Ein Austausch mit Folgen von SuperCraig ================================================================================ Kapitel 19: Vorbereitungen -------------------------- „Meine Sachen? Mokuba? Warum sind wir nicht bei meiner Wohnung vorbeigefahren?“ Ich starrte entsetzt aus dem Fenster. Ich hatte keine Klamotten zum Wechseln dabei, und meine Schulsachen für morgen lagen auch zuhause rum. „Hör auf zu hyperventilieren – wir haben alles was du brauchst bereits ins Gästezimmer bringen lassen. Nachschlüssel und so.“ Damit stürmte Mokuba nach draußen und ließ mich verdutzt in der Limousine sitzen. Wie, Nachschlüssel? Hatte der kleine Giftzwerg tatsächlich einen Schlüssel zu meiner Wohnung? Das wäre dann wohl die Höhe gewesen. Den würde ich mir noch ordentlich kaufen. Fürs Erste beschloss ich aber, die Zeit unseres Chauffeurs nicht länger als nötig in Anspruch zu nehmen. Eilig huschte ich nach draußen, Taschen und Rucksack mit mir führend. Drinnen wartete bereits Mokuba auf mich, welcher an Dienstpersonal und Küche, ohne einen freundlichen Gruß auf den Lippen, in sein Zimmer huschte. Ich folgte ihm, wobei ich doch ab und an zumindest nickte. Drinnen angekommen wurde die Tür ins Schloss geworfen und mir die Taschen abgenommen. „Was soll ich ihr jetzt Persönliches schenken?“ Mokuba stand die Ungeduld ins Gesicht geschrieben. Er war eindeutig nervös. Die Feier war doch erst am Samstag – außerdem, ich hatte ihm versprochen, ihn bei dem Projekt zu unterstützen? Die Sache mit dem Nachschlüssel schob ich einmal beiseite. Stattdessen ging ich zu meinem kleinen Freund, hockte mich vor ihm hin und bettete meine Hände auf seinen Schultern. „Ganz ruhig, Mokuba, wir kriegen das hin, versprochen. Ich habe das schon zwei, dreimal gemacht, und es war bisher zumindest immer soweit ein Erfolg, als dass sich besagte Person darüber sehr gefreut hat. Außerdem bist du hübsch, liebenswert, intelligent und freundlich. Sakura wäre schön blöd, wenn sie sich nicht auf dich einlassen würde.“ Meine Stimme war sanft und leise, aber doch gut hörbar. Meine graugrünen Augen suchten den Kontakt zu Mokubas. Er lächelte, eindeutig. Dann fiel er mir um den Hals und presste sich fest an mich. Zugegebenermaßen – das ganze Szenario überrumpelte mich ein wenig. Nach dem ersten Moment der Verwirrung umarmte ich meinen kleinen Schützling fest. „Schhhh, ist ja gut. Ganz ruhig. Ich bin am Samstag auch in deiner Nähe, versprochen. Wir sind ein Team, oder?“ Damit löste ich mich ein wenig und lächelte ihm aufmunternd entgegen. „Als Team halten wir auch zusammen.“ Mokuba nickte daraufhin heftig und wischte sich mit den Ärmeln seines gestreiften Shirts über die Augen. „Klar, wir sind ein Team, du und ich, so wie Seto und ich.“ Einerseits imponierte es mir, dass Mokuba so dachte, andererseits wollte ich nicht unbedingt mit Kaiba auf eine Stufe gestellt werden. Mir zog sich innerlich der Magen zusammen, als ich an heute Morgen dachte. „Machen wir uns mal ans Werk, bis es Essen gibt, oder?