Eine erbarmungslose Entscheidung von Sharry ================================================================================ Kapitel 33: Kapitel 31 - Wille ------------------------------ Kapitel 31 - Wille -Mihawk- „Warum nochmal machen wir das?“ Er rollte mit den Augen. „Ich habe es dir schon einmal erklärt, Geistermädchen. Ich bekomme morgen Besuch und daher soll dieser Raum vorzeigbar sein.“ Die Angesprochene schnaubte auf und rieb sich den Staub aus dem Gesicht. „Ja, den Teil habe ich schon verstanden, aber warum muss ich dir helfen? Das hier ist so anstrengend, könnt ihr nicht einfach ins Kaminzimmer gehen oder in die Bibliothek.“ „Willst du den Rest allein machen?“, entgegnete er knapp worauf sie schnell den Kopf schüttelte und weiter die schweren Vorhänge von Staub und Spinnennetzen befreite. Sie hatte nicht ganz Unrecht. Es gab absolut keinen vernünftigen Grund, der dagegen sprach, dass er seinen Termin in einem der anderen häufiger genutzten Räumen abhielt. Keinen einzigen außer, dass er es nun mal so wollte. „Wenn du fertig bist bring noch einen Stuhl aus der Küche hierher“, befahl er während er selbst die verhüllten Gemälde und Plastiken von ihren Umhängen befreite. „Was? Warum denn einen von dort?“ „Weil ich es dir sage.“ Sie waren schon seit fast zwei Stunden am Putzen und langsam sah der Saal wieder so prunkvoll aus wie zu seinen besseren Zeiten. „Muss ja jemand ziemlich wichtiges sein, wenn du so einen Aufstand wegen dem machst.“ Er antwortete nicht, sondern betrachtete sein Werk. Zugegeben, das Geistermädchen war ihm eine große Hilfe gewesen; sie war wirklich flink, wenn es ums Saubermachen ging. Zufrieden ging er die drei Stufen am Ende des Saals hinauf und ließ sich auf dem einzigen Möbelstück nieder, das anwesend war, ein Stuhl, der mehr einem Thron glich, als einem Sessel. Auf diesen Tag hatte er lange gewartet, allein dafür hatte er sich in diesem Schloss eingenistet. Die grelle Frau kam mit wippenden pinken Haaren und Stuhl wieder hinein und blieb im Türrahmen stehen. Er konnte ihren beeindruckten Blick sehen, ehe sie schnell wegsah und die Türe hinter sich wieder schloss. Er mochte die Türe dieses Zimmers. Es war eine doppelseitige Schiebetür, deren beiden Seiten durch einen speziellen Mechanismus miteinander verbunden waren und stets gleichzeitig auf und zu gingen, einem Neuankömmling somit ein beeindruckendes Bild bieten würden. „Wo soll der Stuhl hin?“, fragte sie ihn schüchtern und er bedeutete ihr mit einem Fingerzeig ihn genau vor ihm, vor den drei Stufen abzustellen. „Ist das nicht ein bisschen zu dramatisch?“, murmelte sie und sah zu ihm hoch. „Soll ich dir noch eine Krone holen oder so?“ Sofort zuckte sie unter seinem Blick zusammen. „Ich bin der Herr dieser Insel, ich sollte mich auch dementsprechend präsentieren. Allerdings erwarte ich nicht, dass du das verstehen würdest, Geistermädchen.“ Er stand auf und ging an ihr vorbei. „Nein, das tue ich auch nicht“, stimmte sie ihm zu. „Warum machst du das?“ Nun sah er sie grinsend an. „Weil ich will.“ Sein Grinsen wuchs über ihren perplexen Gesichtsausdruck. „Und weil ich kann.“ Dann ging er weiter. „Ich bin mein eigener Herr, ich kann tun und lassen was auch immer ich will. Wenn ich wollte, könnte ich diese Insel hier dem Erdboden gleich machen und keiner könnte mich zur Rechenschaft ziehen.“ Er konnte ihre klackenden Absätze hinter ihm hören. „Hört sich selbstgefällig für mich an“, murmelte sie leise, „außerdem bist du doch Samurai, oder nicht? Macht dich das nicht zu einem Leibeigenen der Weltregierung?