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Eine erbarmungslose Entscheidung

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So,
es ist Sonntagabend und weiter gehts ;-)
Ich danke euch sehr für euer positives Feedback (also zumindest habe ich keine Beschwerden erhalten ;-P) und dass ihr alle immer so brav weiterlest.

Das nächste Kapitel sollte wie üblich nächsten Sonntag kommen, also wünsche ich euch bis dahin eine gute Zeit und freue mich auf euch.

LG
Sharry Komplett anzeigen

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Kapitel 49 - Anfang

Kapitel 49 – Anfang

 

-Zorro-

„Zu viel Knie“, korrigierte Zorro sich selbst missmutig und widerholte den Seitwärtsschritt.

Seit den frühen Morgenstunden trainierte er nun schon, immer wieder die gleichen Schritte, immer wieder die gleichen Übungen, die gleichen Bewegungen, bis zur Perfektion, bis zu tausend Wiederholungen von Perfektion.

Es war eine mühselige Arbeit, langweilig und anstrengend, aber natürlich hielt Zorro das nicht davon ab weiter zu machen.

Vor zwei Tagen waren er und Dulacre vom Hauptquartier zurückgekehrt und seitdem trainierte Zorro allein. Auf der Rückreise hatte der Samurai einen Geistesblitz gehabt und vergrub sich seitdem unter unzähligen Büchern in der Bibliothek, überließ Zorro sich selbst.

Er hatte gemeint, dass es für Zorros zukünftiges Training notwendig wäre und Zorro ein paar Tage ohne seine Aufsicht zurechtkommen würde.

Das stimmte wohl auch, ohne passenden Gegner konnte Zorro nicht kämpfen – und natürlich weigerte der Samurai sich weiterhin als Trainingspartner zur Verfügung zu stehen – und daher blieb ihm nicht viel mehr übrig außer der schnöden Trockenarbeit, die er bereits die letzten Wochen übte. Wiederholung war hier der Schlüssel zum Erfolg, nur mit vielen Wiederholungen würde sich seine körperliche Verfassung stetig verbessern.

Zorro wusste, dass er besser wurde, dass dieses Training sinnvoll war, aber ein Problem hatte es doch.

„Es ist langweilig!“

Aufstöhnend ließ er sich auf den Hintern fallen und rieb sich durchs verschwitzte Gesicht.

Er war unzufrieden; er wusste, dass das Training nicht immer Spaß machen konnte und dass man sich auch mal durchbeißen musste, aber so gefiel es ihm ganz und gar nicht. Er hatte kein Problem mit Disziplin, Durchhaltevermögen und tausenden anstrengenden Stunden, die keinerlei Früchte zogen. Er hatte kein Problem damit tausendmal in den Dreck zu fallen und wieder aufzustehen. Er hatte kein Problem damit tausendmal verbessert und korrigiert zu werden.

Aber es änderte nichts an einer kleinen Sache: Zorro gierte es nach einem Kampf.

Seufzend zog er sich an seinen Haaren.

„Und jetzt klinge ich schon wie dieser verdammte Mistkerl!“

Nie hätte er mal gedacht, dass er das Kämpfen so vermissen würde. Ja, er kämpfte gerne – wer tat das nicht? – aber Zorro hätte nicht gedacht, dass er sich benehmen würde wie der Kartoffelschäler auf Nikotinentzug. Allerdings musste er gestehen, dass es auch ein kalter Entzug für ihn war, außerdem war seine derzeitig stete schlechte Laune mit Sicherheit nicht förderlich.

Vor seinem Leben auf Kuraigana hatte Zorro fast täglich gekämpft und wenn die Tage auf der Sunny oder der Flying Lamb mal zu lang geworden waren, dann hatte die dämliche Kringelbraue sich nur zu gerne auf eine kleine Plänkelei eingelassen. Manchmal war es anstrengend gewesen – ach, wem machte er was vor, der Koch war immer anstrengend – aber stillschweigend hatten sie vereinbart aneinander Dampf ablassen zu können und das war bei Wochen auf hoher See mit denselben Gesichtern tagein tagaus auch manchmal echt nötig.

Hier auf der Insel hatte Zorro sich die ersten Tage mit den Human Drills versüßt und nachdem der Samurai aufgetaucht war, hatte er so oder so viel zu tun gehabt und gerade als er angefangen hatte sich zu langweilen, war Jiroushin aufgetaucht und hatte sich nur zu gerne mit ihm angelegt.

