Ein Austausch mit Folgen von SuperCraig ================================================================================ Kapitel 76: Ein Ausweg ---------------------- Ein sanftes Kitzeln auf meiner Nase riss mich aus meinen Träumen. Ich versuchte das vermeintliche Insekt mit einem Wedeln meiner Hand zu verscheuchen. Das Kitzeln wanderte zu meiner Wange. Genervt öffnete ich die Augen und blinzelte. Ein mir vertrautes Gesicht hatte sich über mich gebeugt. „Joey?“ Bevor ich weiterfragen konnte, wurde ich mit einem Kuss zum Verstummen gebracht. Es war dieses Mal anders als sonst, zumal ich einen salzigen Geschmack auf den Lippen hatte. Ein Blick nach oben verriet mir, dass Joey weinte. Ich konnte mich auch nicht sonderlich rühren, denn er lag mit seinem Gewicht auf mir gestützt. Ich wollte den Kuss genießen, aber konnte es nicht. Nach einer gefühlten Ewigkeit löste sich mein Freund von mir und weinte nur noch bitterlicher. Das waren keine Freudentränen, wie mir schlagartig bewusst wurde. Er sah übel aus, noch schlimmer als gestern. Es waren noch ein Veilchen und einige Schrammen dazugekommen. „Ich habe es ihm gesagt“, hauchte Joey leise und senkte seinen Blick. Ich verstand im ersten Moment nicht ganz. „Ich habe ihm gesagt, dass ich mit dir zusammen bin, dass ich dich liebe und ich es ihm nicht erlaube, meine Beziehung zu dir kaputt zu machen.“ Mühsam schaffte ich es mich aufzusetzen, nur um Joey sogleich in meine Arme zu ziehen. Gestern noch hätte ich nicht verstanden warum er weinte, heute war es mir schlagartig klar. Behutsam strich ich ihm über die Wange und durch sein Haar. Seine Tränen hatten nach kurzer Zeit sowohl die Decke, als auch meine Schlafhose durchnässt. „Er hat mir üble Dinge an den Kopf geworfen, mich einen Bastard genannt, eine Schande, die er schon vor 17 Jahren hätte entsorgen sollen“, brachte Joey erstickt hervor und krallte sich in mein Shirt. Ich wollte etwas sagen, ihn trösten, konnte es aber nicht. Mein Zorn auf den alten Wheeler wuchs mit jeder Sekunde. Was war das nur für ein Mensch? Ich konnte ihn mir gut vorstellen: Ein konservativer Säufer, der es nicht ertragen konnte, wenn seine wenigen Trinkkumpanen herausfänden, dass sein einziger Sohn homosexuell war. „Es tut weh, oder? Nicht körperlich, meine ich“, fragte ich leise und strich Joey dabei über den Rücken, der nur stumm nickte. Ich wusste nicht warum, aber ich empfand großen Respekt vor Joey. Er konnte seine Gefühle zeigen, musste sie auf einmal nicht mehr verbergen, mehr noch: Er hatte sich entschieden, ein Schritt, den nur wenige wagten. Vorsichtig legte ich meine Finger unter sein Kinn und hob seinen Kopf ein wenig an, sodass er mir in die Augen schauen musste. Was sollte ich also sagen? „Höre auf dein Herz“, erinnerte mich Mahad an eine seiner Lieblingsphrasen. Aber was wollte mein Herz sagen? Ich war nämlich stocksauer und hätte dem alten Wheeler am Liebsten alle Zähne einzeln herausgeprügelt. Das war aber nicht zweckdienlich. Nein, das wäre falsch gewesen. Ich atmete innerlich durch, zählte bis drei und öffnete dann einfach den Mund. „Schatz, du bist kein Schandfleck. Ich habe noch nie einen so wundervollen Menschen getroffen wie dich. Du siehst gut aus, bist mutig, stark und zögerst nicht, wenn es drauf ankommt. Wir alle mögen und lieben dich von ganzem Herzen. Nicht den Joey, der sich hinter seiner Maske versteckt, und seine Probleme nicht zugeben kann, sondern den Joey, der auch mal schwach ist. Ich bewundere dich. Du hast so lange durchgehalten und liebst ihn sogar jetzt noch.