“ Oh, er hätte am vergangenen Morgen nicht so nett zu ihr sein sollen. „Achte auf dein vorlautes Mundwerk, wenn du es behalten willst“, drohte er. „Nein, nein, ich dachte nur...“ Sie verstummte für eine Sekunde ehe sie weitersprach. „Denkst du wirklich, dass du trotzdem frei bist?“ Er blieb stehen und sah sie an, doch sie knetete ihre Hände in ihrer verstaubten Schürze. „Ich meine, wie kannst du dein eigener Herr sein, wenn du jemandem anderen gehörst? Sind nicht irgendwie alle deine Entscheidungen daran gebunden, was...“ „Was für ein Irrsinn!“ Erschrocken starrte sie zu ihm herauf. „Hör mir gut zu, ich werde dir das nur ein einziges Mal sagen.“ Er konnte sehen, wie die Angst in ihr wuchs. „Solange man seinen eigenen Willen hat, ist man immer frei.“ Ihre Augen worden groß. „Es mag sein, dass man ein Sklave ist, ein Leibeigener, aber ein jeder von uns wird mit seinem eigenen Willen geboren und solange man diesem nicht aufgibt, gehört man nur sich selbst und niemandem sonst.“ Ihre Fäuste zitterten. „Auch wenn ich an die Weltregierung gekettet bin, so werden sie mich doch nie kontrollieren können. Was ist mit dir? Hast du einen eigenen Willen oder lässt du dich blind von fremder Menschen Willen lenken? Denn nur dann hast du dich selbst aufgegeben.“ Mit diesen Worten ging er, ließ sie zurück. Sein eigener Wille, so oft hatte er ihn angepasst, unterdrückt, ignoriert. Doch es hatte nur wenige Dinge im Leben gegeben, die er auch je gewollt hatte und meistens hatte er dann einfach zugegriffen, ohne zu zögern. Er wusste, dass es nicht ganz so einfach war, wie er es eben gesagt hatte. Aber, gestand er sich schmunzelnd ein, so in etwa hätte es wohl Lorenor ausgedrückt, nicht wahr? Er war angespannt. Wie ein Grünschnabel vor dem ersten Duell war er angespannt. „Hey, Mihawk.“ Stöhnend rollte er mit den Augen. Sie konnte er gerade gar nicht gebrauchen. „Was ist? Siehst du nicht, dass ich gerade beschäftigt bin?“, murrte er und ließ die Zeitung sinken. Das Geistermädchen auf der anderen Seite der Nachrichten wich mit feuerrotem Kopf seinem Blick aus. „Kann ich dich was fragen?“ Er hätte nie auf Lorenor hören sollen. Warum hatte er sie nicht schon vor Monaten rausgeworfen? Sie war nervig und seit ein paar Tagen rückte sie ihm immer mehr auf die Pelle. Als er nichts entgegnete begann sie ihre gefalteten Hände zu kneten und ließ sich schließlich auf dem Sofa nieder, auf dem sonst sein Wildfang zu schlafen pflegte. Dann sah sie ihn mit einer unschuldigen Neugierde an. „Wie finde ich heraus, was ich will?“ Ihm entglitt beinahe die Zeitung über eine solch armselige Frage. „Wie meinst du das?“, fragte er bedacht desinteressiert. „Du wirst doch zumindest wissen, was du magst oder nicht?“ Natürlich erinnerte er sich an ihr Gespräch vom morgen, aber er hatte nicht gedacht, dass sie das Thema noch einmal ansprechen würde. Sie sah ihn immer noch nicht an, sondern knetete nur ihre Hände in ihrem Schoß. Aber Dulacre fand so oder so keinen Gefallen an dieser Unterhaltung also hob er die Zeitung wieder an und las weiter. „Ich habe sorgsam über deine Worte nachgedacht, über alles was du mir bisher gesagt hast und du hast Recht. Wenn ich wirklich zu Meister Moria zurückkehren wollen würde, wäre ich wohl schon längst aufgebrochen, um ihn zu suchen. Aber die Sache ist die...“ Sie zögerte. „Eigentlich weiß ich gar nicht was ich will.“ Tief holte der Samurai Luft. Auf dieses Gespräch konnte er so gut verzichten. „Das ist doch eine lächerliche Ausrede“, murrte er und faltete die Zeitung zusammen. „Ist es nicht!“ Sie sprang auf. „Mein ganzes Leben...