“ Wir luden die Taschen vorsichtig auf seinem Schreibtisch aus und ich beschaffte mir einen zweiten Stuhl. Mokuba sortierte inzwischen die Sachen und besorgte Stift und Papier. „Okay, wir haben mehrere Möglichkeiten. Eine formlose Nachricht, die wir der Karte beilegen, ein Gedicht oder einen Liebesbrief. Letzterer ist natürlich außerordentlich direkt und könnte falsch rüberkommen, wenn du mit Sakura bisher nur freundschaftlich angebandelt hast. Gedichte kommen bei den Mädels gut an, weil sie dein Interesse an ihnen signalisieren, und auch zeigen, dass du bereit bist, dir Gedanken über sie zu machen. Die formlose Nachricht ist das Sicherste, aber auch das, in meinen Augen, Unpersönlichste. Es ist ein wenig Mischung aus Gedicht und Liebesbrief – wenn wir den Inhalt schön ausstaffieren, kann auch so ein schlichter Text sehr viel Feingefühl vermitteln.“ Während meiner Vorschläge sortierte ich die Sachen so, wie es mir sinnvoll erschien, und begann damit, das Körbchen mit Kunstgras auszulegen. „Was würdest du machen?“ Mokuba war kleinlaut und verunsichert. Ich musste unwillkürlich schmunzeln. Er schien mir ja wirklich sehr bei dem Thema zu vertrauen. „Nun, ich habe bisher das mit den Gedichten gemacht, was sehr gut angekommen ist. Die Mädchen waren aber auch siebzehn und sechzehn, also ein wenig älter als Sakura. Der Liebesbrief scheidet in deinem Alter aus, weil ich nicht denke, dass Sakura erfassen kann, was du ihr sagen möchtest. Bleiben wir beim Text, hm?“ Inzwischen drapierte ich den Pinguin in der Mitte des Bastkörbchens und schrägte ein wenig den Kopf. Wir hatten uns für ein Modell entschieden, welches unter dem rechten Arm/Flügel etwas tragen konnte. Vorsichtig schob ich die zwei Tafeln Erdbeerschokolade in den Raum zwischen Extremität und Körper des Pinguins. „O-O-Okay, was soll ich denn jetzt schreiben?“ Ein Seitenblick verriet mir, dass der Kleine mit zittrigen Fingern den Stift knapp über dem Papier hielt. So würde er nur den Brief versauen. Wie konnte ich ihn denn beruhigen? Ich überlegte kurz und erinnerte mich an meine Großeltern. Diese hatten mich immer auf den Schoß genommen und mit mir dann so die Hausaufgaben gelöst. Vorsichtig griff ich zu Mokuba hinüber und hob diesen, welcher mich verdutzt anstarrte, auf meine Knie. Mit dem linken Arm hielt ich ihn knapp über dem Bauchnabel fest, während sich meine rechte Hand ganz vorsichtig um die Seine legte, welche den Stift hielt. „Ganz ruhig, okay? Ich bin noch immer da, und wir schreiben das jetzt gemeinsam, einverstanden?“ Entgegen meiner Erwartungen (Mokuba war schließlich durchaus etwas älter als ich damals), wehrte er sich nicht gegen die Behandlung. Gegenteiliges war der Fall: Ich bemerkte, wie er sich langsam entspannte. „Fangen wir einmal mit der Anrede an, hm? Wie wäre es mit: Sakura, erst einmal Alles Gute zum Geburtstag?“ Der kleine Wirbelwind zog den Zettel zu uns herüber und nickte dann, nur um sich mit dem Rücken gegen mich zu lehnen, während er langsam und wie gestochen meine Worte aufschrieb. Um dieses Schriftbild beneidete ich ihn. Mir war die schwarze Haarmähne zwar ein wenig im Weg, aber mit etwas Aufrichten war es möglich, ihn bei seiner Tätigkeit genau zu beobachten. „Gut, und jetzt?“ Mokuba legte seinen Kopf in den Nacken und lugte erwartungsvoll zu mir hoch. „Hm. Ich würde jetzt etwas über eure Freundschaft schreiben. Wie lange ihr euch kennt, und wie wichtig sie dir in dieser Zeit geworden ist.