal nicht überraschend kam. Kaum den Fuß außerhalb des Hauses ins nächste Einkaufszentrum gesetzt, weil an einem Abend feststellen müssen, dass sein Kühlschrank eine gähnende Leere aufwies, schon musste der Oberschüler wieder in ein Verbrechen stolpern - irgendwann musste es doch mal reichen hier! Doch seine Jagdinstinkte nahmen schnell Oberhand über sein (in letzten Tagen Ozonloch-Ausmaße angenommenes) Selbstmitleid, sodass Shinichi ohne weitere Verzögerung die Verfolgung aufnahm - Scheiße, war der Kerl flink und schnell! Zum Glück des Oberschülers (Glück? Pah! Also, echt! Welches Glück, zum Teufel? Hier war pures Talent am Werk!) kam der Handtaschendieb bei der Menge der abendlich ausgehungerten Bevölkerung auf der Suche nach etwas Essbarem im nächsten Kaufhaus nur schwer voran.   Das Dumme an der ganzen Sache: Shinichi ebenfalls.     Nach - wie dem Detektiv vorkam - stundenlangem Drängeln und Quetschen, auch hier hatte Shinichi Glück (Talent! Talent, wie oft denn noch!), denn die Leute tendierten in all ihrer (wie stark auch immer ausgeprägten) Sensationsgeilheit, ihm den Weg freizumachen, nachdem sie erkannt hatten, wer ihnen da wahlweise den Rücken, die Füße einlief oder sie gleich gnadenlos überrannte.     War schließlich zu einem guten Zweck. (Handtaschen waren auch wichtig!)   Ouh, verdammt! Das war ja wie ein Treibsandwettrennen - man war aus der Puste, schwitzte wie der letzte Niagara und kam trotzdem kaum von der Stelle und wo war der Mistkerl jetzt schon wieder?! Scheiße, schon fast am Ausgang- oh nein, du entkommst mir nicht! (Das tagelange Training im Katernachlaufen hatte sich scheinbar gelohnt - Shinichi holte auf.)   Nur noch ein kleines- weg mit dem Arm, du Arsch, ich versuch hier grade einen Verbrecher zu fangen! Stück... ein paar- aus dem Weg, hab ich gesagt! Schritte, ja! Ein kleiner Ausfallsprung nach vorn, als der Dieb einer besonders umfangreich tütenbeladenen Großfamilie ausweichen musste und schon schloss sich Shinichis Hand fest um den rechten Oberarm des hinterhältigen Handtaschenentwenders und brachte ihn damit effektiv zum Stehen.   Kurz vor dem Ausgang ins Freie erwischt.     Der Oberschüler wunderte sich etwas, dass der Dieb keinerlei Ausbruchsversuche startete, als er das überlebensnotwendige Damenutensil aus dessen Hand rupfte und ihn zurück zur Bestohlenen zog (oder jedenfalls dahin, wo er sie vermutete). Na, vielleicht kam das ja noch und der Schurke wartete nur auf eine passende Gelegenheit - erst jetzt maß Shinichi den Dieb mit einem prüfenden Blick. Wer wusste schon, was dieser im Stillen plante, Verzweiflung konnte Menschen zu allem möglichen Unsinn treiben.   Unwillkürlich drückte der Oberschüler noch fester zu, der Taschenkidnapper zuckte zusammen - durch die Bewegung rutschte die ohnehin nach dem Spießrutenlauf etwas wacklig sitzende Mütze etwas tiefer, drückte den wirren Pony glatt auf die verschwitzte Stirn, verdeckte die - vor...Schmerz? - zusammengekniffenen tief-blauen, beinah-violetten Augen. Tief-blau, indigo... Tief...     Also, das...konnte ja wohl einfach nicht wahr sein. Shinichi starrte seinen Gefangenen sprachlos an. Und das Einzige, was in seinem Kopf herumschwamm - neben sich häufenden Beweisen beim näheren Hinsehen, die leichte Bewegung unter der Mütze, die seltsame Ausbuchtung beim Hosenbund - war: Gefunden.   Gefunden.   