“ Sie schluckte schwer und Dulacre befürchtete, dass sie bald anfangen würde zu weinen. „Mein ganzes Leben lang konnte ich nicht für mich selbst bestimmen. Bis Meister Moria mich aufnahm, hatte ich nicht den Luxus darüber nachzudenken was ich mochte; ich tat alles, um irgendwie zu überleben.“ Er entgegnete nichts. „Selbst bei Meister Moria tat ich das, was man mir auftrug. Ich war so froh ein Zuhause gefunden zu haben, dass ich alles getan hätte, um nicht wieder allein zu sein. Denn davor hat doch jeder Angst, oder? Ausgestoßen zu werden, abgelehnt zu werden, allein zurückzubleiben.“ Ausdruckslos betrachtete er wie stumme Tränen ihr Gesicht hinunterrannen. „Aber jetzt bin ich hier und obwohl du ein herzloses Monster bist und Zorro ein ungehobelter Grobian, trotzdem bin ich gerne hier. Du behandelst mich gemein und meckerst über mein Kochen, aber trotzdem lässt du mich kochen was ich will, bestellst alles, was ich auf die Einkaufsliste schreibe, selbst wenn es nur mein eigener Süßkram ist und ansonsten kann ich tun und lassen was ich will, solange ich euch nicht störe. Zorro ist nicht viel besser, andauernd grummelt er vor sich hin wie ein verschlafener Bär, aber ich kann ihm immer Fragen stellen und er ist in Wirklichkeit viel netter als er immer tut. Außerdem lässt er mich neure Frisuren bei ihm anprobieren und diese Kanan schickt immer ganz tolle Kleider.“ Vergeblich versuchte sie ihre Tränen wegzuwischen. „Seit ich hier bin muss ich zwar auch arbeiten, weil du mich ansonsten rauswirfst, aber es ist trotzdem sehr lustig dir und Zorro beim Schachspielen und streiten zuzusehen. Außerdem ist Zorro Lady Loreen und es macht unglaublichen Spaß ihn dann einzukleiden. Auch dass du immer...“ „Worauf willst du hinaus, Geistermädchen?“ Ihre Geschichte interessierte ihn nicht. Sie ballte ihre Fäuste und sah ihn direkt an. Das erste Mal, dass sie seinem Blick erwiderte. „Du bist der erste Mensch, der mich gefragt hat, was ich will. Vorher habe ich darüber nie nachgedacht. Ich dachte, dass Meister Moria der einzige Mensch ist zudem ich zurückkehren kann, aber jetzt...“ Sie schüttelte den Kopf. „Jetzt weiß ich das nicht mehr. Denn ich bin gerne hier, trotz deiner üblen Laune und Zorros schlechter Stimmung. Daher...“ Ihre Lippe bebte. „Daher, wenn ich wirklich das tun darf was ich will, wenn ich wirklich einen eigenen Willen haben darf und danach handeln kann, dann… dann...“ Plötzlich verbeugte sie sich tief. „Darf ich dann bitte hier bei dir und Zorro bleiben?“ Noch immer sagte er nichts. „Bitte! Kann ich bleiben?!“, schrie sie. „Ich will hier auf Kuraigana bleiben.“ Kopfschüttelnd stand er auf und warf die Zeitung auf einen kleinen Beistelltisch. Sie rührte sich nicht als er an ihr vorbeiging und zur Tür schritt. Dort blieb er stehen. „Mihawk?!“, entkam es ihr atemlos, offensichtliche Verzweiflung in ihrer Stimme. Noch immer stand sie tief verbeugt da. „Ich weiß nicht, was du von mir willst“, entgegnete er kühl, „du weißt doch schon längst was du willst und hängt dein Wille doch nicht von meiner Entscheidung ab, oder? Schließlich bist du ein freier Mensch.“ Er öffnete die Tür und verließ das Zimmer. „Vielen Dank!“ Schmunzelnd schloss er die Tür wieder hinter sich. Er war viel zu weich geworden, erst knackte Lorenor seine Schale und nun appellierte sie an seine Gutmütigkeit. „Tze.