“ Ich hielt inne und schlüpfte aus meinem Shirt, welches ich Joey hinhielt, damit er sich die Tränen ein wenig abwischen konnte. Schluchzend verstand er den Wink dann auch, als ich fortfuhr: „Ich habe lange Zeit nicht verstanden, warum du deinen Vater nach alledem noch liebst und ich kann es auch jetzt nicht verstehen, doch, tief in meinem Inneren, habe ich verstanden, dass das keine Schwäche ist, sondern eine Stärke. Nach all den Dingen, die dir widerfahren sind, was er mit dir gemacht hat, hältst du noch immer zu ihm.“ Ich konnte eine Spur von Schuld in Joeys Zügen erkennen. Er schämte sich. Ich zögerte; hatte ich etwas Falsches gesagt? „Nein, nur zu, mach weiter“, ermutigte mich Mahad sanft und vertrieb den Zorn aus meinen Gedanken, der noch immer unterschwellig an mir nagte. „Auch wenn er es nicht zeigen kann, so liebt dich dein Vater, zumindest der Teil von ihm, der noch nicht ganz dem Alkohol verfallen ist. Er versteht nur nicht, was für ein Geschenk er mit dir erhalten hat. Jeder andere wäre schon längst abgehauen, davongelaufen, hätte ihn alleine gelassen. Du aber nicht, im Gegenteil: Du hast ihn davor bewahrt, in der Gosse zu landen.“ Joey senkte seinen Blick erneut. Mit sanfter Gewalt entwand er sich meinem Griff und vergrub das Gesicht in den Händen. Er schluchzte unaufhörlich. Sein Tränenstrom schien gar nicht mehr versiegen zu wollen. Mein Freund zitterte am ganzen Körper. Ich zog ihn wieder sanft zu mir und strich ihm über die Schulter. „Ich weiß ja nicht mal, wo ich jetzt wohnen soll“, presste er zwischen zwei Schluchzern hervor. Mein Blick fiel auf die ausgefranste Sporttasche, in der wahrscheinlich Joeys wenige Habseligkeiten ihren Platz gefunden hatten. Wie dumm sein Vater doch war: Er konnte ihn nicht vor die Tür setzen, aber wahrscheinlich war es das Beste. „Bei uns“, meldete sich eine vertraute Stimme zu Wort. Beide schauten wir zur Tür, in Yugis Gesicht. „Das, das geht nicht“, murmelte Joey entrüstet. „Ich kann das nicht annehmen.“ „Natürlich kannst du“, lächelte Yugi. „Ich weiß, dass du nicht bei David unterkommen willst, wegen Kaiba, aber hier kannst du gerne bleiben. Du bist auch näher an der Schule und Tristan ist auch nicht so weit weg.“ „A-Aber Yugi, das Ju-Jugendamt wird massive Probleme machen.“ Ich nickte Yugi näher heran, während ich sprach: „Das überlasse mir, ja? Kaiba kennt einige gute Anwälte und dieses Mal bin ich es, der seine Hilfe in Anspruch nimmt, nicht du. Er schuldet mir sowieso noch einen Gefallen.“ Entgegen meiner Erwartungen verkrampfte Joey sich nicht bei dem Vorschlag. Er warf sich einfach nur mir und dem hinzugekommenen Yugi in die Arme, und heulte bitter weiter. Wenn er so weitermachte, würde er bald ersticken. „Joey, wir haben so viel durchgestanden. Das Königreich der Duellanten, die Raritätenjäger, das Battle City Turnier – wir sind noch immer da, egal was dein Vater sagt. Wir sind deine Freunde und wir lieben dich, weil du so bist, wie du bist.“ Joey schnaubte in mein Shirt hinein. „Aber was mache ich nach der Schule?“ Ich musste ein wenig schmunzeln: „Nun, entweder du wirst Profiduellant oder Künstler.“ „E-Erzähl keinen Scheiß“, murmelte der Blondschopf leise. „Mache ich nicht. Du hast eine große Begabung im künstlerischen Bereich. Du zeichnest echt gut, und als Duellant bist du auch top. Warum nicht als Grafikdesigner anfangen?“ Yugi pflichtete mir bei: „Joey, schau, wir bekommen das hin, als Team. Gemeinsam mit Tristan hast du eine echt starke Truppe hinter dir, die dich nie fallen lässt. Glaube an dich, wie du es sonst bei deinen Duellen auch tust.