Doch jetzt war der Vizeadmiral seit einigen Wochen wieder zuhause und Dulacre weigerte sich gegen Zorro zu kämpfen, hinzukamen noch diese ungewohnte Stimmungsschwankungen, so dass er nun langsam wie ein Süchtiger die Geduld verlor.

Zorro wollte kämpfen.

Langsam verstand er, wie frustrierend es für Mihawk sein musste nicht kämpfen zu können. Zorro war beinahe egal wer sein Gegner war, ob schwach oder stark, ob nur ein freundschaftlicher Wettstreit oder eine Schlacht auf Leben und Tod, er würde so oder so seinen Spaß haben, dafür würde er im Zweifel schon sorgen.

Bei dem Samurai war das jedoch anders. Anscheinend konnte Dulacre nur richtig kämpfen, wenn sein Gegner auch stark genug war, ansonsten war es für ihn noch nicht mal ein wirklicher Kampf.

Wie lange also lag sein letzter Kampf nun schon zurück? Jiroushin hatte mal erwähnt, dass sein letzter ebenbürtiger Sparringpartner der rote Shanks gewesen war, bevor dieser seinen Arm wegen Ruffy verloren hatte.  Zorro hielt die paar Wochen schon kaum aus, wie würde er sich nach über 15 Jahren fühlen?

„Aber das bringt mich jetzt auch nicht weiter“, murrte er, erhob sich wieder und fuhr mit seinen Übungen fort.

Es war frustrierend, er wusste wie viel schneller er sich verbessern würde, wenn er ein Gegenüber zum Kämpfen hätte, aber laut Mihawk würde Jiroushin dafür nicht mehr ausreichen - was auch immer das bedeuteten mochte - und daher hatte Zorro niemanden mehr mit dem er sich messen konnte.

Niemandem, außer dem verdammten Samurai, der nicht gegen ihn kämpfen wollte.

Aber wie sonst sollte er seine Hakikontrolle verbessern?

Seine Bewegungen waren gut, noch nicht perfekt, aber gut. Doch er merkte, dass die Stärke und Flexibilität seiner Rumpfmuskulatur noch nicht da waren, wo Dulacre ihn haben wollte. Er wusste auch, dass seine Balance noch ausbaufähig war, doch je länger Zorro die Übungen wiederholte, desto sicherer wurde er, dass dies nicht der richtige Weg war.

Ja, er verbesserte sich, aber es war nicht genug, nur in statischen Bewegungen seinen Körper kontrollieren zu können.  Ein Kampf war keine Abfolge der gleichen Bewegungsabläufe wieder und wieder, sondern unerwartete Momente, plötzliche Impulse und unvorhersehbare Einflüsse.

Nichts davon würde Zorro in seinen Trockenübungen lernen. Um sich auf Kämpfe vorzubereiten musste Zorro im Kampf üben seinen Körper zu kontrollieren, so wie damals sein Observationshaki, welche Zorro viel leichter in Ruhe ausüben konnte als wenn er sich noch auf etwas anderes konzentrieren musste.

Mihawk würde nicht gegen ihn kämpfen, aber allein konnte Zorro eine Kampfsituation nur bedingt nachstellen. Er brauchte einen Gegner, ein Gegenüber, einen… Partner.

Für eine Sekunde stand er einfach nur da, belächelte sich für seine absolut lächerliche und erbärmliche Idee, und dann rannte er los.

 

Ungestüm stolperte er beinahe in die Bibliothek.

Der Samurai hatte sich gerade erhoben, einen Finger noch auf einer Zeile, und sah ihn überrascht an. Um ihn herum lagen zahllose Bücher, die meisten auf irgendeiner Seite aufgeschlagen und dann liegen gelassen.

„Lorenor“, erklärte er milde überrascht, „ist dein Training schon vorbei?“

„Nein“, entgegnete Zorro lautstark, „ich hab eine Idee!“

Nun neigte der Ältere leicht den Kopf und betrachtete ihn aufmerksam.

„Eine Idee für was?“, fragte er nach und klappte dann das Buch, welches er gerade noch gelesen hatte, zu.