“ -Zorro- Langeweile! Am späten Morgen waren sie auf irgendeiner Insel angekommen, deren Name Zorro bereits wieder vergessen hatte. Den gesamten vergangenen Tag hatte er mit Eizen und Rihaku in einem schwülstig ausgestatteten Raum verbracht und sich auf die morgige Sitzung vorbereitet. Nun jedoch lag er auf einem riesigen Bett in einem noch größeren Zimmer und sollte sich eigentlich irgendwelche Berichte durchlesen, aber wenn er ehrlich war, dazu hatte er überhaupt keine Lust. Missmutig betrachtete er die kleine, weiße Teleschnecke in seiner Hand. Natürlich könnte er jetzt den Samurai anrufen, es wäre vermutlich gar keine schlechte Idee. Aber nein, schließlich war der andere am gestrigen Tag noch nicht einmal aufgestanden, um ihn zu verabschieden. Außerdem wusste Zorro immer noch nicht wo jetzt das eigentliche Problem lag, worüber er genau eine Entscheidung treffen sollte. Ja, er hatte den Teil mit der Angst kapiert, so halbwegs zumindest. Verstand was der andere meinte, aber das Ding war doch einfach, dass er nicht das Gefühl gehabt hatte sich zurückzuhalten. Natürlich waren seine Hakireserven viel langsamer zu Neige gegangen als zuvor, das war doch der ganze Sinn hinter gewesen, dass Zorro gelernt hatte seinen Hakifluss zu regulieren und nach Stunden von hartem Training war es doch auch verständlich, wenn seine Schlagkraft anfing nachzulassen. Tief seufzte er, verließ das Bett und verstaute die Schnecke wieder zwischen seinen Sachen. Er hatte nur ein paar Tage, um herauszufinden was der andere gemeint hatte, ansonsten würden sie nicht weiter trainieren und das mussten sie. Schließlich waren die sechs Monate fast um und das war die Zeit, die Zorro sich selbst gegeben hatte, um in der neuen Welt bestehen zu können. Nur weil er jetzt deutlich länger auf Kuraigana bleiben konnte, änderte das nichts an seiner Zielstrebigkeit. Wie sollte er sich seinen Ängsten stellen, wenn er noch nicht einmal das Gefühl hatte davor wegzulaufen. Grübelnd begann er seine nervigen Haare zu bürsten. Eine reine Tätigkeit aus Langeweile, die er sich bei Perona abgeguckt hatte, auch wenn er das nie zugeben würde. Na ja, was war denn überhaupt das Schlimmste, das passieren konnte, wenn er wieder die Kontrolle verlor? Dass er Perona und Dulacre verletzte, logischerweise. Aber nein, der Samurai war ihm deutlich überlegen und auch wenn er die Geisterprinzessin nicht wirklich leiden konnte, so würde er nicht zulassen, dass Zorro sie im Rausch umbrachte. Leise vor sich hin grummelnd legte er die Bürste zur Seite und flocht sein Haar. Dass er danach wieder bewegungsunfähig sein würde? Nun, das war natürlich nicht schön, aber er hatte schon schlimmere Blessuren in Kauf genommen, um stärker zu werden. Außerdem war das Verwandeln in seine wahre Gestalt deutlich schmerzhafter. Selbst jetzt, nachdem er es seit Monaten trainierte, ließ es ihn immer etwas atemlos sich in Zorro zu verwandeln, nicht dass er sich davon aufhalten ließ. Aber was konnte es sein? Dass er beim Anwenden starb? Nein, er hatte keine Angst vor dem Tod, jetzt erst recht nicht. Also was zur Hölle sollte ihn davon abhalten im Training alles zu geben? „Entschuldigung.“ Ein lautes Klopfen ertönte an der Zimmertür und eine junge Soldatin kam hinein. Ihre Augen hatte sie auf eine große Schriftrolle gerichtet, von der sie vorzulesen begann: „Sehr geehrte Lady Loreen, mein Name ist Yaone und im Namen der gesamten Marine und im Namen des Herrn...“ Verdammt! Zorro hörte ihr schon lange nicht mehr zu. Er kannte sie. Verdammt noch mal! Er kannte diese Frau! Er erinnerte sich an ihr langes blutrotes Haar, das nun bis zum Kinn abgeschnitten war, an die etwas zu enge Marineuniform, die sie nun durch eine besser sitzende ersetzt hatte. Ach, ich bin übrigens Yaone. Wie heißt du denn? Er erinnerte sich an ihr nicht enden wollendes Gerede und daran, was er getan hatte. Sie war die Soldatin von der G6, die ihm unwissentlich geholfen hatte. Die Soldatin, die er bei seinem Ausbruch zum Sterben zurückgelassen hatte. Doch das allein war nicht der Grund, warum ihm abwechselnd heiß und kalt wurde. Immer noch konzentrierte die Soldatin sich auf ihren abzulesenden Text, ihre rechte Hand war mit Bandagen umwickelt: „… wünsche ich Ihnen einen angenehmen Aufenthalt und bei weiteren Fragen stehen Ihnen die Soldaten des Hauptquartiers und sowie das Personal zur Verfügung.