“ Ich verstand es einfach nicht. Yugi hatte eine Gabe, eine Fähigkeit, die mir verborgen war. Joey beruhigte sich tatsächlich, mehr noch: Ich selbst glaubte seinen Worten. Es war nicht der Pharao, der aus ihm sprach, sondern der kleine Yugi Muto, der einen so starken Willen besitzen musste, dass er ihn auf andere übertragen konnte. Für Joey musste die Welt gerade nicht nur grau, sondern pechschwarz sein, und trotzdem, die Worte unseres Freundes spendeten mehr Hoffnung als alles, was ich gesagt hatte. „D-Danke Leute“, murmelte der Blondschopf und krallte sich an uns fest. Wie lange wir so dasaßen war schwer abzuschätzen. Es hätten auch Jahre sein können, doch keinen von uns störte es. Langsam aber sicher kehrte ein wenig Farbe in Joeys blasses Gesicht zurück. Auf seine Bitte hin, ein wenig alleine sein zu wollen, reagierten wir nur zögerlich, gaben dann aber schlussendlich nach. Ich ging mit Yugi nach unten und trank einen Tee. „Ich bin nur in einer Sache ein wenig überfragt“, flüsterte der König der Spiele. Wir unterhielten uns gedämpft, da wir nicht unbedingt wollten, dass Joey unser Gespräch mitbekam. Er hatte gerade genügend Sorgen und außerdem wollten wir schließlich zu unserem Wort stehen. „Hm?“, fragte ich und nippte an meiner Tasse. Wieder der gleiche Tee von gestern, mit derselben, beruhigenden Wirkung. „Sein Vater besitzt ja noch immer das Aufenthaltsbestimmungsrecht, oder?“ Ich nickte zögerlich. Der alte Wheeler war nach wie vor Joeys Erziehungsberechtigter und konnte demnach auch über den Aufenthaltsort seines Sohnes bestimmen. Wenn die Rechtslage in Japan ähnlich war wie zuhause, dann hatten wir ein Problem. „Das Problem ist, dass wir die Zeit überbrücken müssen, bis Joey 18 ist. Dann kann er seinen Aufenthalt selbst bestimmen.“ Joey wurde in gut einem halben Jahr volljährig. Das war eine lange Zeit, vor allem jetzt, wo er sich geoutet hatte. Sein Vater würde ihm wahrscheinlich jeden Tag zur Hölle machen. „Und was machen wir jetzt?“, sinnierte Yugi und starrte in seine Tasse hinein. Ich zupfte nachdenklich an meiner Unterlippe. Kaibas Anwälte wussten sicher einen Weg, wie wir einstweilig eine Verfügung erwirken konnten, um Joey nicht mehr zu seinem Vater zurückschicken zu müssen. Seinen Aufenthalt in den Kameshop zu verlegen, konnte nicht so schwer sein. Er brauchte lediglich einen Vormund für diese Zeit. „Hör mal Yugi“, begann ich und genoss sofort die Aufmerksamkeit meines Freundes. „Wenn ich in Rechtskunde bei mir in der Schule gut aufgepasst habe, und eure Rechtslage nicht anders ist, als die Unsrige, dann bräuchten wir schlicht einen Vormund für Joey, bis er volljährig ist.“ Der König der Spiele nickte: „Ja gut, aber an wen denkst du da? Ich meine, wir sind alle zu jung, und…“ „Was, wenn es dein Großvater machen würde?“ Ich wollte eigentlich Yugis Eltern vorschlagen, aber die waren selbst ja nie zuhause. Außerdem wäre es Joey sicher peinlich gewesen, da die ganze Geschichte so aufgedeckt worden wäre. Das würde früher oder später sowieso passieren, aber Herr Muto war ihm eine Art väterlicher Freund gewesen. Außerdem wusste er auch, ohne unser Zutun, von der familiären Situation der Wheelers. „Ich weiß nicht, ob Großvater das machen würde. Ich habe eher an seine Mutter gedacht.“ Mir zog sich der Magen zusammen. Joeys Mutter. Die war in Amerika. Das würde eine Trennung bedeuten. „Schon, aber ich glaube nicht, dass das Sorgerecht für Joey im Eilverfahren an eine ihn fremde Frau, die noch dazu im Ausland sitzt, übertragen wird. Das würde ihn ja erneut aus seinem Lebensmittelpunkt reißen. Dein Großvater wäre die beste Wahl und Kaibas Anwälte werden das wohl durchboxen können.“ Yugi und ich einigten uns nach einer guten Stunde der Diskussion, Herrn Muto einfach zu fragen. Joey war inzwischen nicht aus dem Zimmer gekommen und wir vermuteten, dass er eventuell schlief. Wir wollten ihn jedenfalls nicht stören. „Großvater?“, rief Yugi nach unten in den Laden. „Kannst du mal eben kurz hochkommen?“ Wir hörten den alten Mann ächzend etwas Murmeln als er die Treppe in den Wohnbereich hochstieg, bevor er uns ein Lächeln schenkte und sich dabei den Rücken hielt. „Ich hätte einen Lift einbauen lassen sollen. Was gibt es denn, Jungs?