„Wie du mit mir trainieren kannst, ohne dass wir kämpfen müssen, damit ich besser werde. Wir beide wissen, dass diese Trockenübungen mich nicht schnell genug weiterbringen.“

„Ist das so?“, bemerkte Mihawk und trat langsam auf ihn zu.

In den letzten Tagen benahm er sich seltsam, fand Zorro, aber es kümmerte ihn nicht wirklich, der andere hatte schon mal solche Phasen, das wusste Zorro. Dennoch war der Samurai die letzten Tage relativ gut gelaunt, was es für Zorro überraschenderweise auch einfacher gemacht hatte, seine eigene Laune zu kontrollieren. Trotzdem fiel es Zorro immer noch relativ schwer nicht in negativen Gedanken zu schwelgen.

Dennoch war Zorro nicht entfallen, dass der andere vorsichtiger in seiner Wortwahl geworden war; er stellte mittlerweile öfters Fragen – wie diese gerade – anstatt einfach zu sagen was er dachte. Seit ihrer Rückkehr war er sehr höflich und selten forsch gewesen.

Am Anfang hatte Zorro gedacht, dass der Ältere Rücksicht darauf nahm, dass Zorro immer noch Schwierigkeiten damit hatte seinen Dämon zu kontrollieren, aber irgendetwas war seltsam.

Mit den Schultern zuckend, ignorierte er diesen Gedanken.

„Du hast mir mal gesagt“, meinte er und atmete tief ein ehe er weitersprach, „dass ein guter Schwertkampf wie ein Tanz ist.“

Die Augen des Samurais weiteten sich eine Spur.

„Also, tanzen wir.“

„Wie bitte?“ Ein böses Grinsen schlich sich über Dulacres Züge. „Du hasst es zu tanzen.“

„Ich weiß“, murrte Zorro und hob die Hände entnervt.

„Außerdem haben wir das doch bereits am Anfang deiner Ausbildung ausprobiert und du schienst nicht…“

„Das war was anderes. Ich hab’s nicht verstanden, okay?“ Zorro ging auf den anderen zu und blieb direkt vor ihm stehen. „Es ging damals nur ums Observationshaki, aber dir muss doch auch aufgefallen sein, dass ich den Kram mit der Balance und der Flexibilität so nicht wirklich verbessern kann.“

„Den Kram?“, widerholte Dulacre mit hochgezogener Augenbraue.

„Ach verdammt nochmal, du weißt was ich meine und du weißt, dass ich Recht habe. Diese blöden Standartübungen helfen mir nicht wirklich weiter. Ich muss meine Schwachpunkte trainieren, aber in den Übungen fallen sie nicht auf. Wenn ich im Kampf keine Fehler machen soll, muss ich das Gefühl im Kampf üben. Ich kann nicht erwarten meinen Körper jederzeit im Kampf perfekt kontrollieren zu können, wenn ich nicht daran gewöhnt bin, dass etwas unvorhergesehenes passiert.“

„Und du denkst, du könntest das am ehesten lernen, indem wir miteinander tanzen?“

„Nein“, knurrte Zorro den anderen an und war drauf und dran ihm am Hemdkragen zu sich runter zu ziehen. „Ich denke, dass ich es am ehesten üben könnte, wenn wir miteinander kämpfen würden oder wenn ich mit irgendwem kämpfen würde, aber…“

Dulacre winkte ab. „Ich weiß ja, dass du gerne kämpfst, Lorenor, aber ein Training mit einem schwächeren Gegner wird dich nicht wirklich fördern, auch wenn es sich anders anfühlen mag, daher ist Jiroushin…“

„Ich weiß!“ Nun zog Zorro den Älteren doch zu sich herunter. „Hör mir doch einfach mal zu, du Mistkerl!“

Er schnaubte laut auf und sah den anderen direkt an, der nur die Augenbrauen anhob und ansonsten schwieg, sich nicht mal gegen Zorros Hände wehrte.

„Ich akzeptiere, dass Kämpfen nicht drin ist, okay, aber ich brauche die Unberechenbarkeit eines Gegners zum Trainieren und wenn das im Kampf mit dir nicht möglich ist, dann…“

„... vielleicht in einem Tanz“, beendete der Samurai seinen Satz nachdenklich und löste sich nun doch von seinem Griff.