“ Klick „Was…?“ Überrascht schaute die junge Frau auf und drehte sich zu Zorro herum, der an ihr vorbeigehuscht war und gerade die Zimmertüre abgeschlossen hatte, in einer Hand Josei. Mit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an und ließ die Pergamentrolle fallen. „Aber… aber was zur Hölle...“ Im nächsten Moment griff sie nach ihrem Schwert, doch Zorro war schneller. In einem fließenden Bogen riss er mit Josei ihren Gürtel ab und schleuderte ihn zu sich herüber. Ohne sich groß bewegen zu müssen fing er ihr Schwert auf, die Türe weiterhin am Blockieren. „Das würde ich lassen“, riet er missmutig. Das hier konnte er gerade so gar nicht gebrauchen. Immer noch sah sie ihn an als würde sie einen Geist sehen. Sie schüttelte leicht den Kopf und sah hilfesuchend von links nach rechts, ohne ihn jedoch aus den Augen zu lassen. „Okay, hör mich zu“, murrte Zorro und stellte sich etwas entspannter hin, „wir können das hier jetzt in Ruhe regeln, ohne dass irgendwer verletzt wird, verstanden?“ Nun sah sie wieder direkt ihn an, obwohl ihr Blick kurz zu ihrem Schwert huschte. „Was zum Teufel sind Sie?“, flüsterte sie und zog einen kleinen Dolch aus ihrem Ärmel. Nicht, dass der eine Gefahr für Zorro darstellen würde; selbst als Loreen war er ihr meilenweit voraus. Trotzdem verwirrte ihre Frage ihn etwas. „Naja, das gleiche wie du“, meinte er kühl, „ein Wiedergeborener.“ „Was?!“ Sie schüttelte den Kopf und schien sich wieder zu fangen. „Ich habe keine Ahnung wovon Sie reden, Lady Loreen. Aber ich fordere Sie auf mir mein Schwert zurückzugeben und von der Tür zurückzuweichen.“ „Das kann ich leider nicht tun“, widersprach er und verzog die Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen. „Wie bitte?“ Es überraschte Zorro, dass sie anscheinend keine Ahnung hatte wovon er redete, schließlich konnte er ihren Schatten sehen. Das immer wieder verschwimmende und schärfer werdende Abbild eines wahren Hünen von einem scheinbar schlafenden Mann verriet Zorro, dass diese Frau ebenso wie er selbst einst gestorben war und sich dann entschieden hatte in einem fremden Körper das alte Leben fortzuführen. Doch so, wie er ihren Schatten sehen konnte, so musste sie auch seinen sehen, musste seine wahre Gestalt erkennen und so lief er Gefahr, dass sein größtes Geheimnis enthüllt wurde. Hier, auf einer Insel der Weltregierung, die nur so von Marinesoldaten wimmelte und das auch noch ohne Falkenauge. Wenn ihm nicht bald etwas einfiel würde er wirklich in der Patsche sitzen. „Was sind Sie?“, fragte die Soldatin ihn nur deutlich gefasster. „Ein Formwandler?“ „Du hast keine Ahnung was hier vor sich geht, oder?“, murmelte er und fragte sich beiläufig, warum immer gleich alle an Formwandler dachten. Solche Märchengestalten gab es doch gar nicht. Nun ja, vielleicht war es wahrscheinlicher als von den Toten aufzuerstehen. Sie ging in Kampfposition und sah ihn ernst an. „Ganz offensichtlich habe ich gerade ein Geheimnis der Weltregierung gelüftet. Lorenor Zorro ist nie gestorben, sondern erhielt einen neuen Körper.“ „Ähm… das stimmt so nicht.“ Sie hatte das anscheinend in den ganz falschen Hals bekommen. Aber wie kam sie überhaupt darauf, dass er was mit der Weltregierung zu schaffen… ach ja, Lady Loreen, Eizen, wenn er ehrlich war, schien es vielleicht doch nachvollziehbar; zumindest war es wahrscheinlich realistischer als die Wahrheit. „Es ist mir egal!