“ Ich zögerte, ergriff dann aber das Wort. Was wir verlangten, das war sehr viel. Außerdem war da noch das Problem mit Herrn Mutos Alter, andererseits vertraute ich einfach auf Kaibas Anwälte und deren Fähigkeit, sowie der Macht des Scheckbuchs des CEO. „Herr Muto, ich, also wir, Yugi und ich, wir hätten einen Vorschlag, oder eher eine Bitte an sie.“ Der alte Mann setzte sich zu uns an den Küchentisch und so begannen wir unsere Idee langsam und vorsichtig in Worte zu fassen. Ich konnte, genauso wie Yugi, Herrn Mutos Reaktion nicht einschätzen, zumal er sich auffallend ruhig verhielt, während wir sprachen. Als wir geendet hatten, fuhr er sich durch den Bart. „Das ist aber eine große Verantwortung“, brummte er. „Das weiß ich, Herr Muto. Mir fällt aber sonst niemand ein, und es wäre nur für ein halbes Jahr. Für die Kosten komme ich natürlich auf.“ Letzteres bedeutete zwar wieder, Kaiba zur Kasse zu bitten, aber das war mir herzlich egal. „Kosten?“, fragte Yugis Großvater und funkelte uns finster an. Ich hielt die Luft an. Was hatte ich denn Falsches gesagt? „Kosten? Das traust du dich auch noch, in den Raum zu stellen?“, lachte Herr Muto plötzlich und sowohl Yugi, als auch mir, fiel ein Stein vom Herzen. „Also die Kosten interessieren mich überhaupt nicht. Wenn Joey das auch möchte, dann können wir uns natürlich darüber unterhalten.“ Yugi fiel seinem lächelnden Großvater um den Hals, und ich musste mich bemühen, es ihm nicht gleichzutun. „Großvater, du bist der Beste!“, lachte Yugi erleichtert. Ich nickte Herrn Muto dankbar zu, der seinen Enkel in die Arme schloss. Mir versetzte das ganze Szenario einen Stich: So hätte ich mich bei meinem Großvater auch verhalten. Mir fiel wieder einmal auf, wie sehr sie mir fehlten. „Ich gehe nach oben und frage Joey“, sagte ich und ließ die Beiden alleine. Herr Muto war seinem Enkel sehr ähnlich, vielleicht auch ein Grund warum ich ihn so mochte. Dass der Mann ein äußerst gewiefter Duellant war, konnte ich mir schwer vorstellen. Andererseits war es auch schwer zu glauben, dass Yugi den Titel des Königs der Spiele führte. Ich klopfte gegen die Tür und trat nach einem leisen „Ja?“ ein. Joey saß auf der Couch, über ein Blatt Papier gebeugt auf dem er eifrig zeichnete. Mir wurde jetzt auch wieder klar, dass mein Freund seine Probleme durch Zeichnen bewältigte. Eine gute Idee, wobei mir ein wenig flau im Magen wurde, da er so seinen zukünftigen Job eventuell auf ewig mit seinem Vater verband. „Schatz?“, fragte ich vorsichtig und setzte mich neben Joey. Dieser ließ sich von mir gar nicht beeinflussen, im Gegenteil: Er zeichnete in einem Tempo weiter, das mich beinahe schwindlig machte. Jeder einzelne Strich wirkte für mich als Laien einfach perfekt. Das Motiv enthielt diesmal Flammenschwertkämpfer Joey, der über einen untoten Zanki hinwegstieg. „Joey, hör mal, Yugi und ich haben eine Lösung für dein Problem gefunden“, begann ich, hielt dann aber inne, als Joeys Bleistift leise knackste. Entweder er verdrängte seinen Vater bereits wieder oder er war sich ob der Entscheidung, die er getroffen hatte, nicht mehr so sicher. „Wäre es für dich in Ordnung, wenn Herr Muto dein Vormund wird, bis du 18 bist? Danach kannst du deinen Aufenthalt selbst bestimmen und wärst gänzlich frei. Du bist sowohl im Kameshop, als auch bei Mokuba und mir, immer herzlich willkommen und es wäre für dich eine zusätzliche Entlastung.