„Genau.“ Tief einatmend machte Zorro einen Schritt zurück und beobachtete den anderen dabei, wie er seinen Vorschlag abwog.

Mihawk verschränkte die Arme und begutachtete Zorro eindringlich, seine gelben Augen schienen alles an ihm wahrzunehmen, schienen ihn ansehen zu können wie er die letzten Stunden Training verbracht hatte.

Zorro mochte diesen Blick, er erfüllte ihn mit einer Mischung aus Stolz und Neugierde.

„Nun gut“, sprach Dulacre mit einem sachten Nicken, „es ist wohl einen Versuch wert.“

Ein erleichtertes Lächeln glitt Zorro übers Gesicht, bis ihm bewusst wurde, wozu er den Samurai gerade überredet hatte.

„Meinetwegen, Lorenor, lass uns ausprobieren, ob deine Idee wirklich sinnvoller ist als dein jetziges Training.“

Dulacre schritt an ihm vorbei und plötzlich war es wieder Zorro, der dem anderen hinterherlief.

„Aber warst du nicht gerade dabei irgendetwas nachzulesen?“, murmelte er als sie durchs Schloss eilten und irgendeine Treppe hinaufgingen.

„Gerade als du kamst habe ich die Antwort gefunden, nach der ich gesucht habe“, erklärte der Ältere, „glücklicherweise, möchte ich meinen, ich kann mich nicht erinnern so lange am Stück recherchiert zu haben. So langweilig.“

„Hast du etwa die ganze Nacht durchgelesen?“

Am vergangenen Abend hatte Zorro nur mit Perona gegessen, weil der andere noch in der Bibliothek gehockt hatte.

„So ziemlich“, gähnte der andere auch sogleich ungehalten, „ich wollte es schnell hinter mich bringen, damit ich so wenig von deinem Training verpasse, wie möglich.“

„Wo laufen wir eigentlich hin?“ Zorro ignorierte die seltsame Bemerkung, die vielleicht ein Lob darstellen sollte. „Ich dachte, du gehst mit mir raus trainieren, aber ich hab das Gefühl, dass wir uns irgendwo verlaufen haben.“

Ich verlaufe mich nicht, Lorenor“, entgegnete der andere kühl, aber mit einem schneidenden Unterton, „und wir gehen nicht nach draußen trainieren, wir gehen tanzen und wo macht man das am besten?“

Sie hatten die oberste Stufe der langen Treppe erreicht und der Samurai stieß die dort auf sie wartenden Flügeltüren auf.

„In einem Ballsaal.“

„Wir haben einen Ballsaal?“

Zorro lugte an dem anderen vorbei in den… Saal, anders konnte er es nicht beschreiben. Sie standen an einer riesigen Empore, von der an den Seiten und in der Mitte Treppen aus weißem Mamor nach unten auf eine riesige Tanzfläche führten, fast so groß wie damals der Saal, in dem der Marineball stattgefunden hatte.

„Natürlich, Lorenor. Das hier ist ein Schloss, früher gab es hier auch Bälle, daher der Ballsaal.“

„Aha…“

Im Dämmerlicht des Tages, welches durch die riesigen, verstaubten Fenster mehr schlecht als recht den Raum erhellte, wirkte der Saal nicht so eindrucksvoll wie Dulacre wohl beabsichtigte. Verlassene Spinnennetze verklebten einst goldene Kerzenständer und Kronleuchter, schwere Wandvorhänge wirkten vor Staub eintönig und grau.

„Nun denn, Lorenor.“ Plötzlich verbeugte sich der Samurai tief vor ihm und hielt ihm seine Hand hin. „Erweist du mir die Ehre eines Tanzes?“

Eine Sekunde starrte Zorro den anderen verwirrt an.

„Ach, lass den Schwachsinn“, murrte er, ließ den anderen stehen und ging die Treppe zum Saal hinab.

„Tze, unmöglich.“ Die Schritte des Älteren folgten ihm. „Bist du dir wirklich sicher, dass du das tun möchtest?“

„Mit jedem Wort, das du sagst, weniger“, erwiderte Zorro böse grinsend und drehte sich zum Samurai um als sie unten ankamen. „Aber ich will besser werden, koste es was es wolle.“

„So unverschämt.“ Dulacre hielt ihm erneut eine Hand hin. „Was für ein vorlautes Mundwerk du doch hast.“

Anstatt zu antworten griff Zorro diesmal zu und erlaubte, dass Dulacre ihn in eine Tanzposition zog.