“ Alles in den Mund legen wollte ich ihm nicht. Es wäre zweifelsohne aufgefallen, wenn der Text nicht seinen Stil trug. „Wir kennen uns jetzt schon zwei ganze Jahre. In der Zeit habe ich dich als Freundin bekommen, und freue mich, wenn wir uns treffen. Wir quatschen miteinander, haben fast keine Geheimnisse voreinander und sind sonst auch ein ganz tolles Team.“ Mokuba lugte nach wie vor zu mir hinauf, erwartungsvoll. „Wenn wir das bekommen durch gewonnen ersetzen, und quatschen mit „bereden alles miteinander“ austauschen, hört es sich gut an.“ Der Kleine schrägte daraufhin den Kopf ein wenig: „Wir bereden aber nicht alles miteinander. Das wäre eine glatte Lüge.“ „Ein wenig übertreiben ist ganz okay. Wenn es dir nicht gefällt, kannst du natürlich quatschen lassen – Sakura ist ja deine Freundin.“ Ich spürte, wie Mokubas Hand sich wieder in Bewegung setzte. Ganz vorsichtig ließ ich ihn werkeln, und benutzte meine freigewordene Hand, um mich, ein wenig umständlich, einhändig mit dem Geschenk weiter befasste. „So, fertig. Das wäre auch erledigt. Was jetzt?“ Ein prüfender Blick ließ mir ein wenig die Kinnlade nach unten klappen. Neben meiner Sauklaue wirkte Mokubas Schriftbild wirklich exorbitant schön, fast schon makellos. „Okay, der Part ist jetzt wichtig, denn du sprichst über deine Gefühle. Ich würde so etwa sagen wie: In der Zeit habe ich auch gemerkt, wie sehr ich an dir hänge, Sakura. Du bist immer für mich da, bringst mich zum Lachen, stehst mir bei wenn es mir schlecht geht; das ist ganz Besonders für mich.“ Der Teenie nickte eifrig und schrieb sogleich weiter. Derweil konnte ich mich um die weitere Anordnung kümmern. Die Zeichenstifte schob ich durch die schmalen Löcher des Bastkörbchens, sodass sie den Pinguin in der Mitte zentral umrahmten. Den Pinsel steckte ich ins Kunstgras und lehnte ihn gegen das Plüschtier, dass es so aussah, als würde es diesen festhalten. „Ich möchte jetzt gerne schreiben, dass ich sie sehr hübsch finde, und es mag, wie sie lacht, und ihre Zeichnungen gut finde.“ Allmählich taute er auf. Das war wichtig und erfüllte mich seltsamerweise ein wenig mit Stolz. Blühte er wegen mir so auf? „Okay. Wenn du Sakura siehst, wie wird dir da, an was denkst du?“ „Nun, eigentlich, also – an den Schulausflug, wo wir gemeinsam mit den anderen in der Wiese gelegen sind. Unsere Hände haben sich dabei berührt, und es hat so komisch geprickelt.“ Er war beim Sprechen immer leiser geworden, und eine dezente Röte zierte seine farbigen Wangen. Schmunzelnd nickte ich und drückte ihn ganz sanft. „Schon okay, das muss dir nicht peinlich sein. Es ist schön, dass du so von ihr denkst, beziehungsweise so an sie denkst. Ich würde es so formulieren – Wenn ich dich ansehe, dann denke ich an unseren Schulausflug, die Wiese, und unsere Hände, welche sich berührten. Dabei habe ich etwas gespürt, dass mir zuerst komisch vorkam, aber ich glaube jetzt weiß ich, worum es sich handelt. Ich bin wahrscheinlich verknallt. Verknallt in dich, dein Äußeres, dein Wesen. Ich könnte dir stundenlang zuhören, wie du lachst, dich beobachten, wie du zeichnest. Sakura, du bist nicht nur eine gute Freundin, sondern hast auch einen Platz in meinem Herzen eingenommen, eine Lücke gefüllt, welche sich sonst nie geschlossen hätte.