“ Joey reagierte auf meine Worte nicht, sondern starrte einfach nur stumm auf seine Zeichnung. Ich konnte ihm ansehen, wie er mit sich selbst rang. Was ich ihm vorschlug war natürlich die Freikarte aus dem Teufelskreis, in dem er sich befand, aber es bedeutete auch, erneut über seinen Schatten und seinen Stolz zu springen. Einmal hatte er das gemacht und dafür einen ordentlichen Schlag kassiert. Jetzt war die Euphorie von vorhin verflogen und auch die Trauer und Angst umschloss sein Herz weniger; er konnte etwas klarer denken. „I-Ich z-zahle auch jeden Monat meinen Beitrag“, stammelte er nach einer kleinen Ewigkeit. Ich musste unweigerlich lächeln. Sogar jetzt noch wollte er niemandem zur Last fallen. Joey war ein Kämpfer, ein Alpha, genauso wie Yugi, Kaiba und ich. Das zeigte sich heute wieder einmal deutlich. „Wenn du möchtest“, ließ ich die Entscheidung offen. Ihm jetzt zu versichern, dass Herr Muto nicht auf sein Geld angewiesen war und es gerne tat, wäre kontraproduktiv gewesen. Joey nickte nur und zeichnete weiter. Jetzt war er in seiner eigenen Welt. In diese hatte niemand Zutritt, nicht einmal ich. Sanft küsste ich ihn auf die Wange und stand auf. „Ich werde mich dann mit Kaiba treffen. Wir hatten sowieso noch etwas bezüglich der Gamemesse zu klären. Wenn es dich nicht stört, dann lasse ich dich mit Yugi und Herrn Muto eine Weile alleine. Du kannst ja Tristan anrufen, ob er dich noch besuchen möchte.“ Mein Freund nickte kaum merklich, so als ob er gar nicht mitbekommen hätte, was ich gesagt hatte. Ich ging nach unten zu dem Großvater-Enkel Gespann, und bedachte beide mit einem ernsten Blick. „Hat er abgelehnt?“, fragte Yugi und löste sich sofort von seinem Großvater. „Nein, aber er ist wieder sehr in sich gekehrt. Ich werde mich gleich mit Kaiba treffen und zusehen, dass die Sache über die Bühne gebracht wird. Der alte Wheeler wird sicher noch im Delirium sein und gar nicht kapieren, was passiert ist. Wir haben also etwas Zeit, die wir gleich nutzen sollten.“ Yugi nickte leicht: „Ist gut. Wir passen inzwischen auf ihn auf. Du kannst natürlich gerne bei uns übernachten.“ Der letzte Satz war mit einer Frage verbunden, die in Richtung seines Großvaters ging. Dieser lächelte nur ein wenig, als Zeichen der Zustimmung. „Danke. Ruft vielleicht noch Tristan an. Dem wird er sich auch öffnen, vielleicht sogar mehr als uns.“ Damit ging ich nach unten und wählte die Nummer von Kaibas Sekretärin. Er war heute im Büro, das wusste ich. Wir hatten unseren Termin zwar erst gegen späteren Abend, aber ich konnte es mir sicher erlauben, früher aufzutauchen. „Büro des Geschäftsführers der Kaiba Corporation, Yamamoto am Apparat, was kann ich für Sie tun?“ Die Stimme von Kaibas Sekretärin war freundlich. Das musste sie natürlich sein, denn wer diese Nummer besaß, der genoss Kaibas persönliches Vertrauen oder zumindest dessen Interesse. Solche Personen zu vergraulen kam einem Todesurteil gleich. „Guten Tag Frau Yamamoto, Pirchner mein Name. Ich habe heute einen Termin mit Herrn Kaiba um 19 Uhr. Wäre es möglich, dass ich gleich zu ihm komme?“ Die Frau am anderen Ende schien kurz die Luft anzuhalten, antwortete dann aber freundlich: „Natürlich. Herr Kaiba hat kein Meeting und ich bin angewiesen worden, Sie sofort durchzustellen, wenn es wichtig ist.“ So? War sie das? Eine sehr interessante Entwicklung. Kaiba wurde mir allmählich ein wenig unheimlich, aber auch sympathischer. Langsam glaubte ich nicht mehr nur an den Einfluss von Mokuba, dass er mir gegenüber so freundlich war. „Nein, es ist eine persönliche Angelegenheit. Könnten Sie mich bitte ankündigen? Ich werde in einer guten halben Stunde da sein.“ „Natürlich. Ich wünsche noch einen schönen Tag.“ „Gleichfalls.“ Damit legte ich auf und rief zuhause an. Es war ein wenig befremdlich, die Kaibavilla als mein Zuhause anzusehen, nichtsdestotrotz war sie es aber geworden. Der Fahrer würde in gut fünf Minuten kommen und ich legte mir inzwischen schon Argumente zurecht, warum mir Kaiba denn unbedingt helfen musste. Ich hoffte, dass sie reichen würden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)