„Du genießt das hier viel zu sehr für meinen Geschmack“, knurrte er und legte seine freie Hand auf die Schulter des Samurais. Erneut fiel ihm auf, dass der geringere Größenunterschied es wirklich angenehmer machte als in seiner anderen Gestalt.

„Ach, nur ein bisschen.“ Erst schmunzelte er, doch dann wurde der Ältere ernst. „Mir ist egal, ob du bei dieser Übung auch Haki üben möchtest oder nicht; sinnvoller wäre es wohl, aber wie du schon sagst ist der Hauptsinn, dass du deinen Körper auch in unerwarteten Bewegungen in einer perfekten Harmonie hältst, um nicht nur reagieren sondern auch um agieren zu können.“

Mit seinem Ellenbogen stieß Dulacre Zorros Arm nach oben.

„Darum erwarte ich von dir eine perfekte Körperhaltung. Verzichte lieber auf Haki, als dass deine Körperhaltung drunter leidet und konzentriere dich erst darauf, wenn du keine anderen Fehler mehr machst. Ich will, dass du so gut tanzt, als wäre es dein Leben, als würdest du Kanan stolz machen wollen.“

„Was?“ Entgeistert sah Zorro zu dem anderen auf. „Hör mal, ich weiß was der Sinn dieser Übung ist – es war meine verdammte Idee – aber ich muss es nicht mögen, okay?“

Missbilligend schnalzte Mihawk mit der Zunge.

„Du verstehst es anscheinend nicht, Lorenor, und das obwohl es deine Idee ist. Solange du dich wehrst, solange lässt du dich nicht völlig drauf ein und jeder Widerstand in deinem Kopf wird auch zu einem Widerstand in deinem Körper, das weißt du doch.“

Verdammt, das klang leider nachvollziehbar.

„Okay“, murrte Zorro und schollt sich innerlich für seine eigene, beschissene Idee.

„Jetzt schmoll nicht, Lorenor. Ich finde deine Idee gut; es ist eine sinnvolle Möglichkeit für mich deinen Kampfpartner darzustellen, ohne dich in Gefahr zu bringen.“

„Ja, ganz super“, kommentierte er sarkastisch.

„Ach, Lorenor. Du hast schon recht, Schwertkampf und Tanz sind sich nicht unähnlich. Ein guter Kämpfer ist meist auch ein guter Tänzer und umgekehrt.“ Der andere griff Zorros Hand fester. „Und ich bin der beste Schwertkämpfer der Welt.“

Es ging schnell. Bevor Zorro wusste was überhaupt geschah, zog der Samurai ihn durch den Raum. Das hier hatte nichts mit dem Tanzen zu tun, was Zorro bisher kannte. Bisher hatten sie zu einem gleichmäßigen Takt Schritte wiederholt und wiederholt bis Zorro sie sich eingeprägt hatte.

Nun jedoch schien der Samurai kaum auf ihn zu achten, zog ihn einfach mit sich und schleuderte ihn durch den Raum. In einer Sekunde waren sie an der Treppe, in der nächsten direkt am anderen Ende des Tanzbereiches.

„Achte auf deine Beinarbeit, Lorenor, meine Aufgabe ist nicht, dich durch die Gegend zu schleifen.“

Höhnisch lachte er auf, er hatte kaum das Gefühl überhaupt den Boden berühren zu können, so schnell eilten sie über den Boden.

„Nicht nach unten schauen, du verwirfst dich.“

„Mach mal langsamer, ich komm kaum mit.“

„Nein.“

Im nächsten Moment stieß der Samurai ihn von sich, nur um ihn innerhalb desselben Atemzugs wieder zu sich zu ziehen.

„Deine Aufgabe ist es mitzuhalten. Ich werde mich deinem Können nicht anpassen. Du willst besser werden? Dann werde besser.“

Was für ein Training hatte Zorro sich da eingebrockt?

Innerhalb von wenigen Minuten war er außer Atem und schwitzte am ganzen Körper. Das Training vom Morgen wirkte dagegen wie nicht mehr als eine kleine Dehnübung. Wieso war Tanzen plötzlich so anstrengend?