“, knurrte sie nun. „Wenn Sie wirklich Lorenor Zorro sind, dann habe ich keine andere Wahl als Sie hiermit festzunehmen, damit Sie für Ihre schrecklichen Taten gerichtet werden können.“ „Du nimmst das ganze hier ganz schön gelassen“, stellte Zorro anerkennend fest. „Du denkst also wirklich, dass ich Lorenor Zorro bin?“ „Naja“, murmelte sie nun auch mit einem spöttischen Grinsen, „ich zweifle schon gerade so ein bisschen an meinem Verstand. Lady Loreen und Lorenor Zorro sollen ein und dieselbe Person sein? Tze, ich glaube eher, dass das hier ein schlechter Traum ist.“ Für eine Sekunde nahm Zorro sich die Zeit die Wahrscheinlichkeit abzuwägen, dann schüttelte er jedoch den Kopf. „Hör mal zu, Yaone – das war doch dein Name, oder? - ich hab keine Zeit für irgendwelche Probleme, verstanden? Also wenn du willst erkläre ich dir was los ist. Aber wenn du jetzt rumläufst und das hier herumerzählen willst, ja, dann muss ich dich wohl davon abhalten.“ Ihm gefiel das alles ganz und gar nicht. Wie sollte er sie bitte davon abhalten, außer wenn er sie töten würde? Eine böse Stimme sagte ihm, dass er das schon einmal versucht hatte und es ja dann keinen großen Unterschied machen würde, aber irgendwie war die Sache jetzt schon anders. Er konnte drauf verzichten irgendein dahergelaufenes Mädel umzubringen. „Keine Worte der Welt können ändern was geschehen ist“, entgegnete sie unversöhnlich, „und nichts auf der Welt könnte Lorenor Zorros Schuld sühnen.“ Ob sie immer noch glaubte zu schlafen? „Da hast du Recht“, stimmte Zorro ihr zu. „Diese Taten sind durch nichts zu rechtfertigen. Trotzdem...“ Er richtete sein Schwert auf sie. „Trotzdem kann ich dich nicht einfach so gehen lassen.“ Sie griff an. Es dauerte keine zwei Sekunden bis sie auf dem Hintern landete, ihr Dolch in seiner freien Hand. „Au“, murmelte sie und sah ihn plötzlich verunsichert an, „also ist es kein Traum?“ Zorro seufzte schwer und schüttelte den Kopf. „Aber das ist doch unmöglich“, murmelte sie und zeigte mit ausgestrecktem Zeigefinger auf ihn. „Das heißt, das heißt… du lebst noch!“ „Hast du‘s jetzt gerafft?“ „Aber dann… dann muss ich…“ „Halt die Luft an und hör mir einfach mal einen Moment zu.“ Er hockte sich vor sie auf den Boden, immer noch zwischen ihr und der Türe. „Du hast also wirklich keine Ahnung, dass du ein Wiedergeborener bist?“ Sie sah ihn zweifelnd an. „Ein was? Wovon redest du?“ Einen Moment kratze er sich am Nacken und versuchte eine Lösung zu finden. „Warst du schon mal auf der G2 bei Comil?“ Wieder schüttelte sie den Kopf und Zorro musste feststellen, dass es wohl seine Aufgabe war ihr alles zu erklären, wenn er verhindern wollte, dass sie ihn verriet. Er erhob sich wieder und lehnte sich gegen die Tür. „Okay, dann bin ich wohl der Pechvogel, der dir die Regeln beibringen muss. Du wirst mir vermutlich nicht glauben, aber es wichtig, dass du folgendes kapierst...“ Und dann begann er ihr alles zu erklären was er wusste, nun ja, fast alles. Er erzählte ihr von den Wiedergeborenen, die – wie der Name schon sagte – nach einem meist gewaltsamen Tode, in einem fremden Körper wiedergeboren wurden. Er erzählte ihr von seinem eigenen Schicksal und er erzählte ihr von Comil, dem Kommandanten der G2, der ebenfalls ein Wiedergeborener war und eine Schar von Gleichgesinnten um sich gesammelt hatte. Selbst Zorro hatte er damals auf dem Marineball geholfen, wo Zorro selbst herausgefunden hatte, dass Comils echter Name Jade war, eine weitsichtige Dame, die schon viel in ihren Leben gesehen hatte. Am Anfang hatte die junge Frau