“ Jetzt konnte ich merken, wie Mokuba sich auf meinem Schoß versteifte. „Gefällt es dir nicht?“ „Doch, es – schon in Ordnung, ich finde es sehr schön.“ Wieder flog der Stift über das Papier und setzte mein gesprochenes Wort in die Tat um. Etwas hatte ihn kurz aus dem Konzept gebracht, und ich war zugegebenermaßen neugierig, was das gewesen sein könnte. Andererseits – Kaiba war sein Bruder, nicht ich. Wenn es ihn wirklich belastete, würde Mokuba schon mit jemandem reden. „Jetzt würde ich noch so etwas hinschreiben, wie: Ich hoffe du fühlst ähnlich, und verstehst, warum ich dir das alles so sage. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an dich denke, Sakura. Danke, dass du da bist, danke, dass es dich gibt, und danke, dass du so eine tolle Freundin bist. Ich habe dich sehr, sehr gern, wenn nicht sogar sehr lieb.“ Mir kamen die Worte aus meinen Lippen ein wenig seltsam vor. Ich bemühte mich bewusst, einen etwas kindischeren Stil zu adaptieren, was mir, Mokubas zufriedenem Gesichtsausdruck zu urteilen nach, auch gelangt. Die Grußformel „dein bester Freund Mokuba“ schrieb er sogar selbst hin. Das Körbchen war inzwischen auch fertig. „Wow, ich bin sehr stolz auf dich, und du kannst es auch sein, Mokuba. Das ist wirklich ein schöner Text, und wird Sakura sicher freuen. Wir haben uns nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt, aber doch rübergebracht, dass du sie sehr gerne hast. Das wird glatt gehen, ganz sicher. Jetzt bräuchte ich aber noch ein Bild von Sakura und deine Erlaubnis.“ „Wozu?“ Mokuba sah mich neugierig an und legte den Stift beiseite. „Joey kann sehr gut zeichnen. Ich würde ihm gerne ein Bild von Sakura schicken, welches er mit einem von dir nachmalen soll. Falls es dir nicht peinlich ist, natürlich.“ Kurz zögerte der kleine Wirbelwind, nickte dann aber schlussendlich und fischte sein Handy und eine kleine Papiertüte aus der Hosentasche, welche eindeutig nicht zu unserem Kauf gehörte. „Was ist denn das, Mokuba?“ Mit spitzen Fingern drehte ich die Papiertüte zu mir herum und starrte ihn fragend an. „Kannst du das dem Pinguin um den Hals hängen? Du lachst auch nicht, versprochen?“ Mokuba tippte auf seinem Smartphone herum, während ich in die Tüte griff und etwas Hartes ertasten konnte. Vorsichtig zog ich das Geschenk hervor und begutachtete das Stück eingehend. Es war ein silbernes Armkettchen, mit einem Anhänger in Form eines Herzens. Die Idee war mehr als süß. War er deswegen so nervös gewesen? „Das ist echt schön, Mokuba, wirklich. Die Idee ist klasse.“ Ich hing dem Pinguin, ganz vorsichtig, das Armkettchen um den Hals und nickte dann zufrieden. „Gefällt es dir so, oder möchtest du noch etwas ändern?“ Mokuba schob sein Handy wieder in die Hosentasche und begutachtete unser gemeinsames Werk eingehend. „Woah, das sieht perfekt aus. Wo geben wir jetzt den Brief hin?“ „Lehnt ihn vorne, an die Füße des Pinguins. Ein wenig Cellophan rundet das Ganze gut ab, denke ich. Mein Abteilungsleiter für Kreativität und Grafik hätte es nicht besser machen können.“ Diese Stimme kannte ich nur zu gut, und sie ließ mir einen eisigen Schauer über den Rücken laufen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)