„Du bist zu verspannt“, erklärte Dulacre, als ob er seine Gedanken lesen würde. „Du gehst dieses Training falsch an. Es ist wie du gesagt hast, ich bin dein Gegner, dir um Längen überlegen, werfe dich durch den Raum wie es mir passt, und was machst du? Du denkst über mögliche Tanzschritte nach? Du versuchst den Takt des nichtvorhandenen Liedes zu hören?“

Aus dem Nichts klatschte der Samurai ihm gegen die Wange, ohne dass seine Hand sich von Zorros Schulterblatt gelöst zu haben schien.

„Wach auf, Lorenor! Wir tanzen hier nicht auf einem Marineball, das hier ist unser erster richtiger Kampf!“

Es war wie ein Blitzeinschlag.

Es war eine Idee gewesen – eine verdammte Schnapsidee – und nun machte Dulacre bitterernst. Obwohl er vor weniger als einer halben Stunde erst davon gehört hatte, schien er schon einen Plan zu haben, und Zorro konnte es kaum glauben.

Aber das war jetzt egal. Das hier war kein Tanz, keine Trainingsidee, keine Trockenübung, kein Übungskampf; es war genau wie Dulacre sagte, das hier war ihr allererster Kampf.

Zorros Herzschlag verlangsamte sich und für einen Moment wurde die Welt ganz ruhig. Genau, es war wie ein Kampf, ein Kampf gegen einen hoffnungslos unbesiegbaren Gegner. Allmählich kroch ihm ein Grinsen auf die Lippen, solche Kämpfe waren ihm die liebsten.

Eine Sekunde lang schloss er die Augen und nahm langsam alles in sich auf, schärfte seine Sinne und weckte alle seine Fähigkeiten, öffnete seinen Geist.

„Also doch Haki“, murmelte der Samurai, doch Zorro ignorierte ihn.  „Na, so einfach mach ich es dir nicht.“

Im nächsten Moment stolperte Zorro und wäre beinahe gefallen, wenn der andere ihn nicht wieder nach oben gezogen hätte. Böse grinste Dulacre zu ihm hinab.

„Komm, mein kleines Äffchen, tanz.“

Es machte ihm also doch Spaß. Zorro erkannte dieses Grinsen sofort. Es war das gleiche wie damals, als Dulacre festgestellt hatte, dass Zorro Lady Loreen sein könnte, das gleiche Grinsen, wie damals als Dulacre ihm fast die Kehle zugedrückt und in die Luft gehoben hatte. Es war das gleiche Grinsen, wie damals als Zorro ihn gefragt hatte, ob es Dulacre Spaß gemacht hatte mit seinem Dämon zu kämpfen.

„Wer ist jetzt hier vorlaut?“, murrte er und griff fester zu, fast gleichzeitig legte sich eine unsichtbare Rüstung um seine Haut.

„Ist die Ummantelung Absicht?“, hakte Dulacre direkt nach. „Ansonsten weg damit. Sie ist derzeit sinnlos; du wirst mir so oder so nichts tun können und du bist noch nicht soweit dich auch noch darauf konzentrieren zu können.“

Zorro schwieg, er hatte auch keinen Atem zu antworten, während er mehr schlecht als recht versuchte den Schritten des anderen zu folgen. Es war eindeutig kein Tanzen, er versuchte nur irgendwie rechtzeitig den Boden zu berühren, bevor er stolpern würde.

„Hörst du mir nicht zu? Kein Rüstungshaki.“

Er musste seine Atmung anpassen, wenn er zu schnell aus der Puste kam würde sein Herzschlag hektisch werden, was ein ruhiges Denken erschweren würde und er musste ruhig sein, wenn er seinen Gegner analysieren und bezwingen wollte.

„Lorenor!“

Plötzlich hielten sie an, irgendwo mitten im Raum. Wütend starrte der Samurai zu ihm hinab.

„Konzentrier dich, hörst du?“ Dulacre ließ ihn los. „So wird das nichts.“

„Was?“

Warum war der andere denn jetzt plötzlich sauer?