Und unglaubliche Erleichterung. Der dumme suizidale Kater lebte noch. Er war noch am Leben und hatte natürlich nichts Besseres mit sich anzufangen, als auf Beutezug zu gehen und sich dabei auch noch erwischen zu lassen! Wie blöd konnte ein Mensch- äh, Kater sein?!   "Du bist echt ein Blödkopf, wusstest du das?" Als hätte Nyan ihn tatsächlich verstanden, senkte er leicht das besagte Nicht-Gerade-Mit-Intelligenz-Gefüllte-Körperteil und - bildete sich Shinichi das nur ein? - legte leicht die Ohren zurück (gänzlich in Geprügelter-Hund-Manier, Shinichi musste bei diesem Vergleich unwillkürlich grinsen).   "Da ist er ja! Der hundsgemeine Verbrecher! Einsperren sollte man ihn! Wie kann er es nur wagen, ehrliche und für ihr Geld hart arbeitende Bürger zu bestehlen?!" Die handtaschenvermissende Dame ließ sich nicht lange suchen. Mit ihrem eng anliegenden Kleid und Winzelchen von einem Mäntelchen mit Pelzbesatz, die in keiner Weise ihren Speckwellen (diesen massiven Bauchumfang als "Speckröllchen" zu bezeichnen, wäre eine Beleidigung für alle braven Speckröllchen dieser Welt) schmeichelten, sah sie nicht gerade wie eine hart arbeitende Bürgerin aus. (Der perlenbehängte Übergang zwischen Doppelkinn und Oberkörper - der "Hals" hatte seine Koffer gepackt und sich gefrustet aus dem Körperbau verabschiedet - deutete eher auf einen reichen Ehemann hin.)     Doch Shinichi - ein kluges Kerlchen, wie er nun mal war - behielt all diese Beobachtungen für sich, denn für das Nicht-Vorhandensein ihres Rachens hatte die Dame erstaunlich gut trainierte Stimmbänder vorzuweisen und sie zögerte nicht, diese ohrvernichtend einzusetzen.   "...es kann doch einfach nicht angehen, dass solches Gesindel so mir nichts, dir nichts in solchen Kaufhäusern herumlaufen darf! Das ist ja wohl..." Ein kurzer Blick zu Nyan und dessen schmerzverzerrtem Gesicht bestätigte dem Jungdetektiv, dass er ein ausgesprochen katerfeines Gehör hatte, das in diesem Moment einer intensiven Tortur unterzogen wurde.   "Hier ist Ihre Tasche, Madam." Shinichi hielt die 80-Dezibel-Tirade nicht länger aus. Das entsprechende Accessoire durfte wieder zu Frauchen zurück. "Machen Sie sich keine Sorgen", ein Ladykiller-Lächeln an dieser Stelle, um etwaige ohrtumorerregende Laute sogleich im Keim zu ersticken (akuter Nasenblutentod aufgrund extensiver Shinichiverzücktheit hatte schließlich auch was), "ich kümmere mich um alles - unser Freund hier", ein kurzes Nicken zum vollkommen erstarrten Nyan (wahrscheinlich taub geworden, der Arme), "wird Sie nicht mehr belästigen, das kann ich Ihnen versichern." Und wie nicht anders erwartet, schmolz der modische Fehltritt auf zwei Beinen dahin.     Die von Sternchenaugen begleitete Frage nach Namen und Tätigkeit bot eine Möglichkeit zum bühnenreifen Abgang:     "Shinichi Kudou, Privatdetektiv." Zwei Finger an die Schläfe zum Salut und ein weiteres Lächeln (zur Sicherheit) später - bildete sich Shinichi das nur ein oder hatte die Mops-Beerbte- warum wunderte er sich überhaupt über so etwas Triviales wie Katzenohren? "Zurück zu deinen Wurzeln"? "Entdecke das Tier in dir"? War anscheinend der neueste Pieps unter den "social trends", wer wusste das schon. Manchen Leuten war heutzutage wirklich nichts zu peinlich- gerade wirklich Fotos von ihm geschossen? - konnte der Oberschüler mit seinem Abermals-Und-Wieder-Ziemlich-Unfreiwillig-Gast von dannen ziehen.   Egal, was man in der Welt über innere Werte blubberte - gutes Aussehen und Charme machten sich eben bezahlt.   TBC Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)