ihm offensichtlich misstrauisch und verwirrt zugehört. Er hatte ihr angesehen, dass sie versucht hatte sich einen Fluchtplan zusammenzulegen, aber irgendwann hatte sie ihm dann doch ihre volle Aufmerksamkeit geschenkt. Gerade beschrieb er ihr, wie ihr Schatten aussah. „...und ich hab keine Ahnung, warum du dich nicht an dein altes Leben erinnerst, aber ganz offensichtlich gehörst du zu uns“, beendete er seine minutenlange Ausführung. Sie schwieg eine gefühlte Ewigkeit und Zorro überlegte währenddessen, was er mit ihr tun sollte. Der Ehrenkodex der Wiedergeborenen besagte, dass sie einander helfen mussten und sich nicht gegenseitig verraten durften. Aber wie sollte er ihr diese Regeln aufzwingen. „Wieso erzählst du mir das alles?“, murmelte sie schließlich, obwohl er ihr auch schon vom besagten Kodex berichtet hatte. „Schließlich weiß ich jetzt über alles Bescheid.“ „Na und?“, meinte er kühl und lehnte sich gegen die Tür. „Also mal ehrlich. Wer würde dir glauben? Du hast keinerlei Beweise. Die Marine glaubt, dass ich tot bin und Jade wird dir sicher nicht zustimmen, denn dann müsste sie erklären, woher sie es weiß und das würde alle anderen Wiedergeborenen gefährden.“ Sie sah ihn ernst an während er weitersprach: „Wir helfen einander, denn keiner von uns wusste zunächst was geschehen ist. Dadurch, dass du dich an dein altes Leben nicht mehr erinnerst, ist es vielleicht anders als bei mir, aber ich bin mir sicher, dass Comil auch dir helfen kann.“ Verwundert sah sie auf. Zwar erleichterte es ihn wie einfach sie das alles aufnahm, aber irgendwie misstraute er der ganzen Sache auch. „Was also hast du vor?“, fragte er sie direkt. Überrascht öffnete sie den Mund, ohne etwas zu sagen, ehe sie sich schließlich erhob. „Ich weiß es nicht“, gestand sie, „das alles ist aberwitzig und doch sehe ich es mit eigenen Augen. Wenn du das Monster Lorenor Zorro bist, dann muss ich dich festnehmen, aber wer würde mir schon glauben.“ Sie verschränkte die Arme. „Ich könnte dich töten, aber dann würde alle Welt glauben, ich hätte Lady Loreen umgebracht und auch wenn ich dieses Opfer gerne bringen würde, ja sogar Falkenauges Zorn bereitwillig auf mich ziehen würde, so könnte ich mich auch irren und einen Unschuldigen umbringen.“ Da konnte sie unbesorgt sein, aber das brauchte Zorro ihr ja nicht auch noch unter die Nase zu binden. „Wirst du mich umbringen?“, fragte sie ihn dann. „So wie du es damals versucht hast?“ „Ich würde es gerne vermeiden“, antwortete er ehrlich, „auch wenn ich es nicht entschuldigen kann, so musste ich es damals doch tun, um meine Crew zu retten und ich würde es heute wieder tun, wenn ich sie dadurch beschützen könnte.“ Sie atmete schwer aus und ihr Gesicht verzerrte sich vor Hass. „Die Situation hier ist jedoch eine ganz andere. Hier ist niemand, den ich beschützen müsste, außerdem – dass magst du mir jetzt wahrscheinlich nicht glauben – aber ich töte nicht rein zum Spaß. Ich würde daher gerne einen anderen Weg nehmen.“ „Ja gerne“, murrte sie abfällig, „ergib dich doch. Dann wären alle Probleme gelöst.“ Zorro kratzte sich am Hinterkopf und zerstörte seine sorgsam geflochtene Frisur. „Oder auch nicht. Also mal ganz abgesehen davon, dass ich besseres zu tun habe, als mich von der Weltregierung hinrichten zu lassen, würde so über kurz oder lang trotzdem herauskommen, dass Lady Loreen und Lorenor Zorro ein und dieselbe Person sind und das wiederum würde die anderen Wiedergeborenen - wie auch dich – in Gefahr bringen.“ Unzufrieden biss sie sich auf die Lippe. „Also“, fragte sie ihn dann, „was machen wir jetzt?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)