„Was ist dein Problem?“

„Mein Problem ist, dass du nicht zuhörst. Das hier ist nicht ungefährlich, verstanden?“

„Du hast eben noch gesagt, dass es dir egal ist, ob ich Haki einsetze oder nicht, also…“

„Ich hätte kein Problem damit, wenn du dein Rüstungshaki absichtlich angewandt hättest, aber das hast du nicht, oder?“

Dulacre ergriff seine Hand und legte die andere an Zorros Schulterblatt.

„Lorenor, deine Stärke - dein Talent - ist deine unfassbare Kontrolle über dich selbst. Du wirst mich nur besiegen können, wenn du in dieser einen Sache besser wirst, die ich nicht perfektioniert habe.“

„Freundlichkeit, Respekt, Einfühlungsvermögen, Bescheidenheit, Ged…“

„Kontrolle!“, bellte der Samurai errötend dazwischen.

Zorro grinste ihn nur an.

„Du missratenes Gör, es ist wichtig, was ich dir sage, also mach keine Scherze darüber.“

Er hörte auf zu Grinsen, als der andere fast schon enttäuscht zu ihm hinabblickte. Das mochte er nicht, er wollte keine Enttäuschung – keine Zeitverschwendung - sein.

„Lorenor, begreife es doch endlich. Hier geht es nicht nur um dich, hier geht es auch um das was ich will. Ich weiß genau, wie gut du bist und ich weiß genau, was dir noch fehlt und dein einziger Vorteil mir gegenüber ist nun mal deine Kontrolle, also darf diese nicht ein einziges Mal auch nur wanken, wenn du es je mit mir aufnehmen willst.“

„Warum bist du jetzt auf einmal so ernst. Das weiß ich doch alles?“

Der Samurai seufzte schwer. Doch dann lächelte er sachte.

„Dann ist ja gut. Lass uns weitermachen.“

„Nein.“

Dulacre hatte bereits den ersten Schritt gemacht und hatte sichtlich Mühe sich selbst zu unterbrechen.

„Wie bitte?“

Zorro holte tief Luft. Er hatte sich Gedanken gemacht, dass der Samurai komisch drauf war, aber nun war er wieder genau wie vorher, schnell von einer Stimmung in die andere gerutscht. Aber das gerade, das war…

„Du lügst mich an.“

„Was?“ Nun sah der Ältere ihn beinahe erschrocken an.

„Wenn du so grundlos wütend wirst, hat das meistens einen Grund, den ich nicht weißt.“

„Hörst du dir überhaupt zu?“, versuchte Mihawk ihn zu unterbrechen, aber Zorro sprach weiter.

„Warum betonst du das so? Warum bist du so wütend darüber, dass ich eine Sekunde lang nicht auf mein Haki aufgepasst habe? Du tust so, als wäre es etwas Schlimmes, aber warum sollte es das sein? Was verheimlichst du mir?“

Lachend ließ Dulacre ihn los und wandte sich ab. Er ging einige Schritte weg, ehe er sich wieder zu Zorro umdrehte.

„Lorenor, du wirst mir manchmal wirklich unheimlich.“

„Ich habe also Recht.“

Der Ältere nickte und ging in die Ausgangsposition.

Kurz seufzte Zorro auf, dann schritt er auf den Samurai zu und nahm dessen Hand. Überraschend langsam drehten sie sich; das erste Mal, dass Zorro mit den Schrittfolgen des Älteren überhaupt mithalten konnte.

„Für Menschen wie uns ist Kontrolle absolut essenziell“, erklärte Dulacre ruhig, „wir haben Kräfte, von denen andere nur träumen können, stark genug, um uns selbst zu zerstören.“

Aufmerksam hörte Zorro dem anderen zu. Er hatte keine Ahnung, worauf der andere hinauswollte und es war nicht so, als hätte Mihawk so etwas nicht schon tausendmal erklärt, aber die Art wie er nun klang, die Art wie er sich die letzten Tage benommen hatte, all das ließ Zorro aufhorchen.

„Was hat Jiroushin dir über mich erzählt?“, fragte der Ältere dann unvermittelt.

Verwirrt sah Zorro auf, doch Dulacres Blick lag nicht auf ihm, die gelben Auge schienen irgendetwas in weiter Ferne zu begutachten.

„Dass du dich nicht kontrollieren kannst. Dass du von Natur aus keine Selbstregulation hast.“

Erneut schmunzelte der Ältere.

„Ach, der gute Jiroushin, ganz Unrecht hat er wohl nicht.“ Dann sah der Samurai Zorro doch an. „Und doch liegt er falsch.“

„Was meinst du damit?“

„Oh, Lorenor, ist es nicht ganz offensichtlich? Ich war mal wie du.“

„Was?“

Erneut drehten sie sich.

„Oh ja, ich war nicht dieses unkontrollierbare Monster, vor dem heute die ganze Welt Angst hat. Ich war ein überaus talentierter Schwertkämpfer und wich keinem Kampf aus, der interessant werden könnte. Meine Kontrolle war sondergleichen und bereits als Kind war ich besser als die meisten Erwachsenen. Natürlich konnte ich nie an Sharak herankommen, aber verstecken brauchte ich mich gewiss nicht und ja, es gab kaum einen Kampf den ich nicht führen wollte, selbst gegen Schwächere, solange sie es wert waren.“

„Und was ist dann passiert?“

„Meine Schwester starb, meine Mutter starb, und meine Kontrolle wurde mir gleich.“ Dulacre neigte leicht den Kopf. „Ich war eben nicht ganz ehrlich zu dir; du wirst mich wahrscheinlich selbst dann besiegen können, wenn du deine eigene Kontrolle nicht perfektionieren solltest. Aber das wäre ein Schicksal, das ich dir gerne ersparen würde.“

„Warum?“

„Weil deine einzige Hoffnung auf einen richtigen Kampf dann ein vorlauter Bengel sein wird, den du selbst trainieren musst in der dauernden Sorge ihn ausversehen umzubringen.“ Immer noch lächelte der Ältere beinahe zuckersüß. „Es geht bei der Kontrolle nicht um die absolute Stärke, Lorenor. Vielleicht ist sie sogar hinderlich; wahrscheinlich bin ich noch viel stärker, weil ich mich nie ganz regulieren kann.“

Zorro drehte sich aus.

„Aber wenn du der Beste wirst auf dem gleichen Weg, wie ich der Beste wurde, Lorenor, dann wird es eine einsame Bürde werden. Glaub mir, ich weiß genau wovon ich rede.“

Schweigend dachte er über die Worte des anderen nach.

„Das werde ich nicht zulassen“, murrte Zorro dann entschlossen, drehte sich wieder ein und packte den anderen fest an der Hand.

„Ich hab schon längst entschieden, dass ich dich nicht nur einmal besiegen will.“ Die Augen des anderen wurden groß, aber er sagte nichts. „Ich will gegen dich tausendmal kämpfen und jedes einzelne Mal davon gewinnen und dann will ich dich noch tausendmal als Loreen besiegen und da ich dich nicht ausversehen umbringen will, bedeutet das, dass ich meine Kontrolle perfektionieren werde, egal wie schwierig das sein mag.“

Dulacre wandte den Blick ab.

„Du bist einfach unmöglich“, murmelte er und sah wieder auf. „Du weißt schon, dass du mir gerade gestanden hast, dass du nicht vorhast mich bei unserer alles entscheidenden Schlacht umzubringen?“

Zorro schnaubte lachend auf.

„Hast du wirklich noch geglaubt, dass ich das nach alle dem was geschehen ist, noch tun würde? Du bist zwar echt nervig und manchmal frage ich mich, wie ich es mit dir aushalte, aber umbringen werde ich dich deswegen nicht.“

Plötzlich nahm der Ältere Tempo auf und Zorro merkte wieder einmal, dass er trotz seiner großen Worte noch lange nicht da war, wo er sein wollte.

„Und wieder einmal unterschätze ich dich, Lorenor“, lachte der Ältere, „also komm, werde stärker und besiege mich.“

 

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: RuffysKreationen
2020-01-13T16:22:35+00:00 13.01.2020 17:22
Hachja, da ist Zorro wirklich selbst Schuld :'D
Mal wieder ein wunderbar witziges Training mit den Beiden XD
Aber schön, dass er Mihawk nicht umbringen will. Alles andere hätte mich auch gewundert
Antwort von:  Sharry
18.01.2020 18:43
Hi^^
danke für deinen Kommentar und es freut mich, dass es dir gefallen hat. Na klar, bringt Zorro ihn nicht mehr um, dafür kämpft er viel zu gerne gegen Mihawk (und würde es, wenn er nur könnte ;-P)


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